Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Verbindung mit 29 Pflanzenschutzgesetz Bericht für das Jahr 2018
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Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Verbindung mit § 29 Pflanzenschutzge- setz Bericht für das Jahr 2018 © BVL, 28. September 2020 Seite 1 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Zusammenfassung Für Notfallsituationen im Pflanzenschutz besteht nach Art. 53 der Verord- nung (EG) Nr. 1107/2009 in Verbindung mit § 29 des Pflanzenschutzge- setzes für das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicher- heit (BVL) die Möglichkeit, nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel für ei- nen begrenzten Zeitraum von 120 Tagen zuzulassen. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 73 Anträge auf Notfallzulassung für Deutschland gestellt. Von diesen Anträgen mündeten 50 Anträge in Zulas- sungen und 23 Anträge wurden abgelehnt bzw. zurückgezogen. Der über- wiegende Anteil der Anträge wurde mit 52 % für das Einsatzgebiet Obst- bau gestellt. Dieser Anteil hat sich im Vergleich zum Jahr 2017 noch ein- mal um 6 % erhöht. Damit ist der Obstbau mit einem häufig notwendigen Einsatz von Insektiziden das Einsatzgebiet, das von der Erteilung von Not- fallzulassungen aktuell am stärksten abhängig ist. Alle anderen Einsatzgebiete wie Acker-, Gemüse-, Wein-, Hopfenbau und Forst sind mit deutlich geringeren Anteilen von 16 % bis minimal 2 % der ausgesprochenen Notfallzulassungen im Jahr 2018 vertreten. Bei den Wirkungsbereichen dominierten mit 60 % die Insektizide und Aka- rizide die Notfallzulassungen im Jahr 2018. Fungizide haben einen Anteil von 22 %, Herbizide 9 %, Wachstumsregler und Bakterizide nur einen An- teil von jeweils 2 %. Auch für den ökologischen Anbau sind Notfallzulassungen von großer Be- deutung: Im Jahr 2018 wurden allein 18 % aller Anträge auf Notfallzulas- sung zur Anwendung im ökologischen Anbau gestellt. Ein Anteil von 5,6 % der Anträge auf Notfallzulassung wurden für low-risk Wirkstoffe gestellt. Der folgende Bericht führt die im Jahr 2018 erteilten Notfallzulassungen im Pflanzenschutz in den einzelnen Einsatzgebieten gegliedert nach Wir- kungsbereichen auf und gibt Erläuterungen zum fachlichen Hintergrund, zum Umfang und zur späteren Bedeutung der Zulassungen in der Praxis. BVL_FO_04_0070_000_V1.0 © BVL, 28. September 2020 Seite 2 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Kontaktadresse Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Dienstsitz Braunschweig Messeweg 11/12 38104 Braunschweig Telefon: +49 531 299-3479 Telefax: +49 531 299-3002 E-Mail: 200@bvl.bund.de Informationen über zugelassene Pflanzenschutzmittel für Notfallsituationen: www.bvl.bund.de > Arbeitsbereiche > Pflanzenschutzmittel > Aufgaben im Bereich Pflanzenschutzmit- tel > Zulassung von Pflanzenschutzmitteln > Zugelassene Pflanzenschutzmittel > Aktuelle Informatio- nen zu Pflanzenschutzmitteln > Zulassungen für Notfallsituationen Informationen zu Antragsunterlagen, Berichtsformularen und der EU-Datenbank PPPAMS: www.bvl.bund.de > Arbeitsbereich > Pflanzenschutzmittel > Für Antragsteller > Zulassungsverfahren > Formulare und Muster > Antrag auf Zulassung in Notfallsituationen (Artikel 53) Titelbilder: Oben links: Mit dem Pflaumenwickler befallene Pflaumen, Werner Dahlbender, DLR Rheinpfalz Oben rechts: Von der Kirschessigfliege befallene Kirschen, Uwe Harzer DLR Rheinpfalz BVL_FO_04_0070_000_V1.0 Unten links: Larve der Kirschfruchtfliegein einer Kirsche, Werner Dahlbender, DLR Rheinpfalz Unten rechts: Nymphen des Birnenblattsaugers auf Birnen, Uwe Harzer DLR Rheinpfalz © BVL, 28. September 2020 Seite 3 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung………………………………………………………………………………………… 5 2 Antragstellung, Berichtspflichten und Dokumentation in der EU Datenbank PPPAMS….. 5 3 Anzahl der Anträge auf Notfallzulassung sowie ihre Verteilung auf Einsatzgebiete und Wirkungsbereiche…………………………………………………………………..……... 6 4 Notfallzulassungen im Obstbau………………………………………………………………… 8 4.1 Insektizide und Akarizide………………………………..………….…………………………... 8 4.2 Fungizide………………………………….……………..…………………………………......... 10 4.3 Herbizide………………………………….……………..……………………………………….. 11 4.4 Bakterizide……………………………………………………………………………………….. 12 5 Notfallzulassungen im Ackerbau………………………………………………………………. 13 5.1 Insektizide……..………………………………………..……………………………………….. 13 5.2 Fungizide…….…………………………………………..………………………………………. 14 5.3 Herbizide………………………………………………………….………………………..…….. 15 6 Notfallzulassungen im Gemüsebau…………………………………………………..……….. 15 6.1 Insektizide und Akarizide……………………….…………………………..………………….. 15 6.2 Fungizide…………………………………………………………………………………………. 17 6.3 Herbizide………………………………….……………………..……………………………….. 17 7 Notfallzulassungen im Weinbau……………………………………………………………….. 18 7.1 Insektizide…….……………………………………………………………..…………………… 18 7.2 Fungizide………………………………………….………………………..……………………. 19 7.3 Herbizide………..……………………………………….…………………..…………………… 20 7.4 Wachstumsregler..………………………………………………………………………………. 20 8 Notfallzulassungen im Hopfenbau…………………………………………………………….. 21 8.1 Herbizide………….…………………………………………………..………........................... 21 9 Notfallzulassungen im Forst……………………………………………………………………. 21 9.1 Insektizide………………………………………………………………………………………... 21 10 Notfallzulassungen mit besonderer Bedeutung für den ökologischen Anbau………......... 22 11 Notfallzulassungen für Pflanzenschutzmittel mit low-risk Wirkstoffen . 24 12 Abgelehnte oder zurückgezogene Anträge auf Notfallzulassung………………………….. 25 13 Notfallzulassungen in anderen Mitgliedstaaten der EU….……………………..…………… 27 BVL_FO_04_0070_000_V1.0 14 Fazit und Ausblick……………………………………………………………………………….. 27 © BVL, 28. September 2020 Seite 4 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 1 Einführung Wenn zur Bekämpfung von Schadorganismen keine regulär zugelassenen Pflanzenschutzmittel oder anderen Verfahren und Methoden verfügbar sind, kann zum Schutz der Kulturpflanze im Rahmen ei- nes Antrages auf Notfallzulassung nach Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Verbindung mit § 29 des Pflanzenschutzgesetzes ein für die entsprechende Indikation nicht zugelassenes Pflan- zenschutzmittel vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als Aus- nahme für einen begrenzten Zeitraum von maximal 120 Tagen zugelassen werden. Diese befristeten Zulassungen stellen eine wichtige Möglichkeit dar, kurzfristig auf Probleme sowie neu aufkommende Schadorganismen im Pflanzenschutz reagieren zu können, für die keine anderen Lösungen oder Bekämpfungsalternativen zur Verfügung stehen. Notfallzulassungen dienen damit vor- nehmlich dem Schutz der Kulturpflanze und können damit in schwierigen landwirtschaftlichen Situatio- nen Erträge sichern oder überhaupt erst ermöglichen. Die erteilten Notfallzulassungen sind damit ein Indikator für aktuell bestehende landwirtschaftliche Probleme: Wenn veränderte klimatische Bedingun- gen eine besonders schnelle Ausbreitung von Wärme liebenden Schadorganismen fördern oder Re- sistenzen von Schadorganismen die Wirksamkeit von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln drastisch verringern oder wenn Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln aufgrund einer nicht weiter bestehen- den Genehmigung des Wirkstoffes wegfallen, kann diesen Problemen nicht immer mit den zur Verfü- gung stehenden Möglichkeiten adäquat und schnell begegnet werden. In diesen Situationen stellen Notfallzulassungen oft die einzige Möglichkeit dar, schnell ein geeignetes Pflanzenschutzmittel für die entsprechende Anwendung zur Verfügung zu stellen. Dabei ist zu beachten, dass Artikel 53 neben einem Ausnahmetatbestand auch eine Ermessensnorm ist: Es besteht kein Anspruch auf die Erteilung einer Zulassung, sondern nur ein Anspruch auf ermes- sensfehlerfreie Entscheidung. Im Rahmen des Ermessens ist daher zu prüfen, ob die Notfallzulas- sung des Pflanzenschutzmittels vertretbar erscheint. Der bei der Anwendung gegebene Nutzen ist da- bei den Auswirkungen des Einsatzes im Gesundheits- und Umweltbereich gegenüberzustellen. Damit der Ausnahmecharakter dieser Zulassungen erhalten bleibt, ist die Anzahl der Notfallzulassungen auf das absolut notwendige Maß zu begrenzen. Dabei hat der Schutz der Kulturpflanze oberste Priorität. In diesem Bericht wird die Situation der Notfallzulassungen nach Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 für Deutschland im Jahr 2018 detailliert beschrieben und mit der Situation in den vorausge- gangenen Jahren verglichen. 2 Antragstellung, Berichtspflichten und Dokumentation in der EU Datenbank PPPAMS Auf das Verfahren zur Beantragung einer Notfallzulassung nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Verbindung mit § 29 des Pflanzenschutzgesetzes und den damit verbundenen Berichts- und Dokumentationspflichten der Antragsteller wurde unter Punkt 2 des Jahresberichtes 2017 aus- führlich eingegangen. Das Verfahren und die damit verbundenen Vorgaben zur Einreichung der Zulas- sungsberichte und zur Dokumentation der Anträge auf Notfallzulassung in der EU Datenbank PPPAMS haben sich im Jahr 2018 nicht geändert. Die Dokumente zur Antragstellung werden auf der Homepage des BVL unter www.bvl.bund.de > Ar- beitsbereiche > Pflanzenschutzmittel > Antragsteller > Zulassungsverfahren > Formulare und Muster > Antrag auf Zulassung in Notfallsituationen (Artikel 53) zur Verfügung gestellt. Dort findet sich auch BVL_FO_04_0070_000_V1.0 die Vorlage für die Berichte zur Zulassung und die Anleitungen zur Anmeldung und Eingabe der An- träge auf Notfallzulassung in die EU Datenbank PPPAMS. © BVL, 28. September 2020 Seite 5 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Die Antragsteller haben nach Ablauf der Notfallzulassung die Pflicht einen detaillierten Bericht über die Anwendung des Pflanzenschutzmittels in der Praxis zu erstellen. Aus diesen Berichten gehen die speziellen Bedingungen der jeweiligen Zulassung (Witterungsbedingungen, Verlauf des Befalls, be- troffene Fläche, angewendete Mittelmenge) hervor. In der Regel werden diese Berichte durch die Zu- lassungsinhaber pünktlich und mit einer guten Qualität erstellt. In einzelnen Fällen kam es im Jahr 2018 zu Verzögerungen bei der Abgabe der Berichte. Insgesamt sind diese Berichte ein hilfreiches Mittel um im Nachhinein die Umsetzung und die Bedeutung der Notfallzulassungen in der Praxis ein- schätzen zu können. 3 Anzahl der Anträge auf Notfallzulassung sowie ihre Verteilung auf Einsatzgebiete und Wirkungsbereiche im Jahr 2018 Im Vergleich zum Jahr 2017 mit 65 Anträgen auf Notfallzulassung hat sich die Anzahl der Anträge im Jahr 2018 mit 73 leicht erhöht, liegt aber im langjährigen Vergleich der Antragszahlen seit 2014 immer noch in einem für diese Antragsart üblichen Bereich (Abb. 1). Während sich die Anzahl der zugelasse- nen Anträge von 2017 und 2018 mit 50 (68 % der eingegangenen Anträge) nicht unterscheidet, hat die Anzahl der Ablehnungen in 2018 mit 23 Anträgen (31 %) im Vergleich zu 2017 mit 15 Anträgen (23 %) leicht erhöht. Anzahl der Anträge auf Notfallzulassung 90 77 80 72 73 70 65 62 Anzahl der Anträge 60 53 50 50 50 50 41 40 30 22 24 23 21 20 15 10 0 2014 2015 2016 2017 2018 Anträge gesamt zugelassen abgelehnt / zurückgezogen Abb. 1: Anzahl der Anträge auf Notfallzulassung im Zeitraum von 2014 bis 2018 mit Angaben zu zuge- lassenen und abgelehnten bzw. zurückgezogenen Anträgen. Die Verteilung der Notfallzulassungen auf die unterschiedlichen Einsatzgebiete im Pflanzenschutz sind auch im Jahr 2018 unterschiedlich (Abb.2): Für den Einsatz im Obstbau wurden 2018 52 % aller Notfallzulassungen ausgesprochen. Der Anteil hat sich damit im Vergleich zum Jahr 2017 mit 46 % noch einmal um 6 % erhöht. Dies zeigt, dass er- teilte Notfallzulassungen besonders für den Obstbau von großer Bedeutung sind. Alle anderen Ein- satzbereiche wie Acker-, Gemüse-, Wein-, und Hopfenbau sind mit deutlich geringeren Anteilen ver- BVL_FO_04_0070_000_V1.0 treten. Für das Einsatzgebiet des Ackerbaus wurde 2018 ein Rückgang im Vergleich zu 2017 beo- bachtet. Der Anteil verringerte sich hier von 22 % auf 16 %. Die Einsatzgebiete Gemüse- und Wein- bau haben sich in ihren Anteilen zwischen 2017 und 2018 kaum verändert. Im Gegensatz zum Jahr 2017 kam bei den Einsatzgebieten mit den geringsten Anteilen neben dem Hopfenbau auch der Forst mit 2 % der Anträge auf Notfallzulassung dazu. © BVL, 28. September 2020 Seite 6 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Ebenso wie im Jahr 2017 zeigten sich auch im Jahr 2018 deutliche Unterschiede in den Wirkungsbe- reichen der über Notfallzulassungen verfügbaren Pflanzenschutzmittel. Mit 60 % der zugelassenen Pflanzenschutzmittel sind nach wir vor die Insektizide (mit Akariziden) die dominierende Gruppe, ge- folgt von den Fungiziden mit einem Anteil von 22 %, den Herbiziden mit 16 % und den Wachstums- reglern sowie den Bakteriziden mit einem Anteil von jeweils 2 %. Während sich die Anteile der Insekti- zide und Akarizide an den Notfallzulassungen im Vergleich zum Jahr 2017 nur geringfügig verändert haben, hat sich der Anteil der Herbizide von 8 % in 2017 auf 14 % in 2018 erhöht. Da 2018 keine An- träge für Virizide vorlagen, gehen die restlichen 4 % der Wirkungsbereiche an die Bakterizide und Wachstumsregler. Bei Betrachtung der Anteile der Wirkungsbereiche im Jahr 2018 wird deutlich, dass in der Praxis für Insektizide / Akarizide Notfallzulassungen eine wichtige Rolle spielen, um diese Mittel zur Bekämpfung von Schadorganismen zur Verfügung zu stellen. Notfallzulassungen 2017 Notfallzulassungen 2018 nach Einsatzgebieten nach Einsatzgebieten 4% 2% 2% 16% 14% 46% 12% 14% 52% 22% 16% Obstbau Akerbau Obstbau Ackerbau Gemüsebau Weinbau Gemüsebau Weinbau Hopfenbau Hopfenbau Forst Notfallzulassungen 2017 Notfallzulassungen 2018 nach Wirkungsbereichen nach Wirkungsbereichen 2% 2% 2% 2% 8% 26% 14% 22% 62% 60% Fungizide Insektizide / Akarizide Fungizide Insektizide / Akarizide Herbizide Virizide Herbizide Wachstumsregler Wachstumsregler Bakterizide BVL_FO_04_0070_000_V1.0 Abb. 2: Anteil der unterschiedlichen Einsatzgebiete und Wirkungsbereiche an den Notfallzulassungen der Jahre 2017 und 2018. © BVL, 28. September 2020 Seite 7 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 4 Notfallzulassungen im Obstbau 4.1 Insektizide und Akarizide Insgesamt wurden im Jahr 2018 19 Notfallzulassungen für Insektizide und Akarizide im Obstbau erteilt (Tab. 1). Mit sieben Notfallzulassungen steht der Schadorganismus Kirschessigfliege in diesem Ein- satzgebiet besonders im Focus der Bekämpfung. Auch wenn in der letzten Zeit mehrere reguläre Zu- lassungen zur Bekämpfung der Kirschessigfliege im Obstbau erteilt wurden, reicht diese bessere Ver- fügbarkeit der Pflanzenschutzmittel noch nicht für eine nachhaltige Bekämpfung der Kirschessigfliege aus. Die Vermeidung von Resistenzen der Kirschessigfliege durch die Verfügbarkeit unterschiedlicher Wir- kungsmechanismen spielt bei der Erteilung der Notfallzulassungen hier eine besonders wichtige Rolle. Besonders dem Wirkstoff Cyantraniliprole kommt in dieser Beziehung eine hohe Bedeutung für einige Kulturen zu. Mit seinem sich zu anderen zugelassenen Mitteln unterscheidenden Wirkmechanismus spielt er eine wichtige Rolle im Rahmen des vorbeugenden Resistenzmanagements: Eine alternie- rende Anwendung der damit zur Verfügung stehenden Wirkungsmechanismen beugt einer schnellen Resistenzentwicklung der Kirschessigfliege vor und sichert daher eine nachhaltige Bekämpfung die- ses Schadorganismus. Für Kirschen ist neben der Kirschessigfliege auch die Kirschfruchtfliege ein re- levanter Schadorganismus, für dessen Bekämpfung keine ausreichenden Möglichkeiten in Form von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln zur Verfügung stehen. Eine besondere Rolle spielt die Ausprägung einer Resistenz gegen bestehende Granulosevirus Iso- late auch bei der Notfallzulassung für das Mittel ABC-V14 gegen den Apfelwickler in Apfel. Diese Zu- lassung wurde ausschließlich zur Bekämpfung von resistenzgefährdeten Populationen ausgespro- chen, die mit anderen Cydia pomonella-Granulosevirus Isolaten aktuell nicht mehr bekämpft werden können. Für viele andere Schadorganismen im Obstbau bestehen zurzeit nur reguläre Zulassungen von Pflan- zenschutzmitteln, die entweder in ihrer allgemeinen Wirksamkeit (Mittel auf Basis von Kaliseife, Az- adirachtin oder Pheromone zum Einsatz im Rahmen einer Verwirrmethode) oder in der Wirkung auf bestimmte Stadien des Schadorganismus eingeschränkt sind. Eine sichere und nachhaltige Bekämp- fung wird damit erst über Insektizide möglich, die per Notfallzulassung zur Verfügung gestellt wurden. Zu diesen Schadorganismen zählen die Apfelblutlaus, die Grüne Futterwanze, der Birnenblattsauger, der Pflaumenwickler und die Erdbeermilbe. Die schwer bekämpfbaren, invasiven Schildläuse wie die Maulbeerschildlaus und die Rote Austernför- mige Schildlaus verbreitet sich aktuell besonders in den wärmeren Regionen Deutschlands aufgrund der klimatischen Veränderungen schnell. Ein massiver Befall führt zum Absterben der befallenen Pflanzen. Eine Bekämpfung dieses Schadorganismus ist mit zugelassenen Insektiziden nur einge- schränkt möglich. Da das Mittel Movento SC 100 eine gute Wirkung gegen erwachsene Tiere und Lar- ven hat, und sich diese gute Wirksamkeit auch im Rahmen von Freilandversuchen bestätigte, ist es zur Bekämpfung dieser invasiven Schildlaus-Arten in Johannis- und Stachelbeere, Kirsche, Pflaume, Zwetsche, Mirabelle und Pfirsich besonders gut geeignet und wurde daher im Rahmen einer Notfallzu- lassung zur Verfügung gestellt. Die Rotbeinige Baumwanze und die Grüne Reiswanze sind fruchtschädigende Wanzen und können bei einem entsprechenden Auftreten 70 % der Früchte so schädigen, dass sie nicht mehr vermarktet werden können. Derzeit sind in Deutschland keine ausreichend wirksamen Mittel gegen diese Wan- zenarten zugelassen. Da eine Regulierung der Wanzenpopulation durch natürliche Gegenspieler nicht BVL_FO_04_0070_000_V1.0 möglich ist, bleibt als einzige Möglichkeit der Kontrolle ein Einsatz des wirksamen Pyrethroids Karate Zeon. Bei niedrigen Temperaturen sind die vielfach im ökologischen Anbau eingesetzten Bacillus thuringiensis-Präparate nicht ausreichend wirksam. Daher wurde speziell für den ökologischen Anbau © BVL, 28. September 2020 Seite 8 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 von johannisbeerartigem Beerenobst (siehe auch Punkt 10) eine Notfallzulassung für das Mittel Spruzit Neu mit den Wirkstoffen Pyrethrine und Rapsöl beantragt. Das Mittel ist aktuell nicht regulär zugelassen und kann daher nur über eine Notfallzulassung zur Verfügung gestellt werden. Auch zur Bekämpfung des Apfelblütenstechers gibt es im ökologischen Anbau keine anderen Mittel, die über eine ausreichende Wirksamkeit verfügen. Spruzit Neu wurde daher auch zur Bekämpfung dieses Schadorganismus zugelassen. Der Birnenblattsauger ist der wirtschaftlich bedeutendste Schädling im Birnen-Anbau. Ein massiver Befall führt zu starken Fruchtverschmutzungen, einem geringeren Blütenansatz sowie einem schwä- cheren Triebwachstum der Bäume. Die Wirkung von Movento SC 100 erfasst vor allem die jungen Larvenstadien, während das ebenfalls als Notfallzulassung verfügbare Vertimec Pro vor allem eine gute Wirkung auf ältere Larvenstadien hat. Beide Mittel werden daher im Rahmen einer kombinierten Bekämpfungsstrategie eingesetzt: Vertimec Pro nach der Blüte gegen den vorhandenen Larvenbesatz und später Movento 100 SC für einen dauerhaften Schutz der Bäume vor Wiederbesiedlung durch den Birnenblattsauger. Tab. 1: Notfallzulassungen für Insektizide im Obstbau 2018 Mittel Wirkstoff Kultur Schadorganismus Menge und Antrag- Zeitraum Fläche steller ABC-V14 Cydia pomo- Kernobst Apfelwickler 200 Liter Andermatt 02.05. - nella-Granulo- 200 ha Biocontrol 29.08.2018 sevirus isolate AG V14 Exirel Cyantraniliprole Kirschen Kirschessigfliege, 11.000 Liter Fachgruppe 14.05. - Kirschfruchtfliege 5.500 ha Obstbau 10.09.2018 Exirel Cyantraniliprole Pflaume, Zwet- Kirschessigfliege 4.500 Liter Fachgruppe 15.06. - sche, Reneklode, 3.000 ha Obstbau 12.10.2018 Mirabelle Exirel Cyantraniliprole Johannis-, Stachel- Kirschessigfliege 2.250 Liter Fachgruppe 01.06. - und Heidelbeere 1.500 ha Obstbau 28.09.2018 Insegar Fenoxycarb Pflaume, Zwet- Pflaumenwickler 3.600 kg Fachgruppe 15.05. - sche, Mirabelle 3.000 ha Obstbau 11.09.2018 Karate Lambda- Apfel Grüne Futterwanze 22,5 Liter LWK Nieder- 01.04. - Zeon Cyhalothrin 300 ha sachsen 31.05.2018 Karate Lambda- Johannisbeerarti- Kirschessigfliege 120 Liter Fachgruppe 08.06. - Zeon Cyhalothrin ges Beerenobst, 1.600 ha Obstbau 05.10.2018 Heidelbeerarten, Holunder Karate Lambda- Himbeerartiges Kirschessigfliege 112,5 Liter Fachgruppe 15.06. - Zeon Cyhalothrin Beerenobst 1.500 ha Obstbau 12.10.2018 Karate Lambda- Birne Rotbeinige Baum- 45 Liter Fachgruppe 01.03. - Zeon Cyhalothrin wanze, Grüne 600 ha Obstbau 28.06.2018 Reiswanze Movento Spirotetramat Erdbeere Erdbeermilbe 7.250 Liter Fachgruppe 22.08. - SC 100 4.650 ha Obstbau 19.12.2018 Movento Spirotetramat Apfel Apfelblutlaus 11.250 Liter Fachgruppe 18.04. - SC 100 2.500 ha Obstbau 15.08.2018 Movento Spirotetramat Birne Birnenblattsauger 6.750 Liter Fachgruppe 20.04. - SC 100 1.500 ha Obstbau 17.08.2018 Movento Spirotetramat Johannis- und Maulbeerschildlaus 450 Liter Fachgruppe 15.06. - BVL_FO_04_0070_000_V1.0 SC 100 Stachelbeere 300 ha Obstbau 12.10.2018 Movento Spirotetramat Kirsche, Pflaume, Maulbeerschild- 2.250 Liter Fachgruppe 01.05. - SC 100 Zwetsche, Mira- laus, Rote Austern- 500 ha Obstbau 28.08.2018 belle, Pfirsich schildlaus © BVL, 28. September 2020 Seite 9 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Fortsetzung Tab. 1 Mittel Wirkstoff Kultur Schadorganismus Menge und Antrag- Zeitraum Fläche steller SpinTor Spinosad Kirschen, Pfirsich, Kirschessigfliege Kirschen: Fachgruppe Kirschen: Aprikose, Pflaume, 5.900 Liter Obstbau 01.05. - Zwetsche, Mira- 5.500 ha, 28.08.2018 belle, Reneklode Pfirsich, 4.352 ha Aprikose: andere Kul- 01.06. - turen 28.09.2018 andere Kul- turen: 15.06. - 12.10.2018 SpinTor Spinosad Erdbeere Kirschessigfliege 3.800 Liter Fachgruppe 15.06. - 9.500 ha Obstbau 12.10.2018 Spruzit Rapsöl, Johannis- , Sta- Freifressende 300 Liter Neudorff 11.04. - Neu Pyrethrine chel-, Josta- , Ho- Schmetterlings- 15 ha GmbH 08.08.2018 lunder-, Preisel-, raupen Els- und Heidel- beere, Hagebutte, Sand- und Weiß- dorn Spruzit Rapsöl, Apfel Apfelblütenstecher 2.600 Liter Neudorff 15.02. - Neu Pyrethrine 300 ha GmbH 14.06.2018 Vertimec Abamectin Birne Birnenblattsauger 500 Liter Fachgruppe 20.04. - Pro 650 ha Obstbau 17.08.2018 Aufgrund der zu den jeweiligen Zulassungen abgegebenen Berichte zur Situation der Notfallzulassun- gen in der Praxis wird auch für das Jahr 2018 deutlich, dass die angewendete Mittelmenge in der Pra- xis oft deutlich unter der beantragten und zugelassenen Mittelmenge bleibt. Die im Rahmen der Zulas- sungsberichte abgefragten Informationen zur Anwendung des Mittels in der Praxis sind oft hilfreich und auch zur Beurteilung von kommenden Anträgen in dieser Indikation gut geeignet. Ebenfalls wird durch diese Zulassungsberichte dokumentiert, dass im Rahmen der Notfallzulassungen von Insektizi- den im Obstbau keine ungewollten Auswirkungen auf die Gesundheit von Anwendern oder anderen Personen sowie auf die Umwelt zu beobachten waren. 4.2 Fungizide Im Jahr 2018 wurden insgesamt drei Notfallzulassungen für fungizide Mittel im Obstbau ausgespro- chen (Tabelle 2). Diese Anträge dienten vor allem der Bekämpfung von Monilinia spp. im Steinobst und zur Bekämpfung der Blattfall-, Regenflecken-, Fliegenschmutzkrankheit und Venturia spp.im Kernobst. Im Gegensatz zum Vorjahr hat sich die Zahl der Notfallzulassungen in diesem Bereich von sechs auf drei deutlich verringert. Im Fall der Monilinia-Triebspitzendürre und der Fruchtmonilinia steht vor allem für den ökologischen Anbau für Steinobstkulturen kein anderes Mittel zur Verfügung. Das zugelassene Mittel Botector mit dem Mikroorganismus Aureobasidium pullulans wirkt als mikrobieller Antagonist und kann auch bei bestehenden Resistenzen gegen andere Fungizide außerhalb des ökologischen Anbaus gut einge- setzt werden. BVL_FO_04_0070_000_V1.0 Der Pilz Marssonina coronaria verursacht Blattflecken, die zu vorzeitigem Blattfall und Fruchtschäden führen. Die Erkrankung tritt in den letzten Jahren verstärkt vor allem im ökologischen Obstanbau und im Streuobstanbau auf. Die Erreger der Regenfleckenkrankheit, auch Fliegenschmutzkrankheit ge- nannt, treten vor allem bei feuchten Witterungsverhältnissen auf. Starker Befall reduziert den Ertrag © BVL, 28. September 2020 Seite 10 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 insgesamt durch vorzeitigen Blattfall und Fruchtschäden; besonders die Erzeugung von Tafelobst wird erheblich beeinträchtigt. Der Obst-Schorf verursacht durch Venturia spp. ist eine der wichtigsten Krankheiten in Kernobst im integrierten sowie im ökologischen Anbau. Der Erreger tritt besonders bei feuchten Witterungsbedingungen in Frühjahr auf und kann zu erheblichen qualitativen und quantitati- ven Einbußen der Ernte führen. Alternative Mittel, die eine hinreichende Bekämpfung in diesen Indika- tionen gewährleisten, stehen nur im konventionellen Anbau, nicht aber im ökologischen Anbau zur Verfügung. Daher wurde das Mittel Curatio in diesen Indikationen als Notfallzulassung besonders für den ökologischen Kernost-Anbau zugelassen. Tab. 2: Notfallzulassungen für Fungizide im Obstbau 2018 Mittel Wirkstoff Kultur Schadorganismus Menge und Antrag- Zeitraum Fläche steller Botector Aureobasidium Steinobst Monilinia laxa, Mo- 6.600 kg bio-ferm 01.04. - pullulans DSM nilinia fructigena, 733 ha GmbH 29.06.2018 14940 u.14941 Monilinia fructicola Curatio Schwefelkalk- Kernobst Blatfall-, Regenfle- 63.000 Liter Biofa AG 08.08. - brühe cken-, Fliegen- 1.500 ha 05.12.2018 schmutzkrankheit Curatio Schwefelkalk- Kernobst Venturia spp. 1.116.000 L Biofa AG 28.03. - brühe 6.000 ha 25.07.2018 Aufgrund des überdurchschnittlich warmen und trockenen Frühjahrs und des sehr trockenen und heißen Sommers im Jahr 2018 kam es im ganzen Bundesgebiet zu keinen nennenswerten Infektionsbedingungen für Monilinia spp. Daher wurde das Mittel Botector nur vereinzelt und in sehr geringen Mengen ausgebracht. Ausgeprägte nasse Witterungslagen mit überregionalem Charakter gab es 2018 nur wenige. So verursachten hauptsächlich regionale und lokale Gewitter mit Schauern und starken Niederschlägen relevante Infektionsbedingungen bei Marssonina bzw. bei der Regenfleckenkrankheit / Fliegenschmutzkrankheit. So musste fast ausschließlich in den Regionen Bodensee und an der Niederelbe und dort auch nur regional und lokal Infektionen mit der Blattfallkrankheit Marssonia coronaria sowie der Regenfleckenkrankheit / Fliegenschmutzkrankheit bekämpft werden. In anderen Hauptanbaugebieten kann von einem geringen Infektionsdruck ausgegangen werden. Daher wurden auch nur rund 15 % der zugelassenen Menge des Mittels Curatio zur Bekämpfung im Rahmen der Blatfall-, Regenflecken- und Fliegenschmutzkrankheit eingesetzt. Die besonderen Witterungsbedingungen im Jahr 2018 führten zu einem eher zurückhaltenden Einsatz von Belagsfungiziden wie Curatio. Bei überraschenden lokalen Regenereignissen wurde allerdings eine kurative Behandlung des Schorfes notwendig. Lokal war die Witterung stärker mit einzelnen Re- genereignissen durchsetzt, so dass es hier häufiger zu Schorfinfektionen kam. In den meisten Haupt- anbaugebieten von Kernobst kann aber von einer normalen bis geringen Schorfsaison ausgegangen werden. Die zur Bekämpfung von Venturia spp. zugelassenen Mittelmengen wurden nur zu ca. 30 % ausgeschöpft. 4.3 Herbizide Im Jahr 2018 wurden für den Obstbau drei Notfallzulassungen zur Anwendung von Herbiziden ausge- sprochen (Tab. 3). Alle drei Notfallzulassungen betreffen Mittel mit dem Wirkstoff Pelargonsäure und BVL_FO_04_0070_000_V1.0 wurden zur Bekämpfung von Wurzelschossern und Stammausschlägen beantragt, für die keine Be- kämpfungsmöglichkeit durch zugelassene Herbizide zur Verfügung steht. Daher müssen Wur- zelschosser unter hohem Aufwand von Hand ausgeschnitten werden. Eine mechanische Entfernung © BVL, 28. September 2020 Seite 11 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 der Wurzelschosser erhöht die Gefahr einer Stammbeschädigung und kann dadurch zu weiteren In- fektionen durch andere Schaderreger wie Obstbaumkrebs oder Feuerbrand führen. Durch eine chemi- sche Bekämpfung der Wurzelschosser wird diese mechanische Beschädigung der Stämme beim Aus- schneiden der Schosser von Hand vermieden und weitere Folgeinfektionen eingedämmt. Tab. 3: Notfallzulassungen für Herbizide im Obstbau 2018 Mittel Wirkstoff Kultur Schadorganismus Menge und Antragstel- Zeitraum Fläche ler Beloukha Pelargonsäure Steinobst Abtötung 10.000 Liter Belchim Crop 01.06. - Wurzelschosser 312 ha Protection 28.09.2018 NV/SA Beloukha Pelargonsäure Kernobst Abtötung 20.000 Liter Belchim Crop 05.06. - Wurzelschosser 625 ha Protection 03.10.2018 NV/SA Finalsan Pelargonsäure Kern- und Abtötung 32.500 Liter Neudorff 01.06. - Steinobst Wurzelschosser, GmbH 28.09.2018 Stammausschläge Da die Witterung keinen direkten Einfluss auf das Wachstum der Wurzelschosser hat, wachsen diese das ganze Jahr über. Die große Trockenheit im Sommer 2018 verursachte allerdings eine dicke Wachsschicht und eine sehr schnelle Verholzung der Wurzelschosser, welches die Bekämpfung der Stockaustriebe deutlich erschwerte. Die Wirksamkeit der durchgeführten Behandlungen gegen Wurzelschosser lagen bei 80 bis 100 %. In Bezug auf die Wirksamkeit ist eine gute Benetzung der Wurzelschosser ausschlaggegebend für den Erfolg der Maßnahme. 4.4 Bakterizide Das Mittel LMA hat eine bakterizide Wirkung auf den Erreger des Feuerbrandes Erwinia amylovora im Kernobst. Der bakterielle Erreger spielt in Deutschland vor allem im Süd- und Mitteldeutschen Raum eine wichtige Rolle im Kernobst-Anbau. Vereinzelte Feuerbrandschäden sind aber auch aus Mecklen- burg-Vorpommern und Niedersachsen bekannt. Erwinia amylovora befällt neben Kernobst viele Ge- hölze aus der Familie der Rosaceae. Die Ausbreitung erfolgt passiv über Luftpartikel und Vektoren (In- sekten, Vögel, Menschen). Besonders nach Hagelschlag entstehen durch die Wunden Eintrittspforten für den Erreger, die die Infektionsbedingungen verbessern. Optimale Infektionsbedingungen liegen bei mehr als 20 °C mit hoher Feuchtigkeit. Deshalb sind vor allem die südlichen Gebiete in Deutschland von Feuerbrandinfektionen stärker betroffen. Tab. 4 Bakterizide im Obstbau 2018 Mittel Wirkstoff Kultur Schadorganismus Menge und Antragstel- Zeitraum Fläche ler LMA Aluminium- Kernobst Feuerbrand 260.000 kg Fachgruppe 01.04. - kaliumsulfat Obstbau 29.07.2018 Der Bericht zur Zulassung führt an, dass im Jahr 2018 nur wenige Befalls-Meldungen für Feuerbrand zu verzeichnen gewesen waren: Das Frühjahr war in einigen Regionen sehr kühl und erst zum Ende der Blüte kamen Infektionsbedingungen zustande. Im wärmeren Rheingraben und am Bodensee tra- ten allerdings bereits kurz vor der Vollblüte optimale Bedingungen für Feuerbrandinfektionen auf. Ent- BVL_FO_04_0070_000_V1.0 sprechende Warnungen und Aufrufe erfolgten durch den Pflanzenschutzdienst. Von den insgesamt zugelassenen 260 Tonnen wurden daher auch nur 53,4 Tonnen zur Feuerbrandbekämpfung in 2018 eingesetzt. © BVL, 28. September 2020 Seite 12 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 5 Notfallzulassungen im Ackerbau 5.1 Insektizide Auch im Jahr 2018 wurden Notfallzulassungen für Insektizide im Ackerbau nur für die Kulturen Kartof- fel, Mais und Raps benötigt. Für die Kartoffel steht dabei die Bekämpfung von Drahtwürmern und dem Kartoffelkäfer im Focus. Zur Bekämpfung von Drahtwürmern bestehen aktuell in Deutschland keine Zulassungen für Pflanzenschutzmittel. Alternative Bekämpfungsverfahren sind ebenfalls nicht vorhan- den. Daher stellt die Notfallzulassung für das Mittel ATTRACAP mit dem biologischen Wirkstoff Meta- rihizium brunneum zurzeit die einzige Möglichkeit dar, diese Schadorganismen auch im ökologischen Anbau kontrollieren zu können. Bedingt durch hohe Temperaturen und eine teilweise anhaltende Trockenheit konnten sich Kartoffel- käferpopulationen auch im Jahr 2018 gut entwickeln. Besonders der Fraß der zweiten Larvengenera- tion bedrohte den Kartoffelertrag vor allem im ökologischen Anbau, da dort aufgrund von Resistenzen des Kartoffelkäfers gegen Pyrethrine kaum Bekämpfungsalternativen bestehen. Da das Mittel NeemA- zal-TS mit dem Wirkstoff Azadirachtin bereits in dieser Indikation regulär zugelassen ist, war im Rah- men der Notfallzulassung lediglich eine Erhöhung der Anwendungszahl für eine sichere und nachhal- tige Bekämpfung notwendig. In der Produktion von Saatmais tritt eine Schädigung der Pflanzen vor allem durch Drahtwürmer auf. Diese schädigen die Pflanze durch Wurzelfraß und können sogar in die Wurzel oder in junge Pflanzen eindringen. Dies führt zu einem verminderten Wachstum der Pflanzen bis hin zu einem möglichen To- talausfall. Zur Bekämpfung von Drahtwürmern im Saatmaisanbau bestehen wie in der Kartoffel auch aktuell keine Zulassungen. Daher ist in diesem Bereich einer besonders hohen Wertschöpfung eine Notfallzulassung für das insektizide Granulat Trika Expert notwendig, um Drahtwürmer effektiv be- kämpfen zu können. Blattläuse schädigen den Raps im Herbst durch Saugtätigkeit und zusätzlich durch die Übertragung des Wasserrübenvergilbungsvirus (TuYV), das zu den wichtigen Pathogenen von verschiedenen Kul- turpflanzen gehört. Da dieses Virus ausschließlich von Blattläusen übertragen und verbreitet wird, kann es besonders in Jahren mit hohem Blattlausvorkommen zu erheblichen Ertragseinbußen in der Landwirtschaft führen. In der Vergangenheit wurden Blattläuse in einem jungen Rapsbestand durch die insektizide Saatgut-Beizung mit Neonikotinoiden kontrolliert. Diese Maßnahme ist aufgrund des EU-weiten Verbotes der Neonikitinoide in dieser Anwendung nicht mehr verfügbar. Aufgrund der vor- handenen Resistenzen der Blattlaus Myzus persicae können zugelassene Pyrethroide und deren Ne- benwirkungen gegen beißende Insekten nicht immer für eine sichere Bekämpfung der virusübertra- genden Blattläuse genutzt werden. Daher sind Mittel mit einem anderen Wirkungsmechanismus, wie ihn der Wirkstoff Thiacloprid besitzt, eine sinnvolle Ergänzung zur Bekämpfung dieser Schaderreger. BVL_FO_04_0070_000_V1.0 © BVL, 28. September 2020 Seite 13 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Tab. 5: Notfallzulassungen für Insektizide im Ackerbau 2018 Mittel Wirkstoff Kultur Schadorganismus Menge und Antrag- Zeitraum Fläche steller ATTRACAP Metarihizium Kartoffel Drahtwurm 210 Tonnen Biocare Ge- 15.02. - brunneum 7.000 ha sellschaft für 15.06.2018 Stamm Cb15-III Biologische Schutzmittel mbH NeemAzal- Azadirachtin Kartoffel Kartoffelkäfer 5.000 Liter Trifolio-M 27.07. - T/S 1.000 ha GmbH 23.11.2018 Trika Expert Lambda- Saatmais Drahtwürmer 52.650 kg Sumi Agro 15.04. - Cyhalothrin 3.510 ha Ltd. 12.08.2018 Biscaya Thiacloprid Raps Blattläuse als 7.500 Liter Bayer 10.09.2018 Virusvektoren 25.000 ha CropScience - Deutschland 07.01.2019 GmbH 5.2 Fungizide Für Fungizide wurde im Ackerbau im Jahr 2018 vier Notfallzulassungen für zwei Kulturen erteilt: Zu- ckerrübe und Ölkürbis. Die Späte Rübenfäule Rhizoctonia solani hat besonders in den südbayerischen Rübenanbaugebieten in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Bekämpfung ist mit acker- und pflan- zenbaulichen Maßnahmen aktuell nicht zufriedenstellend zu lösen. Eine chemische Bekämpfung die- ser Krankheit ist nicht verfügbar. Es existiert in Deutschland kein zugelassenes Präparat gegen die Späte Rübenfäule. Alternative Verfahren zur Bekämpfung von Rhizoctonia solani über einen Frucht- wechsel stehen nur sehr begrenzt zur Verfügung. Daher kann nur durch den Einsatz des fungiziden Wirkstoffes Azoxystrobin eine Reduzierung der Späten Rübenfäule erreicht werden. Aufgrund einer voranschreitenden Triazol- und Strobilurin-Resistenz des Erregers Cercospora beticola der Blattfleckenkrankheit der Zuckerrübe sind die zugelassenen Fungizide in ihrer Wirkung einge- schränkt. Da keine anderen Wirkungsmechanismen für ein geeignetes Resistenzmanagement zur Verfügung stehen wird in den nächsten Jahren mit einer Ausbreitung der Resistenz gerechnet. Der Einsatz von Kupferpräparaten kann hier für eine zufriedenstellende Bekämpfung des Erregers be- sonders in Resistenzgebieten sorgen. Ein verstärkter Einsatz von Kupferpräparaten in Kulturen mit einem hohen Flächenanteil widerspricht allerdings der allgemeinen Kupferminimierungsstrategie. Da- her wurde die Zulassung für Funguran progress wie im Vorjahr auch auf eine deutlich geringere Menge als beantragt begrenzt. Ölkürbissaat ist aufgrund der dünnen Schale besonders anfällig für Auflaufkrankheiten durch boden- bürtige, pilzliche Schaderreger. Ein Anbau von Ölkürbissen auch in der ökologischen Produktion ist vor allem im Süden Deutschlands vorhanden. Für diese Region ist die Verwendung von fungizid ge- beiztem Saatgut wichtig. Da in Österreich Notfallzulassungen für fungizide Saatgutbehandlungsmittel zur Beizung von Ölkürbissaatgut vorhanden waren, darf nach aktueller Rechtsauffassung das behan- delte Saatgut nur nach Deutschland importiert werden, wenn eine entsprechende Notfallzulassung auch in Deutschland vorliegt. Daher kann aufgrund der Notfallzulassungen von Cuprofor flow und BVL_FO_04_0070_000_V1.0 Merpan 80 WDG entsprechend gebeiztes Ölkürbissaatgut von Österreich nach Deutschland importiert und hier im ökologischen und konventionellen Anbau verwendet werden. © BVL, 28. September 2020 Seite 14 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Tab. 6: Notfallzulassungen für Fungizide im Ackerbau 2018 Mittel Wirkstoff Kultur Schadorganismus Menge und Antrag- Zeitraum Fläche steller Amistar Gold Azoxystrobin, Zuckerrübe Späte 10.000 Liter Syngenta 01.05. - Difenoconazol Zuckerrübenfäule 10.000 ha Agro GmbH 28.08.2018 Funguran Kupferhydroxid Zuckerrübe Blattfleckenkrankheit 80.000 kg Spiess- 10.07. - Progress 16.000 ha Urania 06.11.2018 Chemicals GmbH Cuprofor flow Kupferoxychlorid Ölkürbis Auflaufkrankheiten 6,6 Liter Schnells 01.03. - 400 ha Kürbiskerne 28.6.2018 GbR Merpan 80 Captan Ölkürbis Auflaufkrankheiten 5 kg Schnells 15.03. - WDG Kürbiskerne 12.07.2018 GbR 2018 herrschten gute bis sehr gute Aussaatbedingungen für Zuckerrüben. Aufgrund der sich anschlie- ßenden extrem trockenen Witterung erfolgte allerdings ein Warndienstaufruf zur Bekämpfung der Spä- ten Zuckerrübenfäule nur im Raum Plattling in Südbayern. Hier wurden lediglich etwa 1.500 ha Zu- ckerrübe behandelt, die einen deutlichen Befall erwarten ließen. Der volle Umfang der Notfallzulas- sung für Amistar Gold wurde daher bei weitem nicht ausgeschöpft. Die sehr trockene und warme Witterung hat zu sehr unterschiedlichen Befällen von Cercospora beti- cola geführt. So war der Krankheitsdruck im Süden hoch und im Norden und in den neuen Bundeslän- dern verhältnismäßig niedrig. In Norddeutschland wurde daher maximal eine, in Süddeutschland trotz der Trockenheit zwei Behandlungen durchgeführt. Oftmals reichte schon der Tau, um entsprechend frühzeitige Infektionen zu setzen. Zudem führten Bewässerungen und regionale Gewitter auch zu ei- nem sehr heterogenen Infektionsverlauf. Insgesamt wurden rund 70 % der zugelassenen Mittelmenge angewendet. Die Notfallzulassung für Cuprofor flow und Merpan 80 WDG eröffneten eine Importmöglichkeit für ins- gesamt 4.000 kg gebeiztes Ölkürbissaatgut aus Österreich, wobei die Anteile der beiden Mittel an die- sem Kontingent jeweils bei 2.000 kg lagen. 5.3 Herbizide Für Herbizide wurden im Jahr 2018 wie im Jahr 2017 auch keine Notfallzulassungen für den Ackerbau beantragt. 6 Notfallzulassungen im Gemüsebau 6.1 Insektizide und Akarizide Im Jahr 2018 wurden für das Mittel Benevia mit dem Wirkstoff Cyantraniliprole zwei Notfallzulassun- gen zur Bekämpfung der Kleinen Kohlfliege in Wirsing, Brokkoli und Radieschen und zur Bekämpfung von Thripsen in Bundzwiebeln ausgesprochen. Für die Bekämpfung der Kleinen Kohlfliege stehen in diesen Kulturen derzeit keine Mittel zur Verfügung, die die Pflanzen bis zur Ernte schützen können. Ein Spätbefall durch die Kleine Kohlfliege führt häufig zur Fäulnis der Kohlköpfe und schließt damit BVL_FO_04_0070_000_V1.0 eine spätere Vermarktung aus. Thripse sind in der Praxis aufgrund ihrer versteckten Lebensweise nur schwer zu bekämpfen. Aktuell stehen zur Bekämpfung der Thripse in Bundzwiebeln nur zwei unterschiedliche Wirkmechanismen zur © BVL, 28. September 2020 Seite 15 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Verfügung. Daher besteht mit der Notfallzulassung für Benevia die Möglichkeit, einen dritten Wirkme- chanismus gegen diese schwer zu bekämpfenden Schadorganismen zu verwenden und damit auch ein nachhaltiges Resistenzmanagement durchführen zu können. Gegen Spinnmilben in Gurken sind wie auch im Jahr 2017 nur zwei Mittel zugelassen, die jedoch als Einzelanwendungen in der Praxis keine befriedigende Bekämpfung erlauben. Lediglich eine Kombina- tionsanwendung mit Ordoval, das eine gute Kontakt- und Dauerwirkung auf Eier und Nymphen hat, zeigt hier in der Praxis gute Bekämpfungserfolge. Tab. 7: Notfallzulassungen für Insektizide im Gemüsebau 2018 Mittel Wirkstoff Kultur Schadorganismus Menge und Antrag- Zeitraum Fläche steller Benevia Cyantraniliprole Wirsing, Brokkoli, Kleine Kohlfliege 5.250 Liter Fachgruppe Radieschen: Radieschen 3.500 ha Gemüsebau 14.05. - 10.09.2018, Wirsing und Brokkoli: 22.05. - 18.09.2018 Benevia Cyantraniliprole Bundzwiebel Thripse 1.725 Liter Fachgruppe 01.06. - 2.300 ha Gemüsebau 28.09.2018 Force Tefluthrin Speisezwiebeln Drahtwürmer 1.500 Liter Syngenta 21.12.2018 - 20 SC 6.800 ha Agro GmbH 18.04.2019 Ordoval Hexythiazox Salatgurke, Spinnmilben 720 Liter Fachgruppe 01.06. - Gewürzgurke 2.250 ha Gemüsebau 28.09.2018 Aufgrund der extremen Witterungsbedingungen in 2018 mit langanhaltenden Hitze- und Trockenperio- den war die Populationsentwicklung der Kleinen Kohlfliege begünstigt: Aufgrund der notwendigen Be- wässerung der Kulturen fanden die Eier der Kleinen Kohlfliege bei diesen warmen Temperaturen so- wie der ausreichenden Feuchtigkeit der Bewässerung sehr gute Entwicklungsbedingungen vor. Die Bekämpfung war in diesen Kulturen entsprechend aufwendig, so dass die Gesamtmenge des zuge- lassenen Mittels für diese Indikationen benötigt wurde. Die Vermehrungsrate von Thripsen wird durch hohe Temperaturen und fehlende Niederschläge be- günstigt: Ein voller Entwicklungszyklus dauert bei Temperaturen um 18 °C ca. 3-4 Wochen, bei 28 °C jedoch nur 11 Tage. Bei Trockenheit ziehen sich die versteckt sitzenden Schädlinge noch tiefer in den Schaft der Pflanze zurück und sind daher noch schwerer zu bekämpfen. Durch die Bekämpfung mit Benevia konnte in Bundzwiebeln ein Wirkstoffwechsel bei Insektiziden vorgenommen werden, der einer schnellen Resistenzentwicklung bei diesen schwer zu bekämpfenden Schadorganismen vorbeugt. Im Jahr 2018 wurde der Anbau von Speisezwiebeln besonders durch ein feuchtes Frühjahr mit an- schließender Trockenheit und intensivem Bewässerungsbedarf geprägt. Die notwendige Bewässe- rung im Zwiebelanbau schaffte gute Bedingungen für Drahtwürmer. Die Fläche, auf der Force 20 CS gebeiztes Zwiebelsaatgut ausgesät wurde, betrug ca. 5.800 ha. Die Schwerpunkte lagen dabei im südlichen Bereich Deutschlands vor allem in Südhessen und der Pfalz. BVL_FO_04_0070_000_V1.0 Auch für Spinnmilben sind warme und trockene Witterungsbedingungen sehr förderlich. Bei diesem Klima vollzieht sich der Lebenszyklus der Spinnmilben relativ schnell: Aus einem abgelegten Ei kann innerhalb einer Woche ein adultes Weibchen entstehen. Dies erklärt das außergewöhnliche Wachs- tumspotential und die manchmal explosionsartige Populationsentwicklung von Spinnmilben bei hohen © BVL, 28. September 2020 Seite 16 von 27
Notfallzulassungen nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Temperaturen. Die beantragte Mittelmenge wurde für den Anbau von Gurken daher im Jahr 2018 auch annähernd ausgeschöpft. Der Bekämpfungserfolg lag bei über 90 %. 6.2 Fungizide Für den Einsatz von Fungiziden im Gemüsebau gab es 2018 nur eine Notfallzulassung. Das Saatgut- behandlungsmittel Rovral aquaflo wurde für diverse Gemüsekulturen zur Bekämpfung der pilzlichen Erreger Phoma, Alternaria und Stemphylium zugelassen, um einen Import von entsprechend behan- deltem Saatgut aus dem europäischen Ausland zu ermöglichen. Nach dem Wegfall der Wirkstoffge- nehmigung für Iprodion stand im europäischen Ausland eine längere Aufbrauchfrist des Mittels für die Behandlung von Gemüsesaatgut zur Verfügung. Tab. 8: Notfallzulassung eines Fungizids im Gemüsebau 2018 Mittel Wirkstoff Kultur Schadorganismus Menge Antrag- Zeitraum steller Rovral Iprodion Spinat, Schnitt-, Stiel- Phoma, Alternaria, Fachgruppe 05.03. - aquaflo mangold, Beten, Feldsa- Stemphylium Gemüsebau 05.06.2018 lat, Porree, Kohlgemüse, Radieschen, Rettich, Möhre, Knollensellerie, Gemüsefenchel, Bleich- sellerie 6.3 Herbizide Feldsalat zählt zu den wichtigsten Salatarten, die in Deutschland kultiviert werden. Die Verunkrautung im Feldsalatanbau hat aufgrund einer unzureichenden Wirkung der zur Verfügung stehenden Herbi- zide eine bedeutende Stellung im Gemüsebau. Aufgrund dieser Verunkrautung sind hohe Ertragsein- bußen im Feldsalat-Anbau zu verzeichnen. Das Mittel Proman mit dem Wirkstoff Metobromuron be- sitzt eine gute Wirkungsbreite. Es ist pflanzenverträglich und erzielt eine ausreichende Wirkungs- dauer. Pro Jahr wird jeweils im Frühjahr und im Herbst eine Anwendung gegen Einjährige zweikeim- blättrige Unkräuter notwendig, für die es daher zwei getrennte Notfallzulassungen gibt. Tab. 9: Notfallzulassungen von Herbiziden im Gemüsebau 2018 Mittel Wirkstoff Kultur Schadorganismus Menge und Antrag- Zeitraum Fläche steller Proman Metobromuron Feldsalat Einjährige zweikeim- 1.200 Liter Fachgruppe 20.02. - blättrige Unkräuter 1.200 ha Gemüsebau 19.06.2018 Proman Metobromuron Feldsalat Einjährige zweikeim- 2.100 Liter Fachgruppe 06.07. - blättrige Unkräuter 2.100 ha Gemüsebau 02.11.2018 Aufgrund der klimatischen Bedingungen in 2018 musste die Kultur Feldsalat außerordentlich häufig bewässert werden. Dadurch gab es auf den Kulturflächen gute Auflaufbedingungen für Unkräuter. Diese konnten dank Proman mit einem hohen Wirkungsgrad ausreichend bekämpft werden. Der Un- krautdruck ist aufgrund der geringen Unkrautunterdrückung in dieser Kultur immer hoch. Es gab aller- dings auch Meldungen über eine verminderte, trockenheitsbedingte Wirkung. Mit 612 ha für den Früh- BVL_FO_04_0070_000_V1.0 jahrsanbau und 900 ha für den Herbstanbau ist Rheinland-Pfalz die wichtigste Region für den Feldsa- lat-Anbau in Deutschland. Die zugelassene Menge von 1.200 Litern Proman für den Frühjahrs- und 2.100 Liter für den Herbstanbau wurde zu beiden Zeitpunkten annähernd ausgeschöpft. Im konventio- nellen Feldsalat-Anbau erfolgt der Einsatz von Metobromuron auf nahezu 100 % aller Flächen. © BVL, 28. September 2020 Seite 17 von 27
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