#Sozialer Fortschritt - Magazin der SPD-Fraktion im Landtag NRW
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# Sozialer Fortschritt Magazin der SPD-Fraktion im Landtag NRW 2/2020 Ein Appell für Über ein Jahr Für Bildungsgerechtigkeit das Wesentliche ohne Einkünfte und Gesundheitsschutz Von Thomas Kutschaty Schausteller NRW NRW-Schulgipfel
2 3 Inhalt 0 2 2 0 2 0 12 26 4 4 #SozialerFortschritt 14 20 30 Für das Wesentliche Ein Appell von Thomas Kutschaty 16 #ZusammenWachsen 26 #FairGehtMehr Corona darf nicht das Ende Kein Bock auf Frontenbildung 8 #DuBistEsWert des Studiums bedeuten Wolfgang Wendland zum gesellschaftlichen Lebensqualität sichern, Yannik Düringer berichtet von den Beitrag von Kunst und Kultur Dienstleistungen wertschätzen Herausforderungen für Studierende Der Arbeitsbegriff im Wandel 30 Lebensmittelpunkt Innenstadt 18 Corona-Eltern Sarah Philipp über die Städtebauförderung 10 Digitale Transformation Elternsein in Zeiten von Corona Eine Enquetekommission hat zwei Jahre ist eine schwere Aufgabe 32 Automobilindustrie lang über die digitale Transformation der Perspektivwechsel: die Herausforderungen Arbeitswelt diskutiert 20 NRW-Schulgipfel der Automobilbranche Recht auf Bildung und Gesundheitsschutz 11 Pflege in Deutschland gehen Hand in Hand Unser Kampf für faire Arbeitsbedingungen 34 Aktuelles 22 Statements zur Schulpolitik Der Masterplan gegen Rechts 12 Ein Jahr ohne Einkünfte geht an die Substanz Ohne Digitalisierungsstrategie und ist aktueller denn je Das harte Los der Schausteller Schulsozialarbeit geht es nicht während Corona 35 NRW braucht einen Impf-Fahrplan 24 Digitale Bildung Impressum 14 Eine Pandemie zu bewältigen, Lehrerin Nina Toller sieht die Chancen ist eine Teamleistung Wie Systemrelevanz bei jenen diskutiert 25 Im ständigen Dialog – für ein 32 wird, die systemrelevant sind lebenswertes NRW für alle Familien
4 5 #SozialerFortschritt #SozialerFortschritt E s ist heute bizarr. Es war damals bizarr. Es wird In den folgenden Monaten müssen Deutschland zukünftig vielleicht noch bizarrer wirken. Zum und NRW den Härtetest bestehen. Vor allem die vielen vergangenen Jahreswechsel wurde sich in Verantwortlichen in den Kommunen und Millionen Nordrhein-Westfalen kräftig über eine neue Beschäftigte zeigen, wie man in kürzester Zeit wirkliche WDR-Interpretation des über Jahrzehnte schon frechen Solidarität organisiert. Sie sorgen dafür, dass trotz Kinderliedes „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motor- plötzlicher Entbehrungen unser Land vergleichsweise rad“ aufgeregt. glimpflich durch die erste Welle kommt – was die nackten Krankheitszahlen betrifft. Der Ministerpräsident sieht in der mehr oder minder witzigen Satire direkt eine generelle Instru- Denn gleichzeitig deckt die Pandemie bestehende mentalisierung von Kindern und Einschränkung der soziale Missstände schonungslos auf. Pflegekräfte Meinungsfreiheit. Ein antidemokratischer Mob wütet oder Beschäftigte des Einzelhandels beklagen völlig schließlich vor der Sendezentrale des WDR und be- zurecht, dass sie während der Krise auf Balkonen und droht willkürlich anwesende Journalisten. Während- in Parlamenten zwar Applaus erhalten, ansonsten dessen bahnt sich das Virus Covid-19 unbemerkt den aber wenig bis nichts. Menschen bangen, ob sie ihre Weg nach Europa und NRW. Miete bezahlen können, die Politik sorgt schnell dafür, dass Leute mit Zahlungs- Wie wäre das Jahr schwierigkeiten in dieser wohl verlaufen, wenn Öf- schwierigen Zeit nicht aus fentlichkeit und Politik der Wohnung geworfen schon frühzeitig die deut- Es war kein gutes Jahr. werden – Kleidungskon- lichen Anzeichen der Pan- zerne missbrauchen diese demie erkannt und sich Zeit für einen Neustart. Regelung, um die Lokal- damals besser gewappnet mieten zu drücken. In den hätten? Zeit, dass das Kitas und Schulen sorgt die Landesregierung mit Noch Ende Januar Wesentliche auch willkürlichen Wochenend- schätzt NRW-Gesundheits- Entscheidungen nicht nur minister Karl-Josef Lau- wieder im politischen am folgenden Montag für mann die Gefahr des Virus Chaos. Gesundheitsschutz so ein: „Wir sind weit von NRW zählt. und Bildungsgerechtigkeit einer Katastrophe entfernt bekommt sie zu keiner Zeit Für das und wir dürfen durch- unter einen Hut. aus eine Art Gelassenheit haben.“ Nur einen Monat später muss er auf einer Der Ministerpräsident sagt zu Beginn der ersten Pressekonferenz in Gangelt, wo nach einer Karnevals- Welle, es gehe „um Leben und Tod“, sitzt zur Wellen- feier mehrere Menschen am Virus erkrankten, einge- mitte die Pandemiebekämpfung aber faktisch aus stehen: „Wir können nicht garantieren, dass wir die und widmet sich dann mit dem ersten Abflachen der Wesentliche Infektionsketten gestoppt kriegen.“ Es sollte sich wie Infektionszahlen auf allen Kanälen dem parteipoliti- ein roter Faden durch das Jahr ziehen: Die Wirklichkeit schen Kampf gegen Röttgen, Söder und Merz. Wäh- holt diese Regierung immer wieder schnell ein. rend andere verzichten, tourt er durch Europa, zum Papst, in volle Stadien. Einen Tag nach Laumanns Eingeständnis halte ich eine Pressekonferenz ab. Es geht eigentlich um Das Amt wird zur Werbefläche, jegliche Kritik an unseren Masterplan Rechtsextremismus. Nur wenige seinem Nichtstun in der Infektionsprävention kanzelt Tage zuvor hatte in Hanau ein rechtsextremistischer er als parteipolitische Spielerei ab. Dabei sagen uns be- Attentäter zehn Menschen ermordet. Ich stelle un- reits im August die Beschäftigten aus Krankenhäusern, In Rekordzeit wurden Impfstoffe gegen Corona entwickelt. seren Plan von mehr als 50 Maßnahmen vor, damit dass die zweite Welle beginnt. Diese Welle trifft Nord- solche bestialischen Taten besser verhindert werden rhein-Westfalen zum Ende des Jahres ungleich härter. Die Hoffnungen sind groß, dass wir die Krankheit besiegen können. können. Die Pressekonferenz startet bedrückend, sie Das hätte so nicht geschehen müssen und dürfen. Damit aber auch der soziale Neustart gelingen kann, muss der endet bedrückend. Denn eine Journalistin der Rhei- Schalter in der NRW-Landespolitik endlich umgelegt werden. nischen Post stellt noch die Frage, ob die Politik dieses Es war kein gutes Jahr. Zeit für einen Neustart. neue Corona-Virus bereits im Griff habe. Allen im Raum Zeit, dass das Wesentliche auch wieder im Ein Appell von Thomas Kutschaty ist die Antwort klar. politischen NRW zählt. Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW
6 7 #SozialerFortschritt #SozialerFortschritt Lasst uns für sie das Aufstiegsversprechen in NRW erneuern. Nicht Geldbeutel oder die Herkunft der Eltern sollen darüber entscheiden, wer in dieser Gesell- schaft etwas werden kann. Unsere Kitas, Schulen und Ausbildungsstätten müssen die besten sein, und das beinhaltet, dass jedes Kind, jeder junge Mensch das bekommt, damit sie oder er alles aus ihrem oder seinem Leben machen kann. Fragen der Geschlechtergerechtig- keit sind eben kein Gedöns, wie ein ehemaliger Kanzler es gemeint haben soll. Denn es sind vor allem Frauen in schlecht bezahlten Jobs, die Zusammenhalt und so- zialen Fortschritt möglich machen – der Aufstieg muss für sie stärker möglich sein als bislang. Zur Erneuerung des Aufstiegsversprechens ge- hört auch: Wer scheitert, wird nicht abgeschrieben. Wer weiß, wie man große Herausforderungen und Krisen erfolgreich bewältigt, bringt Ich habe große Hoff- alle weiter. Eine solidarische nung in unser Bundesland Gesellschaft ist deshalb und dass die kommenden stärker als eine, in der die Jahre besser werden. Schon Lasst uns für sie das Einzelnen nur nach dem jetzt werden Testmöglich- egoistischen Nutzen strei- keiten immer ausgereifter Aufstiegsversprechen in ten. Um dieses Aufstiegs- und die neuen Impfstoffe versprechen zu ermög- bald in der Fläche verteilt. NRW erneuern. lichen, braucht es jetzt ein Die Rückkehr in den Alltag politisches Aufbruchsignal. steht damit an. Doch na- Nicht Geldbeutel oder Für mehr Respekt. Für mehr türlich braucht es mehr, um Wertschätzung. Für die An- neben der Pandemie auch die Herkunft der Eltern erkennung der Arbeit der ihre Folgen zu besiegen. tatsächlichen Leistungsträ- sollen darüber gerinnen und Leistungsträ- Auch da bin ich zu- ger. Sichere Arbeitsverhält- versichtlich. Ich habe viele entscheiden, wer in nisse, gute Bezahlung, faire Leute kennenlernen dür- Arbeitszeiten, Sicherung im fen, die in der Krise unse- dieser Gesellschaft etwas Alter oder im Krankheitsfall re Gesellschaft am Laufen – auch dafür gibt die Regie- gehalten haben. Zum Bei- werden kann. rung Laschet keinen Spiel- spiel der Verein „Frauen raum. Es ist unsere Aufgabe, helfen Frauen“ aus Marl, diesen Zustand gemeinsam bei dem ich zu Besuch war. zu verändern. Er bietet in Zeiten steigender Dunkelziffern häus- Als es noch möglich war, haben wir mit licher Gewalt zusätzliche Sicherheit. Aber auch Ge- werkschaften und Betriebsräte tragen dazu bei, dass Lassen wir also diejenigen, die im mehr als 600 Personen über die wichtigsten Fragen die Gesellschaft weiter funktioniert: Sie kämpfen vor Ort wie die Löwen um Arbeitsplätze – nicht zuletzt Alltag besonders betroffen und in ihren Bereichen Expertinnen und Experten für des sozialen Fortschritts diskutiert. für die Zukunft im Einzelhandel und der Stahlbranche. Oder diejenigen, die täglich für unsere Wald- und den sozialen Neustart sind, noch stärker zu Wort kommen. Denn unsere Initiativen im Viele der Ideen unserer „Für die Vielen-Konferenz“ Wasserversorgung arbeiten. Sie kämpfen für etwas mehr Zeit, die wir zum Umstieg auf wirklich innovatives Landtag sollen den Alltag der Menschen in NRW besser machen. Auf den kommenden im Februar erlangten während der Krise und nachhaltiges Wirtschaften brauchen und nutzen Seiten bringen wir Alltagsperspektive und müssen. unsere Arbeit im Parlament zusammen. schnell neue Aktualitäten und Relevanzen. Es ist das tagtägliche Tun der Nordrhein-West- Viel Freude bei der Lektüre, Wir haben sie im Juni eingebracht mit dem falen, von denen wir zigtausendfach lernen, wie der soziale Neustart gelingt. Ein satirisches Kinderchorlied Antrag „NRW setzt jetzt auf einen im Radio ist für sie eine Randerscheinung. Sie zeigen Thomas Kutschaty uns, was das Wesentliche sein muss. sozialen Neustart für die Vielen. “
8 9 #DuBistEsWert Lebensqualität sichern, KOMPAKTINFO Dienstleistungen #DuBistEsWert wertschätzen Der Arbeitsbegriff wandelt sich und muss immer wieder neu besetzt werden. Für die SPD im Landtag NRW bedeutet das, immer wieder zu hinterfragen, mit welchen Initiativen sie Politik aus der Sicht von und für die Beschäftigten gestalten kann. Unser Fraktionsvorsitzender Thomas Kutschaty plädiert dafür, besonders für den Bereich der Dienstleistungen neue Leitlinien zu entwerfen. Darauf wird es im kommenden Jahr ankommen. Wer Arbeit immer wieder neu betrachtet, kommt an Dienst- Menschen erarbeiten jeden Tag Lebensqualität. Lebens- leistungen nicht vorbei. In diesem Arbeitssektor gestalten qualität für uns alle. Also darf auch ihre Lebensqualität sieben Millionen Menschen in NRW – etwa 75 Prozent der nicht darunter leiden. Beschäftigten – jeden Tag unser aller Zusammenleben. Diese Arbeit verdient mehr als nur Applaus. Eine Ob im Handel, im Krankenhaus, in Arztpraxen, in Büros, wirkliche Wertschätzung für Dienstleistungsberufe setzt im Bus, im LKW, in den Schulen und Kitas, im Einzelhandel, in politische Akzente. der Gastronomie, in den Ämtern oder bei der Polizei – diese DIGITALE TRANSFORMATION: Eine humane, sozial ausgewogene und zukunftsfähige Gestal- Es braucht den sozialen tung der Arbeitswelt nutzt die Potenziale der Digitalisierung, um Fortschritt, um den monotone und körperlich belastende Tätigkeiten deutlich zu re- technologischen Fortschritt duzieren. Dies führt dazu, dass die Menschen im Arbeitsprozess möglich zu machen. mehr Wertschätzung erfahren, bessere Arbeitsbedingungen haben und länger gesund bleiben. Mit einer progressiven Politik für gute Arbeit in der Dienstleistung setzen GUTE ARBEIT ERFORDERT EINEN ORDNUNGSPOLITISCHEN wir hierfür den Rahmen. RAHMEN UND HAT KEINE GRENZENLOSEN ARBEITSZEITEN Deshalb erarbeiten wir Ungeregelte Arbeitsverhältnisse sind im Dienstleistungssektor dafür neue sozialdemokratische zu stark verbreitet. Es braucht eine Stärkung der Tarifpartner- Leitlinien – gemeinsam für schaften und der betrieblichen Mitbestimmung, einen zeit- den Aufbruch in NRW. gemäßen Arbeitsschutz, mehr Kontrollen zur Einhaltung von Mindestlöhnen, eine Regulierung der Scheinselbstständigkeit. CHANCEN UND GLEICHSTELLUNG: Gerade in der sozialen Dienstleistung werden Frauen bei gleich- wertiger Arbeit häufig sehr viel schlechter bezahlt als Männer – bis zu 50 Prozent! Es braucht fairere Gehaltsstrukturen und Karrierechancen unabhängig von Geschlecht oder Herkunft. BEZAHLBARES WOHNEN, LEBENSWERTE NACHBARSCHAFT UND ATTRAKTIVER ÖPNV: Dienstleistungsberufe prägen vor allem den Alltag in den Zentren unserer Kommunen. Das heißt: Bezahlbare Mieten, eine lebens- THOMAS KUTSCHATY werte Nachbarschaft und ein gutes ÖPNV-Angebot sind für sie eine absolute Notwendigkeit. Fraktionsvorsitzender
10 11 #DuBistEsWert #DuBistEsWert E n q u e t e Pflege in Deutschland „Digitale Transformation der Arbeitswelt Gemeldete sozialversicherungspflich- Die Verweildauer im Beruf beläuft sich 8,4 tige Arbeitsstellen in der Altenpflege in der Altenpflege auf durchschnittlich in Nordrhein-Westfalen“ 205 sind im Bundesdurchschnitt Jahre und in der Kranken pflege auf T durchschnittlich 7,5 echnische Entwicklungen und neue Geschäfts- Um Antworten zu finden, hat der Landtag von Nord- 100 modelle bringen ständige Veränderungen für Er- rhein-Westfalen auf unsere Initiative hin die Enquete- werbstätige und Unternehmen mit sich. Arbeits- kommission „Digitale Transformation der Arbeitswelt in Tage nicht besetzt, in der Gesund- plätze und komplette Berufsbilder gehen verloren Nordrhein-Westfalen“ eingesetzt. Nach rund zwei Jahren Auf gemeldete Stellen heits- und Krankenpflege 174 Tage. Jahre. – während an anderer Stelle dank der technischen Möglich- Mitarbeit sind uns diese Resultate besonders wichtig. kommen in der Altenpflege 19 arbeitslose keiten neue entstehen. Die große gesellschaftliche Aufgabe Pflegekräfte, in der Gesundheits- besteht darin, den durch die Digitalisierung ausgelösten und Krankenpflege 39. sozialversicherungspflichtig 1.120.000 Veränderungsprozess zu gestalten. Es gilt, die Chancen der Was macht eine Enquetekommission? Beschäftigte arbeiten in der Digitalisierung zu nutzen und Risiken weitgehend zu redu- Eine vom Landtag eingesetzte, überfraktionelle Kom- Berufsgruppe „Gesundheits- zieren. mission beschäftigt sich mit Themen von besonderem und Krankenpflege“. Welche sind die Chancen und Risiken dieses Wandels? Interesse und erarbeitet Vorschläge, die in künftige 619.000 3.414.000 Wie können Erwerbstätige die Veränderungen ihrer beruf Entscheidungen des Parlaments einfließen sollen. lichen Aufgaben mitgestalten? Und wie können Unter- Es gibt 3.414.000 nehmen die wirtschaftlichen Chancen der Digitalisierung Pflegebedürftige bestmöglich nutzen? sozialversicherungspflichtige Beschäftigte in Deutschland. arbeiten in der Berufsgruppe „Altenpflege“. Der Bericht der Enquetekommission Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand: 31. Dezember 2019; statista, Stand: Dezember 2019 zum Download: Beteiligung der Auch im Homeoffice gilt: Arbeitnehmerinnen und https://www.landtag.nrw.de/portal/ Arbeitnehmer am wirtschaft- lichen Erfolg hochproduktiver Der Arbeits- und Gesundheitsschutz von WWW/dokumentenarchiv/ Unser Kampf für faire Arbeitsbedingungen in der Pflege Dokument/MMD17-11130.pdf Unternehmen, zum Beispiel Mitarbeitenden ist von Unternehmen unbedingt „Corona-Pandemie“ ist gerade der Pflegeberufe und die prekären SPD-Fraktion im Landtag NRW setzt über branchenbezogene zu gewährleisten zum Wort des Jahres gewählt wor- Arbeitsbedingungen zu einer breiten sich deshalb auch weiter für faire Flächentarifverträge den. Aus meiner Sicht hätte es das Bereitschaft für Veränderung in der Arbeitsbedingungen von Pflegerinnen Wort „systemrelevant“ eher verdient. Gesellschaft geführt hat. Wir wollten und Pflegern ein. Im Frühjahr wurde deutlich, wer un- diesen Zeitgeist nutzen und haben im ser System maßgeblich am Laufen März einen Antrag zur Eindämmung hält, Lehrerinnen, Erzieher, Kassierer, der Leiharbeit in der Pflege und dann Mitgestaltung von Arbeitsbedingungen: Ärztinnen und Pflegerinnen. Insbe- im Mai noch mal einen Antrag zur Stärkung der sondere bei Pflegekräften ist es allge- Stärkung der Situation in der häusli- Mitbestimmung Unternehmerinnen und mein bekannt, dass wir schon lange chen Pflege ins Plenum eingebracht. und der Sozial Unternehmer müssen ihre Belegschaft an den einen massiven Fachkräftemangel Im Juni gab es dann unseren um- partnerschaft Veränderungsprozessen im haben. Das liegt besonders an der oft fassenden Antrag für den sozialen Betrieb beteiligen schlechten Bezahlung bei gleichzeitig Neustart in NRW, denn für uns war hoher Belastung und Verantwortung. klar: Ein Weiter so kann es nicht ge- Weil wir das ändern wollen und müs- ben. Und auch wenn wir Schlag auf Lisa Kapteinat sen, haben wir bereits 2018 einen An- Schlag gehandelt haben, hat die Lan- Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW trag für bessere Arbeitsbedingungen desregierung alle unsere Vorschläge Lebensbegleitendes Lernen in der Pflege gestellt. Für uns ist schon abgeschmettert. Was mich dabei be- Eine vom Land gesteuerte Lebenslanges Lernen auf erfordert eine Anpassung lange klar: Pflegeberufe müssen wie- sonders frustriert: Im Landtag NRW, Forschungsstrategie dem Vormarsch: digitale des BAföGs – von der Aufhebung Unser Antrag „Attraktivität der der attraktiv werden. 2019 haben wir im Bundestag und auch in vielen an- zur digitalen Transformation, Qualifizierungen zur starrer Altersgrenzen über Pflegeberufe stärken“ unsere Forderungen im Landtag NRW deren Landtagen wurde den Pflege- um mehr wissenschaftliche Fachkräftesicherung und die Förderung schulischer und noch erweitert und einen weiteren An- kräften stehend applaudiert. Wenn es https://www.landtag.nrw.de/ Erkenntnisse über die erleichterte Teilnahme an beruflicher Abschlüsse auch im trag zur Entlastung von Pflegenden dann aber an die reale Verbesserung portal/WWW/ Beschleunigung ökonomi- Qualifizierungsmaßnahmen Erwachsenenalter bis hin zur gestellt. Im Frühjahr 2020 hatte ich der Arbeitsbedingungen geht, ver- dokumentenarchiv/Dokument/ scher und gesellschaftlicher für mehr betriebliche Erweiterung der Förderzwecke, Weiterbildung um zum Beispiel ausländische dann endlich erstmals den Eindruck, stummt der Applaus sehr schnell. MMD17-8784.pdf Prozesse zu erhalten Abschlüsse anzuerkennen dass das Wissen um die Wichtigkeit Klatschen alleine reicht nicht. Die
12 13 #DuBistEsWert #DuBistEsWert Ein Jahr ohne Einkünfte in den ursprünglichen Plänen zu Weihnachtsmärkten die Verpflich- tung zur Registrierung der Besuche- sind und keine Waren und Lebens- mittel eingekauft werden, ent- stehen auch keine Kosten – so die geht an die Substanz rinnen und Besucher, während die Meinung vieler. Das ist falsch. Auch Menschen das Kaufhaus nebenan wenn die Branche nicht auf Weih- betreten können, ohne ihre persön- nachtsmärkten oder auf Volksfes- lichen Daten anzugeben? Diese un- ten steht, laufen die Kosten weiter: D gleiche Behandlung erschließe sich Sie zahlen Pacht für die Grundstü- ie Corona-Pandemie bringt für die Schausteller der Betrieb von Johann „Hansi“ Luxem. Mit seinen Pizza ihm nicht. cke, auf denen ihre Schaustellerge- erhebliche Einschränkungen mit sich. Doch ständen kann sein Schaustellerbetrieb an zwei Stand- schäfte stehen. Sie zahlen Steuern „Die Veranstaltungsbranche damit nicht genug: In diesem Jahr geht es für orten zur gleichen Zeit vertreten sein. Dann ist die ganze Dabei gäbe es Lösungen: Die und Versicherungen für ihre Fahr- und insbesondere die Schau- sie schlicht um die Existenz. Bereits im Frühjahr Familie im Einsatz: Mit seiner Frau, seiner Tochter und Schausteller-Betriebe wünschten zeuge und auch die eine oder an- steller befinden sich in existen- sagten Städte und Gemeinden Feste ab, im Sommer fielen seiner Mutter arbeiten mehrere Generationen Hand in sich die Möglichkeit, gemäß der dere Reparatur fällt an, damit alles ziellen Nöten. Bereits seit April die Rheinkirmes in Düsseldorf, die Cranger Kirmes in Hand. Ein umfassender Gesundheitsschutz ist daher sein Corona-Regeln Speisen zu verkau- in Schuss bleibt. Die Familien bauen machen wir in Debatten und An- Herne, die Sterkrader Fronleichnamskirmes in Oberhau- ureigenstes Interesse. Ihm liegen aber auch die Gesund- fen. Die Schutzverordnung sieht ihre komplette Existenz darauf, trägen darauf aufmerksam, dass sen und viele weitere Volksfeste den Corona-Schutzmaß- heit und die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher vor, dass die Gastronomen die „Be- dass sie unterwegs sind. Jetzt sind die Schausteller seit den Weih- nahmen zum Opfer. Die Einnahmen aus den Weihnachts- sowie der zusätzlichen Saisonkräfte am Herzen, so Hansi lieferung mit Speisen“ und den sie wirtschaftlich fast am Ende. nachtsmärkten 2019 ohne Ein- märkten waren ein Stück weit der letzte Strohhalm, an Luxem. Von den Saisonkräften sind in der Hochphase vor „Außer-Haus-Verkauf von Speisen“ nahmen sind. Die Kosten aber den sie sich noch klammern konnten. Der erneute Lock- Weihnachten bis zu zehn bei den Luxems beschäftigt. fortführen können, sofern die Min- Die Überbrückungshilfen sind bleiben! Die Schausteller brau- down macht nun auch diese Hoffnung zunichte. Auch für sie bricht die Lebensgrundlage weg, wenn destabstände eingehalten und Hy- leider nur ein Tropfen auf dem hei- chen dringend direkte Hilfen, alles still steht. Bei aller notwendigen Vorsicht aufgrund gieneanforderungen berücksichtigt ßen Stein. Aus Sicht der Branche ist sonst droht die Branche – und Alleine in Nordrhein-Westfalen gibt es 5.500 Schau- der Ansteckungsgefahr zeigt Hansi Luxem im Gespräch werden. Auch Schausteller können eine Überarbeitung dringend er- somit eine lange Tradition – die stellerbetriebe, die rund 50.000 Menschen Arbeit bieten. die Widersprüche auf: Wieso haben Imbissbuden auf ihre Esswaren ausschließlich zum forderlich – nicht zuletzt aufgrund Pandemie nicht zu überstehen. Die meisten von ihnen sind Familienunternehmen wie Wochenmärkten nach wie vor geöffnet? Wieso gab es Mitnehmen anbieten. Die dafür der Dauer, für die sie gewährt wird. Landesregierung und CDU/FDP notwendigen Hygienevoraussetzun- Denn: Das Schaustellergeschäft müssen endlich ihre Blockade- gen haben sie bereits im Sommer ist nicht nur im November betrof- politik aufgeben. Von schönen geschaffen. Die ursprünglich geplan- fen, sondern steht im Grunde das Worten ist noch keine Schau- ten Insellösungen als Standorte für ganze Jahr 2020 komplett still. In- stellerfamilie ernährt worden Schausteller-Buden in der Vorweih- vestitionen in neue Fahrzeuge zum – Hilfen müssen her, für die wir nachtszeit befürwortet Hansi Lu- Beispiel sichern sie mit ihrem Hab uns weiterhin einsetzen wer- xem. Durch die entzerrte und in den und Gut ab. Darlehensraten sind den, damit sich das Karussell Innenstadtgebieten verteilte Präsenz jedoch von der Überbrückungshil- auch nach Corona noch dreht.“ sei die Einhaltung von Abstands fe nicht abgegolten. Die Bürokratie regelungen kein Problem gewesen. hinter den Überbrückungshilfen ist Er ist überzeugt: Die Schaustellen- ein zusätzliches Hemmnis, müssen den können eine Partymeile ver- dafür doch extra Steuerberater meiden. Deswegen haben sie eine beauftragt werden. Diesen Mehr- Gleichbehandlung der Weihnachts- aufwand wiederum finanziert nie- märkte mit dem stehenden Gewer- mand. Er sei froh darüber, dass die be gefordert, also den Imbissbuden SPD-Fraktion in Nordrhein-West- und ähnlichen Verköstigungsstatio- falen an der Seite der Schaustel- nen. Leider ohne Erfolg. lenden kämpfe und sich für die finanzielle Sicherheit der Branche Rainer Schmeltzer So lange Hansi Luxems Pizza- einsetze, so Luxem. Steter Tropfen Mitglied der SPD-Fraktion ofen kalt bleibt, die Fahrgeschäfte höhlt den Stein! Hoffentlich halten im Landtag NRW anderer Schausteller eingelagert die Familien so lange durch. Unser Antrag: „Überbrückungs- hilfen für Schausteller, Johann „Hansi“ Luxem ist zweiter Vor- Marktstandbetreiber und die- sitzender der Arbeitsgemeinschaft der Veranstaltungsbranche“: Schaustellerverbände in Nordrhein- Westfalen und lebt mit seiner Familie https://www.landtag.nrw.de/ im Kreis Heinsberg. Wir haben uns mit portal/WWW/ ihm zum Gespräch getroffen. dokumentenarchiv/Dokument/ MMD17-9944.pdf
14 15 #DuBistEsWert #DuBistEsWert Das sagt ver.di Arbeiten im Krisenmodus Schon vor der Corona-Krise standen Überstunden, enge Zeitfenster und volle Parkplätze auf der Tagesordnung der Beschäftigten, die be- ruflich Lkw fahren. Mit der Krise hat sich die Situation für viele deut- lich verschärft – und andere wiederum aufs heimische Sofa gezwungen: Während Mitarbeitende von Paketdiensten alle Hände voll zu tun hat- ten, gingen Beschäftigte, die bisher Güter für die Industrie transportiert Eine Pandemie zu haben, in Kurzarbeit. Für diejenigen, die weiterhin auf der Straße unterwegs waren, bewältigen, ist hat Corona zu erheblichen Einschränkungen geführt: Die Toiletten an den Logistik-Zentren waren für die Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer ge- schlossen, die Raststätten an den Autobahnen ebenfalls. Das machte auch die Versorgung mit Essen praktisch unmöglich. Später öffneten eine Teamleistung zwar die sanitären Anlagen an den Autobahnraststätten wieder – was jedoch zu unzumutbaren Zuständen führte: Es stand kein Reinigungs- personal zur Verfügung, was die Hygiene problematisch machte. Wir von ver.di haben uns bei den Betriebsräten von Logistikbetrieben dafür eingesetzt, dass diese mit ihren Unternehmensführungen die Wie Systemrelevanz bei jenen diskutiert wird, die systemrelevant sind Öffnung für Fahrerinnen und Fahrer diskutieren. Es brauchte schnelle und praktische Lösungen und nicht nur schöne Worte der Arbeitgebe- Systemrelevante Gruppen oder Helden des Alltags, so hat käufern und allen anderen an vorderster Front, aber ohne Vom Bäcker zum Berufskraftfahrer: rinnen und Arbeitgeber. Unsere Forderung für die Transportbranche: man sie genannt: Die Alten- und Krankenpflegerinnen und uns Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer würden Ralph Schmidt ist mit seinen Die Arbeitsbedingungen müssen sich zwingend verbessern! Die Fah- -pfleger, die Polizisten und Polizistinnen, die Verkäuferinnen auch sie weiterhin vor leeren Toilettenpapierregalen stehen. Arbeitsbedingungen zufrieden und rerinnen und Fahrer waren die Heldinnen und Helden der Krise, ihre sieht seine Berufsgruppe in der und Verkäufer an den Supermarktkassen. Corona kann nur So eine Pandemie zu bewältigen, ist eine Teamleistung und Leistung wird als systemrelevant anerkannt und als überaus wichtig Pandemie als systemrelevant an. durch die vielen hart arbeitenden Beschäftigten besiegt nicht das Werk von einzelnen Managern oder Politikern. für die Gesellschaft wahrgenommen. Die Interessen der Kolleginnen werden. Doch sie finden in der Krise immer noch kein Gehör. und Kollegen dürfen auch dann nicht in Vergessenheit geraten, wenn Das kann nicht sein. Hat diese Krise viel in Deinem Beruf, in Deinem Leben ver- sich die Situation wieder normalisiert hat. Dafür machen wir uns ändert? stark. Wertschätzung spiegelt sich auch in guten Einkommens- und Ralph Schmidt, 33 Jahre alt, ist Berufskraftfahrer bei einer Ehrlich gesagt nicht. Zumindest nicht mehr als bei allen mich politisch zu engagieren als Kommunalpoli- Arbeitsbedingungen wider. Es ist gut, wenn die SPD im Landtag NRW Firma in Bochum. In seinem Beruf sorgt er für den notwen- anderen auch. Wir müssen Masken tragen, Abstand halten tiker oder so, hab ich noch nicht gedacht, kann sich dafür einsetzt. digen Nachschub an Mehl, Hefe und anderen Rohstoffen für und noch mehr Wert auf Hygiene legen als sonst. Ich habe ich mir auch nicht wirklich vorstellen. die Bäckereien und Konditoreien in Nordrhein-Westfalen. aber das Glück, dass die Firma am Standort in Bochum bis- Uwe Speckenwirth, Mit ihm haben wir über „Systemrelevanz“ gesprochen und her keine Kurzarbeit anmelden musste. Das ist aber absolut Dann hast Du jetzt zumindest die Möglichkeit, ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft zu klären versucht, womit er und seine Kolleginnen und nicht der Regelfall, sondern eine Ausnahme, da viele meiner einen Wunsch zu äußern. An uns oder an die Kollegen unterstützt werden können. ehemaligen Kollegen in Kurzarbeit sind oder gar ihren Job Politik generell… verloren haben. Löst im Parlament Eure Versprechen ein. Ich Das Klischee des Berufskraftfahrers – sitzen den ganzen wähle Positionen und Ideen, die vertreten wer- Tag in ihrem LKW und fahren hin und her. Wieviel Wahrheit Du würdest also behaupten, dass Du Glück im Unglück den, nicht weichgewaschene Koalitionsverträge, Für mehr Sicherheit gerade jetzt steckt darin? hattest? in denen ich nicht mehr viel von dem wieder- Naja, ein bisschen mehr ist es schon. Natürlich sitzt Definitiv. Meine Firma bezahlt die Mitarbeitenden gut, erkenne, was ich vorher im Wahlprogramm ge- Antrag „Rettungsschirm für Arbeitnehmer ausweiten – man viel auf dem Allerwertesten und fährt mit seinem LKW es gibt geregelte Arbeitszeiten, kaum Überstunden und lesen und gewählt habe. Das gilt natürlich nicht Kurzarbeitergeld aufstocken“: durch die Gegend. Jemand muss aber auch die Ware auf- einen Betriebsrat. Dieser hat, gemeinsam mit der Gewerk- nur in Bezug auf meine Berufsgruppe, sondern Wo Sicherheit fehlt, muss der Staat dafür sorgen, dass den und wieder abladen. schaft ver.di, für den Einsatz von Tarifverträgen gekämpft. eher generell. Mit Bezug zu meinem Beruf wür- Beschäftigten kurzfristig geholfen wird. Deshalb haben wir die Ich kann auch nur jedem wärmstens empfehlen: Wenn man de ich sagen, dass in einer zweiten oder dritten Regierung Laschet aufgefordert, das Kurzarbeitergeld in der Wie bist Du zu diesem Beruf gekommen? unzufrieden mit seinen Arbeitsbedingungen ist, tretet einer Welle dieses Virus auch mal klar werden könnte, Krise zu stärken. [Drucksache 17/9035] Über Umwege. Ich bin gelernter Bäcker und habe 2012 Gewerkschaft bei oder gründet einen beziehungsweise en- dass auch noch andere Menschen systemrelevant meine Umschulung zum Berufskraftfahrer gemacht, da ich gagiert euch im Betriebsrat. sind. Klatschen hilft nicht, Geld hilft auch nur be- Antrag „Ein Schutzschirm für Ausbildungsplätze – mit meinem Gehalt als Bäcker nicht zufrieden war. grenzt. Kümmert euch um gleiche, angemessene Duale Ausbildung in Zeiten von Corona stärken“: Schon einmal darüber nachgedacht, Dich politisch zu enga- Arbeitsbedingungen für alle, gerechte Löhne und Die Corona-Pandemie hat den Begriff „systemrelevant“ gieren und Dich in der Politik für deine Berufsgruppe stark weniger Druck, den wir und unsere Chefs durch Es gilt jetzt, Auszubildende und Betriebe besser zu unterstützen, sehr geprägt. Was sagst Du dazu? Siehst Du Dich und Deine zu machen? die niedrigen Preise aus anderen Ländern be- die Betriebe für eine Sicherstellung guter Ausbildungsplätze in Berufsgruppe als Teil dieser Gruppe? Ich gehe wählen, weil ich es als meine Pflicht ansehe kommen. die Verantwortung zu nehmen und gemeinsam einen Einbruch der Ausbildungszahlen zu verhindern. [Drucksache 17/9452] Ohne überheblich klingen zu wollen: absolut! Natürlich und mich nachher wenigstens über Politik, die mir nicht gebührt der Dank den Pflegekräften, Verkäuferinnen, Ver- passt, aufregen kann. Daran, einer Partei beizutreten und
16 17 #ZusammenWachsen #ZusammenWachsen Corona darf nicht das Ende des Studiums bedeuten S purlos ist die Corona-Pandemie wirklich an niemandem Der Grund für die auffallende Leere an einer Universität vorbeigegangen. Einschränkungen wie die Masken- mit immerhin 22.000 Studierenden hat mit Urlaub nichts zu pflicht, aber auch berufliche und finanzielle Herausfor- tun: In Zeiten von Corona treten nur wenige Studierende den derungen sind von einem Tag auf den anderen entstanden. Weg auf den Grifflenberg an, auf dem der Hauptcampus der Auch die Studierenden sind betroffen, da viele über wenige Universität liegt. Seit dem Frühjahr hat sich das Hochschul- finanzielle Rücklagen verfügen. Einer von ihnen ist Yannik leben gehörig verändert – nicht nur an der Wupper, sondern Düringer (21). in weiten Teilen der Welt. Auch Yanniks Lehramtsstudium ist davon betroffen. „Keiner wusste, wie es weitergeht“, Die große Terrasse der Bergischen Universität Wupper- beschreibt er die heikle Situation zu Beginn der Pandemie. tal bietet einen beeindruckenden Ausblick auf die „Groß- Die Universität reagierte schnell und sagte kurzerhand die stadt im Grünen“: Unten im Tal prägen mehrere Kirchtürme Präsenzveranstaltungen im Sommersemester ab. Die Leh- und gründerzeitliche Bauwerke das Stadtbild, auf einem re wurde komplett ins Internet verlegt. Technische Heraus- Hügel in der Ferne strahlt ein Fernsehturm in der Sonne. forderungen wie Verbindungsabbrüche oder eine schlechte „Wir haben hier eine tolle Aussicht“, schwärmt Yannik Dü- Sprachqualität waren ebenso problematisch, wie der feh- ringer und nimmt Platz auf einer geschlängelten Sitzbank, lende Austausch untereinander: Keine Schwätzchen mit die zum Entspannen einlädt. Während seiner Zeit im AStA Kommilitonen und Fachgespräche mit den Dozierenden via der Universität hat er daran mitgewirkt, die Sitzbänke auf E-Mail waren eine erhebliche Umstellung. „Das studentische der Terrasse aufzustellen. Denn ehrenamtliches politisches Leben ist zum Ende gekommen“, sagt Yannik mit ein biss- Engagement ist ein fester Bestandteil für ihn. chen Wehmut, und erinnert sich auch an Partys, die vor der Pandemie im Wuppertaler Luisenviertel stattfanden. Neben dem Gefühl der Isolation führte die Pandemie aber vor allem zu sozialen und wirtschaftlichen Problemen in der Studierendenschaft. Yannik, der neben seinem Studi- um als Projektassistenz an der Universität arbeitet, konnte seinen Nebenjob erfreulicherweise behalten. Trotzdem war die Unsicherheit zunächst sehr belastend für ihn. Viele sei- ner Mitstudierenden haben ihre Nebenjobs verloren und dadurch mit Existenzängsten zu kämpfen. Die Sozialbera- tung der Hochschule, deren Eingang sich unmittelbar hinter den Sitzbänken befindet, war zeitweise überlaufen. Manche Hochschulen mussten zusätzliches Personal einstellen, um die Flut an Anträgen zu bearbeiten, so Yannik. Die Überbrückungshilfe der Bundesregierung kam im Juni – zu spät und nicht ausreichend, um den Lebensunterhalt zu sichern. „Einige Studierende mussten ihr Studium abbre- chen oder ihre Eltern um Hilfe bitten, sofern dies überhaupt möglich war“, bedauert Yannik. Ein mitunter demütigender Prozess, der die Schere zwischen Arm und Reich abermals of- fengelegt hat. Brenzlig wurde es, als die Universität die Zah- lungsfrist für den Semesterbeitrag in den August vorziehen wollte, was Yannik gemeinsam mit dem AStA in langen Gesprächen mit der Hochschulverwaltung abwenden konnte. Yannik verliert auch in dieser schweren Zeit den Mut nicht und schaut optimistisch in die Zukunft. Sein Studium wird sich zwar leicht verlängern, aber immerhin kehrt lang- sam ein Stück Normalität zurück. Die Universität richtet das Wintersemester als „Hybridsemester“ mit einer Mischung aus Online- und Präsenzveranstaltungen aus, und auch die Bibliothek hat wieder geöffnet. Nun bleibt ihm nur noch: „Hoffen, hoffen, hoffen, dass es im Sommersemester 2021 alles wieder seinen gewohnten Gang geht.“
18 19 #ZusammenWachsen #ZusammenWachsen Elternsein in Zeiten von Corona ist eine schwere Aufgabe Corona-Eltern im Jahr 2020 Von Regina Kopp-Herr Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW I ch gehe spazieren und sehe einen Vater mit sei- war und uns nur das Ergebnis mitgeteilt wurde. Dabei nen Kindern. Geduldig erklärt er immer wieder, haben wir schon früh darauf hingewiesen, dass sie mit dass die Beiden bei ihm bleiben müssen, sie den Familien sprechen müssen, was genau sie brau- eine kleine Insel bilden und um sie nur Wasser chen. Wir wurden nie mit Gewerkschaften oder mit ist und sie anderen nicht zu nahe kommen dürfen. Wie den Spitzenverbänden an einen Tisch geholt. Natürlich Cara Graafen, Referendarin Torben von Spreckelsen, Dozent, oft hat er das wohl schon gesagt? Etwas widerwillig dauert es länger, mit verschiedenen Interessensgrup- und Mama von zwei Kindern, Papa von einem Sohn und Sprecher der bleiben die Kinder bei ihm. Es ist gegen ihre kindliche pen einen Konsens zu finden. Aber nur, wenn man mal engagiert sich im Landeselternbeirat NRW Düsseldorfer Kita-Eltern Neugier, gegen ihre Natur. gemeinsam diskutiert, kann man einen Weg finden, der von allen getragen wird.“ Wie oft habe ich in diesem Jahr an die Zeit mit mei- nen Kindern gedacht? Oft hieß es, wir haben es ja auch Torben von Spreckelsen erinnert sich an gute und an und Bedürfnisse müssen stärker in den Mittel- ohne Kita geschafft. Das mag sein, aber wir hatten schlechte Momente daheim. Was er anders machen punkt der politischen Betrachtung kommen. Sie noch funktionierende Netzwerke. Die gab es zuletzt würde, das kann er klar benennen: „Kämen wir noch- sind nicht bloß Schülerinnen und Schüler, sie sind nicht mehr. Kein Kinderturnen, kein Spielplatz, keine mal in so eine Situation, würde ich die schönen Mo- vor allem Kinder mit eigenen Bedürfnissen. Plötz- Großeltern. mente anders verteilen und versuchen, einen besseren lich waren sie aber von allem abgeschnitten und Rhythmus zu finden – insbesondere für unseren Sohn. isoliert. Der Alltag und die Rituale, das hat vielen Eltern waren mit der Betreuung der Kinder Das wäre schon wichtig. Insgesamt muss ich aber sa- Kindern in der Zeit des Shutdowns gefehlt, da bin und ihrem Job auf sich gestellt. Unvorstell- gen, dass es meiner Meinung nach auch eine wichtige ich mir sicher. Vor allem aber der Austausch und bar in Zeiten von Rechtsanspruch. Schwie- Lehre aus dieser Zeit ist, dass man bestimmte Dinge das Verarbeiten mit ihren Freunden. rig für alle Familienmitglieder und eine mehr wertschätzt als früher.“ Zerreißprobe zu gleich. Ich erinnere mich Deshalb müssen wir unsere politischen Entschei- noch lebhaft an ein Gespräch mit Eltern- Einig waren sie sich Beide, dass zum Schutz der Kinder dungen einer Kinder- und Familientauglichkeits- vertretern auf Landes- und Stadtebene. und für das Recht auf Bildung die Einrichtungen der prüfung unterziehen. Kinder sind eigenständig, Beide schilderten mir Schönes und frühkindlichen Bildung in Krisenzeiten so lange wie wir müssen sie stärker beteiligen und ihnen so Schwieriges. Was sie sich von der Politik möglich offen sein müssen. Im ersten Lockdown war zeigen, dass sie und ihre Stimme etwas wert sind. wünschen, habe ich sie gefragt. die Kommunikation zwischen Erzieherinnen und Erzie- Corona und die Folgen werden uns noch lange hern und den Kindern oft zu kurz gekommen. begleiten. Welche Langzeitfolgen diese Krise auf Cara Graafen kam da schnell auf den Punkt, wirkliche Kinder und ihre Familien hat, werden wir noch Beteiligung der Eltern – das wäre ihr Wunsch: „Aber Aber das ist ja nur die eine Seite. Bisher haben wir die herausarbeiten müssen. es war immer so, dass im Grunde alles vorausgeplant Kinder noch nicht in den Blick genommen. Ihre Rechte
20 21 #ZusammenWachsen #ZusammenWachsen NRW-Schulgipfel So verlief die Diskussion: zeigt politische Die Teilnehmenden waren sich einig: Alternativen zum Der Unterrichtsbetrieb muss weitergehen – im Interesse der Entwicklung aller Schülerinnen und Schüler. Nichtstun auf Damit Kommunen Bildungsgerechtigkeit gewährleisten können, benötigen sie Entscheidungsalternativen. Die Einführung inzidenzabhängiger Stufenmodelle ist eine Möglichkeit. Lernen findet nicht nur statt, wenn ein Kind vor einer Lehrerin oder einem Lehrer sitzt. Die zweite Welle der Corona-Pandemie hat das Bildungssystem voll erfasst: Zwanzig Prozent der Schulen und rund 75.000 Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen waren Mitte November von Quarantänemaßnahmen betroffen. Je nach Alter der Schülerinnen und Schüler Normalität im Schulalltag? Fehlanzeige! sind unterschiedliche Lösungen zu suchen, da die Infektionsgefahr und Betreuungsmöglichkeiten verschieden sind. D as Bildungswesen wird durch die Corona-Pan- Tim Kurzbach (Oberbürgermeister von Solingen) und demie auf den Prüfstand gestellt – von den Daniela Schneckenburger (Schuldezernentin in Dortmund) Schulgebäuden über den Lehrerinnen- und berichteten über den Schulbetrieb in Corona-Zeiten aus Lehrermangel bis zur Digitalisierung. Eine Be- kommunaler Sicht, während Elternvertreterinnen und -ver- wältigung dieser Herkulesaufgabe gelingt nur gemein- treter forderten, das Alter der Schülerinnen und Schüler bei sam. Was die Landesregierung nicht wollte, haben wir mit der Lösungsfindung zu berücksichtigen. Richard Heinen, der der GRÜNEN Fraktion im Landtag NRW umgesetzt: Wir sich seit über 20 Jahren mit Fragen des digitalen Wandels haben kommunale Spitzenverbände, Lehrerinnen- und an Schulen befasst, beklagte, dass der Begriff der Bildungs- Schulen mit guten digitalen Lehrerverbände, die Landesschülerinnen- und -schülerver- gerechtigkeit in aktuellen Diskussionen häufig als Feigen- Voraussetzungen müssen diese tretung und Elternverbände im November zum Schulgipfel blatt herhalten müsse. Auch diejenigen, deren Schulen aus stärker nutzen dürfen. eingeladen. Mangel an Alternativen im Infektionsschutz jetzt geschlos- sen werden müssten, hätten ein Recht auf Bildungsgerech- Den Fokus der digitalen Konferenz machte Thomas tigkeit. Vielmehr sollten jetzt die Schulen, die bereits gute Kutschaty zu Beginn klar: „Bitte lassen Sie uns gemeinsam digitale Konzepte haben, sichtbarer gemacht werden. in die Zukunft blicken: Was müssen wir jetzt tun? Ganz kon- kret, ganz offen, ganz konstruktiv.“ Mehr als 250 Personen In der Aussprache brachten Gewerkschaften, kommu- aus über zwanzig Verbänden und Institutionen hatten sich nale Spitzenverbände, organisierte Schülerinnen und Schü- zur Konferenz eingeloggt und über zweieinhalb Stunden ler und Verbände der Schulleitungen zahlreiche Ideen ein, diskutiert, wie der Schulalltag in dieser Krisenzeit verbes- um das Recht auf Schule und Gesundheitsschutz unter einen sert werden kann. Denn eine Zielinzidenz von 50 ist nicht Hut zu bringen. Diese Ideen gilt es nun im Landtag NRW erreichbar, wenn wir nichts bei den Schulen tun. endlich umzusetzen.
22 23 #ZusammenWachsen #ZusammenWachsen Statements zur Schulpolitik Jochen Ott Stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW Zusammen die Digitalisierungsoffensive angehen „Zu Beginn ihrer Amtszeit Sie sollte jede Schülerin und je- Bei der Umsetzung muss hat die Landesregierung die Pa- den Schüler darin lehren, Ins- das Land auch in finanzieller role „Digital First“ ausgerufen. trumente und Verständnis für Hinsicht für die Kommunen ver- Die Corona-Krise hat gezeigt, grundlegende Anwendungen und lässlicher und fairer Partner sein. dass sie an ihren eigenen Wort- Strukturen im digitalen Arbeiten So reicht es zum Bespiel nicht aus, hülsen krachend gescheitert ist. zu beherrschen. wenn das Land die Hardwareaus- Die Schulministerin musste fest- stattung übernimmt, allerdings Eva-Maria Voigt-Küppers Stellvertretende Vorsitzende der stellen, dass ihre Anstrengungen Es braucht eine gerechte für jeden gezahlten Euro auf Sei- SPD-Fraktion im Landtag NRW in der digitalen Bildung wenig Ausstattung mit digitalen End- ten der Kommunen zusätzliche ambitioniert waren. So konnte geräten für alle Schülerinnen Kosten zwischen 50 Cent und Schulsozialarbeit braucht sie in der Pandemie keine Hand- und Schüler und für die Lehre- einem Euro für den Support der lungsalternativen zur Sicherung rinnen und Lehrer. Es braucht beschafften Hardware entste- jetzt Sicherheit des Unterrichts und der Bildungs- ebenso eine angemessene Aus- hen. Realität ist allerdings, dass gerechtigkeit vorlegen. stattung der Unterrichtsräume, der Support laut WDR-Umfrage die Bereitstellung einer Lernplatt- aus dem Oktober 2020 von vielen Mit unserem Schulgipfel form, die die datenschutzrecht- Lehrkräfte in ihrer Freizeit geleis- „Schulsozialarbeit ist ein Land Ende 2014 eingesprungen auch jetzt nicht erhöht. Tarif- haben wir gezeigt, dass es im lichen Anforderungen erfüllt und tet wird. Vor dem Hintergrund wichtiges Instrument, um die und hat die Finanzierung über- und Kostensteigerungen bleiben Gespräch mit allen Beteiligten von allen Schulen implementiert von ausbleibenden Einnahmen Chancengleichheit im Bildungs- nommen. Diese wäre Ende 2020 so bei den Kommunen hängen. auch anders geht. Die gemein- werden kann, sowie eine umfas- und einer unsicheren wirtschaft- system zu fördern. Zahllose Schü- ausgelaufen. Wir haben früh da- Außer einer Sicherstellung der Fi- same Kommunikation mit Lehr- sende Fortbildungsstrategie für lichen Prognose besteht unter lerinnen und Schüler und deren rauf hingewiesen – und unser nanzierung ist es notwendig, die kräften, Schülerinnen und Schü- Lehrkräfte, die die vielen enga- diesen Voraussetzungen die Ge- Familien profitieren Tag für Tag stetiger Druck hat sich nun ge- Schulsozialarbeit von Grund auf lern, Schulleitungen und Eltern gierten Lehrerinnen und Lehrer fahr, dass viele Kommunen abge- hiervon. lohnt: Die Landesregierung hat neu zu strukturieren. Unsere Vor- gilt es fortzusetzen, um endlich unterstützt. hängt werden. zugesagt, die BuT-Schulsozial- schläge hierzu liegen auf dem eine Digitalisierungsoffensive für Schon vor einigen Jahren arbeit auch über 2020 hinaus zu Tisch, eine Expertenanhörung die Schulen in NRW zu starten. Kurz gesagt: NRW braucht Alleine dieses Beispiel zeigt hat der Bund erklärt, die Stellen, finanzieren. im Landtag hat bereits stattge- endlich eine klare Digitalisie- die hohe Komplexität der Digita- die im Rahmen des Bildungs- funden. CDU und FDP müssen Digitalisierung ist ein Be- rungsstrategie, die sich nicht lisierung und die Notwendigkeit, und Teilhabepakets (BuT) ge- Das kann allerdings nur ein dieses Thema endlich ernst griff, der viel Interpretations- im Klein-Klein verliert. Das Land ganzheitlich die einzelnen Fak- schaffen worden sind, nicht erster Schritt sein. Der Anteil des nehmen.“ spielraum lässt: von der Nut- muss endlich verlässliche Stan- toren und Aspekte zusammen weiter zu finanzieren. Unter der Landes ist seit 2014 konstant bei zung von Instagram oder TikTok dards bzw. Mindestanforderun- zu bringen. Es darf keine Zwei- rot-grünen Regierung ist das 47,7 Millionen Euro und wird bis hin zur Beherrschung von gen hinsichtlich Hardware, Soft- Klassen-Gesellschaft durch die anspruchsvoller Hardware und ware und Breitbandanschluss zur Digitalisierung entstehen, in der Software. Schule muss dabei Verfügung stellen, um gleichwer- der Zugang zu qualitativ hoch- der Ort sein, der unsere Kinder tige Lernbedingungen an allen wertiger Bildung von der Post- auf diese vielfältige Nutzung Schulen zu gewährleisten. leitzahl oder dem Einkommen und Beherrschung vorbereitet. der Eltern abhängt.“
24 25 #ZusammenWachsen #ZusammenWachsen I n t e r v i e w m i t N i n a To l l e r : Im ständigen Dialog – für ein Digitaler Unterricht muss Schülerinnen und Schüler mitreden lassen lebenswertes NRW für alle Familien D Die Corona-Krise hat ge- ortsunabhängig zu arbeiten oder ie vergangenen Monate haben wie im Brenn- Mehr Demokratie wagen – Kinder und Eltern zeigt, dass bei der Digita- auch kritisch das Format zu hin- glas aufgezeigt, was in unserem Bildungssystem bestimmen mit lisierung der Schulen noch terfragen, das sie für ihre Arbeit richtig läuft und was nicht funktioniert. Damit Die Elternmitwirkung an Kitas und Schulen in Nordrhein- eine Menge Arbeit ansteht. gewählt haben. Zum Beispiel: Ist Aufstieg durch Bildung gelingen kann, braucht es Westfalen muss gesetzlich stärker verankert werden. Dafür Das Land braucht ein Schul- die Wahl des Erklärvideos für die – wie auf den Seiten zuvor erläutert – einen ständigen Dia- soll eine entsprechende Kommission gebildet werden, die konzept für einen guten Bearbeitung dieser Aufgabe wirk- log mit allen Beteiligten. Um diese Prämisse wieder in der binnen eines Jahres auf Grundlage der Inhalte der Eltern- Unterricht der Zukunft. Die lich sinnvoll? Landespolitik zu etablieren, haben wir zuletzt zahlreiche konferenz vom 11. September 2019 konkrete Vorschläge zur SPD-Fraktion im Landtag Initiativen in das Parlament eingebracht. Umsetzung erarbeitet. [Drucksache 17/10526] NRW forderte lange die Or- Was braucht es dafür? ganisation eines Gipfels ein, Ich muss als Lehrkraft nicht Schulen in der Pandemie krisenfest machen 600 Euro Familienbonus in NRW umsetzen um zügig zu Verbesserungen nur auf dem Laufenden bleiben Die Landesregierung hielt ungeachtet aller Kritik von Eltern- Laschet kündigte an, dass Privathaushalte und die Binnen- zu kommen [Drucksache und einen Pool an Möglichkeiten und Lehrerinnen- und Lehrerverbänden, der schulformüber- kaufkraft mit einem Familienbonus von 600 Euro gestärkt 17/10841], bis sie es selbst kennen, sondern mich auch auf greifenden Vertretung von Schulleitungen und der Landes- werden sollen. Nur wenige Wochen später wollte er davon in die Hand nahm. Eine, die diese Lern- und Lehrform ein- schülerinnen- und -schülervertretung sowie Akteuren aus nichts mehr wissen. Die Kinder und Eltern haben mehr ver- Nina Toller unterrichtet Englisch, Geschichte, Latein und Informatik am sich mit Digitalisierung aus- Franz-Haniel-Gymnasium in Duisburg. Sie betreibt den Blog tollerunterricht.com lassen. Dazu gehört, die Schü- dem Gesundheitsbereich starr am Präsenzunterricht bis dient. [Drucksache 17/9812] kennt, ist Nina Toller. Sie ist und erhielt 2018 den „Digital Female Leader Award“ für ihre Arbeit. lerinnen und Schüler mit in den zur Überlastung der Schulen fest. Gemeinsam mit diesen Lehrerin in Duisburg und Lernprozess einzubinden, sie als Beteiligten haben wir mit der GRÜNEN Fraktion deshalb Schulsozialarbeit in NRW neu strukturieren und mit ihrem Blog tollerunterricht.com Das ist ein TV-Held, gespielt von Richard Expertinnen und Experten zu Wort zahlreiche Ideen auf unserem Schulgipfel erarbeitet, um Finanzierung dauerhaft sicherstellen Vorkämpferin für einen zeitgemäßen Dean Anderson. Wie viel von seinen kommen zu lassen und auch in man- Gesundheitsschutz und Bildungsgerechtigkeit zusammen- Schulsozialarbeit leistet einen unverzichtbaren Beitrag, um digitalen Unterricht. Kräften können Sie gebrauchen? chen Situationen die Kontrolle etwas zubringen. Ende November haben wir sie erstmals in den Kindern und Jugendlichen aus finanziell benachteiligten Total viel! MacGyver, das Impro abzugeben. Das kann man oft nicht Landtag eingebracht. [Drucksache 17/11978] Familien die Chance auf Teilhabe zu ermöglichen. Sie hilft, Frau Toller, Sie betreiben sehr erfolg- visationsgenie aus der gleichnamigen allein schaffen. Daher plädiere ich im- Bildungsarmut und soziale Ausgrenzung zu vermeiden und reich einen Blog über das digitale Fernsehserie aus den 80ern/90ern, mer für den Austausch untereinander. Digitalisierung: Schulen und Kommunen zahlen stellt somit auch einen wichtigen Baustein für eine präventive Lernen und Lehren. Als Lehrerin für In- kam aus jeder Situation wieder raus, für die Versäumnisse der Landesregierung Sozialpolitik an Schulen dar. Die Strukturen und die Steue- formatik gehen Sie mit gutem Beispiel weil er kreativ die Dinge um sich herum Was verbirgt sich hinter der 3+1-Regel, Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen rung müssen optimiert werden, ohne dass es bei diesem voran. Was spornt Sie an? einsetzte. So entschärfte er mal eine von der Sie oft sprechen? Familien sollen mit digitalen Endgeräten versorgt werden. Prozess zu finanziellen Kürzungen kommt. Hierfür bedarf es Medien und Technik haben mich Bombe mit einer Büroklammer oder (lacht) Diese Regel habe ich vor Doch NRW lässt Schulen und Kommunen mit dieser Vorgabe eines fundierten Gesamtkonzeptes zur Neugestaltung der schon immer interessiert. Ich wollte im- nutzte Kaugummipapier als Strom- rund einem Jahr aufgestellt, sozusa- des Bundes im Regen stehen. Wir setzen uns dafür ein, dass Schulsozialarbeit in NRW. [Drucksache 17/10640] mer wissen, WIE alles funktioniert. Als leiter. Auf diese Art und Weise erstelle gen als Tipp. Es gibt drei Dinge, die ich das digitale Klassenzimmer endlich für alle Schülerinnen ich dann fertige Lehrerin war, konnte ich einen WLAN-Hotspot im Klassen- verändern kann. Erstens: Ich unter- und Schüler funktionieren kann. [Drucksache 17/10630] Klimaschutz für Familien verankern ich die Qualifikationserweiterung für raum oder nutze den Overhead-Pro- richte als Mensch andere Menschen, Hitze, Dürren, Wassermangel oder Starkregen zeigen, dass das Mangelfach Informatik machen, jektor als Beamer-Ablage. Und auf Sei- keine Maschinen. Schülerinnen und Kostenübernahme bei geschlossenen Einrichtungen der Klimaschutz keine Verdrängung duldet. Wir brauchen da habe ich nicht lange gezögert. Diese ten der Schülerinnen und Schüler sind Schüler dürfen mitreden. Zweitens: Eltern benötigen Sicherheit, besonders in unsicheren Zeiten. einen klimafreundlichen Konsum, den sich Familien leisten Begeisterung für das Wie und Warum natürlich die Handys die „Schweizer Ich kann Spielräume ausnutzen und so Familien erleben in der Corona-Krise viele Entbehrungen und können. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, mit möchte ich auch an die Schülerinnen Taschenmesser“ in MacGyver-Manier Veränderungen am eigenen Arbeits- Mehrausgaben bei Mindereinnahmen. Wir fordern, Eltern der Verbraucherzentrale NRW ein Modellprojekt „Klimaneu- und Schüler weitergeben. schlechthin. So erreiche ich meine Un- platz bewirken, natürlich mit Regeln von Betreuungsgebühren in Tagespflege, Kindertagesstätten trales Leben in NRW“ zu entwickeln. [Drucksache 17/11176] terrichtsziele auch ohne wahnsinnige und Vorschriften, aber ich muss nicht und Offenen Ganztagsgrundschulen zu befreien, wenn Ein- Das mit der Begeisterung ist auch Ausstattung. nur auf „das Gute von oben” warten. richtungen geschlossen werden. [Drucksache 17/9102] aus Perspektive der Schülerinnen Drittens: Ich muss Netzwerke bilden. und Schüler ja immer so eine Sache. Was sind denn Ziele digitaler Bildung? Anfangs hatte ich wenige Mitstrei- 50-Millionen-Euro-Notfallfonds für Studierende Klappt das? Digitale Bildung, Digitalisierung terinnen und Mitstreiter im eigenen Der Verlust des Nebenjobs führt für Studierende dazu, dass Ich glaube, man nimmt mir in all oder auch Digitalität sind Buzzwords, Kollegium, suchte nach Gleichgesinn- Rechnungen oder die Miete nicht mehr beglichen werden meinen Fächern ab, dass ich wirklich die immer gefüllt werden müssen, da- ten im Netz und habe zum Beispiel können. In Geldnot geratene Studierende benötigen die Spaß am Unterrichten habe. So ver- mit alle verstehen, was man denn nun im #twitterlehrerzimmer viele neue Hilfe des Landes. Deshalb haben wir uns für die Einfüh- suche ich, auch immer neue Ideen konkret meint. Ich nutze dafür immer Ideen bekommen. Und dann gibt es rung eines 50-Millionen-Euro-Notfallfonds eingesetzt. in meinen Unterricht einzubringen. die sogenannten „4K“, die für Kommu- noch EIN Motto, das diese drei Dinge [APr 17/982] Manchmal braucht das ganz schön nikation, Kreativität, kritisches Denken verbindet: Einfach machen! viel Improvisation und Kreativität. und Kollaboration stehen. In meiner Bildung und Infektionsschutz zusammen denken Denn es kommt vor, dass ich etwas Unterrichtsplanung greife ich neben Vielen Dank für das Gespräch. Wir plädieren für Schichtmodelle, rollierenden Unterricht umsetzen möchte, wozu ich aber gar meinem pädagogisch-didaktischem und eine hybride Unterrichtsorganisation, um der corona- nicht die Mittel oder Geräte habe. Da Repertoire darauf zurück und rege bedingten Herausforderung im Bildungswesen zu begegnen. Foto: privat wird man schon mal schnell zum Mac- die Schülerinnen und Schüler zum Bei- Dafür benötigen Schulen und Schulträger organisatorische Gyver in der Schule (lacht). spiel dazu an, miteinander zeit- und und pädagogische Freiheiten. [Drucksache 17/11655]
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