Nestlé-Lobby-Video: Vier Gründe, warum Julia Klöckner zurücktreten muss

Die Seite wird erstellt Niklas-Daniel Bischoff
 
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Nestlé-Lobby-Video:     Vier
Gründe, warum Julia Klöckner
zurücktreten muss

Warum Klöckner zurücktreten muss
An diesem Zerstörungs-Video der CDU ist diesmal nicht Rezo
Schuld, sondern Agrarministerin Klöckner selbst. Julia
Klöckner (CDU) steht unter heftiger Kritik: Zusammen mit einem
Nestlé-Manager hat sie ein Video gedreht und auf dem
offiziellen Account des Ministeriums für Ernährung und
Landwirtschaft (BMEL) verbreitet.

 Weniger #Zucker, Fette und #Salz in Fertigprodukten – dafür
 setzt sich BMin @JuliaKloeckner mit der #Reduktion|s- und
 #Innovationsstrategie ein.

 Dass dies geht, zeigt @NestleGermany, die die Strategie
 unterstützen. Sie haben 10% der Inhalte reduziert; weitere 5%
 sollen folgen. pic.twitter.com/jLpVSHRoyJ

 — BMEL (@bmel) June 3, 2019

Das ist der Höhepunkt einer ganzen Reihe von kritikwürdigen
Dingen, die die Ministerin in ihrer Amtszeit (nicht) getan
hat. Und es beweist, wie unglaublich fehl am Platz sie in
ihrem Posten ist. Wer zusammen mit dem Nestlé- Deutschlandchef
Marc-Aurel Boersch ausgerechnet einen so umstrittenen Konzern
lobt und Gratiswerbung macht, und das auch noch auf
Regierungskanälen verbreitet, zeigt, dass er die Trennung von
Amt und Konzerninteressen nicht mehr erkennen kann. Hier die
Gründe, warum sie für ihren Posten völlig ungeeignet ist.

1. CDU-typischer autoritärer umgang mit
Kritik
Klöckner versteht die heftige und sehr berechtigte Kritik kein
bisschen. Ganz in arroganter und inzwischen typisch blinden
CDU-Manier sind die Kritiker „Hate Speaker“. Dutzende
NutzerInnen berichten, dass sie trotz sachlicher Kritik
reihenweise geblockt wurden. Dieser Umgang mit Kritik an sich
ist ungeheuerlich.

 Kritik an der offensichtlichen #PR-Nummer für #Nestle ist für
 #Klöckner (#CDU) #Hatespeech.
 Ja ne, is klar. Hat hier auch gar nichts mit autoritärer
 Politik zu tun und aus dem #RezoVideo hat man bei der CDU
 auch gelernt. /MS pic.twitter.com/VOUJqXonro

 — Union-Watch (@watch_union) 5. Juni 2019

 Doch, das ist eben GENAU wie eine Demokratie funktioniert, du
 Fisch. pic.twitter.com/ngkUpiRALa

 — Shahak Shapira (@ShahakShapira) June 5, 2019

Und nach Artikel13, FridaysForFuture und Rezo ist es leider
inzwischen typisch für die CDU, die sich nicht nur die
Realitätsferne, sondern auch die Verteidigungsmechanismen
gegen Kritik von der AfD abgeschaut hat. Mehr dazu:

 CDU & Fake News: FridaysForFuture möchten nicht „alles
 abschalten“

Warum sie mit so einem Unverständnis auf die Kritik reagiert,
ist bereits der zweite Grund, warum sie ungeeignet ist:

2. Klöckner sieht nicht den unterschied
zwischen sich und den konzernen
Denn: Es ist eindeutige, offensichtliche Werbung. Und eine
Ministerin sollte nicht Werbung für Konzerne machen. Dass ich
das noch extra sagen muss! Erst Recht nicht für Konzerne, die
sie eigentlich überwachen sollte. Rezo hat es selbst am
treffendsten gesagt:

 Fun Fact: Hätte ich exakt diesen Tweet mit genau so einem
 Video gepostet, hätte ich es als #Werbung kennzeichnen
 müssen.

 — Rezo (@rezomusik) 5. Juni 2019

Aber Frau Klöckner versteht das einfach nicht. Sie scheint
nicht einmal fähig zu sehen, wo das Problem liegt. Und das ist
genau das Problem. Denn für sie war es nicht Werbung für
Nestlé, sondern Werbung für sich. Dass Nestlé behauptet, sie
haben Salz, Zucker und Fette „in den letzten Jahren circa zehn
Prozent reduzieren können“, sieht sie als ein Erfolg ihrer
Politik. Das Problem ist nur: Sie hat nichts gemacht. Ihre
Politik war, die Konzerne zu nichts zu verpflichten. Wenn sie
nach 57 Sekunde Nestlé-Werbevideo noch schnell ein „Das wird
gefördert!“ hinterher wirft ist das sprichwörtlich für ihre
ganze Amtszeit.

 Die Ausrede von #Klöckner, das Video solle Erfolg der
Regierung beim Zuckerreduzieren zeigen, ist übrigens auch
 falsch: Die Regierung tut nichts, setzt auf freiwillige
 Selbstverpflichtung. Sie feiert ihr Nichtstun. In Ländern mit
 Zuckersteuer hat #Nestle viel mehr Zucker gesenkt.

 — Volksverpetzer (@Volksverpetzer) June 6, 2019

3. Klöckner setzt nur Lobbypolitik um
Denn nicht nur sagen die Konzerne bei diesem Ministerium den
Ton an, die „Förderung“ sieht nicht so aus, dass es Regeln und
Vorgaben gäbe – Sondern nur nette Worte. Und kostenlose PR
über Regierungskanäle. Aber Klöckner hat auf Wunsch der
Konzerne    die  Zuckersteuer    gestrichen,   sowie   die
Lebensmittelampel. Beides Konzepte, die nicht nur wirklich
sinnvoll wären, sondern in anderen Ländern erfolgreich
funktionieren.

Klöckner feiert ihr Nichtstun, weil die Konzerne behaupten,
sie hätten selbst was verbessert. In anderen Ländern, wo es
eine Zuckersteuer gibt (z.B. Großbritannien) sind die Erfolge
viel größer als das, was Nestlé da behauptet. Und – wer hätte
es gedacht – es ist auch nicht einmal wahr, wie die
Verbraucherzentrale Hamburg zeigt:

 Das Video mit Nestlé als „Super-Zuckersparer“ vom
 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird sehr
 kritisch…

 Gepostet von Verbraucherzentrale Hamburg am Donnerstag, 6.
 Juni 2019

4. Totalversagen in ihren Posten
Die Zuckersteuer und die Lebensmittelampel habe ich ja schon
erwähnt,    die aufgrund des Lobbyeinflusses gestrichen wurden.
Aber so    ziemlich alles, was die Ministerin (nicht) gemacht
hat, ist    eine Panne. Das „Tierwohllabel“ ist auch ein reiner
Witz und   nur ein Feigenblatt für die Agrarindustrie.

 Gute Nachrichten: sich um das Wohlergehen von Tieren zu
 sorgen und Tierkörper zu essen muss endlich kein Dilemma
 mehr…

 Gepostet von THE VACTORY am Freitag, 5. April 2019

Bereits in der Vergangenheit ist sie auch mit Konzernwerbung
negativ aufgefallen. Im Sommer letzten Jahres machte sie
Bierwerbung im Ministerium (Mehr dazu) Sie trug auch bis
gestern den Titel „Bier-Botschafter“ von der Brauereilobby
(Jetzt ist es Sigmar Gabriel). Und das sind keine Einzelfälle.
Klöckner will trotz drohender Strafzahlungen an die EU den
Grundwasserschutz (Nitratwerte) weiter verzögern – wegen
Lobbywünschen (Mehr dazu). Sie hat eine Studie verheimlicht,
nach welcher einer Lebensmittelampel ein positiver Effekt
zugeschrieben wurde – um die Konzerne zu schützen (Mehr dazu).
Dazu kommen fehlende Regeln für Lebensmittelwerbung, die sich
an Kinder richtet. Und vieles mehr.

 In Ländern mit Zuckersteuer reduzieren Hersteller den
 Zuckeranteil z.B. von Softdrinks um bis zu 50%. In
 Deutschland wurde die Zuckersteuer 1993 unter der CDU
 abgeschafft.

 — Johnny Haeusler (@spreeblick) June 6, 2019

Anstatt sich um den Verbraucherschutz zu kümmern, blockiert
sie Transparenz und jegliche Reformen, die einen Eingriff in
die Interessen der Konzerne bedeuten würden. Erst kürzlich hat
sie vorgeschlagen, die Anzahl der Lebensmittelkontrollen zu
verringern (Mehr dazu). Weder Tierschutz, noch Umweltschutz-
noch Verbraucherschutzverbände haben viele gute Worte über sie
zu verlieren (Quelle).

Klöckner muss zurücktreten!
Ist der gigantische Einfluss der Konzerne auf unsere
Bundesregierung inzwischen so normal geworden, dass die
MinisterInnen selbst nicht mehr merken, was sie da treiben?
Jürgen Möllemann musste 1993 als Wirtschaftsminister
zurücktreten, als er nur auf offiziellem Briefpapier Werbung
für die Geschäftsidee eines Verwandten gemacht hat (Quelle).
Und jetzt kann eine Agrarministerin mit Konzern-Propaganda ihr
Nichtstun feiern, und ihre KritikerInnen anschließend
diffamieren und blocken?

Naja, es bleibt vielleicht nicht folgenlos. Die Medienaufsicht
Berlin-Brandenburg ist darauf aufmerksam geworden.
Rechtsexperten halten es für sehr wahrscheinlich, dass eine
Bundesministerin (!) höchstpersönlich ein Bußgeldbescheid der
Landesmedienanstalt bekommt. Oder gar Abmahnungen von Nestlés
Mitbewerbern, Verbraucherschutz- und Wettbewerbsverbänden
(Mehr dazu) bekommt.

 https://t.co/Wt4tzyILEb

 — Christopher Lauer (@Schmidtlepp) June 5, 2019

Das alles ändert aber nichts an dem zugrunde liegenden
Problem: Frau Klöckner ist völlig ungeeignet für ihren
Ministerposten. Nicht, weil sie nicht die Fähigkeiten dazu
besitzt (darüber möchte ich nicht spekulieren), sondern weil
anscheinend offensichtlich kein Wille da ist, Politik für die
Bürger*innen, die Verbraucher, zu betreiben. Sie betreibt
eindeutig und offensichtlich Politik für nur einen kleinen
Bruchteil     des    Volkes     –    den    Aktionären      der
Lebensmittelindustrie, für die sie jegliche Maßnahmen
zurückhält und blockiert. Und sogar Werbevideos verbreitet.
Lobbyregister & Petition
Nach Klöckner (und so einigen anderen Kandidaten in dieser
Bundesregierung) muss die nächste Regierung unbedingt ein
verbindliches Lobbyregister einführen, um solche Auswüchse
transparenter zu machen. Übrigens: Eine Petition zum Rücktritt
Klöckners hat inzwischen über 23.000 Unterschriften.

Artikelbild: Screenshot twitter.com

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