Immobilien Rechtliche Aspekte von der Planung bis zum Verkauf von Geschäftsliegenschaften - VISCHER
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Immobilien Rechtliche Aspekte von der Planung bis zum Verkauf von Geschäftsliegenschaften © 2015 VISCHER AG
Inhalt I Vorwort 5 II Reservationsvereinbarungen und Absichtserklärungen halten im Zusammenhang mit Grundstücken nicht immer, was sie versprechen7 A Problemstellung 7 B Erster Bundesgerichtsentscheid 7 C Zweiter Bundesgerichtentscheid 8 D Fazit 9 III Lex Koller und andere Beschränkungen beim Kauf von Schweizer Immobilien 10 A Lex Koller – Immobilienerwerb durch Personen im Ausland 10 B Bäuerliches Bodenrecht 11 C Bewilligungspflicht im Altlastenrecht 12 IV Mehrwertabgabe – ein neuer Versuch 13 A Ausgangslage 13 B Neue gesetzliche Regelung 13 C Relevante Zeitpunkte 14 D Wer schuldet die Abgabe? 14 E Pfandrechte, Solidarhaftung 14 F Fazit 15 Immobilien Inhalt
V Das Bauhandwerkerpfandrecht: Segen für den Unternehmer – Fluch für den Grundeigentümer? 18 A Ausgangslage 18 B Worum geht es? 18 C Wie kann sich ein Grundeigentümer gegen Bauhandwerkerpfandrechte schützen? 19 D Fazit 20 VI Die Zutaten für einen guten Geschäftsmietvertrag 21 A Bedeutung einer geschickten Vertragsverhandlung 21 B Einstieg in die Verhandlung 21 C Was kann verhandelt werden? 21 D Die wichtigsten Verhandlungspunkte 22 E Die Rohbaumiete 24 F Schlussbemerkungen 24 VII Immobilien als «Produktionsmittel» von KMU-Betrieben und die sich daraus aus ergebende Verantwortung des Verwaltungsrates25 A Einleitung 25 B Einige wenige rechtliche Grundlagen 25 C Einige wenige betriebswirtschaftliche Grundlagen 25 D Ein wenig Unternehmenspraxis 26 E Fazit 27 VIII Gutachten statt Prozessführung? 28 A Stadionstreit Letzigrund 28 B Mängelbehebung im Bauwesen 28 C Parteigutachten 29 D Schiedsgutachten 29 E Vorsorgliche Beweisführung 29 F Fazit 30 IX Verkauf einer Immobiliengesellschaft – auch ein Steuerthema 31 A Grundsteuern beim Verkauf von Wertschriften? 31 B Begriff der Immobiliengesellschaft 31 C Situation des Inhabers 31 D Situation der Immobiliengesellschaft 33 E Mehrwertsteuer 33 F Empfehlungen beim Kauf oder Verkauf einer Immobiliengesellschaft 34 Immobilien Inhalt
I Vorwort lic.iur. Nadia Tarolli Schmidt, dipl. Steuerexpertin Mit dem Thema Immobilien sind eine ganze Reihe Ist die Liegenschaft einmal zur Zufriedenheit des juristischer Disziplinen verbunden: Sachenrecht, Eigentümers erstellt, bieten Verhandlungen über Baurecht, Mietrecht, Prozessrecht, Steuerrecht – Geschäftsmietvertrage rechtliche Herausforderun- um nur einige zu nennen. Die acht Artikel unserer gen. diesjährigen Herbstbroschüre stellen Ihnen eine Auswahl dieser Aspekte vor. Auch Verwaltungsräte sollten gerade nicht be- triebsnotwendigen Liegenschaften ihre Aufmerk- Bereits vor dem Erwerb geht es um grundlegende samkeit schenken. Fragen: Ist der geplante Kauf eines Grundstücks tatsächlich möglich oder untersagen gesetzliche Last but not least stellen sich beim Verkauf an- Normen wie die Lex Koller oder Regelungen zu Alt- spruchsvolle steuerrechtliche Fragen insbesondere lasten den Erwerb? Löst der Verkauf oder die Be- – aber nicht nur –, wenn es um die Veräusserung bauung einer Immobilie eine Mehrwertabgabe aus? ganzer Immobiliengesellschaften geht. Wie ist eine allfällige Reservationsvereinbarung auszugestalten, damit sie auch gültig ist? Die Antworten fallen selbstverständlich unter- schiedlich aus, je nachdem ob die Fragen für den Wird die Liegenschaft dann bebaut, ist vor allem Käufer oder Verkäufer, den Bauherrn, General bei Grossprojekten eingehend zu prüfen, wie Bau- unternehmer oder Handwerker oder für den Mieter handwerkerpfandrechte vermieden bzw. deren oder Vermieter beantwortet werden. Und natürlich Auswirkungen so gering wie möglich gehalten wer- unterscheiden sich häufig die Sichtweisen der den können. Steuerpflichtigen und der Steuerverwaltung. Im Rahmen von Bebauungen kommt es regelmä- Viele spannende Aspekte also. Wir wünschen Ihnen ssig zu Gewährleistungsfällen. Manchmal verhin- auch dieses Jahr eine interessante Lektüre! dern in diesem Zusammenhang Gutachten lang- wierige Prozesse. Immobilien Vorwort 5
II Reservationsvereinbarungen und Absichts erklärungen halten im Zusammenhang mit Grundstücken nicht immer, was sie versprechen Dr. Roland M. Müller, Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht A Wirksamkeit der bloss in einfacher Schriftform unterzeichneten Reservationsvereinbarungen, Ab- Problemstellung sichtserklärungen und Vorverträge zu klären. Bei Liegenschaftskäufen kommen regelmässig so- genannte Reservationsvereinbarungen, Absichts- B erklärungen oder Vorverträge zum Einsatz. Diese werden vor der öffentlichen Beurkundung des Erster Bundesgerichts- Kaufvertrags abgeschlossen, häufig ohne Beizug einer Urkundsperson, also bloss in sogenannter entscheid einfacher Schriftform. Die Spanne solcher Verein- barungen ist breit: Wer eine Wohnung im Stock- In seiner Entscheidung vom 17. Februar 2014 1 werkeigentum ab Plan kaufen will, unterschreibt macht das höchste Schweizer Gericht unmissver- oft eine Reservation, Absichtserklärung oder ein ständlich klar, dass Absichtserklärungen und ähn ähnlich genanntes Dokument. Darin wird typi- liche Vereinbarungen als Vorverträge gemäss scherweise festgehalten, dass die Kaufinteressen- Art. 216 Abs. 2 OR gelten und somit in öffentlicher ten eine Reservationsgebühr leisten, sobald als Urkunde abzuschliessen sind. Andernfalls können möglich einen notariellen Kaufvertrag unterschrei- die in solchen Vereinbarungen versprochenen Leis- ben, andernfalls sie der Reservationsgebühr ver- tungen nicht oder bestenfalls marginal durch lustig gehen, oder sonstige Strafzahlungen leisten gesetzt werden, wie die nachfolgenden Ausführun- müssen. Aber auch unter Geschäftsleuten finden gen zeigen. sich solche Reservationsvereinbarungen oder Ab- sichtserklärungen, ohne dass diese verurkundet Dem Entscheid des Bundesgerichts lag im Wesent- würden. lichen folgender Sachverhalt aus dem Kanton Tes- sin zur Beurteilung vor: Das Schweizerische Recht schreibt vor, dass Vor- verträge sowie Verträge, die ein Vorkaufs-, Kaufs- Der Eigentümer eines Grundstücks und ein Kauf oder Rückkaufsrecht an einem Grundstück begrün- interessent unterzeichneten am 17. Juli 2009 in den, zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkun- einfacher Schriftform eine Absichtserklärung. Ge- dung bedürfen, also vor einer Urkundsperson mäss dieser sollte der Eigentümer auf seinem unterzeichnet werden müssen (Art. 216 Abs. 2 OR). Grundstück eine Baute im Stockwerkeigentum er- Diese Formvorschrift bezweckt die Parteien vor richten, die Errichtung von Stockwerkeigentum im übereilten Entscheidungen zu schützen, ihnen eine Grundbuch eintragen und dem Kaufinteressenten fachkundige Beratung zu gewährleisten und eine daran einen Anteil zum Preis von CHF 500 000 ver- sichere Grundlage für den Grundbucheintrag (auf kaufen. Die Parteien waren sich bewusst, dass das diesen dürfen sich gutgläubige Dritte verlassen) zu Gesetz auch für Vorverträge eine öffentliche Beur- schaffen. kundung vorschreibt. Sie hielten deshalb in der Absichtserklärung fest, dass der Kaufvertrag bis Das Schweizerische Bundesgericht hatte kürzlich zum 20. September 2009 öffentlich zu beurkunden zwei Gelegenheiten, die Grenze der Zulässig- und sei und dass jene Partei, die eine Pflicht aus der 1 BGE 140 III 200 ff., in italienischer Sprache Immobilien Reservationsvereinbarungen und Absichtserklärungen halten nicht immer, was sie versprechen 7
Absichtserklärung verletzt, der anderen Partei eine Dieser Entscheid ist noch nicht rechtskräftig und Konventionalstrafe von CHF 100 000 zu entrichten scheint erneut dem Bundesgericht zur Beurteilung habe. Trotz der Absichtserklärung sah der Eigen vorzuliegen. tümer von der Erstellung der Baute und der grund- buchlichen Eintragung von Stockwerkeigentum ab und verkaufte das Grundstück an einen Dritten. In C der Folge klagte der Kaufinteressent die vereinbar- te Konventionalstrafe von CHF 100 000 ein. Das Zweiter Bundesgerichts- Gericht erster Instanz schützte ihn, das Gericht zweiter Instanz und das Bundesgericht wiesen die entscheid Forderung vorerst ab. Dabei wies das Bundes gericht allerdings die Vorinstanz an, weitere Abklä- In der zweiten Entscheidung 2 konnte das Bundes- rungen zu treffen (vgl. nachfolgend). Gemäss aktu- gericht seine Praxis bestätigen und weiter verfei- ell verfügbaren Informationen liegt der Sachver- nern. Dem Urteil lag im Wesentlichen folgender halt in der Zwischenzeit erneut dem Bundesgericht Sachverhalt aus dem Kanton Basel-Landschaft zu- vor. grunde: Der Kaufinteressent machte zunächst geltend, der Der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem ein Eigentümer verhalte sich rechtsmissbräuchlich, Fabrikationsgebäude mit Büroanbau und Lager wenn er die Zahlung unter Berufung auf den ihm halle steht, und ein im Immobilienb ereich tätiger von Anfang an bekannten Formmangel (keine Kaufinteressent unterzeichneten in einf acher öffentliche Beurkundung) verweigere. Vorausset- Schriftform einen «Vorvertrag zu einem Kaufver- zung für den Rechtsmissbrauch wäre allerdings trag mit Vollmacht» über das Grundstück. Der gemäss ständiger Rechtsprechung die vorbehalts- Kaufinteressent plante dabei den Neubau einer lose Erfüllung der Absichtserklärung (im Wesent zweigeschossigen Filiale auf dem Land. Für den lichen die Errichtung der Baute, die Begründung Neubau waren verschiedene bau- und planungs- von Stockwerkeigentum und der Abschluss des rechtliche Fragen zu klären (Quartierplan etc.). notariellen Kaufvertrages) gewesen. Der Kläger Das Grundstück war für den Kaufinteressenten re- drang deshalb mit diesem Argument nicht durch. serviert und wurde deshalb während der Planungs- phase nicht vermietet. Als sich ein Jahr später Das Bundesgericht schien sich aber am Verhalten herausstellte, dass die Realisierung des Quartier- des Eigentümers trotzdem zu stören und wies die plans nicht problemlos war, nahm der Kaufinteres- Vorinstanzen an, zu klären, ob unter dem Rechts- sent von seinem Kaufinteresse Abstand. Der Eigen behelf der «culpa in contrahendo» dem Kaufinter- tümer klagte darauf den Kaufinteressenten auf essenten ein Teil der Konventionalstrafe zuzuspre- Zahlung von CHF 192 000 ein: Vor erster Instanz chen wäre. Culpa in contrahendo ist ein Rechtsbe- zunächst erfolgreich, dann aber vor der zweiten helf, der eine Schadenersatzhaftung begründen Instanz und vor dem Bundesgericht erfolglos. kann, wenn sich eine Partei im Zusammenhang mit nicht oder nicht gültig zustande gekommenen Ver- Gegenstand des Streits war eine Bestimmung im trägen gegen Treu und Glauben verhalten hat (z. B. Vorvertrag, wonach der Kaufinteressent dem Ei- bei Vertragsverhandlungen). Zu ersetzen wäre in gentümer beim Nichtzustandekommen des Grund- solchen Situationen das sogenannte negative Inte- stückskaufs für die Reservation bzw. für die dem resse, also der Schaden, der ohne das treuwidrige Eigentümer entgehenden Mieterträge eine monat- Verhalten der Gegenpartei nicht entstanden wäre liche Abgeltung von mindestens CHF 8000 zu ent- (z. B. Kosten für bereits erfolgte planerische oder richten habe. notarielle Arbeiten). Das Bundesgericht bestätigte wie im vorerwähnten Die zuständige Tessiner Vorinstanz, die Camera Tessiner Entscheid, dass solche Vereinbarungen als civile del Tribunale di appello ticinese, erkannte Vorverträge gelten und somit grundsätzlich nur bei in der Folge am 30. September 2014, dass der notarieller Beurkundung gültig sind. Im vorliegen- Eigentümer sich treuwidrig verhalten hatte und den Baselbieter Fall prüfte es aber, welche Abreden sprach dem Kaufinteressenten deshalb zur De- von der öffentlichen Beurkundung erfasst sind und ckung seines erlittenen Schadens eine Forderung welche nicht. Dies, weil der Eigentümer geltend von CHF 50 000 (Hälfte der Konventionalstrafe, machte, die Abrede über die Zahlung von CHF 8000 10 % des Kaufpreises) gegen den Eigentümer zu. pro Monat sei eine separate, selbständige Abrede, 2 4A_281/2014 vom 17. Dezember 2014 Immobilien Reservationsvereinbarungen und Absichtserklärungen halten nicht immer, was sie versprechen 8
die von der Pflicht zur öffentlichen Beurkundung Wer rechtlich durchsetzbare Ansprüche begründen nicht berührt werde. will, ist daher gut beraten, die entsprechenden D okumente öffentlich beurkunden zu lassen. Dies Das Bundesgericht hielt fest, dass die objektiv und gilt selbst wenn die Zeit knapp ist und z. B. ein kan- subjektiv wesentlichen Punkte zu beurkunden sind. tonales Amtsnotariat überlastet ist (dann kann für Objektive Nebenabreden fallen dabei jedoch nur die Beurkundung des Vorvertrags in einen anderen dann zufolge subjektiver Wesentlichkeit unter den Kanton ausgewichen werden). Die mit der Beur- Formzwang, wenn sie ihrer Natur nach unmittelbar kundung verbundenen Kosten werden in der Regel den Kaufvertrag betreffen, d. h. das Verhältnis von die Nachteile eines langjährigen, über mehrere ge- Leistung und Gegenleistung berühren. Treffen die richtliche Instanzen laufenden Rechtstreits (Kos- Parteien hingegen Zusatzabreden, die auch los ten, lange andauernde Rechtsunsicherheit) mehr gelöst vom Grundstückskauf als sinnvolles Ganzes als wettmachen. Man denke nur an den geschilder- denkbar sind (sog. Abreden über ein selbständiges ten Tessiner Fall, der zuerst von zwei kantonalen Leistungspaar), sind diese nicht der Beurkundungs- Instanzen, dann erstmals vom Bundesgericht, pflicht unterstellt. dann wieder von den beiden kantonalen Instanzen beurteilt wurde und dem Vernehmen nach erneut Bei der vorliegenden Abgeltungsvereinbarung kam vom Bundesgericht behandelt wird. das Gericht zum Schluss, dass nicht ersichtlich war, welches Interesse der Kaufinteressent an einer Unser Büro ist in der Lage, mit seinem Notariats selbständigen Abgeltungsvereinbarung ohne form- team jederzeit die erforderlichen öffentlichen Be- gültigen Vorvertrag gehabt haben sollte. Als solche urkundungen vorzunehmen. selbständige Vereinbarung hätte z. B. vorgelegen, wenn die Parteien unabhängig davon, ob der Grund- stückserwerb zustande kam, eine Entschädigung für eine Miete vereinbart hätten. Dies war aber im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, weshalb das Bundesgericht erkannte, dass auch die Abrede über die Zahlung von CHF 8000 pro Monat ungültig war. D Fazit Beide Entscheide unterstreichen, dass Reserva tionsvereinbarungen, Absichtserklärungen oder ähnliche Dokumente grundsätzlich als beurkun- dungspflichtige Vorverträge gelten. Wer solche Verträge nur in einfacher Schriftlichkeit abschliesst, wird Mühe haben, Ansprüche daraus durchzuset- zen. Zwar ist es nach diesen Entscheiden denkbar, dass bei treuwidrigem Verhalten der Gegenseite wenigstens Ansprüche für das sogenannte negative Interesse (z. B. Planungsaufwand) entstehen oder dass Forderungen aus sogenannten Abreden über ein selbständiges Leistungspaar Bestand haben. Bei der Beurteilung solcher Ansprüche steht den Gerichten aber ein grosser Ermessensspielraum zu, den diese aber eher restriktiv anwenden wer- den, daher ist die Chancenbeurteilung solcher An- sprüche nur schwierig vorzunehmen. Dazu kommt, dass in der Fachliteratur von namhaften Autoren kritisiert wird, die bundesgerichtliche Rechtspre- chung sei zu liberal, da sie immer noch gewissen Raum lasse für Abreden, die einen indirekten Druck schaffen, den formbedürftigen (Haupt-)Vertrag ab- zuschliessen. Immobilien Reservationsvereinbarungen und Absichtserklärungen halten nicht immer, was sie versprechen 9
III Lex Koller und andere Beschränkungen beim Kauf von Schweizer Immobilien Dr. Benedict F. Christ, LL.M. Die Eigentumsfreiheit ist in der Schweiz ein verfas- 1 Politische Entwicklungen sungsmässiger Grundsatz. Entsprechend dürfen in der Schweiz grundsätzlich auch Immobilien frei Die Lex Koller in ihrer heutigen Form geht auf frü- übertragen werden. Trotzdem haben Immobilienin- here Erlasse zurück, die seit Anfang der sechziger vestoren in der Schweiz einige einschneidende Jahre den Immobiliensitz für Ausländer in unter- Übertragungsbeschränkungen oder gar -verbote schiedlicher Form eingeschränkt hatten. Die Lex zu beachten. Dazu gehört die Lex Koller, die den Koller ist einem wechselhaften politischen Klima Kauf von Immobilien für ausländische Investoren ausgesetzt. Die früher strengeren Regeln mit Be- beschränkt. Weiter dürfen gemäss bäuerlichem schränkungen auch für Geschäftsliegenschaften Bodenrecht landwirtschaftliche Grundstücke oder wurden 1997 aufgehoben und 2005 Investitionen in Gewerbe nur an selbstbewirtschaftende Landwirte börsenkotierte Immobiliengesellschaften liberali- übertragen werden. Schliesslich dürfen umwelt- siert. 2007 hatte der Bundesrat in einer Botschaft rechtlich belastete Standorte nur mit Bewilligung gar die Aufhebung der Lex Koller angedacht, was und allenfalls nach Sicherstellung der zu erwarten- aber in der Folge vom Parlament zurückgewiesen den Kosten verkauft werden. wurde. Inzwischen hat der Bundesrat eine Kehrt- wende vollzogen. Er plant, Anfang 2016 eine Vor lage in die Vernehmlassung zu schicken, welche die A Lex Koller erheblich verschärfen würde. Unter anderem dürften dann ausländische Investoren Lex Koller – Geschäftsliegenschaften nur noch erwerben, wenn sie diese selber nutzen. Ein Kauf zu Anlagezwecken Immobilienerwerb durch wäre nicht mehr möglich. Weiter könnten ausländi- Personen im Ausland sche Investoren nicht mehr in Immobiliengesell- schaften investieren. Auch der Erwerb von Haupt- wohnungen durch Ausländer würde erschwert. Die Lex Koller soll den «Ausverkauf der Heimat» Nicht EU/EFTA Personen wären bei einem Wegzug verhindern. Gemäss dem gemeinhin Lex Koller ge- überdies gezwungen, eine erworbene Hauptwoh- nannten Bewilligungsgesetz dürfen ausländische nung wieder zu verkaufen. Die neuen Vorschläge Investoren mit wenigen Ausnahmen keine Wohn würden den Immobilienerwerb und -besitz für Aus- immobilien in der Schweiz erwerben. Umgekehrt länder deutlich erschweren und die Eigentumsfrei- ist der Erwerb von Immobilien in der Schweiz auch heit weiter beschneiden. Ob und in welcher Form für ausländische Investoren möglich, soweit diese diese Vorlage Gesetz wird, ist noch offen. Immobilien gewerblichen Zwecken dienen. Die B eschränkungen der Lex Koller gelten für Gesell- schaften mit Sitz im Ausland, ebenso wie für aus- 2 Betriebsliegenschaften ländische Staatsangehörige. Keinen Beschrän kungen unterliegen EU/EFTA-Personen, die ihren Gemäss geltendem Recht dürfen ausländische Wohnsitz in der Schweiz haben. Investoren Betriebsliegenschaften in der Schweiz ohne Einschränkung erwerben. Betriebsliegen- schaften sind jegliche Immobilien, die gewerb Immobilien Lex Koller und andere Beschränkungen beim Kauf von Schweizer Immobilien 10
lichen Zwecken dienen wie beispielsweise Büro solche Immobiliengesellschaft nicht mehr in neue gebäude, Fabrikanlagen, Lager, Läden und Ein- Wohnimmobilien investieren, sobald sie auslän- kaufszentren, Hotels und Restaurants. Der aus- disch beherrscht ist. ländische Investor kann solche Immobilien zur Eigennutzung, aber auch als Kapitalanlage erwer- Abgrenzungsfragen stellen sich beim Kauf von ben. Immobiliengesellschaften mit Immobilien-Porte- feuilles, die nebst Betriebsliegenschaften auch Unbebautes Land gilt grundsätzlich nicht als Be- Wohnimmobilien enthalten. Der Erwerb einer sol- triebsliegenschaft. Ein ausländischer Investor darf chen Immobiliengesellschaft ist grundsätzlich zu- unbebautes Land trotzdem erwerben, sofern er es lässig, solange der Anteil der Wohnimmobilien innerhalb einer angemessenen Frist mit einer gegenüber den gewerblichen Teilen wesentlich gewerblichen Immobilie überbaut. Weiter kann kleiner ist. Unproblematisch ist darum auch der zusammen mit einer Betriebsliegenschaft eine un- Erwerb eines Unternehmens, das nebst den be- bebaute Landreserve erworben werden, sofern die trieblich genutzten Immobilien auch einige Woh- Landreserve im Vergleich zur bebauten Fläche nungen besitzt. wesentlich kleiner ist. 4 Bewilligungen und 3 Wohnimmobilien F eststellungsverfügungen Wohnimmobilien in der Schweiz können ausländi- Soweit ein Immobilienerwerb zulässig ist, kann ein sche Investoren (abgesehen von EU/EFTA-Perso- ausländischer Investor die Immobilie ohne weite- nen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben) res erwerben und bedarf keiner speziellen Bewilli- grundsätzlich nicht erwerben. Ausgenommen von gung. Umgekehrt gibt es nur wenige Fälle, in denen dieser Regel ist der Kauf einer Hauptwohnung am eine eigentlich unzulässige Transaktion bewilligt tatsächlichen Wohnsitz eines Ausländers, der ohne werden kann. Bewilligung zulässig ist. Allerdings gibt es immer wieder Grenzfälle, in de- Vom Verbot gibt es einige eng umgrenzte Ausnah- nen eine Zulässigkeit unklar ist, insbesondere wenn men, in denen ausnahmsweise ein Kauf mit Bewilli- es für die Zuteilung keine exakten Grenzwerte gibt. gung der Behörden zulässig ist. Dies gilt nament- Dazu gehören z. B. Fälle mit Landreserven oder lich für Ferienwohnungen, deren Kauf im Rahmen gemischten Portefeuilles, aber auch Fragen der von kleinen jährlichen Kontingenten zulässig ist. Beherrschung. Angesichts der drohenden Nichtig- keit von unzulässigen Transaktionen, aber auch Die Übertragungsverbote der Lex Koller lassen sich weil die Grundbuchämter die Eintragung verwei- nicht umgehen. Die Beurteilung, ob ein Erwerb vor- gern könnten, empfiehlt es sich, solche Fälle vorab liegt, erfolgt nach wirtschaftlichen Gesichtspunk- zu klären. Dazu können einfache Auskünfte der ten. Darum wird jede Transaktion erfasst, die es Behörden oder verbindliche Erklärungen eingeholt einem Ausländer erlauben würde, die Kontrolle werden, wonach eine Transaktion zulässig ist (so- über die Schweizer Wohnimmobilie auszuüben. Die genannte Feststellungsverfügung). In jedem Fall Folgen einer Verletzung sind drakonisch. Die Trans- empfiehlt es sich, frühzeitig das Gespräch mit den aktion ist nichtig, überdies drohen strafrechtliche Behörden von Kanton und allenfalls auch Bund zu Konsequenzen. suchen. Dabei kann die Praxis von Kanton zu Kan- ton unterschiedlich sein. Wesentliches Kriterium ist die wirtschaftliche Kon- trolle. Deshalb ist eine Beteiligung an einer Wohn immobilie für ausländische Investoren möglich, so- B lange Schweizer Partner die Kontrolle behalten und eine Person im Ausland diese Kontrolle nicht beein- Bäuerliches Bodenrecht flussen oder umgehen kann. Für landwirtschaftliche Grundstücke und landwirt- Nicht verboten für Ausländer ist, in Immobilien schaftliche Gewerbe gilt ein eigenes Recht. Ziel des gesellschaften zu investieren, die an einer Börse Gesetzes ist, Familienbetriebe zu fördern, die vom kotiert sind. Der Erwerb von kotierten Aktien ist Eigentümer selber bewirtschaftet werden, und die ohne Einschränkung zulässig. Allerdings darf eine Zerstückelung von landwirtschaftlichen Gewerben Immobilien Lex Koller und andere Beschränkungen beim Kauf von Schweizer Immobilien 11
zu verhindern. Um diese Ziele zu erreichen, greift die zu erwartenden Kosten für Untersuchungs-, das Gesetz umfassend in die Eigentumsrechte ein. Überwachungs- und Sanierungsmassnahmen si- Insbesondere dürfen landwirtschaftliche Grund- chergestellt werden. Ohne solche Sicherstellung stücke und Gewerbe grundsätzlich nur an Selbst- wird eine Veräusserung oder Teilung des Grund- bewirtschafter verkauft werden. Überdies gilt eine stücks nur bewilligt, wenn sie im überwiegenden Preiskontrolle. Als landwirtschaftliche Grundstücke öffentlichen Interesse liegt. Nicht von der Sicher- gelten jegliche Grundstücke, die landwirtschaftlich stellungspflicht erfasst sind die reinen «Bauher- genutzt sind. Das sind im wesentlichen Grund renaltlasten». Das sind belastete Standorte, von stücke ausserhalb der Bauzone, aber auch Grund- denen aktuell keine Einwirkungen auf die Umwelt stücke in der Bauzone, die zu landwirtschaftlichen ausgehen, bei denen aber im Fall von Bautätigkei- Gewerben gehören. Transaktionen, die das Gesetz ten das Aushubmaterial vorschriftsgemäss zu ent- verletzen, sind nichtig. sorgen ist. Grundsätzlich können damit in der Schweiz weder Transaktionen mit belasteten Immobilien werden in- noch ausländische Investoren in landwirtschaft- durch diese Regelung deutlich erschwert. Nicht nur liche Immobilien als Kapitalanlage investieren. ist mehr Zeit für das Bewilligungsverfahren einzu- planen, sondern im Falle einer Sicherstellungs- Trotz der klaren Grundregel können sich zuweilen pflicht steigen auch die Kosten der Transaktion. Abgrenzungsfragen stellen, insbesondere beim in- direkten Erwerb von landwirtschaftlichen Grund- stücken. Dies kann der Fall sein, wenn sich beim Kauf einer Gesellschaft auch landwirtschaftliche Grundstücke im Eigentum der Gesellschaft befin- den. Ein solcher Kauf ist dann unproblematisch, wenn der Anteil der landwirtschaftlichen Grund stücke so geringfügig ist, dass kein landwirtschaft- liches Gewerbe vorliegt. Angesichts der Nichtig- keitsrisiken bei widerrechtlichen Transaktionen empfiehlt es sich auch bei relativ klaren Fällen, sich die Zulässigkeit einer Transaktion bestätigen zu lassen, indem bei den Behörden eine Feststel- lungsverfügung eingeholt wird. C Bewilligungspflicht im Altlastenrecht Seit kurzem muss die Handänderung oder Teilung eines Grundstücks vorgängig bewilligt werden, wenn sich darauf ein Standort befindet, der im Ka- taster der belasteten Standorte eingetragen ist. Dieses Bewilligungsverfahren ist unabhängig von einem allfälligen Baubewilligungsverfahren. Die Behörde hat die Bewilligung zu erteilen, wenn vom Standort keine schädlichen oder lästigen Ein- wirkungen zu erwarten sind. Das ist der Fall, wenn sich der Standort aufgrund der Untersuchung zwar als belastet erwiesen hat, aber weder überwa- chungs- noch sanierungspflichtig ist. Sind vom Standort hingegen schädliche oder lästi- ge Einwirkungen zu erwarten, so dürfen die Behör- den die Bewilligung davon abhängig machen, dass Immobilien Lex Koller und andere Beschränkungen beim Kauf von Schweizer Immobilien 12
IV Mehrwertabgabe – ein neuer Versuch lic.iur. Nadia Tarolli Schmidt, dipl. Steuerexpertin A B Ausgangslage Neue gesetzliche Schon seit Jahren waren die Kantone basierend auf Regelung einer Regelung des Raumplanungsgesetzes gehal- ten, auf planungsbedingten Mehrwerten eine Ab Die neu erlassenen bundesrechtlichen Mindest gabe zu erheben. Aufgrund der eher offenen For- anforderungen sind im Raumplanungsgesetz (RPG) mulierung und mangelnder Sanktionsmöglichkeiten geregelt 3 und sind am 1. Mai 2014 in Kraft getreten. des Bundes sind dieser Aufgabe nur zwei Kantone Das Bundesrecht verlangt einen Abgabesatz von (Basel-Stadt und Neuenburg) nachgekommen. Dies «mindestens 20 Prozent» des Planungsvorteils. dürfte dazu geführt haben, dass das revidierte Beim Eigentümer soll damit nur ein Teil und nicht Raumplanungsgesetz diesen Tatbestand nunmehr der gesamte Mehrwert des Grundstücks abge- genauer regelt und insbesondere eine Umsetzungs- schöpft werden. Es steht den Kantonen jedoch frei, frist für die Kantone bis zum 30. April 2019 festlegt. einen höheren Abgabesatz vorzusehen. Das Bun- Wird diese nicht eingehalten, kann ein Kanton keine desgericht hat in einem Fall bereits festgehalten, neuen Einzonungen mehr vornehmen. dass auch ein Abgabesatz von 60 Prozent zulässig sei. Während beispielsweise die Kantone Thurgau Verschiedene Kantone scheinen die Gesetzesän und Neuenburg das Minimum von 20 Prozent des derung und die damit verbundenen parlamentari- Mehrwerts erfassen, erhebt Basel-Stadt 50 Prozent schen Beratungen als Weckruf wahrgenommen zu des Bodenmehrwerts und übersteigt damit die er- haben und haben in der Folge neue Regeln erlassen forderlichen 20 Prozent deutlich. Die Regelung im (Genf 2011, Thurgau 2012, Waadt 2012, St. Gallen Kanton Genf von 2011, wonach nur 15 Prozent des 2012 und Tessin 2012) bzw. sind gerade dabei, dies Mehrwerts erhoben werden, entspricht nicht der zu tun – so etwa Aargau oder Bern. revidierten Fassung des Art. 5 RPG und muss in den nächsten Jahren auf mindestens 20 Prozent ange- Idee der Mehrwertabgabe ist es, dass ein Teil hoben werden. der Vorteile, die ein Grundstück durch raumplane- rische Massnahmen und damit ohne Zutun des Der Mehrwert definiert sich als Differenz des Land- Eigentümers erfährt, an das Gemeinwesen abzu wertes vor und nach einer raumplanerischen Mass- liefern. Im gegenteiligen Fall, wo ein Eigentümer nahme. Als Massnahme kommt dabei primär die erhebliche Nachteile zu gewärtigen hat, ist der Neueinzonung in Frage. Aufgrund des Wortlautes Staat bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen des neuen Artikels ist umstritten, ob auch andere auch zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet. Massnahmen wie die Auf- und Umzonung oder die Erteilung von Ausnahmebewilligungen zwingend Im Folgenden interessiert einzig die Konstellation, zu erfassen sind oder ob die Kantone diese Mass- in welcher die Planungsmassnahme einen finanziel- nahmen freiwillig einbeziehen dürfen – aber nicht len Vorteil, d. h. einen Mehrwert des Grundstücks müssen. zur Folge hat. 3 Art. 5 RPG Abs. 1bis – Abs. 1sexies und Art. 38a Abs. 4 RPG (Sanktion) Immobilien Mehrwertabgabe – ein neuer Versuch 13
C Erbe das Grundstück weiterveräussert oder es überbaut, hat er die Mehrwertabgabe zu leisten. Relevante Zeitpunkte Andernfalls könnte durch eine an eine Schenkung anschliessende Rückübertragung des Grundstücks Gerade in Übergangsphasen ist die Frage wichtig, der Mehrwertausgleichsanspruch des Gemeinwe- wann die Mehrwertabgabe festgesetzt und wann sens leicht umgangen werden. diese zu begleichen ist. Diese Thematik regelt das RPG nicht. Allerdings wird ein zweistufiges Verfah- ren angedeutet, wonach direkt nach Rechtskraft D der Massnahme der zu leistende Mehrwertbetrag festgesetzt wird, die Bezahlung aber zu einem Wer schuldet die s päteren Zeitpunkt geleistet werden kann. Durch rasche Festsetzung des Mehrwertbetrags wird ver- Abgabe? hindert, dass andere Faktoren, wie zum Beispiel die Konjunktur, den Wert des Grundstücks und damit Wer dem Gemeinwesen die Mehrwertabgabe zu die Höhe der Abgabe beeinflussen. leisten hat, regelt Art. 5 RPG nicht. Die Kantone müssen deshalb die Verpflichteten (sog. Abgabe- Fällig, d. h. vom Grundeigentümer zu bezahlen, subjekte) im kantonalen Recht bestimmen. Hierbei wird die Mehrwertabgabe aber erst bei Überbauung dürfte in der Regel diejenige Person, welche zur oder Veräusserung des Grundstücks 3. Eine frühere Zeit der Planungsmassnahme und damit der Aus Fälligkeit darf das kantonale Recht nicht festlegen. lösung der Abgabepflicht Eigentümer des Grund- Die Mehrwertabgabe kann damit Jahre oder gar stücks ist, als abgabepflichtig bezeichnet werden. Jahrzehnte nach einer Planungsänderung anfallen, Dies sieht beispielsweise die geplante Neuregelung denn solange der Grundeigentümer das Grund- des Kantons Neuenburg vor. Falls das Grundstück stück nach einer Planungsmassnahme in seinem nach der Planungsmassnahme den Eigentümer ursprünglichen Zustand belässt und nicht über- wechselt, ohne dass eine «Veräusserung» im Sinne trägt, ist keine Abgabe geschuldet. Diese Lösung von Art. 5 RPG vorliegt (beispielsweise durch eine ist sachgerecht, realisiert doch der Eigentümer bis Schenkung), stimmt der Adressat der Abgabever- zu diesem Zeitpunkt keinen wirtschaftlichen Vorteil fügung nicht mit demjenigen der Fälligkeitsverfü- aus der Massnahme. Die Zahlungspflicht kann bei- gung überein (sofern eine Fälligkeitsverfügung spielsweise, wie dies im neuen Entwurf des Bau vom massgebenden Kanton überhaupt separat gesetzes des Kantons Bern geplant ist, durch eine e rlassen wird). In einem solchen Fall hat der Schen- zweite Fälligkeitsverfügung festgestellt werden. kungsempfänger wie bereits angedeutet die Mehr- Für die Kantone dürfte das zweistufige Verfahren wertabgabe zu leisten, obwohl der Betrag gegen- eine administrative Herausforderung darstellen. über dem Schenker festgesetzt wurde. Es liegt auch in der Kompetenz der Kantone, die fälligkeitsauslösenden Tatbestände der Überbau- E ung und Veräusserung näher zu definieren. Der Kanton Thurgau beispielsweise legt den Zeitpunkt Pfandrechte, der Handänderung, der Rechtskraft des Erschlies sungsprojekts oder der Rechtskraft der Baubewilli- Solidarhaftung gung als relevante Anknüpfungspunkte fest. Basel- Stadt erhebt die Mehrwertabgabe, sobald mit der Das Gemeinwesen kann mittels gesetzlicher Grund- Erstellung von Gebäuden oder Gebäudeteilen be lage die Abgabe nach deren Festsetzung durch ein gonnen wird, die zusätzliche Geschossflächen ent- gesetzliches Pfandrecht sichern. Dadurch kann der halten.4 Kanton bei einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners der Mehrwertabgabe das Grund- Schenkungen oder Erbschaften werden vom Be- stück an sich ziehen und zur Sicherstellung seiner griff der Veräusserung nicht erfasst. Das kantonale Forderung verwerten. Der Kanton Basel-Stadt hält Recht hat aber dafür zu sorgen, dass im Falle einer explizit fest 6, dass Mehrwertabgaben öffentlich- Schenkung der Ausgleichspflicht auf den Rechts- rechtliche Grundlasten darstellen. nachfolger übergeht. Sobald der Beschenkte oder 4 Art. 5 Abs. 1bis RPG 5 § 122 Abs. 2 des Bau- und Planungsgesetzes Basel-Stadt; BPG BS 6 § 123 BPG BS Immobilien Mehrwertabgabe – ein neuer Versuch 14
Eine weitere Absicherungsmöglichkeit des Kantons Für Erwerber ist die Situation einfacher: Für sie ist stellt die Einführung einer Solidarhaftung des wichtig zu wissen, ob im massgebenden Kanton Grundstückserwerbers dar. Der Kanton Bern plant eine Mehrwertabgabe erhoben wird – dies obwohl in seinem Entwurf zum neuen Baugesetz eine ent- die Abgabe nicht von ihnen zu bezahlen ist. Nur so sprechende Regel für alle Rechtsnachfolger des können sie sich rechtzeitig vor allfälligen Grund- Grundeigen tümers. Eine solche Haftung hat zur pfändern oder Solidarhaftungen schützen und Folge, dass der Erwerber für Mehrwertabgaben, ärgerliche Überraschungen vermeiden. welche im Zeitpunkt des Erwerbs noch ausstehen, solidarisch mithaftet. Ein Erwerber muss sich somit im Vorfeld des Grundstückserwerbs Gedanken über die Zahlungsmoral und -fähigkeit des Veräusserers machen. Denn neben dem abgabepflichtigen Ver äuss erer kann er selbst vom Kanton für den Mehr- wertausgleichsbetrag belangt werden. F Fazit Der Umsetzungsstichtag 30. April 2019 scheint noch weit entfernt zu sein. Dennoch sollten Grund- eigentümer, welche von einer Mehrwertabgabe b etroffen sein könnten, bedenken, dass fünf Jahre die Maximalfrist darstellen. Wie erwähnt gibt es diverse Kantone, die bereits vor definitivem Erlass des revidierten RPG ein Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Mehrwertabgabe eingeleitet haben. Wahrscheinlich ist daher, dass etliche kan- tonale Gesetze in Kraft treten, bevor die Umset- zungsfrist abläuft. Sobald ein Kanton seine Gesetz- gebung angepasst hat und eine Abgabepflicht für planungsbedingte Mehrwerte festlegt, kommen diese Normen ungeachtet der Fünfjahresfrist zur Anwendung. Dies hat für Grundeigentümer zur Folge, dass in diversen Kantonen neuerdings Mehrwertabgaben erhoben werden können. Dabei sind die Regelun- gen – typisch föderalistisch – je nach Kanton un- terschiedlich ausgestaltet. Wo raumplanerische Massnahmen im Gange oder in Diskussion sind, macht es deshalb Sinn zu prüfen, was der Stand der kantonalen Gesetzgebung ist und welche Über- gangsregelungen vorgesehen sind. Dabei sollte man davon ausgehen können, dass von neuen Mehrwertabgaben nur Grundstücke betroffen sein werden, die nach Erlass der neuen Regeln in Ge- nuss einer raumplanerischen Massnahme kommen, dies unabhängig davon, ob bereits mit einer Bebau- ung begonnen wurde oder eine Veräusserung statt- gefunden hat. Für Grundeigentümer stellt sich daher die Frage, ob es möglich ist, auf geplante raumplanerische Massnahmen Einfluss zu nehmen, so dass diese vor Inkrafttreten einer Mehrwert abgabe erlassen werden. Immobilien Mehrwertabgabe – ein neuer Versuch 15
1 2 3 4 Herzog & de Meuron 1 Messe Basel, New Hall, Basel, Switzerland, © Hufton + Crow 2 Triangle, Paris, France, © Herzog & de Meuron / SCI Tour Triangle 3 Triangle, Paris, France, © Herzog & de Meuron / SCI Tour Triangle 4 Messe Basel, New Hall, B asel, Switzerland, © Hufton + Crow
5 8 6 9 7 5 M+, Hong Kong, © Herzog & de Meuron 6 The Tate Modern Project, London, UK, © Herzog & de Meuron and Hayes Davidson 7 Nouveau Stade de Bordeaux, Bordeaux, France, © Iwan Baan 8 M+, Hong Kong, © Herzog & de Meuron 9 Aslkepios 8, An Office Building on the Novartis Campus, Basel, Switzerland, © future documentation / eo
V Das Bauhandwerkerpfandrecht: Segen für den Unternehmer – Fluch für den Grundeigentümer? Dr. Thomas Gelzer, LL.M. A umfänglich) bezahlt wird. Dafür kommen verschie- dene Gründe in Betracht: Häufig verweigert ein Ausgangslage Bauherr bzw. der Auftraggeber die Zahlung, weil er mit der Qualität der Arbeit nicht zufrieden ist; mit- Bei der Realisierung von grossen Bauprojekten ist unter liegt der Grund ganz einfach darin, dass der die Wahrscheinlichkeit gross, dass sich ein Grund- Grundeigentümer bzw. der direkte Auftraggeber eigentümer (auch als Bauherr bezeichnet) mit dem nicht (mehr) zahlungsfähig ist. Das Gesetz trägt Institut des Bauhandwerkerpfandrechtes befassen diesem Umstand Rechnung: Es räumt dem Bau- muss. Es ist ratsam, dass er dies nicht erst tut, handwerker zur Sicherung seiner Werklohnforde- wenn Bauhandwerker die Eintragung von Bauhand- rungen ein gesetzliches Pfandrecht am Grundstück werkerpfandrechten erwirkt haben, sondern pro- des Bauherrn ein. aktiv – vor Abschluss von Werk- und Generalunter- nehmerverträgen. Ausgangspunkt bilden die Be- Der Anspruch auf Eintragung eines Pfandrechts stimmungen in Art. 837 ff. des Schweizerischen entsteht mit dem Abschluss des Werkvertrages Zivilgesetzbuches. Danach haben Bauhandwerker und erlischt vier Monate nach Vollendung der Ar- in der Schweiz die Möglichkeit, ihre Werklohnforde- beit. Das Pfandrecht muss im Grundbuch auf dem rungen mit einem gesetzlichen Pfandrecht auf dem entsprechenden Grundstück eingetragen werden. Grundstück, auf dem sie arbeiten, zu sichern. Dies Die Eintragung ist beim zuständigen Gericht am Ort ist für die Grundeigentümer unangenehm und der gelegenen Sache zu beantragen. Es muss in- meist mit Kosten verbunden. Bauherren können nerhalb der Viermonatsfrist nach Vollendung der sich vor Bauhandwerkerpfandrechten und deren Arbeit bewilligt und im Grundbuch eingetragen Auswirkungen nicht gänzlich schützen. Sie können sein. Die Hürden sind in der Praxis nicht hoch. Es jedoch Vorkehrungen treffen, um die Nachteile zu genügt, dass der Bauhandwerker seinen Anspruch minimieren. glaubhaft macht. Gerichte neigen dazu, Anträgen auf provisorische Eintragung von Bauhandwerker- pfandrechten ohne vertiefte Prüfung stattzugeben. B Wird der Antrag gewährt, hat der Bauhandwerker fürs Erste seine (behauptete) Forderung pfand- Worum geht es? rechtlich gesichert. Der Bauhandwerker muss sei- nen Anspruch anschliessend in einem ordentlichen Bauhandwerker müssen regelmässig in Vorleistung Gerichtsverfahren detailliert beweisen. Dies kann gehen: Sie erbringen die vertraglich zugesicherten anspruchsvoll und aufwändig sein. In der Praxis Leistungen und werden erst anschliessend bezahlt. kommt es allerdings selten zu diesem ordentlichen Für diese Unternehmer ist es aus wirtschaftlichen Gerichtsverfahren. Grundeigentümer und Bau- Gründen meist unmöglich, Vorauszahlungen oder handwerker suchen meist erfolgreich eine einver- Sicherheitsleistungen zu verlangen. Auch die Mög- nehmliche Lösung. lichkeit eines Retentionsrechts oder des Eigen- tumsvorbehalts entfällt, da das verbrauchte Mate- Für den Bauherrn ist das Instrument des Bauhand- rial als Folge des Akzessionsprinzips Teil des werkerpfandrechtes eine Art tickende Zeitbombe. Grundstücks wird und damit sachenrechtlich dem Er weiss nicht, ob und gegebenenfalls wann der Eigentümer gehört. Dies birgt für den Unternehmer Bauhandwerker davon Gebrauch machen wird. die Gefahr, dass er für seine Leistungen nicht (voll- Bauhandwerkerpfandrechte haben für den Grund- Immobilien Das Bauhandwerkerpfandrecht: Segen für den Unternehmer – Fluch für den Grundeigentümer? 18
eigentümer unangenehme Folgen: Besteht der An- pfandrechtes auf dem Grundstück des Grundeigen- spruch des Bauhandwerkers zu Recht, kann er das tümers sichern. Gleiches gilt, wenn ein General Grundstück verwerten lassen. Zudem sind einge- unternehmer oder ein anderes Glied in der Sub- tragene Bauhandwerkerpfandrechte für den Grund- unternehmerkette in Zahlungsschwierigkeiten ge- eigentümer hinderlich bei der Beschaffung von zu- rät oder gar zahlungsunfähig ist. Der Bauhandwer- sätzlichen Hypothekarkrediten. ker wird seine Werklohnforderungen mit einem Bauhandwerkerpfandrecht sichern. Der Bauherr Erschwerend wirkt sich aus, dass der gesetzliche kann dies nicht verhindern, auch dann nicht, wenn Anspruch auf Eintragung von Bauhandwerker- er seinen Zahlungspflichten gegenüber dem Gene- pfandrechten auch für den Subunternehmer (Nach- ralunternehmer vertragsgemäss nachgekommen unternehmer) besteht, obwohl dieser mit dem Bau- ist. Der Grundeigentümer läuft somit Gefahr, zwei- herrn in keinem vertraglichen Verhältnis steht. mal zahlen zu müssen. Diese Konstellation ist regelmässig gegeben, wenn der Bauherr zur Realisierung seines Bauvorhabens einen Generalunternehmer einsetzt. Bei der Reali- C sierung von grossen Immobilienprojekten ist dies häufig der Fall. Für den Grundeigentümer hat die Wie kann sich ein Zusammenarbeit mit einem Generalunternehmer mehrere Vorteile: Er hat nur einen Vertragspart- Grundeigentümer gegen ner. Er kann sich für alle den Bau betreffenden Fragen an eine einzige Person halten. Er muss die Bauhandwerkerpfand- einzelnen Gewerke und die verschiedenen Unter- nehmen nicht koordinieren. Im Falle von Mängeln rechte schützen? ist immer die gleiche Person verantwortlich und Einen umfassenden Schutz gegen Bauhandwerker- Ansprechpartner. Meist ist der Bauherr fachlich pfandrechte gibt es nicht. Der Anspruch auf Eintra- und personell gar nicht in der Lage, sämtliche an gung eines Pfandrechts steht dem Bauhandwerker einem komplexen Bauvorhaben beteiligten Perso- von Gesetzes wegen zu. Der Bauherr eines Gross- nen und Handwerker zu koordinieren. projektes kann jedoch die negativen Folgen von Bauhandwerkerpfandrechten mit einer sorgfältigen Der Generalunternehmer seinerseits erbringt nicht Redaktion des Generalunternehmungsvertrages in alle vertraglichen Leistungen selbst. Er gibt (Teil-) Grenzen halten. Im Vordergrund stehen folgende Leistungen an Subunternehmer weiter. Subunter- Möglichkeiten der Vertragsgestaltung: nehmer dürfen in der Regel ihrerseits Teile der von – Im Sinne einer vertraglichen Gewährleistung ihnen übernommenen Leistungen an «Sub-Sub kann der Generalunternehmer verpflichtet unternehmer» weitergeben. Auf diese Weise ent- werden, alles daran zu setzen, dass seitens stehen bei Grossprojekten sogenannte «Subunter- der am Bauwerk beteiligten beauftragten nehmerketten». Allen beteiligten Subunternehmen Personen, Subunternehmer und Lieferanten ist gemeinsam, dass sie zum Bauherrn in keiner keine Bauhandwerkerpfandrechte eingetra- vertraglichen Beziehung stehen. Er wählt die Sub- gen werden. unternehmer nicht aus und oft kennt er diese gar – Für den Fall, dass es trotzdem dazu kommt, nicht. Das Gleiche gilt auch für den Generalunter- dass ein Bauhandwerkerpfandrecht einge- nehmer: Er steht einzig mit dem von ihm ausge- tragen wird, ist der Generalunternehmer wählten Subunternehmer in einem vertraglichen vertraglich zu verpflichten, unverzüglich für Verhältnis, nicht aber mit den von seinen Subun- dessen Löschung im Grundbuch zu sorgen, ternehmern beigezogenen weiteren Unterneh- indem er die Werklohnforderung entweder mern. Es ist in erster Linie diese in der Praxis häu- bezahlt oder eine Sicherheit im Sinne von fige Konstellation (d. h. diese Subunternehmerket- Art. 839 Abs. 3 ZGB leistet. Als hinreichende ten), die für den Grundeigentümer Gefahren birgt: Sicherheit kommt in der Regel eine Bankga- Wenn es zwischen dem Generalunternehmer und rantie in Betracht. einem Subunternehmer zu Meinungsverschieden- – Der Bauherr sollte sich zusätzlich für den heiten über die Qualität der erbrachten Leistungen Fall, dass der Generalunternehmer der Pflicht kommt, hat dies in der Regel zur Folge, dass der zur Löschung des Bauhandwerkerpfandrech- Generalunternehmer bis zur Klärung der Sachlage tes innert Frist nicht nachkommt, das Recht den Werklohn zurückhält. In diesen Fällen kommt einräumen lassen, selbst die erforderliche das Bauhandwerkerpfandrecht zum Tragen. Der Sicherheit zu leisten. Dies sollte mit dem betreffende Unternehmer wird seine Werklohnfor- Recht verbunden werden, dass der Grundei- derung mit der Errichtung eines Bauhandwerke- gentümer den entsprechenden Betrag bei Immobilien Das Bauhandwerkerpfandrecht: Segen für den Unternehmer – Fluch für den Grundeigentümer? 19
der nächsten fälligen Zahlung zurückbehal- ten oder im entsprechenden Umfang die vom Generalunternehmer üblicherweise zu leis- tenden Garantien (Ausführungsgarantien und Gewährleistungsgarantien) beanspru- chen darf. – Zudem ist der Generalunternehmer vertrag- lich zu verpflichten, dass er diese Pflichten allen weiteren am Werk beteiligten Beauf- tragten, insbesondere seinen Subunter nehmern mit der Verpflichtung überbindet, dass diese ihrerseits diese Pflichten den von ihnen beigezogenen Subunternehmern auf- erlegen. D Fazit Das Institut des Bauhandwerkerpfandrechtes ist für die Bauhandwerker ein wichtiges Mittel, ihre Werklohnforderungen zu sichern. Es schafft den Ausgleich für den Umstand, dass Bauhandwerker in der Regel in Vorleistung gehen müssen. Arbeitet ein Bauherr mit einem Generalunternehmer zusam- men, gehen von Bauhandwerkerpfandrechten be- sondere Gefahren aus. Im schlimmsten Fall muss der Grundeigentümer Leistungen doppelt bezahlen. Bauherren können sich vor den Folgen von Bau- handwerkerpfandrechten nicht gänzlich schützen. Mit einer sorgfältigen Vertragsredaktion können sie den Schaden jedoch in Grenzen halten. Subunternehmer II Subunternehmer II Grundeigentümer Generalunternehmer Subunternehmer I Subunternehmer II Subunternehmerkette Immobilien Das Bauhandwerkerpfandrecht: Segen für den Unternehmer – Fluch für den Grundeigentümer? 20
VI Die Zutaten für einen guten Geschäftsmietvertrag Dr. Roberto Peduzzi A C Bedeutung einer Was kann verhandelt geschickten werden? Vertragsverhandlung Welche Regelungsdichte ein Geschäftsmietvertrag haben muss, um die Bedürfnisse der Parteien an- Die Miete von Geschäftsräumlichkeiten ist für gemessen zu decken, hängt stark vom Einzelfall ab. Eigentümer und Unternehmen von strategischer Mindestens zu regeln sind die Parteien, das Miet Wichtigkeit. Ein guter Vertrag minimiert das wirt- objekt, der Anfangsmietzins und die geschäftliche schaftliche Risiko und schafft die Grundlagen für Verwendung des Mietobjekts. Diese Aspekte müs- eine langfristige Planung des eigenen Geschäfts. sen bestimmt oder nach objektiven Kriterien be- stimmbar sein. B Schriftlichkeit ist keine Voraussetzung für die Gül- tigkeit des Vertrags. Wegen der Komplexität des Einstieg in die Vertragsinhalts empfiehlt es sich jedoch schon aus Beweisgründen den Vertrag schriftlich abzuschlies Verhandlung sen. Bevor Parteien Vertragsverhandlungen aufneh- Die restlichen Vertragspunkte bilden den freiwilli- men, sollten sie wissen, welche Punkte sie als un- gen Vertragsinhalt. Treffen die Parteien keine ver- verzichtbar und welche sie als verhandelbar ein- tragliche Regelung, gilt Gesetzesrecht. Diese As- schätzen. pekte können von den Parteien frei verhandelt und geregelt werden, sofern sie nicht gegen zwingen- Der Vermieter sollte ausserdem über die durch- des Recht verstossen. Als zwingend gelten system- setzbaren Mietzinsen für vergleichbare Objekte in- prägende Gesetzesvorschriften und Normen mit formiert sein und die zu erwartenden Renovations- öffentlich-rechtlicher Funktion, etwa die Mindest- und Unterhaltskosten abschätzen können. dauer der Kündigungsfristen, die Unverzichtbarkeit auf ausserordentliche Kündigungsgründe, die Form Das mietwillige Unternehmen sollte eine klare Vor- der Kündigung und die zivilprozessualen Vorschrif- stellung davon haben, wie wichtig es ihm ist, sich ten über Behörden und Verfahren. Nicht zu Lasten an einem bestimmten Standort anzusiedeln und des Mieters abänderbar sind weiter Bestimmun- in welchem Umfang die Mietzinskosten sowie all gen, die zum Schutz der wirtschaftlich schwäche- fällige zusätzliche Ausbauinvestitionen im Budget ren Partei konzipiert sind wie zum Beispiel die zu B uche schlagen dürfen. Unverzichtbarkeit auf den Kündigungsschutz und auf die Erstreckungsmöglichkeit des Mietverhält- nisses. Immobilien Die Zutaten für einen guten Geschäftsmietvertrag 21
D zinsmodelle ist unzulässig und führt zur Ungültig- keit der vertraglichen Regelung. Die Bindung an ein Die wichtigsten Mietzinsmodell schliesst jedoch nicht aus, dass die Parteien eine Umsatzklausel anfügen, gemäss wel- Verhandlungspunkte cher der Mieter – neben dem Mietzins – einen be- stimmten Prozentsatz des im Mietobjekt erzielten Umsatzes an den Vermieter zu entrichten hat. 1 Mietobjekt Bei Festlegung der passenden Mietzinsstruktur ist Das Mietobjekt muss korrekt und vollständig – am zunächst der zeitliche Horizont der geplanten ver- besten durch die Beifügung eines Situationsplanes traglichen Zusammenarbeit entscheidend. Ein auf – definiert werden. dem Modell der Kostenmiete beruhender Mietver- trag kann befristet oder unbefristet sein. Die Ver- Aus dem Vertrag muss – wie erwähnt – zwingend einbarung einer Indexmiete ist hingegen nur zuläs- hervorgehen, dass das Mietobjekt als Geschäfts- sig, wenn der Mietvertrag für mindestens fünf Jah- raum verwendet wird. Dies zieht die Anwendbarkeit re abgeschlossen wird. Der Vermieter darf in den gesonderter Regeln betreffend Kündigungsfrist, ersten fünf Vertragsjahren über kein ordentliches unbegrenzte Sicherungsmöglichkeit, Bestehen des Kündigungsrecht verfügen. Ein Staffelmietvertrag Retentionsrechts, längerer Erstreckungsdauer, muss eine Mindestdauer von drei Jahren haben. Übertragbarkeit des Vertrages, Schiedsfähigkeit sowie fehlender Formularpflicht für die Anzeige des Die Indexierung ist das bei Geschäftsmietverträ- Anfangsmietzinses nach sich. gen am meisten verbreitete Mietzinsmodell. In gewissen Situationen hat der Vermieter ein Eine Staffelung des Mietzinses ist dort angebracht, Interesse daran, dem Mieter eine Gebrauchspflicht wo neben der Mietzinshöhe weitere wirtschaftliche aufzuerlegen (Beispiel Shopping Center). Die Faktoren, etwa die Übernahme von gewissen ver- Durchsetzung der Gebrauchspflicht kann allerdings traglichen Nebenpflichten durch den Mieter, eine schwierig sein. Damit die Klausel nicht zum Papier- wichtige Rolle spielen. In solchen Fällen dürfte der tiger wird, muss die Gebrauchspflicht sachlich und Anfangsmietzins eher unter dem Niveau des auf zeitlich genau definiert und im Verletzungsfall mit dem Markt erzielbaren Preises liegen. einer Vertragsstrafe bedroht werden. 3 Vertragsdauer 2 Mietzins Die Vertragsdauer ist das zweite prägende Element Der Mietzins ist der Verhandlungspunkt par excel- eines Geschäftsmietvertrags. lence. Innerhalb der Grenzen des Verbots miss- bräuchlicher Mietzinse sind die Parteien in der Bei der Entscheidung, ob das Mietverhältnis befris- Festlegung der Höhe frei. Als Faustregel gilt, dass tet oder unbefristet sein soll, ist zu berücksichti- der Anfangsmietzins eines neuen Mietvertrags den gen, dass befristete Mietverträge ohne Kündigung Mietzins des alten Mietvertrags nicht um mehr als mit Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer enden. 10% übersteigen darf. Eine ordentliche Kündigung während der befriste- ten Vertragsdauer ist nur zulässig, wenn sich die Das Gesetz sieht drei Mietzinsmodelle vor: die Kos- Parteien dieses Recht vorbehalten. Unbefristete tenmiete, die Indexmiete und die Staffelmiete. Die Mietverträge können demgegenüber unter Einhal- Kostenmiete knüpft an die Entwicklung des Refe- tung der Kündigungsfrist aufgelöst werden. Die renzzinssatzes und andere konjunkturelle und lie- Kündigungsfrist bei Geschäftsmietverträgen be- genschaftsbezogenen Faktoren an. Die Indexmiete trägt zwingend mindestens sechs Monate. ist ausschliesslich an die Entwicklung des Landes- index der Konsumentenpreise gekoppelt. Bei der Die Parteien haben in der Regel ein gleichgerichte- Staffelmiete vereinbaren die Parteien, dass der tes Interesse daran, ein langfristiges Mietverhält- Anfangsmietzins sich periodisch um einen be- nis einzugehen. Die garantierte Mindestvertrags- stimmten Betrag erhöht. dauer ermöglicht es dem Mieter, die Investitionen für den Innenausbau zu amortisieren. Auf der an- Die Parteien müssen das auf das Vertragsverhält- deren Seite schränkt die ordentliche Unkündbar- nis anzuwendende Mietzinsmodell bestimmen und keit die Freiheit des Vermieters nicht übermässig konsequent umsetzen. Eine Vermischung der Miet- ein, weil nachträgliche Mietzinsanpassungen mög- Immobilien Die Zutaten für einen guten Geschäftsmietvertrag 22
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