NIEDERSCHLÄGE UND TEMPERATUREN WÄHREND DER VEGETATIONSPERIODE-KONSEQUENZEN FÜR DIE GRÜNLANDWIRTSCHAFT
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
NIEDERSCHLÄGE UND TEMPERATUREN WÄHREND DER VEGETATIONSPERIODE – KONSEQUENZEN FÜR DIE GRÜNLANDWIRTSCHAFT Eine Betrachtung zum Jahr 2018 Am Beispiel der Wetterstation Pfarrkirchen im Mühlkreis
Zitiervorschlag: FRÜHWIRTH, P. (2019): Niederschläge während der Vegetationsperiode – Konsequenzen für die Grünlandwirtschaft. Landwirtschaftskammer Oberösterreich, Linz. Impressum: Landwirtschaftskammer Oberösterreich Abteilung Pflanzenproduktion 4021 Linz Internet: www.lk-ooe.at Facebook: Autor: Dipl.-Päd. Dipl.-Ing. Peter Frühwirth 1. Auflage: Jänner 2019 ©Peter Frühwirth; Landwirtschaftskammer Oberösterreich Bild Titelseite: Höhenrücken Ameisberg und Pfarrwald; Foto: Peter Frühwirth Hinweis: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wurde zum Teil auf eine geschlechtergerechte Formulierung verzichtet. Die gewählte Form gilt jedoch für Frauen und Männer gleichermaßen. Seite 2 von 16
Inhalt Zusammenfassung und Schlussfolgerung ............................................................................................... 4 Wer hat den geringsten Niederschlag? ................................................................................................... 5 Langfristige Entwicklung der Jahresniederschläge am Beispiel Pfarrkirchen im Mühlkreis ................... 6 Vegetationsperiode ................................................................................................................................. 7 Niederschläge während der Vegetationsperiode am Beispiel Pfarrkirchen im Mühlkreis ................... 10 Temperaturen während der Vegetationsperiode ................................................................................. 11 Mögliche Maßnahmen zur Absicherung der Futtergrundlage .............................................................. 12 Blick in die Vergangenheit ..................................................................................................................... 13 Quellen .................................................................................................................................................. 14 Anhang .................................................................................................................................................. 15 Seite 3 von 16
Zusammenfassung und Schlussfolgerung An der Messstelle Pfarrkirchen im Mühlkreis des Hydrografisches Dienstes des Landes Oberösterreich werden die Niederschläge seit 1896 ohne Unterbrechung erfasst. In diesen 122 Jahren ist ein klarer Trend mit abnehmenden Jahresniederschlägen zu verzeichnen, der vor allem durch eine ausgesprochene Trockenperiode von 1982 bis 2001 bestimmt wird. Das Jahr 2018 hat mit seinen geringen Niederschlägen die Sorgen um die künftige Ertragssicherheit in der Grünlandwirtschaft deutlich erhöht. Für das Grünland, und damit für die Viehwirtschaft, sind die Niederschläge während der Vegetationsperiode maßgeblich für das Wachstum und die Futterproduktion. Die Vegetationsperiode wird mit dem Zeitraum April bis September definiert. Für die Abschätzung der Konsequenzen für die Grünlandwirtschaft wird die Periode 2001 bis 2018 gewählt. Im subjektiven Empfinden sind „in den letzten 15 Jahren die Trockenheiten immer öfter geworden“. Mit der Steigerung der Milchleistung sind die Anforderungen an Qualität und Ertrag gestiegen. Höhere Erträge vom Grünland brauchen höhere Niederschläge. Denn der Transpirationskoeffizient bleibt der gleiche. Das gilt auch für die Kurzrasenweide, als eine der intensivsten Bewirtschaftungsweisen des Grünlandes. Zudem weist das 4- bis 5-schnittige Grünland eine geringere durchschnittliche Wurzeltiefe auf, als das 2-schnittige Grünland vor mehreren Jahrzehnten. Damit steht heute eine geringere, leicht erreichbare Wassermenge zur Verfügung. Seit 2003 hat sich der Maikäfer in der Region etabliert, dessen Engerlinge die Wurzeln des Grünlandbestandes fressen und damit die Wasseraufnahmefähigkeit massiv behindern. Es steigen also die Anforderungen an die Niederschlagsversorgung, bei gleichzeitig abnehmender Tendenz der Niederschlagsmengen. Über den Zeitraum der letzten 18 Jahre bewegten wir uns in Pfarrkirchen im Jahr 2018 durchaus im Rhythmus. Mit 491,1 mm Niederschlag in den Monaten April bis September war 2018 auch nicht das mit den geringsten Niederschlägen, zählt jedoch zu den vier trockensten Perioden seit 2001. Die Jahre 2008 (mit 475,5 mm), 2015 (mit 474 mm) und natürlich 2003 (mit 364,8 mm) waren geringfügig bis deutlich trockener als 2018. Gleichzeitig steigen die mittleren Tagestemperaturen während der Vegetationsperiode (Trend). Diese gegenläufigen Trends erschweren zusätzlich die Bedingungen für die Ertragsbildung des Grünlandes. Der wohl auch künftig anhaltende Trend zu „regelmäßig unregelmäßigen“ geringen Niederschlägen bei gleichzeitig steigenden Temperaturen wird die Situation in der Grundfutterproduktion verschärfen. Die Sicherheit von kontinuierlich guten Erträgen nimmt ab. Es ist jedenfalls angebracht, sich damit auseinanderzusetzen und sich über Maßnahmen Gedanken zu machen, die über eine „Anpassung der Pflanzenbestände“ hinausgehen. Als mögliche Maßnahmen zur Absicherung der Futtergrundlage bieten sich an: Optimierung der Grünland-Pflanzenbestände in Verbindung mit einer entzugsorientierten Nährstoffversorgung. Anpassung des Viehstandes an die mittlere Ertragsfähigkeit der Grünlandflächen. Abschluss einer Dürre-Versicherung zur Abfederung von außerordentlichen finanziellen Belastungen. Auslagerung der Grundfutterproduktion zu einem gewissen Anteil. Entlastung der eigenen Futterflächen durch Auslagerung der Jungviehaufzucht. Bekämpfung der Engerlinge mit Neuanlage der Grünlandbestände. Und in Folge eine Optimierung der nutzungsangepassten Bewirtschaftung. Seite 4 von 16
Wer hat den geringsten Niederschlag? Es war im Spätsommer 2018 schon auffallend, diese (Sehn)Sucht am Schlimmsten dran zu sein, zum Kreis der besonders Betroffenen zu gehören. Ist es das Streben nach medialer Aufmerksamkeit? Nicht alleine zu sein mit seiner Not. Bekanntlich soll geteiltes Leid halbes Leid sein. Vielleicht gibt es auch so etwas wie eine Psychologie des Extremen. Das Maß für die Not ist für viele die Trockenheit im Regenmesser aus dem Baumarkt. Kaum einer ist sich bewusst, dass damit nur sehr grobe Annäherungswerte des Niederschlags erfasst werden können. Keinesfalls die tatsächlichen Regenmengen. Um diese zu messen, gibt es genormte und exakt arbeitende Niederschlagsmessgeräte, wie sie in Stationen der Zentralanstalt für Meteorologie (ZAMG) und des Hydrografischen Dienstes eingesetzt werden. Nur die hier erfassten Niederschlagsdaten lassen eine seriöse Beurteilung der Niederschlagssituation und die Entwicklung in einer Region und über Zeitperioden zu. Messstelle Pfarrkirchen/Mkr. des Hydrografischen Dienstes des Landes OÖ.; mit Betreuer Oberschulrat Ferdinand Hofinger. Bild: Peter Frühwirth Der Regenmesser, nicht immer das Maß aller Dinge. Bild: Peter Frühwirth Während für die Grundwasserneubildung die Jahresniederschlagsmengen maßgeblich sind, ist für die Landwirtschaft – im speziellen für die Grünlandwirtschaft – der Niederschlag in der Vegetationsperiode entscheidend. Die in unseren Wirtschaftswiesen wichtigsten Futterpflanzen, die in Ertrag und Qualität für das Grundfutter der Wiederkäuer maßgeblich sind, haben ihre Hauptwurzelmasse in der Tiefe von 10 bis maximal 20 cm. Dazu zählen die hochwertigen Futtergräser wie Engl. Raygras, Knaulgras, Wiesenschwingel, Wiesenfuchsschwanz, Wiesenrispe, Wiesenlieschgras, Goldhafer und bei den Kleearten der Weißklee. Der Rotklee und die meisten Kräuter gehen mit ihren Wurzeln wesentlich tiefer hinunter. Das Grünland ist in seinem Wachstum daher auf den Regen bzw. auf die Feuchte in der obersten Bodenschicht angewiesen. Die Höhe der Niederschläge und vor allem deren gleichmäßige Verteilung über die Wachstumszeit hinweg bestimmt die Massebildung (Ertrag) und damit die Sicherheit in der Futterversorgung der Tiere im Stall. Oberösterreich liegt zwar grundsätzlich in der atlantisch geprägten Klimazone und auch in der Zone des Staues an den Nordalpen, wird aber auch oft von Wetterlagen aus der trockeneren kontinental geprägten Klimazone beeinflusst, die bei entsprechender Konstellation der großen Hoch- und Tiefdruckgebiete von Osten zu uns hereinstoßen. Typisch für uns sind die daraus resultierenden stark schwankenden Niederschlagsmengen von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr. Das erleichtert nicht gerade die Futterproduktion vom Grünland. Für die längerfristige Abstimmung von Viehstand und Seite 5 von 16
eigener Grundfutterproduktion muss gelten: „Nichts ist sicher“. Will man daher eine Futternot und die damit einhergehenden Kosten durch Futterzukauf oder Abstockung des Viehstandes vermeiden, ist jedenfalls ein Viehstand zu empfehlen, der eine Futterproduktion „auf Reserve“ erlaubt. Langfristige Entwicklung der Jahresniederschläge am Beispiel Pfarrkirchen im Mühlkreis Die Wetterstation Pfarrkirchen 1 liegt auf 814 Metern Seehöhe und ist seit 1896 nahezu ohne Unterbrechung in Betrieb. Dieser lange Zeitraum von 122 Jahren erlaubt einige interessante Aussagen über die Entwicklung der Niederschläge. Die Jahresniederschlagsmengen zeigen seit 1896 (1896 – 2017) eine abnehmende Tendenz (Diagramm 7 im Anhang). Es wird also in Summe eher weniger. Allerdings mit sehr großen jährlichen Schwankungen. Interessant ist auch, dass es von 1982 bis 1999 eine Periode mit deutlich weniger Jahresniederschlägen gegeben hat, als in den letzten 15 Jahren (2003 bis 2018). Die Situation, wie wir sie in den letzten Jahren hatten, sollte uns also nicht ganz neu sein. Zumindest, was die Jahresniederschlagsmengen anbelangt. Von 1959 bis 1980 waren die Jahresniederschläge in etwa so hoch wie in der Periode 2003 bis 2018. Allerdings mit einem gänzlichen anderen Produktionsumfeld. Folgende Faktoren sind hier maßgeblich: 1. Heute haben wir gegenüber Ende der 50er-Jahren eine um das 2,7fach höhere durchschnittliche Milchleistung (ca. +270%; siehe Diagramm 1) und wir mähen (daher) um 2 bis 3 Schnitte öfters (4 bis 5 Schnitte, statt 2 bis 3 Schnitte). Höhere Erträge vom Grünland brauchen höhere Niederschläge. Das ist ganz einfach. Denn der Transpirationskoeffizient (Menge an verbrauchtem Wasser pro Einheit gebildeter Trockenmasse) bleibt der gleiche, nämlich 800 (mm/kg) [aus: Willibald Loiskandl, Bodenwasserwirtschaft 815.301; nach FAO Land and Water Division, Ehlers, 1996, Geisler, 1988]. 2. Geringere durchschnittliche Wurzeltiefe in einem 4- bis 5-schnittigen Wirtschaftsgrünland gegenüber einem 2-schnittigen Grünland. Mit der geringeren Mächtigkeit des intensiv durchwurzelten Bodenhorizontes ist zwangsweise auch die für die Wurzeln zur Verfügung stehende Wassermenge eine geringere. 3. Seit 2003 hat sich der Maikäfer bei uns etabliert, dessen Engerlinge die Wurzeln des Grünlandbestandes fressen und damit die Wasseraufnahmefähigkeit massiv behindern. Die Ertrags- und Regenerationsfähigkeit des Grünlandes ist stark reduziert. 4. Zunehmende Bodenverdichtung durch größere und damit schwere Maschinen, sowie öfteres Befahren. Das verringert nicht nur das Wasseraufnahmevermögen und die Wasserspeicherfähigkeit, sondern beeinträchtigt auch die Durchwurzelung, die Nährstoffmobilisierung und das Bodenleben. Die Entwicklung der Niederschläge sollte immer auch im Kontext mit den sich stark veränderten Produktionsumfeld der Grünlandwirtschaft gesehen werden! 1 Hydrografischer Dienst Land Oberösterreich Seite 6 von 16
Rohmilcherzeugung pro Kuh 8.000 7.000 6.000 R² = 0,926 Rohmilch pro in kg 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 - 1959 1961 1963 1965 1967 1969 1971 1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 Diagramm 1: Rohmilcherzeugung in kg pro Kuh; 1959 - 2017; Quelle: Wöckinger Michael, aus Statistik Kuhmilchproduktion in Österreich, Statistik Austria. Steigende Anforderungen an die Niederschlagsversorgung bei gleichzeitig abnehmender Tendenz der Niederschlagsmengen, das wird irgendwann mal eng. Auch ohne Engerling. Alleine schon aus dieser Tatsache heraus ist ein auf Futterreserven basierendes Verhältnis von Viehstand und Grundfutterproduktion wohl die einzige Chance, dem Risiko Trockenheit im Durchschnitt der Jahre wirksam zu begegnen. Jahresniederschläge geben einen generellen Überblick über die Niederschlagssituation. Für die Grünlandwirtschaft jedoch erlaubt die Betrachtung der Niederschläge während der Vegetationsperiode eine wesentlich aussagekräftigere Analyse der kausalen Zusammenhänge von Niederschlag und Ertragsbildung (Ursache-Wirkung). Darauf wird folgend eingegangen. Vegetationsperiode Die Hauptmasse der für die Wasseraufnahme wichtigen Feinwurzeln eines Grünlandbestandes liegt in den oberen 15 cm des Bodens. Das Wasser in tieferen Bodenhorizonten ist für die Gräser des heutigen ertragsbetonten Wirtschaftsgrünlandes nur wenig bis überhaupt nicht aktiv nutzbar (das heißt, es kann durch das Wurzelwachstum nicht selbst erschlossen werden). Die Wurzeln werden aus tieferen Horizonten nur passiv, durch das aufsteigende Kapillarwasser, versorgt. Der weitaus überwiegende Teil des für die Biomassebildung (Ertrag) des Grünlandes benötigten Wassers muss daher aus den atmosphärischen Niederschlägen (Regen, Tau) zur Verfügung gestellt werden. An diesen wiederum hat der Regen den größten Anteil. Aber auch der Tau kann in Zeiten Seite 7 von 16
ausbleibenden Regens eine wichtige Wasserquelle darstellen. Zumindest insofern, als er in den Tagesrandzeiten die Stoffwechselvorgänge (Assimilation) aufrechterhält und ein Abgleiten der Gräser in eine durch Trockenheit induzierte Ruhephase hintanhält. Für unser Grünland, und damit für die Viehwirtschaft, sind die Niederschläge während der Vegetationsperiode maßgeblich für das Wachstum und die Futterproduktion. Für die Definition der Dauer der Vegetationsperiode im Hinblick auf die Erfassung von Niederschlägen, sind die Höhenlage und auch die Bewirtschaftungsintensität wichtig. Extensiv geführtes Grünland beginnt im Frühjahr später mit dem Austrieb und beendet im Herbst früher das Wachstum. Weil hier die Niederschlagsdaten der Messstelle Pfarrkirchen im Mühlkreis besprochen werden, wird die Vegetationsperiode mit „April bis September“ definiert. Im März ist hier in vielen Jahren noch Neuschneebildung, sodass eine größere Biomassebildung erst ab ungefähr Mitte April einsetzt. Aber auch für tiefere Lagen mit Mähbeginn Ende April sollte dieser Zeitraum passen. Der letzte Aufwuchs wird meist Mitte Oktober gemäht. Für diesen sind vor allem die Niederschläge bis Ende September wichtig. In der Gemeinde Pfarrkirchen/Mkr. liegt die Mehrheit der landwirtschaftlichen Nutzfläche in einer Seehöhe zwischen 500 und 800 Metern. Das Phänomen der nachweisbar länger werdenden Vegetationsperiode (Klimawandel) wird hier nicht berücksichtigt (ZAMG PhenoWatch; siehe Diagramme 2 und 3 nächste Seite). Für die Betrachtung von kurzen Zeiträumen (10 bis 20 Jahre) spielt das nur eine untergeordnete Rolle; dieses Phänomen wird da durch andere Faktoren, wie z.B. Änderungen in der Bewirtschaftung, überlagert. Für den Vergleich von längeren Zeiträumen, die über mehrere Dekaden reichen, sollte wahrscheinlich die klimawandelbedingte Verlängerung der Vegetationsperiode in die Analyse einfließen und auf synergistische Effekte mit den Änderungen der Grünlandbewirtschaftung geprüft werden. Bestandeshöhe (6. Aufwuchs, 30 cm) am 12. November 2014 in einem 5-schnittigen Grünland auf 600 Meter Seehöhe im Sauwaldgebiet. Durch ausgesprochen warme und lang andauernde Spätherbstwitterung (Bild: Peter Frühwirth). Seite 8 von 16
Diagramm 2: Quelle: ZAMG PhenoWatch Diagramm 3: Quelle: ZAMG PhenoWatch. Seite 9 von 16
Niederschläge während der Vegetationsperiode am Beispiel Pfarrkirchen im Mühlkreis In den folgenden Betrachtungen wird die Periode 2001 bis 2018 gewählt. Das ist ein überschaubarer Erinnerungshorizont, der auch darin zum Ausdruck kommt, dass in den Diskussionen mit den Landwirten immer wieder gesagt wird, „in den letzten 15 Jahren sind die Trockenheiten immer öfter und stärker geworden“. Für Rückschlüsse auf die Bewirtschaftung des Grünlandes ist diese Zeitspanne insofern geeignet, weil es kaum substanzielle Änderungen in der Art der Bewirtschaftung (z.B. Schnitthäufigkeit) gegeben hat. Mancher ist überzeugt, 2018 sei das trockenste Jahr gewesen, seitdem es Wetteraufzeichnung gibt. Auch wenn vermutlich der Jahresniederschlag gemeint ist, täuscht das subjektive Empfinden. Vielmehr war es das Jahr 1992, das mit nur 613,1 mm Jahresniederschlag das Minimum seit 1896 war (Diagramm 8). Also durchaus noch im entfernteren Erinnerungshorizont. Entscheidender für die Erträge in der Grünlandwirtschaft sind allerdings die Niederschläge in der Vegetationsperiode. Betrachtet über den Zeitraum der letzten 18 Jahre bewegten wir uns in Pfarrkirchen im Jahr 2018 durchaus im Rhythmus. Mit 491,1 mm Niederschlag in den Monaten April bis September war 2018 auch nicht das mit den geringsten Niederschlägen, zählt jedoch zu den vier trockensten Perioden seit 2001. Die Jahre 2008 (mit 475,5 mm), 2015 (mit 474 mm) und natürlich 2003 (mit 364,8 mm) waren geringfügig bis deutlich trockener als 2018. Niederschläge in der Vegetationsperiode April bis September 2001 bis 2018 1000,0 900,0 866,4 800,0 808,5 812,1 745,9 777,3 700,0 733,3 713,9 713,2 660,1 mm Niederschlag 632,7 616,9 635,9 600,0 610,9 618,2 500,0 475,5 474,0 491,1 400,0 364,8 300,0 200,0 100,0 0,0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Jahr Diagramm 4: Niederschläge in der Vegetationsperiode April bis September 2001-2018. Der bereits erwähnte Trend der Abnahme der Jahresniederschläge seit 1896 bildet sich auch für die Vegetationsperiode ab. In den Vegetationsperioden der Jahre 2001 bis 2018 neigt sich die Trendlinie (blau, strichliert) deutlich nach unten. Wir sollten also auch in Zukunft mit einer „regelmäßig unregelmäßigen“ Wiederkehr von Vegetationsperioden mit geringen Niederschlägen (Trockenheiten) rechnen. Ob diese in einer rascheren Abfolge auftreten werden, wird sich zeigen. Seite 10 von 16
Jedenfalls sollte dieser Trend der abnehmenden Niederschläge während der Vegetationsperiode in der Betriebsplanung bzw. in der Betriebsentwicklung berücksichtigt werden, um den Betriebserfolg nicht unnötig zu belasten. Hat man nicht entsprechende Vorkehrungen getroffen, können zeitlich zusammentreffende Tiefs bei den Produktpreisen den Betrieb an die Grenzen der Kostenbelastung bzw. Liquidität bringen. Temperaturen während der Vegetationsperiode Um sich ein Bild über die Möglichkeiten der Ertragsbildung am Grünland während der Vegetationsperiode bilden zu können, ist es sinnvoll, zusätzlich zu den Niederschlägen auch die Temperaturen anzuschauen. Die Temperatur beeinflusst die Assimilationsleistung (Ertragsbildung) nicht nur im positiven Sinn, sie kann diese auch bei (zu) hohen Temperaturen beeinträchtigen, umso mehr, wenn die Niederschläge fehlen. Diagramm 5 veranschaulicht die Problematik: Während von 2001 bis 2018 der Niederschlagstrend sinkt, stieg die mittlere Tagestemperatur in der Vegetationsperiode. Diese gegenläufigen Trends verschärfen zusätzlich die Bedingungen für die Ertragsbildung des Grünlandes. Die Sicherheit von kontinuierlich guten Erträgen nimmt ab. Der Trend der mittleren Tagestemperatur hat um ca. 1° zugenommen, während der Trend der Niederschläge um knapp 100 mm abgenommen hat. Vergleich Niederschläge und mittlere Tagestemperaturen in den Vegetationsperioden 2001-2017 (2018) 1000 16,0 15,0 900 14,0 800 13,0 mittlere Tagestemperatur 12,0 700 11,0 mm Niederschlag 600 10,0 9,0 500 8,0 7,0 400 6,0 300 5,0 4,0 200 3,0 100 2,0 1,0 0 0,0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 mm Niederschlag Mittlere Tagestemperatur Linear (mm Niederschlag) Linear (Mittlere Tagestemperatur) Diagramm 5: Vergleich der Niederschläge und der mittleren Tagestemperaturen in den Vegetationsperioden 2001-2017 (2018). Wenn man davon ausgeht, dass in den Vegetationsperioden diese beiden Trends – Abnahme der Niederschläge und Zunahme der Tagestemperaturen – auch künftig anhalten, dann ist es jedenfalls angebracht, sich für den eigenen Betrieb damit auseinanderzusetzen und sich über Maßnahmen Gedanken zu machen, die über eine „Anpassung der Pflanzenbestände“ hinausgehen. Seite 11 von 16
Mögliche Maßnahmen zur Absicherung der Futtergrundlage Optimierung der Grünland-Pflanzenbestände in Verbindung mit einer entzugsorientierten Nährstoffversorgung. Das Potential für Qualität und Ertrag ist riesig. Gerade auch unter schwieriger werdenden Niederschlagsbedingungen. Dazu braucht es viel mehr Bewusstsein, auch mehr Konsequenz in der Umsetzung und viel mehr Selbstdisziplin in der dauerhaften Integration in die Betriebsabläufe. Aber Erfolge in diesem Bereich dürfen nicht dazu führen, beim Viehstand etwas nachzulegen. Das ist kontraproduktiv und gegen das Ziel, in die Futterwirtschaft künftig mehr den Vorsorgedanken einfließen zu lassen. Anpassung des Viehstandes an die mittlere Ertragsfähigkeit der Grünlandflächen. Gute Grünlandjahre, also solche mit ausreichenden und konstanten Niederschlägen, verleiten nur allzu leicht, sich etwas mehr Tiere zu behalten. Besonders, wenn mehrere gute Jahre aufeinander folgen. In Anbetracht der langfristigen Niederschlagsentwicklung wird die „Grundfutterproduktion auf Vorsorge“ immer wichtiger. Vorsorge kann heißen, die Menge eines dritten Schnittes soll als Reserve vorhanden sein. Fällt in einer Vegetationsperiode ein Teil des Gesamtaufwuchses aus, hat man die Chance, die Situation entspannter zu bewältigen und braucht sich nicht mit schlechten Qualitäten zu unverschämten Preisen herumzuschlagen. Ins folgende Jahr geht man dann ohnehin wieder ohne Reserve und muss auf ein gutes Grünlandjahr hoffen. Abschluss einer Dürre-Versicherung. Sehr vielen Betrieben hat 2018 der Abschluss der Dürre-Index- Versicherung über die ärgsten finanziellen Belastungen geholfen. Das muss auch einmal klar ausgesprochen werden. Zu hören waren nur die Klagen, wenn mal die Grenze zwischen Anspruch und Nicht-Anspruch nicht so verlaufen ist, dass man „etwas bekommen“ hat. Das verzerrt völlig den Erfolg und die Errungenschaft dieses österreichischen Versicherungsmodells. Zudem ist die Dürre- Versicherung die einzige der Maßnahmen zur Absicherung der Futtergrundlage, die mit beträchtlichen öffentlichen Geldern unterstützt wird. Auslagerung der Grundfutterproduktion über eine vertraglich gestaltete Kooperation mit Ackerbaubetrieben, zu einem gewissen Prozentsatz des Gesamtfutterbedarfes. Entlastung der eigenen Futterflächen durch Auslagerung der Jungviehaufzucht. Entweder durch längerfristige Abgabe des Jungviehs an Partnerbetriebe in der Region oder Zusammenarbeit mit gut wirtschaftenden Almbetrieben, die über den Sommer das Jungvieh auf den Almen betreuen. Bekämpfung der Engerlinge mit Neuanlage der Grünlandbestände. Zeitgerecht und konsequent. Und in Folge eine Optimierung der nutzungsangepassten Bewirtschaftung. In den Maikäfer-Regionen wird der Befallsdruck die kommenden 15 Jahre andauern. Die Kombination der beiden Stressfaktoren Trockenheit und Engerlingfraß hat gravierende Auswirkungen. Bekämpfte und neuangelegte Grünlandflächen zeigen eine deutlich höhere Widerstandsfähigkeit in den folgenden entwicklungsbedingten Schadensjahren. Seite 12 von 16
Blick in die Vergangenheit Trends sind immer auch eine Funktion der betrachteten Zeitspanne. Je länger diese definiert wird, desto sicherer lässt sich eine grundlegende Entwicklung ableiten. Interessant ist die Entwicklung der mittleren Tagestemperaturen während der Vegetationsperiode an der Messstelle Pfarrkirchen im Mühlkreis. Die Temperaturen werden seit 1901 gemessen. Und zwar von 1901 bis 1920 und von 1982 bis heute. Dazwischen gibt es eine Lücke. Während die mittlere Tagestemperatur im Zeitraum 1901 bis 1920 nahezu konstant geblieben ist (Diagramm 6), hat es im Zeitraum 1982 bis 2017 eine deutliche Steigerung gegeben (Diagramm 7). Das sichert den oben (2001 bis 2017, Diagramm 5) dargestellten Trend der zunehmenden mittleren Tagestemperaturen während der Vegetationsperiode zusätzlich ab. Mittlere Tagestemperaturen in den Vegetationsperioden 1901 - 1920 16,0 14,0 Mittlere Tagestemperatur 12,0 10,0 8,0 6,0 4,0 2,0 0,0 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 Diagramm 6: Mittlere Tagestemperaturen in den Vegetationsperioden 1901-1920. Mittlere Tagestemperaturen in den Vegetationsperioden 1982 - 2017 16,0 14,0 Mittlere Tagestemperatur 12,0 10,0 8,0 6,0 4,0 2,0 0,0 Diagramm 7: Mittlere Tagestemperaturen in den Vegetationsperioden 1982-2017. Eine Gegenüberstellung der Niederschläge/Temperaturen für diese beiden Zeiträume ist nicht sinnvoll, da genau mit 1982 eine – für den gesamten Messzeitraum (1896-2018) einzigartige – Periode mit sehr geringen Niederschlägen begonnen hat (1982 bis 1999). Siehe Diagramm 8 im Anhang. Seite 13 von 16
Quellen HOFINGER, F (2018): Persönliche Mitteilungen und Aufzeichnungen. Pfarrkirchen im Mühlkreis. HYDROGRAFISCHER DIENST des Landes Oberösterreich: Messdaten der Messstelle Pfarrkirchen im Mühlkreis. LOISKANDL, W. (o. J.): SPAC – Soli-Plant-Atmosphere-Continuum; Bodenwasserwirtschaft 815.301. Universität für Bodenkultur. Wien. http://www.wau.boku.ac.at/fileadmin/data/H03000/H81000/H81500/Skripten/Sonstige/SPAC.pdf; 26.12.2018). WÖCKINGER, M. (2018): Persönliche Informationen zur Entwicklung der Milchleistung in Österreich. Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Linz. ZENTRALANSTALT FÜR METEOROLIGIE UND GEODYNAMIK (ZAMG): Phänologie; PhenoWatch; Wien. http://www.phenowatch.at/ueber-die-phaenologie/klimawandel.html; 26.12.2018. Seite 14 von 16
Anhang 2000 Jahresniederschlag (1896-2018) 1800 1684 1718,7 1600 1573 1594 1538 1559 1562 1553 1515 1522 1515 1459 1400 1393 1399 1420 1387 1421,6 1351 1381 1372 1380 1369,3 13291307 1313 13101308 1337 1324 1324 1313,4 1324,7 1303,5 1294 1279 1283 1262 1264 1277 1271 1261 1268,7 1267,9 1256 1228 1223 1254 1225 1257 1257 1200 1201 1206 1190 1199,5 1220,8 1182 1158 1174 1175 1178 1158 1159 1168 1180,2 1129 1140 1144 1144 1145 1116 1134,3 1109 10951071 1075 1099 1104 1040 1073 1027 1023,3 1000 979 966 1004 983 986 983 990 1015 973942 997,4 996,7 915 950 933 925 957 934 953 909936 924,1 931,4 894 928,5 949 884,5 844 863 823 847 859 853,1 800 805,7 807,7 764 746753 733,3 701 699 600 613,1 400 200 0 1896 1898 1900 1902 1904 1906 1908 1910 1912 1914 1916 1918 1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938 1940 1942 1944 1946 1948 1950 1952 1954 1956 1958 1960 1962 1964 1966 1968 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 Diagramm 8: Jahresniederschläge 1896-2018; Messstelle Pfarrkirchen im Mühlkreis Seite 15 von 16
Jahresdurchschnittstemperatur 1901 - 1920 9,0 8,0 7,0 Temperatur °C 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 Jahr Jahresdurchschnittstemperatur 1982 - 2017 10,0 Diagramm 9: Jahresdurchschnittstemperatur 1901-1920; Messstelle Pfarrkirchen im Mühlkreis. 9,0 8,0 7,0 Temperatur °C 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 Jahr Diagramm 10: Jahresdurchschnittstemperatur 1982-2017; Messstelle Pfarrkirchen im Mühlkreis. Seite 16 von 16
Sie können auch lesen