Nur nicht "ins Netz gehen"
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AmDrücker Natürlich darf der Grünrock auf Facebook & Co. posten. Aber dort lauern Fallstricke, die über Wohl und Wehe der Jagd entscheiden können. Die Schweizerin Christine Fischer kennt sich nicht nur in ihren Revieren, sondern auch im Netz bestens aus. Nur nicht Jagd und Soziale Medien „ins Netz gehen“ 26 DJZ 6/2021 26 25.05.21 13:57
Hans Jörg Nagel Titel ist etwas zäh, aber top- sein, zu einer Kommunikations- mehr sei, als Beute zu machen. aktuell: Digital Natives und ihr kultur zurückzukehren, in der Sie sieht Wald und Wild als Gan- I hr großes Anliegen ist es, Zugang zur Jagd – Denkansätze der beste Wortbeitrag zählt.“ zes und als wichtiges Erbe an die Jagd ins rechte Licht zu für die Jägerschaft zur nachhal- die nächste Generation. Fleisch rücken. Sie will Jäger ani- tigen Imagepflege im Zeitalter Hochschwanger den per se sei geschmacklich ein- mieren, durch richtiges Han- digitaler Transformation. Jagdaufseher gemacht fach nicht ihr Ding. deln der nichtjagenden Mehr- Sie hat festgestellt: „Das oft Raus aus der digitalen Welt, rein Fischers Mann ist ebenfalls heitsgesellschaft zu beweisen, vergiftete Diskussionsklima im in die „analoge“. Christine Fi- Grünrock und die 11-jährige dass das „grüne Handwerk“ Tochter bereits „hochpassio- Fotos: Tobias Westen Photography unverzichtbar ist. Und zwar niert“. Mit einem Lachen berich- über das Internet. tet sie im Vor-Ort-Videointer- „Jagd liefert glaubwürdige view: „2009 war ich mit ihr hoch- Inhalte, die mit dem aktuellen schwanger, habe aber trotzdem Zeitgeist in Einklang stehen. noch den Jagdaufseher-Lehr- Aber uns muss klar sein, dass gang absolviert. Als einzige Frau wir teilweise stark polarisieren- schlug ich mit meinem dicken de Geschichten erzählen. Sobald Bauch Stangenholz. Das kommt der Tod eines Lebewesens ins wohl nicht oft vor.“ Spiel kommt, endet das Ver- ständnis der zunehmend urban Reviere in Vorarlberg geprägten, naturentfremdeten und im Odenwald Gesellschaft“, behauptet die Jä- Aktuell bejagt das Ehepaar ein gerin nicht ohne Grund. Revier im Bregenzer Wald (1.200 Auf einer ihrer Internetseiten Hektar). Hier tummeln sich ne- ist zu lesen: „Soziale Netzwerke ben Gams- und Rotwild auch gestalten heutzutage die öffent- Auer- sowie Birkwild. Und es ist liche Meinung. Die Inhalte, mit bergig – ganz so, wie es die ge- denen wir Jäger die Plattformen bürtige Schweizerin liebt. füllen, haben deshalb weitrei- Eher hügelig ist es dagegen chende Folgen für unsere Ak- im Odenwald. Hier haben die zeptanz und Anerkennung.“ beiden ein weiteres Revier. Auf Dann bringt sie es auf den 1.000 Hektar ziehen dort vor Punkt: „In Deutschland sind es allem Rot-, Schwarz- und Reh- nicht die 0,5 Prozent Weidmän- wild ihre Fährten. ner, die über die Zukunft der Die hessische Jagd wird mehr Jagd entscheiden, sondern 99,5 von ihrem Mann betreut, der in Prozent Nichtjäger.“ Stuttgart arbeitet. Sie pirscht Die 46-Jährige sieht jeden Grünrock, der sich im Internet mit Wort, Bild sowie Video äu- ßert, als Botschafter der Jagd. Und sie mahnt, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Starke Worte einer modernen Mit dem Handy ein Foto zu posten ist Frau: Christine Fischer ist so- mittlerweile normal. Aber die Motiv- wohl im Revier als auch digital auswahl sollte gut überdacht sein unterwegs. Die gebürtige Schweizerin betreibt einen In- Solche und viele weitere Tipps gibt ternet-Blog (www.hirschundco. Christine Fischer in speziellen Schu- com) und ist auch im Social- lungen für angehende Jungjäger Media-Bereich unterwegs (Ins- tagram: @hcocfischer, Face- Netz erschwert eine sachliche book: christine.fischer.370177). Auseinandersetzung mit jagdli- scher lebt mit ihrer Familie in lieber vor der Haustür. Und er- Ihr „Meisterstück“ – eine Ab- chen Themen. Viele User sind Lochau (Vorarlberg/Österreich). neut betont sie, dass dabei das schlussarbeit als akademische nicht an einem echten Dialog Seit ihrem 14. Lebensjahr ist sie Erlegen von Wild nicht vorran- Jagdwirtin, die sie 2019 an der interessiert, sondern lassen sich Vegetarierin, hat aber 2008 ih- gig sei. „Ich interessiere mich Universität für Bodenkultur von Emotionen leiten. Der Weg ren Jagdschein gemacht. Für sie auch sehr für den Wolf und (BOKU) in Wien beendete. Der aus dem Dilemma kann nur kein Widerspruch, da Jagd viel kann von meiner Jagdhütte aus 6/2021 DJZ 27 27 25.05.21 13:57
AmDrücker Die Schweizerin hat eine besondere Vorliebe für die Bergjagd. Vor allem Gamswild hat es ihr angetan Fotos: Tobias Westen Photography Jagd zeigen.“ Und schließlich sei Gefühle assoziieren.“ Das könn- die Informationsqualität ent- ten Kitzrettung, Hegemaßnah- scheidend: „Faktenorientiert men, Biodiversität, Blühstrei- posten und nicht von Stimmun- fenprojekte u.ä. sein. Es brauche gen leiten lassen. Zudem beim die „gute Botschaft“! Weiterleiten von (ungeprüften) Hierbei könnten Frauen Vor- Posts aufpassen. Auf wissen- reiter sein. „Manche haben ei- schaftliche Qualität Wert legen.“ nen anderen Zugang zur Jagd. Sie mahnt, das Internet sowie Da steht häufig nicht das Beute- die Verantwortung bei „öffent- machen im Vordergrund. Und: lichen Auftritten“ ernst zu neh- „Sich einer jungen, hübschen den Horst eines Adlerpaares Die 46-jährige Jägerin liebt die Pirsch. men. „Halbwissen können wir Jägerin in einer Diskussion zu beobachten. Das fasziniert Oft mit dabei ist Berner Sennen-Rüde Jäger uns nicht leisten, sonst ist stellen, verunsichert Jagdgeg- mich.“ „Eddie“ (5 Jahre) in zehn Jahren Schluss!“ ner oft, weil es nicht in ihr Welt- Aber natürlich lässt sie es Es sei zudem wichtig, nach bild passt. Das kann eine gute auch mal krachen. Besonders private Jagdschulen haben die- außen klarzumachen, dass wir Diskussion ankurbeln.“ die Gamsjagd hat es ihr angetan ses Thema bereits in die Jung- uns für das Wild verantwortlich – ohne Abschussplan und mit jägerausbildung übernommen fühlen. Denn als Waffenträger viel Ruhe. „Trotz meiner Fleisch- – wenn auch nicht prüfungs- gehörten wir einer hochpolari- So ticken absinenz bereite ich liebend gerne Wildbret zu. Und ich wer- relevant. Die Jägerin beantwortet in sierenden Minderheit an. „Wir müssen die Legitimation zur Jäger im Netz be auch für dessen Genuss auf ihren Schulungen vorrangig die Jagd faktenorientiert belegen!“ Noch ein paar Zahlen, die allen Kanälen. Für mich ist das Frage: „Wie kann ich (als Jäger) Aber Christine Fischer ist Christine Fischer für ihre die greifbare Legitimation für beurteilen, ob sich Fotos sowie klar, dass in den Sozialen Medi- Prüfungsarbeit ermittelt hat: unser Tun“, so die 46-Jährige. Posts fürs Netz eignen? en auch „beratungsresistente • 97 Prozent der jungen (ab 1980) Und sie liefert gleich Antwor- Fanatiker“ unterwegs sind. Da jagenden User nutzen Facebook Posts ernst nehmen, ten nach: Vor allem sei ein Per- brächte es nichts, zu diskutie- • 17 Prozent posten jagdliche sonst ist bald Schluss! spektivwechsel wichtig („wie ren. Einfach ignorieren. Inhalte öffentlich Fischer hat Tourismusmanage- würde das Foto auf mich wirken, • 80 Prozent sind Mitglieder in ment studiert. Aktuell ist sie als wenn ich Nicht-Jäger wäre?“) Frauen können „jagdlichen Gruppen“ „Social Media Expertin“ aktiv: Ebenso wichtig sei es Zerrbilder Vorreiter sein • 70 Prozent der User lehnen eine Unter anderem bietet sie Schu- zu vermeiden: „Ausschließlich Ihr Traum ist es, über das Netz Veröffentlichung von Erlegerbil- lungen unter dem Titel der Jäger Erlegerfotos können ein falsches ein neues Bild des Jägers zu dern im Netz ab in den sozialen Netzen an. Meh- Bild der Jagd vermitteln. Wir schaffen. „Dazu müssen wir • 40 Prozent halten sich für „Mar- rere Landesjagdverbände und müssen das ganze Spektrum der Themen besetzen, die positive kenbotschafter“ des Weidwerks 28 DJZ 6/2021 28 25.05.21 13:57
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