Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven - Biotopmanagementplan - BUND Köln

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Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven - Biotopmanagementplan - BUND Köln
Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven
Biotopmanagementplan
Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven - Biotopmanagementplan - BUND Köln
BUNDzentrum Köln –
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband NRW e.V., Kreisgruppe
Köln
Alte Feuerwache, Melchiorstr. 3
50670 Köln
www.bund-köln.de

November 2017

Bearbeiter: Holger Sticht
Unter Mitarbeit von Peter Brenner, Klaus Hanisch, Joachim Jonas, Dr. Heike Kappes und
Matthias Schwarz

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Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven - Biotopmanagementplan - BUND Köln
Inhalt

   Rahmenbedingungen
   Anlass und Aufgabenstellung                                                S. 4
   Lage, Abgrenzung, Eigentum, Kurzcharakter                                  S. 4
   Ausgangsdaten und Vorgaben des Landschaftsplans                            S. 5
   Reale Nutzungen und ihre Bewertung                                         S. 6
   Gliederung in Teilflächen                                                  S. 8

   Bestand und Bewertung von Habitaten, Flora, Fauna sowie Biotopverbund
   Vegetation der einzelnen Teilflächen                                       S. 10
   Biotope                                                                    S. 16
   Flora                                                                      S. 17
   Fauna                                                                      S. 20
   Zusammenfassende landschaftsökologische Bewertung                          S. 31
   Bestand und Potenzial des westlich angrenzenden Landschaftsschutzgebiets   S. 32
   Biotopverbund                                                              S. 34

   Einflüsse auf den Erhaltungszustand
   Mechanische Beeinträchtigung sowie Störung von Biotopen und Arten          S. 36
   Depositionen                                                               S. 37
   Sukzession                                                                 S. 37
   Neobiota                                                                   S. 37
   Isolation                                                                  S. 39
   Mangelnde Kennzeichnung und Überwachung                                    S. 39
   Unterhaltungsmaßnahmen                                                     S. 40

   Leitbild und Entwicklungsziele
   Sollzustand                                                                S. 41
   Leitarten                                                                  S. 41
   Zielarten                                                                  S. 41
   Entwicklungsziele                                                          S. 42

   Maßnahmen und Regelungen
   Naturschutzmaßnahmen                                                       S. 44
   Nutzungsauflagen, Besucherlenkung                                          S. 47
   Maßnahmen zum Biotopverbund                                                S. 51
   Hinweise zur Durchführung und Steuerung                                    S. 53
   Schutzzwecke und gebietsspezifische Gebote/Verbote                         S. 54

   Fotos, Abbildungsverzeichnis, Quellen
   Fotodokumentation                                                          S. 55
   Abbildungsverzeichnis                                                      S. 63
   Quellen und Arbeitsmaterial                                                S. 64

   Anhang I Karte Biotoptypen
   Anhang II Karte Entwicklungsziele
   Anhang III Biotop- und Artenverzeichnisse

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Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven - Biotopmanagementplan - BUND Köln
1. Rahmenbedingungen

1.1 Anlass und Aufgabenstellung

Die offizielle Datenlage zum Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven erscheint
mit Blick auf das Naturschutzinformationssystem und das Biotopkataster des Landesamts
für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) mangelhaft bzw. veraltet.
Auch weist der Landschaftsplan der Stadt Köln – bis auf den Schutz von Lebensräumen
für bedrohte Wasservögel - keine Schutzzwecke und nur wenige gebietsspezifische
Gebote aus.
Bestandserhebungen des BUND zeigten, dass die Diversität des Schutzgebiets ungleich
höher ist als bislang dokumentiert, und daher zusätzliche Schutzmaßnahmen insbesondere
zu Gunsten vorkommender gefährdeter und geschützter Arten und Biotope geboten sind.
Um den realen Bestand, aber auch das Potenzial und die daraus ableitbaren Schutz- und
Entwicklungsmaßnahmen für unterschiedliche Teilbereiche des Gebiets zu ermitteln,
stellte der BUND Anfang 2017 einen Antrag nach Förderrichtlinie Naturschutz (FöNa)
zur Erstellung eines Biotopmanagementplans für das Naturschutzgebiet.

1.2 Lage, Abgrenzung, Eigentum, Kurzcharakteristik

Das gemäß der veralteten LANUV-Angaben 37,67 ha große Naturschutzgebiet
Kiesgrubensee Gremberghoven (K-19 bzw. N 18, nachfolgend kurz NSG genannt) zählt
zur Großlandschaft „Niederrheinisches Tiefland mit Kölner Bucht“, hier zur
naturräumlichen Haupteinheit Nr. 551 „Köln-Bonner Rheinebene“.
Es liegt im Südosten Kölns, im Stadtteil Gremberghoven. Nach Norden wird es durch das
Autobahnkreuz Gremberg, nach Westen durch die A 559 und nach Osten durch die
Schienenstrecke Köln-Siegburg begrenzt. Die Schutzgebietsgrenze verläuft entlang der
oberen Böschungskante des Gleiskörpers und der befestigten Straßenränder. Ausnahme ist
nur eine kleine Landzunge im Südosten.
Eigentümer sind zu ähnlichen Anteilen eine Erbengemeinschaft und die Deutsche Bahn,
eine sehr kleine Wasserparzelle ist im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland.
Es handelt sich um den nördlichen zweier durch die A 559 getrennter, aber an einer etwa
20 Meter breiten Stelle verbundener Zwillings-Kiesgrubenseen. Etwa zwei Drittel des
NSG bestehen aus Wasserfläche, terrestrische Lebensräume sind überwiegend randlich in
Gestalt von Böschungen und Bermen sowie einer Insel vorhanden.

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Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven - Biotopmanagementplan - BUND Köln
Abb. 1: Abgrenzung NSG Kiesgrubensee Gremberghoven (Auszug aus
nsg.naturschutzinformationen.nrw.de mit veralteter Abgrenzung von vor 2000)

1.3 Ausgangsdaten und Vorgaben des Landschaftsplans

Das Gebiet ist seit 1989 bzw. 1991 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Im
Landschaftsplan wird als einziger Schutzzweck formuliert, „ungestörte Lebensräume für
bedrohte Wasservögel wiederherzustellen und zu erhalten“. Ansonsten wird nur auf das
außergewöhnliche Vorkommen des Speierlings (Sorbus domesticus) „an der nordöstlichen
Böschung“ hingewiesen.
Über die Allgemeinen Gebote hinaus werden im Landschaftsplan folgende
gebietsspezifischen Gebote formuliert:
    Erhaltung und ggf. Vertiefung temporär wasserführender Bereiche auf dem
       Zufahrtsweg als Laichgewässer für Amphibien
    Erhaltung von offenen Steiluferböschungen als pot. Brutplätze für die
       Uferschwalbe
    Verankerung von bepflanzbaren Brutflößen mit einer Gesamtfläche von ca. 200
       qm zu Gunsten von Wasservögeln

Über die Allgemeinen Verbote hinaus werden im Landschaftsplan folgende
gebietsspezifischen Verbote formuliert:
    Das Betreten des gesamten Gebiets
    Das Befahren mit Wasserfahrzeugen aller Art sowie das Baden
    Die Jagdausübung zwischen dem 16.12. und dem 15.2.

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Naturschutzgebiet Kiesgrubensee Gremberghoven - Biotopmanagementplan - BUND Köln
Einziger durch das LANUV ermittelter gesetzlich geschützter Biotoptyp ist „Stehende
Binnengewässer (naturnah, unverbaut)“, gleichzeitig FFH-Biotop 3140. Die
Kartendarstellung des Biotopkatasters NRW (BK-5008-905) umfasst allerdings
fälschlicherweise das komplette Naturschutzgebiet inklusive terrestrischer Lebensräume
als geschütztes FFH-Biotop.
Geschützte oder planungsrelevante Arten werden durch das LANUV nicht genannt. Die
letzte Kartierung der Landlebensräume stammt allerdings laut Biotopkataster NRW aus
dem Jahr 1992. Doch wurden bei Untersuchungen der Unterwasservegetation in den
Jahren 2007 und 2010 Pflanzenarten der Roten Liste NRW erfasst, überdies auch
Armleuchteralgenarten, die zur Klassifizierung als FFH-Biotoptyp führten.

Abb. 2: Ausschnitt aus Landschaftsplan Köln mit NSG Kiesgrubensee Gremberghoven
(dunkelgrün), dem anliegendem Landschaftsschutzgebiet „Freiraum um das Gremberger
Wäldchen von Poll bis Heumar“ (hellgrün) sowie den Geschützten Landschaftsbestandteilen
(lindgrün)

1.4 Reale Nutzungen und ihre Bewertung

1.4.1   Angelsport

Das Naturschutzgebiet wird - wie der angrenzende Zwillingssee des LSG, in welchem er
auch Eigentumsflächen besitzt – durch den Eisenbahner-Sportfischer Verein Köln e.V.
(ESV Köln) genutzt. Ob eine Verpachtung durch die Eigentümer vorliegt ist nicht bekannt.

Die Nutzung war bisher mit folgenden Einflüssen verbunden:

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    Ganzjährige Störung von Wasservogelarten durch die Präsenz von bis zu 12
        Booten gleichzeitig, bisweilen verbunden mit dem Anfahren von Ufervegetation
        sowie im Einzelfall beobachteter gezielter Vergrämung von Kormoranen
       Gefährdung von Tieren durch ins Gelände verbrachte Angelhaken und –schnüre
       Zelten am Ufer
       Anlage von teilweise befestigten Angelplätzen am Ufer (Betonplatten,
        Holzplanken und Metallgestänge); neben der Zerstörung der naturnahen
        Ufervegetation und dem Einbringen gebietsfremden Materials ist auch die damit
        verbundene Initialisierung von Badestellen zu problematisieren
       Gewässereutrophierung durch Anfüttern von Fischen (letztmalig festgestellt in
        2017)
       Das Einbringen von gebietsfremden Arten; hierauf deuten zumindest die Funde u.a.
        der amerikanischen Regenbogenforelle hin (siehe 2.4.5)
       Das Befahren mit Benzinmotorbooten (letztmalig in 2015 dokumentiert)

Positiv beurteilt werden muss die (unregelmäßige und seltene) Kontrolle, die durch die
Landesfischereiaufsicht im Sommer wasserseitig durchgeführt wird. Hierdurch wird
zumindest punktuell das Befahren mit Schlauchbooten und Luftmatratzen auf der
Wasserfläche der nördlichen zwei Drittel des Naturschutzgebiets reguliert. Dass auch der
Angelsport hinsichtlich der Ge- und Verbote kontrolliert wird, konnte nicht festgestellt
werden.

1.4.2   Unterhaltung durch die Deutsche Bahn

Die DB Fahrwegdienste bzw. ihre Subunternehmer schneiden in unbekanntem Turnus
sowohl die Zaunanlage an der Schienenstrecke bzw. den Oberleitungsraum frei.
In 2017 erfolgten die Arbeiten Anfang Juni und damit inmitten der Vegetations- und
Fortpflanzungsperiode.
Das Schnittgut wird im Naturschutzgebiet eher wahllos hinterlassen. Hierbei werden
vielfach durch Abdeckung Standorte von Pflanzenarten der Saumgesellschaften und
Silikattrockenrasen kleinflächig entwertet.
Größere Naturschutzkonflikte könnten durch Sicherungsmaßnahmen an bestehenden
Böschungen entstehen. Hier ist insbesondere TF 2 (u.a. gesetzlich geschützter Biotoptyp
„Lehmwände“, Gartenschläferhabitat) gefährdet.

1.4.3   Freizeitnutzungen

Obwohl das Betreten des Naturschutzgebiets nicht erlaubt ist treten hier unterschiedliche
Freizeitnutzungen in phasenweise (wetterabhängig) massiver Intensität auf.
Hervorzuheben ist die Badenutzung im Sommerhalbjahr. Insbesondere bei Sonnenschein
und Lufttemperaturen um die 30 Grad kommt es regelmäßig zu Menschenansammlungen
in der Größenordnung von 500 und mehr Personen. Diese konzentrieren sich am –
aufgrund der jahrzehntelangen Badenutzung - überwiegend vegetationslosen Ufer der
südlichsten Böschung, verteilen sich aber auch auf übrige Uferabschnitte von TF 1, TF 2
und TF 4 (vgl. 1.5).
Mit der Badenutzung einhergehend sind vielfach
     Feuer machen,
     Befahren der Wasserfläche mit Schlauchbooten, Luftmatratzen und Surfboards,
     Strandparties mit Musikanlagen,
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   freilaufende Hunde,
       starke Vermüllung insbesondere mit Plastikabfällen.

Bei wenigen langjährigen Badenutzern (teilweise mehr als 30 Jahre) ist aber auch ein
schonender Umgang (kein Hinterlassen von Müll, Beseitigung von Müll Anderer)
festzustellen.
Nahezu jedes Jahr kommt es zur Ansiedlung einzelner Obdachloser, die oft einige
Wochen im Naturschutzgebiet campieren und in den meisten Fällen ihren kompletten
„Hausrat“ samt Zelt im Gebiet hinterlassen.

1.4.4   Überwachung, Kennzeichnung, Natur- und Umweltschutzmaßnahmen

Jahr- und phasenweise kommt es im Sommer zu Kontrollen des Ordnungsamts der Stadt
Köln, teilweise auch auf Veranlassung Dritter (Anwohner, BUND).

Das Naturschutzgebiet ist bisher nur an einer Stelle (oberhalb des Südufers) als solches
beschildert. Die NSG-Schilder wurden in der Vergangenheit häufig entwendet, zerstört
oder unkenntlich gemacht, allerdings nicht zeitnah ersetzt. Dasselbe gilt für ein im Jahr
2016 aufgestelltes Zusatzschild mit Ge- und Verboten.
In 2016 stellte der örtliche Angelverein (als „ESFV Köln“) ein kleines Schild mit der
Aufschrift „Betreten verboten“ auf und bezeichnete sich hierauf fälschlicherweise als
Eigentümer. Die Schilder sind allerdings nur am Zaun der DB und im Bereich des NSG-
Schildes montiert worden, also nicht beispielsweise an den Zugängen des NSG, und
werden daher nicht wahrgenommen.
Zaunanlagen oder erkennbare Abgrenzungen entlang der Grenze des Naturschutzgebiets
bestehen inzwischen nur noch nach Osten in Form eines Stabgitterzauns der DB parallel
zur anliegenden Schienenschnellstrecke.

Die von der unteren Naturschutzbehörde (uNB) bestellte Naturschutzwacht kontrolliert
regelmäßig und häufig das Gebiet. Sie sammelt Müll an einem zentralen Punkt und
informiert die uNB bei besonderen Vorkommnissen (Notwendigkeit der Müllabholung
durch AWB, Erneuerung der Beschilderung etc.).

Seit 2016 führt die Kreisgruppe Köln des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland,
LV NRW e.V. (BUND) in Absprache mit der uNB und dem Eigentümer
Naturschutzmaßnahmen im Naturschutzgebiet um. Bislang bestanden diese aus der
Wiederherstellung eines Temporärgewässers (siehe 1.3 Gebote des LP) und der
Reduzierung der invasiv auftretenden und nicht gepflanzten neophytischen Gehölze (u.a.
Robinie) im Bereich des TF 4 (siehe 1.5 und 2.1.4). Darüber hinaus sind Mitglieder
zwecks Monitoring regelmäßig im Gelände und verständigen das Ordnungsamt bei
massiven Verstößen gegen die Naturschutzgebote.

1.5 Gliederung in Teilflächen

Aufgrund der unterschiedlichen Biotopausstattung und zur besseren Ansprache erfolgt im
Folgenden eine Untergliederung des Naturschutzgebiets in 7 Teilflächen (TF):
    TF 1 „Birkenwald“
    TF 2 „Laubwald Ost“
    TF 3 „Auwald“

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   TF 4 „Trockenrasen“
      TF 5 „Laubwald Nordwest“
      TF 6 „Insel“
      TF 7 „Stillgewässer“

Abb. 3: Luftbild mit Kennzeichnung der Teilflächen (TF)

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2. Bestand und Bewertung von Habitaten, Flora, Fauna sowie Biotopverbund

2.1 Vegetation der einzelnen Teilflächen

2.1.1   TF 1

Die Teilfläche 1 im Südwesten und Süden des NSG wird geprägt durch die überwiegend
sandig-kiesige und steile Grubenböschung. Die Sandbirke erreicht auf der Böschung den
höchsten Deckungsgrad in der Waldschicht, sodass die größten Flächenanteile als Birken-
Vorwald anzusprechen sind. Vielfach sind Salweiden-Gebüsche hierin eingestreut.
Häufige Begleiter sind jeweils Eberesche, Waldkiefer, Zitterpappel, Stieleiche und Späte
Traubenkirsche. Langfristig ist hier u.a. die Entwicklung zu einem Birken-Stieleichenwald
zu erwarten.
Auf einer Länge von etwa 20 Metern hat sich zudem im Norden der Teilfläche ein
Zitterpappel-Vorwald entwickelt, in welchem diese Art einen Reinbestand ausbildet.
Hohe Anteile besitzen aber stellenweise auch Arten, die auf der Böschungskrone
angepflanzt worden waren und in die Böschung eingewandert sind. Hierzu zählen
insbesondere Sommerlinde, Feldahorn, Feldulme sowie in der Strauchschicht Rotes
Geißblatt, Liguster und Blutroter Hartriegel.
Ebenfalls auf der Böschungskrone angepflanzt sind Felsenkirsche, Vogelkirsche und
Rosenarten, welche die Böschung aber nicht oder nur in geringem Maße besiedeln
konnten.

Die Krautschicht wird auf lichten Standorten der Böschung durch artenreiche
Kryptogamenfluren geprägt. Hierzu zählen 18 Moosarten (u.a. das in der
Niederrheinischen Bucht stark gefährdete Rhytidiadelphus triquetrus) sowie Schild- und
Strauchflechten (Massenbestand von Peltigera hymenina sowie 4 Arten der Gattung
Cladonia). Außerdem existieren hier noch Reste von Federschwingelrasen u.a. mit
Trespen-Federschwingel und Zwerg-Filzkraut. Häufigste Pflanzenarten sind Buntes
Vergissmeinicht, Tüpfel-Johanniskraut und Wald-Erdbeere. Durch Erosion, aber auch
durch Tritt kommt es immer wieder kleinflächig zu Rohbodenverletzungen, von welchen
diese Arten teilweise profitieren. Schattige Standorte werden in hohem Maße durch den
Gemeinen Wurmfarn besiedelt.
Die Naturverjüngung der unterschiedlichen Baumarten sowie Liguster und Hartriegel
verdrängt auf dem Standort in vergleichsweise geringem Tempo die zuvor dominierenden
Sandrasen mit Kryptogamen-Flora.

Die schmale Uferlinie ist geprägt durch die im Jahresverlauf stark wechselnden
Wasserstände. Der Birkenwald geht hier nahezu übergangslos ins Gewässer über,
lediglich einzelne Grauweidengebüsche und ein Balsampappelhain säumen punktuell die
Wechselwasserlinie.
In jahrweise unterschiedlichen Sommermonaten wird durch Niedrigwasser das kiesig-
sandige Gewässerufer freigelegt und überwiegend durch Arten nitrophiler Ufersäume und
Ruderalgesellschaften (u.a. Weidenröschen, Kratzdisteln), aber auch Sandbirke und
Sommerflieder besiedelt, die durch nachfolgende Hochwässer wieder teilweise verdrängt
werden. Sandige Standorte werden auch durch phasenweise große Bestände der
Nadelsimse besiedelt.
Großen Einfluss auf die Vegetation haben hier auch der Fußtritt und das Lagern durch
Badegäste.

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Der südlichste Uferabschnitt ist durch intensive Freizeitnutzung insbesondere im
Sommerhalbjahr überprägt. Böschung wie Ufer bestehen hauptsächlich aus
vegetationslosen Sandflächen. Kleine Abschnitte, die über einen längeren Zeitraum nicht
betreten werden, werden u.a. durch Feld-Ehrenpreis, Kleinfrüchtigen Ackerfrauenmantel,
Buntes Vergissmeinicht, Trespen-Federschwingel, Tüpfel-Johanniskraut und Wald-
Erdbeere besiedelt. Späte Traubenkirsche und Bergahorn haben starke Verjüngungsraten.
Bemerkenswert ist das Vorkommen eines Exemplars des Pfirsichs.

2.1.2   TF 2

Die Teilfläche 2 im Osten des NSG wird durch die steile, überwiegend lehmige
Grubenböschung geprägt. Hier haben sich auf dem überwiegenden Flächenanteil sehr
arten- und strukturreiche Laubwälder und –gehölze entwickelt. Diese kommen in einer
sehr heterogenen Zusammensetzung vor, u.a. da sie durch die Anpflanzungen auf der
Böschungskrone mitgeprägt werden. Dominanzbestände der Robinie und der Sandbirke
kommen nur jeweils einmalig auf kleinen Flächenanteilen vor.
Häufige Gehölzarten sind Stieleiche, Felsenkirsche, Vogelkirsche, Späte Traubenkirsche,
Sandbirke, Eberesche, Salweide, Feldahorn, Weißdorn, Schwarzer Holunder und
Hartriegel. Seltener sind Berg- und Spitzahorn, Gewöhnliche Traubenkirsche, Zitterpappel,
Hybridpappel und Hainbuche. Durch Absterben von Bäumen (v.a. Sandbirke und
Salweide) verlichtete Bereiche werden durch Brombeere und Vielblütige Rose besiedelt.
Insbesondere im Süden der Teilfläche bestehen noch mehrere lehmige, steile
Abbruchkanten.

Entlang der durch starke Wasserstandsschwankungen geprägten schmalen Uferlinie bildet
die Silberweide eine lückenhafte Galerie aus. Sie wird punktuell durch Balsampappel,
Eschenahorn und andere Weidenarten begleitet.
An drei kleinflächigen Standorten haben sich Schilfröhrichte entwickelt. Diese werden
allerdings durch die Anlage von Angelplätzen und die dadurch initiierte Badenutzung
beeinträchtigt bzw. an einer Ausbreitung gehindert.
Das nahezu vollständige Verschwinden des Riesenschwadenröhrichts korreliert zeitlich
mit der Ansiedlung der Kanadagans und der Nilgans als Brutvögel. An ehemaligen
Standorten der verbreiteten Art konnte sich die Nadelsimse ausbreiten. Diese wird zwar
ebenso wie der Riesenschwaden durch die Gänse beweidet, verträgt den Verbiss aber
offenbar problemlos.
Ein kleinflächiger Spülsaum im Süden, der nicht ganz so stark durch Badenutzung
überprägt wird, wird durch Arten der Röhrichte (Wasserminze, Ufer-Wolfstrapp),
nitrophiler Ufersäume (Rauhaariges und Kleinblütiges Weidenröschen) sowie durch
Nadelsimse und den Wasserknöterich (Schwimmblattgesellschaft) besiedelt.

Außerhalb der Grube setzt sich eine kleine Landzunge nach Südosten fort, die – wie auch
die Böschungskante – mit mehreren Gehölzarten bepflanzt worden war. Anders als bei
den übrigen Anpflanzungen im NSG wurde hier die Zuchtform „Pflaumenblättriger
Weißdorn“ eingesetzt. U.a. mit Feldahorn, Felsen- und Vogelkirsche bildet dieser einen
sehr dichten Laubforst aus.

Auch der Bereich des (ehemaligen), teils geschotterten, im Südabschnitt asphaltierten
Wirtschaftswegs zählt zu dieser Teilfläche. Hier sind wechselfeuchte Trittrasen
(Gesellschaft der Zarten Binse, Wegerich-Braunellen-Ges., Kriechfingerkraut-Ges.)
ausgebildet. Diese werden in der Nordhälfte durch schmale Staudenfluren, in welchen der

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Kleine Odermennig eine hohe Stetigkeit erreicht, gesäumt. Ehemalige Fahrspurgewässer
sind weitgehend verlandet bzw. eingeebnet, da der Weg seit vielen Jahren nur noch durch
Fußgänger und Zweiradfahrer genutzt wird.
Auch das größte Fahrspurgewässer im Norden der Teilfläche – ein ehemaliges
Laichgewässer der Kreuzkröte - war bis 2016 durch Sukzession verschwunden. Nach der
Wiederherstellung durch den BUND hat sich inzwischen wieder die vormalige Vegetation
eingestellt. Sie besteht v.a. aus Dominanzbeständen des Wasserpfeffers, aus Flatterbinse,
Borsten-Moorbinse, Wolfstrapp und Schlammling. Nördlich an den Tümpel schließt ein
Japanknöterichbestand an.

2.1.3   TF 3

Der Teilabschnitt 3 im Westen des NSG teilt sich nicht nur in eine Böschung mit
Böschungskrone, sondern auch in eine relativ tief liegende und damit stark vom Gewässer
beeinflusste Berme auf.
Die Böschung ist wie in anderen Teilflächen auch in hohem Maße durch die
Anpflanzungen auf der Böschungskrone beeinflusst. Zu diesen Arten zählen Felsenkirsche,
Vogelkirsche, Sommerlinde, Feldahorn, Bergahorn, Hasel, Blutroter Hartriegel, Liguster,
Rotes Geissblatt, Weißdorn und Rosenarten. Zusätzlich kommen auf der Böschung
Sandbirke, Stieleiche und Salweidengebüsche mit Eberesche häufig vor. Hier hat sich ein
überwiegend sehr dichter, dennoch oft vielschichtiger Laubwald ausgebildet, in welchem
der Bergahorn zunehmend die höchsten Anteile erzielt. Die Krautschicht wird häufig
durch den Gemeinen Wurmfarn dominiert und ist hinsichtlich der Moosflora artenreich
(insgesamt 19 Arten, allein 5 Arten wurden nur hier gefunden). In verlichteten Bereichen
bildet die Brombeere stellenweise eine Strauchschicht aus.

Die Berme wird durch einen Silberweidenwald besiedelt. Die Hybridpappel ersetzt hier
die ursprünglich charakteristische Schwarzpappel, zusätzlich ist die Schwarzerle ein
häufiger Begleiter. Die regelmäßigen Wasserstandsschwankungen führen in den meisten
Jahren (überwiegend in der ersten Jahreshälfte) zur monatelangen, niedrigen Überflutung
der Berme, sodass sich diese für Flussauen typische Gesellschaft zumindest
fragmentarisch ausbilden konnte.
Die Feldschicht ist im südlichen Abschnitt aufgrund der häufigen Nutzung als Angel-
Zeltlager kurzgrasig. Hier dominieren die Wald-Erdbeere und wenige Grasarten,
zusätzlich eine starke Naturverjüngung des Bergahorns. Eine Strauchschicht fehlt
weitgehend. Stärker verlichtete Bereiche werden zusätzlich u.a. durch Tüpfel-
Johanniskraut, Kleinfrüchtigen Ackerfrauenmantel, außerdem punktuell durch
Landreitgras, die Feuchtwiesenart Flatterbinse sowie Arten nitrophiler Ufersäume wie
Kleinblütiges und Rauhaariges Weidenröschen besiedelt. Nur im nördlichen Abschnitt,
der nur kleinflächig für Zeltlager genutzt wird, treten stellenweise die typischen – wenn
auch aufgrund des vergleichsweise niedrigen Trophiegrades schwachwüchsigen -
Brennnesselherden hinzu, zusätzlich auch Kratzbeere und Brombeere.
Flache Uferabschnitte werden durch die Nadelsimse, seltener durch den Wasserknöterich
besiedelt. Röhrichte bestehen hier nicht. Dafür ragen vielfach Silberweidenstämme ins
Gewässer hinein.

                                                                                       12
2.1.4   TF 4

Die Teilfläche 4 im Nordosten des NSG besteht aus offenen und halboffenen
Lebensräumen. Dies hängt mit ihrem geringen Alter zusammen: hier waren im Zuge des
Baus einer ICE-Strecke bzw. eines Einfädelungsbauwerks um das Jahr 2000 Flächen des
NSG in Anspruch genommen und Böschungen und Bermen neu angelegt worden.
Die Teilfläche besteht ausschließlich aus sandig-kiesigem Untergrund, ist aber im Bereich
der oberen Böschung mit (inzwischen weitgehend verwitterten) Erosionsschutzmatten und
Schwingelansaaten sowie im Bereich der unteren, bis ins Gewässer hineinragenden
Böschung mit einer mit einem Vlies unterlegten Basaltschüttung befestigt worden. Die
Berme ist mit zahlreichen Gehölzarten bepflanzt worden. Im Norden der Teilfläche ist
wenige Meter vor der Steinschüttung eine Unterwasserberme aus standörtlichem
Sand/Kies angelegt worden, die bei Niedrigwasser teilweise trocken fällt.
TF 4 wird durch 28 Arten der Roten Listen besiedelt. Damit kommen die mit Abstand
meisten gefährdeten Arten hier vor.

Böschungskrone und Böschung sind durch den geschützten Biotoptyp Silikattrockenrasen
besiedelt. Hochstete Arten sind hier neben dem angesalbten Rotschwingel das Wacholder-
Widertonmoos, Zwerg-Filzkraut, Kleiner Ampfer, Hasenklee, Quendel-Sandkraut, Tüpfel-
Johanniskraut und mehrere Flechtenarten u.a. der Gattung Cladonia. Die
Halbtrockenrasenarten Gewöhnlicher Hornklee und Kleiner Wiesenknopf, v.a. aber das
Rote Straußgras dehnen sich zunehmend aus. Gleiches gilt für die Dürrwurz, einer Art
termophiler Säume. Insbesondere im Bereich von Bodenverletzungen und in Begleitung
eindringender Gehölze siedeln sich Ruderalarten wie Schmalblättriges Greiskraut,
Nachtkerze und Einjähriger Feinstrahl an. Besenginster, Schmetterlingsstrauch, Robinie
und in geringem Maße Stieleiche sowie der auf der Berme angepflanzte Sanddorn dringen
in die Trockenrasen ein.

Die Vegetation der Berme besteht infolge der Gehölzpflanzungen überwiegend aus
lückigen Beständen wärmeliebender Laubgebüsche. Hierzu zählen Feldahorn, Liguster,
Schlehe, Rosenarten, Eingriffeliger Weißdorn, Sanddorn und Blutroter Hartriegel.
Eingestreut befinden sich noch wertvolle Reste der zuvor dominierenden Trockenrasen,
u.a. mit Hundsveilchen, Kleinem Vogelfuß und den bedeutendsten Cladonia-Beständen (C.
ciliata, C. foliacea), zusätzlich Besenginstergebüsche. Auch Trittgesellschaften u.a. mit
Silberfingerkraut sind hier in Folge der illegalen Freizeitnutzung häufig. Balsampappel
und in starkem Maße Robinie dringen in den letzten Jahren mit hohem Tempo in diese
Bestände ein. Die Robinie verdrängt sowohl alle natürlichen als auch gepflanzten Arten
und entwickelt dabei Reinbestände.

Die Basaltschüttung ist mittlerweile fast vollständig durch Baumarten besiedelt worden,
die zunehmend zu Beschattung führen. Die höchsten Anteile haben Silberweide,
Hybridpappel und Eschenahorn.
Stellenweise konnten sich kleinflächige Röhrichte des Schilfs und des Breitblättrigen
Rohrkolbens etablieren.

2.1.5   TF 5

Die Teilfläche 5 besteht nur aus der Böschung samt Böschungskrone sowie zeitweilig
trocken fallender Ufersäume im Norden und Westen des NSG. Die Fläche wird fast

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vollständig durch einen artenreichen Laubmischwald besiedelt, der gleichzeitig den
ältesten Baumbestand des Gebiets repräsentiert.
Innerhalb dieser Teilfläche kann noch mal zwischen Nord- und Westhälfte differenziert
werden: während die ältere Westhälfte durch einen dichten mehrstufigen Wald bewachsen
ist, bilden an der Nordböschung die Brombeere und die Robinie größere einartige
Bestände.
An beiden Böschungsseiten ist die Böschungskrone mit Gehölzarten (u.a. Feldahorn,
Weißdorn, Rosen, Feldulme, Liguster, Blutroter Hartriegel, Hasel) bepflanzt worden.
Diese Arten beteiligen sich teilweise an der Artenzusammensetzung der Böschungen, zu
der außerdem Vogelkirsche, Bergahorn, Sandbirke, Robinie und Eberesche zählen. Die
Wechselwasserlinie wird überwiegend durch die Silberweide besiedelt, die vielfach ins
Gewässer hineinragt. Die Krautschicht, in der Nährstoffzeiger wie Gewöhnliche
Nelkenwurz und Knoblauchsrauke zu den häufigsten Arten zählen, ist meist nur spärlich
ausgeprägt.
Wo das Kiesufer bei Niedrigwasser freiliegt entwickeln sich Feuchte Hochstaudenfluren,
in welchen der Wasserdost und das Rauhaarige Weidenröschen die höchsten Anteile
erzielen. Zusätzlich bildet der Wasserknöterich eine kleinflächige
Schwimmblattvegetation aus.

2.1.6   TF 6

Die Teilfläche 6 wird aus der Insel gebildet. Hierbei handelt es sich um ein nicht
vollständig abgegrabenes Teilstück der Grube, das für eine Sortieranlage zusätzlich mit
Fremdmaterial befestigt worden war.
Die Nordhälfte wird durch einen Robinienhain, die Südhälfte durch einen jungen
Birkenvorwald dominiert. Die Brombeere ist in der Strauchschicht häufig.
An der Wechselwasserlinie wächst die Silberweide, stellenweise begleitet durch Balsam-
und Hybridpappel.
Röhrichte sind nicht (mehr) vorhanden. Die Seerose bildet an Ost- und am Westufer
jeweils zwei kleinflächige Schwimmblattvegetationen aus.

2.1.7   TF 7

Die Teilfläche 7 markiert das eigentliche Abgrabungsgewässer samt submerser Vegetation.
Auffallend sind die starken Wasserstandsschwankungen im Jahresverlauf von bis zu 1, 5
Metern. Diese treten jedoch in jahrweise unterschiedlicher Intensität und zu
unterschiedlichen Zeiten auf. Der höchste Wasserstand wird meistens von März bis Mai
erreicht, so z.B. in 2016. Im folgenden Jahr 2017 war jedoch dieser Zeitraum derjenige
mit dem niedrigsten Wasserstand.

Das LANUV hat hier mit einem „Stehenden Binnengewässer (naturnah, unverbaut)“ einen
geschützten Biotoptyp kartiert. Dieser wurde gleichzeitig als FFH-Biotop „Oligo- bis
mesotrophe kalkhaltige Gewässer mit benthischer Vegetation aus Armleuchteralgen
(3140)“ klassifiziert (BK-5008-905).

Die Daten zur submersen Vegetation stammen überwiegend vom LANUV.
Auszug aus Biotopkataster NRW:
„Im Rahmen der Bewertung großer Seen > 50 ha (WRRL) konnten in den Jahren 2007
und 2010 folgende submerse Pflanzenarten festgestellt werden: Gegensätzliche

                                                                                      14
Armleuchteralge Chara contraria, Gemeine Armleuchteralge Chara vulgaris, Dunkle
Glanzleuchteralge Nitella opaca, Stern-Glanzleuchteralge Nitellopsis obtura, Gemeines
Hornblatt Ceratophyllum demersum, Ähren-Tausendblatt Myriophyllum spicatum, Kamm-
Laichkraut Potamogeton pectinatus, Zwerg-Laichkraut P. pusillus und Haarblättriges
Laichkraut P. trichoides (LANUV Abt. 5 Fb 55).“

Zusätzlich konnten im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Arten Krauses
Laichkraut Potamogeton crispus und Schmalblättrige Wasserpest Elodea nutallii
festgestellt werden.
Nach der LANUV-Erhebung im Jahr 2010 ist - wahrscheinlich vom südlichen LSG-See
ausgehend, wo die Art bereits Jahre früher Dominanz erreichte – die Einwanderung der
Schmalblättrigen Wasserpest erfolgt. Diese kann durch Aquarianer, an Anglerbooten oder
–material anheftend oder natürlicherweise über Wasservögel eingebracht worden sein.
Diese neophytische Art ist im NSG innerhalb weniger Jahre zur dominierenden
Unterwasserpflanze zumindest der Wassertiefen 0,5 bis 3 m geworden. Möglicherweise
ist hiermit ein Verdrängungsprozess gegenüber mehreren der zuvor genannten Arten
eingetreten. In 2017 bedeckten erstmals auch zahlreiche Teppiche der Pflanze die
Wasseroberfläche, jeweils mit einem Umfang von mehreren Quadratmetern.
An der Ostseite des Gewässers kommt es während des Sommerhalbjahrs seit vielen Jahren
zur Massenentwicklung von Grünalgen, die als Teppiche den Gewässergrund überziehen.
Aufgrund dieser Beobachtungen besteht der Verdacht, dass sich der Erhaltungszustand
des FFH-Biotops seit 2010 verschlechtert hat.

                                                                                   15
2.2 Biotope

Insgesamt konnten im NSG – ohne Berücksichtigung von Untertypen - 18 Biotoptypen
festgestellt werden. Dies sind 17 mehr als laut Biotopkataster NRW vorhanden. Von
diesen sind 7 nach Bundes- und Landesnaturschutzgesetz geschützte Biotoptypen, von
welchen wiederum 2 als FFH-Biotope anzusprechen sind. Bei letzteren handelt es sich um
das Abgrabungsgewässer, das den stark überwiegenden Anteil an der
Naturschutzgebietsfläche einnimmt und durch das LANUV als „Oligo- bis mesotrophes
Stillgewässer mit benthischer Vegetation aus Armleuchteralgen (3140)“ kartiert worden
ist. Ferner ist im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erstmalig der FFH-Biotoptyp
„Feuchte Hochstaudenfluren (6430)“ kartiert worden.

Der Biotoptyp Feuchte Hochstaudenfluren am Ufer von TF 5 wird hier als gesetzlich geschützter und als
FFH-Biotoptyp 6430 (vgl. LANUV NRW 2017, FINCK et al. 2017) interpretiert. Sowohl das Convolvulo
sepium-Eupatorietum cannabini als auch das Epilobietum hirsuti sind hierfür maßgeblich. Die BNatschG-
Def. schließt Stillgewässersäume mit ein, die NRW-Def. nicht. Aber selbst hier muss zumindest das
Convolvulo sepium-Eupatorietum cannabini als für die Ansprache relevanter „Feuchter Staudensaum der
Wälder“ interpretiert werden. Zwar handelt es sich aufgrund des geringen Alters des Biotops um artenarme
Dominanzbestände, nicht jedoch neophytischer Arten. In jedem Falle kommen 2 der diagnostisch relevanten
Pflanzenarten (E. cannabinum, E. hirsutum) nicht nur frequent, sondern sogar hochstet vor. Gleichsam
kommt der Biotoptyp im Komplex mit weiteren § 42-Biotoptypen (hier 3140) vor.

Weitere gesetzlich geschützte Biotope sind Periodische Tümpel, Wälder und Gebüsche
trockenwarmer Standorte, Röhrichte, Silikattrockenrasen und Lehmwände.
11 Biotoptypen – neben den gesetzlich geschützten zusätzlich Ufergehölze,
Ruderalstandorte, Waldmäntel und Weichholzauenwald – stehen auf der Roten Liste der
gefährdeten Biotoptypen Deutschlands (FINCK et al. 2017).
Damit sind die Lebensraumvielfalt und die Zahl geschützter und gefährdeter Biotoptypen
im Naturschutzgebiet tatsächlich um ein vielfaches höher als bislang bekannt.
Anhang I bietet eine Übersicht über die Standorte der verschiedenen Biotoptypen.

Bezieht man zusätzlich die Biotop-Untertypen nach FINCK et al. 2017 und LANUV 2017,
die teilweise bereits Syntaxa entsprechen, mit ein, so kommen insgesamt 26 Biotoptypen
und -untertypen vor, von welchen 11 gesetzlich geschützt und 15 auf der Roten Liste
stehen.

Auf der Roten Liste Deutschlands sind folgende im NSG vorkommende Biotoptypen in
der Kategorie „vom Aussterben bedroht bis stark gefährdet“ kategorisiert:
     Periodische Tümpel,
     Schilf-Wasserröhricht,
     Silikattrockenrasen
     Lehmwände.

In der Kategorie „stark gefährdet bis gefährdet“ befinden sich
     Zeitweilig trocken fallende Sand- bzw. Kiesflächen an stehenden Gewässern,
     Feuchte Hochstaudenfluren,
     Strukturreiche Waldmäntel,
     Trockene (frische) Säume,
     Ruderalstandorte.

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2.3 Flora

2.3.1   Pflanzengesellschaften

Da das Areal des Naturschutzgebiets erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
angelegt worden ist, keine natürlichen Böden mehr vorhanden sind und zudem aufgrund
von Anpflanzungen oder Ansaaten auf einem überwiegenden Anteil der terrestrischen
Lebensräume eine natürliche Entwicklung stark beeinflusst worden ist, ist die Ansprache
von Pflanzengesellschaften nur in begrenztem Maße möglich bzw. sinnvoll. Aus den
genannten Gründen herrschen Dominanzbestände und Fragment-Gesellschaften vor. Auf
eine Bewertung der 35 Syntaxa, von welchen 10 auf der (veralteten) Roten Liste für NRW
(1995) stehen, wird daher an dieser Stelle weitgehend verzichtet und auf die Kapitel 2.1
sowie den Anhang „Biotop- und Artenverzeichnisse“ verwiesen.
Erwähnt werden sollen lediglich die beiden Pflanzengesellschaften, die in der letzten
Roten Liste für NRW als stark gefährdet eingestuft worden waren: der
Federschwingelrasen Filagini-Vulpietum, der durch die Klassenkennart Zwerg-Filzkraut
und die Assoziationskennarten der Gattung Vulpia gekennzeichnet ist, sowie der Birken-
Stieleichenwald Betulo-Quercetum, der allerdings erst im Vorwaldstadium entwickelt ist.

2.3.2   Farn- und Blütenpflanzen, Armleuchteralgen

Bislang konnten im Naturschutzgebiet 207 Blütenpflanzen-, 2 Farn-, 1 Schachtelhalm-
und 4 Armleuchteralgenarten festgestellt werden. Davon befinden sich 15 berücksichtigte
Arten auf der aktuellen Roten Liste Nordrhein-Westfalens bzw. der Niederrheinischen
Bucht sowie der veralteten Roten Liste Deutschlands, 4 weitere Arten befinden sich auf
den Vorwarnlisten. Besondere Bedeutung hat das NSG für Arten der
Unterwasservegetation sowie offener Sandböden.

Der im Landschaftsplan der Stadt Köln (1991) angegebene Speierling Sorbus domestica
konnte bislang nicht wieder gefunden werden. Auch im Rahmen der Kartierung der
Kölner Flora wurden in Köln keine Vorkommen festgestellt (SUMSER et al. 2015).
Möglicherweise wurde das Vorkommen durch den Bau der ICE-Trasse (2000)
ausgelöscht.
Bei den drei kleinen Vorkommen der Seerose Nymphaea alba handelt es sich um eine
nicht heimische Sippe, die aus Ansalbung hervorgegangen sind. Eine Behandlung als
gefährdete Art scheidet damit aus.

Hervorzuheben ist das Vorkommen des Haarblättrigen Laichkrauts, das in NRW und
Deutschland als gefährdet eingestuft ist und für welches Deutschland eine weltweite
Verantwortung hohen Ausmaßes besitzt (LANUV 2010). Es besiedelt kalkarme, kühle
und sauerstoffreiche Gewässer.
Auch die Dunkle Glanzleuchteralge ist für NRW als gefährdet eingestuft. Sie ist eine
typische Art des FFH-Lebensraumtyps 3140 „Oligo- bis mesotrophe kalkhaltige
Stillgewässer mit benthischer Armleuchteralgen-Vegetation“ (VAN DE WEYER &
KRAUTKRÄMER 2009).

Hervorzuheben ist ferner das große Vorkommen der in Deutschland und NRW u.a. durch
Gewässereutrophierung gefährdeten Nadelsimse Eleocharis acicularis. Sie besiedelt die
Wechselwasserzone auf sandigem Substrat an zahlreichen, aber wechselnden Stellen des
Sees.

                                                                                       17
Aus den terrestrischen Lebensräumen sind insbesondere die in der Niederrheinischen
Bucht stark gefährdeten und von Naturschutzmaßnahmen abhängigen
Sandtrockenrasenbewohner Hundsveilchen Viola canina und Heidenelke Dianthus
deltoides zu nennen. Während sich das Hundsveilchen etablieren konnte, konnte die
Heidenelke bisher nur im Jahr 2014 blühend festgestellt werden. Ferner ist das
Vorkommen der in NRW gefährdeten Arten Trespen-Federschwingel Vulpia bromoides
und Buntes Vergissmeinicht Myosotis discolor bedeutsam.
Der in NRW ebenfalls gefährdete Kleinfrüchtige Ackerfrauenmantel Aphanes australis
kommt sowohl im Bereich sandiger Rohböden als auch dominant auf nicht oder kaum
mehr genutzten Liege- und Trittflächen insgesamt häufig vor, ist hier aber in starkem
Maße von dynamischen Einflüssen abhängig.

Die in der Niederrheinischen Bucht stark gefährdete Bergulme Ulmus glabra ist bislang
nur durch ein Exemplar bekannt, das sich im Bereich der Steinschüttung selbstständig
ansiedeln konnte. Das Vorkommen der ebenfalls stark gefährdeten Feldulme Ulmus minor
ist dagegen allein auf ihre Anpflanzung zurückzuführen.

2.3.3   Moose

Joachim Jonas konnte in 2017 auf den Teilflächen 1 bis 4 insgesamt 50 Moosarten, von
welchen 5 Arten regional bzw. landesweit gefährdet sind, feststellen. Drei Arten sind nur
auf der veralteten Roten Liste Deutschlands (1997) als gefährdet eingestuft. Er attestiert
dem NSG eine vergleichsweise große Lebensraum- und Artenvielfalt. Dies gilt gerade
auch vor dem Hintergrund, dass tatsächlich nur etwa ein Drittel der
Naturschutzgebietsfläche für Moose besiedelbar ist. So kommen bspw. in dem mehr als
dreimal so großen Nüssenberger Busch nur 22 Arten vor (JONAS schriftl. Mitt. 2017).
Besondere Bedeutung als Moos-Lebensräume haben die Teilflächen 1, 2 und 4.

In TF 1 kommen 18 Arten vor, worunter mit dem Großen Kranzmoos Rhytidiadelphus
triquetrus, einer Art besonnter und gleichzeitig mäßig feuchter, basenreicher und
kalkarmer Standorte, sowie mit dem Riemenstängel-Kranzmoos Rhytidiadelphus loreus,
das u.a. sauren Rohhumus besiedelt, 2 Arten fallen, die in der Großlandschaft
Niederrheinische Bucht als stark gefährdet bzw. gefährdet gelten. Beide Arten kommen
ausschließlich in diesem Teilraum vor.
TF 2 ist mit 26 Arten, von welchen 12 Arten ausschließlich hier zu finden sind, die
artenreichste Teilfläche.
In TF 4 kommen 20 Arten insbesondere unbewaldeter Lebensräume vor. Darunter sind 12
Arten, die ausschließlich hier zu finden sind. Hervorzuheben ist das in den
Sandtrockenrasen dominierende Wacholder-Widertonmoos Polytrichum juniperinum, das
auf der Roten Liste Nordrhein-Westfalens für die Großlandschaft Niederrheinische Bucht
als gefährdet eingestuft wird. Landesweit gefährdet ist die Graue Zackenmütze
Racomitrium canescens, welche die Silikattrockenrasen in TF 4 punktuell neben zuvor
genannter Art besiedelt. Diese Art ist kalk- bzw. basenliebend, was – neben den Funden
von kleinen Stücken von Fliesen, Beton und Estrich – ein Hinweis auf die Beimischung
von Bauschutt bei der Anlage der Böschung ist. Ebenfalls landesweit gefährdet ist das
Kleinmündige Perlmoos Weissia brachycarpa, eine Pionierart kalkärmerer
Rohbodenstandorte.

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2.3.4   Flechten

Matthias Schwarz (SCHWARZ schriftl. Mitt.) hat in den Teilflächen 1 und 4 des
Naturschutzgebiets die Strauchflechtengattung Cladonia und die Schildflechtengattung
Peltigera untersucht und dabei insgesamt 7 Arten bzw. 1 Art nachgewiesen. Er bezeichnet
das Gebiet als wichtigen Flechtenlebensraum für Arten trockener und nährstoffarmer
Sandböden.

Hervorzuheben ist hier der Nachweis von Cladonia ciliata, eine der „echten“ und damit
geschützten Rentierflechtenarten, in TF 4. Sie ist auf der Roten Liste Deutschlands (2011)
als stark gefährdet, der Roten Liste Nordrhein-Westfalens (2011) als gefährdet eingestuft
und zudem im Anhang V der FFH-Richtlinie gelistet. Für Hessen werden als Erhaltungs-
und Entwicklungsmaßnahmen für die Vorkommen dieser Art u.a. der Erhalt und die
Entwicklung von bodensauren Magerrasen und Sandrasen durch geeignete Pflege bzw.
Nutzung gelistet (HESSENFORST 2009).
Als bundesweit gefährdet und in NRW stark gefährdet gilt Cladonia foliacea, ebenfalls
nur nachgewiesen in TF 4 auf einer Fläche von wenigen Quadratmetern. Sie besiedelt nur
saure und nährstoffarme Böden, meist in Sandtrockenrasen.
Bundesweit stark gefährdet ist Cladonia cariosa. Sie ist eine Art offener, bodensaurer
Sandböden und nach WIRTH 2013 u.a. typisch für alte Kiesgruben.
Als in Deutschland und NRW gefährdet gilt die Salat-Schildflechte Peltigera hymenina,
die in TF 1 einen Massenbestand entwickelt hat. Nach WIRTH 2013 wächst sie u.a. auf
basenreichen, sandigen bis steinigen Silikatböden. Fast alle Schildflechten sind
inzwischen aus dem Tiefland weitgehend verschwunden, erhaltene Populationen sind oft
isoliert.

Bei den anderen Cladonia-Arten handelt es sich um C. furcata, C. glauca, C. humilis und
C. squamosa.

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2.4 Fauna

2.4.1   Vögel

Bislang konnten 72 Vogelarten im Naturschutzgebiet festgestellt werden. Von diesen
gelten 28 Arten als aktuelle Brutvögel (seit 2013). Darunter befinden sich mit dem
Eisvogel Alcedo atthis (Anhang I Vogelschutz-Richtlinie), der Klappergrasmücke Sylvia
curruca und dem Gimpel Pyrrhula pyrrhula 3 Arten, die für die Großlandschaft
Niederrheinische Bucht als gefährdet eingestuft sind. Mit dem Habicht Accipter accipter
hat eine Art der Vorwarnliste Nordrhein-Westfalens, die zuvor regelmäßiger
Nahrungsgast war, erstmalig in 2017 einen Brutplatz besetzt. Der Rotmilan Milvus milvus
(Anh. I V-RL, weltweite Verantwortung Deutschlands) konnte in 2016 und 2017
zwischen März und Juni bei jeder Begehung beobachtet werden, sodass das NSG als
wichtiges Nahrungshabitat dieser Art anzusehen ist.

Hinsichtlich des Schutzzwecks und der gebietspezifischen Gebote des Landschaftsplans,
die auf gefährdete Wasservogelarten bzw. auf die Uferschwalbe Riparia riparia und von
Brutflößen profitierende Arten (v.a. Seeschwalben) abzielen, ist festzustellen, dass sich
mit dem Eisvogel lediglich eine entsprechende Art im Gebiet reproduziert.
Der in NRW gefährdete Flussregenpfeifer Charadrius dubius findet derzeit im NSG keine
geeigneten Brutplätze, nutzte dieses aber bspw. in 2016 - als es zu einer Brut auf einer
Brache im benachbarten Airportbusinesspark kam – regelmäßig zur Nahrungssuche.
Steilkanten und damit potenzielle Nistplätze für die Uferschwalbe sind in TF 2 vorhanden,
müssten aber von Gehölzen freigestellt und möglicherweise zusätzlich geschützt werden.
Brutflöße bestehen auf dem See nicht, eine Installation wäre angesichts des
Nutzungsgrads von Freizeitverkehr und Angelsport bisher auch nicht zielführend gewesen.
Verbreiteten Gewässerarten wie bspw. Teichralle Gallinula chloropus, Zwergtaucher
Tachybaptus ruficollis und Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus (letzte
Revierbesetzung 2007) fehlen Flachwasserzonen bzw. großflächigere Röhrichte. Letztere
werden durch die anlagebedingte Gewässerstruktur, daraus resultierend auch durch
Sukzession (v.a. Silberweide, Hybridpappel) limitiert, zusätzlich durch Angelsport und
Freizeitnutzung beeinträchtigt und stellenweise verkleinert. So konnte in 2017 der
Haubentaucher Podiceps christatus, der zusätzlich von ins Wasser ragenden Gehölzen
profitiert und im NSG drei Reviere besetzt hatte, nur zu einer (erfolgreichen) Brut
schreiten, was ursächlich mit dem ungewöhnlich niedrigen Wasserstand und damit mit der
zusätzlich gesunkenen Verfügbarkeit geeigneter Brutplätze zusammenhängen dürfte. Das
Verschwinden des Teichrohrsängers dagegen ist unmittelbar auf die Verkleinerung und
Störung der Schilfröhrichte durch Angelsport und Freizeitnutzung zurückzuführen.

Als potenzieller (halb)natürlicher Brutplatz für Flussregenpfeifer, Flussseeschwalbe
Sterna hirundo und Möwenarten - die Sturmmöwe Larus canus nutzt das NSG als
Nahrungshabitat während der Brutzeit nahezu täglich - käme lediglich TF 6 (Insel) in
Frage (bisher nur Brutplatz von 5 ubiquitären Singvogelarten sowie Nil- und Kanadagans).
Voraussetzung hierfür wäre allerdings eine Freistellung von Gehölzen zumindest auf
einem stark überwiegendem Flächenanteil (derzeit Sukzession: bis zu 35 Jahre alter
Gehölzbestand) und eine effektive Regulation insbesondere des Freizeitverkehrs.
Mit zunehmendem Alter entwickeln Balsam- und Hybridpappeln sowie Silberweiden auf
der Insel, die jetzt bereits als regelmäßige Rastplätze genutzt werden, die Eignung für die
Ansiedlung von Kormoran- und Graureiherkolonien. Auch hier wäre aber die Grundlage,
Freizeitverkehr und Angelsport effektiv zu regulieren.

                                                                                       20
Als Lebensraum für geschützte Rastvogelarten hat das NSG derzeit eine eher
untergeordnete Bedeutung. Gänsesäger Mergus merganser und Tafelente Aythya ferina
(beides Arten des Art. 4 bzw. 2 Vogelschutz-Richtlinie) sind seltene Wintergäste.
Reiherente Aythya fuligula, Haubentaucher, Kormoran Phalacrocorax carbo und
Graureiher Ardea cinerea sind dagegen häufige Wintergäste, solange das Gewässer eisfrei
ist. Gleiches gilt im Übrigen für die Standvögel Bläßralle Fulica atra und Eisvogel.
Mittlerweile sind phasenweise auch Ansammlungen von einzelnen Nilgänsen sowie bis zu
70 Kanadagänsen festzustellen. Diese nutzen das Gewässer allerdings nur als Ruheplatz,
nicht als Nahrungshabitat. Der Flussuferläufer Actitis hypoleucos ist während der
Zugzeiten häufig anzutreffen, doch andere rastende Limikolen konnten bislang nicht
festgestellt werden.

Die Vielfalt von Arten terrestrischer Lebensräume ist als mäßig hoch zu bezeichnen.
Gründe sind die schmale Parzellierung der Landlebensräume und die mit den unmittelbar
angrenzenden Verkehrswegen verbundenen Immissionen sowie die Sukzession im
Bereich ehemals offener und halboffener Lebensräume. Hier fehlt die in NRW gefährdete
Nachtigall Luscinia megarhynchos trotz geeigneter Lebensräume, was aber auf den
negativen regionalen Bestandstrend zurückzuführen sein dürfte. Der in der
Niederrheinischen Bucht stark gefährdete Bluthänfling Carduelis cannabina, der noch im
Bereich Alter Deutzer Postweg als Brutvogel vorkommt, hat mit der Ausdehnung des
nunmehr ans NSG angrenzenden Gewerbegebiets wichtige Lebensraumteile verloren.
Ähnliches gilt für Gelbspötter Hippolais icterina, Goldammer Emberiza citrinella und
Feldsperling Passer montanus, die auch im Umfeld (ehemalige Feldflur Gremberghovens)
verschollen sind. Die in 2017 mit jeweils einem Revier vorkommenden
Klappergrasmücke Sylvia curruca und Dorngrasmücke Sylvia borin sind durch
Sukzession in TF 2 und 4 gefährdet.

2.4.2   Säugetiere

Bislang konnten im Naturschutzgebiet 16 Säugetierarten festgestellt werden, was
angesichts der Größe und Parzellierung der terrestrischen Lebensräume einen
herausragenden Wert darstellt. Dabei fehlen bisher – möglicherweise aufgrund von
Isolationswirkungen – sogar verbreitete Kleinsäuger wie bspw. Igel, Waldspitzmaus oder
Aquatische Schermaus.
Unter den nachgewiesenen Arten befinden sich mit Braunem Langohr Plecotus auritus
und Gartenschläfer Eliomys quercinus zwei landes- bzw. bundesweit gefährdete Arten
sowie mit Großem Abendsegler Nyctalus noctula, Wasserspitzmaus Neomys fodiens und
Wildkaninchen Oryctolagus cuniculus drei Arten der Vorwarnliste Deutschlands und
Nordrhein-Westfalens.

Das Braune Langohr ist in NRW in unbekanntem Ausmaße gefährdet. Die Quartiere der
Art befinden sich in Baumhöhlen und werden im angrenzenden Gremberger Wäldchen
vermutet. Ähnliches gilt für den Großen Abendsegler, wobei für diese Art auch bspw. die
zahlreichen Grünspechthöhlen in älteren Hybridpappelbeständen im Bereich des südlich
angrenzenden LSG (LB 7.12) geeignet sind. Hohe Totholzanteile und damit kleine
Naturhöhlen und –spalten sind zwar auch in älteren Silberweiden, Salweiden und
Sandbirken im NSG (insb. TF 3) vorhanden, doch fehlen hier nach gegenwärtigem Stand
noch die meist geräumigeren Spechthöhlen.

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Bei der Rauhautfledermaus Pipistrellus nathusii werden Männchenreviere vermutet, die
Quartiere könnten sich auch im NSG befinden. Sie ist diejenige Art, welche im NSG am
häufigsten nachgewiesen werden konnte.
Die häufige Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus ist eine Gebäudefledermaus. Die
Quartiere könnten sich im Bereich der Brückenbauwerke, eines ehemaligen
Trafohäuschens, wahrscheinlich aber außerhalb des NSG befinden. Die Kiesgrubenseen
werden während des gesamten Sommers von mehreren Tieren als Nahrungshabitat
genutzt.
Besonderes Augenmerk sollte zukünftig auf den Schutz des Fort-Zwischenwerks im
angrenzenden Gremberger Wäldchen gelegt werden, das als Fledermausquartier,
insbesondere als Winterquartier, potenziell große Bedeutung hat, in der Vergangenheit
aber immer wieder durch Vandalismus stark beeinträchtigt worden ist.

Erwähnenswert ist der Bestand der Hausspitzmaus Crocidura russula in der Teilfläche 2,
da es sich offensichtlich um eine Freilandpopulation dieser bei uns bisher in der Regel an
menschliche Siedlungen gebundenen Art handelt.
Beim Mauswiesel Mustela nivalis fehlten bisher sowohl für NRW als auch Deutschland
ausreichende Daten für eine Bestandseinschätzung. Ähnliches gilt für den Gartenschläfer
(Gefährdung unbekannten Ausmaßes), der aber vom Bundesamt für Naturschutz
mittlerweile als eine Verantwortungsart Deutschlands gelistet wird (BfN 2017).
Nach aktuellem Kenntnisstand liegt die Kölner Population des Gartenschläfers inzwischen
an einem Teil des nordwestlichen Arealrands (MEINIG & BÜCHNER 2012). Im Bereich
der Kiesgrubenseen Gremberghoven (NSG und LSG) und angrenzender Grünflächen
wurde die bisher größte zusammenhängende Population von Köln ermittelt (STICHT
unveröfftl.). Angesichts der dramatischen Rückgangstendenzen (ca. 40 % des
ursprünglichen Verbreitungsgebiets gingen in den letzten 100 Jahren verloren) in dem rein
europäischen Verbreitungsgebiet (MEINIG 2017) und der Verantwortlichkeit
Deutschlands für die weltweite Population ist davon auszugehen, dass der Bestand im
Bereich der Kiesgrubenseen Gremberghoven von bundesweiter Bedeutung ist.

Die Rückgangsursachen sind beim Gartenschläfer bisher weitgehend unbekannt. Im NSG werden derzeit die
Teilflächen 2 und 3, wahrscheinlich auch 1 und 5 besiedelt. Die Vorzüge dieser Teilflächen für die Art im
Vergleich zu anderen, nicht besiedelten Lebensräumen könnten in der hohen Verfügbarkeit tierischer
Nahrung (u.a. Nacktschnecken, Heuschrecken, Seeufer), im Arten- und Strukturreichtum der Bestände mit
Gehölzinnen- und Gehölzaußenrändern sowie vielen verschiedenen Früchte tragenden Strauch- und
Baumarten, der Wärmebegünstigung des Standorts, in fehlenden forstwirtschaftlichen Eingriffen und in der
Hindernisfreiheit am Boden bei gleichzeitig guter Deckung liegen.

2.4.3   Reptilien

Die Reptilienfauna des Naturschutzgebiets ist nur durch die Zauneidechse Lacerta agilis
(streng geschützt; Rote Liste Deutschland 2009: Vorwarnliste; RL NRW 2011: stark
gefährdet; FFH-RL Anh. IV) vertreten. Die Population, die sich in TF 4 konzentriert und
zusätzlich in deutlich geringerer Bestandsdichte in TF 2 vorkommt, ist allerdings sehr
individuenstark.
Am 9. April 2017 konnte in TF 4 zur Mittagszeit durch gezieltes Absuchen auf einer
Fläche von ca. 400 qm ein Frühlingsbestand von 5 Tieren (3 Männchen, 1 Weibchen, 1
juv.) ermittelt werden. Somit ist allein für TF 4 (1,9 ha) von einer Populationsgröße von
über 100 Tieren auszugehen. Damit dürfte es sich um die größte Zauneidechsenpopulation
auf Kölner Stadtgebiet nach Wahner Heide und Dellbrücker Heide handeln.

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