Neuweltkamele Alpakas und Lamas in Österreich Ihr Wissen wächst - www.lfi.at - Tiroler Tiergesundheitsdienst
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PRÄAMBEL „WER NICHTS WEISS, MUSS ALLES GLAUBEN.“ Marie von Ebner-Eschenbach Mit diesen Informationen wollen wir dazu beitragen, dass nicht alles geglaubt werden muss, was über Neuweltka- mele gesagt wird oder was darüber in digitalen Medien zu lesen ist. Die Broschüre sollte ein Fundament an Wissen vermitteln, worauf man bei weiterem Interesse aufbauen kann. IMPRESSUM Herausgeber und Medieninhaber: Hinweis: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wurde Ländliches Fortbildungsinstitut Österreich von geschlechtergerechter Formulierung Abstand ge- Schauflergasse 6, 1015 Wien nommen. Die gewählte Form gilt jedoch für Frauen und Männer gleichermaßen. Redaktionsteam: Mag. Max Hörmann, DI Elisabeth Lenz, Dr. Karl Bauer, Mag. Stefan Fucik, Mag. Martin Gruber, Copyright: Alle Inhalte vorbehaltlich Druck- und Satz- Wolfgang Putzinger, Ing. Gerhard Rappersberger, Mag. fehler. Die Erstellung der Unterlagen erfolgte nach (FH) Andreas Scheiber, Univ.-Prof. Dr. Thomas Wittek bestem Wissen und Gewissen der Autoren. Autoren und Herausgeber können jedoch für eventuell fehler- Fotos: Amanda VandenBosch, Dr. Luise Kultscher, hafte Angaben und deren Folgen keine Haftung über- Wolfgang Putzinger, Ing. Gerhard Rappersberger, nehmen. Die vorliegende Publikation ist urheberrecht- Andrea Rohrer, Vetmeduni Wien, Dr. Henrik Wagner lich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil der Unterlage darf in irgendeiner Form ohne Genehmigung Gestaltung: MDH-Media GmbH des Herausgebers reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder Druck: FRIEDRICH, Druck und Medien GmbH verbreitet werden. Redaktionsschluss: Wien, November 2020. ND Nur die in BANKVERBINDUNGEN: office@friedrichvdv.com office@friedrichvdv.com diesem Dokument www.friedrichvdv.com www.friedrichvdv.com SPARKASSE OÖ. , BIC ASPKAT2L als solche IBAN AT 28 2032 0167 0000 0802, BIC ASPKAT2L gekennzeichneten Produkte sind OBERBANK DVR 0770671 , BIC OBKLAT2L PEFC zertifiziert. IBAN AT 90 1500 0007 1118 1248, BIC OBKLAT2L DVR 0770671 BANKVERBEDINGUNGEN: UID-NR. ATU69746117 BANK AUSTRIA UID-NR. STEUER-NR. 238/3480 ATU69746117 SPARKASSE PEFC: PEFC-COC-00041/0 OÖ.AT 51 1200 IBAN 0802ATEOS1000069761 EORI-NR. 1464 2500, BIC BKAUATWW , BIC BKAUATWW BLZ 20320,STEUER-NR. 238/3480 KTO. NR. 167 00000 802 BAWAG IBAN AT 28EORI-NR. ATEOS1000069761 20320 167FIRMENBUCHNUMMER 00000 802 IBAN AT 56 1400 GmbH.0467 1041 8802, FN 81709 k, KGBIC BAWAATWW 24244 d 02 , BIC BAWAATWW BIC ASPKAT2L FIRMENBUCHNUMMER RAIFFEISENLANDESBANK Förderung OBERBANK GERICHTSSTAND LINZ LINZ , BIC RZOOAT2L nachhaltiger GmbH. IBAN AT FN 43 81709 3400 k, 0000ALS LANDES- KG 0278 24244 9311, d RZOOAT2L BIC HANDELSGERICHT LINZ BLZ 15000, KTO. NR. 711-1812/48 Waldwirtschaft GERICHTSSTAND BANK AUSTRIA CA LINZ
1. EINFÜHRUNG 04 6. TIERGESUNDHEIT 22 1.1 Geschichte und Herkunft 04 UND ERKRANKUNGEN der Neuweltkamele 6.1 Allgemeiner Teil 22 1.2 Domestikation 05 6.1.1 Möglichkeiten der Überwachung 22 der Gesundheit durch die Tierhalter 1.3 Geschichte in Österreich 05 6.1.2 Physiologische Parameter: 23 Körpertemperatur, Atmung und Puls 2. RECHTLICHE 06 GRUNDLAGEN 6.1.3 Neuweltkamele als Patienten 24 2.1 Sachkunde der Betreuungsperson 06 6.1.4 Krankheitsvorbeugung (Prophylaxe) 25 2.2 Meldepflicht der Tierhaltung 06 6.2 Spezieller Teil 25 2.3 Tierkennzeichnung 06 6.2.1 Zähne, Verdauung, Kotabsatz 25 2.4 Mindestanforderungen für die Haltung 07 6.2.2 Erkrankungen durch Fütterungsfehler 26 von Lamas und Alpakas und Stoffwechsel 2.5 Tiertransport 08 6.2.3 Vergiftungen 26 2.5.1 Befähigungsnachweis, Zulassung 08 6.2.4 Infektionskrankheiten 26 als Transportunternehmer 6.2.5 Parasiten 27 2.5.2 Transportfähigkeit 09 2.5.3 Transportpapiere 09 7. NUTZUNGSARTEN 29 7.1 Grünlandpflege 29 3. KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, 10 7.2 Faser als Hauptnutzungsart bei Alpakas 29 TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT 7.2.1 Qualitätskriterien der Fasern 29 3.1 Körperbau 10 7.3 Neuweltkamele als Wanderbegleiter 32 3.2 Zuchtkriterien 11 7.4 Pädagogische, heilpädagogische 32 3.3 Trächtigkeit und Geburt 12 oder therapeutische Arbeit sowie tiergestützte Interventionen mit Neuweltkamelen 3.3.1 Normale Geburt 12 7.5 Lamas und Alpakas zum Herdenschutz 32 4. HALTUNG UND MANAGEMENT 16 7.6 Neuweltkamele als lebensmittelliefernde Tiere 33 4.1 Herdenstruktur und Verhalten 16 8. BETREUUNG VON 34 4.2 Handling 17 NEUWELTKAMELBESTÄNDEN DURCH 4.3 Aufstallung 17 DEN TIERGESUNDHEITSDIENST 4.4 Einzäunung 18 9. WEITERFÜHRENDE 36 4.5 Pflege 18 LITERATUR 4.6 Schur 18 4.7 Zehennägel kürzen 19 10. WICHTIGE ADRESSEN 37 5. ERNÄHRUNG UND FÜTTERUNG 20 11. AUTOREN 37 5.1 Ernährung - Verdauung 20 5.2 Fütterung 20 5.3 Zusatzfutter und Futterzusätze 21 5.4 Weidepflege 21
1. Einführung © Wolfgang Putzinger Autor: Ing. Gerhard Rappersberger 1.1 GESCHICHTE UND HERKUNFT DER NEUWELTKAMELE Die Urformen der heutigen Alt- und Neuweltkamele ha- ben sich vor etwa 35 Millionen Jahren im Gebiet des © Gerhard Rappersberger Mittleren Westens Nordamerikas entwickelt. Ein Teil dieser Urkamele ist während der letzten Eiszeit über die Beringstraße, einer Landverbindung von Amerika („Neue Welt“) nach Asien, in die „alte Welt“ gewan- dert. Daraus entwickelten sich zweihöckrige Trampel- Abb 2 Vikunjas tiere und einhöckrige Dromedare als sogenannte „Alt- weltkamele“. © Wolfgang Putzinger Abb 3 Alpakas in Peru entwickelt haben. Aus den Wildformen Guanako (Lama EINFÜHRUNG © Gerhard Rappersberger guanicoe) und Vikunja (Vicugna vicugna) gingen durch frühe Domestikation und selektive Zucht über unzählige Generationen das Lama (Lama glama) und das Alpaka (Vicugna pacos) als Haustierformen hervor. Beim Alpaka Abb 1 Guanako werden zwei Rassen unterschieden. Huacayas-Alpakas mit ihrem feinen, gekräuselten und daher flauschigen Während die Kamelartigen in Nordamerika vor etwa Vlies bilden ca. 90 % und Suri-Alpakas mit dem glän- 12.000 Jahren ausstarben, ist ein anderer Teil davon zenden, glatten Haarkleid nur etwa 10 % der weltwei- über Mittelamerika nach Südamerika gelangt, woraus ten Population. 04 sich im Lauf der Jahrtausende die „Neuweltkamele“
Sowohl Alt- als auch Neuweltkamele, welche auch als Die beiden Wildformen sind am Körper braun, am Bauch Groß- und Kleinkamele bezeichnet werden, gehören als und an den Innenseiten der Beine sowie am Hals beige Säugetierfamilie in die Ordnung der Paarhufer und da bis weiß. Am Kopf sind Guanakos grau, Vikunjas hell- wiederum zu den Schwielensohlern. braun. 1.2 DOMESTIKATION Die Haustierformen kommen in vielen verschiedenen Far- Seit der frühen Domestikation, vor etwa 6.000 bis ben vor, von weiß über verschiedene Grau- und Braun- 7.000 Jahren, werden Lamas vorwiegend als Last- töne bis schwarz, wobei Lamas eher mehrfarbig sind, Al- tiere eingesetzt, Alpakas fast ausschließlich als pakas in der Mehrzahl einfarbig. Über viele Generationen Wolllieferanten. Beide Formen fanden oder finden wurden Alpakas vorwiegend auf weißes Vlies selektiert, Verwendung als lebensmittelliefernde Tiere sowie da dieses als Ausgangsbasis für das Einfärben diente. teilweise bis heute noch in Medizin und Religion. Die Faser wird neben den Alpakas auch von den Lamas 1.3 GESCHICHTE IN ÖSTERREICH und von den Wildformen verwendet. Das Vlies der Im ausgehenden 20. Jahrhundert wurde die private Hal- Alpakas ist durch selektive Zucht fast frei von Gran- tung und Nutzung von Neuweltkamelen zuerst in den nenhaaren und mehr oder minder stark gekräuselt USA, in Großbritannien und danach auch am europäi- (Englisch: crimp). schen Festland entdeckt und führte seither zu einem rasanten Anstieg der Tierzahlen in unseren Regionen. Lamas und Alpakas findet man in erster Linie in Bolivien Lebten vor 30 Jahren etwa 100 Lamas und Alpakas in und Peru, sowie in Argentinien und Chile, durch Exporte Österreich, wird der Bestand heute auf knapp zehntau- aber inzwischen auch in größerer Anzahl in Australien, send Tiere in der Alpenrepublik geschätzt. Nordamerika sowie in West- und Mitteleuropa. Lama Alpaka Kopf lange Ohren, meist geschwungener Verlauf kurze, spitze, symmetrische Ohren lange, schmale Nase kurze, gedrungene Nase abgesetzte Stirn Körper großrahmig klein gerade Rückenlinie mit Schwanzansatz in stärkere Hinterbeinwinkelung dessen Verlängerung leicht abfallendes Becken Höhe am Widerrist 105 – 125 cm 75 – 100 cm Gewicht ca. 125 – 175 kg ca. 50 – 80 kg Rassen Classic Huacaya Wooly Suri Suri EINFÜHRUNG Farben weiß, beige, braun, grau, schwarz weiß, beige, braun, grau, schwarz einfarbig, gescheckt, getigert überwiegend einfarbig Faser feine Unterwolle Huacaya Alpaka: feine gekräuselte Faser, kaum Grannenhaare mehr (Classic Lama) oder weniger (Wooly Lama) grobe Grannenhaare Suri Alpaka: kaum Unterwolle, feine, glatte Haare in Locken Suri Lama: kaum Unterwolle, feine, glatte Haare in Locken Tabelle 1 Unterschiede zwischen Lama und Alpaka (Gerhard Rappersberger) 05
2. Rechtliche Grundlagen © Wolfgang Putzinger Autor: Mag. Stefan Fucik 2.1 SACHKUNDE 2.2 MELDEPFLICHT DER BETREUUNGSPERSON DER TIERHALTUNG Die 1. Tierhaltungsverordnung regelt unter anderem Die Tierkennzeichnungs- und Registrierungsver- die Mindestanforderungen für die Haltung von Neu- ordnung schreibt vor, dass die Haltung von Kame- weltkamelen sowie Art und Nachweis der Sachkunde len innerhalb von sieben Tagen nach Aufnahme von Betreuungspersonen. der Tierhaltung bei der zuständigen Bezirksverwal- tungsbehörde zu melden ist. Dabei sind auch be- Die erforderliche Eignung sowie die erforderlichen stimmte Daten des Tierhalters und Daten zur Tier- Kenntnisse und beruflichen Fähigkeiten zur Betreuung haltung anzugeben. von Tieren liegen jedenfalls dann vor, wenn: Definition „Kamele“: zur Gattung Camelus oder Lama 1. Die Betreuungsperson über eine einschlägige aus der Familie Camelidae, Unterordnung Tylopoda akademische oder schulische Ausbildung verfügt, gehörende Tiere, z. B. Lamas, Alpakas, Guanakos und oder Vikunjas sowie Dromedar oder einhöckriges Kamel und Trampeltier oder zweihöckriges Kamel (Tierkenn- RECHTLICHE GRUNDLAGEN 2. Die Betreuungsperson über eine Ausbildung als zeichnungs- und Registrierungsverordnung 2009). Tierpfleger verfügt, oder 2.3 TIERKENNZEICHNUNG 3. Die Betreuungsperson nachweislich über eine Kamele sind auf Kosten des Tierhalters vor dem Aus- außerschulisch-praktische Ausbildung einschließ- stellen von amtlichen Zertifizierungen, im Zuge einer lich Unterweisung verfügt, oder Tierimpfung gegen anzeigepflichtige Tierseuchen oder andere einer veterinärrechtlichen Regelung unterlie- 4. Die Betreuungsperson auf Grund eines Staatsver- gende Tierkrankheiten oder auf behördliche Anord- trages im Rahmen der europäischen Integration nung mit einem injizierbaren Transponder von einem über eine als gleichwertig anerkannte oder zu Tierarzt kennzeichnen zu lassen. geltende Ausbildung verfügt, oder Die Implantation des Transponders ist entweder im 5. Sonst aus dem Werdegang oder der Tätigkeit der Bereich des linken Ohrgrunds oder an der linken Hals- Betreuungsperson glaubhaft ist, dass sie die übli- seite eine Handbreite vor dem Schulterblatt vorzuneh- che erforderliche Versorgung der gehaltenen Tiere men. Es ist sehr empfehlenswert, die Stelle der Im- 06 sicherstellen und vornehmen kann. plantation zu dokumentieren.
2.4 MINDESTANFORDERUNGEN 4. BEWEGUNGSFREIHEIT, PLATZANGEBOT FÜR DIE HALTUNG VON LAMAS 4.1. Lamas sind in Gruppen zu halten. Ausgenommen UND ALPAKAS hiervon ist die vorübergehende Einzelhaltung von zu- Neben den einschlägigen Bestimmungen des Tierschutz- gekauften Tieren oder Tieren, die besonders aggressiv gesetzes, die von jedem Tierhalter zu beachten sind, sind oder behandelt werden. Einzeln gehaltene Lamas regelt zusätzlich die 1. Tierhaltungsverordnung die Min- müssen Sichtkontakt zu anderen Lamas haben. destanforderungen für die Haltung von Lamas (derzeit ist nur die Haltung von Lamas erfasst, die Bestimmungen 4.2. Durch die Wahl der Besatzdichte ist die Erhaltung sind jedoch auch sinngemäß auf Alpakas anzuwenden): einer Bodenvegetation sicherzustellen, die eine Weide- möglichkeit bietet. Davon ausgenommen ist die Haltung 1. GRUNDSÄTZLICHE ANFORDERUNGEN von Lamas in Gehegen mit befestigtem Boden. Die Haltung muss in mit Zäunen gesicherten Gehegen erfolgen. 5. BETREUUNG UND ERNÄHRUNG Wenn die Tiere keinen ständigen Zugang zu einer Wei- 2. UMZÄUNUNG de haben, müssen sie jederzeit Raufutter zur freien Ver- Der Zaun ist so auszuführen, dass er für die Tiere gut fügung haben.*) erkennbar ist und die Tiere sich nicht verletzen können. Stacheldraht darf nicht verwendet werden. Einrichtungen zur Vorratsfütterung im Freien müssen überdacht sein. 3. STALLGEBÄUDE UND UNTERSTÄNDE Den Tieren muss ein Stall oder ein Unterstand als Wit- Bei Verwendung von Tieren als Zugtiere oder Lasttie- terungsschutz zur Verfügung stehen, der allen Tieren re oder zu sonstiger Arbeit ist sicherzustellen, dass auch gleichzeitig Schutz bietet. Werden die Tiere vorü- die Tiere ausreichende Ruhepausen haben und nicht bergehend auf Weiden ohne direkten Zugang zu einem überfordert werden. Innerhalb eines Zeitraumes von 24 Unterstand oder Stall gehalten, so muss entweder aus- Stunden ist jedenfalls eine durchgängige Ruhepause reichend natürlicher Schutz durch Felsvorsprünge oder von mindestens acht Stunden zu gewähren. Dabei soll- Baumgruppen vorhanden sein, oder die Tiere müssen te die Arbeitsbelastung in einem angemessenen Ver- bei für die Tiere schädlicher Hitze oder Nässe in ein Ge- hältnis zur Leistungsfähigkeit des Tieres stehen. Kranke hege mit Zugang zu einem Unterstand oder Stall ver- oder sonst beeinträchtigte Tiere dürfen zur Arbeit nicht bracht werden. herangezogen werden. Ein Unterstand muss aus mindestens zwei Seiten- *) Das Redaktionsteam dieser Broschüre empfiehlt wänden und einer Überdachung bestehen. Ställe oder jedoch aus ernährungsphysiologischen Gründen drin- Unterstände müssen eine lichte Raumhöhe von mindes- gend, dass Neuweltkamele ständig Zugang zu Raufutter tens 200,00 cm aufweisen. Der Boden muss geschlos- haben. Auch, wenn ständiger Zugang zu einer Weide RECHTLICHE GRUNDLAGEN sen, rutschfest und trocken sein. besteht. MINDESTSTALL- UND GEHEGEFLÄCHEN Mindeststallfläche Mindeststallfläche Mindestgehegefläche Mindestgehegefläche pro Gruppe pro adultem Tier pro Gruppe pro adultem Tier Gehege mit ausschließlich befestigtem Boden 6 m2 2 m2 250 m2 40 m2 Sonstige Gehege 6 m2 2 m2 800 m2 100 m2 Tabelle 2 Die Mindestmaße für Stall- und Gehegeflächen (1. Tierhaltungsverordnung) 07
2.5 TIERTRANSPORT transporte, die von den Bestimmungen der EU-Tier- Seit Jänner 2007 regelt die EU-Tiertransportver- transportverordnung ausgenommen sind, unterliegen ordnung (EG) Nr. 1/2005 europaweit einheitlich all gemäß Tierschutzgesetz dennoch einigen wesentli- jene Tiertransporte, die in Zusammenhang mit einer chen Anforderungen der EU-Tiertransportverordnung wirtschaftlichen Tätigkeit bzw. zu kommerziellen sinngemäß! Für weitere Informationen darf auf die Zwecken durchgeführt werden. Diese Verordnung LFI Broschüre „Tiertransportvorschriften in Öster- ist grundsätzlich auf alle Wirbeltiertransporte anzu- reich“ verwiesen werden. wenden. Jedoch existieren besondere Vorschriften in erster Linie für landwirtschaftliche Nutztiere. 2.5.1 BEFÄHIGUNGSNACHWEIS, ZULASSUNG ALS TRANSPORTUNTERNEHMER Die Verordnung gilt nicht für den Transport von Tie- Per EU-Verordnung ist ein Befähigungsnachweis nur ren, der nicht in Verbindung mit einer wirtschaftli- für Transporte (zu wirtschaftlichem Zweck) über 65 km chen Tätigkeit durchgeführt wird, und nicht für den von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Geflügel und Transport von Tieren, der unter Anleitung eines Pferden vorgesehen. Neuweltkamele sind nicht aufge- Tierarztes unmittelbar in eine bzw. aus einer Tier- listet, die Bestimmungen bezüglich des Befähigungs- arztpraxis oder Tierklinik erfolgt. Aber Achtung, Tier- nachweises treffen daher nicht zu. VOLL INFORMIERT Downloads: Hier geht´ s zur LFI Broschüre „Tiertransportvorschriften in Österreich“ RECHTLICHE GRUNDLAGEN Transportbescheinigung 4. Auflage Neu: Hinweise für Hobbytransporte Tiertransportvorschriften in Österreich www.lfi.at Abb 4 LFI Broschüre „Tiertransportvorschriften in Österreich“ 08
Zu beachten ist aber, dass für Transporte (zu wirtschaft- Es handelt sich um neugeborene Tiere, deren Nabel- lichem Zweck) von „Wirbeltieren“ - also auch Neuwelt- wunde noch nicht vollständig verheilt ist. kamelen - ab einer Strecke von über 65 km eine „Zu- lassung als Transportunternehmer“ bei der zuständigen In folgenden Fällen können kranke oder verletzte Tiere Bezirksverwaltungsbehörde (BH, Amtstierarzt) zu bean- jedoch als transportfähig angesehen werden: tragen ist. Diese Zulassung ist betriebsbezogen, jeweils fünf Jahre gültig und bei Transporten über 65 km mit- Sind Tiere nur leicht verletzt oder leicht krank und zuführen. der Transport würde für sie keine zusätzlichen Leiden verursachen, können sie jedoch als transportfähig 2.5.2 TRANSPORTFÄHIGKEIT angesehen werden; in Zweifelsfällen ist ein Tierarzt Die Einhaltung der Vorschriften bezüglich Transportfä- hinzuzuziehen. higkeit ist sehr wichtig und wird bei Kontrollen beson- ders beachtet. Sie werden unter tierärztlicher Überwachung zum Zwecke oder nach einer medizinischen Behandlung Tiere dürfen nur transportiert werden, wenn sie im Hin- oder einer Diagnosestellung befördert. Transporte blick auf die geplante Beförderung transportfähig sind dieser Art sind jedoch nur zulässig, soweit den betreffen- und wenn gewährleistet ist, dass ihnen unnötige Ver- den Tieren keine unnötigen Leiden zugefügt werden. letzungen und Leiden erspart bleiben. 2.5.3 TRANSPORTPAPIERE Verletzte Tiere und Tiere mit pathologischen Zuständen Personen, die Tiere transportieren, sind verpflichtet, im gelten als nicht transportfähig. Dies gilt vor allem in fol- Transportmittel Papiere mitzuführen, aus denen Folgen- genden Fällen: des hervorgeht: Die Tiere können sich nicht schmerzfrei oder a) Herkunft und Eigentümer der Tiere, ohne Hilfe bewegen. b) Versandort, Sie haben große offene Wunden oder schwere Organvorfälle. c) Tag und Uhrzeit des Beginns der Beförderung, Es handelt sich um trächtige Tiere in fortgeschrittenem d) vorgesehener Bestimmungsort, Trächtigkeitsstadium (90 % oder mehr) oder um Tiere, die vor weniger als sieben Tagen geboren haben. e) voraussichtliche Dauer der geplanten Beförderung. RECHTLICHE GRUNDLAGEN 09
3. Körperbau, Zuchtkriterien, Trächtigkeit und Geburt © Wolfgang Putzinger Autoren: Univ.-Prof. Dr. Thomas Wittek, Ing. Gerhard Rappersberger KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT 3.1 KÖRPERBAU Unabhängig davon für welchen Verwendungszweck oder für welche Nutzungsart Neuweltkamele angeschafft © Gerhard Rappersberger © Gerhard Rappersberger werden, man sollte immer beachten, dass die Tiere ein Lebensalter von mehr als zwanzig Jahren erreichen kön- nen. Dafür ist ein entsprechend gesunder Körperbau un- bedingte Voraussetzung. Tierhalter werden langfristig keine ungetrübte Freude an ihren Tieren haben, wenn Abb 5 Korrekte Fessel Abb 6 Durchtrittige Fesseln zusätzlich durch körperbauliche oder genetisch bedingte Mängel ein erheblicher Pflegeaufwand, der oft mit ver- meidbaren Kosten verbunden ist, anfällt. Zum Erreichen der erwarteten Lebensspanne braucht es ein möglichst gesundes Fundament der Zuchttiere. Das gilt auch, wenn sie „nur“ als Freizeit- und Hobbytiere angeschafft werden. Dieses korrekte Fundament leitet sich von den Wildformen der Lamas und Alpakas ab. Und da sehen wir gerade Vorderbeine, die im Stand senkrecht von den Schultergelenken zum Boden verlaufen, sowohl von vorne als auch von der Seite betrachtet. Die Hinterbeine verlaufen von hinten betrachtet ebenfalls senkrecht und möglichst geradlinig von den Hüftgelenken zum Boden. Seitlich betrachtet haben die Hinterbeine eine typische Winkelung, die bei Alpakas stärker ist als bei den Lamas. © Wolfgang Putzinger Auch die Neigung des Beckens ist beim Alpaka stärker. Die Fesselbeine weisen eine typische Winkelung von 45 bis 60 Grad zum Boden auf. Abb 7 Korrekter Körperbau Durchtrittigkeit führt früher oder später ebenso zu Ge- lenksproblemen verbunden mit Schmerzen wie X-Beine durch die andere Beckenstellung leicht nach oben ge- oder Achsendrehungen in den Beinen. Die Rückenlinie ist wölbt. Die Beinlänge soll bei einem ausgewogen propor- 10 beim Lama möglichst gerade und horizontal, beim Alpaka tionierten Tier in guter Relation zur Rumpflänge und zur
Länge des Halses stehen. Bei der Standardbeschreibung Neben den Grundmerkmalen eines gesunden Funda- von Lamas und Alpakas geht man vom gleichen Maß der mentes und Formates der Zuchttiere gibt es noch zahl- Länge der Vorderbeine vom Schultergelenk bis zum Bo- reiche weitere Faktoren, die über Erfolg oder Misserfolg den, und der Länge der Wirbelsäule vom Widerrist bis in der Tierzucht entscheiden. Genetische Mängel, die zum Becken, sowie der Länge des Halses vom Schulter- bei den Tieren bereits offensichtlich sind, sollten bei ver- ansatz bis zur Schädelbasis aus. antwortungsvollen Tierhaltern zu einem Zuchtausschluss führen. Gerade diese Mängel sind aber für den weniger Die Zehennägel sollten möglichst gerade aus dem Nagel- informierten Interessenten oft nicht leicht zu erkennen. bett kommen, um durch natürlichen und gleichmäßigen Eine Krümmung im Schwanz, eine von vier abweichende Abrieb den Pflegeaufwand zu minimieren. Zitzenanzahl, Vorbiss oder Rückbiss, Zahnfehlstellungen, verdrehte Zehennägel, lamatypische Ohren beim Alpaka, 3.2 ZUCHTKRITERIEN fehlerhafte Gliedmaßenstellung, um nur einige zu nen- Die im Kapitel Körperbau angeführten Kriterien sind nen, erfordern schon einer eingehenden Prüfung durch einige der Grundvoraussetzungen für eine erfolg- den Interessenten. Blaue oder helle Augen sind da schon reiche Haltung und Zucht von Neuweltkamelen. Im leichter als genetisches Problem zu erkennen. Gegensatz zur Vermehrung bedeutet Zucht die Ver- besserung der Merkmale der Nachkommen im Ver- Viele Neuweltkamele werden von Erstkäufern zunächst gleich zur Elterngeneration. als Freizeit- oder Hobbytiere angeschafft, nach wenigen Jahren aber gibt es auch da bei der entsprechenden KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT Herdenkonstellation Nachwuchs. Dieser Nachwuchs sollte dann möglichst hochwertig sein. Gerade das aber kann man von Elterntieren mit körperbaulichen Män- geln nicht erwarten. © Gerhard Rappersberger Abb 8 Lama bei der Bewertung © Foto Gerhard Rappersberger Im Laufe der Zucht ist bei Lamas (Transporttiere) auf eine korrekte Gliedmaßenstellung ein größeres Augenmerk gelegt worden als bei Alpakas (Fasertiere), daher haben Lamas im Durchschnitt eine bessere Gliedmaßenkon- formation. Bei Alpakas treten nicht selten X-Beinig- Abb 9 Korrekte Schneidezähne keit der Vordergliedmaßen und kuhhessige Stellun- gen der Hintergliedmaßen auf. Diese Abweichungen Werden Alpakas wegen der Fasernutzung ange- werden von den Zuchtverbänden in die Zuchteig- schafft, sollte trotzdem auf das Fundament und For- nungsbewertung der Tiere einbezogen. Sehr starke mat der Tiere geachtet werden. Die Qualität der Fa- Abweichungen können zum Zuchtausschluss führen. ser kann man bei selektiver Zucht innerhalb von zwei Vor allem bei älteren Tieren kommt es vermehrt zum Generationen wesentlich verbessern, ein fehlerhaf- Senkrücken. Eine weitere Veränderung des Skeletts ter Körperbau der Zuchttiere ist wesentlich schwerer ist der Knickschwanz, der durch die angeborene zu korrigieren. Missbildung von Schwanzwirbeln entsteht. Da diese Veränderung in der Regel mit weiteren Veränderun- Schlussendlich sprechen wir von Tieren, die wir gen an der Wirbelsäule verknüpft ist, werden auch meist sehr personenbezogen einsetzen und nutzen diese Tiere von der Zucht ausgeschlossen. wollen. Grundvoraussetzung für diese Nutzungsart 11
ist neben einem korrekten Körperbau auch ein um- 3.3.1 NORMALE GEBURT gänglicher Charakter. Da die Lebewesen in erster Li- Die Geburt wird in drei Phasen untergliedert: nie und überwiegend von ihren Artgenossen lernen, ist eine Sozialisierung der Tiere in einem ausgegli- 1. ERÖFFNUNGSPHASE chenen und ruhigen Umfeld die beste Voraussetzung für ein umgängliches Wesen. Bei der Auswahl der Tiere sollten auch die Umgangsformen beachtet wer- den, die der Verkäufer mit seinen Tieren pflegt. Auch die Gelassenheit und Ruhe innerhalb der Herde prägt den Charakter der dort aufgewachsenen Tiere. 3.3 TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT © Andrea Rohrer Bei Neuweltkamelen wird der Eisprung erst durch den Deckakt ausgelöst (induzierte Ovulierer). Der Geburts- zeitpunkt lässt sich damit einigermaßen planen und wird in der Regel für das späte Frühjahr oder den Früh- Abb 10 Noch intakte Fruchtblase in der Scheide sommer angelegt. Die Eröffnungsphase kann bei einigen Tieren am unruhi- Die durchschnittliche Trächtigkeitsdauer bei Neuwelt- gen Verhalten erkannt werden, hierbei setzen sie unter KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT kamelen liegt bei 340 bis 350 Tagen, Ausweitungen Umständen vermehrt Kot und Harn ab. Andere Tiere zei- dieses Zeitraumes sind jedoch nicht selten. Es gibt Be- gen jedoch kaum Anzeichen. Insgesamt kann diese Phase richte von Trächtigkeitsdauern über 365 Tage. Das Euter ca. 4 - 6 Stunden dauern. Am Ende der Eröffnungsphase bildet sich in den letzten Tagen vor der Geburt an und erscheint die Fruchtblase in der Scheide (Abbildung 10). kann als Zeichen der nahenden Geburt betrachtet wer- den. Andere Vorzeichen der Geburt sind bei den Neu- 2. AUSTREIBUNGSPHASE weltkamelen nur sehr gering ausgebildet. Auch daher ist eine genaue Dokumentation der Bedeckung ratsam. Da die Stuten ihre Fohlen nicht trocken lecken, muss die Sonne diese Aufgabe erledigen, so dass die Gebur- ten in der Regel während der späten Morgenstunden bis zur frühen Mittagszeit stattfinden. Aufgrund der in Mitteleuropa vorhandenen guten Umweltbedingungen © Andrea Rohrer hat sich dieser „typische Geburtszeitraum“ etwas ge- lockert und die Tiere gebären unter Umständen auch nachmittags. Abb 11 Alpakastute bei der Geburt eines Crias (Jungtier) im Stehen Während der Austreibungsphase reißen die Fruchthül- len, das Cria wird durch die Wehentätigkeit aus der Gebärmutter durch den Muttermund und die Scheide nach außen gepresst. Die normale Position des Foh- lens ist eine Vorderendlage (Vorderbeine und Kopf er- scheinen zuerst in der Scheide), eine obere Stellung (die Wirbelsäule des Fohlens zeigt zur Wirbelsäule der Mutter, d. h. Fohlen wird richtig herum geboren) und eine gestreckte Haltung (Vordergliedmaßen und Kopf sind gestreckt). Das Muttertier bleibt während der Geburt in der Regel stehen, so dass das Fohlen auf 12 die Erde fällt (Abbildung 11). Die Austreibungsphase
DENKANSTÖSSE ZUR ZUCHT Wolfgang Putzinger 01 07 Ein korrekter Körperbau ist Durch die langsame Vermehrung wesentlich in der Zucht. mit max. 1 Fohlen pro Jahr ist ein Zuchtfortschritt sehr langsam zu erzielen. 02 Verbesserungen 08 dauern Jahre. Manche Merkmale werden überproportional von einem der KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT 03 beiden Partner vererbt. Neuweltkamele leben bis zu 20 Jahre und sollen während 09 dieser Zeit gesund sein, um gute, gesunde Nachkommen Künstliche Befruchtung hat keine zu produzieren. Bedeutung in der Zucht. 04 10 Die Faser kann in zwei bis Jede Abweichung vom Ideal kann drei Generationen wesentlich als gering/mittel/hochgradig verbessert werden. bezeichnet werden. 05 11 Die Faser weißer Tiere ist Mehrere verschiedene Farbtöne tendenziell (noch) feiner als die treten beim Alpaka auf, nicht jede farbiger Alpakas. Farbkombination ist anzuraten bzw. möglich, es können bei falscher Anpaarung blinde/taube Tiere mit 06 blauen Augen auf die Welt kommen. Man muss wissen, welche Merkmale des Tieres 12 zu verbessern sind. Ausbildung ist der Schlüssel zum Zuchterfolg. 13
dauert normalerweise weniger als 45 Minuten. Sie kann jedoch von der Stute unter Gefahren- und Stress- situationen unterbrochen werden, was für das Fohlen und den Geburtsablauf negative Auswirkungen haben kann. Daher sollten gebärende Tiere nicht durch un- nötige Maßnahmen oder Unruhe durch viele Personen gestresst werden. © Gerhard Rappersberger 3. NACHGEBURTSPHASE Abb 14 Säugendes Cria nach beendeter Geburt GEBURTSSTÖRUNGEN In über 90 % der Fälle verläuft die Geburt problemlos. Das Cria kommt in Vorderendlage, oberer Stellung und ge- © Henrik Wagner streckter Haltung zur Welt und es sind keinerlei Eingriffe notwendig. Dennoch ist es ratsam den Geburtsverlauf zu KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT beobachten, um, falls notwendig, unmittelbar eingreifen Abb 12 Nachgeburtsabgang bei einer Stute zu können. Geburtsstörungen können sowohl vom Cria als auch von der Mutter ausgehen. Die Art der Störung kann Während der dritten Phase wird innerhalb von wenigen durch eine tierärztliche Untersuchung festgestellt werden. Stunden (< 6 Stunden) die Nachgeburt abgesetzt. Die Die Ursachen reichen dabei von fehlerhaften Stellungen, Nachgeburt muss auf Vollständigkeit kontrolliert wer- Lagen und Haltungen (z. B. Hinterendlage, untere Stellung den (Abbildung 12 und Abbildung 13). Ist der Nachge- oder gebeugter Kopf bzw. Gliedmaßen) zu übergroßen burtsabgang verzögert oder unvollständig, ist der Tier- Fohlen oder Enge des Muttermundes, Verdrehung der Ge- arzt beizuziehen. Die Nachgeburt wird, im Gegensatz zu bärmutter oder Wehenschwäche der Mutter. Geburtssto- anderen Tieren, von der Stute nicht gefressen. Daher ckungen stellen Notfälle dar, die unverzüglich tierärztlicher sollte sie immer auffindbar sein. Diagnostik und Behandlung bedürfen. Aufgrund der Gefahr, dass bei nicht zeitgerechtem Ein- greifen das Fohlen sterben und die Mutter geschädigt werden kann, ist es jedoch sehr sinnvoll, sich als Tier- halter Grundkenntnisse anzueignen, um eine Laien- geburtshilfe fachgerecht durchführen zu können. Dazu werden spezifische Weiterbildungskurse angeboten. Als eine wichtige Regel zur Erkennung von Geburtsstö- rungen gilt, dass eine Stute, welche erst nachmittags oder abends mit den Anzeichen einer Geburt beginnt, intensiver beobachtet werden sollte. Legt sich die ge- bärende Stute öfter hin und steht wieder auf, ohne dass das Cria weiter aus dem Geburtsweg ausgetrieben wird, kann dies als ein Zeichen für eine Geburtssto- ckung angesehen werden. Das sollte eine geburtshilf- © Gerhard Rappersberger liche Untersuchung nach sich ziehen. Ist das Tier in Ge- burt und sind ca. 45 Minuten nach Erscheinen der Füße keine weiteren Körperteile (Kopf) zu erkennen, muss ebenfalls eine geburtshilfliche Untersuchung erfolgen. 14 Abb 13 Lamastute mit Cria
DAS NEUGEBORENE Stuten muss die Gesundheit des Euters überprüft werden. Nach erfolgter Geburt sollte das Fohlen hinsichtlich Sind keine Veränderungen zur Erklärung der Abwehr des Lebensfunktionen beurteilt werden, der Nabel wird Fohlens vorhanden, sollte geprüft werden, ob diese Stuten von außen mit einer verdünnten Jodlösung desinfiziert. weiter in der Zucht eingesetzt werden müssen, da Mütter- Schleim aus Nase und Maul kann ausgestrichen wer- lichkeit stark vererbt wird. den, jedoch sind Maßnahmen wie das Kopf nach unten Hängen des Fohlens wirkungslos und schaden den Tieren Die Aufnahme von Kolostrum (Biestmilch) in den ers- eventuell. Auch die unter den Haltern weitverbreitete ge- ten Lebensstunden ist von entscheidender Bedeutung nerelle Gabe von Einläufen zum Abgang des Darmpechs für das Immunsystem des Crias. Es muss von den Tier- ist nicht notwendig und kann potenziell zu Komplikationen haltern beobachtet werden, ob das Neugeborene regel- führen. Das Darmpech (Mekonium) wird bei Tieren nach mäßig bei der Stute zum Saugen geht. Auch unterstützt ungestörten Geburten, die ausreichend Kolostrum aufneh- die Aufnahme von Biestmilch den Abgang des Darm- men, fast ausnahmslos ohne Intervention abgesetzt. Das pechs (Mekonium). Falls das Fohlen aus verschiedenen Neugeborene wird von der Mutter nicht abgeleckt, es ver- Gründen keine oder zu wenig Biestmilch aufnimmt, ist sucht nach relativ kurzer Zeit aufzustehen, was nach einer tierärztliche Hilfe notwendig. Es gibt kommerziell her- Stunde gelungen sein sollte. gestellte Kolostrumersatzprodukte. Stehen diese nicht zur Verfügung, kann im Notfall auch auf Kolostrum von Die Stute sollte ihr Fohlen im Anschluss an die Geburt prob- Wiederkäuern zurückgegriffen werden. Zeigt das Neu- lemlos an das Euter lassen, um es zu tränken. Das Euter der geborene unnormale Anzeichen (z. B. Seitenlage, Atem- KÖRPERBAU, ZUCHTKRITERIEN, TRÄCHTIGKEIT UND GEBURT Stute hat vier Zitzen, selten treten Tiere mit überzähligen not, Missbildungen) oder steht nach ca. maximal zwei Zitzen auf. Es gibt immer wieder wenig mütterliche Stuten, Stunden noch nicht selbständig, ist ebenfalls tierärztliche die das Fohlen nicht saugen lassen oder auch Stuten, die Hilfe zuzuziehen. offensichtlich zu wenig Milch gebildet haben. Bei diesen 15
4. Haltung und Management © Gerhard Rappersberger Autoren: Ing. Gerhard Rappersberger, Univ.-Prof. Dr. Thomas Wittek, Wolfgang Putzinger Lebenserwartung 20 bis 25 Jahre Trächtigkeitsdauer 340 - 350 Tage (Abweichungen sind möglich) © Gerhard Rappersberger Geburtsgewicht Lama: 8 - 15 kg, Alpaka 5 - 8 kg Zuchtreife Stute: ca. 2 Jahre, Hengst etwa 30 Monate Abb 15 Lamas und Alpakas HALTUNG UND MANAGEMENT Säugeperiode Bei lediglich zwei oder drei Tieren wird diese Rangord- 9 bis 12 Monate nung nicht immer so augenscheinlich sein. Im natürli- chen Verband leben die Stuten in Herden von etwa 10 Zahnwechsel bis 15 Stuten und Jungtieren mit einem Hengst, der die beginnend mit etwa 2 - 4 Jahren Herde gegenüber potenziellen Konkurrenten vehement verteidigt. Hengstkämpfe erfolgen durch gegenseitiges Tabelle 3 Biologische Eckdaten von Lamas und Alpakas Jagen, Schreien, Bespucken, Treten und Beißen in Hals-, (Gerhard Rappersberger) Bein- und Genitalbereiche. Innerhalb der Herde wird zur Festlegung der Rangord- 4.1 HERDENSTRUKTUR nung auch häufig gespuckt. Dabei wird halbverdauter UND VERHALTEN Mageninhalt hochgerülpst und dem Gegner zielgerich- Als Herdentiere haben Neuweltkamele ab einer gewis- tet ins Gesicht gespuckt. sen Gruppengröße eine sehr feste Struktur innerhalb dieser Herde. Neuweltkamele dürfen nicht einzeln ge- Menschen werden von Neuweltkamelen bei richtiger halten werden (siehe Tierschutzgesetz). Die gemeinsa- Sozialisierung als artfremde und ranghöhere Individuen me Haltung mit anderen Tierarten ist möglich, aber kein anerkannt und bei tiergerechtem Umgang nicht ange- 16 Ersatz für Artgenossen. spuckt. Lediglich fehlgeprägte oder von Menschen ver-
wöhnte Lamas oder Alpakas oder Tiere in äußerster Be- dem der Lamas, es erfordert manchmal etwas mehr Ge- drängnis werden zielgerichtet gegen Menschen spucken. duld. Dieser Unterschied ist im Übrigen auch zwischen Neuweltkamele können während ihrer Prägephase, in der den Wildformen Guanako und Vikunja zu bemerken. Regel während der ersten paar Lebensmonate, nicht zwi- schen Artgenossen und Artfremden unterscheiden. Bei zu Neuweltkamele lieben Rituale, ein erfolgreiches Training intensiver Betreuung durch Menschen betrachten sie die- beinhaltet daher Konstanz, konsequentes und zielorien- se als Artgenossen und werden sie im geschlechtsreifen tiertes Vorgehen und verzichtet auf jegliche Belohnung Alter bekämpfen (Berserk Male Syndrome). in Form von Leckerlis. Ein ruhiger Umgang und ein gutes Maß an Gelassenheit führen eher zum Erfolg als jede Die Leitstute einer Herde verteidigt ihre Gruppe gegen Hektik und/oder Gewalt. potenzielle Fressfeinde durch Alarmrufe und darauffol- gendes aktives Vertreiben von Eindringlingen. Beutegrei- Für den Einsteiger ist ein Basiskurs für den Umgang mit fer (Bussard, Habicht etc.) meiden Neuweltkamelgehege Neuweltkamelen unbedingt zu empfehlen. Dabei sollte ebenfalls wegen deren Größe und ständigen Wachsam- man besonderes Augenmerk auf das Handling, also den keit, weshalb sie bei Freilandgeflügelhaltung als Herden- alltäglichen Umgang mit den Tieren legen. Die denkbar schutz eingesetzt werden können. ungünstigste Kombination ist ein untrainiertes Tier bei einem ungeübten Tierhalter. Es gibt viele Situationen, 4.2 HANDLING bei denen es unerlässlich ist, ein Lama oder Alpaka in kurzer Zeit zu halftern und an der Leine führen zu müs- sen (Untersuchungen, Kontrollen, Scheren, Nagelpfle- ge, um nur einige zu nennen). Wenn das entsprechend eingeübt ist, können sehr viel Zeit und Nerven gespart werden und die Freude an und mit den Tieren überwiegt. 4.3 AUFSTALLUNG Die Mindestanforderungen an Unterstand und Weideflä- che für die Neuweltkamelhaltung sind im Tierschutzgesetz © Gerhard Rappersberger geregelt - siehe Kapitel über rechtliche Grundlagen. Darüber hinaus sollte der Unterstand derart beschaffen sein, dass: Abb 16 Wanderung HALTUNG UND MANAGEMENT der Eingangsbereich nicht von einzelnen Tieren Obwohl Neuweltkamele mit zu den ältesten Haustier- blockiert werden kann. rassen zählen, werden sie nicht als fertig ausgebildet geboren, wir müssen sie trainieren, um die von ihnen im Unterstand keine engen Gassen oder Winkel sind. erwarteten Fähigkeiten und Leistungen abrufen zu kön- nen. Dieses Training sollte erst nach der artgerechten So- alle Tiere gleichzeitig Platz finden und ausreichend zialisierung innerhalb der Herde, im Alter von etwa zehn Freiraum bleibt (Distanzverhalten). bis zwölf Monaten erfolgen. Neuweltkamele wurden in einer Kulturepoche domestiziert, von der wenig überlie- ausreichend Kopffreiheit gewährleistet ist. fert oder bekannt ist. Das artgerechte Training ist daher weniger eine Problemstellung für die Tiere als vielmehr der Boden möglichst rutschsicher ausgebildet ist. eine Herausforderung für die trainierenden Menschen. Prinzipiell sind Lamas dadurch, dass sie tausende Jahre ausreichend Tageslichteinfall gegeben ist. selektiv vorwiegend auch auf Umgänglichkeit, Willigkeit und Lernfähigkeit gezüchtet worden sind, lernfähiger als die gesamte Anlage möglichst zugfrei ist. Alpakas. Der Herdentrieb ist bei den Alpakas ausgepräg- ter als bei Lamas. Bei zielorientierter Herangehensweise keine Einstreu verwendet wird, die das Vlies ist allerdings auch das Training von Alpakas ganz ähnlich verunreinigt. 17
finden. Diesem Umstand müssen die Tierhalter gerecht werden und den Tieren hier möglichst artgerechte Bedin- gungen bieten. Da Lamas und Alpakas hierzulande meist als Freizeittiere gehalten werden, genießen sie ohnehin besonderen Pflegestatus. © Gerhard Rappersberger Gebiss- oder Zahnfehlstellungen führen bei vielen Tieren zu mehr oder weniger häufigen Korrekturarbeiten an den Schneidezähnen, was nicht nur aufwendig, sondern auch Abb 17 Alpakas baden gern teuer werden kann. Krumme Zehennägel erfordern jähr- lich mehrmaliges Kürzen der Nägel, was den Pflegeauf- wand ebenfalls erhöht. Die Pflegemaßnahmen beziehen sich nicht ausschließ- lich auf die Tiere selbst, auch das Umfeld, der Unterstand oder Stall, der Auslauf, die Weideflächen sowie die Zäu- © Gerhard Rappersberger ne wollen gepflegt und instandgehalten werden. Das Vlies der Tiere wird in den meisten Fällen weiterver- arbeitet und kann nur so sauber sein, wie es die Umstän- Abb 18 Lamas beim Sandbad de erlauben. Einstreu mit Sägemehl machen die Faser nicht nutzbar, wenn sich die Tiere darin wälzen, Disteln 4.4 EINZÄUNUNG und Kletten auf der Weide finden sich ebenso im Vlies Der Weidezaun muss derart gestaltet sein, dass die Tiere wieder und machen es unbrauchbar. sicher im Gehege verwahrt sind, sie sich nicht verletzen können und der Zaun gut erkennbar ist - auch bei Extrem- Das Beobachten des Tierverhaltens innerhalb der Grup- situationen oder Panik. Dazu eignen sich Maschendraht- pe sowie das Monitoring des Ernährungszustandes und zaun, Gitterzaun oder Bretterzaun mit einer Höhe von 1,20 die routinemäßige Kontrolle des Parasitenbefalls sind bei Alpakas und mindestens 1,40 Metern bei Lamas. Ein ge- wesentliche Faktoren zum Erhalt der Tiergesundheit. erdeter Elektrozaun mit mindestens drei Litzen ist ebenfalls Diese Maßnahmen können mit einer Bestandsbetreu- geeignet, wenn die Tiere ihn zu respektieren gelernt haben, ung durch einen Tierarzt oder durch einen Vertrag mit vor allem zum Unterteilen von größeren Weiden in kleinere dem Tiergesundheitsdienst ergänzt werden, wodurch HALTUNG UND MANAGEMENT Koppeln oder Portionsweiden. Die unterste Litze sollte aus eine größtmögliche Herdengesundheit erreicht werden Metalldraht sein, da Weidebänder oder Seile zwar gut sicht- sollte. bar, durch die starke Bewollung aber wenig effizient sind. 4.6 SCHUR Nicht geeignet ist ein Elektrozaun als Grenze zwischen un- Alpakas und in geringerem Ausmaß auch Lamas wurden terschiedlichen Tiergruppen, zum Beispiel Jungtieren und selektiv gezüchtet, um Fasern zu produzieren. Diesem Um- deren Müttern oder Hengsten und Stuten. Stacheldraht stand müssen wir bei der Haltung der Tiere besondere darf nicht verwendet werden, stromführende Weidenetze Rechnung tragen und diese regelmäßig scheren. Alpakas sind wegen der Gefahr von Verwicklungen ebenfalls nicht und mittel bis stark bewollte Lamas müssen jedes Jahr geeignet. geschoren werden, um in den Sommermonaten schwer- wiegende Belastungen der Tiere durch Hitzestress hintan- 4.5 PFLEGE zuhalten. Mittlerweile wird professionelles Scherservice in Neuweltkamele werden häufig als problemlos zu hal- allen Regionen angeboten, eine rechtzeitige Anmeldung tende und sehr pflegeleichte Tiere angepriesen. Dieses dazu ist empfehlenswert, da im Frühjahr viele tausend „Verkaufsargument“ ist prinzipiell richtig, es sollte aber Alpakas und Lamas etwa gleichzeitig geschoren werden nicht unerwähnt bleiben, dass die Tiere aus völlig ande- sollen. Mit etwas Geschick kann das der Tierhalter auch ren Habitaten stammen und in unseren Breiten andere selbst erlernen, gleichgültig, ob mit einer Schermaschine 18 Lebensbedingungen und andere Futtergrundlagen vor- oder per Hand.
Alpakas werden im Stehen in einem Scherstand oder im Liegen mit einer elektrischen Schermaschine oder per Hand geschoren. Das Vlies wird sofort bei der Schur in die © Gerhard Rappersberger © Gerhard Rappersberger einzelnen Qualitäten sortiert und getrennt verpackt. Nach der Schur werden Faserproben entnommen und im Labor untersucht, um die Faserparameter zu bestimmen. Die Fa- ser wird händisch von Stroh und Verunreinigungen gerei- nigt und entsprechend der Qualität verarbeitet. Abb 21 Zu lange Zehennägel Abb 22 Zehennägel kürzen © Gerhard Rappersberger © Wolfgang Putzinger Abb 19 Schur eines Alpakas Abb 23 Korrekte Zehennägel Die Zehennägel sollen sich durch die Bewegung so ab- nutzen, dass sie mit der Sohle in einer Ebene abschlie- ßen. Bei wenig Bewegung und weichem Untergrund werden die Zehennägel nur ungenügend abgenutzt. Das muss kontrolliert werden und bei Notwendigkeit müssen die Zehennägel gekürzt werden (Abbildung 22). Ein einmal jährliches Kürzen mit einer Gartenschere © Wolfgang Putzinger oder einem großen Seitenschneider ist in der Regel ausreichend, wobei das Wachstum der Nägel mit dem Wollwachstum korreliert. Demnach ist bei Alpakas der Abb 20 Schur Alpaka diesbezügliche Aufwand etwas höher. Unterbleibt das HALTUNG UND MANAGEMENT Kürzen, kann es zu bleibenden Fehlstellungen der Ze- 4.7 ZEHENNÄGEL KÜRZEN hen und Lahmheit kommen. Die Neuweltkamele gehören zu den Schwielensohlern, das heißt anders als bei den Wiederkäuern ist keine Hornkapsel ausgebildet, sondern die Tiere haben ledig- lich Zehennägel und fußen auf einer widerstandsfähi- gen Sohle, die mit starker Hornhaut geschützt ist. Es sind zwei Zehen pro Bein ausgebildet, es treten aber immer mal wieder Tiere mit überzähligen Zehen auf (Polydaktylie). Auch wenn das in der Regel nicht zu ge- sundheitlichen Problemen führt, sind diese Tiere von der Zucht auszuschließen. 19
5. Ernährung und Fütterung © iStock / yenwen Autoren: Ing. Gerhard Rappersberger, Univ.-Prof. Dr. Thomas Wittek 5.1 ERNÄHRUNG - VERDAUUNG gebotene Grundfutter auf der Weidefläche in den Neuweltkamele sind Pflanzenfresser, die ihr Futter meisten Fällen eiweißreicher und ärmer an Rohfa- sehr selektiv aufnehmen. Nach kurzem Kauen werden ser. Daher muss den Tieren zusätzlich ausreichend die grob zerkleinerten Pflanzenteile zunächst abge- Rohfaser angeboten werden. Heu in guter Qualität schluckt und gelangen in den ersten Vormagen (Kom- sollte das ganze Jahr über zur freien Verfügung ste- partiment 1, C1). Im Vormagen finden die mikrobiellen hen. Idealerweise in ausreichend groß bemessenen Abbauprozesse statt, dazu muss das Futter wieder- Heuraufen, damit alle Tiere gleichzeitig Platz finden, gekaut werden. Das Futter aus dem Vormagen wird ohne zu dicht gedrängt nebeneinander stehen zu zum Wiederkauen erneut in die Maulhöhle transpor- müssen. Das Distanzbedürfnis der Tiere zueinander tiert, dort mit mahlenden Kaubewegungen nochmals sollte berücksichtigt werden. Es ist auch darauf zu gekaut und dann wieder abgeschluckt. Die Aktivität achten, dass rangniedere Tiere ungehindert Zugang des Wiederkauens ist abhängig vom Faseranteil des zum angebotenen Raufutter haben, was durch Plat- Futters (Wiederkaugerechtigkeit). Durch intensives zieren mehrerer Fütterungseinrichtungen ermöglicht ERNÄHRUNG UND FÜTTERUNG Kauen wird auch die Speichelproduktion angeregt, wird. Lamas und Alpakas sollten das ganze Jahr über die das Milieu im Magen in Balance hält. Das Futter Zugang zur Weide haben. Bei längeren Schlechtwet- wird durch das Wiederkauen sehr fein zerkleinert, erst terperioden ist die vorübergehende Haltung in einem danach gelangt es über das Kompartiment 2 (C2) in Paddock mit befestigtem Boden vorteilhaft, um Ver- das Kompartiment 3 (C3), wo die weitere Verdauung trittschäden an der Grasnarbe zu verhindern. stattfindet und letztendlich im Dünn- und Dickdarm die Nährstoffe und Wasser resorbiert werden. Dazu brauchen sie ständigen Zugang zum Wasser in guter Qualität in regelmäßig gereinigten Gefäßen oder Neuweltkamele sind in der Lage, dem Darminhalt sehr Tränken mit Schwimmerventil. viel Wasser zu entziehen, daher besteht der Kot der Tiere aus trockenen, kleinen Kotballen, die aus fein Das Milieu der Mikroorganismen und Bakterien in zerkleinerten Partikeln bestehen. den Magenabschnitten und im anschließenden Darm ist essentiell für eine funktionierende Verdauung und 5.2 FÜTTERUNG Nährstoffaufnahme und sollte durch die angebotene Während der Vegetationsperiode ist der ständige Nahrung möglichst stabil gehalten werden. Futterum- Zugang zu gepflegten Weideflächen die beste Vor- stellungen sind immer über einen Zeitraum von meh- aussetzung für gesunde Tiere. Im Vergleich zu ihren reren Tagen vorzunehmen. 20 Ursprungsgebieten ist das in unseren Gegenden an-
5.3 ZUSATZFUTTER 5.4 WEIDEPFLEGE UND FUTTERZUSÄTZE Die bedarfsgerechte Versorgung der Tiere ist Bedingung für eine gesunde Herde. Der Körper gleicht Mängel oder einen Überschuss kurzfristig aus, eine anhaltend inad- äquate Versorgung gefährdet die Gesundheit, die Leis- tung oder die Fruchtbarkeit der Tiere. Neuweltkamele, die keine besonderen Leistungen er- bringen sollen, sind mit ausreichend bemessener Wei- defläche mit guter Futtervorlage sowie qualitativ gutem Heu „ad libitum“ grundsätzlich versorgt. Sie benötigen © Gerhard Rappersberger daher kein Kraftfutter als eigenständige Futterkom- ponente, gegen den Einsatz von kleinen Mengen als Lockfutter oder zur Verbesserung der Aufnahme von Mi- neralfutter ist selbstverständlich nichts einzuwenden. Einzelgaben von Kraftfutter, Getreide, Müsli oder Brot Abb 24 Lamas und Alpakas auf einer Weide belasten das ausgeglichene Milieu im Magen massiv und können über kurz oder lang zu schweren Schäden Neben den Tieren selbst darf auch die Pflege der Weide- im Verdauungstrakt führen. flächen nicht vernachlässigt werden. Durch das selekti- ve Fressverhalten werden giftige, leicht giftige oder ver- Im Gegensatz zur Energie- und Proteinversorgung ist die schmähte Pflanzen von den Tieren nicht aufgenommen, Versorgung mit Mineralstoffen durch das Raufutter oft können dadurch ausreifen und vermehren sich überpro- nicht ausreichend, so dass Mineralstoffgemische zuge- portional. Das führt über kurz oder lang zum Verdrängen füttert werden müssen. Dafür sind verschiedene Präpa- von wertvollen Futterpflanzen auf der Weide zuguns- rate in unterschiedlicher Zubereitungsform kommerziell ten der wertlosen Vegetation. Eine Weidefläche mit erhältlich. Die Versorgungssituation mit Mineralstoffen schmackhaften und nährstoffreichen Pflanzen ist jedoch bzw. vorliegende Mangelversorgung ist in der Regel re- die Basis für die ausreichende Versorgung der Tiere. Ein gional bekannt und kann mit Hilfe von Futter- und Was- mindestens einmal jährlicher Weideschnitt sowie die seruntersuchungen sowie der Analyse von Blutproben Nachsaat sind daher langfristig unerlässlich. Koppeln, eingeschätzt werden. die nach der Beweidung eine längere Erholungsphase haben, sind bei größeren Beständen vorteilhaft. ERNÄHRUNG UND FÜTTERUNG Für die Qualität sowie für die Quantität der Faser ist eine angepasste Fütterung unerlässlich, ebenso für Tiere, die Durch das angestammte Verhalten, Kot und Urin an intensiv zur Züchtung eingesetzt werden oder als Last- konzentrierten Plätzen abzusetzen, fehlt dazu der tiere bei ausgedehnten Wanderungen erhebliche Lasten gleichmäßige Eintrag von natürlichem Dünger auf den tragen sollen. Um derartige Leistungen über einen län- Weideflächen und konzentriert sich auf wenige Stellen. geren Zeitraum erbringen zu können, ohne die Substanz In diesen Bereichen sorgt regelmäßiges Abmisten und der Tiere anzugreifen, muss Zusatzfutter - kommerziell Nachmähen für die notwendige Weidehygiene und verarbeitetes Futter mit bedarfsorientiertem Gehalt an hilft, den Parasitendruck gering zu halten. Energie und Proteinen - mit höherem Eiweißgehalt (zum Beispiel Luzerneheu oder -pellets) angeboten werden. Dabei sollten Getreideprodukte wegen der Gefahr der Übersäuerung im Magen eher sparsam eingesetzt oder gänzlich darauf verzichtet werden. Als Beschäftigungsfutter eignet sich Baumschnitt von un- giftigen Laub- und Nadelbäumen. Obstbäume sowie Tan- nen, Fichten, Lärchen, Ahorn, Esche etc. werden gerne geschält, Nuss und Holunder hingegen gemieden. 21
6. Tiergesundheit und Erkrankungen © Gerhard Rappersberger Autor: Univ.-Prof. Dr. Thomas Wittek 6.1 ALLGEMEINER TEIL Normale Futteraufnahme Lamas und Alpakas gelten als wenig empfindliche, wi- derstandsfähige Tiere. Dieser Aussage kann generell zu- Normales Wiederkauen gestimmt werden, allerdings gilt das nur soweit, wie die grundsätzlichen Bedürfnisse der Tiere gedeckt werden Normaler Kot- und Harnabsatz und die Haltung der Tiere artgerecht erfolgt. Es ist zu be- achten, dass die Haltungsbedingungen in den Herkunfts- Diese Merkmale sollten täglich bei den Tieren kontrol- ländern von unseren Bedingungen verschieden sind, was liert werden und bei Veränderungen sollte eine tier- zum Auftreten von Erkrankungen beitragen kann. ärztliche Konsultation mit weiterführenden Untersu- TIERGESUNDHEIT UND ERKRANKUNGEN chungen erfolgen. Weiterhin gilt es zu beachten, dass Neuweltkamele sind Herden- und Fluchttiere, die als Krankheitsanzeichen einzelner Tiere immer hinsichtlich Schutzmechanismus jedes Anzeichen von Schwäche der Relevanz für die Herde geprüft werden müssen. oder Erkrankung zu verbergen trachten. Daher besteht ein höheres Risiko, dass bei ungenügend intensiver Be- obachtung der Tiere diese Anzeichen übersehen werden und so zwischen dem Beginn einer Erkrankung und ihrer Erkennung ein längerer Zeitraum entstehen kann. 6.1.1 MÖGLICHKEITEN DER ÜBERWACHUNG DER GESUNDHEIT DURCH DIE TIERHALTER Die Halter der Tiere sind durch den täglichen Kontakt mit den Tieren die Personen, die in erster Linie für die Überwachung der Gesundheit und die Feststellung von Veränderungen an den Tieren prädestiniert und auch verantwortlich sind. Wesentliche Merkmale, die ge- sunde Tiere anzeigen und einfach beobachtet werden können, sind: © Vetmeduni Wien Normale Körperhaltung 22 Normales Verhalten Abb 25 Betastung der Lendenwirbelregion zur Beurteilung der Körperkondition
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