Neuweltkamele Alpakas und Lamas in Österreich Ihr Wissen wächst - www.lfi.at - Tiroler Tiergesundheitsdienst

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© Gerhard Rappersberger

Neuweltkamele
Alpakas und Lamas in Österreich
Ihr Wissen wächst   www.lfi.at
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PRÄAMBEL

                           „WER NICHTS WEISS, MUSS ALLES GLAUBEN.“
                                                        Marie von Ebner-Eschenbach

           Mit diesen Informationen wollen wir dazu beitragen, dass nicht alles geglaubt werden muss, was über Neuweltka-
           mele gesagt wird oder was darüber in digitalen Medien zu lesen ist. Die Broschüre sollte ein Fundament an Wissen
           vermitteln, worauf man bei weiterem Interesse aufbauen kann.

           IMPRESSUM

           Herausgeber und Medieninhaber:                             Hinweis: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wurde
           Ländliches Fortbildungsinstitut Österreich                 von geschlechtergerechter Formulierung Abstand ge-
           Schauflergasse 6, 1015 Wien                                nommen. Die gewählte Form gilt jedoch für Frauen und
                                                                      Männer gleichermaßen.
           Redaktionsteam: Mag. Max Hörmann, DI Elisabeth Lenz,
           Dr. Karl Bauer, Mag. Stefan Fucik, Mag. Martin Gruber,     Copyright: Alle Inhalte vorbehaltlich Druck- und Satz-
           Wolfgang Putzinger, Ing. Gerhard Rappersberger, Mag.       fehler. Die Erstellung der Unterlagen erfolgte nach
           (FH) Andreas Scheiber, Univ.-Prof. Dr. Thomas Wittek       bestem Wissen und Gewissen der Autoren. Autoren
                                                                      und Herausgeber können jedoch für eventuell fehler-
           Fotos: Amanda VandenBosch, Dr. Luise Kultscher,            hafte Angaben und deren Folgen keine Haftung über-
           Wolfgang Putzinger, Ing. Gerhard Rappersberger,            nehmen. Die vorliegende Publikation ist urheberrecht-
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, BIC OBKLAT2L           PEFC zertifiziert.           IBAN AT 90 1500 0007 1118 1248, BIC OBKLAT2L
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                                                      BANK AUSTRIA
                                                       UID-NR.   STEUER-NR. 238/3480
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                                             SPARKASSE
                         PEFC: PEFC-COC-00041/0         OÖ.AT 51 1200
                                                      IBAN            0802ATEOS1000069761
                                                                 EORI-NR.  1464 2500, BIC BKAUATWW
, BIC BKAUATWW
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                                                      BAWAG
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                                                                        FN 81709 k, KGBIC BAWAATWW
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     02
, BIC BAWAATWW                               BIC ASPKAT2L
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                              Förderung                 OBERBANK            GERICHTSSTAND LINZ
LINZ
 , BIC RZOOAT2L              nachhaltiger                         GmbH.
                                                                IBAN  AT  FN
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                                                                            3400     k,
                                                                                 0000ALS
                                                                            LANDES-     KG
                                                                                      0278 24244
                                                                                           9311,   d RZOOAT2L
                                                                                                 BIC
                                                                                         HANDELSGERICHT  LINZ
                                                        BLZ 15000, KTO. NR. 711-1812/48
                            Waldwirtschaft
                                                                 GERICHTSSTAND
                                                        BANK AUSTRIA CA        LINZ
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1.      EINFÜHRUNG                             04   6.      TIERGESUNDHEIT                                   22
1.1     Geschichte und Herkunft                04
                                                            UND ERKRANKUNGEN
        der Neuweltkamele                           6.1     Allgemeiner Teil                                 22
1.2     Domestikation                          05   6.1.1   Möglichkeiten der Überwachung                    22
                                                            der Gesundheit durch die Tierhalter
1.3     Geschichte in Österreich               05
                                                    6.1.2   Physiologische Parameter:                        23
                                                            Körpertemperatur, Atmung und Puls
2.      RECHTLICHE                             06
        GRUNDLAGEN                                  6.1.3   Neuweltkamele als Patienten                      24

2.1     Sachkunde der Betreuungsperson         06   6.1.4   Krankheitsvorbeugung (Prophylaxe)                25

2.2     Meldepflicht der Tierhaltung           06   6.2     Spezieller Teil                                  25

2.3     Tierkennzeichnung                      06   6.2.1   Zähne, Verdauung, Kotabsatz                      25

2.4     Mindestanforderungen für die Haltung   07   6.2.2   Erkrankungen durch Fütterungsfehler              26
        von Lamas und Alpakas                               und Stoffwechsel

2.5     Tiertransport                          08   6.2.3   Vergiftungen                                     26

2.5.1   Befähigungsnachweis, Zulassung         08   6.2.4   Infektionskrankheiten                            26
        als Transportunternehmer
                                                    6.2.5   Parasiten                                        27
2.5.2   Transportfähigkeit                     09

2.5.3   Transportpapiere                       09   7.      NUTZUNGSARTEN                                    29
                                                    7.1     Grünlandpflege                                   29
3.      KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN,             10
                                                    7.2     Faser als Hauptnutzungsart bei Alpakas           29
        TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT
                                                    7.2.1   Qualitätskriterien der Fasern                    29
3.1     Körperbau                              10
                                                    7.3     Neuweltkamele als Wanderbegleiter                32
3.2     Zuchtkriterien                         11
                                                    7.4     Pädagogische, heilpädagogische                   32
3.3     Trächtigkeit und Geburt                12           oder therapeutische Arbeit sowie tiergestützte
                                                            Interventionen mit Neuweltkamelen
3.3.1   Normale Geburt                         12
                                                    7.5     Lamas und Alpakas zum Herdenschutz               32

4.      HALTUNG UND MANAGEMENT                 16   7.6     Neuweltkamele als lebensmittelliefernde Tiere    33

4.1     Herdenstruktur und Verhalten           16
                                                    8.      BETREUUNG VON               34
4.2     Handling                               17           NEUWELTKAMELBESTÄNDEN DURCH
4.3     Aufstallung                            17           DEN TIERGESUNDHEITSDIENST
4.4     Einzäunung                             18
                                                    9.      WEITERFÜHRENDE                                   36
4.5     Pflege                                 18           LITERATUR
4.6     Schur                                  18

4.7     Zehennägel kürzen                      19
                                                    10. WICHTIGE ADRESSEN                                    37

5.      ERNÄHRUNG UND FÜTTERUNG                20   11. AUTOREN                                              37

5.1     Ernährung - Verdauung                  20

5.2     Fütterung                              20

5.3     Zusatzfutter und Futterzusätze         21

5.4     Weidepflege                            21
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1. Einführung
© Wolfgang Putzinger

                                    Autor: Ing. Gerhard Rappersberger

                                    1.1 GESCHICHTE UND HERKUNFT
                                    DER NEUWELTKAMELE
                                    Die Urformen der heutigen Alt- und Neuweltkamele ha-
                                    ben sich vor etwa 35 Millionen Jahren im Gebiet des
                                                                                           © Gerhard Rappersberger

                                    Mittleren Westens Nordamerikas entwickelt. Ein Teil
                                    dieser Urkamele ist während der letzten Eiszeit über
                                    die Beringstraße, einer Landverbindung von Amerika
                                    („Neue Welt“) nach Asien, in die „alte Welt“ gewan-
                                    dert. Daraus entwickelten sich zweihöckrige Trampel-   Abb 2 Vikunjas
                                    tiere und einhöckrige Dromedare als sogenannte „Alt-
                                    weltkamele“.
                                                                                           © Wolfgang Putzinger

                                                                                           Abb 3 Alpakas in Peru

                                                                                           entwickelt haben. Aus den Wildformen Guanako (Lama
                       EINFÜHRUNG

                                    © Gerhard Rappersberger

                                                                                           guanicoe) und Vikunja (Vicugna vicugna) gingen durch
                                                                                           frühe Domestikation und selektive Zucht über unzählige
                                                                                           Generationen das Lama (Lama glama) und das Alpaka
                                                                                           (Vicugna pacos) als Haustierformen hervor. Beim Alpaka
                                    Abb 1 Guanako                                          werden zwei Rassen unterschieden. Huacayas-Alpakas
                                                                                           mit ihrem feinen, gekräuselten und daher flauschigen
                                    Während die Kamelartigen in Nordamerika vor etwa       Vlies bilden ca. 90 % und Suri-Alpakas mit dem glän-
                                    12.000 Jahren ausstarben, ist ein anderer Teil davon   zenden, glatten Haarkleid nur etwa 10 % der weltwei-
                                    über Mittelamerika nach Südamerika gelangt, woraus     ten Population.
                       04           sich im Lauf der Jahrtausende die „Neuweltkamele“
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Sowohl Alt- als auch Neuweltkamele, welche auch als                      Die beiden Wildformen sind am Körper braun, am Bauch
Groß- und Kleinkamele bezeichnet werden, gehören als                     und an den Innenseiten der Beine sowie am Hals beige
Säugetierfamilie in die Ordnung der Paarhufer und da                     bis weiß. Am Kopf sind Guanakos grau, Vikunjas hell-
wiederum zu den Schwielensohlern.                                        braun.

1.2 DOMESTIKATION                                                        Die Haustierformen kommen in vielen verschiedenen Far-
Seit der frühen Domestikation, vor etwa 6.000 bis                        ben vor, von weiß über verschiedene Grau- und Braun-
7.000 Jahren, werden Lamas vorwiegend als Last-                          töne bis schwarz, wobei Lamas eher mehrfarbig sind, Al-
tiere eingesetzt, Alpakas fast ausschließlich als                        pakas in der Mehrzahl einfarbig. Über viele Generationen
Wolllieferanten. Beide Formen fanden oder finden                         wurden Alpakas vorwiegend auf weißes Vlies selektiert,
Verwendung als lebensmittelliefernde Tiere sowie                         da dieses als Ausgangsbasis für das Einfärben diente.
teilweise bis heute noch in Medizin und Religion. Die
Faser wird neben den Alpakas auch von den Lamas                          1.3 GESCHICHTE IN ÖSTERREICH
und von den Wildformen verwendet. Das Vlies der                          Im ausgehenden 20. Jahrhundert wurde die private Hal-
Alpakas ist durch selektive Zucht fast frei von Gran-                    tung und Nutzung von Neuweltkamelen zuerst in den
nenhaaren und mehr oder minder stark gekräuselt                          USA, in Großbritannien und danach auch am europäi-
(Englisch: crimp).                                                       schen Festland entdeckt und führte seither zu einem
                                                                         rasanten Anstieg der Tierzahlen in unseren Regionen.
Lamas und Alpakas findet man in erster Linie in Bolivien                 Lebten vor 30 Jahren etwa 100 Lamas und Alpakas in
und Peru, sowie in Argentinien und Chile, durch Exporte                  Österreich, wird der Bestand heute auf knapp zehntau-
aber inzwischen auch in größerer Anzahl in Australien,                   send Tiere in der Alpenrepublik geschätzt.
Nordamerika sowie in West- und Mitteleuropa.

                                  Lama                                                Alpaka
   Kopf                           ƒ lange Ohren, meist geschwungener Verlauf          ƒ kurze, spitze, symmetrische Ohren
                                  ƒ lange, schmale Nase                               ƒ kurze, gedrungene Nase
                                                                                      ƒ abgesetzte Stirn

   Körper                         ƒ großrahmig                                        ƒ klein
                                  ƒ gerade Rückenlinie mit Schwanzansatz in           ƒ stärkere Hinterbeinwinkelung
                                    dessen Verlängerung
                                                                                      ƒ leicht abfallendes Becken

   Höhe am Widerrist              ƒ 105 – 125 cm                                      ƒ 75 – 100 cm

   Gewicht                        ƒ ca. 125 – 175 kg                                  ƒ ca. 50 – 80 kg

   Rassen                         ƒ Classic                                           ƒ Huacaya
                                  ƒ Wooly                                             ƒ Suri
                                  ƒ Suri
                                                                                                                                      EINFÜHRUNG

   Farben                         ƒ weiß, beige, braun, grau, schwarz                 ƒ weiß, beige, braun, grau, schwarz
                                  ƒ einfarbig, gescheckt, getigert                    ƒ überwiegend einfarbig

   Faser                          ƒ feine Unterwolle                                  ƒ Huacaya Alpaka: feine gekräuselte Faser,
                                                                                        kaum Grannenhaare
                                  ƒ mehr (Classic Lama) oder weniger (Wooly
                                    Lama) grobe Grannenhaare                          ƒ Suri Alpaka: kaum Unterwolle, feine, glatte
                                                                                        Haare in Locken
                                  ƒ Suri Lama: kaum Unterwolle, feine, glatte
                                    Haare in Locken

   Tabelle 1 Unterschiede zwischen Lama und Alpaka (Gerhard Rappersberger)
                                                                                                                                        05
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2. Rechtliche
                                                                                                                                           Grundlagen
© Wolfgang Putzinger

                                               Autor: Mag. Stefan Fucik

                                               2.1 SACHKUNDE                                           2.2 MELDEPFLICHT
                                               DER BETREUUNGSPERSON                                    DER TIERHALTUNG
                                               Die 1. Tierhaltungsverordnung regelt unter anderem      Die Tierkennzeichnungs- und Registrierungsver-
                                               die Mindestanforderungen für die Haltung von Neu-       ordnung schreibt vor, dass die Haltung von Kame-
                                               weltkamelen sowie Art und Nachweis der Sachkunde        len innerhalb von sieben Tagen nach Aufnahme
                                               von Betreuungspersonen.                                 der Tierhaltung bei der zuständigen Bezirksverwal-
                                                                                                       tungsbehörde zu melden ist. Dabei sind auch be-
                                               Die erforderliche Eignung sowie die erforderlichen      stimmte Daten des Tierhalters und Daten zur Tier-
                                               Kenntnisse und beruflichen Fähigkeiten zur Betreuung    haltung anzugeben.
                                               von Tieren liegen jedenfalls dann vor, wenn:
                                                                                                       Definition „Kamele“: zur Gattung Camelus oder Lama
                                               1. Die Betreuungsperson über eine einschlägige          aus der Familie Camelidae, Unterordnung Tylopoda
                                                  akademische oder schulische Ausbildung verfügt,      gehörende Tiere, z. B. Lamas, Alpakas, Guanakos und
                                                  oder                                                 Vikunjas sowie Dromedar oder einhöckriges Kamel
                                                                                                       und Trampeltier oder zweihöckriges Kamel (Tierkenn-
                       RECHTLICHE GRUNDLAGEN

                                               2. Die Betreuungsperson über eine Ausbildung als        zeichnungs- und Registrierungsverordnung 2009).
                                                  Tierpfleger verfügt, oder
                                                                                                       2.3 TIERKENNZEICHNUNG
                                               3. Die Betreuungsperson nachweislich über eine          Kamele sind auf Kosten des Tierhalters vor dem Aus-
                                                  außerschulisch-praktische Ausbildung einschließ-     stellen von amtlichen Zertifizierungen, im Zuge einer
                                                  lich Unterweisung verfügt, oder                      Tierimpfung gegen anzeigepflichtige Tierseuchen oder
                                                                                                       andere einer veterinärrechtlichen Regelung unterlie-
                                               4. Die Betreuungsperson auf Grund eines Staatsver-      gende Tierkrankheiten oder auf behördliche Anord-
                                                  trages im Rahmen der europäischen Integration        nung mit einem injizierbaren Transponder von einem
                                                  über eine als gleichwertig anerkannte oder zu        Tierarzt kennzeichnen zu lassen.
                                                  geltende Ausbildung verfügt, oder
                                                                                                       Die Implantation des Transponders ist entweder im
                                               5. Sonst aus dem Werdegang oder der Tätigkeit der       Bereich des linken Ohrgrunds oder an der linken Hals-
                                                  Betreuungsperson glaubhaft ist, dass sie die übli-   seite eine Handbreite vor dem Schulterblatt vorzuneh-
                                                  che erforderliche Versorgung der gehaltenen Tiere    men. Es ist sehr empfehlenswert, die Stelle der Im-
                       06                         sicherstellen und vornehmen kann.                    plantation zu dokumentieren.
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2.4 MINDESTANFORDERUNGEN                                                   4. BEWEGUNGSFREIHEIT, PLATZANGEBOT
FÜR DIE HALTUNG VON LAMAS 		                                               4.1. Lamas sind in Gruppen zu halten. Ausgenommen
UND ALPAKAS                                                                hiervon ist die vorübergehende Einzelhaltung von zu-
Neben den einschlägigen Bestimmungen des Tierschutz-                       gekauften Tieren oder Tieren, die besonders aggressiv
gesetzes, die von jedem Tierhalter zu beachten sind,                       sind oder behandelt werden. Einzeln gehaltene Lamas
regelt zusätzlich die 1. Tierhaltungsverordnung die Min-                   müssen Sichtkontakt zu anderen Lamas haben.
destanforderungen für die Haltung von Lamas (derzeit ist
nur die Haltung von Lamas erfasst, die Bestimmungen                        4.2. Durch die Wahl der Besatzdichte ist die Erhaltung
sind jedoch auch sinngemäß auf Alpakas anzuwenden):                        einer Bodenvegetation sicherzustellen, die eine Weide-
                                                                           möglichkeit bietet. Davon ausgenommen ist die Haltung
1. GRUNDSÄTZLICHE ANFORDERUNGEN                                            von Lamas in Gehegen mit befestigtem Boden.
Die Haltung muss in mit Zäunen gesicherten Gehegen
erfolgen.                                                                  5. BETREUUNG UND ERNÄHRUNG
                                                                           Wenn die Tiere keinen ständigen Zugang zu einer Wei-
2. UMZÄUNUNG                                                               de haben, müssen sie jederzeit Raufutter zur freien Ver-
Der Zaun ist so auszuführen, dass er für die Tiere gut                     fügung haben.*)
erkennbar ist und die Tiere sich nicht verletzen können.
Stacheldraht darf nicht verwendet werden.                                  Einrichtungen zur Vorratsfütterung im Freien müssen
                                                                           überdacht sein.
3. STALLGEBÄUDE UND UNTERSTÄNDE
Den Tieren muss ein Stall oder ein Unterstand als Wit-                     Bei Verwendung von Tieren als Zugtiere oder Lasttie-
terungsschutz zur Verfügung stehen, der allen Tieren                       re oder zu sonstiger Arbeit ist sicherzustellen, dass
auch gleichzeitig Schutz bietet. Werden die Tiere vorü-                    die Tiere ausreichende Ruhepausen haben und nicht
bergehend auf Weiden ohne direkten Zugang zu einem                         überfordert werden. Innerhalb eines Zeitraumes von 24
Unterstand oder Stall gehalten, so muss entweder aus-                      Stunden ist jedenfalls eine durchgängige Ruhepause
reichend natürlicher Schutz durch Felsvorsprünge oder                      von mindestens acht Stunden zu gewähren. Dabei soll-
Baumgruppen vorhanden sein, oder die Tiere müssen                          te die Arbeitsbelastung in einem angemessenen Ver-
bei für die Tiere schädlicher Hitze oder Nässe in ein Ge-                  hältnis zur Leistungsfähigkeit des Tieres stehen. Kranke
hege mit Zugang zu einem Unterstand oder Stall ver-                        oder sonst beeinträchtigte Tiere dürfen zur Arbeit nicht
bracht werden.                                                             herangezogen werden.

Ein Unterstand muss aus mindestens zwei Seiten-                            *) Das Redaktionsteam dieser Broschüre empfiehlt
wänden und einer Überdachung bestehen. Ställe oder                         jedoch aus ernährungsphysiologischen Gründen drin-
Unterstände müssen eine lichte Raumhöhe von mindes-                        gend, dass Neuweltkamele ständig Zugang zu Raufutter
tens 200,00 cm aufweisen. Der Boden muss geschlos-                         haben. Auch, wenn ständiger Zugang zu einer Weide          RECHTLICHE GRUNDLAGEN
sen, rutschfest und trocken sein.                                          besteht.

   MINDESTSTALL- UND GEHEGEFLÄCHEN

                                         Mindeststallfläche         Mindeststallfläche    Mindestgehegefläche   Mindestgehegefläche
                                         pro Gruppe                 pro adultem Tier      pro Gruppe            pro adultem Tier

   Gehege mit ausschließlich
   befestigtem Boden
                                         6 m2                       2 m2                  250 m2                40 m2

   Sonstige Gehege                       6 m2                       2 m2                  800 m2                100 m2

   Tabelle 2 Die Mindestmaße für Stall- und Gehegeflächen (1. Tierhaltungsverordnung)
                                                                                                                                          07
Neuweltkamele Alpakas und Lamas in Österreich Ihr Wissen wächst - www.lfi.at - Tiroler Tiergesundheitsdienst
2.5 TIERTRANSPORT                                                      transporte, die von den Bestimmungen der EU-Tier-
                        Seit Jänner 2007 regelt die EU-Tiertransportver-                       transportverordnung ausgenommen sind, unterliegen
                        ordnung (EG) Nr. 1/2005 europaweit einheitlich all                     gemäß Tierschutzgesetz dennoch einigen wesentli-
                        jene Tiertransporte, die in Zusammenhang mit einer                     chen Anforderungen der EU-Tiertransportverordnung
                        wirtschaftlichen Tätigkeit bzw. zu kommerziellen                       sinngemäß! Für weitere Informationen darf auf die
                        Zwecken durchgeführt werden. Diese Verordnung                          LFI Broschüre „Tiertransportvorschriften in Öster-
                        ist grundsätzlich auf alle Wirbeltiertransporte anzu-                  reich“ verwiesen werden.
                        wenden. Jedoch existieren besondere Vorschriften in
                        erster Linie für landwirtschaftliche Nutztiere.                        2.5.1 BEFÄHIGUNGSNACHWEIS,
                                                                                               ZULASSUNG ALS TRANSPORTUNTERNEHMER
                        Die Verordnung gilt nicht für den Transport von Tie-                   Per EU-Verordnung ist ein Befähigungsnachweis nur
                        ren, der nicht in Verbindung mit einer wirtschaftli-                   für Transporte (zu wirtschaftlichem Zweck) über 65 km
                        chen Tätigkeit durchgeführt wird, und nicht für den                    von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Geflügel und
                        Transport von Tieren, der unter Anleitung eines                        Pferden vorgesehen. Neuweltkamele sind nicht aufge-
                        Tierarztes unmittelbar in eine bzw. aus einer Tier-                    listet, die Bestimmungen bezüglich des Befähigungs-
                        arztpraxis oder Tierklinik erfolgt. Aber Achtung, Tier-                nachweises treffen daher nicht zu.

                            VOLL INFORMIERT

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                            „Tiertransportvorschriften
                            in Österreich“
RECHTLICHE GRUNDLAGEN

                            Transportbescheinigung                     4. Auflage
                                                                       Neu: Hinweise für Hobbytransporte

                                                                       Tiertransportvorschriften
                                                                       in Österreich
                                                                                                                           www.lfi.at

                                                                   Abb 4 LFI Broschüre „Tiertransportvorschriften in Österreich“

08
Neuweltkamele Alpakas und Lamas in Österreich Ihr Wissen wächst - www.lfi.at - Tiroler Tiergesundheitsdienst
Zu beachten ist aber, dass für Transporte (zu wirtschaft-      ƒ Es handelt sich um neugeborene Tiere, deren Nabel-
lichem Zweck) von „Wirbeltieren“ - also auch Neuwelt-            wunde noch nicht vollständig verheilt ist.
kamelen - ab einer Strecke von über 65 km eine „Zu-
lassung als Transportunternehmer“ bei der zuständigen          In folgenden Fällen können kranke oder verletzte Tiere
Bezirksverwaltungsbehörde (BH, Amtstierarzt) zu bean-          jedoch als transportfähig angesehen werden:
tragen ist. Diese Zulassung ist betriebsbezogen, jeweils
fünf Jahre gültig und bei Transporten über 65 km mit-          ƒ Sind Tiere nur leicht verletzt oder leicht krank und
zuführen.                                                        der Transport würde für sie keine zusätzlichen Leiden
                                                                 verursachen, können sie jedoch als transportfähig
2.5.2 TRANSPORTFÄHIGKEIT                                         angesehen werden; in Zweifelsfällen ist ein Tierarzt
Die Einhaltung der Vorschriften bezüglich Transportfä-           hinzuzuziehen.
higkeit ist sehr wichtig und wird bei Kontrollen beson-
ders beachtet.                                                 ƒ Sie werden unter tierärztlicher Überwachung zum
                                                                 Zwecke oder nach einer medizinischen Behandlung
Tiere dürfen nur transportiert werden, wenn sie im Hin-          oder einer Diagnosestellung befördert. Transporte
blick auf die geplante Beförderung transportfähig sind           dieser Art sind jedoch nur zulässig, soweit den betreffen-
und wenn gewährleistet ist, dass ihnen unnötige Ver-             den Tieren keine unnötigen Leiden zugefügt werden.
letzungen und Leiden erspart bleiben.
                                                               2.5.3 TRANSPORTPAPIERE
Verletzte Tiere und Tiere mit pathologischen Zuständen         Personen, die Tiere transportieren, sind verpflichtet, im
gelten als nicht transportfähig. Dies gilt vor allem in fol-   Transportmittel Papiere mitzuführen, aus denen Folgen-
genden Fällen:                                                 des hervorgeht:

ƒ Die Tiere können sich nicht schmerzfrei oder                 a) Herkunft und Eigentümer der Tiere,
  ohne Hilfe bewegen.
                                                               b) Versandort,
ƒ Sie haben große offene Wunden oder schwere
  Organvorfälle.                                               c) Tag und Uhrzeit des Beginns der Beförderung,

ƒ Es handelt sich um trächtige Tiere in fortgeschrittenem      d) vorgesehener Bestimmungsort,
  Trächtigkeitsstadium (90 % oder mehr) oder um Tiere,
  die vor weniger als sieben Tagen geboren haben.              e) voraussichtliche Dauer der geplanten Beförderung.

                                                                                                                              RECHTLICHE GRUNDLAGEN

                                                                                                                                  09
Neuweltkamele Alpakas und Lamas in Österreich Ihr Wissen wächst - www.lfi.at - Tiroler Tiergesundheitsdienst
3. Körperbau,
                                                                                                                                                                                                   Zuchtkriterien,
                                                                                                                                                                                                   Trächtigkeit
                                                                                                                                                                                                   und Geburt
© Wolfgang Putzinger

                                                                            Autoren: Univ.-Prof. Dr. Thomas Wittek,
                                                                                     Ing. Gerhard Rappersberger
                       KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT

                                                                            3.1 KÖRPERBAU
                                                                            Unabhängig davon für welchen Verwendungszweck oder
                                                                            für welche Nutzungsart Neuweltkamele angeschafft
                                                                                                                                        © Gerhard Rappersberger

                                                                                                                                                                      © Gerhard Rappersberger
                                                                            werden, man sollte immer beachten, dass die Tiere ein
                                                                            Lebensalter von mehr als zwanzig Jahren erreichen kön-
                                                                            nen. Dafür ist ein entsprechend gesunder Körperbau un-
                                                                            bedingte Voraussetzung. Tierhalter werden langfristig
                                                                            keine ungetrübte Freude an ihren Tieren haben, wenn         Abb 5 Korrekte Fessel        Abb 6 Durchtrittige Fesseln
                                                                            zusätzlich durch körperbauliche oder genetisch bedingte
                                                                            Mängel ein erheblicher Pflegeaufwand, der oft mit ver-
                                                                            meidbaren Kosten verbunden ist, anfällt. Zum Erreichen
                                                                            der erwarteten Lebensspanne braucht es ein möglichst
                                                                            gesundes Fundament der Zuchttiere. Das gilt auch,
                                                                            wenn sie „nur“ als Freizeit- und Hobbytiere angeschafft
                                                                            werden. Dieses korrekte Fundament leitet sich von den
                                                                            Wildformen der Lamas und Alpakas ab. Und da sehen
                                                                            wir gerade Vorderbeine, die im Stand senkrecht von
                                                                            den Schultergelenken zum Boden verlaufen, sowohl von
                                                                            vorne als auch von der Seite betrachtet. Die Hinterbeine
                                                                            verlaufen von hinten betrachtet ebenfalls senkrecht und
                                                                            möglichst geradlinig von den Hüftgelenken zum Boden.
                                                                            Seitlich betrachtet haben die Hinterbeine eine typische
                                                                            Winkelung, die bei Alpakas stärker ist als bei den Lamas.
                                                                                                                                        © Wolfgang Putzinger

                                                                            Auch die Neigung des Beckens ist beim Alpaka stärker.
                                                                            Die Fesselbeine weisen eine typische Winkelung von 45
                                                                            bis 60 Grad zum Boden auf.
                                                                                                                                        Abb 7 Korrekter Körperbau
                                                                            Durchtrittigkeit führt früher oder später ebenso zu Ge-
                                                                            lenksproblemen verbunden mit Schmerzen wie X-Beine          durch die andere Beckenstellung leicht nach oben ge-
                                                                            oder Achsendrehungen in den Beinen. Die Rückenlinie ist     wölbt. Die Beinlänge soll bei einem ausgewogen propor-
                       10                                                   beim Lama möglichst gerade und horizontal, beim Alpaka      tionierten Tier in guter Relation zur Rumpflänge und zur
Länge des Halses stehen. Bei der Standardbeschreibung        Neben den Grundmerkmalen eines gesunden Funda-
von Lamas und Alpakas geht man vom gleichen Maß der          mentes und Formates der Zuchttiere gibt es noch zahl-
Länge der Vorderbeine vom Schultergelenk bis zum Bo-         reiche weitere Faktoren, die über Erfolg oder Misserfolg
den, und der Länge der Wirbelsäule vom Widerrist bis         in der Tierzucht entscheiden. Genetische Mängel, die
zum Becken, sowie der Länge des Halses vom Schulter-         bei den Tieren bereits offensichtlich sind, sollten bei ver-
ansatz bis zur Schädelbasis aus.                             antwortungsvollen Tierhaltern zu einem Zuchtausschluss
                                                             führen. Gerade diese Mängel sind aber für den weniger
Die Zehennägel sollten möglichst gerade aus dem Nagel-       informierten Interessenten oft nicht leicht zu erkennen.
bett kommen, um durch natürlichen und gleichmäßigen          Eine Krümmung im Schwanz, eine von vier abweichende
Abrieb den Pflegeaufwand zu minimieren.                      Zitzenanzahl, Vorbiss oder Rückbiss, Zahnfehlstellungen,
                                                             verdrehte Zehennägel, lamatypische Ohren beim Alpaka,
3.2 ZUCHTKRITERIEN                                           fehlerhafte Gliedmaßenstellung, um nur einige zu nen-
Die im Kapitel Körperbau angeführten Kriterien sind          nen, erfordern schon einer eingehenden Prüfung durch
einige der Grundvoraussetzungen für eine erfolg-             den Interessenten. Blaue oder helle Augen sind da schon
reiche Haltung und Zucht von Neuweltkamelen. Im              leichter als genetisches Problem zu erkennen.
Gegensatz zur Vermehrung bedeutet Zucht die Ver-
besserung der Merkmale der Nachkommen im Ver-                Viele Neuweltkamele werden von Erstkäufern zunächst
gleich zur Elterngeneration.                                 als Freizeit- oder Hobbytiere angeschafft, nach wenigen
                                                             Jahren aber gibt es auch da bei der entsprechenden

                                                                                                                            KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT
                                                             Herdenkonstellation Nachwuchs. Dieser Nachwuchs
                                                             sollte dann möglichst hochwertig sein. Gerade das aber
                                                             kann man von Elterntieren mit körperbaulichen Män-
                                                             geln nicht erwarten.
© Gerhard Rappersberger

Abb 8 Lama bei der Bewertung
                                                             © Foto Gerhard Rappersberger

Im Laufe der Zucht ist bei Lamas (Transporttiere) auf eine
korrekte Gliedmaßenstellung ein größeres Augenmerk
gelegt worden als bei Alpakas (Fasertiere), daher haben
Lamas im Durchschnitt eine bessere Gliedmaßenkon-
formation. Bei Alpakas treten nicht selten X-Beinig-         Abb 9 Korrekte Schneidezähne
keit der Vordergliedmaßen und kuhhessige Stellun-
gen der Hintergliedmaßen auf. Diese Abweichungen             Werden Alpakas wegen der Fasernutzung ange-
werden von den Zuchtverbänden in die Zuchteig-               schafft, sollte trotzdem auf das Fundament und For-
nungsbewertung der Tiere einbezogen. Sehr starke             mat der Tiere geachtet werden. Die Qualität der Fa-
Abweichungen können zum Zuchtausschluss führen.              ser kann man bei selektiver Zucht innerhalb von zwei
Vor allem bei älteren Tieren kommt es vermehrt zum           Generationen wesentlich verbessern, ein fehlerhaf-
Senkrücken. Eine weitere Veränderung des Skeletts            ter Körperbau der Zuchttiere ist wesentlich schwerer
ist der Knickschwanz, der durch die angeborene               zu korrigieren.
Missbildung von Schwanzwirbeln entsteht. Da diese
Veränderung in der Regel mit weiteren Veränderun-            Schlussendlich sprechen wir von Tieren, die wir
gen an der Wirbelsäule verknüpft ist, werden auch            meist sehr personenbezogen einsetzen und nutzen
diese Tiere von der Zucht ausgeschlossen.                    wollen. Grundvoraussetzung für diese Nutzungsart                          11
ist neben einem korrekten Körperbau auch ein um-          3.3.1 NORMALE GEBURT
                                                     gänglicher Charakter. Da die Lebewesen in erster Li-      Die Geburt wird in drei Phasen untergliedert:
                                                     nie und überwiegend von ihren Artgenossen lernen,
                                                     ist eine Sozialisierung der Tiere in einem ausgegli-                        1. ERÖFFNUNGSPHASE
                                                     chenen und ruhigen Umfeld die beste Voraussetzung
                                                     für ein umgängliches Wesen. Bei der Auswahl der
                                                     Tiere sollten auch die Umgangsformen beachtet wer-
                                                     den, die der Verkäufer mit seinen Tieren pflegt. Auch
                                                     die Gelassenheit und Ruhe innerhalb der Herde prägt
                                                     den Charakter der dort aufgewachsenen Tiere.

                                                     3.3 TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT

                                                                                                               © Andrea Rohrer
                                                     Bei Neuweltkamelen wird der Eisprung erst durch den
                                                     Deckakt ausgelöst (induzierte Ovulierer). Der Geburts-
                                                     zeitpunkt lässt sich damit einigermaßen planen und
                                                     wird in der Regel für das späte Frühjahr oder den Früh-   Abb 10 Noch intakte Fruchtblase in der Scheide
                                                     sommer angelegt.
                                                                                                               Die Eröffnungsphase kann bei einigen Tieren am unruhi-
                                                     Die durchschnittliche Trächtigkeitsdauer bei Neuwelt-     gen Verhalten erkannt werden, hierbei setzen sie unter
KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT

                                                     kamelen liegt bei 340 bis 350 Tagen, Ausweitungen         Umständen vermehrt Kot und Harn ab. Andere Tiere zei-
                                                     dieses Zeitraumes sind jedoch nicht selten. Es gibt Be-   gen jedoch kaum Anzeichen. Insgesamt kann diese Phase
                                                     richte von Trächtigkeitsdauern über 365 Tage. Das Euter   ca. 4 - 6 Stunden dauern. Am Ende der Eröffnungsphase
                                                     bildet sich in den letzten Tagen vor der Geburt an und    erscheint die Fruchtblase in der Scheide (Abbildung 10).
                                                     kann als Zeichen der nahenden Geburt betrachtet wer-
                                                     den. Andere Vorzeichen der Geburt sind bei den Neu-                         2. AUSTREIBUNGSPHASE
                                                     weltkamelen nur sehr gering ausgebildet. Auch daher
                                                     ist eine genaue Dokumentation der Bedeckung ratsam.

                                                     Da die Stuten ihre Fohlen nicht trocken lecken, muss
                                                     die Sonne diese Aufgabe erledigen, so dass die Gebur-
                                                     ten in der Regel während der späten Morgenstunden
                                                     bis zur frühen Mittagszeit stattfinden. Aufgrund der in
                                                     Mitteleuropa vorhandenen guten Umweltbedingungen
                                                                                                               © Andrea Rohrer

                                                     hat sich dieser „typische Geburtszeitraum“ etwas ge-
                                                     lockert und die Tiere gebären unter Umständen auch
                                                     nachmittags.
                                                                                                               Abb 11 Alpakastute bei der Geburt eines Crias (Jungtier) im Stehen

                                                                                                               Während der Austreibungsphase reißen die Fruchthül-
                                                                                                               len, das Cria wird durch die Wehentätigkeit aus der
                                                                                                               Gebärmutter durch den Muttermund und die Scheide
                                                                                                               nach außen gepresst. Die normale Position des Foh-
                                                                                                               lens ist eine Vorderendlage (Vorderbeine und Kopf er-
                                                                                                               scheinen zuerst in der Scheide), eine obere Stellung
                                                                                                               (die Wirbelsäule des Fohlens zeigt zur Wirbelsäule der
                                                                                                               Mutter, d. h. Fohlen wird richtig herum geboren) und
                                                                                                               eine gestreckte Haltung (Vordergliedmaßen und Kopf
                                                                                                               sind gestreckt). Das Muttertier bleibt während der
                                                                                                               Geburt in der Regel stehen, so dass das Fohlen auf
12                                                                                                             die Erde fällt (Abbildung 11). Die Austreibungsphase
DENKANSTÖSSE           ZUR ZUCHT
       Wolfgang Putzinger

               01                                    07

  Ein korrekter Körperbau ist        Durch die langsame Vermehrung
   wesentlich in der Zucht.          mit max. 1 Fohlen pro Jahr ist ein
                                      Zuchtfortschritt sehr langsam
                                                zu erzielen.
               02

        Verbesserungen
                                                     08
         dauern Jahre.
                                        Manche Merkmale werden
                                      überproportional von einem der

                                                                           KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT
               03
                                          beiden Partner vererbt.
 Neuweltkamele leben bis zu
 20 Jahre und sollen während
                                                     09
  dieser Zeit gesund sein, um
 gute, gesunde Nachkommen            Künstliche Befruchtung hat keine
        zu produzieren.                  Bedeutung in der Zucht.

               04                                    10

   Die Faser kann in zwei bis        Jede Abweichung vom Ideal kann
 drei Generationen wesentlich          als gering/mittel/hochgradig
      verbessert werden.                    bezeichnet werden.

               05                                    11

   Die Faser weißer Tiere ist          Mehrere verschiedene Farbtöne
tendenziell (noch) feiner als die    treten beim Alpaka auf, nicht jede
       farbiger Alpakas.               Farbkombination ist anzuraten
                                    bzw. möglich, es können bei falscher
                                     Anpaarung blinde/taube Tiere mit
               06
                                    blauen Augen auf die Welt kommen.
  Man muss wissen, welche
    Merkmale des Tieres
                                                     12
    zu verbessern sind.
                                        Ausbildung ist der Schlüssel
                                             zum Zuchterfolg.

                                                                                      13
dauert normalerweise weniger als 45 Minuten. Sie
                                                     kann jedoch von der Stute unter Gefahren- und Stress-
                                                     situationen unterbrochen werden, was für das Fohlen
                                                     und den Geburtsablauf negative Auswirkungen haben
                                                     kann. Daher sollten gebärende Tiere nicht durch un-
                                                     nötige Maßnahmen oder Unruhe durch viele Personen
                                                     gestresst werden.

                                                                                                               © Gerhard Rappersberger
                                                                               3. NACHGEBURTSPHASE

                                                                                                               Abb 14 Säugendes Cria nach beendeter Geburt

                                                                                                               GEBURTSSTÖRUNGEN
                                                                                                               In über 90 % der Fälle verläuft die Geburt problemlos. Das
                                                                                                               Cria kommt in Vorderendlage, oberer Stellung und ge-
                                                     © Henrik Wagner

                                                                                                               streckter Haltung zur Welt und es sind keinerlei Eingriffe
                                                                                                               notwendig. Dennoch ist es ratsam den Geburtsverlauf zu
KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT

                                                                                                               beobachten, um, falls notwendig, unmittelbar eingreifen
                                                     Abb 12 Nachgeburtsabgang bei einer Stute                  zu können. Geburtsstörungen können sowohl vom Cria als
                                                                                                               auch von der Mutter ausgehen. Die Art der Störung kann
                                                     Während der dritten Phase wird innerhalb von wenigen      durch eine tierärztliche Untersuchung festgestellt werden.
                                                     Stunden (< 6 Stunden) die Nachgeburt abgesetzt. Die       Die Ursachen reichen dabei von fehlerhaften Stellungen,
                                                     Nachgeburt muss auf Vollständigkeit kontrolliert wer-     Lagen und Haltungen (z. B. Hinterendlage, untere Stellung
                                                     den (Abbildung 12 und Abbildung 13). Ist der Nachge-      oder gebeugter Kopf bzw. Gliedmaßen) zu übergroßen
                                                     burtsabgang verzögert oder unvollständig, ist der Tier-   Fohlen oder Enge des Muttermundes, Verdrehung der Ge-
                                                     arzt beizuziehen. Die Nachgeburt wird, im Gegensatz zu    bärmutter oder Wehenschwäche der Mutter. Geburtssto-
                                                     anderen Tieren, von der Stute nicht gefressen. Daher      ckungen stellen Notfälle dar, die unverzüglich tierärztlicher
                                                     sollte sie immer auffindbar sein.                         Diagnostik und Behandlung bedürfen.

                                                                                                               Aufgrund der Gefahr, dass bei nicht zeitgerechtem Ein-
                                                                                                               greifen das Fohlen sterben und die Mutter geschädigt
                                                                                                               werden kann, ist es jedoch sehr sinnvoll, sich als Tier-
                                                                                                               halter Grundkenntnisse anzueignen, um eine Laien-
                                                                                                               geburtshilfe fachgerecht durchführen zu können. Dazu
                                                                                                               werden spezifische Weiterbildungskurse angeboten.
                                                                                                               Als eine wichtige Regel zur Erkennung von Geburtsstö-
                                                                                                               rungen gilt, dass eine Stute, welche erst nachmittags
                                                                                                               oder abends mit den Anzeichen einer Geburt beginnt,
                                                                                                               intensiver beobachtet werden sollte. Legt sich die ge-
                                                                                                               bärende Stute öfter hin und steht wieder auf, ohne dass
                                                                                                               das Cria weiter aus dem Geburtsweg ausgetrieben
                                                                                                               wird, kann dies als ein Zeichen für eine Geburtssto-
                                                                                                               ckung angesehen werden. Das sollte eine geburtshilf-
                                                     © Gerhard Rappersberger

                                                                                                               liche Untersuchung nach sich ziehen. Ist das Tier in Ge-
                                                                                                               burt und sind ca. 45 Minuten nach Erscheinen der Füße
                                                                                                               keine weiteren Körperteile (Kopf) zu erkennen, muss
                                                                                                               ebenfalls eine geburtshilfliche Untersuchung erfolgen.
14                                                   Abb 13 Lamastute mit Cria
DAS NEUGEBORENE                                                Stuten muss die Gesundheit des Euters überprüft werden.
Nach erfolgter Geburt sollte das Fohlen hinsichtlich           Sind keine Veränderungen zur Erklärung der Abwehr des
Lebensfunktionen beurteilt werden, der Nabel wird              Fohlens vorhanden, sollte geprüft werden, ob diese Stuten
von außen mit einer verdünnten Jodlösung desinfiziert.         weiter in der Zucht eingesetzt werden müssen, da Mütter-
Schleim aus Nase und Maul kann ausgestrichen wer-              lichkeit stark vererbt wird.
den, jedoch sind Maßnahmen wie das Kopf nach unten
Hängen des Fohlens wirkungslos und schaden den Tieren          Die Aufnahme von Kolostrum (Biestmilch) in den ers-
eventuell. Auch die unter den Haltern weitverbreitete ge-      ten Lebensstunden ist von entscheidender Bedeutung
nerelle Gabe von Einläufen zum Abgang des Darmpechs            für das Immunsystem des Crias. Es muss von den Tier-
ist nicht notwendig und kann potenziell zu Komplikationen      haltern beobachtet werden, ob das Neugeborene regel-
führen. Das Darmpech (Mekonium) wird bei Tieren nach           mäßig bei der Stute zum Saugen geht. Auch unterstützt
ungestörten Geburten, die ausreichend Kolostrum aufneh-        die Aufnahme von Biestmilch den Abgang des Darm-
men, fast ausnahmslos ohne Intervention abgesetzt. Das         pechs (Mekonium). Falls das Fohlen aus verschiedenen
Neugeborene wird von der Mutter nicht abgeleckt, es ver-       Gründen keine oder zu wenig Biestmilch aufnimmt, ist
sucht nach relativ kurzer Zeit aufzustehen, was nach einer     tierärztliche Hilfe notwendig. Es gibt kommerziell her-
Stunde gelungen sein sollte.                                   gestellte Kolostrumersatzprodukte. Stehen diese nicht
                                                               zur Verfügung, kann im Notfall auch auf Kolostrum von
Die Stute sollte ihr Fohlen im Anschluss an die Geburt prob-   Wiederkäuern zurückgegriffen werden. Zeigt das Neu-
lemlos an das Euter lassen, um es zu tränken. Das Euter der    geborene unnormale Anzeichen (z. B. Seitenlage, Atem-

                                                                                                                             KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT
Stute hat vier Zitzen, selten treten Tiere mit überzähligen    not, Missbildungen) oder steht nach ca. maximal zwei
Zitzen auf. Es gibt immer wieder wenig mütterliche Stuten,     Stunden noch nicht selbständig, ist ebenfalls tierärztliche
die das Fohlen nicht saugen lassen oder auch Stuten, die       Hilfe zuzuziehen.
offensichtlich zu wenig Milch gebildet haben. Bei diesen

                                                                                                                                        15
4. Haltung
                                                                                                                                                  und Management
© Gerhard Rappersberger

                                                   Autoren: Ing. Gerhard Rappersberger,
                                                            Univ.-Prof. Dr. Thomas Wittek, Wolfgang Putzinger

                                                     Lebenserwartung
                                                     20 bis 25 Jahre

                                                     Trächtigkeitsdauer
                                                     340 - 350 Tage (Abweichungen sind möglich)
                                                                                                             © Gerhard Rappersberger

                                                     Geburtsgewicht
                                                     Lama: 8 - 15 kg, Alpaka 5 - 8 kg

                                                     Zuchtreife
                                                     Stute: ca. 2 Jahre, Hengst etwa 30 Monate               Abb 15 Lamas und Alpakas
                          HALTUNG UND MANAGEMENT

                                                     Säugeperiode                                            Bei lediglich zwei oder drei Tieren wird diese Rangord-
                                                     9 bis 12 Monate                                         nung nicht immer so augenscheinlich sein. Im natürli-
                                                                                                             chen Verband leben die Stuten in Herden von etwa 10
                                                     Zahnwechsel                                             bis 15 Stuten und Jungtieren mit einem Hengst, der die
                                                     beginnend mit etwa 2 - 4 Jahren                         Herde gegenüber potenziellen Konkurrenten vehement
                                                                                                             verteidigt. Hengstkämpfe erfolgen durch gegenseitiges
                                                     Tabelle 3 Biologische Eckdaten von Lamas und Alpakas    Jagen, Schreien, Bespucken, Treten und Beißen in Hals-,
                                                     (Gerhard Rappersberger)
                                                                                                             Bein- und Genitalbereiche.

                                                                                                             Innerhalb der Herde wird zur Festlegung der Rangord-
                                                   4.1 HERDENSTRUKTUR                                        nung auch häufig gespuckt. Dabei wird halbverdauter
                                                   UND VERHALTEN                                             Mageninhalt hochgerülpst und dem Gegner zielgerich-
                                                    Als Herdentiere haben Neuweltkamele ab einer gewis-      tet ins Gesicht gespuckt.
                                                   sen Gruppengröße eine sehr feste Struktur innerhalb
                                                   dieser Herde. Neuweltkamele dürfen nicht einzeln ge-      Menschen werden von Neuweltkamelen bei richtiger
                                                   halten werden (siehe Tierschutzgesetz). Die gemeinsa-     Sozialisierung als artfremde und ranghöhere Individuen
                                                   me Haltung mit anderen Tierarten ist möglich, aber kein   anerkannt und bei tiergerechtem Umgang nicht ange-
                          16                       Ersatz für Artgenossen.                                   spuckt. Lediglich fehlgeprägte oder von Menschen ver-
wöhnte Lamas oder Alpakas oder Tiere in äußerster Be-        dem der Lamas, es erfordert manchmal etwas mehr Ge-
drängnis werden zielgerichtet gegen Menschen spucken.        duld. Dieser Unterschied ist im Übrigen auch zwischen
Neuweltkamele können während ihrer Prägephase, in der        den Wildformen Guanako und Vikunja zu bemerken.
Regel während der ersten paar Lebensmonate, nicht zwi-
schen Artgenossen und Artfremden unterscheiden. Bei zu       Neuweltkamele lieben Rituale, ein erfolgreiches Training
intensiver Betreuung durch Menschen betrachten sie die-      beinhaltet daher Konstanz, konsequentes und zielorien-
se als Artgenossen und werden sie im geschlechtsreifen       tiertes Vorgehen und verzichtet auf jegliche Belohnung
Alter bekämpfen (Berserk Male Syndrome).                     in Form von Leckerlis. Ein ruhiger Umgang und ein gutes
                                                             Maß an Gelassenheit führen eher zum Erfolg als jede
Die Leitstute einer Herde verteidigt ihre Gruppe gegen       Hektik und/oder Gewalt.
potenzielle Fressfeinde durch Alarmrufe und darauffol-
gendes aktives Vertreiben von Eindringlingen. Beutegrei-     Für den Einsteiger ist ein Basiskurs für den Umgang mit
fer (Bussard, Habicht etc.) meiden Neuweltkamelgehege        Neuweltkamelen unbedingt zu empfehlen. Dabei sollte
ebenfalls wegen deren Größe und ständigen Wachsam-           man besonderes Augenmerk auf das Handling, also den
keit, weshalb sie bei Freilandgeflügelhaltung als Herden-    alltäglichen Umgang mit den Tieren legen. Die denkbar
schutz eingesetzt werden können.                             ungünstigste Kombination ist ein untrainiertes Tier bei
                                                             einem ungeübten Tierhalter. Es gibt viele Situationen,
4.2 HANDLING                                                 bei denen es unerlässlich ist, ein Lama oder Alpaka in
                                                             kurzer Zeit zu halftern und an der Leine führen zu müs-
                                                             sen (Untersuchungen, Kontrollen, Scheren, Nagelpfle-
                                                             ge, um nur einige zu nennen). Wenn das entsprechend
                                                             eingeübt ist, können sehr viel Zeit und Nerven gespart
                                                             werden und die Freude an und mit den Tieren überwiegt.

                                                             4.3 AUFSTALLUNG
                                                             Die Mindestanforderungen an Unterstand und Weideflä-
                                                             che für die Neuweltkamelhaltung sind im Tierschutzgesetz
© Gerhard Rappersberger

                                                             geregelt - siehe Kapitel über rechtliche Grundlagen.

                                                             Darüber hinaus sollte der Unterstand derart beschaffen
                                                             sein, dass:
Abb 16 Wanderung

                                                                                                                        HALTUNG UND MANAGEMENT
                                                             ƒ der Eingangsbereich nicht von einzelnen Tieren
Obwohl Neuweltkamele mit zu den ältesten Haustier-             blockiert werden kann.
rassen zählen, werden sie nicht als fertig ausgebildet
geboren, wir müssen sie trainieren, um die von ihnen         ƒ im Unterstand keine engen Gassen oder Winkel sind.
erwarteten Fähigkeiten und Leistungen abrufen zu kön-
nen. Dieses Training sollte erst nach der artgerechten So-   ƒ alle Tiere gleichzeitig Platz finden und ausreichend
zialisierung innerhalb der Herde, im Alter von etwa zehn       Freiraum bleibt (Distanzverhalten).
bis zwölf Monaten erfolgen. Neuweltkamele wurden in
einer Kulturepoche domestiziert, von der wenig überlie-      ƒ ausreichend Kopffreiheit gewährleistet ist.
fert oder bekannt ist. Das artgerechte Training ist daher
weniger eine Problemstellung für die Tiere als vielmehr      ƒ der Boden möglichst rutschsicher ausgebildet ist.
eine Herausforderung für die trainierenden Menschen.
Prinzipiell sind Lamas dadurch, dass sie tausende Jahre      ƒ ausreichend Tageslichteinfall gegeben ist.
selektiv vorwiegend auch auf Umgänglichkeit, Willigkeit
und Lernfähigkeit gezüchtet worden sind, lernfähiger als     ƒ die gesamte Anlage möglichst zugfrei ist.
Alpakas. Der Herdentrieb ist bei den Alpakas ausgepräg-
ter als bei Lamas. Bei zielorientierter Herangehensweise     ƒ keine Einstreu verwendet wird, die das Vlies
ist allerdings auch das Training von Alpakas ganz ähnlich      verunreinigt.                                                 17
finden. Diesem Umstand müssen die Tierhalter gerecht
                                                                                        werden und den Tieren hier möglichst artgerechte Bedin-
                                                                                        gungen bieten. Da Lamas und Alpakas hierzulande meist
                                                                                        als Freizeittiere gehalten werden, genießen sie ohnehin
                                                                                        besonderen Pflegestatus.
                         © Gerhard Rappersberger

                                                                                        Gebiss- oder Zahnfehlstellungen führen bei vielen Tieren
                                                                                        zu mehr oder weniger häufigen Korrekturarbeiten an den
                                                                                        Schneidezähnen, was nicht nur aufwendig, sondern auch
                         Abb 17 Alpakas baden gern                                      teuer werden kann. Krumme Zehennägel erfordern jähr-
                                                                                        lich mehrmaliges Kürzen der Nägel, was den Pflegeauf-
                                                                                        wand ebenfalls erhöht.

                                                                                        Die Pflegemaßnahmen beziehen sich nicht ausschließ-
                                                                                        lich auf die Tiere selbst, auch das Umfeld, der Unterstand
                                                                                        oder Stall, der Auslauf, die Weideflächen sowie die Zäu-
                         © Gerhard Rappersberger

                                                                                        ne wollen gepflegt und instandgehalten werden.

                                                                                        Das Vlies der Tiere wird in den meisten Fällen weiterver-
                                                                                        arbeitet und kann nur so sauber sein, wie es die Umstän-
                         Abb 18 Lamas beim Sandbad                                      de erlauben. Einstreu mit Sägemehl machen die Faser
                                                                                        nicht nutzbar, wenn sich die Tiere darin wälzen, Disteln
                         4.4 EINZÄUNUNG                                                 und Kletten auf der Weide finden sich ebenso im Vlies
                         Der Weidezaun muss derart gestaltet sein, dass die Tiere       wieder und machen es unbrauchbar.
                         sicher im Gehege verwahrt sind, sie sich nicht verletzen
                         können und der Zaun gut erkennbar ist - auch bei Extrem-       Das Beobachten des Tierverhaltens innerhalb der Grup-
                         situationen oder Panik. Dazu eignen sich Maschendraht-         pe sowie das Monitoring des Ernährungszustandes und
                         zaun, Gitterzaun oder Bretterzaun mit einer Höhe von 1,20      die routinemäßige Kontrolle des Parasitenbefalls sind
                         bei Alpakas und mindestens 1,40 Metern bei Lamas. Ein ge-      wesentliche Faktoren zum Erhalt der Tiergesundheit.
                         erdeter Elektrozaun mit mindestens drei Litzen ist ebenfalls   Diese Maßnahmen können mit einer Bestandsbetreu-
                         geeignet, wenn die Tiere ihn zu respektieren gelernt haben,    ung durch einen Tierarzt oder durch einen Vertrag mit
                         vor allem zum Unterteilen von größeren Weiden in kleinere      dem Tiergesundheitsdienst ergänzt werden, wodurch
HALTUNG UND MANAGEMENT

                         Koppeln oder Portionsweiden. Die unterste Litze sollte aus     eine größtmögliche Herdengesundheit erreicht werden
                         Metalldraht sein, da Weidebänder oder Seile zwar gut sicht-    sollte.
                         bar, durch die starke Bewollung aber wenig effizient sind.
                                                                                        4.6 SCHUR
                         Nicht geeignet ist ein Elektrozaun als Grenze zwischen un-     Alpakas und in geringerem Ausmaß auch Lamas wurden
                         terschiedlichen Tiergruppen, zum Beispiel Jungtieren und       selektiv gezüchtet, um Fasern zu produzieren. Diesem Um-
                         deren Müttern oder Hengsten und Stuten. Stacheldraht           stand müssen wir bei der Haltung der Tiere besondere
                         darf nicht verwendet werden, stromführende Weidenetze          Rechnung tragen und diese regelmäßig scheren. Alpakas
                         sind wegen der Gefahr von Verwicklungen ebenfalls nicht        und mittel bis stark bewollte Lamas müssen jedes Jahr
                         geeignet.                                                      geschoren werden, um in den Sommermonaten schwer-
                                                                                        wiegende Belastungen der Tiere durch Hitzestress hintan-
                         4.5 PFLEGE                                                     zuhalten. Mittlerweile wird professionelles Scherservice in
                         Neuweltkamele werden häufig als problemlos zu hal-             allen Regionen angeboten, eine rechtzeitige Anmeldung
                         tende und sehr pflegeleichte Tiere angepriesen. Dieses         dazu ist empfehlenswert, da im Frühjahr viele tausend
                         „Verkaufsargument“ ist prinzipiell richtig, es sollte aber     Alpakas und Lamas etwa gleichzeitig geschoren werden
                         nicht unerwähnt bleiben, dass die Tiere aus völlig ande-       sollen. Mit etwas Geschick kann das der Tierhalter auch
                         ren Habitaten stammen und in unseren Breiten andere            selbst erlernen, gleichgültig, ob mit einer Schermaschine
18                       Lebensbedingungen und andere Futtergrundlagen vor-             oder per Hand.
Alpakas werden im Stehen in einem Scherstand oder im
Liegen mit einer elektrischen Schermaschine oder per
Hand geschoren. Das Vlies wird sofort bei der Schur in die

                                                             © Gerhard Rappersberger

                                                                                          © Gerhard Rappersberger
einzelnen Qualitäten sortiert und getrennt verpackt. Nach
der Schur werden Faserproben entnommen und im Labor
untersucht, um die Faserparameter zu bestimmen. Die Fa-
ser wird händisch von Stroh und Verunreinigungen gerei-
nigt und entsprechend der Qualität verarbeitet.              Abb 21 Zu lange Zehennägel   Abb 22 Zehennägel kürzen

                                                             © Gerhard Rappersberger
© Wolfgang Putzinger

Abb 19 Schur eines Alpakas                                   Abb 23 Korrekte Zehennägel

                                                             Die Zehennägel sollen sich durch die Bewegung so ab-
                                                             nutzen, dass sie mit der Sohle in einer Ebene abschlie-
                                                             ßen. Bei wenig Bewegung und weichem Untergrund
                                                             werden die Zehennägel nur ungenügend abgenutzt.
                                                             Das muss kontrolliert werden und bei Notwendigkeit
                                                             müssen die Zehennägel gekürzt werden (Abbildung 22).
                                                             Ein einmal jährliches Kürzen mit einer Gartenschere
© Wolfgang Putzinger

                                                             oder einem großen Seitenschneider ist in der Regel
                                                             ausreichend, wobei das Wachstum der Nägel mit dem
                                                             Wollwachstum korreliert. Demnach ist bei Alpakas der
Abb 20 Schur Alpaka                                          diesbezügliche Aufwand etwas höher. Unterbleibt das

                                                                                                                       HALTUNG UND MANAGEMENT
                                                             Kürzen, kann es zu bleibenden Fehlstellungen der Ze-
4.7 ZEHENNÄGEL KÜRZEN                                        hen und Lahmheit kommen.
Die Neuweltkamele gehören zu den Schwielensohlern,
das heißt anders als bei den Wiederkäuern ist keine
Hornkapsel ausgebildet, sondern die Tiere haben ledig-
lich Zehennägel und fußen auf einer widerstandsfähi-
gen Sohle, die mit starker Hornhaut geschützt ist. Es
sind zwei Zehen pro Bein ausgebildet, es treten aber
immer mal wieder Tiere mit überzähligen Zehen auf
(Polydaktylie). Auch wenn das in der Regel nicht zu ge-
sundheitlichen Problemen führt, sind diese Tiere von der
Zucht auszuschließen.

                                                                                                                            19
5. Ernährung
                                                                                                                                           und Fütterung
© iStock / yenwen

                                              Autoren: Ing. Gerhard Rappersberger,
                                                       Univ.-Prof. Dr. Thomas Wittek

                                              5.1 ERNÄHRUNG - VERDAUUNG                                gebotene Grundfutter auf der Weidefläche in den
                                              Neuweltkamele sind Pflanzenfresser, die ihr Futter       meisten Fällen eiweißreicher und ärmer an Rohfa-
                                              sehr selektiv aufnehmen. Nach kurzem Kauen werden        ser. Daher muss den Tieren zusätzlich ausreichend
                                              die grob zerkleinerten Pflanzenteile zunächst abge-      Rohfaser angeboten werden. Heu in guter Qualität
                                              schluckt und gelangen in den ersten Vormagen (Kom-       sollte das ganze Jahr über zur freien Verfügung ste-
                                              partiment 1, C1). Im Vormagen finden die mikrobiellen    hen. Idealerweise in ausreichend groß bemessenen
                                              Abbauprozesse statt, dazu muss das Futter wieder-        Heuraufen, damit alle Tiere gleichzeitig Platz finden,
                                              gekaut werden. Das Futter aus dem Vormagen wird          ohne zu dicht gedrängt nebeneinander stehen zu
                                              zum Wiederkauen erneut in die Maulhöhle transpor-        müssen. Das Distanzbedürfnis der Tiere zueinander
                                              tiert, dort mit mahlenden Kaubewegungen nochmals         sollte berücksichtigt werden. Es ist auch darauf zu
                                              gekaut und dann wieder abgeschluckt. Die Aktivität       achten, dass rangniedere Tiere ungehindert Zugang
                                              des Wiederkauens ist abhängig vom Faseranteil des        zum angebotenen Raufutter haben, was durch Plat-
                                              Futters (Wiederkaugerechtigkeit). Durch intensives       zieren mehrerer Fütterungseinrichtungen ermöglicht
                    ERNÄHRUNG UND FÜTTERUNG

                                              Kauen wird auch die Speichelproduktion angeregt,         wird. Lamas und Alpakas sollten das ganze Jahr über
                                              die das Milieu im Magen in Balance hält. Das Futter      Zugang zur Weide haben. Bei längeren Schlechtwet-
                                              wird durch das Wiederkauen sehr fein zerkleinert, erst   terperioden ist die vorübergehende Haltung in einem
                                              danach gelangt es über das Kompartiment 2 (C2) in        Paddock mit befestigtem Boden vorteilhaft, um Ver-
                                              das Kompartiment 3 (C3), wo die weitere Verdauung        trittschäden an der Grasnarbe zu verhindern.
                                              stattfindet und letztendlich im Dünn- und Dickdarm die
                                              Nährstoffe und Wasser resorbiert werden.                 Dazu brauchen sie ständigen Zugang zum Wasser in
                                                                                                       guter Qualität in regelmäßig gereinigten Gefäßen oder
                                              Neuweltkamele sind in der Lage, dem Darminhalt sehr      Tränken mit Schwimmerventil.
                                              viel Wasser zu entziehen, daher besteht der Kot der
                                              Tiere aus trockenen, kleinen Kotballen, die aus fein     Das Milieu der Mikroorganismen und Bakterien in
                                              zerkleinerten Partikeln bestehen.                        den Magenabschnitten und im anschließenden Darm
                                                                                                       ist essentiell für eine funktionierende Verdauung und
                                              5.2 FÜTTERUNG                                            Nährstoffaufnahme und sollte durch die angebotene
                                              Während der Vegetationsperiode ist der ständige          Nahrung möglichst stabil gehalten werden. Futterum-
                                              Zugang zu gepflegten Weideflächen die beste Vor-         stellungen sind immer über einen Zeitraum von meh-
                                              aussetzung für gesunde Tiere. Im Vergleich zu ihren      reren Tagen vorzunehmen.
                    20                        Ursprungsgebieten ist das in unseren Gegenden an-
5.3 ZUSATZFUTTER                                              5.4 WEIDEPFLEGE
UND FUTTERZUSÄTZE
Die bedarfsgerechte Versorgung der Tiere ist Bedingung
für eine gesunde Herde. Der Körper gleicht Mängel oder
einen Überschuss kurzfristig aus, eine anhaltend inad-
äquate Versorgung gefährdet die Gesundheit, die Leis-
tung oder die Fruchtbarkeit der Tiere.

Neuweltkamele, die keine besonderen Leistungen er-
bringen sollen, sind mit ausreichend bemessener Wei-
defläche mit guter Futtervorlage sowie qualitativ gutem
Heu „ad libitum“ grundsätzlich versorgt. Sie benötigen

                                                              © Gerhard Rappersberger
daher kein Kraftfutter als eigenständige Futterkom-
ponente, gegen den Einsatz von kleinen Mengen als
Lockfutter oder zur Verbesserung der Aufnahme von Mi-
neralfutter ist selbstverständlich nichts einzuwenden.
Einzelgaben von Kraftfutter, Getreide, Müsli oder Brot        Abb 24 Lamas und Alpakas auf einer Weide
belasten das ausgeglichene Milieu im Magen massiv
und können über kurz oder lang zu schweren Schäden            Neben den Tieren selbst darf auch die Pflege der Weide-
im Verdauungstrakt führen.                                    flächen nicht vernachlässigt werden. Durch das selekti-
                                                              ve Fressverhalten werden giftige, leicht giftige oder ver-
Im Gegensatz zur Energie- und Proteinversorgung ist die       schmähte Pflanzen von den Tieren nicht aufgenommen,
Versorgung mit Mineralstoffen durch das Raufutter oft         können dadurch ausreifen und vermehren sich überpro-
nicht ausreichend, so dass Mineralstoffgemische zuge-         portional. Das führt über kurz oder lang zum Verdrängen
füttert werden müssen. Dafür sind verschiedene Präpa-         von wertvollen Futterpflanzen auf der Weide zuguns-
rate in unterschiedlicher Zubereitungsform kommerziell        ten der wertlosen Vegetation. Eine Weidefläche mit
erhältlich. Die Versorgungssituation mit Mineralstoffen       schmackhaften und nährstoffreichen Pflanzen ist jedoch
bzw. vorliegende Mangelversorgung ist in der Regel re-        die Basis für die ausreichende Versorgung der Tiere. Ein
gional bekannt und kann mit Hilfe von Futter- und Was-        mindestens einmal jährlicher Weideschnitt sowie die
seruntersuchungen sowie der Analyse von Blutproben            Nachsaat sind daher langfristig unerlässlich. Koppeln,
eingeschätzt werden.                                          die nach der Beweidung eine längere Erholungsphase
                                                              haben, sind bei größeren Beständen vorteilhaft.

                                                                                                                           ERNÄHRUNG UND FÜTTERUNG
Für die Qualität sowie für die Quantität der Faser ist eine
angepasste Fütterung unerlässlich, ebenso für Tiere, die      Durch das angestammte Verhalten, Kot und Urin an
intensiv zur Züchtung eingesetzt werden oder als Last-        konzentrierten Plätzen abzusetzen, fehlt dazu der
tiere bei ausgedehnten Wanderungen erhebliche Lasten          gleichmäßige Eintrag von natürlichem Dünger auf den
tragen sollen. Um derartige Leistungen über einen län-        Weideflächen und konzentriert sich auf wenige Stellen.
geren Zeitraum erbringen zu können, ohne die Substanz         In diesen Bereichen sorgt regelmäßiges Abmisten und
der Tiere anzugreifen, muss Zusatzfutter - kommerziell        Nachmähen für die notwendige Weidehygiene und
verarbeitetes Futter mit bedarfsorientiertem Gehalt an        hilft, den Parasitendruck gering zu halten.
Energie und Proteinen - mit höherem Eiweißgehalt (zum
Beispiel Luzerneheu oder -pellets) angeboten werden.
Dabei sollten Getreideprodukte wegen der Gefahr der
Übersäuerung im Magen eher sparsam eingesetzt oder
gänzlich darauf verzichtet werden.

Als Beschäftigungsfutter eignet sich Baumschnitt von un-
giftigen Laub- und Nadelbäumen. Obstbäume sowie Tan-
nen, Fichten, Lärchen, Ahorn, Esche etc. werden gerne
geschält, Nuss und Holunder hingegen gemieden.                                                                                  21
6. Tiergesundheit
                                                                                                                                                                            und Erkrankungen
© Gerhard Rappersberger

                                                            Autor: Univ.-Prof. Dr. Thomas Wittek

                                                            6.1 ALLGEMEINER TEIL                                          ƒ Normale Futteraufnahme
                                                            Lamas und Alpakas gelten als wenig empfindliche, wi-
                                                            derstandsfähige Tiere. Dieser Aussage kann generell zu-       ƒ Normales Wiederkauen
                                                            gestimmt werden, allerdings gilt das nur soweit, wie die
                                                            grundsätzlichen Bedürfnisse der Tiere gedeckt werden          ƒ Normaler Kot- und Harnabsatz
                                                            und die Haltung der Tiere artgerecht erfolgt. Es ist zu be-
                                                            achten, dass die Haltungsbedingungen in den Herkunfts-        Diese Merkmale sollten täglich bei den Tieren kontrol-
                                                            ländern von unseren Bedingungen verschieden sind, was         liert werden und bei Veränderungen sollte eine tier-
                                                            zum Auftreten von Erkrankungen beitragen kann.                ärztliche Konsultation mit weiterführenden Untersu-
                          TIERGESUNDHEIT UND ERKRANKUNGEN

                                                                                                                          chungen erfolgen. Weiterhin gilt es zu beachten, dass
                                                            Neuweltkamele sind Herden- und Fluchttiere, die als           Krankheitsanzeichen einzelner Tiere immer hinsichtlich
                                                            Schutzmechanismus jedes Anzeichen von Schwäche                der Relevanz für die Herde geprüft werden müssen.
                                                            oder Erkrankung zu verbergen trachten. Daher besteht
                                                            ein höheres Risiko, dass bei ungenügend intensiver Be-
                                                            obachtung der Tiere diese Anzeichen übersehen werden
                                                            und so zwischen dem Beginn einer Erkrankung und ihrer
                                                            Erkennung ein längerer Zeitraum entstehen kann.

                                                            6.1.1 MÖGLICHKEITEN DER ÜBERWACHUNG
                                                            DER GESUNDHEIT DURCH DIE TIERHALTER
                                                            Die Halter der Tiere sind durch den täglichen Kontakt
                                                            mit den Tieren die Personen, die in erster Linie für die
                                                            Überwachung der Gesundheit und die Feststellung von
                                                            Veränderungen an den Tieren prädestiniert und auch
                                                            verantwortlich sind. Wesentliche Merkmale, die ge-
                                                            sunde Tiere anzeigen und einfach beobachtet werden
                                                            können, sind:
                                                                                                                          © Vetmeduni Wien

                                                            ƒ Normale Körperhaltung

                          22                                ƒ Normales Verhalten                                          Abb 25 Betastung der Lendenwirbelregion zur Beurteilung der Körperkondition
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