Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven - Biotopmanagementplan - BUND Köln
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BUNDzentrum Köln – Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband NRW e.V., Kreisgruppe Köln Alte Feuerwache, Melchiorstr. 3 50670 Köln www.bund-köln.de November 2017 Bearbeiter: Holger Sticht Unter Mitarbeit von Peter Brenner, Klaus Hanisch, Joachim Jonas, Dr. Heike Kappes und Matthias Schwarz 2
Inhalt Rahmenbedingungen Anlass und Aufgabenstellung S. 4 Lage, Abgrenzung, Eigentum, Kurzcharakter S. 4 Ausgangsdaten und Vorgaben des Landschaftsplans S. 5 Reale Nutzungen und ihre Bewertung S. 6 Gliederung in Teilflächen S. 8 Bestand und Bewertung von Habitaten, Flora, Fauna sowie Biotopverbund Vegetation der einzelnen Teilflächen S. 10 Biotope S. 16 Flora S. 17 Fauna S. 20 Zusammenfassende landschaftsökologische Bewertung S. 31 Bestand und Potenzial des westlich angrenzenden Landschaftsschutzgebiets S. 32 Biotopverbund S. 34 Einflüsse auf den Erhaltungszustand Mechanische Beeinträchtigung sowie Störung von Biotopen und Arten S. 36 Depositionen S. 37 Sukzession S. 37 Neobiota S. 37 Isolation S. 39 Mangelnde Kennzeichnung und Überwachung S. 39 Unterhaltungsmaßnahmen S. 40 Leitbild und Entwicklungsziele Sollzustand S. 41 Leitarten S. 41 Zielarten S. 41 Entwicklungsziele S. 42 Maßnahmen und Regelungen Naturschutzmaßnahmen S. 44 Nutzungsauflagen, Besucherlenkung S. 47 Maßnahmen zum Biotopverbund S. 51 Hinweise zur Durchführung und Steuerung S. 53 Schutzzwecke und gebietsspezifische Gebote/Verbote S. 54 Fotos, Abbildungsverzeichnis, Quellen Fotodokumentation S. 55 Abbildungsverzeichnis S. 63 Quellen und Arbeitsmaterial S. 64 Anhang I Karte Biotoptypen Anhang II Karte Entwicklungsziele Anhang III Biotop- und Artenverzeichnisse 3
1. Rahmenbedingungen 1.1 Anlass und Aufgabenstellung Die offizielle Datenlage zum Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven erscheint mit Blick auf das Naturschutzinformationssystem und das Biotopkataster des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) mangelhaft bzw. veraltet. Auch weist der Landschaftsplan der Stadt Köln – bis auf den Schutz von Lebensräumen für bedrohte Wasservögel - keine Schutzzwecke und nur wenige gebietsspezifische Gebote aus. Bestandserhebungen des BUND zeigten, dass die Diversität des Schutzgebiets ungleich höher ist als bislang dokumentiert, und daher zusätzliche Schutzmaßnahmen insbesondere zu Gunsten vorkommender gefährdeter und geschützter Arten und Biotope geboten sind. Um den realen Bestand, aber auch das Potenzial und die daraus ableitbaren Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen für unterschiedliche Teilbereiche des Gebiets zu ermitteln, stellte der BUND Anfang 2017 einen Antrag nach Förderrichtlinie Naturschutz (FöNa) zur Erstellung eines Biotopmanagementplans für das Naturschutzgebiet. 1.2 Lage, Abgrenzung, Eigentum, Kurzcharakteristik Das gemäß der veralteten LANUV-Angaben 37,67 ha große Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven (K-19 bzw. N 18, nachfolgend kurz NSG genannt) zählt zur Großlandschaft „Niederrheinisches Tiefland mit Kölner Bucht“, hier zur naturräumlichen Haupteinheit Nr. 551 „Köln-Bonner Rheinebene“. Es liegt im Südosten Kölns, im Stadtteil Gremberghoven. Nach Norden wird es durch das Autobahnkreuz Gremberg, nach Westen durch die A 559 und nach Osten durch die Schienenstrecke Köln-Siegburg begrenzt. Die Schutzgebietsgrenze verläuft entlang der oberen Böschungskante des Gleiskörpers und der befestigten Straßenränder. Ausnahme ist nur eine kleine Landzunge im Südosten. Eigentümer sind zu ähnlichen Anteilen eine Erbengemeinschaft und die Deutsche Bahn, eine sehr kleine Wasserparzelle ist im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Es handelt sich um den nördlichen zweier durch die A 559 getrennter, aber an einer etwa 20 Meter breiten Stelle verbundener Zwillings-Kiesgrubenseen. Etwa zwei Drittel des NSG bestehen aus Wasserfläche, terrestrische Lebensräume sind überwiegend randlich in Gestalt von Böschungen und Bermen sowie einer Insel vorhanden. 4
Abb. 1: Abgrenzung NSG Kiesgrubensee Gremberghoven (Auszug aus nsg.naturschutzinformationen.nrw.de mit veralteter Abgrenzung von vor 2000) 1.3 Ausgangsdaten und Vorgaben des Landschaftsplans Das Gebiet ist seit 1989 bzw. 1991 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Im Landschaftsplan wird als einziger Schutzzweck formuliert, „ungestörte Lebensräume für bedrohte Wasservögel wiederherzustellen und zu erhalten“. Ansonsten wird nur auf das außergewöhnliche Vorkommen des Speierlings (Sorbus domesticus) „an der nordöstlichen Böschung“ hingewiesen. Über die Allgemeinen Gebote hinaus werden im Landschaftsplan folgende gebietsspezifischen Gebote formuliert: Erhaltung und ggf. Vertiefung temporär wasserführender Bereiche auf dem Zufahrtsweg als Laichgewässer für Amphibien Erhaltung von offenen Steiluferböschungen als pot. Brutplätze für die Uferschwalbe Verankerung von bepflanzbaren Brutflößen mit einer Gesamtfläche von ca. 200 qm zu Gunsten von Wasservögeln Über die Allgemeinen Verbote hinaus werden im Landschaftsplan folgende gebietsspezifischen Verbote formuliert: Das Betreten des gesamten Gebiets Das Befahren mit Wasserfahrzeugen aller Art sowie das Baden Die Jagdausübung zwischen dem 16.12. und dem 15.2. 5
Einziger durch das LANUV ermittelter gesetzlich geschützter Biotoptyp ist „Stehende Binnengewässer (naturnah, unverbaut)“, gleichzeitig FFH-Biotop 3140. Die Kartendarstellung des Biotopkatasters NRW (BK-5008-905) umfasst allerdings fälschlicherweise das komplette Naturschutzgebiet inklusive terrestrischer Lebensräume als geschütztes FFH-Biotop. Geschützte oder planungsrelevante Arten werden durch das LANUV nicht genannt. Die letzte Kartierung der Landlebensräume stammt allerdings laut Biotopkataster NRW aus dem Jahr 1992. Doch wurden bei Untersuchungen der Unterwasservegetation in den Jahren 2007 und 2010 Pflanzenarten der Roten Liste NRW erfasst, überdies auch Armleuchteralgenarten, die zur Klassifizierung als FFH-Biotoptyp führten. Abb. 2: Ausschnitt aus Landschaftsplan Köln mit NSG Kiesgrubensee Gremberghoven (dunkelgrün), dem anliegendem Landschaftsschutzgebiet „Freiraum um das Gremberger Wäldchen von Poll bis Heumar“ (hellgrün) sowie den Geschützten Landschaftsbestandteilen (lindgrün) 1.4 Reale Nutzungen und ihre Bewertung 1.4.1 Angelsport Das Naturschutzgebiet wird - wie der angrenzende Zwillingssee des LSG, in welchem er auch Eigentumsflächen besitzt – durch den Eisenbahner-Sportfischer Verein Köln e.V. (ESV Köln) genutzt. Ob eine Verpachtung durch die Eigentümer vorliegt ist nicht bekannt. Die Nutzung war bisher mit folgenden Einflüssen verbunden: 6
Ganzjährige Störung von Wasservogelarten durch die Präsenz von bis zu 12 Booten gleichzeitig, bisweilen verbunden mit dem Anfahren von Ufervegetation sowie im Einzelfall beobachteter gezielter Vergrämung von Kormoranen Gefährdung von Tieren durch ins Gelände verbrachte Angelhaken und –schnüre Zelten am Ufer Anlage von teilweise befestigten Angelplätzen am Ufer (Betonplatten, Holzplanken und Metallgestänge); neben der Zerstörung der naturnahen Ufervegetation und dem Einbringen gebietsfremden Materials ist auch die damit verbundene Initialisierung von Badestellen zu problematisieren Gewässereutrophierung durch Anfüttern von Fischen (letztmalig festgestellt in 2017) Das Einbringen von gebietsfremden Arten; hierauf deuten zumindest die Funde u.a. der amerikanischen Regenbogenforelle hin (siehe 2.4.5) Das Befahren mit Benzinmotorbooten (letztmalig in 2015 dokumentiert) Positiv beurteilt werden muss die (unregelmäßige und seltene) Kontrolle, die durch die Landesfischereiaufsicht im Sommer wasserseitig durchgeführt wird. Hierdurch wird zumindest punktuell das Befahren mit Schlauchbooten und Luftmatratzen auf der Wasserfläche der nördlichen zwei Drittel des Naturschutzgebiets reguliert. Dass auch der Angelsport hinsichtlich der Ge- und Verbote kontrolliert wird, konnte nicht festgestellt werden. 1.4.2 Unterhaltung durch die Deutsche Bahn Die DB Fahrwegdienste bzw. ihre Subunternehmer schneiden in unbekanntem Turnus sowohl die Zaunanlage an der Schienenstrecke bzw. den Oberleitungsraum frei. In 2017 erfolgten die Arbeiten Anfang Juni und damit inmitten der Vegetations- und Fortpflanzungsperiode. Das Schnittgut wird im Naturschutzgebiet eher wahllos hinterlassen. Hierbei werden vielfach durch Abdeckung Standorte von Pflanzenarten der Saumgesellschaften und Silikattrockenrasen kleinflächig entwertet. Größere Naturschutzkonflikte könnten durch Sicherungsmaßnahmen an bestehenden Böschungen entstehen. Hier ist insbesondere TF 2 (u.a. gesetzlich geschützter Biotoptyp „Lehmwände“, Gartenschläferhabitat) gefährdet. 1.4.3 Freizeitnutzungen Obwohl das Betreten des Naturschutzgebiets nicht erlaubt ist treten hier unterschiedliche Freizeitnutzungen in phasenweise (wetterabhängig) massiver Intensität auf. Hervorzuheben ist die Badenutzung im Sommerhalbjahr. Insbesondere bei Sonnenschein und Lufttemperaturen um die 30 Grad kommt es regelmäßig zu Menschenansammlungen in der Größenordnung von 500 und mehr Personen. Diese konzentrieren sich am – aufgrund der jahrzehntelangen Badenutzung - überwiegend vegetationslosen Ufer der südlichsten Böschung, verteilen sich aber auch auf übrige Uferabschnitte von TF 1, TF 2 und TF 4 (vgl. 1.5). Mit der Badenutzung einhergehend sind vielfach Feuer machen, Befahren der Wasserfläche mit Schlauchbooten, Luftmatratzen und Surfboards, Strandparties mit Musikanlagen, 7
freilaufende Hunde, starke Vermüllung insbesondere mit Plastikabfällen. Bei wenigen langjährigen Badenutzern (teilweise mehr als 30 Jahre) ist aber auch ein schonender Umgang (kein Hinterlassen von Müll, Beseitigung von Müll Anderer) festzustellen. Nahezu jedes Jahr kommt es zur Ansiedlung einzelner Obdachloser, die oft einige Wochen im Naturschutzgebiet campieren und in den meisten Fällen ihren kompletten „Hausrat“ samt Zelt im Gebiet hinterlassen. 1.4.4 Überwachung, Kennzeichnung, Natur- und Umweltschutzmaßnahmen Jahr- und phasenweise kommt es im Sommer zu Kontrollen des Ordnungsamts der Stadt Köln, teilweise auch auf Veranlassung Dritter (Anwohner, BUND). Das Naturschutzgebiet ist bisher nur an einer Stelle (oberhalb des Südufers) als solches beschildert. Die NSG-Schilder wurden in der Vergangenheit häufig entwendet, zerstört oder unkenntlich gemacht, allerdings nicht zeitnah ersetzt. Dasselbe gilt für ein im Jahr 2016 aufgestelltes Zusatzschild mit Ge- und Verboten. In 2016 stellte der örtliche Angelverein (als „ESFV Köln“) ein kleines Schild mit der Aufschrift „Betreten verboten“ auf und bezeichnete sich hierauf fälschlicherweise als Eigentümer. Die Schilder sind allerdings nur am Zaun der DB und im Bereich des NSG- Schildes montiert worden, also nicht beispielsweise an den Zugängen des NSG, und werden daher nicht wahrgenommen. Zaunanlagen oder erkennbare Abgrenzungen entlang der Grenze des Naturschutzgebiets bestehen inzwischen nur noch nach Osten in Form eines Stabgitterzauns der DB parallel zur anliegenden Schienenschnellstrecke. Die von der unteren Naturschutzbehörde (uNB) bestellte Naturschutzwacht kontrolliert regelmäßig und häufig das Gebiet. Sie sammelt Müll an einem zentralen Punkt und informiert die uNB bei besonderen Vorkommnissen (Notwendigkeit der Müllabholung durch AWB, Erneuerung der Beschilderung etc.). Seit 2016 führt die Kreisgruppe Köln des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, LV NRW e.V. (BUND) in Absprache mit der uNB und dem Eigentümer Naturschutzmaßnahmen im Naturschutzgebiet um. Bislang bestanden diese aus der Wiederherstellung eines Temporärgewässers (siehe 1.3 Gebote des LP) und der Reduzierung der invasiv auftretenden und nicht gepflanzten neophytischen Gehölze (u.a. Robinie) im Bereich des TF 4 (siehe 1.5 und 2.1.4). Darüber hinaus sind Mitglieder zwecks Monitoring regelmäßig im Gelände und verständigen das Ordnungsamt bei massiven Verstößen gegen die Naturschutzgebote. 1.5 Gliederung in Teilflächen Aufgrund der unterschiedlichen Biotopausstattung und zur besseren Ansprache erfolgt im Folgenden eine Untergliederung des Naturschutzgebiets in 7 Teilflächen (TF): TF 1 „Birkenwald“ TF 2 „Laubwald Ost“ TF 3 „Auwald“ 8
TF 4 „Trockenrasen“ TF 5 „Laubwald Nordwest“ TF 6 „Insel“ TF 7 „Stillgewässer“ Abb. 3: Luftbild mit Kennzeichnung der Teilflächen (TF) 9
2. Bestand und Bewertung von Habitaten, Flora, Fauna sowie Biotopverbund 2.1 Vegetation der einzelnen Teilflächen 2.1.1 TF 1 Die Teilfläche 1 im Südwesten und Süden des NSG wird geprägt durch die überwiegend sandig-kiesige und steile Grubenböschung. Die Sandbirke erreicht auf der Böschung den höchsten Deckungsgrad in der Waldschicht, sodass die größten Flächenanteile als Birken- Vorwald anzusprechen sind. Vielfach sind Salweiden-Gebüsche hierin eingestreut. Häufige Begleiter sind jeweils Eberesche, Waldkiefer, Zitterpappel, Stieleiche und Späte Traubenkirsche. Langfristig ist hier u.a. die Entwicklung zu einem Birken-Stieleichenwald zu erwarten. Auf einer Länge von etwa 20 Metern hat sich zudem im Norden der Teilfläche ein Zitterpappel-Vorwald entwickelt, in welchem diese Art einen Reinbestand ausbildet. Hohe Anteile besitzen aber stellenweise auch Arten, die auf der Böschungskrone angepflanzt worden waren und in die Böschung eingewandert sind. Hierzu zählen insbesondere Sommerlinde, Feldahorn, Feldulme sowie in der Strauchschicht Rotes Geißblatt, Liguster und Blutroter Hartriegel. Ebenfalls auf der Böschungskrone angepflanzt sind Felsenkirsche, Vogelkirsche und Rosenarten, welche die Böschung aber nicht oder nur in geringem Maße besiedeln konnten. Die Krautschicht wird auf lichten Standorten der Böschung durch artenreiche Kryptogamenfluren geprägt. Hierzu zählen 18 Moosarten (u.a. das in der Niederrheinischen Bucht stark gefährdete Rhytidiadelphus triquetrus) sowie Schild- und Strauchflechten (Massenbestand von Peltigera hymenina sowie 4 Arten der Gattung Cladonia). Außerdem existieren hier noch Reste von Federschwingelrasen u.a. mit Trespen-Federschwingel und Zwerg-Filzkraut. Häufigste Pflanzenarten sind Buntes Vergissmeinicht, Tüpfel-Johanniskraut und Wald-Erdbeere. Durch Erosion, aber auch durch Tritt kommt es immer wieder kleinflächig zu Rohbodenverletzungen, von welchen diese Arten teilweise profitieren. Schattige Standorte werden in hohem Maße durch den Gemeinen Wurmfarn besiedelt. Die Naturverjüngung der unterschiedlichen Baumarten sowie Liguster und Hartriegel verdrängt auf dem Standort in vergleichsweise geringem Tempo die zuvor dominierenden Sandrasen mit Kryptogamen-Flora. Die schmale Uferlinie ist geprägt durch die im Jahresverlauf stark wechselnden Wasserstände. Der Birkenwald geht hier nahezu übergangslos ins Gewässer über, lediglich einzelne Grauweidengebüsche und ein Balsampappelhain säumen punktuell die Wechselwasserlinie. In jahrweise unterschiedlichen Sommermonaten wird durch Niedrigwasser das kiesig- sandige Gewässerufer freigelegt und überwiegend durch Arten nitrophiler Ufersäume und Ruderalgesellschaften (u.a. Weidenröschen, Kratzdisteln), aber auch Sandbirke und Sommerflieder besiedelt, die durch nachfolgende Hochwässer wieder teilweise verdrängt werden. Sandige Standorte werden auch durch phasenweise große Bestände der Nadelsimse besiedelt. Großen Einfluss auf die Vegetation haben hier auch der Fußtritt und das Lagern durch Badegäste. 10
Der südlichste Uferabschnitt ist durch intensive Freizeitnutzung insbesondere im Sommerhalbjahr überprägt. Böschung wie Ufer bestehen hauptsächlich aus vegetationslosen Sandflächen. Kleine Abschnitte, die über einen längeren Zeitraum nicht betreten werden, werden u.a. durch Feld-Ehrenpreis, Kleinfrüchtigen Ackerfrauenmantel, Buntes Vergissmeinicht, Trespen-Federschwingel, Tüpfel-Johanniskraut und Wald- Erdbeere besiedelt. Späte Traubenkirsche und Bergahorn haben starke Verjüngungsraten. Bemerkenswert ist das Vorkommen eines Exemplars des Pfirsichs. 2.1.2 TF 2 Die Teilfläche 2 im Osten des NSG wird durch die steile, überwiegend lehmige Grubenböschung geprägt. Hier haben sich auf dem überwiegenden Flächenanteil sehr arten- und strukturreiche Laubwälder und –gehölze entwickelt. Diese kommen in einer sehr heterogenen Zusammensetzung vor, u.a. da sie durch die Anpflanzungen auf der Böschungskrone mitgeprägt werden. Dominanzbestände der Robinie und der Sandbirke kommen nur jeweils einmalig auf kleinen Flächenanteilen vor. Häufige Gehölzarten sind Stieleiche, Felsenkirsche, Vogelkirsche, Späte Traubenkirsche, Sandbirke, Eberesche, Salweide, Feldahorn, Weißdorn, Schwarzer Holunder und Hartriegel. Seltener sind Berg- und Spitzahorn, Gewöhnliche Traubenkirsche, Zitterpappel, Hybridpappel und Hainbuche. Durch Absterben von Bäumen (v.a. Sandbirke und Salweide) verlichtete Bereiche werden durch Brombeere und Vielblütige Rose besiedelt. Insbesondere im Süden der Teilfläche bestehen noch mehrere lehmige, steile Abbruchkanten. Entlang der durch starke Wasserstandsschwankungen geprägten schmalen Uferlinie bildet die Silberweide eine lückenhafte Galerie aus. Sie wird punktuell durch Balsampappel, Eschenahorn und andere Weidenarten begleitet. An drei kleinflächigen Standorten haben sich Schilfröhrichte entwickelt. Diese werden allerdings durch die Anlage von Angelplätzen und die dadurch initiierte Badenutzung beeinträchtigt bzw. an einer Ausbreitung gehindert. Das nahezu vollständige Verschwinden des Riesenschwadenröhrichts korreliert zeitlich mit der Ansiedlung der Kanadagans und der Nilgans als Brutvögel. An ehemaligen Standorten der verbreiteten Art konnte sich die Nadelsimse ausbreiten. Diese wird zwar ebenso wie der Riesenschwaden durch die Gänse beweidet, verträgt den Verbiss aber offenbar problemlos. Ein kleinflächiger Spülsaum im Süden, der nicht ganz so stark durch Badenutzung überprägt wird, wird durch Arten der Röhrichte (Wasserminze, Ufer-Wolfstrapp), nitrophiler Ufersäume (Rauhaariges und Kleinblütiges Weidenröschen) sowie durch Nadelsimse und den Wasserknöterich (Schwimmblattgesellschaft) besiedelt. Außerhalb der Grube setzt sich eine kleine Landzunge nach Südosten fort, die – wie auch die Böschungskante – mit mehreren Gehölzarten bepflanzt worden war. Anders als bei den übrigen Anpflanzungen im NSG wurde hier die Zuchtform „Pflaumenblättriger Weißdorn“ eingesetzt. U.a. mit Feldahorn, Felsen- und Vogelkirsche bildet dieser einen sehr dichten Laubforst aus. Auch der Bereich des (ehemaligen), teils geschotterten, im Südabschnitt asphaltierten Wirtschaftswegs zählt zu dieser Teilfläche. Hier sind wechselfeuchte Trittrasen (Gesellschaft der Zarten Binse, Wegerich-Braunellen-Ges., Kriechfingerkraut-Ges.) ausgebildet. Diese werden in der Nordhälfte durch schmale Staudenfluren, in welchen der 11
Kleine Odermennig eine hohe Stetigkeit erreicht, gesäumt. Ehemalige Fahrspurgewässer sind weitgehend verlandet bzw. eingeebnet, da der Weg seit vielen Jahren nur noch durch Fußgänger und Zweiradfahrer genutzt wird. Auch das größte Fahrspurgewässer im Norden der Teilfläche – ein ehemaliges Laichgewässer der Kreuzkröte - war bis 2016 durch Sukzession verschwunden. Nach der Wiederherstellung durch den BUND hat sich inzwischen wieder die vormalige Vegetation eingestellt. Sie besteht v.a. aus Dominanzbeständen des Wasserpfeffers, aus Flatterbinse, Borsten-Moorbinse, Wolfstrapp und Schlammling. Nördlich an den Tümpel schließt ein Japanknöterichbestand an. 2.1.3 TF 3 Der Teilabschnitt 3 im Westen des NSG teilt sich nicht nur in eine Böschung mit Böschungskrone, sondern auch in eine relativ tief liegende und damit stark vom Gewässer beeinflusste Berme auf. Die Böschung ist wie in anderen Teilflächen auch in hohem Maße durch die Anpflanzungen auf der Böschungskrone beeinflusst. Zu diesen Arten zählen Felsenkirsche, Vogelkirsche, Sommerlinde, Feldahorn, Bergahorn, Hasel, Blutroter Hartriegel, Liguster, Rotes Geissblatt, Weißdorn und Rosenarten. Zusätzlich kommen auf der Böschung Sandbirke, Stieleiche und Salweidengebüsche mit Eberesche häufig vor. Hier hat sich ein überwiegend sehr dichter, dennoch oft vielschichtiger Laubwald ausgebildet, in welchem der Bergahorn zunehmend die höchsten Anteile erzielt. Die Krautschicht wird häufig durch den Gemeinen Wurmfarn dominiert und ist hinsichtlich der Moosflora artenreich (insgesamt 19 Arten, allein 5 Arten wurden nur hier gefunden). In verlichteten Bereichen bildet die Brombeere stellenweise eine Strauchschicht aus. Die Berme wird durch einen Silberweidenwald besiedelt. Die Hybridpappel ersetzt hier die ursprünglich charakteristische Schwarzpappel, zusätzlich ist die Schwarzerle ein häufiger Begleiter. Die regelmäßigen Wasserstandsschwankungen führen in den meisten Jahren (überwiegend in der ersten Jahreshälfte) zur monatelangen, niedrigen Überflutung der Berme, sodass sich diese für Flussauen typische Gesellschaft zumindest fragmentarisch ausbilden konnte. Die Feldschicht ist im südlichen Abschnitt aufgrund der häufigen Nutzung als Angel- Zeltlager kurzgrasig. Hier dominieren die Wald-Erdbeere und wenige Grasarten, zusätzlich eine starke Naturverjüngung des Bergahorns. Eine Strauchschicht fehlt weitgehend. Stärker verlichtete Bereiche werden zusätzlich u.a. durch Tüpfel- Johanniskraut, Kleinfrüchtigen Ackerfrauenmantel, außerdem punktuell durch Landreitgras, die Feuchtwiesenart Flatterbinse sowie Arten nitrophiler Ufersäume wie Kleinblütiges und Rauhaariges Weidenröschen besiedelt. Nur im nördlichen Abschnitt, der nur kleinflächig für Zeltlager genutzt wird, treten stellenweise die typischen – wenn auch aufgrund des vergleichsweise niedrigen Trophiegrades schwachwüchsigen - Brennnesselherden hinzu, zusätzlich auch Kratzbeere und Brombeere. Flache Uferabschnitte werden durch die Nadelsimse, seltener durch den Wasserknöterich besiedelt. Röhrichte bestehen hier nicht. Dafür ragen vielfach Silberweidenstämme ins Gewässer hinein. 12
2.1.4 TF 4 Die Teilfläche 4 im Nordosten des NSG besteht aus offenen und halboffenen Lebensräumen. Dies hängt mit ihrem geringen Alter zusammen: hier waren im Zuge des Baus einer ICE-Strecke bzw. eines Einfädelungsbauwerks um das Jahr 2000 Flächen des NSG in Anspruch genommen und Böschungen und Bermen neu angelegt worden. Die Teilfläche besteht ausschließlich aus sandig-kiesigem Untergrund, ist aber im Bereich der oberen Böschung mit (inzwischen weitgehend verwitterten) Erosionsschutzmatten und Schwingelansaaten sowie im Bereich der unteren, bis ins Gewässer hineinragenden Böschung mit einer mit einem Vlies unterlegten Basaltschüttung befestigt worden. Die Berme ist mit zahlreichen Gehölzarten bepflanzt worden. Im Norden der Teilfläche ist wenige Meter vor der Steinschüttung eine Unterwasserberme aus standörtlichem Sand/Kies angelegt worden, die bei Niedrigwasser teilweise trocken fällt. TF 4 wird durch 28 Arten der Roten Listen besiedelt. Damit kommen die mit Abstand meisten gefährdeten Arten hier vor. Böschungskrone und Böschung sind durch den geschützten Biotoptyp Silikattrockenrasen besiedelt. Hochstete Arten sind hier neben dem angesalbten Rotschwingel das Wacholder- Widertonmoos, Zwerg-Filzkraut, Kleiner Ampfer, Hasenklee, Quendel-Sandkraut, Tüpfel- Johanniskraut und mehrere Flechtenarten u.a. der Gattung Cladonia. Die Halbtrockenrasenarten Gewöhnlicher Hornklee und Kleiner Wiesenknopf, v.a. aber das Rote Straußgras dehnen sich zunehmend aus. Gleiches gilt für die Dürrwurz, einer Art termophiler Säume. Insbesondere im Bereich von Bodenverletzungen und in Begleitung eindringender Gehölze siedeln sich Ruderalarten wie Schmalblättriges Greiskraut, Nachtkerze und Einjähriger Feinstrahl an. Besenginster, Schmetterlingsstrauch, Robinie und in geringem Maße Stieleiche sowie der auf der Berme angepflanzte Sanddorn dringen in die Trockenrasen ein. Die Vegetation der Berme besteht infolge der Gehölzpflanzungen überwiegend aus lückigen Beständen wärmeliebender Laubgebüsche. Hierzu zählen Feldahorn, Liguster, Schlehe, Rosenarten, Eingriffeliger Weißdorn, Sanddorn und Blutroter Hartriegel. Eingestreut befinden sich noch wertvolle Reste der zuvor dominierenden Trockenrasen, u.a. mit Hundsveilchen, Kleinem Vogelfuß und den bedeutendsten Cladonia-Beständen (C. ciliata, C. foliacea), zusätzlich Besenginstergebüsche. Auch Trittgesellschaften u.a. mit Silberfingerkraut sind hier in Folge der illegalen Freizeitnutzung häufig. Balsampappel und in starkem Maße Robinie dringen in den letzten Jahren mit hohem Tempo in diese Bestände ein. Die Robinie verdrängt sowohl alle natürlichen als auch gepflanzten Arten und entwickelt dabei Reinbestände. Die Basaltschüttung ist mittlerweile fast vollständig durch Baumarten besiedelt worden, die zunehmend zu Beschattung führen. Die höchsten Anteile haben Silberweide, Hybridpappel und Eschenahorn. Stellenweise konnten sich kleinflächige Röhrichte des Schilfs und des Breitblättrigen Rohrkolbens etablieren. 2.1.5 TF 5 Die Teilfläche 5 besteht nur aus der Böschung samt Böschungskrone sowie zeitweilig trocken fallender Ufersäume im Norden und Westen des NSG. Die Fläche wird fast 13
vollständig durch einen artenreichen Laubmischwald besiedelt, der gleichzeitig den ältesten Baumbestand des Gebiets repräsentiert. Innerhalb dieser Teilfläche kann noch mal zwischen Nord- und Westhälfte differenziert werden: während die ältere Westhälfte durch einen dichten mehrstufigen Wald bewachsen ist, bilden an der Nordböschung die Brombeere und die Robinie größere einartige Bestände. An beiden Böschungsseiten ist die Böschungskrone mit Gehölzarten (u.a. Feldahorn, Weißdorn, Rosen, Feldulme, Liguster, Blutroter Hartriegel, Hasel) bepflanzt worden. Diese Arten beteiligen sich teilweise an der Artenzusammensetzung der Böschungen, zu der außerdem Vogelkirsche, Bergahorn, Sandbirke, Robinie und Eberesche zählen. Die Wechselwasserlinie wird überwiegend durch die Silberweide besiedelt, die vielfach ins Gewässer hineinragt. Die Krautschicht, in der Nährstoffzeiger wie Gewöhnliche Nelkenwurz und Knoblauchsrauke zu den häufigsten Arten zählen, ist meist nur spärlich ausgeprägt. Wo das Kiesufer bei Niedrigwasser freiliegt entwickeln sich Feuchte Hochstaudenfluren, in welchen der Wasserdost und das Rauhaarige Weidenröschen die höchsten Anteile erzielen. Zusätzlich bildet der Wasserknöterich eine kleinflächige Schwimmblattvegetation aus. 2.1.6 TF 6 Die Teilfläche 6 wird aus der Insel gebildet. Hierbei handelt es sich um ein nicht vollständig abgegrabenes Teilstück der Grube, das für eine Sortieranlage zusätzlich mit Fremdmaterial befestigt worden war. Die Nordhälfte wird durch einen Robinienhain, die Südhälfte durch einen jungen Birkenvorwald dominiert. Die Brombeere ist in der Strauchschicht häufig. An der Wechselwasserlinie wächst die Silberweide, stellenweise begleitet durch Balsam- und Hybridpappel. Röhrichte sind nicht (mehr) vorhanden. Die Seerose bildet an Ost- und am Westufer jeweils zwei kleinflächige Schwimmblattvegetationen aus. 2.1.7 TF 7 Die Teilfläche 7 markiert das eigentliche Abgrabungsgewässer samt submerser Vegetation. Auffallend sind die starken Wasserstandsschwankungen im Jahresverlauf von bis zu 1, 5 Metern. Diese treten jedoch in jahrweise unterschiedlicher Intensität und zu unterschiedlichen Zeiten auf. Der höchste Wasserstand wird meistens von März bis Mai erreicht, so z.B. in 2016. Im folgenden Jahr 2017 war jedoch dieser Zeitraum derjenige mit dem niedrigsten Wasserstand. Das LANUV hat hier mit einem „Stehenden Binnengewässer (naturnah, unverbaut)“ einen geschützten Biotoptyp kartiert. Dieser wurde gleichzeitig als FFH-Biotop „Oligo- bis mesotrophe kalkhaltige Gewässer mit benthischer Vegetation aus Armleuchteralgen (3140)“ klassifiziert (BK-5008-905). Die Daten zur submersen Vegetation stammen überwiegend vom LANUV. Auszug aus Biotopkataster NRW: „Im Rahmen der Bewertung großer Seen > 50 ha (WRRL) konnten in den Jahren 2007 und 2010 folgende submerse Pflanzenarten festgestellt werden: Gegensätzliche 14
Armleuchteralge Chara contraria, Gemeine Armleuchteralge Chara vulgaris, Dunkle Glanzleuchteralge Nitella opaca, Stern-Glanzleuchteralge Nitellopsis obtura, Gemeines Hornblatt Ceratophyllum demersum, Ähren-Tausendblatt Myriophyllum spicatum, Kamm- Laichkraut Potamogeton pectinatus, Zwerg-Laichkraut P. pusillus und Haarblättriges Laichkraut P. trichoides (LANUV Abt. 5 Fb 55).“ Zusätzlich konnten im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Arten Krauses Laichkraut Potamogeton crispus und Schmalblättrige Wasserpest Elodea nutallii festgestellt werden. Nach der LANUV-Erhebung im Jahr 2010 ist - wahrscheinlich vom südlichen LSG-See ausgehend, wo die Art bereits Jahre früher Dominanz erreichte – die Einwanderung der Schmalblättrigen Wasserpest erfolgt. Diese kann durch Aquarianer, an Anglerbooten oder –material anheftend oder natürlicherweise über Wasservögel eingebracht worden sein. Diese neophytische Art ist im NSG innerhalb weniger Jahre zur dominierenden Unterwasserpflanze zumindest der Wassertiefen 0,5 bis 3 m geworden. Möglicherweise ist hiermit ein Verdrängungsprozess gegenüber mehreren der zuvor genannten Arten eingetreten. In 2017 bedeckten erstmals auch zahlreiche Teppiche der Pflanze die Wasseroberfläche, jeweils mit einem Umfang von mehreren Quadratmetern. An der Ostseite des Gewässers kommt es während des Sommerhalbjahrs seit vielen Jahren zur Massenentwicklung von Grünalgen, die als Teppiche den Gewässergrund überziehen. Aufgrund dieser Beobachtungen besteht der Verdacht, dass sich der Erhaltungszustand des FFH-Biotops seit 2010 verschlechtert hat. 15
2.2 Biotope Insgesamt konnten im NSG – ohne Berücksichtigung von Untertypen - 18 Biotoptypen festgestellt werden. Dies sind 17 mehr als laut Biotopkataster NRW vorhanden. Von diesen sind 7 nach Bundes- und Landesnaturschutzgesetz geschützte Biotoptypen, von welchen wiederum 2 als FFH-Biotope anzusprechen sind. Bei letzteren handelt es sich um das Abgrabungsgewässer, das den stark überwiegenden Anteil an der Naturschutzgebietsfläche einnimmt und durch das LANUV als „Oligo- bis mesotrophes Stillgewässer mit benthischer Vegetation aus Armleuchteralgen (3140)“ kartiert worden ist. Ferner ist im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erstmalig der FFH-Biotoptyp „Feuchte Hochstaudenfluren (6430)“ kartiert worden. Der Biotoptyp Feuchte Hochstaudenfluren am Ufer von TF 5 wird hier als gesetzlich geschützter und als FFH-Biotoptyp 6430 (vgl. LANUV NRW 2017, FINCK et al. 2017) interpretiert. Sowohl das Convolvulo sepium-Eupatorietum cannabini als auch das Epilobietum hirsuti sind hierfür maßgeblich. Die BNatschG- Def. schließt Stillgewässersäume mit ein, die NRW-Def. nicht. Aber selbst hier muss zumindest das Convolvulo sepium-Eupatorietum cannabini als für die Ansprache relevanter „Feuchter Staudensaum der Wälder“ interpretiert werden. Zwar handelt es sich aufgrund des geringen Alters des Biotops um artenarme Dominanzbestände, nicht jedoch neophytischer Arten. In jedem Falle kommen 2 der diagnostisch relevanten Pflanzenarten (E. cannabinum, E. hirsutum) nicht nur frequent, sondern sogar hochstet vor. Gleichsam kommt der Biotoptyp im Komplex mit weiteren § 42-Biotoptypen (hier 3140) vor. Weitere gesetzlich geschützte Biotope sind Periodische Tümpel, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte, Röhrichte, Silikattrockenrasen und Lehmwände. 11 Biotoptypen – neben den gesetzlich geschützten zusätzlich Ufergehölze, Ruderalstandorte, Waldmäntel und Weichholzauenwald – stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands (FINCK et al. 2017). Damit sind die Lebensraumvielfalt und die Zahl geschützter und gefährdeter Biotoptypen im Naturschutzgebiet tatsächlich um ein vielfaches höher als bislang bekannt. Anhang I bietet eine Übersicht über die Standorte der verschiedenen Biotoptypen. Bezieht man zusätzlich die Biotop-Untertypen nach FINCK et al. 2017 und LANUV 2017, die teilweise bereits Syntaxa entsprechen, mit ein, so kommen insgesamt 26 Biotoptypen und -untertypen vor, von welchen 11 gesetzlich geschützt und 15 auf der Roten Liste stehen. Auf der Roten Liste Deutschlands sind folgende im NSG vorkommende Biotoptypen in der Kategorie „vom Aussterben bedroht bis stark gefährdet“ kategorisiert: Periodische Tümpel, Schilf-Wasserröhricht, Silikattrockenrasen Lehmwände. In der Kategorie „stark gefährdet bis gefährdet“ befinden sich Zeitweilig trocken fallende Sand- bzw. Kiesflächen an stehenden Gewässern, Feuchte Hochstaudenfluren, Strukturreiche Waldmäntel, Trockene (frische) Säume, Ruderalstandorte. 16
2.3 Flora 2.3.1 Pflanzengesellschaften Da das Areal des Naturschutzgebiets erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts angelegt worden ist, keine natürlichen Böden mehr vorhanden sind und zudem aufgrund von Anpflanzungen oder Ansaaten auf einem überwiegenden Anteil der terrestrischen Lebensräume eine natürliche Entwicklung stark beeinflusst worden ist, ist die Ansprache von Pflanzengesellschaften nur in begrenztem Maße möglich bzw. sinnvoll. Aus den genannten Gründen herrschen Dominanzbestände und Fragment-Gesellschaften vor. Auf eine Bewertung der 35 Syntaxa, von welchen 10 auf der (veralteten) Roten Liste für NRW (1995) stehen, wird daher an dieser Stelle weitgehend verzichtet und auf die Kapitel 2.1 sowie den Anhang „Biotop- und Artenverzeichnisse“ verwiesen. Erwähnt werden sollen lediglich die beiden Pflanzengesellschaften, die in der letzten Roten Liste für NRW als stark gefährdet eingestuft worden waren: der Federschwingelrasen Filagini-Vulpietum, der durch die Klassenkennart Zwerg-Filzkraut und die Assoziationskennarten der Gattung Vulpia gekennzeichnet ist, sowie der Birken- Stieleichenwald Betulo-Quercetum, der allerdings erst im Vorwaldstadium entwickelt ist. 2.3.2 Farn- und Blütenpflanzen, Armleuchteralgen Bislang konnten im Naturschutzgebiet 207 Blütenpflanzen-, 2 Farn-, 1 Schachtelhalm- und 4 Armleuchteralgenarten festgestellt werden. Davon befinden sich 15 berücksichtigte Arten auf der aktuellen Roten Liste Nordrhein-Westfalens bzw. der Niederrheinischen Bucht sowie der veralteten Roten Liste Deutschlands, 4 weitere Arten befinden sich auf den Vorwarnlisten. Besondere Bedeutung hat das NSG für Arten der Unterwasservegetation sowie offener Sandböden. Der im Landschaftsplan der Stadt Köln (1991) angegebene Speierling Sorbus domestica konnte bislang nicht wieder gefunden werden. Auch im Rahmen der Kartierung der Kölner Flora wurden in Köln keine Vorkommen festgestellt (SUMSER et al. 2015). Möglicherweise wurde das Vorkommen durch den Bau der ICE-Trasse (2000) ausgelöscht. Bei den drei kleinen Vorkommen der Seerose Nymphaea alba handelt es sich um eine nicht heimische Sippe, die aus Ansalbung hervorgegangen sind. Eine Behandlung als gefährdete Art scheidet damit aus. Hervorzuheben ist das Vorkommen des Haarblättrigen Laichkrauts, das in NRW und Deutschland als gefährdet eingestuft ist und für welches Deutschland eine weltweite Verantwortung hohen Ausmaßes besitzt (LANUV 2010). Es besiedelt kalkarme, kühle und sauerstoffreiche Gewässer. Auch die Dunkle Glanzleuchteralge ist für NRW als gefährdet eingestuft. Sie ist eine typische Art des FFH-Lebensraumtyps 3140 „Oligo- bis mesotrophe kalkhaltige Stillgewässer mit benthischer Armleuchteralgen-Vegetation“ (VAN DE WEYER & KRAUTKRÄMER 2009). Hervorzuheben ist ferner das große Vorkommen der in Deutschland und NRW u.a. durch Gewässereutrophierung gefährdeten Nadelsimse Eleocharis acicularis. Sie besiedelt die Wechselwasserzone auf sandigem Substrat an zahlreichen, aber wechselnden Stellen des Sees. 17
Aus den terrestrischen Lebensräumen sind insbesondere die in der Niederrheinischen Bucht stark gefährdeten und von Naturschutzmaßnahmen abhängigen Sandtrockenrasenbewohner Hundsveilchen Viola canina und Heidenelke Dianthus deltoides zu nennen. Während sich das Hundsveilchen etablieren konnte, konnte die Heidenelke bisher nur im Jahr 2014 blühend festgestellt werden. Ferner ist das Vorkommen der in NRW gefährdeten Arten Trespen-Federschwingel Vulpia bromoides und Buntes Vergissmeinicht Myosotis discolor bedeutsam. Der in NRW ebenfalls gefährdete Kleinfrüchtige Ackerfrauenmantel Aphanes australis kommt sowohl im Bereich sandiger Rohböden als auch dominant auf nicht oder kaum mehr genutzten Liege- und Trittflächen insgesamt häufig vor, ist hier aber in starkem Maße von dynamischen Einflüssen abhängig. Die in der Niederrheinischen Bucht stark gefährdete Bergulme Ulmus glabra ist bislang nur durch ein Exemplar bekannt, das sich im Bereich der Steinschüttung selbstständig ansiedeln konnte. Das Vorkommen der ebenfalls stark gefährdeten Feldulme Ulmus minor ist dagegen allein auf ihre Anpflanzung zurückzuführen. 2.3.3 Moose Joachim Jonas konnte in 2017 auf den Teilflächen 1 bis 4 insgesamt 50 Moosarten, von welchen 5 Arten regional bzw. landesweit gefährdet sind, feststellen. Drei Arten sind nur auf der veralteten Roten Liste Deutschlands (1997) als gefährdet eingestuft. Er attestiert dem NSG eine vergleichsweise große Lebensraum- und Artenvielfalt. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass tatsächlich nur etwa ein Drittel der Naturschutzgebietsfläche für Moose besiedelbar ist. So kommen bspw. in dem mehr als dreimal so großen Nüssenberger Busch nur 22 Arten vor (JONAS schriftl. Mitt. 2017). Besondere Bedeutung als Moos-Lebensräume haben die Teilflächen 1, 2 und 4. In TF 1 kommen 18 Arten vor, worunter mit dem Großen Kranzmoos Rhytidiadelphus triquetrus, einer Art besonnter und gleichzeitig mäßig feuchter, basenreicher und kalkarmer Standorte, sowie mit dem Riemenstängel-Kranzmoos Rhytidiadelphus loreus, das u.a. sauren Rohhumus besiedelt, 2 Arten fallen, die in der Großlandschaft Niederrheinische Bucht als stark gefährdet bzw. gefährdet gelten. Beide Arten kommen ausschließlich in diesem Teilraum vor. TF 2 ist mit 26 Arten, von welchen 12 Arten ausschließlich hier zu finden sind, die artenreichste Teilfläche. In TF 4 kommen 20 Arten insbesondere unbewaldeter Lebensräume vor. Darunter sind 12 Arten, die ausschließlich hier zu finden sind. Hervorzuheben ist das in den Sandtrockenrasen dominierende Wacholder-Widertonmoos Polytrichum juniperinum, das auf der Roten Liste Nordrhein-Westfalens für die Großlandschaft Niederrheinische Bucht als gefährdet eingestuft wird. Landesweit gefährdet ist die Graue Zackenmütze Racomitrium canescens, welche die Silikattrockenrasen in TF 4 punktuell neben zuvor genannter Art besiedelt. Diese Art ist kalk- bzw. basenliebend, was – neben den Funden von kleinen Stücken von Fliesen, Beton und Estrich – ein Hinweis auf die Beimischung von Bauschutt bei der Anlage der Böschung ist. Ebenfalls landesweit gefährdet ist das Kleinmündige Perlmoos Weissia brachycarpa, eine Pionierart kalkärmerer Rohbodenstandorte. 18
2.3.4 Flechten Matthias Schwarz (SCHWARZ schriftl. Mitt.) hat in den Teilflächen 1 und 4 des Naturschutzgebiets die Strauchflechtengattung Cladonia und die Schildflechtengattung Peltigera untersucht und dabei insgesamt 7 Arten bzw. 1 Art nachgewiesen. Er bezeichnet das Gebiet als wichtigen Flechtenlebensraum für Arten trockener und nährstoffarmer Sandböden. Hervorzuheben ist hier der Nachweis von Cladonia ciliata, eine der „echten“ und damit geschützten Rentierflechtenarten, in TF 4. Sie ist auf der Roten Liste Deutschlands (2011) als stark gefährdet, der Roten Liste Nordrhein-Westfalens (2011) als gefährdet eingestuft und zudem im Anhang V der FFH-Richtlinie gelistet. Für Hessen werden als Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen für die Vorkommen dieser Art u.a. der Erhalt und die Entwicklung von bodensauren Magerrasen und Sandrasen durch geeignete Pflege bzw. Nutzung gelistet (HESSENFORST 2009). Als bundesweit gefährdet und in NRW stark gefährdet gilt Cladonia foliacea, ebenfalls nur nachgewiesen in TF 4 auf einer Fläche von wenigen Quadratmetern. Sie besiedelt nur saure und nährstoffarme Böden, meist in Sandtrockenrasen. Bundesweit stark gefährdet ist Cladonia cariosa. Sie ist eine Art offener, bodensaurer Sandböden und nach WIRTH 2013 u.a. typisch für alte Kiesgruben. Als in Deutschland und NRW gefährdet gilt die Salat-Schildflechte Peltigera hymenina, die in TF 1 einen Massenbestand entwickelt hat. Nach WIRTH 2013 wächst sie u.a. auf basenreichen, sandigen bis steinigen Silikatböden. Fast alle Schildflechten sind inzwischen aus dem Tiefland weitgehend verschwunden, erhaltene Populationen sind oft isoliert. Bei den anderen Cladonia-Arten handelt es sich um C. furcata, C. glauca, C. humilis und C. squamosa. 19
2.4 Fauna 2.4.1 Vögel Bislang konnten 72 Vogelarten im Naturschutzgebiet festgestellt werden. Von diesen gelten 28 Arten als aktuelle Brutvögel (seit 2013). Darunter befinden sich mit dem Eisvogel Alcedo atthis (Anhang I Vogelschutz-Richtlinie), der Klappergrasmücke Sylvia curruca und dem Gimpel Pyrrhula pyrrhula 3 Arten, die für die Großlandschaft Niederrheinische Bucht als gefährdet eingestuft sind. Mit dem Habicht Accipter accipter hat eine Art der Vorwarnliste Nordrhein-Westfalens, die zuvor regelmäßiger Nahrungsgast war, erstmalig in 2017 einen Brutplatz besetzt. Der Rotmilan Milvus milvus (Anh. I V-RL, weltweite Verantwortung Deutschlands) konnte in 2016 und 2017 zwischen März und Juni bei jeder Begehung beobachtet werden, sodass das NSG als wichtiges Nahrungshabitat dieser Art anzusehen ist. Hinsichtlich des Schutzzwecks und der gebietspezifischen Gebote des Landschaftsplans, die auf gefährdete Wasservogelarten bzw. auf die Uferschwalbe Riparia riparia und von Brutflößen profitierende Arten (v.a. Seeschwalben) abzielen, ist festzustellen, dass sich mit dem Eisvogel lediglich eine entsprechende Art im Gebiet reproduziert. Der in NRW gefährdete Flussregenpfeifer Charadrius dubius findet derzeit im NSG keine geeigneten Brutplätze, nutzte dieses aber bspw. in 2016 - als es zu einer Brut auf einer Brache im benachbarten Airportbusinesspark kam – regelmäßig zur Nahrungssuche. Steilkanten und damit potenzielle Nistplätze für die Uferschwalbe sind in TF 2 vorhanden, müssten aber von Gehölzen freigestellt und möglicherweise zusätzlich geschützt werden. Brutflöße bestehen auf dem See nicht, eine Installation wäre angesichts des Nutzungsgrads von Freizeitverkehr und Angelsport bisher auch nicht zielführend gewesen. Verbreiteten Gewässerarten wie bspw. Teichralle Gallinula chloropus, Zwergtaucher Tachybaptus ruficollis und Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus (letzte Revierbesetzung 2007) fehlen Flachwasserzonen bzw. großflächigere Röhrichte. Letztere werden durch die anlagebedingte Gewässerstruktur, daraus resultierend auch durch Sukzession (v.a. Silberweide, Hybridpappel) limitiert, zusätzlich durch Angelsport und Freizeitnutzung beeinträchtigt und stellenweise verkleinert. So konnte in 2017 der Haubentaucher Podiceps christatus, der zusätzlich von ins Wasser ragenden Gehölzen profitiert und im NSG drei Reviere besetzt hatte, nur zu einer (erfolgreichen) Brut schreiten, was ursächlich mit dem ungewöhnlich niedrigen Wasserstand und damit mit der zusätzlich gesunkenen Verfügbarkeit geeigneter Brutplätze zusammenhängen dürfte. Das Verschwinden des Teichrohrsängers dagegen ist unmittelbar auf die Verkleinerung und Störung der Schilfröhrichte durch Angelsport und Freizeitnutzung zurückzuführen. Als potenzieller (halb)natürlicher Brutplatz für Flussregenpfeifer, Flussseeschwalbe Sterna hirundo und Möwenarten - die Sturmmöwe Larus canus nutzt das NSG als Nahrungshabitat während der Brutzeit nahezu täglich - käme lediglich TF 6 (Insel) in Frage (bisher nur Brutplatz von 5 ubiquitären Singvogelarten sowie Nil- und Kanadagans). Voraussetzung hierfür wäre allerdings eine Freistellung von Gehölzen zumindest auf einem stark überwiegendem Flächenanteil (derzeit Sukzession: bis zu 35 Jahre alter Gehölzbestand) und eine effektive Regulation insbesondere des Freizeitverkehrs. Mit zunehmendem Alter entwickeln Balsam- und Hybridpappeln sowie Silberweiden auf der Insel, die jetzt bereits als regelmäßige Rastplätze genutzt werden, die Eignung für die Ansiedlung von Kormoran- und Graureiherkolonien. Auch hier wäre aber die Grundlage, Freizeitverkehr und Angelsport effektiv zu regulieren. 20
Als Lebensraum für geschützte Rastvogelarten hat das NSG derzeit eine eher untergeordnete Bedeutung. Gänsesäger Mergus merganser und Tafelente Aythya ferina (beides Arten des Art. 4 bzw. 2 Vogelschutz-Richtlinie) sind seltene Wintergäste. Reiherente Aythya fuligula, Haubentaucher, Kormoran Phalacrocorax carbo und Graureiher Ardea cinerea sind dagegen häufige Wintergäste, solange das Gewässer eisfrei ist. Gleiches gilt im Übrigen für die Standvögel Bläßralle Fulica atra und Eisvogel. Mittlerweile sind phasenweise auch Ansammlungen von einzelnen Nilgänsen sowie bis zu 70 Kanadagänsen festzustellen. Diese nutzen das Gewässer allerdings nur als Ruheplatz, nicht als Nahrungshabitat. Der Flussuferläufer Actitis hypoleucos ist während der Zugzeiten häufig anzutreffen, doch andere rastende Limikolen konnten bislang nicht festgestellt werden. Die Vielfalt von Arten terrestrischer Lebensräume ist als mäßig hoch zu bezeichnen. Gründe sind die schmale Parzellierung der Landlebensräume und die mit den unmittelbar angrenzenden Verkehrswegen verbundenen Immissionen sowie die Sukzession im Bereich ehemals offener und halboffener Lebensräume. Hier fehlt die in NRW gefährdete Nachtigall Luscinia megarhynchos trotz geeigneter Lebensräume, was aber auf den negativen regionalen Bestandstrend zurückzuführen sein dürfte. Der in der Niederrheinischen Bucht stark gefährdete Bluthänfling Carduelis cannabina, der noch im Bereich Alter Deutzer Postweg als Brutvogel vorkommt, hat mit der Ausdehnung des nunmehr ans NSG angrenzenden Gewerbegebiets wichtige Lebensraumteile verloren. Ähnliches gilt für Gelbspötter Hippolais icterina, Goldammer Emberiza citrinella und Feldsperling Passer montanus, die auch im Umfeld (ehemalige Feldflur Gremberghovens) verschollen sind. Die in 2017 mit jeweils einem Revier vorkommenden Klappergrasmücke Sylvia curruca und Dorngrasmücke Sylvia borin sind durch Sukzession in TF 2 und 4 gefährdet. 2.4.2 Säugetiere Bislang konnten im Naturschutzgebiet 16 Säugetierarten festgestellt werden, was angesichts der Größe und Parzellierung der terrestrischen Lebensräume einen herausragenden Wert darstellt. Dabei fehlen bisher – möglicherweise aufgrund von Isolationswirkungen – sogar verbreitete Kleinsäuger wie bspw. Igel, Waldspitzmaus oder Aquatische Schermaus. Unter den nachgewiesenen Arten befinden sich mit Braunem Langohr Plecotus auritus und Gartenschläfer Eliomys quercinus zwei landes- bzw. bundesweit gefährdete Arten sowie mit Großem Abendsegler Nyctalus noctula, Wasserspitzmaus Neomys fodiens und Wildkaninchen Oryctolagus cuniculus drei Arten der Vorwarnliste Deutschlands und Nordrhein-Westfalens. Das Braune Langohr ist in NRW in unbekanntem Ausmaße gefährdet. Die Quartiere der Art befinden sich in Baumhöhlen und werden im angrenzenden Gremberger Wäldchen vermutet. Ähnliches gilt für den Großen Abendsegler, wobei für diese Art auch bspw. die zahlreichen Grünspechthöhlen in älteren Hybridpappelbeständen im Bereich des südlich angrenzenden LSG (LB 7.12) geeignet sind. Hohe Totholzanteile und damit kleine Naturhöhlen und –spalten sind zwar auch in älteren Silberweiden, Salweiden und Sandbirken im NSG (insb. TF 3) vorhanden, doch fehlen hier nach gegenwärtigem Stand noch die meist geräumigeren Spechthöhlen. 21
Bei der Rauhautfledermaus Pipistrellus nathusii werden Männchenreviere vermutet, die Quartiere könnten sich auch im NSG befinden. Sie ist diejenige Art, welche im NSG am häufigsten nachgewiesen werden konnte. Die häufige Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus ist eine Gebäudefledermaus. Die Quartiere könnten sich im Bereich der Brückenbauwerke, eines ehemaligen Trafohäuschens, wahrscheinlich aber außerhalb des NSG befinden. Die Kiesgrubenseen werden während des gesamten Sommers von mehreren Tieren als Nahrungshabitat genutzt. Besonderes Augenmerk sollte zukünftig auf den Schutz des Fort-Zwischenwerks im angrenzenden Gremberger Wäldchen gelegt werden, das als Fledermausquartier, insbesondere als Winterquartier, potenziell große Bedeutung hat, in der Vergangenheit aber immer wieder durch Vandalismus stark beeinträchtigt worden ist. Erwähnenswert ist der Bestand der Hausspitzmaus Crocidura russula in der Teilfläche 2, da es sich offensichtlich um eine Freilandpopulation dieser bei uns bisher in der Regel an menschliche Siedlungen gebundenen Art handelt. Beim Mauswiesel Mustela nivalis fehlten bisher sowohl für NRW als auch Deutschland ausreichende Daten für eine Bestandseinschätzung. Ähnliches gilt für den Gartenschläfer (Gefährdung unbekannten Ausmaßes), der aber vom Bundesamt für Naturschutz mittlerweile als eine Verantwortungsart Deutschlands gelistet wird (BfN 2017). Nach aktuellem Kenntnisstand liegt die Kölner Population des Gartenschläfers inzwischen an einem Teil des nordwestlichen Arealrands (MEINIG & BÜCHNER 2012). Im Bereich der Kiesgrubenseen Gremberghoven (NSG und LSG) und angrenzender Grünflächen wurde die bisher größte zusammenhängende Population von Köln ermittelt (STICHT unveröfftl.). Angesichts der dramatischen Rückgangstendenzen (ca. 40 % des ursprünglichen Verbreitungsgebiets gingen in den letzten 100 Jahren verloren) in dem rein europäischen Verbreitungsgebiet (MEINIG 2017) und der Verantwortlichkeit Deutschlands für die weltweite Population ist davon auszugehen, dass der Bestand im Bereich der Kiesgrubenseen Gremberghoven von bundesweiter Bedeutung ist. Die Rückgangsursachen sind beim Gartenschläfer bisher weitgehend unbekannt. Im NSG werden derzeit die Teilflächen 2 und 3, wahrscheinlich auch 1 und 5 besiedelt. Die Vorzüge dieser Teilflächen für die Art im Vergleich zu anderen, nicht besiedelten Lebensräumen könnten in der hohen Verfügbarkeit tierischer Nahrung (u.a. Nacktschnecken, Heuschrecken, Seeufer), im Arten- und Strukturreichtum der Bestände mit Gehölzinnen- und Gehölzaußenrändern sowie vielen verschiedenen Früchte tragenden Strauch- und Baumarten, der Wärmebegünstigung des Standorts, in fehlenden forstwirtschaftlichen Eingriffen und in der Hindernisfreiheit am Boden bei gleichzeitig guter Deckung liegen. 2.4.3 Reptilien Die Reptilienfauna des Naturschutzgebiets ist nur durch die Zauneidechse Lacerta agilis (streng geschützt; Rote Liste Deutschland 2009: Vorwarnliste; RL NRW 2011: stark gefährdet; FFH-RL Anh. IV) vertreten. Die Population, die sich in TF 4 konzentriert und zusätzlich in deutlich geringerer Bestandsdichte in TF 2 vorkommt, ist allerdings sehr individuenstark. Am 9. April 2017 konnte in TF 4 zur Mittagszeit durch gezieltes Absuchen auf einer Fläche von ca. 400 qm ein Frühlingsbestand von 5 Tieren (3 Männchen, 1 Weibchen, 1 juv.) ermittelt werden. Somit ist allein für TF 4 (1,9 ha) von einer Populationsgröße von über 100 Tieren auszugehen. Damit dürfte es sich um die größte Zauneidechsenpopulation auf Kölner Stadtgebiet nach Wahner Heide und Dellbrücker Heide handeln. 22
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