NOVELLE DES TELEKOMMUNIKATIONSRECHTS - GVW-WEBINARREIHE: NEUES RECHT FÜR DIE DIGITALE WIRTSCHAFT DR. GRACE NACIMIENTO, LL.M. 21. MAI 2021
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Novelle des Telekommunikationsrechts GvW-Webinarreihe: Neues Recht für die digitale Wirtschaft Dr. Grace Nacimiento, LL.M. 21. Mai 2021
Inhalt 1. Gesetzgebungsverfahren 2. Struktur des Gesetzes 3. Ausgewählte Neuerungen − Anwendungsbereich − Regulierung − Kundenschutz − Frequenzordnung − Wegerechte und Mitnutzung öffentlicher Versorgungsnetze − Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten − Öffentliche Sicherheit − TTDSG-E / 19.05.2021: Datenschutz und Fernmeldegeheimnis 3. Fazit 2
Gesetzgebungsverfahren – Noch nicht am Ziel • EECC / Umsetzungsfrist • Mehrere Gesetzesentwürfe seit 2020 mit vielen streitigen Punkten, offizieller Regierungsentwurf (erst) am 15.12.2020 • Verabschiedung im Bundestag am 22.04.2021 • Zustimmung Bundesrat am 07.05.2021 • Protokollerklärung der Bundesregierung vom 07.05.2021 • Änderungen noch vor Inkrafttreten: Art. 13 Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz- Gesetz, verabschiedet im Bundestag am 19.05.2021 • Inkrafttreten am 01.12.2021 4
Struktur des Gesetzes Allgemeine Vorschriften Wegerechte und Mitnutzung Marktregulierung Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten (neu) Kundenschutz Öffentliche Sicherheit und Notruf Telekommunikations- 13 Teile endeinrichtungen Bundesnetzagentur Informationen über Infrastruktur (neu) Abgaben Frequenzordnung Bußgeldvorschriften und Vorteilsabschöpfung Nummerierung 6
Anwendungsbereich • Was ist ein Telekommunikationsdienst? − Googlemail-Urteil und seine Folgen − Ziel: Erweiterung des Anwendungsbereichs durch neue Begriffsdefinitionen − Branchenübergreifende Bedeutung • Erweiterte Begriffsdefinition / § 3 Nr. 61 − In der Regel gegen Entgelt erbracht − Internetzugangsdienst − Interpersoneller Telekommunikationsdienst (nummerngebunden und nummernunabhängig), § 3 Nr. 37, 40 − Dienste, die ganz oder überwiegend in der Signalübertragung bestehen, wie Übertragungsdienste, die für M2M- oder Rundfunkdienste genutzt werden − Mehr Rechtssicherheit? • Wer ist Anbieter eines Telekommunikationsdienstes? − Klassische Anbieter − Webmail-Anbieter − Messenger-Anbieter − Industrieunternehmen (?) 7
Regulierung • Marktregulierung / §§ 10 ff. TKG • Zugangsregulierung / §§ 20 ff. TKG • Entgeltregulierung / §§ 37 ff. TKG 8
Marktregulierung • Verfahren der Marktregulierung − Marktdefinition – sachlich und räumlich − Marktanalyse / Prüfung Regulierungsbedürftigkeit und Feststellung beträchtlicher Marktmacht − Nationales Konsultations- und europäisches Konsolidierungsverfahren • Neu: Auferlegung von Regulierungspflichten: „Kann-Regelung“ • Neu: Symmetrische Marktregulierung − Ausnahmsweise: Marktmachtunabhängige Regulierung von Unternehmen − Zugangsregulierung • Neu: Deregulierung / Verpflichtungszusagen marktmächtiger Unternehmen − Kommerzielle Vereinbarungen − Ko-Investitionsangebote − Zugang Dritter zu lokalen Anschlussnetzen − Verbindlicherklärung nach Marktprüfungsverfahren; Stellungnahmen interessierter Parteien 9
Zugangsregulierung • Verhandlungen über Zugang und Zusammenschaltung, § 20 − BNetzA auf Antrag als neutraler Vermittler in Verhandlungen, falls nach Wettbewerbslage erforderlich • Neue „symmetrische“ ex ante-Zugangsverpflichtung, § 22 − Hindernisse in der Replizierbarkeit von Netzelementen / Marktprüfung • Ausschließlich auf der Vorleistungsebene tätige Unternehmen („Wholesale-only“-Unternehmen), § 33 − Nur eingeschränkte regulatorische Eingriffe / Zugangsverpflichtungen • Migration von herkömmlichen Infrastrukturen, § 34 − Geordneter Ablauf der Migration (Kupferkabelnetze zu neuer Netzinfrastruktur) − Rechtzeitige Anzeige, alternative Zugangsprodukte in der Migrationsphase 10
Entgeltregulierung • Entgeltpflichten für auferlegte Zugangsleistungen, § 38 − Neu: für alle Zugangsleistungen des marktmächtigen Unternehmens steht die Auferlegung korrespondierender Entgeltpflichten („Ob“) im Ermessen der Behörde • Entgeltmaßstäbe im Genehmigungsverfahren, § 39 − Neu: Erteilung einer Genehmigung anhand der Missbrauchsmaßstäbe 11
Kundenschutz • EECC: Vollharmonisierung • Was ist neu? (u.a.) − Diskriminierungsverbot, § 51 − Unabhängige Vergleichsinstrumente, § 53 − Vertragsschluss und Vertragszusammenfassung, §54 − Glasfaserbereitstellungsentgelt, § 72 • „Bürokratisierung“ des Kundenschutzes? 12
Kontroverse Regelungen • Vertragsschluss und Vertragszusammenfassung, § 54 − Umfangreiche Informationserteilung vor Abgabe Vertragserklärung durch Verbraucher − Klare und leicht lesbare Vertragszusammenfassung vor Abgabe Vertragserklärung; Wirksamkeit des Vertrages hängt von Genehmigung des Verbrauchers nach Erhalt der Vertragszusammenfassung ab • Vertragslaufzeit und Kündigung nach stillschweigender Vertragsverlängerung, § 56 − Laufzeit nicht mehr als 24 Monate; vor Vertragsschluss Angebot eines Vertrags mit Laufzeit von höchstens 12 Monaten − Bei Vereinbarung einer stillschweigenden Vertragsverlängerung bei nicht rechtzeitiger Kündigung durch Endnutzer: Kündigung nach anfänglicher Laufzeit jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 1 Monat • Minderung, § 57 Abs. 4 − Problem: Abweichung zwischen tatsächlicher und angegebener Leistung − Minderung des Entgelts im Verhältnis zur Minderung der Leistung oder außerordentliche Kündigung 13
Glasfaserbereitstellungsentgelt • Neu: Einführung eines Glasfaserbereitstellungsentgelts, § 72 − Hintergrund: Streichung des sog. Nebenkostenprivilegs − Erhebung eines Bereitstellungsentgelts durch Netzbetreiber bei • erstmaliger Ausstattung eines Gebäudes mit Glasfaserinfrastruktur mit Gestattung des Grundstückseigentümers • Anschluss der Netzinfrastruktur an öffentliches Glasfasernetz • Gewährleistung Betriebsbereitschaft und Anschluss an das öffentliche Netz für den vereinbarten Bereitstellungszeitraum • u.a. Höhe und Berechnung des Entgelts geregelt (§ 73 Abs. 2) − Betreiber gewährt anderen Anbietern offenen Netzzugang − Bereitstellungsentgelt gilt • für Glasfaserinfrastrukturen, die bis 31.12.2027 errichtet worden sind • für bereits bestehende Glasfaserinfrastruktur: zwischen 1.1.2015 und 1.12.2021 errichtet 14
Frequenzordnung – Was ist neu? • Ziele der Frequenzregulierung / § 87 TKG • Zuteilung, Befristung, Verlängerung / §§ 91,92 TKG − Eigene Vorschrift zur Befristung und Verlängerung von Frequenzzuteilungen • Vergabeverfahren bei Knappheit/ § 100 TKG − Vorrang des Versteigerungsverfahrens? • Förderung des Wettbewerbs / § 105 TKG − Rechtsgrundlage für Auferlegung von Verpflichtungen in Frequenzzuteilungen • Lokales Roaming / § 106 TKG 15
Kontroverse / Frequenzregulierungsziel Flächendeckung • Frequenzregulierungsziele / § 87 Abs. 2 Nr. 1 TKG − Die BNetzA handelt bei der Verfolgung der Ziele nach Abs. 1 (…), indem sie − die Versorgung mit hochwertigen, leistungsfähigen, flächendeckenden und unterbrechungsfreien drahtlosen Sprach- und Datendiensten für alle Endnutzer [gewährleistet], − dabei insbesondere die breitbandige Versorgung und die nutzbare Dienstequalität in ländlichen Räumen vorantreibt und − mindestens entlang von Bundesfernstraßen und auch im nachgeordneten Straßennetz sowie an allen Schienen- und Wasserwegen einen durchgehenden, unterbrechungsfreien Zugang für alle Endnutzer zu Sprach- und breitbandigen Datendiensten des öffentlichen Mobilfunks möglichst bis 2026 [gewährleistet] − Kritik im Bundesrat: • Gefährdung der Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur? • Ausbreitungseigenschaften unterschiedlicher Frequenzen / Eignung zur Flächendeckung 16
Kontroverse / Vergabeverfahren • Frequenzvergabe / § 100 Abs. 2 TKG (Art. 13 TTDSG-E) − Vorrang des Versteigerungsverfahrens (vss.) entfallen; stattdessen ist dasjenige Vergabeverfahren durchzuführen, das am besten geeignet ist, die Regulierungsziele nach §§2, 87 zu erreichen − Mögliche Erwägungen: • Knappes öffentliches Gut mit hoher wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Bedeutung • Anspruch auf Zuteilung von Frequenzen • Verengung des Anspruchs bei Knappheit: Anspruch auf Teilnahme an diskriminierungsfreien Vergabeverfahren • Vergabe im grundrechtsgeschützten Raum (Art.3 Abs.1, Art.12 Abs.1 GG) • Verfassungsrechtliche Anforderungen an Ausgestaltung des Zugangs zu knappem öffentlichem Gut durch den Gesetzgeber 17
Kontroverse / Roaming • Roaming / § 105 und § 106 TKG − Regionales und nationales Roaming, § 105 − Lokales Roaming, § 106 TKG: Kommt zum Einsatz, wo ein äußerst lückenhafter oder kein Zugang zu Netzen besteht • Regionales und nationales Roaming − Instrument der Wettbewerbsförderung, § 105 • Lokales Roaming, § 106 / Im Bundesrat bis zuletzt umstritten − Sieht Auferlegung einer Verpflichtung unter engen Voraussetzungen vor − Unüberwindbare wirtschaftliche oder physische Hindernisse für einen marktgesteuerten Ausbau − Kritik im Bundesrat (Keine Änderung in Art. 13 TTDSG-E): • Wird als Instrument zur Erreichung von Versorgungszielen missverstanden 18
Wegerechte und Mitnutzung • Regelungen aus geltendem TKG − Wegerechte − Mitnutzung öffentlicher Versorgungsnetze – DigiNetzG • Neu: Abschnitt zu drahtlosen Zugangspunkten mit geringer Reichweite, Trägerstrukturen und offenem Netzzugang − Förderung von Einrichtung und Betrieb drahtloser Zugangspunkte mit geringer Reichweite (Femtozellen, Picozellen, Mikrozellen etc.) − Auf Antrag: Informationen über physische Infrastrukturen zur Anbindung von drahtlosen Zugangspunkten – Eigentümer/Betreiber ggü Eigentümer/Betreiber von Infrastruktur/Trägerstruktur − Offener Zugang zu geförderten Telekommunikationsnetzen 19
Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten • Anspruch des Endnutzers gegenüber verpflichteten Unternehmen auf Leistungserbringung, d.h. auf Versorgung mit bestimmten Telekommunikationsdiensten, §§ 156 ff. • Inhalt − Anschluss an ein öffentliches Telekommunikationsnetz an einem festen Standort − Sprachkommunikationsdienste − Schneller Internetzugangsdienst für eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe − Nähere Regelungen der Anforderungen in Rechtsverordnung des BMVI, bedarf Einvernehmen mit Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur des BT − Berücksichtigung „von mindestens 80 % der Verbraucher im Bundesgebiet genutzte Bandbreite, Uploadrate und Latenz“, Auswirkungen der festgelegten Qualität auf Anreize zum privatwirtschaftlichen Ausbau und Breitbandfördermaßnahmen • Feststellung der Unterversorgung • Verpflichtung/Ausgleich/Umlageverfahren 20
Öffentliche Sicherheit • Notruf, § 163 TKG • Sicherheitsanforderungen § 164ff. TKG − Schnittstellen mit anderen Gesetzen (IT-SiG, BSIG) • Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen, § 169 ff. TKG − Ggf. Anpassungen für neu erfasste TK-Dienste • Auskunftsverlangen staatlicher Stellen − Manuelles Auskunftsverfahren, § 174 TKG (§ 113 TKG aktuell) − Vorratsdatenspeicherung, § 175 TKG (§ 113a ff. TKG aktuell) 21
TTDSG 22
Verabschiedung TTDSG-Entwurf im Bundestag am 19.05.2021 • Änderungen − Aufsicht Telemedien / Zuständigkeit nach Landesrecht, § 1 Nr. 8 − Ergänzung personeller Anwendungsbereich: „…oder Waren auf dem Markt bereitstellen, § 1 Abs. 3 − Information von Anschlussinhabern über Nutzungsmöglichkeiten aufgrund Suchfunktionen in elektronischen Endnutzerverzeichnissen, § 17 Abs. 3 − Entgelte für Bereitstellung von Endnutzerdaten, § 18 − Technische und organisatorische Vorkehrungen Telemedienanbieter, § 19 − Bestandsdatenauskunft / Konkretisierung Eingriffsschwellen, § 22 − Auskunftsverfahren Passwörter/Zugangsdaten, § 23 − Auskunftsverfahren Nutzungsdaten gesondert in § 24 − Einfügung neu: § 26 TTDSG-E – Dienste zur Einwilligungsverwaltung 23
Fazit 24
Kontakt Dr. Grace Nacimiento, LL.M. Partnerin, Rechtsanwältin GvW Graf von Westphalen Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaft mbB Königsallee 61 – Köblick 40215 Düsseldorf T +49 211 56615 192 g.nacimiento@gvw.com 25
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