Neutrophile extrazelluläre Netze und die Aktivität der Serumnukleasen bei Patienten mit Sepsis
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Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen Aus der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Neutrophile extrazelluläre Netze und die Aktivität der Serumnukleasen bei Patienten mit Sepsis Inaugural - Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin durch die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen Vorgelegt von Linda Elisabeth Cox aus Kamp-Lintfort 2020
Diese Dissertation wird via DuEPublico, dem Dokumenten- und Publikationsserver der Universität Duisburg-Essen, zur Verfügung gestellt und liegt auch als Print-Version vor. DOI: 10.17185/duepublico/74400 URN: urn:nbn:de:hbz:464-20210623-120040-0 Alle Rechte vorbehalten. Dekan: Herr Univ.-Prof. Dr. med. J. Buer 1. Gutachter: Herr Priv.-Doz. Dr. med. S. Schäfer 2. Gutachter: Herr Univ.-Prof. Dr. sc. hum. Dipl.-Chem. W. Brandau Tag der mündlichen Prüfung: 23. April 2021 2
Publikationen 1 Publikationen Originalarbeiten: Neutrophil extracellular trap formation and nuclease activity in septic patients Linda E. Cox, Kai Walstein, Lena Völlger, Friederike Reuner, Alexandra Bick, An- nika Dötsch, Andrea Engler, Jürgen Peters, Maren von Köckritz-Blickwede & Simon T. Schäfer; BMC Anesthesiol. 2020 Jan 13;20(1):15. doi: 10.1186/s12871-019- 0911-7 Early suppression of peripheral mononuclear blood cells in sepsis in re- sponse to stimulation with cytomegalovirus, OKT3, and pokeweed mitogen. Malewicz NM, Walstein K, Heine T, Engler A, Bick A, Cox L, Dötsch A, Westendorf AM, Horn PA, Lindemann M, Peters J, Schäfer ST. J Appl Physiol (1985). 2019 Dec 1;127(6):1539-1547. doi: 10.1152/japplphysiol.00438.2019. Epub 2019 Sep 23 Hypoxia Inducible Factor-2 Alpha and Prolinhydroxylase 2 Polymorphisms in Patients with Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS). Dötsch A, Eisele L, Rabeling M, Rump K, Walstein K, Bick A, Cox L, Engler A, Bachmann HS, Jöckel KH, Adamzik M, Peters J, Schäfer ST. Int J Mol Sci. 2017 Jun 14;18(6):1266. doi: 10.3390/ijms18061266 Hypoxia inducible factor-1 alpha and prolinhydroxlase 2 polymorphisms in patients with severe sepsis: a prospective observational trial. Höcker A, Rabeling M, Bick A, Cox L, Kreuzer M, Engler A, Walstein K, Bachmann HS, Jöckel KH, Eisele L, Adamzik M, Peters J, Schäfer ST. BMC Anesthesiol. 2016 Aug 11;16(1):61. doi: 10.1186/s12871-016-0225-y
Publikationen Abstracts: Sepsis beeinflusst die Ausbildung von neutrophilen extrazellulären DNA-Net- zen (Neutrophil Extracellular Traps/NETs) sowie die Serumnukleaseaktivität Cox L.; Walstein K.; Voellger L.; Engler, A.; Höcker, A.; Naim H. Y.; von Köckritz- Blickwede M.; Peters J.; Schäfer S.T.; Wissenschaftliche Arbeitstage der DGAI, Würzburg, 2015. Die Versuche wurden durchgeführt mit hilfsbereiter Unterstützung durch Frau Ur- sula Brecklinghaus und Herrn Kai Walstein. Über Teile dieser Arbeit wurde eine Masterarbeit durch Herrn Kai Walstein verfasst mit dem Titel: „Überwachung des Immunstatus bei kritisch kranken Patienten: Erste Erkenntnisse abgeleitet aus der Transplantationsimmunologie“. 4
Inhaltsverzeichnis 2 Inhaltsverzeichnis 1 Publikationen .................................................................................................. 3 2 Inhaltsverzeichnis ........................................................................................... 5 3 Einleitung ........................................................................................................ 7 3.1 Sepsis ................................................................................................................ 7 3.2 Neutrophile Granulozyten ................................................................................ 8 3.3 Neutrophile extrazelluläre Netze.....................................................................10 3.4 Serumnukleasen ..............................................................................................11 3.5 Zielsetzung .......................................................................................................13 4 Material und Methoden ................................................................................. 15 4.1 Patienten und Probandendaten ......................................................................15 4.2 Blutentnahme...................................................................................................17 4.3 Isolation neutrophiler Granulozyten aus humanem Vollblut mittels Dichtegradientenzentrifugation ......................................................................18 4.4 Hitzeinaktivierung der Staphylokokkus aureus .............................................21 4.5 Zellkultur zur Isolation von Mitochondrien ....................................................21 4.6 Isolation von mitochondrialer DNA aus kultivierten HepG2-Zellen..............22 4.7 Stimulation der NETs-Bildung ........................................................................23 4.8 NETs-Visualisierung mittels Immunfluoreszenz............................................25 4.9 Mikroskopische Beurteilung der NETs ..........................................................25 4.10 Bestimmung der Serumnukleaseaktivität ......................................................29 4.11 Statistische Methoden .....................................................................................31 5 Ergebnisse .................................................................................................... 32 5.1 Vergleich der NETs-Bildung aus arteriellem und venösem Blut ..................32 5.2 Vergleich der basalen NETs-Bildung von Probanden, Patienten mit Sepsis und postoperativen Patienten.........................................................................33 5.3 Theoretische Gesamtbildung NETs................................................................35 5.4 Einfluss von PMA auf die NETs-Bildung von Probanden und Patienten mit Sepsis ...............................................................................................................37 5.5 Einfluss von hitzeinaktiviertem Staphylokokkus aureus auf die NETs- Bildung von Probanden und Patienten mit Sepsis .......................................40 5.6 Einfluss von CpG auf die NETs-Bildung gesunder Probanden ....................42 5.7 Einfluss mitochondrialer DNA auf die NETs-Bildung....................................43 5.8 Vergleich der Serumnukleaseaktivität von gesunden Probanden, postoperativen Patienten und septischen Patienten ....................................45 5
Inhaltsverzeichnis 5.9 Korrelation der Nukleaseaktivität mit pro- und antiinflammatorischen Infektionsvariablen und dem SAPS II .............................................................47 5.10 Patienten- und Probandencharakteristika .....................................................47 6 Diskussion..................................................................................................... 51 7 Zusammenfassung ....................................................................................... 57 8 Literaturverzeichnis ...................................................................................... 58 9 Anhang .......................................................................................................... 65 9.1 Abkürzungsverzeichnis...................................................................................65 9.2 Tabellenverzeichnis.........................................................................................65 9.3 Abbildungsverzeichnis....................................................................................66 9.4 Danksagung .....................................................................................................68 9.5 Curriculum vitae ..............................................................................................69 6
Einleitung 3 Einleitung 3.1 Sepsis Alltäglich und rezidivierend sind Menschen Pathogenen aus der Umwelt ausgesetzt. Um das Voranschreiten einer Infektion zu verhindern, ist unser Organismus auf eine schnelle und adäquate Immunantwort angewiesen. Hierbei kann eine unzu- reichende Antwort und Bekämpfung der Pathogene in einer Sepsis resultieren (Seeley, Matthay & Wolters, 2012). Dabei kann der Auslöser sowohl bakteriellen, viralen, mukösen als auch parasitären Ursprungs sein. Der Begriff „Sepsis“ ist keine Erfindung der Neuzeit. Er existiert schon seit etwa 2700 Jahren und hat sich in sei- ner Bedeutung kaum verändert. Ursprünglich leitet sich die Bezeichnung „Sepsis“ von dem griechischen Wort „sepo“ ab und bedeutet „ich verfalle“ (Geroulanos & Douka, 2006). Heutzutage ist die Sepsis immer noch ein sehr ernstzunehmendes Krankheitsbild und eine der Haupttodesursachen auf nicht-kardiologischen Intensivstationen (Rangel-Frausto et al., 1995). Die Anzahl der weltweit auftretenden Sepsisfälle wird auf jährlich 31 Millionen und die einer schweren Sepsis auf 19 Millionen geschätzt (Fleischmann et al., 2016). Damit ist die Sepsis in den USA der zweithäufigste Grund für eine Aufnahme ins Krankenhaus (Torio & Moore, 2016). In den Industrie- nationen erliegen immer noch etwa ein Viertel der an einer schweren Sepsis er- krankten Patienten ihrem Krankheitsbild, was weltweit jährlich zu schätzungsweise 5,3 Millionen Todesfällen führt (Fleischmann et al., 2016). Betroffen sind in erster Linie Personen über 65 Jahre. Auch aus finanzieller Sicht stellt die Sepsis eine enorme Belastung dar. Mit der Behandlung der Sepsis gingen in den USA im Jahr 2013 Kosten in Höhe von 23,6 Milliarden Dollar einher (Torio & Moore, 2016). Lange Zeit galt die Sepsis als eine überschießende Antwort des Immunsystems und wurde mit Immunsuppressiva behandelt, um dem Krankheitsgeschehen Einheit zu bieten. Durch die Entwicklung moderner Therapieverfahren konnte die Überlebens- zeit unter einer Sepsis so weit verlängert werden, dass häufig von einem zweipha- sigen Erkrankungsverlauf gesprochen wird. In der frühen Phase der Sepsis über- wiegt die starke proinflammatorische Antwort des Immunsystems, wobei wir kürzlich zeigen konnten, dass auch initial bereits immunsuppressive Mechanismen beste- hen (Schäfer et al., 2016). 7
Einleitung Im weiteren Verlauf kommt es zu einer verstärkten, immunsuppressiven Phase (Boomer et al., 2012; Boomer et al., 2011; Hotchkiss, Monneret & Payen, 2013; Ward, 2011), in der es zum vermehrten Auftreten von Infektionen mit minderpatho- genen Keimen kommt (Otto et al., 2011). In der frühen Phase (Tag 1-5) ereignen sich ein Drittel aller Todesfälle und zwei Drittel in der späten (Tag 6-150) (Otto et al., 2011). In dieser immunsuppressiven Phase ist vor allem die Ausbildung eines (Multi-)Organversagens mit besonders schweren Verläufen einer Sepsis assoziiert. Wenngleich dieses Modell zur Verständlichkeit beiträgt, sind die zwei Phasen keine unabhängigen Entitäten, sondern können überlappend und bereits zu Beginn der Erkrankung auftreten. 3.2 Neutrophile Granulozyten Weiße Blutkörperchen, die Leukozyten, stellen den zellulären Anteil des Immunsys- tems dar. Das Immunsystem teilt sich in einen angeborenen und einen im Verlauf des Lebens erworbenen Anteil. Die größte Fraktion in der Blutzirkulation besteht mit etwa 50-70 % bei Gesunden aus neutrophilen Granulozyten (Smith, 1994). Diese gehören zum angeborenen Teil des Immunsystems. Es sind enddifferenzierte Zel- len, mit einer sehr kurzen Lebenszeit von wenigen Stunden in der Zirkulation. Sie besitzen einen in mehrere Läppchen geteilten Zellkern, welcher ihnen auch den Na- men polymorphnukleäre Zellen verschaffte (Brinkmann & Zychlinsky, 2012). In ih- rem Zytoplasma sind mehrere Granula enthalten, die unter anderem mit verschie- denen antimikrobiell wirksamen Proteinen gefüllt sind (Nathan, 2006). Ihr Entste- hungsort liegt im Knochenmark, wo etwa 109 Neutrophile pro kg Körpergewicht je- den Tag ausreifen und das Knochenmark in die Blutzirkulation verlassen (Dancey, Deubelbeiss, Harker & Finch, 1976). Neutrophile Granulozyten nehmen eine entscheidende Rolle in unserem Immun- system ein und sind die ersten Immunzellen am Ort einer Infektion (Nathan, 2006; Schleimer et al., 1989; Smith, 1994). Bei einer Infektion kommt es zu einer akuten Entzündungsantwort des angeborenen Immunsystems, durch die aktivierte Zellen und Moleküle aus den Blutgefäßen zum Infektionsort wandern (Delves & Roitt, 2000). Die Neutrophilen folgen dabei einem Chemotoxin-Gradienten und sammeln sich im infizierten Gewebe an (Delves & Roitt, 2000). Ihre Aufgaben sind vielfältig 8
Einleitung und bestehen zum einen aus der Kommunikation mit anderen Zellen des Immun- systems und damit auch der Regulation der Aktivität von dendritischen Zellen, wie Makrophagen und Monozyten (Bennouna, et al., 2003; Soehnlein et al., 2008). Zum anderen zählt die Phagozytose zu ihren Aufgaben und somit die intrazelluläre Zer- störung der Mikroben (Fuchs et al., 2007). Nach der Phagozytose werden die Mik- roben in so genannten Phagosomen eingeschlossen, welche mit den Granula fusi- onieren. Dadurch werden die phagozytierten Erreger einer hohen Konzentration an toxischen Molekülen, wie Superoxid-Anionen, ausgesetzt und abgetötet (Delves & Roitt, 2000). Können Superoxid-Anionen aufgrund eines genetischen Defektes der NADPH-Oxidase nicht gebildet werden, wie bei Patienten mit einer chronischen gra- nulomatösen Erkrankung, leiden sie an schweren Infektionen (Brinkmann V. and Zychlinsky A., 2007; Heyworth, Cross & Curnutte, 2003), was die Bedeutung der neutrophilen Granulozyten unterstreicht. Die wichtige Rolle der Neutrophilen spie- gelt sich auch darin wider, dass ihre verminderte Aktivität bei Patienten mit einer Sepsis die Entwicklung nosokomialer Infektionen begünstigt (Hotchkiss et al., 2013; Stephan et al., 2002). In der frühen proinflammatorischen Phase einer Sepsis kommt es zu einer massiven Zytokinausschüttung, dem so genannten Zytokinsturm (Chong & Sriskandan, 2011). In dieser Phase sind Neutrophile stärker aktiviert als bei gesunden Proban- den und eine schwächere Aktivität geht mit einer erhöhten Mortalität einher (Muller Kobold et al., 2000). In diesem Zeitraum kommt es außerdem meist zu einer aus- geprägten Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten, durch vermehrte Aus- schwemmung aus dem Knochenmark, sowie zu einer Verlängerung der Lebenszeit, hervorgerufen durch eine verzögerte Apoptose (Tamayo et al., 2012). Dies führt während der proinflammatorischen Phase meist zu stark erhöhten Neutrophilenzah- len in der Zirkulation (Drifte et al., 2013; Hotchkiss et al., 2013; Phillipson & Kubes, 2011; Tamayo et al., 2012). In der späten immunsuppressiven Phase einer Sepsis ist die Funktion der Neutrophilen eingeschränkt (Boomer et al., 2011; Stephan et al., 2002) und es kann eine Neutropenie auftreten. Neben diesen klassischen Me- chanismen ist seit einigen Jahren bekannt, dass neutrophile Granulozyten soge- nannte neutrophile extrazelluläre Netze (NETs) bilden können, also extrazelluläre DNA-Stränge apparent werden. 9
Einleitung 3.3 Neutrophile extrazelluläre Netze Im Jahr 2004 wurde erstmals von Brinkmann et al. ein neuer antimikrobieller Me- chanismus der neutrophilen Granulozyten beschrieben. Sie sind der Lage, extrazel- luläre netzartige Strukturen auszubilden und so auch extrazellulär Erreger zu immo- bilisieren und abzutöten (Brinkmann et al., 2004). Diese neutrophil extracellular traps oder NETs umgeben die Ursprungszelle wie eine Wolke und erstrecken sich somit über einen Bereich, der zehn- bis fünfzehnmal so groß ist wie die Ursprungs- zelle (Brinkmann and Zychlinsky, 2007; Brinkmann & Zychlinsky, 2012). Sie enthal- ten sowohl nukleäre als auch granuläre Komponenten (Brinkmann et al., 2004). Ihre Hauptbestandteile sind DNA und damit verknüpfte Histone. Außerdem enthalten sie weitere toxische Bestandteile, wie neutrophile Elastase, Cathepsin G und Myelo- peroxidase, welche granulären Ursprungs sind (Brinkmann et al., 2004). NETs ha- ben einen Durchmesser von etwa 17 nm, mit kugelförmigen Verdickungen von 30- 50 nm, welche sich stellenweise zu Strängen mit bis zu 100 nm Durchmesser zu- sammen lagern (Brinkmann and Zychlinsky, 2007; Brinkmann et al., 2004). Die Ver- dickungen werden dabei von den granulären Proteinen gebildet (Brinkmann et al., 2004) und ermöglichen die leichte Unterscheidung von ähnlichen Strukturen, wie Fibrin (Brinkmann & Zychlinsky, 2012). Die Bildung von NETs ist ein schneller Prozess, der schon zehn Minuten nach Ak- tivierung der Neutrophilen beginnen kann (Brinkmann et al., 2004). Sind Erreger erst einmal in den NETs gefangen und immobilisiert, sind sie einer hohen lokalen Konzentration an antimikrobiellen Molekülen ausgesetzt (Brinkmann et al., 2004). NETs sind so nicht nur in der Lage, Erreger in vivo einzufangen und mit Hilfe von Proteasen, wie neutrophiler Elastase, unschädlich zu machen, sondern auch direkt abzutöten (Brinkmann et al., 2004). Ihr Wirkspektrum ist dabei sehr vielfältig und erstreckt sich über gram-positive und gram-negative Bakterien (Brinkmann et al., 2004), sowie über Pilze (Urban et al., 2006) und auch Parasiten (Guimarães-Costa et al., 2009). Die effektive bakterizide, also Bakterien abtötende, Fähigkeit von His- tonen, einem der Hauptbestandteile von NETs, ist schon lange bekannt (Hirsch, 1958). Die antimykotische Wirkung wird durch die granulären Proteine ausgelöst (Urban et al., 2006). Es gibt vermehrt Hinweise darauf, dass auch das Einfangen der Erreger und damit die Verhinderung ihrer Ausbreitung, zu den entscheidenden Aufgaben der extrazellulären Netze gehört (Meng et al., 2012; Urban et al., 2006). 10
Einleitung Die großflächige Ausdehnung ermöglicht es ihnen vermutlich auch Keime abzutö- ten, die zu groß sind für eine Phagozytose (Urban et al., 2006). Die antimikrobielle Aktivität der extrazellulären Netze ist der Phagozytose in ihrer Effektivität nicht un- terlegen (Fuchs et al., 2007). Sie ermöglichen es den Neutrophilen sogar noch über ihren Tod hinaus Erreger wirkungsvoll abzutöten (Fuchs et al., 2007). Die Bildung von NETs ist ein NADPH-abhängiger und aktiver Prozess, der zum Tod der Neutrophilen führt. Diese Form des gesteuerten Zelltodes wird als NETose be- zeichnet und ist abzugrenzen von den Mechanismen der Apoptose und Nekrose (Fuchs et al., 2007). Bei der NETose wird die Integrität der nukleären und granulä- ren Zellmembranen aufgelöst und es kommt zur Fusion von granulären Komponen- ten mit dem Chromatin. Die Zelle bleibt dabei so lange lebendig, bis die Zellmem- bran ebenfalls rupturiert und die DNA-Stränge aus der Zelle ausgeschleust werden (Fuchs et al., 2007). Es wurde bereits eine Vielzahl an Erregern identifiziert, die zu einer Bildung von NETs führen (Brinkmann & Zychlinsky, 2012). Dazu gehören verschiedene gram- positive (Fuchs et al., 2007) und gram-negative Bakterien, Pilze, Parasiten und so- gar das HI-1-Virus (Saitoh et al., 2012). Trotz der effektiven antimikrobiellen Wirkung der NETs gibt es vermehrt Hinweise darauf, dass neutrophile Granulozyten auf diesen Mechanismus erst zurückgreifen, wenn sich der Organismus in einer sehr ernsten Lage befindet (Clark et al., 2007). Vor allem in der frühen Phase einer Sepsis scheinen NETs eine wichtige Rolle zu spielen, was im Mausmodell bereits bewiesen wurde (Meng et al., 2012). Hier wur- den die höchsten NETs-Serumspiegel 24 Stunden nach Induktion der Sepsis ge- messen. Diese führen zu einer abgeschwächten systemischen Entzündungsreak- tion, verhindern die Ausbreitung der Erreger, vermindern die Schädigung lebens- wichtiger Organe und reduzieren die Mortalität in dieser Phase (Meng et al., 2012). 3.4 Serumnukleasen Unter dem Begriff Nukleasen wird eine Gruppe von Enzymen zusammengefasst, die in der Lage ist, Nukleinsäuren, also DNA oder RNA hydrolytisch zu spalten und dadurch abzubauen. Desoxyribonuklease I (DNase I) ist die in menschlichen Kör- perflüssigkeiten, wie Serum oder Urin, am häufigsten vorkommende Nuklease. Ihr 11
Einleitung Produktionsort liegt in den Speicheldrüsen und im Pankreas, welche für gewöhnlich einen Serumspiegel um 3 ng ml-1 aufrecht erhalten (Prince et al., 1998). Eine Auf- gabe der DNase liegt in dem Abbau von fremder DNA, die über den Verdauungs- trakt in den Körper gelangt. Mit Entdeckung von NETs wurde klar, dass diese DNa- sen auch endogene extrazelluläre DNA abbauen, indem sie das „DNA-Rückgrat“ der NETs degradieren (Brinkmann et al., 2004). Der Abbau von DNA-Netzen in der Zirkulation ist von großer Bedeutung. Denn kann die DNase I ihren Aufgaben nicht vollständig nachkommen, wie bei Patienten mit Systemischem Lupus Erythematodes (SLE) nachgewiesen, führt dies durch die Ausbildung einer sekundären Lupusnephritis zu einem besonders schweren Krank- heitsverlauf (Hakkim et al., 2010). NETs haben also nicht nur eine positive Seite. Eine zu starke NETs-Bildung kann dem Organismus Schaden zuführen. Ein weite- res Beispiel hierfür ist die Zystische Fibrose (CF), eine erbliche Erkrankung, die zur Produktion von zähflüssigem Schleim und rezidivierenden bakteriellen Lungenin- fektionen führt. Für die hohe Viskosität des Schleims werden darin enthaltene NETs verantwortlich gemacht (Manzenreiter et al., 2012; Papayannopoulos, Staab & Zychlinsky, 2011). Aus diesem Grund erzielt man durch die Behandlung der CF- Patienten mit DNase eine Verflüssigung des Schleims (Manzenreiter et al., 2012) und damit die Milderung der Symptomatik. Auch in der Blutgerinnung, der Koagula- tion, spielen NETs eine Rolle, die fatale Folgen haben kann. Die für die primäre Blutgerinnung verantwortlichen Thrombozyten induzieren eine zügige Bildung von NETs (Clark et al., 2007). Andersherum führen NETs zu einer Anlagerung von Thrombozyten und einer Aktivierung der Blutgerinnung (von Bruhl et al., 2012). Nimmt die Koagulation Überhand, kommt es zur Verstopfung von Blutgefäßen. NETs werden daher zum Beispiel auch für die Entstehung einer tiefen Beinven- enthrombose (TVT) mitverantwortlich gemacht (Fuchs, Brill & Wagner, 2012; von Bruhl et al., 2012). Im Mausmodell konnte bereits gezeigt werden, dass sich die Verabreichung von DNase I protektiv auf eine TVT auswirkt (Brill et al., 2012), was die Bedeutung von Serumnukleasen noch einmal unterstreicht. In einer Sepsis stehen NETs außerdem im Verdacht, an der Entstehung eines (Multi-)Organversagens beteiligt zu sein, indem sie eine Minderdurchblutung und Zerstörung des Leberparenchyms hervorrufen (Clark et al., 2007). Somit könnten 12
Einleitung sie mit der hohen Sterblichkeit während der immunsuppressiven Phase im Zusam- menhang stehen. Durch die Degradation durch Nukleasen verlieren die NETs nicht nur ihre Struktur (Brinkmann et al., 2004), sondern auch ihre antimikrobielle Aktivität (Fuchs et al., 2007; Guimarães-Costa et al., 2009). Einige Bakterien, wie Gruppe A-Streptokok- ken, machen sich diesen Mechanismus zu Nutze, indem sie eine potente DNase (Sda1) produzieren, um dem Einfang durch NETs und ihrer Toxizität zu entkommen (Buchanan et al., 2006). Dies könnte einen wichtigen Beitrag zu ihrer hohen Virulenz leisten und erklären, wie sie lebensbedrohliche Erkrankungen, wie die nekrotisie- rende Fasziitis oder das Streptococcal toxic shock syndrome (STSS), auslösen kön- nen (Buchanan et al., 2006). 3.5 Zielsetzung Die Studienlage zur Bildung von NETs durch neutrophile Granulozyten während ei- ner Sepsis ist bislang noch lückenhaft. Eine vermehrte NETs-Bildung in der frühen Phase der Sepsis ist wahrscheinlich, da das Immunsystem insgesamt stark aktiviert ist. Um zu untersuchen ob auch noch andere immunaktivierende Ereignisse, wie große Operationen, einen Einfluss auf die NETs-Bildung aufweisen, untersuchten wir nicht nur die Bildung von NETs bei septischen Patienten, sondern auch bei Pa- tienten nach großen viszeralchirurgischen Eingriffen. Die NETs-induzierende Wirkung von PMA auf neutrophile Granulozyten von septi- schen Mäusen in vitro wurde bereits beweisen (Meng et al., 2012). Die in diesem Modell verwendeten Neutrophilen wurden jedoch aus dem Knochenmark von sep- tischen Mäusen isoliert. Es bleibt damit offen, ob diese sich so verhalten wie hu- mane neutrophile Granulozyten und anders auf die PMA-Stimulation reagieren, als Neutrophile isoliert aus der Blutzirkulation, welche also die tatsächlich aktiven Neutrophilen in einer Sepsis repräsentieren. Bekannt ist bereits, dass vitale Staphylokokkus aureus (S. aureus) eine Induktion der NETs-Bildung bewirken (Fuchs et al., 2007). Unklar ist bislang noch, worauf diese NETs-Induktion beruht. Ein Ziel der Arbeit ist es zu prüfen, ob die NETs-Bil- dung durch Oberflächenproteine von S. aureus hervorgerufen wird. 13
Einleitung Die DNA von Bakterien enthält eine deutlich höhere Anzahl an CpG (Cytosine-Gu- anosin) Dinukleotidmotiven als die DNA von Säugetieren. Synthetisch hergestellte CpG Oligonukleotide (ODN), die eine hohe Anzahl an CpG Dinukleotiden enthalten, werden daher verwendet, um die Wirkung bakterieller DNA zu repräsentieren (ODN 2006, Invivogen, San Diego,USA). CpGs wirken über den TLR-9-Rezeptor und füh- ren zu einer Aktivierung von neutrophilen Granulozyten (Zimmermann et al., 2015). Ob sie auch zu einer NETs-Ausschleusung führen, ist bislang noch unbekannt. Mitochondrien sind Zellorganellen mit einer eigenen DNA. Mitochondriale DNA (mtDNA) wird daher bei der Schädigung von Zellen frei. In einer Sepsis kommt es zum vermehrten Zelluntergang und auch zu erhöhten Serumkonzentrationen an mtDNA, welche sich sogar als relevanter prognostischer Faktor herausgestellt hat (Kung et al., 2012). Laut der Endosymbiontentheorie sind Mitochondrien aus proka- ryotischen Vorläuferzellen entstanden, die phagozytiert wurden (Müller et al., 2012). Zu den Prokaryoten zählen auch Bakterien. In mtDNA ist aufgrund ihres Ursprungs eine hohe Anzahl an CpG Dinukleotiden enthalten (Cardon et al., 1994). Ihre proin- flammatorische Wirkung ist bereits bekannt (Zhang et al., 2010). Ob sich mtDNA auf die Ausbildung von NETs auswirkt, ist bislang noch nicht geklärt. Serumnukleasen bauen NETs in der Zirkulation ab. Im Mausmodell konnte bereits gezeigt werden, dass mit einer Erhöhung der zirkulierenden freien DNA (cfDNA)- Spiegel auch eine erhöhte Serumkonzentration an Nuklease einher geht (Meng et al., 2012). Unklar ist hingegen, wie NETs bei Patienten mit Sepsis reguliert sind. Daher testeten wir nachfolgende Hypothesen: 1) Die NETs-Bildung von neutrophilen Granulozyten septischer Patienten ist in vitro im Vergleich zu gesunden Probanden erhöht. 2) Auch chirurgische Eingriffe führen zu einer Induktion der NETs-Bildung. 3) Neutrophile sind auch bei Patienten mit Sepsis im Stande, NETs durch Sti- mulation mit PMA in vitro zu bilden. 4) Auch hitzeinaktivierte Staphylokokken führen zu einer Induktion der NETs- Bildung. 5) CPG und mtDNA haben Einfluss auf die Bildung von NETs in vitro. 6) Die Aktivität der Serumnukleasen ist bei septischen und postoperativen Pa- tienten im Vergleich zu gesunden Probanden erhöht. 14
Material und Methoden 4 Material und Methoden 4.1 Patienten und Probandendaten Nach positivem Votum der Ethikkommission (Nr.: 09-4154, Universität Duisburg- Essen, Essen, Deutschland) und Studienregistrierung (German clinical trials data- base, DRKS no. 00007694) wurde eine prospektive Beobachtungsstudie eingelei- tet, in die sowohl gesunde Probanden als auch Patienten nach großen chirurgischen Eingriffen und Patienten mit Sepsis aufgenommen wurden. Die gesunden Probanden wurden kliniksintern innerhalb eines Zeitraums vom 07.09.2012 bis zum 27.02.2015 rekrutiert. Sie erfüllten folgende Kriterien: - Es besteht keine akute Infektion und keine bekannte therapiebedürftige Vor- erkrankung, sowie kein Status nach einer Impfung innerhalb der letzten 14 Tage - Nichtraucherstatus und kein exzessiver Nikotinkonsum in der Anamnese - Keine Dauereinnahme von Medikamenten (bei Frauen wurde von der Ein- nahme oraler Kontrazeptiva abgesehen) - Volljährigkeit Für die postoperativen Patienten mussten folgende Kriterien erfüllt sein: - Durchführung eines großen abdominellen Eingriffs innerhalb der letzten 24 Stunden - Kein Einsatz einer Herzlungenmaschine während der Operation - Keine Chemotherapie in der Anamnese - Kein bekanntes metastasiertes Tumorleiden - Keine vorliegende Immunsuppression Außerdem wurden septische Patienten eingeschlossen, die im Zeitraum vom 13.08.2012 bis 11.02.2015 auf einer Intensivstation des Universitätsklinikums Es- sen behandelt wurden und die Diagnosekriterien einer Sepsis erfüllt haben, entspre- chend den 2012 festgelegten Leitlinien der Surviving Sepsis Campaign (Dellinger et al., 2013): 15
Material und Methoden Nachweis oder Annahme einer Infektion Diagnose einer Infektion über den mikrobiologischen Nachweis oder durch klini- sche Kriterien und einige der folgenden Kriterien: a. Allgemeine Variablen - Fieber (> 38,3 °C) oder Hypothermie (≤ 36 °C) - Tachykardie: Herzfrequenz ≥ 90 min-1 - Tachypnoe - Vigilanzminderung - Signifikante Ödeme oder positive Flüssigkeitsbilanz (>20ml kg-1 über 24h) - Hyperglykämie (>140 mg dl-1 oder 7,7mmol l-1) ohne Diabetes mellitus b. Inflammatorische Variablen - Leukozytose (≥ 12.000 weiße Blutkörperchen µl-1) oder Leukopenie (≤ 4.000 µl-1) - ≥ 10 % unreife neutrophile Granulozyten im Differentialblutbild - CRP-Konzentration im Plasma mehr als zwei Standardabweichungen über dem Normwert - PCT-Konzentration im Plasma mehr als zwei Standardabweichungen über dem Normwert c. Hämodynamische Variablen - Arterielle Hypotension (systemischer Blutdruck < 90 mmHg, mittlerer arteri- eller Druck < 70 mmHg oder Abfall > 40 mmHg bei Erwachsenen oder weni- ger als zwei Standardabweichungen unter dem Altersnormwert d. Variablen einer Organdysfunktion - Arterielle Hypoxämie (paO2/fiO2 < 300) - Akute Oligurie (Diurese < 0,5 ml kg-1 h-1) für mindestens zwei Stunden trotz adäquater Flüssigkeitstherapie) - Kreatininanstieg > 0,5 mg dl-1 oder 44,2 µmol l-1) - Koagulopathie (INR > 1,5 oder aPTT > 60 s) - Ileus (fehlende Darmgeräusche) - Thrombozytopenie (< 100.000 µl-1) - Hyperbilirubinämie (Plasma Bilirubin > 4 mg dl-1 oder 70 µmol l-1) e. Variablen der Gewebedurchblutung - Laktatanstieg (> 1 mmol l-1) - Verlängerte Rekapillarisierungszeit oder Marmorierung 16
Material und Methoden Anzumerken ist, dass der Einschluss der Patienten in unsere Studie nach den zum Zeitpunkt der Studie gültigen Sepsiskriterien erfolgte. Diese wurden in der Zwi- schenzeit modifiziert (Singer et al., 2016) und daher können wir unsere Ergebnisse nicht 1:1 auf Patienten übertragen, die nach der neuen Definition eine Sepsis auf- weisen. Während der oben genannten Zeiträume konnten 31 gesunde Probanden, 8 posto- perative Patienten sowie 21 Patienten mit Sepsis rekrutiert werden. Alle Probanden, Patienten bzw. deren gesetzliche Betreuer haben schriftlich ihr Einverständnis zur Teilnahme an der Studie erklärt. Zusätzlich wurden Patientencharakteristika wie Al- ter, Geschlecht, BMI, Hauptdiagnosen und der Krankheitsverlauf (Krankenhausauf- enthaltsdauer, Mortalität) dokumentiert und in eine Datenbank aufgenommen. Mik- robiologisch gesicherte Angaben über Keime sowie hämodynamische und labor- chemische Variablen, wie die Entzündungsvariablen Procalzitonin (PCT), C-reakti- ves-Protein (CRP) und Leukozyten, wurden ebenfalls mit in die Datenbank aufge- nommen. Außerdem wurde der intensivmedizinische Komplexbehandlungsscore Simplified Acute Physiology Score II (SAPS II) berechnet und dokumentiert. Inner- halb von 24 Stunden nach Diagnosestellung der Sepsis, bzw. Durchführung des chirurgischen Eingriffs, wurde den Patienten 20 ml Vollblut entnommen, das für die weiteren Versuche umgehend verarbeitet wurde. 4.2 Blutentnahme Die Isolation der neutrophilen Granulozyten erfolgte aus 20 ml venösem oder arte- riellem Blut in Lithium-Heparin-Monovetten (S-Monovette® 9 ml, Sarstedt AG & Co., Nümbrecht, Deutschland). Bei den septischen sowie postoperativen Patienten er- folgte die Blutentnahme bei Vorliegen eines arteriellen Zugangs vorzugsweise arte- riell, alternativ über einen zentralen Venenkatheter. Die arterielle Blutentnahme wurde bevorzugt, um eine mögliche Verfälschung der Neutrophilenaktivität durch infundierte Medikamente zu vermeiden. Von einer erneuten peripheren Venenpunk- tion sollte abgesehen werden. Sämtlichen gesunden Probanden wurde über eine einmalige frische periphere Venenpunktion Blut entnommen. Die Heparin-Monovet- ten wurden äußerst behutsam befüllt, um eine Verfälschung des Ergebnisses durch 17
Material und Methoden Voraktivierung der Neutrophilen, wie durch sehr schnellen Blutfluss unter hohem Druck oder Einschluss von Luftbläschen, zu vermeiden. Da die Neutrophilen entweder aus arteriellem oder aus venösem Blut stammten, musste zunächst ausgeschlossen werden, dass der Zugang zur Blutentnahme ei- nen Einfluss auf die NETs-Bildung besitzt. Bei einigen postoperativen und septi- schen Patienten erfolgte zeitgleich die Entnahme über beide Zugangswege und der Vergleich der gebildeten NETs-Menge (N=9). 4.3 Isolation neutrophiler Granulozyten aus humanem Vollblut mittels Dichtegradien- tenzentrifugation Für die Isolation der neutrophilen Granulozyten wurden zunächst 20 ml Polymorph- prep (Progen, Heidelberg, Deutschland) in ein steriles 50 ml Falcontube (BD Biosciences, Erembodegem, Belgien) vorgelegt und dieses behutsam mit 20 ml Vollblut mittels einer Pipettierhilfe (Hirschmann Laborgeräte, Eberstadt, Deutsch- land) überschichtet, so dass eine Vermischung der beiden sich ergebenden Schich- ten vermieden wurde. Das Falcontube wurde daraufhin für 30 Minuten bei 512 x g und Raumtemperatur (22 °C) ohne Bremse zentrifugiert. Nach der Zentrifugation lagen die Zellen in dem Falcontube, wie in Abbildung 4.3.1 dargestellt, in drei von- einander getrennten Schichten vor: 18
Material und Methoden Abb. 4.3.1 Isolation von neutrophilen Granulozyten mittels Dichtegradientenzen- trifugation: Vor Zentrifugation liegen zwei Phasen vor, in der unteren Polymorphprep, in der oberen frisch entnommenes Vollblut. Nach der Zentrifugation liegen die verschiedenen Zellarten in drei Schichten vor: In der oberen die mononukleären Zellen, in der mittleren die neutrophi- len Granulozyten und in der unteren die Erythrozyten. 19
Material und Methoden Nach der Zentrifugation wurden zunächst das Blutplasma und die mononukleären Zellen aus den oberen Schichten mit einer Pipette abgenommen und verworfen. Anschließend wurde die mittlere Zellschicht aus neutrophilen Granulozyten mit ei- ner Pipette in ein neues 50 ml Falcontube überführt und mit Phosphate Buffered Saline (PBS) (Gibco, Life Technologies, Darmstadt, Deutschland) auf 50 ml aufge- füllt. Es erfolgte ein weiterer zehnminütiger Zentrifugationsschritt mit Bremse bei 512 x g und 22 °C, nach dem sich ein Sediment aus neutrophilen Granulozyten und einigen verbliebenen Erythrozyten am Boden des Falcons absetzte. Der Überstand wurde verworfen und das Sediment in 5 ml sterilem Wasser (Merck Millipore, Darm- stadt, Deutschland) resuspendiert und somit die vorhandenen Erythrozyten lysiert. Nach ca. fünf Sekunden wurde das Falcontube, zum Stoppen der Lyse und zur Ver- hinderung einer Schädigung der neutrophilen Granulozyten, zügig mit 45 ml PBS aufgefüllt. Anschließend fand ein weiterer zehnminütiger Zentrifugationsschritt bei 512 x g und Raumtemperatur statt. Nach Beurteilung der Farbe des Zellsediments fand ggf. ein erneuter Schritt zur Lyse von noch vorhandenen Erythrozyten sowie eine Wiederholung des letzten Zentrifugationsschrittes statt, wobei maximal zwei- mal lysiert wurde. Daraufhin wurde der Überstand abgenommen und die neutrophi- len Granulozyten wurden in 1 ml Zellkulturmedium (RPMI-1640 ohne Zusätze, Gibco, Life Technologies, Darmstadt, Deutschland) resuspendiert. Zur Beurteilung der Zellvitalität sowie zur Bestimmung der Zellzahl wurden 10 µl der Zellsuspension mit 90 µl 0,4-prozentiger Trypanblau-Lösung (Thermo Fisher Scientific Inc., Schwerte, Deutschland) gemischt, in eine Neubauer Zählkammer (LO-Laboroptik GmbH, Friedrichsdorf, Deutschland) gegeben und anschließend unter einem Licht- mikroskop (Axio Vert.A1, Zeiss, Hamburg, Deutschland) ausgezählt. Die Zellzahl wurde mit RPMI-Medium auf zwei Millionen Zellen pro ml eingestellt. Sämtliche Arbeiten fanden unter einer sterilen Werkbank (Thermo Fisher Scientific Inc., Schwerte, Deutschland) statt, um jegliche Kontamination der Zellkultur zu ver- hindern. Bei allen Pipettierschritten wurde darauf geachtet, dass diese behutsam durchgeführt wurden, um eine Vorstimulation und somit ggf. Verfälschung der Er- gebnisse zu vermeiden. 20
Material und Methoden 4.4 Hitzeinaktivierung der Staphylokokkus aureus Für die Abtötung der Staphylokokkus aureus (S. aureus) wurden 5 ml BHI (Brain Heart Infusion Broth) mit einer Bakterienkolonie (S. aureus USA 300 LAC AH 1263 (Wt)) beimpft und über Nacht bei 37 °C und 200 rpm inkubiert. Die Bakterien wurden anschließend 1 : 100 in BHI verdünnt (1 ml Bakterien + 99 ml BHI) und wieder bei 37 °C und 200 rpm inkubiert bis zu einem OD600 von 0,7. 45 ml Bakterienlösung wurden in ein 50 ml Falcon überführt und zur Hitzeinaktivierung 30 Minuten lang in ein 95 °C heißes Wasserbad gegeben. Durch Aussähen von Bakterien auf einer Blutagarplatte über Nacht wurde die erfolgreiche Abtötung überprüft. Die restlichen Bakterien wurden in 1,5 ml Eppendorf Tubes (Eppendorf AG, Hamburg, Deutsch- land) pipettiert und bis zur weiteren Verwendung bei -20 °C gelagert. 4.5 Zellkultur zur Isolation von Mitochond- rien Um größere Mengen mitochondrialer DNA zu gewinnen, wurde die humane Zelllinie HepG2 verwendet. Es handelt sich dabei um hepatozelluläre Karzinomzellen, die in vitro einen hohen Grad an funktionaler und morphologischer Differenzierung auf- weisen. Die Kultivierung der Zellen erfolgte im Inkubationsschrank bei 37 °C und 5 % CO2 in RPMI-Medium, das mit 10 % fetalem Kälberserum (FKS) und 1 mM Nat- riumpyruvat (Thermo Fisher Scientific Inc., Schwerte, Deutschland) versetzt war. Je nach Konfluenz wurden die Zellen nach sechs bis sieben Tagen passagiert. Dazu wurde zunächst das Medium abgesaugt und die Zellen mit 10 ml PBS gewaschen. Zur Ablösung der Zellen vom Boden der Kulturflasche wurden 10 ml TrypLE Ex- press (Thermo Fisher Scientific Inc., Schwerte, Deutschland) hinzugegeben und die Zellen dann für 20 Minuten bei 37 °C inkubiert. Nach Ablauf der Inkubationszeit konnten die Zellen durch Schwenken der Zellkulturflasche vom Boden gelöst wer- den. Die so erhaltene Zellsuspension wurde in 50 ml Falcontubes überführt und für sieben Minuten bei 700 x g und 22 °C zentrifugiert. Das abzentrifugierte Zellsedi- ment wurde resuspendiert in 20 ml frischem Zellkulturmedium und gleichmäßig auf 21
Material und Methoden vier neue Zellkulturflaschen (TPP Techno Plastic Products AG, Trasadingen, Schweiz) aufgeteilt. Das Ernten der Zellen erfolgte erst bei maximaler Konfluenz. Dafür wurden die Zel- len ebenfalls mit PBS gewaschen, mit TrypLE Express gelöst und abzentrifugiert. Die in der Zellsuspension enthaltene Zellzahl wurde während der Zentrifugationszeit in einer Neubauer Zählkammer ausgezählt. Nach der Zentrifugation wurde das Me- dium, welches den Überstand bildete, verworfen und das Zellsediment in einer pas- senden Menge an Bambanker-Medium (Nippon Genetics Europe GmbH, Düren, Deutschland) resuspendiert, so dass sich eine Zellzahl von 1 x 107 Zellen in der Endlösung ergab. Diese Zellen wurden bei -80 °C in 2 ml Aliquots eingefroren, um aus ihnen im Verlauf mitochondriale DNA zu isolieren. 4.6 Isolation von mitochondrialer DNA aus kultivierten HepG2-Zellen Für einen Ansatz wurden die Zellen aus einem 2 ml Aliquot eingesetzt, entspre- chend einer Zellzahl von 2 x 107 Zellen. Die bei -80 °C gelagerte Zellsuspension wurde zunächst bei 37 °C im Wasserbad aufgetaut, in neue 2 ml Eppendorf Tubes überführt und sofort weiterverarbeitet. Die Isolation der Mitochondrien aus den kul- tivierten HepG2-Zellen wurde mittels Mitochondria Isolation Kit for Cultured Cells (Thermo Fisher Scientific Inc., Schwerte, Deutschland) entsprechend den Herstel- lerangaben durchgeführt. Die Arbeits- und Inkubationsschritte wurden auf Eis durch- geführt. Zunächst wurden die 2 x 107 Zellen durch zweiminütige Zentrifugation bei 850 x g pelletiert und der Überstand verworfen. Hinzugefügt wurden 800 µl Mito- chondria Isolation Reagent A. Nach genau zwei Minuten Inkubationszeit wurden 5 µl Mitochondria Isolation Reagent B dazu gegeben und fünf Minuten lang inkubiert. Es wurden 800 µl Reagent C hinzu pipettiert und das Tube zehn Minuten lang bei 700 x g und 4 °C zentrifugiert. Der Überstand wurde in ein neues Falcontube über- führt und bei 3.000 x g 15 Minuten lang zentrifugiert. Zu dem gebildeten Pellet wur- den 500 µl Reagent C gegeben und es erfolgte ein weiterer fünfminütiger Zentrifu- gationsschritt bei 12.000 x g. Nach Abnahme des Überstandes verblieb ein Mito- chondrien-Sediment. 22
Material und Methoden Zur Isolation der DNA aus den aufgereinigten Mitochondrien wurde das DNeasy Blood & Tissue Kit (QIAGEN GmbH, Hilden, Deutschland) verwendet. Die Isolation erfolgte entsprechend den Herstelleranweisungen für kultivierte Zellen. Wenn die mtDNA nicht direkt weiter isoliert werden konnte, mussten die Mitochondrien für eine Lagerung zunächst aufgebrochen werden. Dazu wurden die ersten zwei Ar- beitsschritte der mtDNA-Isolation durchgeführt. Die Mitochondrien-Pellets wurden resuspendiert in 200 µl PBS. Es wurde 20 µl Proteinase K hinzugegeben, sowie 200 µl Puffer AL. Die Suspension wurde durch vortexen gemischt und für zehn Minuten bei 56 °C inkubiert. Anschließend konnten die Mitochondrien zur weiteren DNA-Iso- lation bei -20 °C eingefroren werden. Nachdem die Mitochondriensuspension auf- getaut war, wurden 200 µl 100 %-Ethanol zugefügt. Es folgten zwei Zentrifugations- schritte bei 6.000 x g mit zwischenzeitlicher Zugabe von 500 µl Puffer AW1 und AW2. Die Trocknung der DNeasy Membran erfolgte durch Zentrifugation bei 20.000 x g. Schließlich wurde die isolierte mtDNA in Puffer AE aufgenommen. Zur Konzent- rationsbestimmung der gewonnenen mtDNA wurde die optische Dichte bei 280 nm Wellenlänge photometrisch detektiert (Biophotometer Plus, Eppendorf, Hamburg, Deutschland). Die mtDNA wurde bis zu ihrer Verwendung für die Stimulation neutro- philer Granulozyten bei -20 °C gelagert. 4.7 Stimulation der NETs-Bildung Zunächst wurden zwei Zellkulturplatten mit jeweils 24 Wells (TPP Techno Plastic Products AG, Trasadingen, Schweiz) vorbereitet, indem sterile Deckgläschen (Thermo Fisher Scientific Inc., Schwerte, Deutschland) mit einem Durchmesser von 12 mm auf dem Boden der Wells ausgelegt wurden. Diese wurden beschichtet mit jeweils 100 µl 0,01-prozentigem Poly-L-Lysin (Sigma-Aldrich, München, Deutsch- land), das mittig auf die Deckgläschen gegeben wurde. Nach 20 Minuten Inkubati- onszeit wurde das Poly-L-Lysin wieder von den Deckgläschen abpipettiert und es folgten zwei Waschschritte mit jeweils 500 µl PBS-Puffer. Danach wurden in jedes Well 250 µl der Neutrophilen-Zellsuspension, entsprechend einer Zellzahl von 5 x 10⁵ Zellen, gegeben. Hinzu kamen in jedes Well je nach Probe verschiedene zuvor vorbereitete Lösungen, deren Effekt auf die Bildung von NETs getestet werden sollte (siehe Tabelle 4.7.1). Als Positivkontrolle diente dabei, wie empfohlen von 23
Material und Methoden Brinkmann et al. (Brinkmann et al., 2010), die Inkubation mit 250 µl Phorbol 12- Myristate 13-Acetate (PMA)-Lösung (Sigma-Aldrich, St. Louis, USA) in RPMI, des- sen starke NETs-induzierende Wirkung bereits bekannt ist. 250 µl RPMI-Medium dienten als Negativkontrolle und entsprechen der NETs-Bildung unter basalen Um- ständen in unserer Versuchsreihe. Als avitale S. aureus verwendeten wir die, wie zuvor beschrieben, hitzeinaktivierten S. aureus (USA 300 LAC AH 1263 (Wt)). Als CpG wurden CpG ODN 2006, Type B Cpg oligonucleotide-Human TLR9 ligand (In- vivogen, San Diego, USA) eingesetzt. Die mtDNA wurde nach zuvor beschriebenen Protokollen isoliert. Die Zellkulturplatten wurden für fünf Minuten bei 512 x g und Raumtemperatur zen- trifugiert, um eine Adhäsion der neutrophilen Granulozyten an den Deckgläschen zu bewirken. Anschließend wurde im Inkubationsschrank bei 37 °C und 5 % CO₂ eine der Zellkulturplatten zwei Stunden lang, die andere vier Stunden lang inkubiert. Nach Ablauf dieser Inkubationszeiten wurde der Überstand in den Wells belassen und in jedes Well 150 µl 16-prozentige Paraformaldehyd (PFA)-Lösung (Electron Microscopy Sciences, München, Deutschland) zum Fixieren der Zellen hinzugege- ben. Die 24-Wellplatten wurden sorgfältig mit Parafilm M (Bemis, Braine L'Alleud, Belgien) umwickelt, um eine Evaporation der Flüssigkeit und Austrocknung der Neutrophilen zu verhindern. Die Aufbewahrung der Zellkulturplatten erfolgte bis zur weiteren Bearbeitung im Kühlschrank bei 4 °C. Tabelle 4.7.1: Vorgelegte Lösungen zur Stimulation der neutrophilen Gra- nulozyten Probe Vorgelegte Lösung Negativkontrolle 250 µl RPMI-Medium Positivkontrolle (PMA) 250 µl 50 nM PMA-Lösung in RPMI (Endkonzentra- tion: 25nM) Hitzeinaktivierter Staphy- 250 µl Staphylokokkus aureus in PBS (4 x 10⁶ Bakte- lokokkus aureus rien ml-1) CpG 250 µl CpG-Lösung (20 µg ml-1) mtDNA 250 µl mtDNA-Lösung in RPMI (20 µg ml-1) Stimulation mit Phorbol 12-Myristate 13-Acetate (PMA), CpG oligonucleotide-Human TLR9 ligand (CpG) und mitochondrialer DNA (mtDNA). 24
Material und Methoden 4.8 NETs-Visualisierung mittels Immunfluo- reszenz Die auf den Deckgläschen fixierten Zellen wurden dreimal mit je 500 µl PBS gewa- schen. Sie wurden permeabilisiert und durch 45-minütige Inkubation mit 200 µl 2 % BSA in 0.2 % Triton X-100/PBS bei Raumtemperatur geblockt. Nach Absaugen des Blockingpuffers erfolgte die Zugabe von 200 µl des Primärantikörpers, ein monoklo- naler Maus anti-H2A-H2B-DNA Komplex (clone PL2-6, 0.5 µg ml-1 in 2 % BSA in 0.2 % Triton X-100/PBS) und die Inkubation über Nacht bei 4 °C. Nach drei weiteren Waschschritten mit PBS wurde ein Alexa-488-gekoppelter Sekundärantikörper (goat anti mouse Alexa 488, Thermo Fisher Scientific Inc., Schwerte, Deutschland) in Blockingpuffer hinzugegeben und 45 Minuten bei Raumtemperatur ohne Lichtex- position inkubiert. Vier weitere Waschschritte mit PBS folgten. Auf einen Objektträ- ger wurden jeweils zwei Tropfen ProlongGold mit 4′,6′-diamidino-2-phenylindole (DAPI) (Invitrogen, Carlsbad, USA) gegeben und die Deckgläschen umgedreht auf je einen Tropfen ProlongGold-DAPI gebettet, so dass sich die angehefteten Zellen auf der Unterseite befanden. Die Objektträger wurden über Nacht vollständig trock- nen gelassen und am nächsten Morgen mit klarem Nagellack versiegelt. 4.9 Mikroskopische Beurteilung der NETs Die Beurteilung der Proben wurde in Kooperation mit dem Institut für Physiologische Chemie der TIHO Hannover unter Leitung von Frau PD Dr. Maren von Köckritz- Blickwede mittels eines konfokalen Fluoreszenzmikroskops (Leica TCS SP5) sowie einem nichtkonfokalen Fluoreszenzmikroskop (Zeiss Anxioveit 200M) durchgeführt. Von jedem Deckgläschen wurden bei 40-facher Vergrößerung drei Aufnahmen von zufällig ausgewählten Bildausschnitten gemacht und im TIF-Format gespeichert. Zur Quantifizierung der NETs-bildenden Zellen wurde die Software ImageJ (Version 1.48, National Institutes of Health, USA) verwendet. Der Bewertung der NETs-Bil- dung lagen folgende Kriterien zugrunde, von denen mindestens eins erfüllt sein musste: 25
Material und Methoden Es galten alle Zellen laut folgender Primärkriterien als NETs-positiv, die 1a) ihre eigene DNA ausgeschleust haben oder 1b) ausgeschleuste DNA berühren; oder wenn keines dieser Kriterien zutrifft, aber eines der weiteren Sekundärkriterien: 2a) die Zellen dekondensiertes Kernmaterial aufweisen; 2b) ihr Zellkern im Durchmesser zugenommen hat oder 2c) ihr Zellkern seine runde Form verloren hat (Brinkmann et al., 2010; Brogden et al., 2017; von Köckritz-Blickwede, 2010). Die Sekundärkriterien beruhen auf mikroskopischen und lebend-Zell-Imaging Be- obachtungen, dass es nach Stimulation der Neutrophilen zur Formänderung des Zellkerns kommt und Eu- und Heterochromatin verschmilzen (Brinkmann et al., 2010). Im Verlauf kommt es zum Aufbrechen des Zellkerns und der Granuolen und die Bestandteile der NETs können sich mischen. Erst danach werden die NETs aus den Zellen ausgeschleust und die Zellmembran bricht. In den Abbildungen 4.9.1 und 4.9.2 sind die NETs-Kriterien zur Veranschaulichung anhand einiger Beispiele dargestellt. 26
Material und Methoden Abb. 4.9.1 Beispielbild 1 zu den Kriterien NET-positiver Zellen Die grün markierten Zellen gelten als NET-negativ. Die gelb markierte Zelle stellt eine akti- vierte, jedoch ebenfalls NET-negative Form dar. Die rot markierten Zellen sind NET-positiv a) anhand der Primärkriterien, da sie ausgeschleuste DNA berühren und b) anhand der Sekundärkriterien, da sie einen vergrößerten oder dekondensierten Zellkern aufweisen. 27
Material und Methoden Abb. 4.9.2 Beispielbild 2 zu den Kriterien NET-positiver Zellen Die grün markierten Zellen sind NET-negativ. Die gelb markierte Zelle stellt eine aktivierte, NET-negative Form dar. Die rot markierten Zellen gelten als NET-positiv a) anhand der Primärkriterien und b) anhand der Sekundärkriterien. Es wurde das prozentuale Verhältnis der NET-positiven Zellen zu allen im Bildaus- schnitt vorhandenen Zellen gebildet. Da es von jedem Versuchsansatz zwei Deck- gläschen gab und je drei Bilder gemacht wurden, entstanden je Versuchsansatz sechs Bilder, aus denen der Mittelwert errechnet wurde. Dieser Mittelwert wurde für die weitere statistische Analyse verwendet. 28
Material und Methoden 4.10 Bestimmung der Serumnukleaseaktivität Die Quantifizierung der Serumnukleaseaktivität erfolgte mittels Gelelektrophorese. Die Serumproben waren zuvor gesammelt und bei -80 °C gelagert worden. Nach dem Auftauen der Proben bei Raumtemperatur wurden je 10 µl Serum mit 40 µl Tris(hydroxymethyl)-aminomethan (TRIS)-Puffer (300 mM TRIS, 50 mM Calcium- chlorid, 50 mM Magnesiumchlorid) versetzt. Als Negativkontrolle dienten 50 µl des TRIS-Puffers, als Positivkontrolle eine Verdünnungsreihe des Enzyms Desoxyribo- nuklease I (DNAse I, Sigma-Aldrich, München, Deutschland) mit einem Aktivitäts- bereich zwischen 2 und 0,0035 Units ml-1 (U ml-1). Sowohl zu den Serumproben als auch zu der Negativ- und Positivkontrolle wurden 7,5 µl Kälberthymus-DNA (Sigma- Aldrich, München, Deutschland) mit einer Konzentration von 1 mg ml-1 gegeben. Es folgte eine 18-stündige Inkubation bei 37 °C. Anschließend wurde eine Phenol-Chlo- roform-Extraktion durchgeführt, um die in den Proben enthaltene DNA von den Se- rumproteinen zu trennen. Dafür wurden die Serumproben mit 50 µl Phenol-Chloro- form (Carl Roth, Karlsruhe, Deutschland) versetzt und 30 Sekunden bei 15.000 x g und Raumtemperatur zentrifugiert. Es bildete sich eine wässrige Phase, in der die DNA enthalten ist. Von dieser wässrigen Phase wurden 16 µl mit 4 µl Ladepuffer (Thermo Fisher Scientific, Schwerte, Deutschland) vermischt und in die Geltaschen eines einprozentigen Agarosegels pipettiert. Danach wurde eine 30-minütige Gel- elektrophorese bei 100 V Spannung durchgeführt. Von den entstandenen Gelen wurden unter UV-Bestrahlung Bilder aufgenommen, die zur Auswertung verwendet wurden. Die Bestimmung der DNAse I-Aktivität in den Serumproben erfolgte semiquantitativ, durch den Vergleich der Gelspuren der Proben mit den Gelspuren der DNase I-Verdünnungsreihe. Es wurden sechs Kate- gorien bestimmt (Tabelle 4.10.1), denen die Serumnukleaseaktivität infolgedessen zugeordnet werden konnte. 29
Material und Methoden Tabelle 4.10.1: Semiquantitative Einteilung der Serumnukleaseaktivität Aktivitäts- Zuordnung zur DNAse I-Aktivität kategorie 1 entspricht einer DNase I-Aktivität von 0 U ml-1 2 entspricht einer DNase I-Aktivität < 0,007 U ml-1 3 entspricht einer DNase I-Aktivität von 0,007 U ml-1 4 entspricht einer DNase I-Aktivität zwischen 0,007 und 0,015 U ml-1 5 entspricht einer DNase I-Aktivität zwischen 0,015 und 0,06 U ml-1 6 entspricht einer DNase I-Aktivität ≥ 0,06 U ml-1 Verdünnungsreihe des Enzyms Desoxyribonuklease I (DNase I), Units ml-1 (U ml-1) Ein exemplarisches Gelbild ist in Abbildung 4.10.1 dargestellt. Abb. 4.10.1 Serumnukleaseaktivität dargestellt mittels Gelelektrophorese In diesem exemplarischen Gelbild sind 22 Serumproben aufgetragen. Links im Bild liegen die Negativkontrolle (NC) und die Positivkontrolle (PC). Rechts befinden sich die DNase- Verdünnungsreihen. Die Nukleaseaktivitätskategorie ist jeweils unter der zugehörigen Se- rumprobe eingetragen. Je weiter unten im Bild sich die Serumprobe befindet, desto höher ist die zugehörige Nukleaseaktivität. 30
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