Netzwerk maschinelle Verfahren in der Erschließung

 
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Netzwerk maschinelle Verfahren in der Erschließung
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     Elisabeth Mödden, Christa Schöning-Walter

     Netzwerk maschinelle Verfahren
     in der Erschließung
     Workshop 2020 mit dem                                 untersucht und entwickelt damit nun einen Pro-
     Schwerpunktthema Annif                                totyp für die Klassifikation mit Sachgruppen und
                                                           Kurznotationen der Dewey-Dezimalklassifikation
     Im Rahmen des »Netzwerks maschinelle Verfah-          und die semantische Verknüpfung mit Schlagwör-
     ren in der Erschließung«1 führt die Deutsche          tern der Gemeinsamen Normdatei (GND). Auch
     Nationalbibliothek (DNB) jährlich eine Fachver-       andere Bibliotheken in Deutschland und Europa
     anstaltung durch. Allerdings musste der Infor-        wie beispielsweise die Deutsche Zentralbibliothek
     mations- und Erfahrungsaustausch zu neuen Er-         für Wirtschaftswissenschaften (ZBW), die Techni-
     schließungstechnologien 2020 als Online-Treffen       sche Informationsbibliothek (TIB) und die Kö-
     stattfinden. Schwerpunktthema des Workshops           nigliche Bibliothek der Niederlande prüfen die
     Anfang Dezember mit etwa 40 Teilnehmenden             Eignung des Toolkits für ihre Anwendungszwecke
     war das Toolkit Annif.                                oder setzen Annif bereits produktiv ein.
     Annif 2 ist eine vielversprechende Softwareent-
     wicklung der Finnischen Nationalbibliothek. 2017
     erstellte Osma Suominen den ersten Prototyp           Werkstattberichte verschiedener
     einer niedrigschwellig nutzbaren Sammlung leis-       Bibliotheken
     tungsfähiger Erschließungswerkzeuge, seit Februar
     2021 steht das Release 0.51 quelloffen auf Github3    Diese Bibliotheken präsentierten am ersten Tag
     bereit. Das modulare und erweiterbare Toolkit ist     des Workshops ihre Anwendungserfahrungen. So
     in Python implementiert. Es integriert existieren-    entwickelt die Königliche Bibliothek der Nieder-
     de Verfahren für die maschinelle Verarbeitung der     lande ein System zur Unterstützung der Sach- und
     natürlichen Sprache und bietet die Möglichkeit,       Autor*innenerschließung. Für den Bericht wurde
     die Werkzeuge einzeln oder in Kombination ein-        auf eine Aufzeichnung von Sara Veldhoen zurück-
     fach anzuwenden.4 Das schließt auch Verfahren         gegriffen, weil die Referentin selbst nicht teilneh-
     der Künstlichen Intelligenz mit ein, beispielsweise   men konnte. Berrit Genat aus der TIB veranschau-
     neuartige maschinelle Lernverfahren wie fastText,     lichte in ihrem Bericht die aufwändigen Arbeiten
     Omikuji und Gensim. Annif ist sprachunabhän-          einer Evaluierung, beginnend mit der Vorberei-
     gig und kann grundsätzlich für jedes Fachvokabu-      tung des kontrollierten Vokabulars, der Trainings-
     lar eingesetzt werden. Für den einfachen Einstieg     und Testkollektionen und der Werkzeuge bis zur
     stehen zahlreiche Annif-Tutorials5 mit Beispielda-    Analyse der Testresultate. Anschließend stellte
     tensätzen, Übungen und kurzen Videopräsentati-        Moritz Fürneisen das Nutzungskonzept der ZBW
     onen zur Verfügung.                                   vor. Die ZBW begleitet die Entwicklung von An-
     Die DNB arbeitet daran, die intellektuelle und        nif bereits seit einiger Zeit und verwendet das
     maschinelle Inhaltserschließung stärker miteinan-     Toolkit für die Erschließung wirtschaftswissen-
     der zu verzahnen und das eigene Erschließungs-        schaftlicher Publikationen mit dem Standard-Thes-
     system technologisch zu erneuern. In einem Inf-       aurus Wirtschaft. Automatisiert generierte Schlag-
     rastrukturprojekt entsteht zurzeit eine sogenannte    wörter werden in der ZBW teils als Vorschläge für
     Erschließungsmaschine mit modularer, service-         die intellektuelle Erschließung genutzt und teils
     orientierter Architektur. Darin sollen geeignete      direkt als Metadaten übernommen. Danach stellte
     Erschließungswerkzeuge eingebunden werden. In         Sandro Uhlmann die Evaluierungsergebnisse der
     diesem Zusammenhang hat die DNB auch Annif            DNB vor. Im Vergleich zu den Verfahren im pro-

20   Dialog mit Bibliotheken 2021/1                                                             CC BY-SA 3.0
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Die Website  im Dezember 2020

duktiven Betrieb erreichen die Annif-Backends          lexikalischer und assoziativer Ansätze und die
erfreulich gute Resultate. Das gilt insbesondere für   Motivation für die Entwicklung eines neuen Ba-
die sogenannten Ensemble-Verfahren.                    ckends. Die ZBW hat im vergangenen Jahr ein le-
Am zweiten Tag vermittelten die DNB und die            xikalisches Verfahren implementiert, das für den
ZBW einen tieferen Einblick in die Funktionswei-       Standard-Thesaurus Wirtschaft optimiert ist und
se des Toolkits. Zunächst erläuterte Claudia Grote     das in der ZBW im Vergleich zu Maui bessere
den Aufbau von Annif, zeigte die Abläufe einer         Resultate liefert. Es steht ebenfalls quelloffen auf
Anwendung und stellte die Sprachanalysemodule,         GitHub zur Verfügung.
einige Backends und die Kommunikationsschnitt-
stelle vor. Annif nutzt lexikalische und assoziative
Verfahren, um Publikationen mit Erschließungs-         Einsatzbereiche und
daten anzureichern. Für die lexikalischen Ansät-       Entwicklungspotenzial
ze ist charakteristisch, dass Übereinstimmungen
zwischen den relevanten Begriffen im Text und          Welche Aufgaben wollen wir mit Annif bearbei-
den Schlagwörtern des kontrollierten Vokabulars        ten? Und können Schwierigkeiten durch Koopera-
gesucht werden. Ein solches Verfahren ist Maui.        tion überwunden werden? Im ersten Diskussions-
Assoziative Verfahren sind lernende Verfahren.         schwerpunkt wurde deutlich, dass die maschinelle
Das heißt: Anhand von Trainingsbeispielen wer-         Erschließung in Bibliotheken zunehmendes
den Modelle berechnet. Zu den assoziativen Ver-        Interesse findet. Allerdings verfügen bisher nur
fahren gehören TF-IDF, fastText und verschiede-        wenige Institutionen über Anwendungserfahrun-
ne Omikuji-Verfahren. Daneben enthält Annif            gen, da die organisatorischen, technischen und
sogenannte Ensemble-Verfahren. Durch Kombi-            personellen Voraussetzungen sehr hoch sind. Die
nation der Einzelverfahren können spezifische          Werkstattberichte haben zudem gezeigt, dass die
Schwächen im Ensemble ausgeglichen werden,             Verfahren an sich noch keine Gewähr für gute
was sich in den Tests der DNB bestätigt hat.           Erschließungsresultate bieten. Immer sind auch
Moritz Fürneisen erläuterte in seiner Präsentati-      aufwändige Evaluierungen und Anpassungen not-
on die grundsätzlichen Stärken und Schwächen           wendig. Die Heterogenität der Publikationen hat

CC BY-SA 3.0                                                                Dialog mit Bibliotheken 2021/1    21
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     außerdem zur Folge, dass bereits erprobte Konfi-      Kooperation und Infrastruktur
     gurationen nicht unmittelbar auf andere Anwen-
     dungsfälle übertragbar sind. Möglichkeiten für        Die Diskussionen am zweiten Tag wurden mit ei-
     eine Zusammenarbeit bietet der Digitale Assistent,    nem Impulsvortrag von Elisabeth Mödden und
     der mittlerweile von zahlreichen Bibliotheken zur     Christoph Poley eingeleitet. Der dritte Diskussi-
     Unterstützung der intellektuellen Inhaltserschlie-    onsschwerpunkt des Workshops beschäftigte sich
     ßung genutzt wird. Die Vorschlagskomponente           mit der Frage, wie die Bibliotheken im deutsch-
     des Digitalen Assistenten aggregiert Erschlie-        sprachigen Raum die Entwicklung von Annif
     ßungsdaten aus verschiedenen Quellen und kann         unterstützen können. Es bestand Konsens, dass
     auch maschinell gewonnene Erschließungsdaten          diejenigen Institutionen die Federführung über-
     anzeigen. Funktionen zur Bewertung und Rück-          nehmen sollten, die bereits eine Infrastruktur auf-
     kopplung der Erschließungsqualität sind bisher        gebaut haben. Andere Bibliotheken sehen ihren
     allerdings noch nicht enthalten.                      Beitrag eher in einer Unterstützung, beispielsweise
     Eine andere Möglichkeit der Zusammenarbeit            mit Trainingsdaten. Die kooperative Normdaten-
     besteht darin, Trainingskollektionen für lernende     pflege war in diesem Zusammenhang ein zentrales
     Verfahren kooperativ zu erstellen. Für die Mo-        Thema. Werden die Regeln für die GND-Redak-
     dellierung werden möglichst viele qualitätsgesi-      tion den heutigen Zielen gerecht, die inhaltliche
     cherte Erschließungsbeispiele benötigt. So will       Erschließung von Publikationen und das Suchen,
     die DNB beispielsweise auch Dissertationen und        Finden und Entdecken beim Retrieval optimal
     Hochschulschriften mit GND-Schlagwörtern an-          zu unterstützen? Die Teilnehmenden sehen hier
     notieren. Für wissenschaftliche Publikationen in      Entwicklungspotenzial. Außerdem besteht ein
     englischer Sprache verfügt sie aber nicht über aus-   großes Interesse an einer modernen Redaktions-
     reichend Trainingsdaten.                              umgebung.
     Im zweiten Diskussionsschwerpunkt wurden An-          Der vierte Diskussionsschwerpunkt beschäftigte
     satzpunkte für künftige Entwicklungen betrachtet.     sich mit der Systeminfrastruktur. Hohe Anforde-
     Dazu gehört die Möglichkeit, Annif um neue Ba-        rungen entstehen insbesondere durch die rechen-
     ckends zu erweitern. Das lexikalische Verfahren       und speicherintensiven Trainingsprozesse. Bisher
     der ZBW für den Standard-Thesaurus Wirtschaft         liegen kaum Erfahrungen vor, welche Hardware­
     ist dafür ein Beispiel. Auch für die Erschließung     ressourcen für die Modellbildung benötigt werden.
     mit der GND werden spezielle Verfahren benö-          In diesem Zusammenhang wurde auch über die
     tigt, um die Informationen des Vokabulars voll        Möglichkeit der Isolierung von Anwendungen in
     auszuschöpfen. Bisher ist kein Annif-Backend in       Containern und deren Virtualisierung gesprochen.
     der Lage, die polyhierarchischen Strukturen der       Ein weiteres Thema waren die Herausforderun-
     GND mit ihren Ober- und Unterbegriffen, ver-          gen, die im Zusammenhang mit dem Vokabular
     wandten Begriffen und anderem mehr umfassend          der GND zu bewältigen sind. Die GND bildet
     zu nutzen. Eine weitere Aufgabe ist die passende      die Begriffe von Kultur und Wissen und deren
     Aufbereitung und Repräsentation des Vokabulars,       Synonyme in einem einzigen deutschsprachigen
     beispielsweise im Format SKOS.                        Vokabular ab. Insgesamt 1,4 Millionen Normda-
     Außerdem hat die Vorverarbeitung der Texte            tensätze sind für die inhaltliche Erschließung frei-
     einen großen Einfluss auf die Qualität der Er-        gegeben, etwa 340.000 davon sind durch intellek-
     schließungsresultate. Dazu gehört die Textstruk-      tuelle Erschließung mit Publikationen im Bestand
     turerkennung. Filter, die es ermöglichen, nur         der DNB verknüpft. Viele GND-Begriffe sind al-
     bestimmte Textsegmente wie beispielsweise die         lerdings nur ein einziges Mal als Schlagwörter ver-
     Abstracts weiterzuverarbeiten, könnten positive       wendet worden. Für assoziative Verfahren werden
     Effekte haben. Auch fehlen noch Werkzeuge für         mehr Trainingsbeispiele benötigt. Deshalb wurde
     die Verarbeitung der deutschen Sprache.               angeregt, auch andere Optionen für das Training
                                                           zu nutzen, beispielsweise die deutschsprachige Wi-
                                                           kipedia.

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Wie können Bibliotheken und andere Institutio-                     terhin immens und bieten auch Forschungsein-
nen kooperieren und die Möglichkeiten der zu-                      richtungen, die in den Bereichen Data und Text
nehmenden Digitalisierung für die Erschließung                     Mining oder Digital Humanities tätig sind, inter-
ihrer Bestände nutzen? In der abschließenden Ge-                   essante Aufgabenfelder.
samtschau waren sich die Teilnehmenden einig,                      Die DNB will für den deutschsprachigen Raum
dass der Nutzen maschineller Erschließung evi-                     eine tragende Rolle übernehmen. Das Wiki zum
dent ist. Annif wird in diesem Zusammenhang als                    »Netzwerk maschinelle Verfahren in der Erschlie-
ein vielversprechendes Toolkit gesehen. Allerdings                 ßung« soll künftig auch Informationen zu Annif
sind die technologischen Herausforderungen wei-                    bündeln.

Anmerkungen
1   Hintergrund, Programm und Beiträge: 
2	Suominen, O., 2019. Annif: DIY automated subject index-ing using multiple algorithms. In: LIBER Quarterly, 29(1), S.1–25. DOI:
    
3   
4   
5   

CC BY-SA 3.0                                                                                 Dialog mit Bibliotheken 2021/1         23
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     Renate Behrens

     RDA Toolkit Switchover
     Am 15. Dezember 2020 wurde eine neue Version des        Mit der Weiterentwicklung des Grundlagenmodells
     RDA Toolkit1 veröffentlicht. Dieses Release markiert    IFLA FRBR zum IFLA Library Reference Model
     das Ende des RDA Toolkit Restructure and Redesign       (IFLA LRM)5 wurde eine Überarbeitung des Stan-
     Project, allgemein bekannt als das 3R Project. Mit      dards RDA erforderlich. Hierfür legten die für die
     diesem Release wird das Beta-Toolkit zum offiziel-      RDA verantwortlichen Gremien RDA Board6 und
     len RDA Toolkit, auf das unter access.rdatoolkit.org    RDA Steering Committee (RSC)7 ein großangeleg-
     zugegriffen werden kann. Das ursprüngliche RDA          tes Projekt, das RDA Restructuring and Redesign
     Toolkit wird weiterhing für alle Abonnent*innen un-     Project (3R Project), auf. Dieses Projekt hatte zum
     ter original.rda.toolkit.org zugänglich sein. Die ur-   Ziel, den Standard zu aktualisieren, zu einem mo-
     sprüngliche Website kann auch vom neuen Toolkit         dernen Webtool weiterzuentwickeln und die Ge-
     aus über die Registerkarte »Resources« und über die     samtorganisation der verantwortlichen Gremien
     Menüleiste im oberen Banner aufgerufen werden.          an Kontinentalvertretungen auszurichten. Am 15.
     Mit diesem knappen Informationstext wurde im            Dezember 2020 konnte das Projekt mit dem Er-
     deutschsprachigen RDA-Info-Wiki2 das Ende eines         scheinen des neuen Toolkit erfolgreich abgeschlos-
     Projekts angekündigt, das über mehrere Jahre die        sen werden.
     Bibliothekscommunity weltweit beschäftigt hat.
     Ein Prozess, der im Oktober 2015 begonnen wurde,
     kam hiermit zu einem offiziellen Abschluss, eröff-      Grundprinzipien der
     nete aber gleichzeitig einen neuen internationalen      überarbeiteten RDA
     Anpassungsprozess, der voraussichtlich ebenfalls
     einige Jahre in Anspruch nehmen wird.                   Eine der wichtigsten Veränderungen, die mit der
                                                             Überarbeitung angestoßen wurde, ist die konse-
                                                             quentere Internationalisierung. Dieser Prozess
     Das internationale 3R-Projekt                           ist noch lange nicht abgeschlossen und wird ein
                                                             Schwerpunkt bei der Weiterentwicklung des Stan-
     Der internationale Standard Resource Descripti-         dards in den nächsten Jahren sein. Hiermit geht
     on and Access (RDA) erschien im Jahr 2010 als           einher, dass sehr viele Teile der RDA keine festen
     Nachfolger der Anglo-American Cataloguing Rules         Vorgaben machen, sondern zahlreiche Optionen
     (AACR2). Er folgte dem IFLA-Grundlagenmodell            anbieten. Die RDA bieten in Zukunft nur noch ei-
     Functional Requirements for Bibliographic Re-           nen Rahmen für die Erschließung und keine festen
     cords (FRBR)3 und wurde erstmals in Form eines          Regeln mehr an. Dies gibt den Anwendungsgemein-
     Webtools veröffentlicht. Der Anspruch war, einen        schaften einen viel größeren Handlungsspielraum
     internationalen Standard für Ressourcen aus Bib-        und die Chance, Regelungen an ihre Bedürfnisse
     liotheken und darüber hinaus zur Verfügung zu           und ihre Materialien anzupassen. Gleichzeitig aber
     stellen. In den Jahren nach seinem Erscheinen do-       bedeutet es, dass die jeweiligen Communitys aktiv
     minierten allerdings zunächst die anglo-amerikani-      werden und Regelungen für ihre Anforderungen
     schen Anwendungsgemeinschaften, die bereits mit         und Bedingungen ausarbeiten müssen.
     dem Vorgängerstandard vertraut waren. Sukzessi-         Die europäischen Anwendungsgemeinschaften se-
     ve folgten weitere Communitys, vornehmlich aus          hen in diesem Ansatz eine große Herausforderung
     Europa. Die deutschsprachige Bibliotheksgemein-         für ihre jeweilige Katalogisierungspraxis, die einige
     schaft arbeitet seit 2012 in den RDA-Gremien aktiv      Aufwände erzeugt und befürchten eine Verschlech-
     mit und der erste Umstieg auf RDA erfolgte Mitte        terung im Datentausch. Viele Bedenken diesbezüg-
     2014 für ihre Gemeinsame Normdatei (GND)4.              lich wurden in den vergangenen Jahren geäußert

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und von der European RDA Interest Group (EU-          Wie geht es in der deutschspra-
RIG)8 gesammelt und an die Verantwortlichen wei-      chigen Anwendungsgemeinschaft
tergeleitet. Die EURIG als regionale Vertretung in    weiter?
den RDA-Gremien setzt sich in diesem Zusammen-
hang für mehr Zusammenarbeit und gemeinsame           Die deutschsprachige Anwendungsgemeinschaft
Absprachen ein und koordiniert die Anforderun-        hat durch ihre Mitgliedschaft im RSC und in der
gen der Mitglieder diesbezüglich.                     EURIG die Weiterentwicklung des Standards RDA
                                                      durch das internationale 3R-Projekt intensiv ver-
                                                      folgt und sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt
RDA in der deutschsprachigen                          mit dem aktualisierten Toolkit und den neuen
Anwendungsgemeinschaft                                Konzepten vertraut gemacht. Zuständig hierfür ist
                                                      die Fachgruppe Erschließung als Arbeitsgruppe des
Der Umstieg auf RDA erfolgte in der deutschspra-      Standardisierungsausschusses. In mehreren Work-
chigen Bibliotheksgemeinschaft im Sommer 2014         shops sowie in den regelmäßigen, meist virtuellen
für die Normdaten in der GND und für die bib-         Zusammenkünften der Arbeitsgruppe wurde die
liografischen Daten im Laufe des Jahres 2016. Dem     Handhabung des neuen Toolkit erprobt, die neuen
vorausgegangen war ein mehrjähriges RDA-Umset-        Konzepte wurden besprochen und ihre Relevanz
zungsprojekt, das kooperativ von den Mitgliedern      und Tauglichkeit für die praktische Erschließung
im Standardisierungsausschuss und seinen Arbeits-     wurden bewertet.
gruppen durchgeführt wurde. Hauptaufgabe die-         Es wurde sehr schnell klar, dass das neue Toolkit
ses Projekts war es, spezifische Regelungen für die   mit seiner gänzlich anderen Struktur und die neuen
DACH-Community auszuarbeiten, um möglichst            Konzepte aus dem IFLA LRM nicht einfach auf
gleiche Ergebnisse in der Katalogisierung zu erzie-   die Katalogisierungspraxis im deutschsprachigen
len und somit den Datentausch gewährleisten zu        Raum übertragen werden können. Im ersten Im-
können.                                               plementierungsschritt für die RDA hatte sich die
Bereits 2014 begannen Spezialcommunitys sich mit      DACH-Community an den Verfahrensweisen der
den RDA auseinanderzusetzen und ihre Tauglich-        anglo-amerikanischen Partner orientiert. Diese Pra-
keit für weitere Ressourcenarten wie Archivmate-      xis, die bis auf Weiteres immer noch die Basis für
rialien und Objekte zu prüfen. Unter dem Dach         die Katalogisierung bleibt, geht vom Text des RDA
des Standardisierungsausschusses formierten sich      Toolkit aus. Dieser wird durch Anwendungsricht-
bislang sechs Sonderarbeitsgruppen. Hierbei ar-       linien und Arbeitshilfen ergänzt, die überwiegend
beiten Kolleg*innen aus Bibliotheken, Museen,         direkt im Toolkit eingefügt werden. Das heißt, fast
Archiven und weiteren Kultureinrichtungen zusam-      alle Regelungen für die Erschließung von Ressour-
men. Ein Ansatz, der in den kommenden Jahren          cen werden direkt aus dem Toolkit bezogen.
noch deutlich ausgeweitet werden wird. Hier gilt      Diese Vorgehensweise wurde nach ausführlicher
es auszuloten, wo Gemeinsamkeiten bestehen, Dif-      Prüfung als nicht mehr durchführbar erachtet. Die
ferenzen und unterschiedliche Herangehensweisen       Struktur des neuen Toolkit, die sich sehr stark an
vereinheitlich werden können oder besser getrennt     einer Linked-Data-Umgebung orientiert, ist für die
weiterverfolgt werden sollen. Die Gemeinsame          aktuelle Form der Erschließung in Bibliotheken
Normdatei ist hier ein essentieller und von allen     nicht geeignet. Die Inhalte des Toolkit müssen
Beteiligten akzeptierter Ausgangspunkt. Als ein ge-   deshalb deutlich ausführlicher aufbereitet und für
lungenes Beispiel für eine solche Zusammenarbeit      die Bibliothekscommunity anwendbar gemacht
kann die Aktualisierung der ehemaligen Regeln für     werden. Auch andere Anwendungsgemeinschaften
Nachlässe und Archivalien (RNA9) gesehen werden,      wie die Library of Congress in den USA und die
die den Fokus auf Normdaten sogar in ihrem neu-       British Library sind zu der gleichen Einschätzung
en Namen dokumentiert und sich seit 2019 Res-         gekommen und haben ihre Anpassungsarbeiten
sourcenerschließung mit Normdaten in Archiven         entsprechend ausgerichtet.
und Bibliotheken (RNAB10) nennt.

CC BY-SA 3.0                                                               Dialog mit Bibliotheken 2021/1   25
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     3R-DACH-Projekt für Bibliotheken                        Aufgrund der ausführlicheren Beschreibungen im
                                                             geplanten RDA-DACH-Handbuch wird es in Zu-
     Anfang 2020 wurde unter der Leitung der Deut-           kunft keine Vollübersetzung aller Texte des RDA
     schen Nationalbibliothek ein Projekt aufgelegt, das     Toolkit mehr geben. Eine Übersetzung der RDA
     kooperativ mit den Mitgliedsorganisationen des          Registry, die die gesamte Terminologie der RDA
     Standardisierungsausschusses und seinen Arbeits-        enthält, wurde bereits fertiggestellt und ausgewählte
     gruppen durchgeführt wird. In einem ersten Schritt      Guidance Chapters werden ebenfalls übersetzt. Der
     wurde in der Fachgruppe Erschließung ein Konzept        Standardisierungsausschuss hat diesem Verfahren
     für ein RDA-DACH-Handbuch entwickelt, das die           im Dezember 2020 ebenfalls zugestimmt.
     künftige Erschließung mit dem neuen RDA Toolkit
     gewährleisten soll. Dieses Verfahren ist aufwändig
     sowohl was den Zeitaufwand als auch die benötig-        Spezialmaterialien
     ten Personalressourcen betrifft. Die Fachgruppe
     Erschließung und die Projektleitung haben hierfür       Die Mitarbeitenden in den Sonderarbeitsgruppen
     eine detaillierte Arbeits- und Ressourcenplanung        des Standardisierungsausschusses12 haben sich be-
     vorgelegt. Diese Planungen waren die Basis für die      reits seit einiger Zeit mit der Weiterentwicklung
     Entscheidungen des Standardisierungsausschusses         des Standards RDA beschäftigt und sehen hier
     und konnten aufgrund einer engen Zusammenar-            durchaus neue Möglichkeiten für ihre Materialar-
     beit der beiden Gremien bereits Ende 2020 zur Ab-       ten. Die bisherigen Regelungen der RDA waren in
     stimmung kommen.                                        vielen Fällen restriktiv, stark bibliotheksbezogen
     So hat der Standardisierungsausschuss in seiner         und boten wenig Spielraum für die Anwendung in
     letzten Sitzung am 3. Dezember 2020 das An-             Kultureinrichtungen die sich z. B. mit der Erschlie-
     passungsprojekt für die Bibliotheken im deutsch-        ßung von Archivalien oder Objekten befassen. Die
     sprachigen Raum und die Erstellung eines RDA-           Neuentwicklung des Standards RDA hin zu einem
     DACH-Handbuchs grundsätzlich befürwortet                Rahmenmodell wird dort begrüßt und als eine gute
     und die Projektleitung konnte direkt mit der            Möglichkeit gesehen, die Anwendbarkeit in weite-
     Umsetzung der Arbeiten beginnen. Ab Februar             ren Kultureinrichtungen und Implementierungssze-
     2021 wurde mit der Erstellung der Texte für das         narien zu ermöglichen. So hat die Arbeitsgruppe
     Erschließungshandbuch in Arbeitsgruppen be-             Bild bereits ein Anwendungsprofil für Bildmateria-
     gonnen und es wird mit einem Ende der Arbeiten,         lien ausgearbeitet, welches bewusst die unterschied-
     einschließlich der Nacharbeiten, im Herbst/Win-         lichen Anwendungsszenarien in Kultureinrichtun-
     ter 2022 gerechnet.                                     gen berücksichtigt. Darüber hinaus gilt für alle
     Ziel des Projekts ist es, den Ist-Stand der Erschlie-   Sonderarbeitsgruppen ein grundsätzlich deutliche-
     ßung in den Bibliotheken abzubilden und neue            rer Ansatz hin zu internationalen Lösungen.
     Konzepte nur aufzunehmen, wenn sie einen deut-
     lichen Mehrwert mit sich bringen. Neue Regelun-
     gen für Spezialmaterialien werden erst zu einem         Application Profiles
     späteren Zeitpunkt ausgearbeitet, bereits existie-
     rende Festlegungen aus diesen Bereichen werden          Nicht nur im deutschsprachigen Raum wird seit
     jedoch aufgearbeitet und ins Handbuch über-             längerem darüber diskutiert, sogenannte Appli-
     führt. Nach Beendigung des Projekts werden An-          cation Profiles für RDA auszuarbeiten. Da der
     passungsschulungen für alle Anwendungsgemein-           Standard aktuell sehr viele optionale Regelungen
     schaften im deutschsprachigen Raum angeboten.           vorsieht, müssen die Anwendungsgemeinschaften
     Hierfür gibt es zurzeit noch keine konkreten Pla-       verbindliche Aussagen darüber treffen, welche
     nungen. Grundsätzlich gilt, dass bis zu den erfolg-     Elemente für ihre Erschließungspraxis verbind-
     ten Anpassungsschulungen auf dem alten Stand            lich oder optional sind. Dies können Application
     der DACH-Anwendungsrichtlinien und im alten             Profiles (dt. Anwendungsprofile) leisten. Sie listen
     Toolkit (original.rda.toolkit.org11) gearbeitet wird.   die benötigten Elemente auf und ordnen ihnen

26   Dialog mit Bibliotheken 2021/1                                                                CC BY-SA 3.0
Forum

bestimmte Eigenschaften zu. Eine Arbeitsgruppe                       liotheksverbünden des DACH-Raums. Es wird von
der drei Nationalbibliotheken im DACH-Raum                           der Deutschen Nationalbibliothek geleitet.
hat einen ersten Entwurf für ein allgemeines Mi-                     Auf der internationalen Ebene besteht weiterhin die
nimal-Set für eine einfache Monografie erarbeitet.                   Möglichkeit, Community-spezifische Regelungen di-
Die Sonderarbeitsgruppe Bild hat dies ebenfalls                      rekt als Policy Statements im Elemente-Teil des Tool-
getan und definiert sowohl ein Minimal- als auch                     kit zu dokumentieren. Im Rahmen der gewünschten
ein erweitertes Set für Bildmaterialien. Diese Pro-                  deutlicheren Internationalisierung des Standards
zesse sollen in Zusammenarbeit mit der Fachgrup-                     wurden alle Regelungen, die einer Anwendungsge-
pe Erschließung fortgesetzt werden und fließen                       meinschaft zuzuordnen sind (zurzeit ist das nur für
gleichzeitig in die internationale Weiterarbeit am                   die anglo-amerikanische Community der Fall) nicht
Standard RDA ein.                                                    mehr im eigentlichen Text der RDA eingebracht. Im
                                                                     Zuge der Überarbeitung wurden solche Textstellen
                                                                     herausgenommen und in einer Community Zone
Dokumentation                                                        abgelegt. Dieser Ansatz ist nur der Beginn eines
                                                                     Arbeitsprozesses, der in den nächsten Jahren ein
Bislang verteilen sich die für die Erschließung mit                  Schwerpunkt der Arbeit des RSC sein wird und für
RDA relevanten Dokumente im deutschsprachigen                        den die europäische Anwendungsgemeinschaft mit
Raum über unterschiedliche technische Plattformen                    ihrer kulturellen und sprachlichen Diversität wichti-
wie das RDA-Toolkit und verschiedene Wiki-Seiten                     ge Anstöße geben kann.
der DNB. Einige Sonderregelungen sind auch in
Wikis von Partnern des Standardisierungsausschus-
ses abgelegt. Weiterhin führen die Verbundpartner                    Meilenstein und Neubeginn
eigene Dokumentationen zu spezifischen für den
Verbund gültigen Regelungen und Anleitungen für                      Wenn auch der 15. Dezember 2020 einen wichti-
die eigene Katalogisierungsumgebung. Diese he-                       gen Meilenstein in der Geschichte des Standards
terogene Dokumentation soll nun im Zuge der An-                      RDA darstellt, muss er gleichzeitig als ein Anfang
passungsarbeiten für RDA, der Öffnung der GND                        gesehen werden. Die Überarbeitung ist abgeschlos-
(Projekt GND4C), der Überarbeitung der Regeln                        sen, die Weiterentwicklung hat jedoch erst richtig
für die Schlagwortkatalogisierung (RSWK13) und                       begonnen. Die nächsten Monate und Jahre werden
dem allgemeinen Bedürfnis nach einer stringente-                     zeigen, ob und an welchen Stellen die neuen Kon-
ren digitalen Dokumentation verändert werden.                        zepte praxistauglich sind und wie stark sich die
Im Rahmen des Projekts DACH-Dokumentati-                             jeweiligen Anwendungsgemeinschaften damit aus-
onsplattform wird ein technisches, strukturelles                     einandersetzen werden bzw. wollen. Die Offenheit
Grundkonzept für die gesamte Dokumentationsar-                       der neuen RDA verlagert viel Abstimmungsarbeit
beit entwickelt und als Arbeitsumgebung bereitge-                    in die Communitys und erzeugt einen hohen Auf-
stellt werden. Als technische Basis dient Wikibase.                  wand bei den Anwender*innen. Gleichzeitig liegt
Das Projektteam besteht aus Mitgliedern der Fach-                    hier eine Chance, den Fokus spartenübergreifend
gruppe Erschließung, des GND-Ausschusses und                         auf weitere Kultureinrichtungen zu legen und die
weiteren Expert*innen aus Bibliotheken und Bib-                      Erschließung insgesamt zu modernisieren.

Anmerkungen

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CC BY-SA 3.0                                                                                Dialog mit Bibliotheken 2021/1   27
Forum

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                                                                                                             Software
                                                                                                             Entwicklung

         Datenbank und mehr.
         Archiv
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