Die Klimakrise in Österreich - Der Bundesland-Report zu den Folgen der Erderhitzung von Greenpeace Österreich
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Die Klimakrise in Österreich Der Bundesland-Report zu den Folgen der Erderhitzung von Greenpeace Österreich
Inhalt Die Klimakrise in Österreich 03 Impressum Die Bundesländer im Überblick 05 Greenpeace in Zentral- und Osteuropa Fernkorngasse 10 Die Klimakrise in Vorarlberg 07 1100 Wien Tel. +43 1 545 45 80 Die Klimakrise in Tirol 09 Fax +43 1 545 45 80-98 Die Klimakrise in Salzburg 11 service@greenpeace.at www.greenpeace.at Die Klimakrise in Kärnten 13 ZVR-Zahl: 961128260 Die Klimakrise in der Steiermark 17 Cover: © Greenpeace / Mitja Kobal Die Klimakrise in Oberösterreich 19 Die Klimakrise in Niederösterreich 21 Die Klimakrise in Wien 23 Die Klimakrise im Burgenland 25 Quellen26
Die Klimakrise in Österreich Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen Die Auswirkungen sind in beiden Szenarien besorgniserre- unserer Zeit. Der hohe Verbrauch fossiler Brennstoffe gend. Absinkende Grundwasserspiegel, Einwanderung wie Öl und Kohle macht die Erde zum Treibhaus. Bereits fremder und Verdrängung heimischer Arten sowie die heute sind die Auswirkungen in vielen Regionen des Pla- Abnahme der Bodenqualität bedrohen unsere Ökosys- neten deutlich spürbar. Die Gründe für die Erderhitzung teme. Auch die Gletscherschmelze, das österreichweite sind bekannt: Seit Beginn der Industrialisierung steigen Fichtensterben, Waldbrände und Trockenheit sind Sinnbild die klimaschädlichen Treibhausgase in unserer Atmo- der Klimakrise und schon heute Teil unseres Alltags in sphäre rasant an. Besonders die Konzentration von CO2 Österreich. Besonders betroffen sind in Österreich auch in der Atmosphäre ist, seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Landwirtschaft, durch die Zunahme an Extremwetter- enorm gestiegen: von 280 ppm (parts per million) auf ereignissen - etwa Starkregen, Hagel oder Dürre - und der über 400 ppm. Für diesen Anstieg ist fast ausschließlich Wintertourismus, durch die Abnahme der Schneesicher- der Mensch verantwortlich. heit und die steigende Schneefallgrenze, die bis Ende des Jahrhunderts um 300-600 Meter nach oben wandert.2 Die Klimakrise hat auch Österreich erreicht und ihre Folgen machen sich in allen Bundesländern klar bemerkbar. Die Auf Basis der Analysen des CCCA, hat Greenpeace für durchschnittlichen Temperaturen sind in Österreich seit seinen Report die Orte des Geschehens in allen neun Bun- Beginn der Wetteraufzeichnungen seit 1880 um knapp desländern besucht und inhaltlich, aber auch fotografisch, zwei Grad Celsius angestiegen. Im Vergleich: Weltweit liegt dokumentiert, wie die Klimakrise sich in Österreich schon der Anstieg bei ca. einem Grad Celsius. Die Erderhitzung heute bemerkbar macht und welche Eskalationsschritte trifft Österreichs sensibles, alpines Klima besonders der Erderhitzung in unseren Bundesländern noch drohen. hart. Das CCCA (Climate Change Center Austria) hat die Auswirkungen der Klimakrise auf die einzelnen Bundes- länder ausführlich analysiert. Hierbei wurden Prognosen erstellt, mit welchen Auswirkungen zu rechnen ist, in einem Business-as-usual Szenario (ohne Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes) sowie in einem sehr moderaten Klimaschutzszenario (Reduktion der Treibhausgase um die Hälfte bis 2080).1 1 https://data.ccca.ac.at/organization/alps 2 https://ccca.ac.at/wissenstransfer/apcc/apcc-aar14 Die Klimakrise in Österreich 3
Tirol: Die heimischen Gletscher verlieren immer mehr Eismasse. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal Oberösterreich: Waldbesitzer blickt auf eine durch den Borkenkäfer zerstörte Waldfläche. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Die Bundesländer im Überblick Die Vielfalt der heimischen Landschaften ist Österreichs Im Bundesland Steiermark hat die Temperaturzunahme höchstes Gut und trägt entscheidend zur Einzigartigkeit stetig wachsende Auswirkungen auf die Menge an des Landes bei. Die ökologische Diversität ist groß und Schneeniederschlag. Der Wintertourismus leidet stark von Bundesland zu Bundesland geprägt von einzig- darunter, so haben bereits Schigebiete den Betrieb ein- artigen Ökosystemen und speziellen Kulturlandschaften: stellen müssen. Vom hochsensiblen alpinen Lebensraum im Westen des Landes, über Wald- und Landwirtschaftsflächen, Neben der großen Gebirgsfläche sind ca. 48 Prozent der Seenlandschaften bis hin zur pannonischen Tiefebene Fläche Österreichs mit Wald bedeckt. In Kärnten und in mit ihrem einzigartigen Steppenklima im äußersten Oberösterreich haben Hitze und Trockenheit gewaltige Osten des Landes. Die Vielfalt dieses Landes ist es aber Folgen für die Wälder. Kärntens Wälder sind im Vergleich auch, die Österreich besonders empfindlich für Klima- zu den anderen Bundesländer am stärksten durch veränderungen macht. Schon heute ist die Klimakrise in Waldbrände gefährdet. In Oberösterreich begünstigt Österreich angekommen, deutlich in jeder dieser Regio- der Temperaturanstieg die Vermehrung des invasiven nen zu spüren und hat in jedem einzelnen Bundesland Borkenkäfers, der ganze Fichtenwälder vernichtet. unterschiedlich fatale Folgen. In Niederösterreich ist die Temperaturzunahme für Die Alpen, die vor allem die westlichen Bundesländer Dürre der Felder und Wiesen und dadurch entstehende prägen, reagieren besonders empfindlich auf die Erderhit- Ernteverluste verantwortlich. Auch nehmen durch die zung. Vorarlberg, Tirol und Salzburg haben die höchste extremen Wetterereignisse die Starkregenniederschläge Dichte an Gebirgsketten. Diese drei Bundesländer sind zu und es kommt häufiger zu Hochwasser. Auch die Ge- von der Gletscherschmelze stark betroffen. So haben im wässer Österreichs verändern sich. Dem im Burgenland Zeitraum von 2006 bis 2016 die Gletscher ein Fünftel ihrer beheimateten Neusiedlersee droht dank der Klimaerwär- Eismasse verloren3. Die im alpinen Raum vorkommenden mung gar eine vollständige Austrocknung. Wien, oft als Permafrostböden garantieren die Stabilität der Gebirge eine der lebenswertesten Städte der Welt ausgezeichnet, und drohen durch die steigende Temperatur und den An- wird in Zukunft im Sommer extremen Temperaturen stieg des CO2 Anteils in der Luft immer weiter aufzutauen. ausgesetzt sein. Das hat besonders Auswirkungen auf die Gesundheit der StadtbewohnerInnen und wird letzt- Die Almwirtschaft, die traditionell große wirtschaftliche endlich die Anzahl der Hitzetoten pro Jahr steigen lassen. aber ebenso ökologische Bedeutung hat, steht in Vorarlberg durch den Klimawandel vor wachsenden Problemen. Schon heute ist ein drastischer Rückgang der bewirtschafteten Almen in Österreich erkennbar. So wichtig, wie die Almwirtschaft im Sommer ist, ist im Winter auch der Wintertourismus. 3 https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/feart.2019.00068/full Die Klimakrise in Österreich 5
Eine Folge der Erderhitzung in Vorarlberg: Rückgang der Almen. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Die Klimakrise in Vorarlberg Die Erderhitzung wird in Vorarlberg auch in den nächsten Winter gelingt es neben dem Borkenkäfer auch dem Jahren zunehmend spürbar werden: In einem weiter-wie- invasiven Pilz “weißes Stengelbecherchen” sich in den bisher-Szenario - ohne Reduktion der Treibhausgasemis- Wäldern zu verbreiten. Dieser Pilz ist für das Triebsterben sionen - wird es bis 2050 einen Anstieg der Temperaturen in der Eschen verantwortlich. Vorarlberg um +1,2 Grad Celsius bis zu +1,4 Grad Celsius geben. Ändert sich bis 2100 nichts an der aktuellen Greenpeace vor Ort: Almensterben und wandernde Situation, dann wird die Temperatur um extreme +4,2 Baumgrenze in Vorarlberg Grad Celsius ansteigen. Eine Reduktion der Treibhausgas- Die Almwirtschaft hat für Österreich eine große Bedeu- emissionen in einem sehr moderaten Klimaschutz-Szenario tung, nicht nur wirtschaftlich und touristisch, sondern kann den Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts auf auch ökologisch. Österreichweit gibt es Stand 2016 8.100 ca. +2,3 Grad Celsius eindämmen. Almen, 525 Almen davon sind in Vorarlberg beheimatet. Somit trägt das kleinste Bundesland Österreichs einen Die Folgen der Erderhitzung auf Vorarlberg im Überblick großen Teil zur heimischen Almwirtschaft bei. Generell Vorarlberg hat zusammen mit Salzburg und Tirol den gibt es jedoch einen Rückgang der Almen in ganz größten Anteil am alpinen Raum in Österreich. Daher ist Österreich, 1986 gab es in Vorarlberg etwa noch 944 auch Vorarlberg mit zahlreichen Gletschern besonders stark Almen. Die ansteigenden Temperaturen verändern die von der Gletscherschmelze betroffen. Ursachen dafür Almen drastisch. Sie begünstigen das Wachstum von sind einerseits die hohen Temperaturen, andererseits der zu Büschen und anderen Pflanzen. Die Nutztiere können den geringe Niederschlag. Durch das Abschmelzen des Eises 20 prozentigen Anstieg an Futtermenge nicht bewältigen. nimmt die freiwerdende, dunkle Oberfläche der Berge die Die Biodiversität dieses sensiblen Ökosystems droht Wärme der Sonnenstrahlen auf, statt sie zu reflektieren, was so zu verschwinden. Auch der Anstieg der Baumgrenze ein noch schnelleres Abschmelzen begünstigt. So hat etwa dank der Temperaturzunahme hat negative Auswirkungen die Silvrettagruppe bereits 22 Prozent ihrer Gletscherfläche auf die Biodiversität. Die Arten- und Lebensraumvielfalt, an den Klimawandel verloren. Ein weiteres Problem im ist nur mit einer ausgewogenen Bewirtschaftung der Almen alpinen Raum ist das Auftauen des Permafrosts, das die zu schützen. Eine weitere sehr bedeutende Funktion der Stabilität der Böden verringert. Die Wetterereignisse Almen, droht verloren zu gehen: Die Almbauern sorgen mit werden extremer und es kommt vermehrt zu Stark- ihrer fachgerechten Bewirtschaftung der Almen für Schutz niederschlägen, die die Böden erodieren, weil sie die vor Naturgefahren. Die Durchwurzelung der Böden sorgt Wassermassen nicht aufnehmen können und von ihnen für Stabilität und Wasserspeicherfähigkeit. Das Auflassen weggespült werden. Auch die Ausbreitung zahlreicher der Almen und die Verbrachung der Flächen erhöht die neuer Schädlinge, Pilze und Krankheiten auf die Tier- und Gefahr für Siedlungsbereiche im Tal durch Lawinenab- Pflanzenwelt Vorarlbergs ist auf die Klimakrise zurückzu- gänge und Murenabgänge. führen. Durch die steigenden Temperaturen und milderen Die Klimakrise in Österreich 7
Eine Folge der Erderhitzung in Tirol: Durch das Abschmelzen des Sulzenauferner Gletschers entstand ein neuer See. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal Um das weitere Abschmelzen des Stubaier Gletschers zu verhindern, wird Eis und Schnee im Sommer mit Planen abgedeckt. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Die Klimakrise in Tirol Die Erderhitzung wird in Tirol auch in den nächsten Jahren Bundesland Tirol befanden sich im Jahr 1969 noch 144 zunehmend spürbar werden: In einem weiter-wie-bisher- km2 Gletscherfläche, 2006 waren es nur mehr 116 km2. Szenario - ohne Reduktion der Treibhausgasemissionen Im Zeitraum von 2006 bis 2016 verloren die heimischen - wird es bis 2050 einen Anstieg der Temperaturen in Tirol Gletscher insgesamt 20 % ihrer Eismasse. Ursachen dafür um ca. +1,3 Grad Celsius bis +1,4 Grad Celsius geben, sind einerseits die hohen Temperaturen, andererseits bis zum Jahr 2100 drohen sogar bis zu massive +4,2 der zu geringe Niederschlag. Das Abschmelzen der Grad Celsius. Eine Reduktion der Treibhausgasemissio- Gletscher bringt vielfältige Probleme mit sich. Vor allem in nen in einem sehr moderaten Klimaschutz-Szenario kann den Sommermonaten ist mit vermehrten Abflüssen aus den Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts auf ca. den Gletschern und somit auch mit mehr Geschiebefracht +2,3 Grad Celsius eindämmen. zu rechnen. Der Rückgang des Schneeniederschlags verändert den Verlauf des Abflusses der Gewässer, da das Die Folgen der Erderhitzung auf Tirol im Überblick Wasser nicht in Form von Schnee zwischengespeichert Die stärksten und unmittelbarsten Auswirkungen des wird. Das hat zur Folge, dass auch die Anzahl der Hoch- Klimawandels in Tirol betreffen den empfindlichen wasser in Tirol zunehmen wird. alpinen Naturraum. In Tirol sind 167 km2 Blockgletscher zu finden, die die häufigste Form von Permafrostböden Der Greenpeace Report dokumentiert den drastischen im alpinen Raum sind. Durch die Temperaturerhöhungen Schwund dieses einzigartigen, alpinen Lebensraumes tauen diese Permafrostböden auf und die Stabilität der am Beispiel der Stubaier Alpen: Die zwölf in den Böden nimmt ab. Das wiederum führt zur Gefahr von Stein- Stubaier Alpen gelegenen Gletscher, hatten im Mess- schlägen, Murenabgängen und Felsstürzen. Weiters wer- zeitraum 2016/17 einen durchschnittlichen Verlust von den Bodenfunktion und Bodenfruchtbarkeit durch die -23,7 Längenmeter. Der stärkste Rückgang ist dabei am extremen Temperaturen geschädigt. Durch die Erhöhung Alpeiner Ferner zu erkennen, mit einer Verringerung um der Temperaturen steigt die Schneefallgrenze in höhere -95,4 Längenmeter. Im Jahr 2003 entstand in derselben Lagen, der Schneeniederschlag und die Schnee- Gebirgsgruppe durch den Rückzug des Sulzenauferner deckendauer nehmen ab. Das hat drastische Folgen und Gletschers, sogar ein neuer See, der Sulzenausee. wirkt sich besonders auf die Tiroler Skigebiete und den Durch die Formation des Sees ist der Gletscher seither Wintertourismus aus. Bei den Niederschlägen ist mit unzugänglich und es können auch keine Messungen einer leichten Zunahme zu rechnen, vor allem im Winter. mehr durchgeführt werden. Diese Gletscherschmelze ist in Tirol nicht die Ausnahme, denn durchschnittlich gab Greenpeace vor Ort: Gletschersterben in Tirol es in der Saison 2016/17 einen Rückgang von -25,2 Das Schmelzen der Gletscher ist in Tirol eine der Längenmeter der Gletscherzungen. verheerendsten Auswirkungen der Klimakrise. Im Die Klimakrise in Österreich 9
Heftige Unwetter im Juli 2019 zerstören im Bezirk Tennengau die Straßen. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal Das Observatorium am Hohen Sonnblick musste aufgrund auftauender Permafrostböden zusätzlich gesichert werden. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Die Klimakrise in Salzburg Die Erderhitzung wird in Salzburg auch in den nächs- Einwirkung der Klimakrise auf die Stromerzeugung durch ten Jahren zunehmend spürbar werden: In einem Wasserkraftwerke. 2015 wurden 88 % des Stroms aus weiter-wie-bisher-Szenario - ohne Reduktion der Treib- Wasserkraftwerken gewonnen. Durch die steigenden Tem- hausgasemissionen - wird es bis 2050 einen weiteren peraturen und die gleichzeitige Erhöhung der Verdunstung Anstieg der Temperaturen um ca. +1,3 Grad Celsius bis der aufgestauten Wassermenge, nimmt im Sommer die +1,4 Grad Celsius geben, bis zum Jahr 2100 drohen Abflussmenge der Kraftwerke ab und es kann weniger sogar bis zu +4,1 Grad Celsius. Eine Reduktion der Strom produziert werden. Treibhausgasemissionen in einem sehr moderaten Klima- schutz-Szenario kann den Temperaturanstieg bis Ende Greenpeace vor Ort: Extremwetterereignisse in Salzburg des Jahrhunderts auf ca. +2,3 Grad Celsius eindämmen. Die Böden in Salzburg werden durch die steigende Hitze zunehmend verdichtet und versiegelt und verlieren damit Die Folgen der Erderhitzung auf Salzburg im Überblick ihre natürlichen Funktionen, wie etwa große Wassermas- Salzburg ist mit Tirol und Vorarlberg das Bundesland sen aufzunehmen. Diese Bodenversiegelung erhöht die mit dem höchsten Anteil an alpinem Naturraum. Die Gefahr von Oberflächenabflüssen, Murenabgängen, Gletscherschmelze ist für Salzburg ein sehr ernstzu- Felsstürzen und Hochwasser. Hochwasser und Wetter- nehmendes Problem und schreitet immer weiter voran. extreme werden immer häufiger und zerstören Naturraum, So hat die Salzburger Ankogel-Hochalm-Spitzgruppe im Straßen und Häuser. Durch Hochwasserschutzbauten, Zeitraum von 1969 bis 2009 bereits 37 Prozent und die wie im Zeller Becken, versucht sich die Bevölkerung davor Venedigergruppe 26 Prozent ihrer Gletscherfläche verlo- zu schützen. Besonders für die Landwirtschaft ist der ren. Österreich hat im alpinen Raum ein hohes Permafrost Erhalt der landwirtschaftlichen Flächen im Flachgau, im Vorkommen. Die Permafrostböden sind in Salzburg Salzachtal des Tennengaus sowie in den alpinen Becken durch den Klimawandel stark gefährdet. Die drastischen von großer Bedeutung. Durch unvorhersehbare Unwetter Auswirkungen des Tauens der gefrorenen Böden zeigen wie Starkregen, Hagel und starke Stürme kann jedoch sich im Gebirge des Hohen Sonnblicks in Salzburg beson- innerhalb kürzester Zeit alles vernichtet werden. In Zukunft ders deutlich. Die Stabilität der Böden und des Gipfels ist werden mit steigenden Temperaturen immer häufiger nicht mehr gegeben und der Gipfel droht wegzubrechen. extremere Ereignisse stattfinden. So ereigneten sich im Juli Das am Gipfel liegende Observatorium des ZAMG musste 2019 im Bezirk Tennengau in Salzburg heftige Unwetter. schon vor rund 10 Jahren bauliche Maßnahmen setzen, Durch die extremen Starkregenniederschläge wurden um dem Auftauen der Permafrostböden entgegenzuwir- Straßen zerstört, eine Brücke wurde durch den reißenden ken. Außerdem bildet das organische Material des oberen Rußbach mitgerissen und der Ort wurde von der Außen- aufgetauten Permafrosts Methan und Kohlendioxid, welt abgeschnitten. Betroffene haben mit enorm hohen die in die Atmosphäre freigesetzt werden, was wiederum Schäden zu kämpfen. Durch die Klimaerwärmung werden zur Beschleunigung der Klimakrise führt. Ein weiteres Starkregenniederschläge immer häufiger und extremer. Problem, das das Land Salzburg zu tragen hat, ist die Die Klimakrise in Österreich 11
Zunehmende Extremwetter wie Stürme zerstören Wälder. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal Waldbrand in der Gemeinde Zell-Freibach im Juni 2019. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Die Klimakrise in Kärnten Die Erderhitzung wird in Kärnten auch in den nächsten Greenpeace vor Ort: Waldsterben und -brände in Kärnten Jahren zunehmend spürbar werden: In einem weiter- Kärnten ist eines der am dichtest bewaldeten Bundes- wie-bisher-Szenario - ohne Reduktion der Treibhausgas- länder. Rund 60 % der Fläche Kärntens ist mit Wald emissionen - wird es bis 2050 einen weiteren Anstieg der bewachsen. Steigende Temperaturen und zunehmende Temperaturen um ca. +1,3 Grad Celsius bis +1,5 Grad Trockenheit setzen den Wäldern Kärntens zu. Im Vergleich Celsius geben, bis zum Jahr 2100 drohen sogar bis zu zu den anderen Bundesländern besteht ein deutlich er- unvorstellbare +4,2 Grad Celsius. Eine Reduktion der höhtes Risiko für Waldbrände. Die jährliche Zeitspanne Treibhausgasemissionen in einem sehr moderaten Klima- in der Waldbrände auftreten, hat sich von 1979 bis 2013 im schutz-Szenario kann den Temperaturanstieg bis Ende globalen Durchschnitt um 19 % verlängert. Für das Öko- des Jahrhunderts auf ca. +2,4 Grad Celsius eindämmen. system Wald sind Brände durchaus natürliche Vorgänge und können sogar zur Biodiversität beitragen. Ein Großteil Die Folgen der Erderhitzung in Kärnten im Überblick der heutigen Waldbrände, sind jedoch keine natür- Kärntens Klima wird zunehmend trockener und wär- lichen Ereignisse mehr, sie werden durch unachtsames mer, das hat Auswirkungen auf die Seen Kärntens, wie menschliches Handeln ausgelöst. Ob ein Waldbrand z.B. Wörthersee und Klopeinersee. Durch die Temperatur- positiv oder negativ auf das Ökosystem wirkt, hängt von zunahme hat es im Zeitraum 2001-2005 gegenüber dem der Art, der Dauer, der Intensität und dem Umfang ab. Zeitraum 1969-1986 einen Anstieg der Wassertempe- ratur um +1,3 Grad Celsius gegeben. Dies führt zu einer Die zunehmend rasche Ausbreitung von Feuer wird Veränderung des Zirkulationsverhaltens - also der Durch- durch das heiße und trockene Klima und extreme mischung von Schichten unterschiedlicher Temperatur Trockenheit der Wälder begünstigt. Im Juni 2019 er- - der Seen, was schlussendlich auch die Wasserqualität eignete sich in der Gemeinde Zell-Freibach in Kärnten ein beeinträchtigen kann. In Kärntens Hochgebirge wirkt menschenverursachter, massiver Waldbrand. Vier Tage sich der Anstieg der Temperatur auf das Schmelzen lang kämpften 18 Feuerwehren mit insgesamt 150 Ein- der Gletscher und Auftauen der Permafrostböden satzkräften, um den Brand zu löschen. Insgesamt wurden aus. Das hat wiederum Murenabgänge, Rutschungen 3,2 Hektar Wald beschädigt. Neben den finanziellen und Steinschläge zur Folge. Eine weitere Auswirkung Schäden, entstehen auch ökologische Auswirkungen, der Erwärmung des Klimas ist der Rückgang der Bio- so werden Treibhausgase und Schadstoffe ausgestoßen diversität. Durch die erhöhten Temperaturen wachsen und wertvolle Nährstoffe gehen im Feuer verloren. Die immer mehr wärmeliebende Pflanzen und die Baumgrenze Erderhitzung wird solche Ereignisse zukünftig - nicht nur in steigt weiter an. Die kälteangepassten Pflanzen haben bei Kärnten - weiter begünstigen und beschleunigen. steigender Temperatur weniger Platz um zu überleben und die Artenvielfalt leidet darunter. Die Klimakrise in Österreich 13
Die Gletscher in Österreich verlieren immer mehr Eismasse. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal Die heimischen Wälder leiden unter Trockenheit und Borkenkäfer. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Bewässerungsanlage in Niederösterreich. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Seit 2016 ist das Skigebiet Lammeralm geschlossen. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal Skigebiete leiden unter geringem Schneefall. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Die Klimakrise in der Steiermark Die Erderhitzung wird in der Steiermark auch in den Die Landwirtschaft in der Steiermark leidet massiv unter nächsten Jahren zunehmend spürbar werden: In einem den Folgen der Erderhitzung. Es kommt vermehrt zu Dürren weiter-wie-bisher-Szenario - ohne Reduktion der Treibhaus- und vor allem Obstkulturen werden durch das unbestän- gasemissionen - wird es bis 2050 einen weiteren Anstieg dige Wetter und seinen Extremen zunehmend zerstört. der Temperaturen um ca. +1,3 Grad Celsius bis +1,4 Grad Immer häufiger ereignen sich Hagelunwetter, die innerhalb Celsius geben, bis zum Jahr 2100 drohen sogar bis zu ext- kürzester Zeit die kommende Ernte zerstört haben. reme +4,0 Grad Celsius. Eine Reduktion der Treibhausgas- emissionen in einem sehr moderaten Klimaschutz-Szenario Greenpeace vor Ort: Geschlossenes Skigebiet kann den Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts auf Lammeralm in der Steiermark ca. +2,3 Grad Celsius eindämmen. Auch der Rückgang des Schneefalls ist in der Steiermark auf die Klimaveränderung zurückzuführen. So wird im Win- Die Folgen der Erderhitzung auf die Steiermark ter die Naturschneedecke stark zurückgehen. Darunter im Überblick werden besonders Schigebiete wie Schladming leiden. In den Herbstmonaten wird es in der Steiermark ver- Die Tage, an denen es eine geschlossene Schneedecke mehrten Niederschlag geben. Starkregenereignisse und gibt, werden in Zukunft um die Hälfte zurückgehen. Ein zunehmende Gewitter werden in der Steiermark zu Über- Beispiel für die negativen wirtschaftlichen und sozialen schwemmungen und Hangrutschungen führen. Häufig Konsequenzen dieser Entwicklung ist das Skigebiet treten in der Steiermark Murenabgänge auf. Diese werden Lammeralm bei Langenwang. Das in der Hochsteiermark durch das Auftauen des Permafrostbodens verursacht. im Mürztal gelegene Skigebiet wurde nach der Saison Permafrost ist dauerhaft gefrorener Boden. Er ist ab einer 2015/16 dauerhaft geschlossen, da nicht genug Schnee Seehöhe von 2.500 Meter zu finden und beginnt bei einer fiel. Durch den zu geringen Schneeniederschlag leidet vor Temperaturzunahme von nur einem Grad Celsius zu schmel- allem der Wintertourismus. Weiter hat es fatale Auswir- zen. Die Bodenstabilität wird dadurch geschädigt und es kungen auf den alpinen Naturraum. Durch den geringen ergeben sich Murenabgänge bzw. Fels- oder Steinstürze. bis ausbleibenden Schneefall gibt es im Frühling auch keine Schneeschmelze. Das Abschmelzen des Schnees ist Die Wassertemperatur der Mur steigt durch den Klima- jedoch von sehr großer Bedeutung, da es für die Wasser- wandel stetig an. Der Temperaturanstieg des Flusses sättigung des Bodens zuständig ist. Bleibt das aus, hat Auswirkungen auf die Artenzusammensetzung in der werden die Böden immer trockener. Durch die warmen Mur, nicht zuletzt auf die Zusammensetzung der Fisch- und trockenen Bedingungen wachsen mehr Pflanzen populationen. Durch die Erwärmung wird die Population auch in höheren Lagen und verdrängen ursprüngliche der wärmeliebenden Arten größer, die kälteliebenden haben Arten, weiter sterben Wälder an der Trockenheit. Ins- immer weniger Rückzugsorte. gesamt ist das ganze Ökosystem in seinen natürlichen Abläufen gefährdet. Die Klimakrise in Österreich 17
Eine Borkenkäferplage zerstört weitläufig Waldgebiete. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal Ein Forstarbeiter zeigt die Schäden durch den Borkenkäfer auf. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Die Klimakrise in Oberösterreich Die Erderhitzung wird in Oberösterreich auch in den Greenpeace vor Ort: Waldsterben und Schädlinge in nächsten Jahren zunehmend spürbar werden: In einem Oberösterreich weiter-wie-bisher-Szenario - ohne Reduktion der Treibhaus- Österreichs Wälder bestehen zu 68 % aus Fichten, gasemissionen - wird es bis 2050 einen weiteren Anstieg so sind auch oberösterreichische Wälder vorwiegend der Temperaturen um ca. +1,3 Grad Celsius bis +1,4 Grad mit Fichten bewaldet. Die Temperatur steigt und mit ihr Celsius geben, bis zum Jahr 2100 drohen sogar bis zu +3,9 auch die Trockenheit. Die Fichte, als Flachwurzler, kann Grad Celsius. Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen nicht genügend Wasser und Nährstoffe aufnehmen in einem sehr moderaten Klimaschutz-Szenario kann den und ist dadurch geschwächt. Der Trockenstress und der Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts auf ca. +2,2 Wassermangel führen dazu, dass kein Harz produziert Grad Celsius eindämmen. wird und die Fichte leichter anfällig für Schädlingsbefall ist. Das Harz dient als natürlicher Abwehrstoff, den der Die Folgen der Erderhitzung auf Oberösterreich Schädling Borkenkäfer nicht durchdringen kann. Die im Überblick Ausbreitung des Schädlings ist in Oberösterreich, vor Der Klimawandel macht sich in Oberösterreich durch an- allem im Mühlviertel und im Waldviertel am stärksten. Die steigende Hitze und Trockenheit bemerkbar. Im Sommer 3mm großen Käfer bohren sich in die Stämme und legen vertrocknen und verkrusten die Böden, die Humusbildung Eier. Nach zwei Wochen ist die Brut abgeschlossen und vermindert sich, darunter leidet auch die Wasserspeicher- der Käfer besiedelt den nächsten Baum. Die Käfer leben kapazität der Böden. Besonders betroffen sind die Gebiete bis zu zwei Jahre und ihre Population wächst schnell. Inn- und Mühlviertel, sie haben mit Ertragseinbußen auf In nur einem Jahr können 200 Borkenkäfer sich auf den Feldern zu kämpfen. Außerdem steigt im Winter die unvorstellbare 3,2 Millionen Tiere vermehren. Früher gab Schneefallgrenze und der Schneeniederschlag nimmt es zwei Generationen Borkenkäfer pro Jahr, heute sind in Folge der Erderhitzung ab. Da sich die oberösterreichi- es drei bis vier Generationen, bestätigt Martin Speta, der schen Skigebiete auf einer niedrigen Seehöhe befinden, Bezirksförster Freistadts. Dieser Anstieg ist auf die Klima- stellt die erhöhte Temperatur eine große Herausforderung krise zurückzuführen. Eine 100 Jahre alte Fichte ist nach dar. Weiter verbreiten sich in Oberösterreich invasive dem Befall von nur 70 bis 100 Käfer geschädigt und muss Schädlinge, ein Beispiel dafür ist der Engerling. Die Käfer- abgeholzt werden. Ein mit dem Käfer einhergehendes Pro- larve vom Mai- und Junikäfer frisst große Flächen Wiesen blem ist der Blaufäulepilz am noch wachsenden Baum. ab und lässt diese versteppen. Die Bezirke im Mühlviertel Dieser mindert den Wert des Holzes. Die Forstwirtschaft sind am stärksten betroffen und Bauern fürchten eine Ver- hat mit hohen Verlusten zu kämpfen, so liegt der Preis für ringerung der verfügbaren Futtermenge. einen gesunden Festmeter Holz bei 100 Euro, das vom Schädling befallene Holz ist nur mehr 40 Euro wert. Die Klimakrise in Österreich 19
Aufgrund der steigenden Hochwassergefahr entlang der Donau werden Schutzanlagen errichtet. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Die Klimakrise in Niederösterreich Die Erderhitzung wird in Niederösterreich auch in den starken Einfluss auf die Ertragsmenge. Hagel und Stark- nächsten Jahren zunehmend spürbar werden: In einem regenereignisse zerstören innerhalb weniger Minuten weiter-wie-bisher-Szenario - ohne Reduktion der Treibhaus- die ganzjährliche Ernte. Auch die Donau ist durch die gasemissionen - wird es bis 2050 einen weiteren Anstieg Erwärmung des Klimas betroffen, so auch die zahlreichen der Temperaturen um ca. +1,3 Grad Celsius bis +1,4 Grad Wasserkraftwerke an der Donau. Die Stromproduktion Celsius geben, bis zum Jahr 2100 drohen sogar bis zu +3,9 wird mit der Reduktion der Wasserführung der Donau Grad Celsius. Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen weiter abnehmen. in einem sehr moderaten Klimaschutz-Szenario kann den Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts auf ca. +2,2 Greenpeace vor Ort: Hochwasser in Niederösterreich Grad Celsius eindämmen. Ein weiteres durch die Klimakrise verschärftes Problem, das Niederösterreich zu schaffen macht, sind Extremwet- Die Folgen der Erderhitzung auf Niederösterreich terereignisse. Durch die zahlreichen Starkniederschläge im Überblick steigt die Erosionsgefahr deutlich. Die oft trockenen Niederösterreich spürt die steigende Hitze und die damit Böden, können die Wassermassen, die innerhalb kürzes- verbundene Trockenheit deutlich. Das Waldviertel ist wie ter Zeit abgehen, nicht aufnehmen, Hangrutschungen das Mühlviertel eine der am stärksten vom Borkenkäfer und Hochwasser sind in Niederösterreich besonders betroffenen Regionen in Österreich. Die dicht mit Fichten häufig die Folge. So sind in Niederösterreich besonders besiedelten Wälder Niederösterreichs sind durch die die Gemeinden entlang der Donau von Hochwasser extreme Trockenheit gestresst und besonders anfällig auf betroffen. Die Schäden, die dadurch entstehen sind den Schädling. Auch die Buchenwälder sind durch die gewaltig. Neben den enorm hohen finanziellen Schäden immer geringeren Niederschlagsmengen geschwächt und der drastischen Verschmutzung der Umwelt, fordern und schrumpfen zunehmend. Die Erwärmung ermöglicht sie regelmäßig Verletzte oder gar Menschenleben. nicht-heimischen Pflanzenarten die Verbreitung Um sich vor den nahezu jährlichen Hochwassern zu in Österreich. Ihre hohe Anpassungsfähigkeit und ihr schützen, wurden verschiedene Hochwasserschutzmaß- schnelles Verbreitungspotential stellen eine Gefahr für nahmen errichtet, wie zum Beispiel in der Region Wachau die heimischen Pflanzenarten und das damit ver- die mobilen Hochwasserschutzwände entlang der Donau- bundene Ökosystem dar. Zu wenig Niederschlag und promenade und einige Hochwasserschutzanlagen, wie in länger andauernde Dürreperioden lassen die nieder- der Gemeinde Spitz sowie Schutzdämme, beispielsweise österreichischen Böden austrocknen. Folge davon ist, in Krems. Diese sollen in Zukunft vor den katastrophalen dass sich der Ertrag auf den Feldern verringert. Im Jahr Hochwasserereignissen schützen. Seit 2002 ist Nieder- 2018 entstanden in Österreich durch die Dürre Schäden österreich mit insgesamt 500 Projekten in rund 300 im Wert von etwa 210 Mio. Euro.4 Neben der extremen Gemeinden tätig, um diese hochwassersicher zu machen. Trockenheit haben auch die Wetterereignisse einen Bereits beim Jahrhunderthochwasser 2013 zeigten sich diese baulichen Maßnahmen von großem Vorteil. 4 https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180807_OTS0042/rekordschaeden-durch-hitze-und-duerre-anhaenge Die Klimakrise in Österreich 21
Menschen suchen Abkühlung vom Hitzesommer. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal Beton und Asphalt heizen die Stadt weiter auf. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Die Klimakrise in Wien Die Erderhitzung wird in Wien auch in den nächsten Jahren ist die Wasserentsorgung oft überfordert. Es entstehen zunehmend spürbar werden: In einem weiter-wie-bisher- Schäden an Gebäuden und die Wasserqualität vermin- Szenario - ohne Reduktion der Treibhausgasemissionen - dert sich durch Hochwasserereignisse. wird es bis 2050 einen weiteren Anstieg der Temperaturen um ca. +1,2 Grad Celsius bis +1,5 Grad Celsius geben, Greenpeace vor Ort: Hitzeinseln in Wien bis zum Jahr 2100 drohen sogar bis zu +3,8 Grad Celsius. Am stärksten trifft die Klimakrise Wien durch den soge- Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen in einem sehr nannten Hitzeinsel-Effekt (Urban Heat Island). Beton und moderaten Klimaschutz-Szenario kann den Temperatur- Asphalt in Gebäuden und Straßen speichern die Wärme anstieg bis Ende des Jahrhunderts auf ca. +2,2 Grad und stauen die Hitze auf. Das führt zusätzlich zu den Hit- Celsius eindämmen. zeextremen untertags, zu sogenannten Tropennächten - Nächten an denen die Temperatur nicht unter 20°C sinkt. Die Folgen der Erderhitzung auf Wien im Überblick Der menschliche Körper kann sich dann auch in der Nacht Wien, als bevölkerungsreichstes Bundesland Österreichs, nicht von der Hitze erholen, es kommt zu einem Anstieg hat mit großen Veränderungen durch die Klimakrise zu der Schlaf- und Gesundheitsprobleme. rechnen. Durch die Temperaturzunahme und dadurch verlängerte und erhöhte Pollenproduktion der Pflanzen, Die ETH Zürich hat 2019 eine Studie zur drastischen verstärken sich Allergien. So breitete sich etwa die ein- Erhitzung der Metropolen veröffentlicht, die bestätigt, geschleppte, hochallergene Ambrosie in Wien durch die dass die klimatischen Bedingungen in Wien bis 2050 idealen Temperaturen rasant aus und ist die Ursache für ca. denen der mazedonischen Hauptstadt Skopje gleichen 30 Prozent aller heimischen Pollenallergien. Die Erhitzung werden.5 Besonders Stadtbewohner leiden unter der zu- stellt besonders im Naturraum Wiens ein Problem dar. nehmenden Hitze: So entfällt jeder dritte Todesfall auf- Der Wienerwald leidet durch das trockene, heiße Klima grund von Hitze in Österreich auf die Stadt Wien. 2018 und durch den geringen Niederschlag. Folge davon ist der starben in Österreich 766 Menschen an den Folgen der Rückgang der Produktivität des Waldes. Aber auch im extremen Hitze.6 Nach den Berechnungen eines mittleren Stadtgebiet sind Bäume extremen Bedingungen ausge- sozioökonomischen Szenarios7 gibt es 2050 in Wien setzt. Durch die extreme Hitze, wenig Niederschlag, Abgase selbst bei moderaten Klimaszenarien eine Sterberate von und Staub sind die Bäume anfälliger für Schadorganis- 237 Personen. Im schlimmsten Klimaszenario drohen men und neue Krankheiten. Ausgehend von der extremen sogar bis zu 792 Personen den Folgen der extremen Hitze in der Stadt, ereignen sich immer häufiger Extrem- Temperaturen zu erliegen. wetterereignisse. Durch plötzliche Starkregenereignisse 5 https://journals.plos.org/plosone/article/file?id=10.1371/journal.pone.0217592&type=printable 6 https://www.ages.at/themen/umwelt/informationen-zu-hitze/hitze-mortalitaetsmonitoring/ moderates Bevölkerungswachstum der Risikogruppe 65+, sowie der Gesamtbevölkerung, mittlere Lebenserwartung, 7 technische Klimaanpassungsmaßnahmen 10 % der Risikogruppe (reduziert das Risiko für die Risikogruppe um 50 %) Die Klimakrise in Österreich 23
Der Neusiedlersee könnte bei steigenden Temperaturen in den nächsten Jahren vollständig austrocknen. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal Neusiedlersee von oben. Sommer 2019 © Greenpeace / Mitja Kobal
Die Klimakrise in Burgenland Die Erderhitzung wird im Burgenland auch in den nächsten an Rebstöcke überträgt. Das Burgenland ist zusätzlich, Jahren zunehmend spürbar werden: In einem weiter-wie- besonders im Winter, durch den vermehrten Niederschlag bisher-Szenario - ohne Reduktion der Treibhausgas- der Gefahr von Hochwasser ausgesetzt. Der Fluss Laf- emissionen - wird es bis 2050 einen weiteren Anstieg der nitz, der durch das Burgenland fließt, erhöht dieses Risiko. Temperaturen um ca. +1,3 Grad Celsius bis +1,5 Grad Daher ist die Funktion intakter Böden umso wichtiger für die Celsius geben, bis zum Jahr 2100 drohen sogar bis zu +3,8 Region, denn sie dienen als passiver Hochwasserschutz. Grad Celsius. Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen in einem sehr moderaten Klimaschutz-Szenario kann den Greenpeace vor Ort: Erwärmung und Austrocknung Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts auf ca. +2,2 des Neusiedlersees Grad Celsius eindämmen. Im Burgenland ist der zweitgrößte See Österreichs, der Neusiedler See, beheimatet. Die ökologische Bedeutung Die Folgen der Erderhitzung im Burgenland dieses Sees ist enorm. Das Ökosystem Neusiedler im Überblick See steht durch die Temperatur- und Niederschlags- Besonders der burgenländische Boden ist vom Klimawan- änderungen unter Druck. Der Steppensee ist durch del betroffen. 74 % des Burgenlands sind landwirtschaftlich seine geringe Tiefe abhängig von Niederschlag, der genutzte Flächen. Diese leiden aufgrund des Klimawandels den Wasserhaushalt des Sees bestimmt. Eine Studie des und der zunehmenden Bodenversiegelung an einer Ver- Instituts für Meteorologie der Universität für Bodenkultur minderung der Qualität und Diversität. In den nördlichen nennt eine vollständige Austrocknung in den nächsten und südlichen Teilen des Burgenlands, droht die zuneh- Jahren als reale Bedrohung.8 Zwar gehört periodisches mende Trockenheit zu Ernteverlusten zu führen. Weiters Austrocknen zu den Charakteristiken des Sees, doch hat das Burgenland mit der Trockenheit seiner Wälder zu kann die Wasserfläche durch eine Reihe aufeinander- kämpfen. Manche Baumarten haben Schwierigkeiten sich folgender heißer und trockener Jahre vollständig an die neuen klimatischen Bedingungen anzupassen, was austrocknen – mit erheblichen ökonomischen und zu einer veränderten Zusammensetzung von Baumarten ökologischen Konsequenzen. In den letzten drei Jahr- in Wäldern führt. Durch die Trockenheit sterben manche zehnten hat die Wassertemperatur bereits deutlich Wälder in Extremfällen sogar ganz ab. Außerdem ist der zugenommen, was unvorhersehbare Auswirkungen Schädling Borkenkäfer in burgenländischen Wäldern auf die Sauerstoffkonzentration und fatale Folgen für vermehrt aufzufinden. Ein weiterer Schädling, der durch den die Lebewesen und deren Wachstum im See hat. Wenn Klimawandel begünstigt wird, ist die Rebzikade, die vor- die Temperatur bis 2050 um 2,5 Grad Celsius ansteigt, wiegend in den Weinbaugebieten Vergilbungskrankheiten nimmt die Verdunstung um weitere 23,3 Prozent zu. 8 https://meteo.boku.ac.at/report/BOKU-Met_Report_01_online.pdf Die Klimakrise in Österreich 25
Quellen Für alle Bundesländer verwendet Tirol Data.ccca: https://data.ccca.ac.at Alpenverein.at: https://www.alpenverein.at/portal/news/ Vor Sicht Klima! Klimawandel in Österreich, regional aktuelle_news/2018/2018_04_06_gletscherbericht.php betrachtet, Herbert Formayer, Lukas Clementschitsch, Tirol ORF: https://tirol.orf.at/v2/news/stories/2905449 Michael Hofstätter, Helga Kromp-Kolb, September 2009 Die kalte Sonne: http://diekaltesonne.de/klimawan- https://meteo.boku.ac.at/report/BOKU-Met_Report_16_ del-in-osterreich-alpengletscher-vor-einigen-jahrtausen- online.pdf den-kurzer-als-heute Die Bundesländer im Überblick Vorarlberg Frontiers in Earth Science: https://www.frontiersin.org/ articles/10.3389/feart.2019.00068/full Alm-at, Ländliches Fortbilungsinstitut: https://www.lko. at/media.php?filename=download%3D%2F2015.08.04 Salzburg %2F1438696023668172.pdf&rn=Almwirtschaftliches%20 Basiswissen%20-%20Von%20der%20Bedeutung%20 UBA.de der%20Almen.pdf Klimagefahr durch tauenden Permafrost?: https://www. umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/357/ https://www.almwirtschaft.com/images/stories/neuig- dokumente/klimagefahr_durch_tauenden_permafrost.pdf keiten/2017/pdfs/Almwirtschaft_in_Zahlen.pdf Oberösterreich Almwirtschaft.at, Klimawandel wirkt sich auf die Almen aus https://www.almwirtschaft.com/images/stories/neuig- Landwirtschaftskammer Österreich: https://www.lko. keiten/2018/pdfs/Klimawandel_wirkt_sich_auf_die_Almen_ at/media.php?filename=download%3D%2F2016.05.2 aus.pdf 3%2F1463996461858967.pdf&rn=Forst%20Sub%20 Tirol ORF: https://tirol.orf.at/v2/news/stories/2976847 Borkenk%E4fer Ländliches Fortbildungsinstitut: http://www.fastort.at/ images/pdf/Vortraege_pdf/Borkenkaefer.pdf ORF OOE: https://ooe.orf.at/stories/3004579 26 Die Klimakrise in Österreich
Kärnten Niederösterreich Waldbrand Datenbank Österreich: http://fire.boku.ac.at/ AMA: https://www.ama.at/Marktinforma- firedb tionen/Getreide-und-Olsaaten/Aktuelle-Informatio- Kleine Gase-große Wirkung Der Klimawandel, David nen/2019/2-AMA-Flaechenauswertung-2019 Nelles & Christian Serrer UBA.de: https://www.umweltbundesamt.de/daten/ Landwirtschaftskammer: https://www.lko. land-forstwirtschaft/waldbraende#textpart-2 at/%C3%B6sterreichische-getreideernte-2018-trocken- heit-schm%C3%A4lert-ertr%C3%A4ge+2500+2588319 Wien ORF NOE: https://noe.orf.at/v2/news/stories/2928681 Die Auswirkungen des Klimawandels für Wien: eine APA OTS “Rekorschäden in Hitze und Dürre”: ökonomische Bewertung, Wien.gv.at https://www.ots.at/presseaus- https://www.wien.gv.at/umwelt/klimaschutz/pdf/coin.pdf sendung/OTS_20180807_OTS0042/ rekordschaeden-durch-hitze-und-duerre-anhaenge AGES: https://www.ages.at/themen/umwelt/ informationen-zu-hitze/hitze-mortalitaetsmonitoring/ Steiermark Burgenland Standard: https://www.derstan- dard.at/story/2000053484907/ WWF: https://www.wwf.at/de/schilfguertel schneemangel-wird-fuer-alpine-oekosysteme-zum-problem BOKU Met Report: https://meteo.boku.ac.at/report/ BOKU-Met_Report_01_online.pdf Zobodat- Trockenperiode Neusiedler See: https://www. zobodat.at/pdf/Oesterreichs-Fischerei_28_0088-0093.pdf Die Klimakrise in Österreich 27
Greenpeace in Zentral- und Osteuropa Fernkorngasse 10, 1100 Wien, Österreich www.greenpeace.at
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