Nordhessen 2020: Dezentrale Energie und Arbeit - Strategie zur Schaffung von 20.000 Arbeitsplätzen durch den Ausbau technologischer Kompetenz und ...

 
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Nordhessen 2020: Dezentrale Energie und Arbeit - Strategie zur Schaffung von 20.000 Arbeitsplätzen durch den Ausbau technologischer Kompetenz und ...
Studie zur
      Regionalentwicklung

Nordhessen 2020:
Dezentrale Energie und Arbeit

Strategie zur Schaffung von 20.000 Arbeitsplätzen durch den Ausbau technologischer Kompetenz
und die Anwendung dezentraler Energie- und Effizienztechnologien
Nordhessen 2020: Dezentrale Energie und Arbeit - Strategie zur Schaffung von 20.000 Arbeitsplätzen durch den Ausbau technologischer Kompetenz und ...
Impressum

Auftraggeber
Erstellt wurde die Untersuchung im Auftrag der Wirtschaftsförde-
rung Region Kassel GmbH, der Gemeinde Niestetal, der E.ON Mitte
AG, der SMA Solar Technology AG, der Städtische Werke Kassel AG            Im Auftrag von:
sowie der Wintershall Holding AG.
                                                                                               E.ON Mitte AG
Herausgeber
Kompetenznetzwerk Dezentrale Energietechnologien
deENet e.V.                                                                                    Gemeinde Niestetal
Ständeplatz 15
34117 Kassel
                                                                                               SMA Solar Technology AG
Tel.: 0561 78809610            info@deenet.org
Fax: 0561 78809622             www.deenet.org

Bearbeitung                                                                                    Städtische Werke AG
Die Studie wurde vom Kompetenznetzwerk Dezentrale Energietech-
nologien (deENet) in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel,                                Wirtschaftsförderung
Fachgebiet Ökonomie der Stadt- und Regionalentwicklung (Prof. Dr.                              Region Kassel GmbH
Ulf Hahne), sowie den Firmen B.A.U.M. Consult und proloco durch-
geführt. Seitens deENet waren verantwortlich eingebunden: Dr.-Ing.
Martin Hoppe-Kilpper, Matthias Wangelin, Dr.-Ing. Clemens Mostert
                                                                                               Wintershall Holding AG
und Dipl.-Geogr. Cord Hoppenbrock.

Die Ausarbeitung der umfangreichen Energie- und Arbeitsplatzsze-
narien sowie die Organisation von Workshops wurden von den Mit-
arbeitern der Firma B.A.U.M. Consult, Dr. Michael Stöhr, Dipl.-Inf.
Ludwig Karg und Dipl.-Geogr. Sabine Conrad durchgeführt. Für die           Bearbeitet durch:
Entwicklung von Handlungsempfehlungen war unter Beteiligung der
Projektpartner deENet verantwortlich.
                                                                                               deENet e.V.
Prof. Dr. Ulf Hahne von der Universität Kassel (Fachgebiet Ökonomie
der Stadt- und Regionalentwicklung) erarbeitete die Unternehmens-
befragung sowie die Untersuchung der Wertschöpfungs- und Be-                                   Universität Kassel
schäftigungseffekte. Die Arbeit der Universität erfolgte in Koopera­
tion mit der Firma proloco unter Mitarbeit von Frau Dipl.-Ing. Franziska
Lehmann und Herrn Dipl.-Ing. Michael Glatthaar.                                                B.A.U.M. Group

Für die grafische Gestaltung danken wir der Firma Formkonfekt |
Marschinke, FIRST B2B Communications und EXPERIMENTELL.COM
aus Kassel.

1. Auflage 1.000 Stück | Druck & Verlag BADEN, 34132 Kassel                                    proloco

© deENet, Kassel 2009
Nordhessen 2020: Dezentrale Energie und Arbeit - Strategie zur Schaffung von 20.000 Arbeitsplätzen durch den Ausbau technologischer Kompetenz und ...
Studie zur
    Regionalentwicklung

Nordhessen 2020:
Dezentrale Energie und Arbeit
Nordhessen 2020: Dezentrale Energie und Arbeit - Strategie zur Schaffung von 20.000 Arbeitsplätzen durch den Ausbau technologischer Kompetenz und ...
Inhalt
Teil A Kurzfassung		                                   4
			            Ergebnisse der Studie                   4

Teil B Hintergrund der Studie                          6
		       1.    Globale Probleme – regionale Chancen    6
		       2.    Ziele und Methoden                      8

Teil C Analyse und Ergebnisse                         12
		       3.    Trendanalyse                           12
		       4.    Energieregion Nordhessen               16
		       5.    Energieszenarien                       20
		       6.    Arbeitsplatzszenarien                  26
		       7.    Unternehmensbefragung                  30
		       8.    Akteursdialog                          34

Teil D Umsetzung                                      36
		       9.    Entwicklung von Maßnahmen              36
		       10.   Clustermanagement                      44

Teil E   Anhang                                       48
			            Literatur                              48
			            Tabellen (Szenarienberechnung)         50
Nordhessen 2020: Dezentrale Energie und Arbeit - Strategie zur Schaffung von 20.000 Arbeitsplätzen durch den Ausbau technologischer Kompetenz und ...
Vorworte
Rund 20.000 Menschen können bis zum Jahre 2020 in Nordhessen im Bereich dezentrale Energietechnik, erneuerbare Energien und Ener-
gieeffizienz beschäftigt sein. Damit würde dieser Wirtschaftszweig in Nordhessen eine ebenso bedeutende Rolle einnehmen wie heute die
Automobilindustrie. Die hier vorgestellte Studie „Nordhessen 2020: Dezentrale Energie und Arbeit“ beschreibt zunächst das eindrucksvolle
Entwicklungspotenzial für unsere Region und skizziert dann die zur Umsetzung notwendigen Maßnahmen. Dabei wird sehr deutlich, dass die
ehrgeizigen Ziele nur in einer gemeinschaftlichen Kraftanstrengung der gesamten Region erreicht werden können.

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass diese Studie als Einstieg in einen intensiven Dialog zwischen allen regionalen Akteuren gemeint ist.
Dies gilt besonders für die vorgestellten Szenarien einer zukünftigen Energieversorgung.

Unser besonderer Dank gilt der Universität Kassel (Prof. Dr. Ulf Hahne) sowie den Firmen B.A.U.M. Consult und proloco, für die ausgezeichnete
Kooperation bei der Erstellung der Studie und selbstverständlich den Financiers, der Wirtschaftsförderung Stadt und Landkreis Kassel, der
Gemeinde Niestetal, der E.ON Mitte AG, der SMA Solar Technology AG, der Städtische Werke Kassel AG sowie der Wintershall Holding AG.

Ein besonderer Dank gilt auch den vielen deENet Mitgliedern, Kommunalvertretern und sonstigen regionalen Akteuren für ihre aktive Beteili-
gung an den Projekt-Workshops, ohne die ein Zustandekommen dieser regionalen Entwicklungsstudie nicht möglich gewesen wäre.

				                                       Dr.-Ing. Martin Hoppe-Kilpper, Geschäftsführer deENet e.V.

Die steigenden Energiepreise, die Verknappung fossiler Energieträger und der vom Menschen verursachte Klimawandel fordern uns heraus
und verlangen Antworten nicht nur im globalen Kontext, sondern auch ganz praktisch vor Ort. An Ideen und Know-how mangelt es dabei nicht.
Technologien und Verfahren, um unseren Energiebedarf in wenigen Jahrzehnten ausschließlich aus regenerativen Energiequellen decken zu
können, sind längst vorhanden und warten darauf, weiterentwickelt zu werden.

Stadt und Landkreis Kassel haben ihr Engagement für erneuerbare Energien deutlich verstärkt. Die Stadt hatte das Jahr 2008 selbstbewusst
unter das Motto „Solarstadt“ gestellt. Jetzt arbeiten Stadt und Landkreis an der „Solarregion“. Damit werden sehr ehrgeizige Ziele formuliert,
wie der Anteil der erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz gesteigert werden können. Die Stadt und der Landkreis leisten mit ehrgei-
zigen Solardachprogrammen einen Beitrag für eine moderne Energieversorgung: Die Zahl der Anlagen hat sich in der Stadt Kassel seit 2004
verdoppelt, die erzeugte Leistung sogar vervierfacht. Der Landkreis errichtet zusätzlich moderne Biogasanlagen.

Die Region ist längst zu einer Plattform für die Energiefragen der Zukunft geworden. Das Institut für solare Energieversorgungstechnik (ISET)
hat sich in den vergangenen 20 Jahren international behauptet. Die SMA Solar Technology AG ist zum weltweiten Marktführer für Wechsel-
richter aufgestiegen und investiert kräftig in den Standort Region Kassel. ISET und SMA sowie weitere 100 Unternehmen und Institutionen
wie z.B. das Zentrum für umweltbewusstes Bauen (ZUB) und die Kasseler Projektgruppe des Fraunhofer Instituts für Bauphysik sind als
Dienstleister und Forschungseinrichtungen im Kompetenznetzwerk Dezentrale Energietechnologien (deENet) organisiert. Für uns ist die För-
derung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz handfeste Industriepolitik für Kassel und Nordhessen. Sie sichert den vorhandenen
Technologievorsprung, treibt die wissensbasierte Entwicklung voran und schafft neue Arbeitsplätze. Diesen Weg werden wir konsequent
weitergehen und die Chancen und Perspektiven zu nutzen wissen.

				                                       Dr. Udo Schlitzberger, Landrat des Landkreises Kassel
				                                       Bertram Hilgen, Oberbürgermeister Stadt Kassel
4|5

Teil A: Kurzfassung
                                                                              A

Ergebnisse der Studie

Die Studie                                                              Ökonomisches Potenzial
Die deENet Studie „Nordhessen 2020: Dezentrale Energie und Arbeit“         In Nordhessen können bis zum Jahr 2020 mindestens 20.000
beschreibt die ökonomischen Chancen der Region Nordhessen im Be-        Arbeitsplätze im Bereich dezentrale Energie und Energieeffizienz
reich „Dezentrale Energie und Energieeffizienz“. Durch die Definition   geschaffen werden. Damit würde dieser Bereich eine ähnlich
konkreter Maßnahmen und terminierter Meilensteine wird weiterhin        große ökonomische Bedeutung in der Region erlangen, wie sie
ein Fahrplan (Roadmap) in die Zukunft entworfen.                        heute die Automobilindustrie hat.

Ziele der Studie:                                                       Dieses erstaunliche Ergebnis liefert das mittlere Szenario „Konzen-
•• ökonomisches Potenzial der Branche aufzeigen                         trierte Anstrengung“. Es setzt voraus, dass die identifizierten Maß-
•• konkrete Handlungsfelder, Maßnahmen und Wegmarken                    nahmen und Meilensteine umgesetzt werden und ein abgestimmtes
   identifizieren                                                       Vorgehen der regionalen Akteure erreicht wird. Das hohe regionale
•• Leitbild für eine nachhaltige Regionalentwicklung skizzieren         Arbeitsplatzpotenzial basiert vor allem auf der Annahme, dass die
                                                                        Branche der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz auch in Zu-
In der Studie werden zunächst die mittel- bis langfristigen ener­       kunft dynamisch wächst und sich zu einer der wichtigsten Schlüssel-
giewirtschaftlichen Rahmenbedingungen analysiert. Aufbauend auf         industrien weltweit entwickelt.
einer Stärken-Schwächen-Analyse werden dann die regionalen Ent-
wicklungschancen für Nordhessen in drei Szenarien entwickelt:           Die Analysen zeigen weiterhin, dass die regionalen Arbeitsplätze vor
                                                                        allem in zwei Teilbereichen entstehen können:
• Szenario 1: „Weiter so“,
• Szenario 2: „Konzentrierte Anstrengung“ und                           • in der Industrie, durch den Verkauf innovativer Produkte auf den
• Szenario 3: „Maximale Anstrengung“.                                     Weltmärkten;
                                                                        • durch Anwendung dezentraler Energie- und Effizienztechnik
Die Szenarien beschreiben die Regionalisierung der Energieversor-         direkt in der Region.
gung und die daraus resultierenden Arbeitsplätze. Zielgruppe der Stu-
die sind die regionalen Akteure aus Politik, Unternehmen, Handwerk,     So steigen die Arbeitsplätze im mittleren Szenario „konzentrierte
Dienstleistung und Wissenschaft.                                        Anstrengung“ in der regionalen Industrie von rund 2.500 (Stand Ende
                                                                        2006) auf knapp 12.000 Arbeitsplätze im Jahr 2020 an. Der Photo-
Erstellt wurde die Studie im Jahr 2007 vom „Kompetenz-                  voltaik-Systemtechnik kommt dabei die größte Bedeutung zu, gefolgt
netzwerk Dezentrale Energietechnologien e.V.“ (deENet),                 von innovativen Heizsystemen und solarthermischen Anlagen.
dem über 100 Unternehmen, Forschungseinrichtungen
und Dienstleister angehören, in Zusammenarbeit mit der                  Bei der Anwendung in der Region ist vor allem das Aufgabengebiet
Universität Kassel sowie den Firmen B.A.U.M. Consult und                der energetischen Gebäudesanierung beschäftigungswirksam, da in
proloco erstellt. Auftraggeber waren die Wirtschaftsförde-              diesem Bereich der regionale Anteil besonders groß ist. Weiterhin
rung Region Kassel, die Gemeinde Niestetal, die E.ON Mitte              wird im waldreichen Nordhessen auch die Bereitstellung von Bio­
AG, die SMA Solar Technology AG, die Städtische Werke                   energie ein wichtiges Segment sein, von dem starke Impulse für den
Kassel AG sowie die Wintershall Holding AG.                             Arbeitsmarkt ausgehen.

Die vorliegende Studie ist eine inhaltlich überarbeitete Kurz-          Ausführlich wird das ökonomische Potenzial der Region Nordhessen
fassung. Sie wurde vom Kompetenznetzwerk Dezentrale                     in Kapitel 8 erläutert.
Energietechnologien (deENet) verfasst.
Studie zur
                                                                                                                          Regionalentwicklung

Strategie und Leitbild                                                    Konkrete Maßnahmen
Die Studie bietet einen Orientierungsrahmen für eine strategische         Durch die Einbindung von Wirtschaft, Politik und wichtigen Schlüs-
Ausgestaltung der regionalen Energiepolitik. Dafür wurden die fol-        selakteuren sollen die Maßnahmen gebündelt werden. Dazu werden
genden strategischen Handlungsfelder identifiziert:                       eine Reihe konkreter Maßnahmen vorgeschlagen, die sich in sechs
                                                                          Bereiche gliedern lassen.
• Ausbau der Technologieführerschaft für solarelektrische und
  solarthermische Komponenten und Systeme                                 •   politische und planerische Rahmenbedingungen
• Ausbau der Industrieproduktion im Bereich dezentraler                   •   Wissen, Wissenstransfer und Clustermanagement
  Energie- und Effizienztechnologien                                      •   Zugang zu Kapital
• Ausbau von Forschung und Lehre sowie Stärkung und Bündelung             •   Qualifizierung
  der Forschungsinfrastruktur                                             •   Öffentlichkeitsarbeit, Regionalmarketing
• Weiterentwicklung der bestehenden Kooperations- und                     •   Anwendung in der Region
  Clusterstrukturen
• Stärkung der regionalen Wertschöpfung durch verstärkte                     Durch diese Maßnahmen kann die Region am Trend zur ver-
  Anwendung dezentraler / erneuerbarer Energie- und Effizienz-            stärkten Nutzung erneuerbarer Energien und effizienter Energie-
  technik in der Region                                                   techniken überproportional partizipieren und sich so auf den ra-
• Aufbau dezentraler Energieversorgungsstrukturen in Richtung             sant entwickelnden globalen Märkten positionieren.
  einer regionalen Vollversorgung
• Ausbau der Aus- und Weiterbildungskapazitäten                           Zur verstärkten Anwendung dezentraler/erneuerbarer Energien sind
• Profilierung der Region Nordhessen als Modellregion                     z.B. kommunale Energiekonzepte zu erstellen. Nordhessen muss
                                                                          überdies als Forschungsstandort massiv gestärkt und ausgebaut
   Die Branche „Dezentrale Energietechnologie und Energieeffi-            werden, was verstärkte Anstrengungen im Clusterdialog nach sich
zienz“ kann zum wirtschaftlichen und sozialen Motor der Region            zieht. Wichtige Maßnahmen im Bereich Qualifikation sind der Ausbau
Nordhessen werden.                                                        vorhandener Schulungsangebote für Handwerker oder die Errichtung
                                                                          von Übungsbaustellen. Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit wird z.B.
Eine detaillierte Analyse der Branche unter innovationspolitischer Per-   ein „Energiepreis Nordhessen“ vorgeschlagen.
spektive zeigt, dass insbesondere der Ausbau von Forschungs- und
Entwicklungskapazitäten die wichtigste Voraussetzung zur langfris­        Die Umsetzung von Maßnahmen erfolgt auch innerhalb des Cluster-
tigen Schaffung von Arbeitsplätzen ist. Die Anwendung in der Region       managements von deENet. Die Maßnahmen sollen mittelfristig ak-
erfordert daher vor allem planerisch-politische Weichenstellungen.        tualisiert, ergänzt und erweitert werden, um die „Konzentrierte An-
Um das Wachstum und die Marktanteile innovativer Unternehmen zu           strengung“ der regionalen Akteure zu konkretisieren.
stärken, ist eine zielgerichtete Industrie- und Innovationspolitik not-
wendig. Ein Verzicht auf aktives Handeln würde die einmaligen Chan-       In Teil D werden insgesamt 27 Einzelmaßnahmen vorgestellt, welche
cen und Kompetenzen in der Region verkennen und dazu führen, dass         wichtige Zwischenschritte zur Zielerreichung der Studie darstellen
die Region Nordhessen hinter den Bundestrend zurückfällt, während         können.
andere Regionen intensiv in diesen Zukunftsmarkt investieren.

Um 20.000 Arbeitsplätze zu schaffen, sind eine Reihe von konkreten,
strategisch abgestimmten Maßnahmen notwendig.
6|7

Teil B: Hintergrund der Studie
                                                                              B

1. Globale Probleme – regionale Chancen

Globale Herausforderungen                                              Regionalentwicklung
Die Verknappung fossiler Ressourcen und der sich beschleunigende       Der verstärkte Einsatz von dezentralen, erneuerbaren Energien und
Klimawandel zählen zu den weltweit größten Herausforderungen. Sie      Energieeffizienz ist eine junge, aber bereits vielfach erprobte Strate-
werden in Zukunft einen wachsenden Veränderungsdruck auch auf          gie der Regionalentwicklung an die mittlerweile hohe Erwartungen
unsere Lebens- und Wirtschaftsweise ausüben. Wichtige Randbe-          geknüpft werden.
dingungen sind dabei:
                                                                       Die wirtschaftlichen Chancen sind in der Tat vielfältig und können be-
•• die Endlichkeit der fossilen Energieträger verbunden mit einer      deutende Impulse für die Regionalentwicklung setzen (vgl. Kap. 6): Die
   stark steigenden Nachfrage, z.B. in Schwellenländern;               Nutzung regionaler Energieerzeugungspotenziale schafft Wertschöp-
•• der daraus resultierende Anstieg der Preise vor allem für Kraft-    fung vor Ort und verringert den Abfluss von Kaufkraft. Ein wichtiges
   und Brennstoffe;                                                    Ziel ist dabei auch die Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen.
•• die wirtschaftlichen Konsequenzen, auch für private Haushalte;      Diese können grundsätzlich in zwei Bereichen entstehen. Zum einen
•• die Zunahme von Versorgungsrisiken angesichts der weltweiten        durch den Betrieb von Energieerzeugungsanlagen und den Einsatz
   geografischen Verteilung der Ressourcen;                            von Effizienztechnologien in der Region und zum anderen durch den
•• der Klimawandel und die notwendigen Schutz- und Anpassungs-         Verkauf von entsprechenden Produkten auf den Weltmärkten.
   maßnahmen.
                                                                       Der erste Bereich kann langfristig zu einem dezentralen Energiesy-
Diese Problemkreise haben einen globalen Charakter und können          stem aus regionalen Potenzialen ausgebaut werden. Diese Variante
nicht allein innerhalb Deutschlands oder gar einer begrenzten Region   existiert bislang lediglich als Zukunftsvision und wurde in dieser Stu-
wie Nordhessen gelöst werden. Gleichwohl bieten sich gerade auf        die als „Maximalszenario“ untersucht. Der Exportbereich hingegen
regionaler Ebene vielfältige Handlungsmöglichkeiten, ja besondere      schafft bereits heute einen Großteil der ca. 250.000 Arbeitsplätze
Chancen. Die regionalen Akteure können mitwirken, die Chancen ei-      der Branche in Deutschland (vgl. BMU 2006). Regionale Wertschöp-
ner solchen Entwicklung zu erkennen und zu nutzen. Dazu sind geeig-    fung umfasst damit auch klassische Standort- und Industriepolitik,
nete Strategien und integrierte Systemlösungen zu entwickeln, die      wenn es um exportorientierte Unternehmen geht, die auf dem Welt-
sich auf einzelne Objekte oder ganze Regionen beziehen können. Dies    markt agieren.
erfordert auch zukunftsweisende und neue Lösungsstrategien sowie
den Mut zu handeln.                                                    Eine langfristig erfolgreiche regionale Strategie basiert auf beiden
                                                                       Säulen. Diese sollten sich idealerweise gegenseitig verstärken und
   Die Region Nordhessen kann sich den Entwicklungen im                durch Forschung und Entwicklung bzw. Aus- und Weiterbildung zu-
ener­giewirtschaftlichen Umfeld anpassen und durch frühzeitiges        sammengeführt werden.
Handeln sogar eine führende Position einnehmen.
                                                                          Nordhessen bietet gute Voraussetzungen und spielt mit Un-
Bei der Konzeption sollten folgende Aspekte Beachtung finden.          ternehmen, die den Weltmarkt für dezentrale Energietechnologien
• die Energieversorgung muss ausreichend und sicher sein               anführen, bereits heute eine wichtige Rolle.
• die Energieversorgung muss umweltverträglich (nachhaltig)
   und möglichst klimaneutral gestaltet sein;                          Der Strukturwandel im Energiesektor wird Gewinner und Verlierer
• das Energiesystem muss wirtschaftlich vernünftig sein und            (Regionen) hervorbringen. Die meisten Chancen haben die Regionen,
   regionale Wertschöpfung generieren (wirtschaftliche Teilhabe);      die sich bereits zu Anfang des Prozesses erfolgreich positionieren und
• der Transformationsprozess muss gesellschaftlich akzeptiert sein.    geschlossene Wertschöpfungsketten ausbilden.
Studie zur
                                                                                                                        Regionalentwicklung

Regionales Handeln in Nordhessen
Die globalen Krisen und Herausforderungen lassen den Einfluss des       Viele Akteure in Nordhessen haben bereits die Chancen erkannt, die
Einzelnen häufig gering erscheinen. Dies gilt auch für Fragen der       sich aus einer Umstellung der Energieversorgung und dem Ausbau
Ener­gieversorgung. Die regionale Perspektive mit ihren gut über-       von Energie- und Effizienztechniken ergeben. Es lassen sich vielfäl-
schaubaren Analyse- und Umsetzungsmöglichkeiten bietet hingegen         tige Aktivitäten in der Region ausmachen, die hier nur kurz skizziert
die Chance, einzelnen Problemfeldern konkrete Handlungsoptionen         werden sollen:
entgegenzustellen.
                                                                        •• Kommunen und Landkreise beschließen ehrgeizige Ziele zur
Hier finden sich oft mögliche Prozessgestalter oder „Kümmerer“,            Versorgung mit erneuerbarer Energie und zum Klimaschutz
die eine regionale Energiewende vorantreiben. Sie sind in ein Ak-       •• regionale Energieversorgungsunternehmen identifizieren
teursnetzwerk eingebunden, das überschaubar ist und persönliche            erneuerbare Energie als zukunftsfähiges Geschäftsfeld
Kontakte ermöglicht. Dies ist die Basis für gegenseitiges Vertrauen,    •• zahlreiche Initiativen treten für den Ausbau von erneuerbarer
auch über Parteigrenzen hinweg.                                            Energie ein
                                                                        •• Haushalte investieren verstärkt in Erneuerbare Energie und
Regionale Akteure haben häufig ein ausgeprägtes Regionalbewusst-           Energieeffizienz
sein und damit eine Motivation für außergewöhnliches Engagement.        •• Stadtwerke setzen auf Ökostrom und innovative Versorgungs-
Sie greifen oft auf die Vision einer „regionalen Energieautarkie“ zu-      konzepte
rück, die ihnen eine dauerhafte Mitgestaltung entsprechender Ent-       •• die Universität und angeschlossene Forschungsinstitute sind
wicklungsprozesse ermöglicht. Auf diese Weise kann auf regionaler          intensiv mit dem Thema befasst
Ebene die notwendige kritische Masse an Kompetenzen und Gestal-         •• die Region setzt auf das Unternehmens- und Technologie-
tungswillen bereitstehen, die in dem Querschnittsthema „Energie“           Cluster „Dezentrale Energietechnologie“
notwendig ist.                                                          •• erfolgreiche Unternehmen der Branche prägen den Standort
                                                                           Nordhessen
Konkretes Handeln und greifbare Ergebnisse sind wichtige Motive
für bürgerliches Engagement. Die Preisstabilität gegenüber den          Es sind besonders die Unternehmen in Nordhessen, die erfolgreich
stark steigenden fossilen Energieträgern ist eine weitere wichtige      auf nationalen und internationalen Märkten agieren und zukunftsfä-
Motivation für regionale Akteure. Die kommunale Selbstverwaltung        hige Arbeitsplätze schaffen, sowie die besonderen Forschungs- und
ermöglicht zusätzliche Gestaltungsräume, insbesondere wenn sich         Entwicklungseinrichtungen (vgl. Kap. 4), die die industriepolitische
gleichgesinnte Kommunen oder Kreise zu einer „Energieregion“ zu-        Positionierung Nordhessens zunehmend bestimmen.
sammenschließen.
                                                                           Was bis jetzt jedoch fehlt, ist ein integriertes, geschlossenes
   Technisch und ökonomisch ist eine „Energieregion“ die ge-            Gesamtkonzept, das die ökonomischen Chancen für die gesamte
eignete räumliche Ebene, auf der die Nutzung der dezentralen,           Region konkretisiert und in Aktivitäten umsetzt.
regenerativen Potenziale ohne die Gefahr einer „Übernutzung“
wirtschaftlich organisiert werden kann (Nachhaltigkeit).                Diesen Weg zu skizzieren und das ökonomische Potenzial der Region
                                                                        Nordhessen im Bereich der dezentralen Energie- und Effizienztech­
Ziel ist dabei keine kleinräumige „Energieautarkie“, sondern eine       nologien aufzuzeigen, ist Anliegen der Studie „Nordhessen 2020:
regionale Entwicklungsstrategie mit wirtschaftlichen Beteiligungs­      Dezentrale Energie und Arbeit“.
möglichkeiten und sozialen Vorteilen für die ganze Region.
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Teil B: Hintergrund der Studie
                                                                             B

2. Ziele und Methoden

deENet                                                                 Netzwerk
Das Kompetenznetzwerk Dezentrale Energietechnologien (deENet)          deENet ist Träger des Clusters „Erneuerbare Energie und Energieeffi-
versteht sich als regionales Unternehmens- und Technologienetzwerk     zienz“, das in Kapitel 10 ausführlich dargestellt wird.
auf dem Gebiet der dezentralen Energietechnik und Energieeffizienz
und umfasst mittlerweile über 100 Unternehmen, Forschungseinrich-      Durch den verstärkten Ausbau des Netzwerk- und Clustermanage-
tungen und Dienstleister.                                              ments werden die Kooperationsstrukturen in den kommenden Jahren
                                                                       weiter gestärkt: Die deENet Aktivitäten sollen stärker in die Region
Ziel des Netzwerks ist die Entwicklung innovativer und integrierter    getragen und mit den struktur- und industriepolitischen Maßnahmen
Systemlösungen in der Energieversorgung. Die wird zunehmend von        der einzelnen Landkreise der Region vernetzt werden.
dezentralen, verbrauchernahen Strukturen unter weitestgehender
Nutzung erneuerbarer Energien und von Forderungen nach massiven        Das Netzwerk verfügt über ein hohes Innovationspotenzial. Insbeson-
Effizienzverbesserungen, auch auf der Verbrauchsseite, bestimmt.       dere bei den dezentralen Versorgungssystemen sind aus Koopera-
Die Arbeitsschwerpunkte im Netzwerk liegen in den Bereichen:           tionen der Netzwerkpartner schon eine Vielzahl innovativer Produkte
                                                                       und Dienstleistungen entstanden:
••   dezentrale Versorgungstechnik
••   energieoptimiertes Planen und Bauen                               • Die SMA Solar Technology AG wurde als Spin-off der Universität
••   energieeffiziente industrielle Prozesse                             Kassel bereits vor 25 Jahren gegründet und ist heute Marktführer
••   nachhaltige Versorgungskonzepte                                     im Bereichder Systemtechnik für solare Stromerzeugung.
••   Clustermanagement/Regionalentwicklung                             • Zur Entwicklung integrierter Systemlösungen für Strom, Wärme
                                                                         und Kälte wurden die Viessmann Werke in das Netzwerk in-
Durch die strukturelle Vernetzung und die gezielte Förderung von Ko­     tegriert, welche eine komplette Produktpalette an Effizienz- und
operationen im Netzwerk entstehen integrierte Versorgungslösun-          Energieversorgungstechnologien bieten.
gen, die sich über einzelne Objekte und Siedlungen bis hin zu ganzen   • Weitere innovative Unternehmen wie Wagner & Co Solartechnik,
Regionen erstrecken können. Auf dieser Basis sollen neue Produk-         Köhler & Ziegler, Roth Werke, Seeger und STH Engineering haben
te und Dienstleistungen entwickelt, die regionale Wirtschaftskraft       die Kompetenzen des Netzwerks um die Bereiche solarthermische
nach­haltig verbessert sowie zukunftssichere Arbeitsplätze geschaf-      Anwendungen, Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung und Energiebereit-
fen werden.                                                              stellung aus Bioenergie erweitert.
                                                                       • Die Forschungsarbeiten der im deENet organisierten Institute bil-
Mit der Kooperationsstruktur des deENet werden regionale Veran-          den die Grundlage für den erfolgreichen Technologie- und Know-
kerungen in Nordhessen gestärkt und die notwendigen Vorausset-           how-Transfer in die regionale Industrie. An der Universität Kassel
zungen geschaffen, um Impulse zur wirtschaftlichen Entwicklung der       wird vor allem in den Fachbereichen Maschinenbau, Architektur
Region zu setzen.                                                        und Elektrotechnik aktiv an verschiedenen Fragen zur Energie-
                                                                         anwendung und -umwandlung gearbeitet.
                                                                       • Mit dem Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) ent-
                                                                         stand als Ausgründung der Universität ein führendes Institut auf
                                                                         dem Gebiet der elektrischen Systemtechnik.
                                                                       • Führende Forschungseinrichtungen aus dem Baubereich sind das
                                                                         Zentrum für umweltbewusstes Bauen (ZUB) sowie das Fraunhofer-
                                                                         Institut für Bauphysik (IBP), Projektgruppe Kassel, die zusammen
                                                                         ein Forschungszentrum für energieeffizientes Bauen bilden.
Studie zur
                                                                                                                        Regionalentwicklung

Ziele der Studie
Die Studie „Nordhessen 2020: Dezentrale Energie und Arbeit“ unter-     Eine langfristig auf weitgehend erneuerbaren Energiequellen beru-
sucht das ökonomische Potenzial der Region Nordhessen im Bereich       hende Energieversorgung, die das regionale Potenzial ausschöpft,
dezentrale Energie und Energieeffizienz und beschreibt die Maßnah-     benötigt für die Umsetzung eine breite politische, ökonomische Stra-
men, um dieses Potenzial auch zu realisieren. Die Studie dient damit   tegie, die von den Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen wird.
auch als ein Leitbild der Regionalentwicklung oder als „Roadmap“ auf
dem Weg in die Zukunft.                                                Der notwendige Transformationsprozess wird dabei nicht durch Man-
                                                                       gel an Wissen, Technologie oder Potenzial begrenzt. Vielmehr fehlt
• Ökonomisches Potenzial aufzeigen                                     bisher eine langfristige und klare energiepolitische Strategie auf die
  (regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze)                          verschiedene Akteure zurückgreifen können.
• Handlungsfelder und konkrete Maßnahmen/
  Wegmarken definieren                                                 Die gesellschaftliche Akzeptanz zur verstärkten Nutzung der erneuer-
• Leitbild und Diskussionsbeitrag zur Regionalentwick-                 baren Energien ist in den letzen Jahren deutlich gestiegen. Die nach-
  lung und Energiepolitik formulieren                                  haltige Nutzung des regionalen Potenzials durch heimische Unterneh-
                                                                       men mit hoher Wertschöpfung vor Ort ist ein Leitbild, das persönliche
Zur Erreichung dieser Ziele werden drei unterschiedliche               Teilhabe, Wachstum und Umweltverträglichkeit vereint und damit für
Energie- und Arbeitsplatzszenarien entwickelt: Das mitt-               viele Akteure mehrheitsfähig ist.
lere Szenario „Konzentrierte Anstrengung“ wird dabei als
„Leitszenario“ festgelegt.                                             Insbesondere die Konzentration auf Arbeitsplatzszenarien zeigt die
                                                                       Chancen für die Region auf und macht die Studie für alle Institutionen
Mit der Entwicklung eines umfassenden Maßnahmenkatalogs wer-           interessant, die sich direkt oder indirekt mit der Regionalentwicklung
den die notwendigen Aktivitäten weiter konkretisiert. Durch eine       beschäftigen. Die Studie setzt den aufgezeigten Herausforderungen
intensive Beteiligung von Schlüsselakteuren können dazu direkt Ver-    ein positives Bild der Zukunft entgegen, indem sie die beteiligten Ak-
antwortliche benannt werden. Für die Erreichung der Ziele sind die     teure auf eigene Stärken und eigene Handlungsspielräume hinweist.
folgenden Grundsätze verfolgt worden:
                                                                       Der Prozess des „Roadmapping“ zeichnet sich dadurch aus, dass die
• Einbettung in globale und Technologie-Trends                         skizzierten Ziele bereits in Wegmarken und Maßnahmen konkretisiert
• Umsetzungsorientierung                                               werden. Die Ziele sind damit untrennbar mit den entsprechenden
• Zukunftsorientierung                                                 Handlungen verbunden. Die Studie „Nordhessen 2020: Dezentrale
• Offenlegung von Szenarien und Annahmen                               Energie und Arbeit“ ist damit ein Beitrag zur Ausgestaltung der Regio­
• Verdichtung auf verständliche, motivierende Arbeitsplatzszenarien    nalpolitik auf dem richtungsweisenden Feld der Energiepolitik.
• konsequente Konkretisierung durch planbare Maßnahmen
• intensiver Diskurs von Akteuren und Entscheidern in allen Phasen        Das Ziel, in der Region Nordhessen 20.000 Arbeitsplätze zu
  der Erstellung der Studie                                            schaffen, ist nicht nur ein wissenschaftliches Szenario, sondern
• direkte Hinführung in ein Umsetzungsprojekt (Cluster-                auch ein selbstgestecktes Ziel für die Regionalentwicklung.
  management) des deENet
                                                                          Die bereits vorhandenen, vielfältigen Aktivitäten in der Region
                                                                       Nordhessen können mit der Studie auf einen gemeinsamen Refe-
                                                                       renzrahmen zurückgreifen.
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Teil B: Kap. 2
                                                                              B

Methoden
Der Studie liegt ein Methodenmix wissenschaftlicher Instrumente        SWOT-Analyse
zugrunde, die als Prozess zusammenwirken: Verschiedene Einfluss-       Die Trends wirken als externe Chancen und Risiken auf regionale
faktoren werden mit geeigneten Methoden analysiert und in ver-         Strukturen (Stärken/Schwächen) ein. Die Erarbeitung einer SWOT-
schiedene Szenarien eingearbeitet. Die Szenarien eignen sich zur Be-   Analyse stellt dabei einen notwendigen Zwischenschritt für die Er-
antwortung der Frage: „Was ist zu tun, um den angestrebten Zustand     arbeitung von Energieszenarien in der Region Nordhessen dar. Die
zu erreichen?“ (Backcasting).                                          Ergebnisse werden in Kapitel 4 zusammengefasst.

Die gesamte Studie lässt sich somit als „Roadmap“ oder als Leit-       Energieszenarien
bild für die Regionalentwicklung durch den Einsatz von erneuerbaren    Ziel der Energieszenarien ist die energetische Bilanzierung von Erzeu-
Energien und Energieeffizienztechnologien in Nordhessen lesen. Ein     gung und Bedarf für die Region Nordhessen auf der Basis von End­
Kernstück der Studie bilden Energie- und Arbeitsplatzszenarien. Das    energie. Sie berücksichtigen somit auch den Wärmebereich und den
Referenzszenario „Konzentrierte Anstrengung“ dokumentiert dabei        Verkehr. Dieser Ansatz unterscheidet die Studie von vielen anderen
das Ziel 20.000 Arbeitsplätze in der Region zu schaffen.               regionalen Potenzialstudien in Deutschland.

Die einzelnen methodischen Bausteine konkretisieren sich von glo-      Bei der Konstruktion der Szenarien wurden vorhandene Regional-
balen Trends über regionale Voraussetzungen zu tatsächlichen Maß-      daten zugrunde gelegt oder Bundesdaten anhand der Einwohnerzahl
nahmen identifizierbarer Akteure. Die vorgestellten Methoden sind      von Nordhessen geschätzt. Die Berechnung erfolgte bis zum Jahr
nicht unabhängig voneinander zu betrachten, da sie diskursiv ent-      2035, um die Plausibilität der angenommenen Entwicklungspfade für
wickelt wurden und sich wechselseitig beeinflussen. Dabei kommt        die längerfristige Entwicklung zu gewährleisten.
den Expertenworkshops eine spezielle Rolle zu, da alle Annahmen,
Thesen, Wegmarken und Maßnahmen intensiv diskutiert wurden             Dabei wurden die drei Szenarien „Weiter so“, „Konzentrierte Anstren-
(vgl. Kap. 10). Im Folgenden werden die eingesetzten Methoden kurz     gung“ und „Maximale Anstrengung – 100%-Region“ unterschieden.
vorgestellt:                                                           Für alle drei Szenarien wurde die Entwicklung für den Zeitraum 2007
                                                                       bis 2035 für die unterschiedlichen Technologiepfade (PV, Solarther-
Trendanalyse                                                           mie, Wind usw.) und die unterschiedlichen Märkte (Strom, Wärme
Die analysierten der Trends im Bereich der dezentralen Energie und     und Mobilität) anhand verschiedener Wachstums- bzw. Einsparungs-
Energieeffizienz beziehen sich auf globale und langfristige Entwick-   raten bilanziert. Die Szenarien werden in Kapitel 5 vorgestellt.
lungen im Bereich der Technologie und Ökonomie. Die Ergebnisse
wurden als strategische Annahme bei den Szenarien hinterlegt, es       Arbeitsplatzszenarien
sind dabei kein hypothetisches „Wunschdenken“, sondern entspre-        Besonders bedeutend für die Aussage der Studie ist die Entwicklung
chen dem derzeitigen Stand der Technik. Für Entscheidungsträger ist    von Arbeitsplatzszenarien. Die Energieszenarien beschreiben das
die Betrachtung von Trends auch über den Zeitraum von Jahrzehnten      zukünftige Energiesystem anhand von physikalischen Einheiten wie
eine Voraussetzung für langfristige Entscheidungen.                    z.B. der installierten Leistung. Der Einsatz von EE-Anlagen ist aber
                                                                       stets auch ein ökonomischer Vorgang: Die Anlagen müssen geplant,
Die positiven Entwicklungsperspektiven für dezentrale Energietech-     finanziert, errichtet und betrieben werden. Auf jeder Stufe der Wert-
nologien ergeben sich nicht zuletzt auch aus den Sachzwängen wie       schöpfung wird Umsatz generiert. Findet der Umsatz in der Region
der Endlichkeit der fossilen Energieträger, der Klimaproblematik und   statt, wird die „regionale Wertschöpfung“ gesteigert.
den sich zwangsläufig ergebenden Folgen für die Energiemärkte. Die
Ergebnisse werden in Kapitel 3 ausführlich dargestellt.
Studie zur
                                                                                                                                     Regionalentwicklung

                                                                        Roadmap
Dieser „regionale Faktor“ ist ein entscheidender Parameter in der

                                                                        Ausgangslage –
                                                                                                      Kap. 3: Energiewirtschaftliche Trends – global
Berechnung der Arbeitsplatzszenarien. Die Umrechnung auf den                                                  Chancen/Risiken

                                                                            SWOT
Parameter „Beschäftigung“ ist besonders aussagekräftig für die                                        Kap. 4: Region Nordhessen
kommunikative Wirkung der Studie. Dieses Ziel wiegt methodische                                               Stärken/Schwächen
Schwierigkeiten auf, die bei der Umrechnung nicht zu vermeiden sind
(vgl. Kap. 6).
                                                                        Potenzial des

                                                                                                      Kap. 5: Energieszenarien
                                                                          Sektors

                                                                                                              Erzeugung/Bedarf
Unternehmensbefragung
                                                                                                      Kap. 6: Arbeitsplatzszenario
Die Befragung von Unternehmen ist eine bewährte Methode, die                                                  Branchen/Sektoren
Branchenstruktur einer Region zu erfassen und zu Einschätzungen
über die Unternehmensumwelt und deren Entwicklungsperspektiven
                                                                        Handlungsfelder
                                                                        Strategien und

zu gelangen. Die Befragung basiert auf einem Vergleich des Energie-                                   Kap. 7: Unternehmensbefragung
                                                                                                              quantitativ
clusters in Nordhessen mit einer größeren Umfrage aller Unterneh-
                                                                                                      Kap. 8: Akteursdialog
men der Region aus dem Jahr 2006. Aus diesem Vergleich heraus                                                 qualitativ
lassen sich die Besonderheiten und die Dynamik des Clusters dezen-
trale Energie und Energieeffizienz beschreiben.
                                                                        und Maßnahmen

                                                                                                      Kap. 9: Maßnahmen
                                                                            Projekte

                                                                                                              Umsetzung
Zusätzlich erhält man Aussagen zu wichtigen Handlungsfeldern und
                                                                                                      Kap. 10: Clustermanagement
Standortfaktoren sowie zur Innovationsdynamik, aber auch zu Hemm-                                              Strategie
nissen und Barrieren in der Zusammenarbeit. Dies dient insbesondere
                                                                                                                              Abb. 1: Aufbau der Studie
der Entwicklung von konkreten Maßnahmen und Handlungsfeldern.
Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung werden im Kapitel 7
ausführlich beschrieben.
                                                                                          Die Abbildung zeigt zusammenfassend den Aufbau der Studie.
Akteursdialog                                                                             Auf die Darstellung globaler Technologietrends folgt die räum-
Durch die Beteiligung von Akteuren in mehreren Workshops wird                             liche Fokussierung auf die Region Nordhessen. Aus globalen
sichergestellt, dass die Studie den Ansprüchen der Zielgruppe ge-                         Trends (externen Einflüssen) und regionalen Strukturen (inter-
recht wird. Gleichzeitig fließt das Expertenwissen der beteiligten                        nen Voraussetzungen) lassen sich Annahmen und Grundop­
Institutionen in den Prozess ein. Durch die Beteiligung von Entschei-                     tionen für die Konstruktion von Energieszenarien für die Region
dern, Betroffenen und Experten wird die Methodik der Studie um ein                        Nordhessen ableiten.
diskursives Element erweitert.
                                                                                          Die Energieszenarien lassen sich zu Arbeitsplatzszenarien
Nur so kann die Studie die Funktion als Zukunftsentwurf, Leitbild                         verdichten, indem man weitere ökonomische Parameter hinzu-
oder Kommunikations- und Planungsinstrument erfüllen. Teilnehmer                          zieht. Durch die Befragung der Unternehmen wird die Struktur
waren zum Beispiel Vertreter aus Stadtwerken, Verbänden, Unter-                           des Sektors und der Unternehmen verdeutlicht (Innenperspek-
nehmen, Wissenschaft, der Wirtschaftsförderung usw. Durch die                             tive), durch die Beteiligung von Akteuren können auf individu-
frühe Einbeziehung der Akteure sollte verhindert werden, dass die                         eller Basis konkrete Verantwortlichkeiten und Maßnahmen
Studie „für die Schublade“ erstellt wird (vgl. Kap. 8).                                   entwickelt werden.
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Teil C: Analyse und Ergebnisse
                                                                                 C

3. Trendanalyse

Einleitung                                                                Elektrizität
In diesem Kapitel werden wichtige technologische und energiewirt-         Auf dem Strommarkt wird es durch den Einsatz erneuerbarer Ener-
schaftliche Grundannahmen und Trends im Bereich der dezentralen           gien wesentliche Veränderungen geben.
Energie und Energieeffizienz beschrieben. Im Zusammenhang des
gesamten Roadmapping-Prozesses erfüllt dieser Schritt folgende               Langfristig wird es ein (temporäres) Überangebot an elek-
Aufgaben:                                                                 trischer Energie aus erneuerbaren Energien geben. Daher bietet
                                                                          sich der Einstieg in die Elektromobilität als zusätzliche, steuer-
•• Annahmen und strategische Optionen für die Entwicklung der             bare Last (bzw. Speicher) an.
   Szenarien werden definiert,
•• der zeitliche Betrachtungsrahmen wird festgelegt,                      Erste Hinweise auf lokale Überangebote sind die temporären Ab-
•• ein gemeinsamer Verständnisrahmen der Akteure wird                     schaltungen von Windparks in Starkwindphasen oder Leistungsbe-
   geschaffen.                                                            grenzungen aufgrund von Netzengpässen. Der Anteil erneuerbarer
                                                                          Energien wird sich bis 2020 auf mindestens 30% erhöhen.
Aufgrund dieser wichtigen Funktion wurden die Grundannahmen und
Trends in den verschiedenen Workshops mit den Schlüsselakteuren
                                                                             Windenergie entwickelt sich zu einer der günstigsten For-
aus Unternehmen, Politik und Verwaltung sowie der Energiewirt-            men der Energieerzeugung überhaupt.
schaft diskutiert (vgl. Kap. 8). Der zeitliche Horizont der Trendanaly-
sen erstreckt sich in dieser Untersuchung bis 2035. Für diesen Zeit-      So kann schon heute mit Windenergieanlagen in Marokko elektrische
raum wird in vielen Untersuchungen bereits von sehr hohen Anteilen        Energie für nur 2,5 Cent/kWh erzeugt werden. Auch in Deutschland
erneuerbarer Energien ausgegangen. Das BMU-Leitszenario geht              wird Windenergie in wenigen Jahren wettbewerbsfähig vermarktet
beispielsweise im Jahr 2030 von einem Anteil von 28% des Endener-         werden. Durch Repowering ist in Deutschland das Potenzial für einen
giebedarfs aus (33%Strom).                                                weiteren Ausbau, auch an Land, vorhanden.

Aussagen über derart lange Zeiträume sind jedoch mit großen Un­
                                                                             Die Kosten von elektrischer Energie aus PV-Anlagen werden
sicherheiten behaftet. In dieser Untersuchung wurde deshalb der           in wenigen Jahren die Strompreise für Haushaltskunden unter-
engere zeitliche Rahmen bis zum Jahr 2020 festgelegt.                     schreiten („Grid-Parity“). Von da an wird es theoretisch billiger
                                                                          sein, eigenen Strom zu erzeugen als ihn zu beziehen.
Es werden nur bereits heute verfügbare Technologien beschrieben
und in ihrer möglichen Weiterentwicklung dargestellt. Dies betrifft       Dazu ist bis 2015 eine Kostendegression von ca. 8% pro Jahr notwen-
die Bereiche                                                              dig. Diese Perspektive war auch bei der Novellierung des EEG Mitte
                                                                          2008 ausschlaggebend für die Neugestaltung der Vergütungssätze.
•• erneuerbare Energien
•• Energieeffizienz
                                                                             Der Bedarf an elektrischer Energie als veredelte Energie­form
•• Speichertechnologien und steuerbare Lasten                             wird deutlich steigen, gerade für den Bereich der Mobilität.

und umfasst die drei Sektoren                                             Dies verlangt einen Wechsel der Antriebstechnologie hin zu reinen
                                                                          Elektromotoren, die dreimal effizienter sind als Verbrennungsmotoren.
•• Elektrizität
•• Wärme
•• Mobilität
Studie zur
                                                                                                                       Regionalentwicklung

Wärme                                                                  Mobilität
Um die Energieeffizienz bei der Raumwärmebereitstellung signifikant    Die Verknappung fossiler Rohstoffe führt parallel zu einer Verteue-
zu steigern, sind Gebäudesanierungen und der Einsatz moderner          rung von Treibstoffen. Biomasse, die nicht als Nahrungs- oder Futter-
Heiztechnik erforderlich.                                              mittel benötigt wird, kann zur Sicherung der Grundstoffversorgung
                                                                       der chemischen Industrie beitragen. Biokraftstoffe können langfristig
   Bei Verwendung bereits eingeführter Technik (Null- und              nicht die gleichen Transportleistungen abdecken wie heute die fossi-
Niedrigenergiebauweise) bedarf z.B. eine Wohnung in Mitteleu­          len Kraftstoffe.
ropa schon heute keiner herkömmlichen Heizung mehr.
                                                                          Der Bedarf an Transportenergie wird nicht durch Biotreib-
Für besonders kalte Tage wäre eine Back-up-Heizung, etwa eine klei-    stoffe, sondern zu großen Anteilen durch erneuerbaren Strom
ne Wärmepumpe, die in ein Be- und Entlüftungssystem integriert ist,    gedeckt werden. Dies bedeutet den massiven Einstieg in die Elek-
vollkommen ausreichend.                                                tromobilität.

   Signifikante Steigerungen der Energieeffizienz bei der Raum-        Das größte Energieeffizienzpotenzial im Transportsektor bietet ein
wärmebereitstellung erfordern Gebäudesanierungen und den Ein-          Systemwechsel im motorisierten Individualverkehr (MIV). Verbren-
satz moderner Heizungstechnik.                                         nungsmotoren werden durch Hybrid- und Elektromotoren ersetzt.
                                                                       Dadurch können bis zu zwei Drittel des heutigen Energiebedarfs
Zu beachten ist, dass der Einfluss des spezifischen Nutzerverhaltens   eingespart werden. Dies hat Auswirkungen auf die in der Region
auf den tatsächlichen Heizenergiebedarf mit steigender energeti­       Nordhessen wichtige Fahrzeugbauindustrie.
scher Qualität der Gebäude an Bedeutung gewinnt. So können in
Niedrigenergiehäusern Unterschiede im flächenbezogenen Heizener-          Die Batterien von Hybrid- und Elektrofahrzeugen können zu
gieverbrauch um den Faktor zehn beobachtet werden.                     Zeiten eines hohen Angebots an elektrischer Energie geladen
                                                                       werden und damit fluktuierende Erzeugungsspitzen erneuerbaren
   Energieeffizienzmaßnahmen im Raumwärmebereich sorgen                Stroms abfangen.
für eine besonders hohe Wertschöpfung im lokalen Handwerk
und sind für die Schaffung regionaler Arbeitsplätze von großer         Elektroautos können damit eine wesentliche Rolle beim Ausgleich
Bedeutung.                                                             zwischen Stromerzeugung und Verbrauch spielen. Insgesamt bieten
                                                                       die Speicher für elektrische Energie noch ein großes technisches Ent-
Effizienzsteigerungen im Wärmebereich sind nicht allein durch effi-    wicklungspotenzial.
zientere Erzeugungsanlagen, sondern zunehmend auch durch intel-
ligentere Steuerung von Wärmeströmen unter Berücksichtigung der           Eine große Anzahl von Elektroautos bietet ein großes Poten-
benötigten Temperaturniveaus möglich. Dies betrifft vor allem städ-    zial als steuerbare Last und Speicher für elektrische Energie.
tische Gebiete mit Nutzungsmischung von Industrie, Gewerbe und
Wohnbereichen. Wie Tabelle 1 auf der Folgeseite im Überblick zeigt,    Auch konventionelle Kraftwerke könnten mit größerer Volllaststun-
kommen im Wärmebereich der Geo- und Solarthermie eine beson­           denzahl betrieben werden. Bereits heute ist der Einsatz von Erzeu-
dere Bedeutung zu.                                                     gungs- und Lastmanagement und Speichern für elektrische Energie
                                                                       von Interesse, wenn dadurch angemeldete Bilanzkreisfahrpläne ein-
                                                                       gehalten und gezielt Spitzenstrom angeboten werden kann.
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Teil C: Kap. 3
                                                                           C

Technologische Trends

    Technologie                    Wachstum                                    Wirtschaftlichkeit                 Potenzial Nordhessen

    Photovoltaik   Der PV-Weltmarkt wird bis 2030 um            Durch größere Produktionsmengen und verbes-       Im Jahr 2035 sind
                   ca. 22% pro Jahr wachsen. Das größte         serte Produktionstechnologien werden PV-          etwa 40% der Elek-
                   physikalische Potenzial zur dezentralen      Module in den nächsten Jahren zu deutlich         trizitätserzeugung mit
                   Energieerzeugung haben alle Technologien,    geringeren Kosten produziert (und so die Strom-   PV-Anlagen möglich.
                   die die Sonneneinstrahlung direkt nutzen.    preise für Haushaltskunden unterschreiten).

    Solarthermie Anwendung bleibt bislang hinter den            Durch Einsatz von Aluminium statt Kupfer können   hohes Potenzial,
                 Potenzialen zurück.                            die Produktionskosten reduziert werden. Durch     z.T. Konkurrenz zur
                 Weltweit von zunehmender Bedeutung.            Optimierungen von Reflexionsverlusten und neuen   Photovoltaik
                                                                Speicher­technologien können zukünftig höhere
                   Bis 10% Wachstum                             solare Deckungsraten erreicht werden.

    Windenergie Durch Repowering könnte der                     Windenergie entwickelt sich zu einer der günstig- Ausbaupotenzial,
                Anteil an der Stromversorgung von               sten Formen der Energieerzeugung überhaupt        Repowering
                7% auf 20% gesteigert werden.                   (z.B. in Marokko kann Windstrom zu 2,5 Cent/kWh
                                                                erzeugt werden).

    Wasserkraft- Das Potenzial in Deutschland ist               Durch verbesserte Turbinen sind Wirkungsgrad-     Das Potenzial ist
    anlagen      weitgehend ausgenutzt.                         steigerungen von bis zu 10% erreicht worden.      im Wesentlichen
                                                                                                                  ausgeschöpft.

    Biomasse       Eher gering. Die Nutzung der Biomasse        Die Effizienz der Biosphäre bei der Umwandlung    Das Potenziel wird
                   konkurriert mit der Erzeugung von Nah-       von Sonnenlicht in Biomasse ist eher gering.      auf etwa 10TWh/
                   rungs­mitteln und der Bereitstellung von                                                       Jahr geschätzt.
                   Grund­stoffen für die chemische Industrie.

    Geothermie     Renaissance durch verbesserte                Betriebs- und Energiekosten betragen nur 50%      Oberflächennahe
                   Wärmepumpen. Die Tiefengeo-                  der Kosten herkömmlicher Heizsysteme.             Geothermie oder Hot-
                   thermie erlebt in Süddeutschland                                                               Dry-Rock-Verfahren
                   einen starken Aufschwung.

    Speicher-      Der Einsatz von Speichern für elektrische    Der Einsatz von Erzeugungs-/ Lastmanagement       Insgesamt gibt es
    technologie    Energie konkurriert mit Maßnahmen            und Speichern für elektrische Energie kann zu     bei Speichern für
                   wie Netzausbau und Lastmanagement,           der gezielten Vermarktung von Spitzenstrom        elektrische Energie
                   die beide i.d.R. kostengünstiger sind.       führen, der zu wesentlich höheren Erlösen         recht großes Ent-
                                                                vermarktet werden kann als Grundlaststrom.        wicklungspotenzial.

                                                                                 Tab. 1: Trends in ausgewählten Technologiebereichen
Studie zur
                                                                                                                                                          Regionalentwicklung

Ökonomische Trends
Der Sektor der dezentralen Energietechnologien kann als einer der                             Beschäftigte in Industriebereichen in Deutschland [1.000]
globalen Leit- und Wachstumsmärkte der nächsten Jahrzehnte
bezeichnet werden (vgl. u.a. IZT 2005, DIW 2007). In Deutschland                                1100
                                                                                                           1.088
konnten in den vergangenen Jahren – auch durch die politischen                                  1000
Rahmenbedingungen – beeindruckende Wachstumsraten verzeich-                                                                                                                 950
net werden. Heute lassen sich bereits ca. 250.000 Arbeitsplätze dem                                  900
                                                                                                            880
Sektor zuordnen, wobei viele dieser Arbeitsplätze in klein- und mittel-
                                                                                                     800
ständischen Unternehmen angesiedelt sind (BMU 2008).                                                                                                                        770
                                                                                                     700                                                                    710

     Nach einer Prognose des DIW und Roland Berger wird der
                                                                          Arbeitsplätze in Tausend

                                                                                                     600
Bereich um das Jahr 2030 den Maschinen- und Fahrzeugbau in
seiner Bedeutung ablösen bzw. im Bereich der Elektromobilität                                        500
mit ihm verschmelzen (vgl. Abb. 2).
                                                                                                     400

Nach einer konservativen Schätzung der Internationalen Energie­
                                                                                                     300
agentur werden sich die Investitionen in erneuerbare Energien von
gut 40 Mrd. (2006) bis zum Jahr 2020 verdreifachen. Bei dieser Ent-                                  200
                                                                                                            170
wicklung ergeben sich für die deutschen Unternehmen erhebliche Ex-
                                                                                                     100
portmöglichkeiten. Die Exportquote deutscher Hersteller von dezen-
tralen Energieanlagen ist hoch und beträgt z.B. bei der Windenergie                                   0
                                                                                                           2005      2010            2015        2020        2025        2030
oder der Photovoltaik 60 bis 70% (BMU 2006).

                                                                                                              Maschinenbau
In der Region Nordhessen findet sich eine Reihe von Herstellern, die
                                                                                                              Kraftfahrzeugbau
erfolgreich auf den Weltmärkten agieren. Dabei sind vor allem die
                                                                                                              Erneuerbare Energien      Quelle: Prognos; DWI; BUND; Roland Berger
Bereiche Photovoltaik und Solarthermie zu berücksichtigen. Eine
wichtige Weichenstellung ist dabei die Wettbewerbsfähigkeit dieser                                   Abb. 2: Beschäftigungsprognose nach Wirtschaftszweigen
Technologien. Eine Grundannahme der Trendanalyse ist die Errei-
chung der „Grid-Parity“ im PV-Markt (vgl. Abb. 3), die bei Lernkur-
                                                                                                      50
ven industrieller Prozesse von ca. 5 bis 8% Preissenkung pro Jahr für
Deutschland im Jahr 2015 prognostiziert werden kann.                                                  40
                                                                             € ct/kWh

                                                                                                      30
Preissteigerungen und hohe Volatilität in den Rohstoffmärkten belas­
                                                                                                      20
ten zudem die Konsumenten. Daher werden immer mehr Haushalte
zu Effizienzmaßnahmen greifen und zu mehr Umsatz z.B. im Bereich                                      10
der Gebäudesanierung beitragen.                                                                        0
                                                                                                            2005             2010                  2015                 2020

   Innovationen im Bereich der dezentralen Energietechnolo-                                                    Strompreis-Entstehungskosten             Stromabgabepreis
gien und steigende Energiepreise führen zu einer Umkehrung der
Kostenverhältnisse: Die Kosten des fossilen Vergleichsystems                                     Abb. 3: Kosten der Stromerzeugung durch PV („Grid-Parity“)
werden die des nachhaltig optimierten Systems übersteigen.
16 | 17

Teil C: Analyse und Ergebnisse
                                                                              C

4. Energieregion Nordhessen

Das Cluster dezentrale Energietechnologie
Im Bundesland Hessen stellt Nordhessen nach der Region Rhein-Main       Netzwerk zusammengeschlossen haben. deENet leistet durch sein
den zweitgrößten Wirtschaftsraum dar. Nordhessen umfasst die fünf       aktives Clustermanagement einen wichtigen Beitrag für die regionale
Landkreise Kassel, Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg, Werra-            Wirtschaftsförderung.
Meißner, Hersfeld-Rotenburg sowie die kreisfreie Stadt Kassel. In der
Region leben knapp eine Million Menschen.                               Cluster können aus ökonomischer Sicht als Netzwerke von Produ-
                                                                        zenten, Zulieferern, Forschungseinrichtungen (z.B. Hochschulen),
In Nordhessen ist in den letzten 25 Jahren ein umfangreiches Know-      Dienstleistern (z.B. Design- und Ingenieurbüros) und verbundenen
how zur dezentralen und erneuerbaren Energieversorgung entwickelt       Institutionen (z.B. Handelskammern) mit einer gewissen regionalen
und bereits vielfältig umgesetzt worden. Hier findet sich eine beson-   Nähe definiert werden, die eine Wertschöpfungskette bilden. Wich-
dere Konzentration von Hochschuleinrichtungen, Instituten und Unter-    tige Spezifika im Cluster werden im Folgenden kurz be­trachtet:.
nehmen im Bereich dezentraler Energietechnik und Energieeffizienz.
                                                                        •• Industrieunternehmen: Insbesondere bei den dezentralen Ver-
Produkte und Systemlösungen aus Nordhessen setzen vielfach Stan-           sorgungssystemen sind in der Vergangenheit Unternehmen ent-
dards auf nationalen und internationalen Märkten. Von der PV-Sys-          standen, die zu einem maßgeblichen Wachstum bei den Umsatz-
temtechnik und Solarthermie über KWK-Anlagen bis hin zu modernen           und Beschäftigungszahlen in der Region geführt haben.
Heizsystemen existiert in Nordhessen ein breites Spektrum an dezen-     •• Forschung und Entwicklung: Das Cluster verfügt aufgrund seiner
tralen und erneuerbaren Energietechniken und ein attraktives Umfeld        angeschlossenen Institute und Einrichtungen über ein hohes
für weitere Unternehmen der Branche.                                       Innovationspotenzial.
                                                                        •• EE-Potenzial: Diese regionalen Kompetenzen werden in einer Viel-
     Vor dem Hintergrund der globalen Rahmenbedingungen hat                zahl von Beispielen sichtbar. Das natürliche Potenzial der Region
  
die Region Nordhessen eine besonders gute Ausgangsposition für             ermöglicht auch den weiteren massiven Ausbau in der Fläche.
eine strategische und auf Wachstum ausgerichtete Strategie auf
dem Zukunftsmarkt für dezentrale Energieversorgungssysteme.                Ein vollständiges Cluster umfasst Unternehmen in einer Re­
                                                                        gion, die „von der Idee zum Produkt“ alle Stufen der Wertschöp-
In der Region Nordhessen wurde dieses Entwicklungspotenzial früh-       fung abbilden. Dies ist in Nordhesen im Bereich der dezentralen
zeitig erkannt und mit der Gründung des deENet eine Institution ge-     Energietechnik der Fall.
schaffen, in der sich die relevanten Akteure in der Region zu einem

              Forschung &            Planung &              Produktion            Betrieb                Aus- &
              Entwicklung            Entwurf                                                             Weiterbildung

                                              Abb. 4: Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette (Mitglieder von deENet)
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