OUTCOME NACH OPERATIVER INTERVENTION BEI CHARCOT-FUẞ-DEFORMITÄT
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Universität Ulm Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie Amtierender Abteilungsleiter: Prof. Dr. med. Reinhard Holl OUTCOME NACH OPERATIVER INTERVENTION BEI CHARCOT-FUẞ-DEFORMITÄT DISSERTATION zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm vorgelegt von Philippe Welter geboren in Luxemburg 2019
Amtierender Dekan: Prof. Dr. med. Thomas Wirth 1. Gutachter: Prof. Dr. med. Reinhard Holl 2. Gutachter: Priv.-Doz. Dr. med. Daniel Dornacher Tag der Promotion: 13.04.2021
„To learn how to treat a disease, one must learn how to recognize it. The diagnosis is the best trump in the scheme of treatment.“ Jean-Martin Charcot
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................................... III 1 Einleitung .............................................................................................................. 1 1.1 Definition des Charcot-Fußes ............................................................................................... 1 1.2 Historischer Überblick .......................................................................................................... 1 1.3 Epidemiologie ...................................................................................................................... 2 1.4 Ätiologie und Pathogenese .................................................................................................. 4 1.5 Klassifikation und Klinik ....................................................................................................... 7 1.6 Diagnostik des Charcot-Fußes ............................................................................................ 11 1.7 Therapie des Charcot-Fußes ............................................................................................... 13 1.8 Rekonstruktive Verfahren .................................................................................................. 17 1.9 Ziel der Dissertation ........................................................................................................... 18 2 Patienten und Methoden ......................................................................................19 2.1 Patienten ........................................................................................................................... 19 2.2 Methoden .......................................................................................................................... 20 2.3 Statistik .............................................................................................................................. 27 3 Ergebnisse ............................................................................................................29 3.1 Klinische Patientendaten ................................................................................................... 29 3.2 Postoperative Fallzahlstatistik ........................................................................................... 34 3.3 Hauptfragestellungen ........................................................................................................ 40 3.4 Nebenfragestellungen ........................................................................................................ 47 4 Diskussion .............................................................................................................50 4.1 Tettnanger Patientenkollektiv............................................................................................ 50 4.2 Präoperative Statistik ......................................................................................................... 52 4.3 Postoperative Fallzahlstatistik ........................................................................................... 53 4.4 Hauptfragestellungen ........................................................................................................ 58 4.5 Nebenfragestellungen ........................................................................................................ 61 5 Zusammenfassung ................................................................................................66 6 Literaturverzeichnis ..............................................................................................68 I
Inhaltsverzeichnis 7 Abbildungsverzeichnis...........................................................................................75 Anhang ............................................................................................................................79 A Radiologische Befunde ....................................................................................................... 79 B Scores ................................................................................................................................ 84 C Klassifikationen .................................................................................................................. 87 Danksagung .....................................................................................................................88 Lebenslauf........................................................................................................................89 II
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis AHT Arterielle Hypertonie BMI Body-Mass-Index CKD-EPI Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration DM Diabetes mellitus DNOAP Diabetische neuropathische Osteoarthropathie eGFR Erwartete glomeruläre Filtrationsrate KDIGO Kidney Disease: Improving Global Outcomes KHK Koronare Herzkrankheit MI Myokardinfarkt MRT Magnetresonanztomographie NDS Neuropathy deficit score NSS Neuropathy symptom score OP(s) Operation(en) OPS Operationen und Prozedurenschlüssel pAVK Periphere arterielle Verschlusskrankheit PNP Polyneuropathie RANK Receptor activator of NF-B RANKL Receptor activator of NF-B ligand SDPNP Sensomotorische diabetische Polyneuropathie TBVT Tiefe Beinvenenthrombose III
Einleitung 1 Einleitung 1.1 Definition des Charcot-Fußes Die diabetische neuropathische Osteoarthropathie (DNOAP) oder Charcot-Arthropathie gilt als Sonderform des diabetischen Fußsyndroms. Kennzeichnend für die DNOAP ist eine nicht infektiöse, progressiv verlaufende pathologische Veränderung der Knochen, Gelenke und Weichteile des Fußes und des oberen Sprunggelenkes mit Zerstörung der anatomischen Grundstrukturen und des Fußlängsgewölbes. Durch eine periphere Neuropathie ausgelöste vaskuläre und ossäre Alterationen führen zum Einbruch der Statik und zu Deformitäten des Fußes und des oberen Sprunggelenkes. Aus der Veränderung der Fußsilhouette resultieren Druckstellen, Ulzera, Weichteilinfektionen und Osteomyelitiden. Neben der konservativen Therapie werden oft chirurgische Maßnahmen notwendig. Im Verlauf kommt es nicht selten zu Amputationen distal (Minor-Amputation) oder proximal (Major-Amputation) der Chopart-Gelenklinie [30,37,53,57,85]. Der wichtigste ätiologische Risikofaktor für die DNOAP ist der Diabetes mellitus (DM). Beim idiopathischen Charcot-Fuß spricht man von „Charcoid“ [52]. 1.2 Historischer Überblick 1868 beschrieb der französische Neurologe Jean-Martin Charcot (1825–1893) den Zusammenhang zwischen Arthropathien und der Tabes dorsalis („le pied tabétique“), ohne zu erkennen, dass es sich um eine Langzeitkomplikation der Neurosyphilis (= tertiäre Syphilis), die zu einer lokomotorischen Ataxie führt, handelte. Dieser Zusammenhang wurde erst um 1906 durch den Wasserman-Test (Serologie) deutlich. Weiter beschrieb Charcot zusammen mit Pierre Marie und Howard Tooth das weitaus bekanntere Krankheitsbild der hereditären motorisch sensiblen Neuropathie (Charcot-Marie-Tooth- Disease). Der im Hôpital de la Salpêtrière in Paris praktizierende Charcot entwickelte die „méthode anatomo-clinique”, die die klinische Beobachtung, Dokumentation und Klassifikation mit anatomischen und histologischen Kenntnissen vereint. Er publizierte 1
Einleitung seine Beobachtungen zur „tabetic arthopathies” erstmals im Januar 1868. Seine anatomo- klinischen Studien („Demonstration of Arthropathic Affections of Locomotor Ataxy”) wurden aber erst auf dem 7. internationalen Kongress für Medizin in London im August 1881 anerkannt. Die seitdem als eigenständiges Krankheitsbild geltende Erkrankung sollte den Namen des Entdeckers (Charcot-Erkrankung, „Charcot’s Disease“, „Maladie de Charcot“) tragen. Damals beschrieb Charcot noch keine Knochen- und Gelenkbeteiligung des Fußes und des oberen Sprunggelenkes. Beim gleichen Kongress stellte Herbert William Page einen Einzelfall einer bilateralen Arthropathie bei einem 30-jährigen Mann mit Tabes dorsalis vor. Charcot und Page erkannten den Zusammenhang ihrer Beobachtungen. Dennoch publizierte Charcot gemeinsam mit Féré die Beobachtungen zu „tabetischen Arthropathien“ des Fußes [10], weswegen dieses Krankheitsbild fortan als „pied de Charcot“ („Charcot-Fuß“) bezeichnet wurde. Erst 1936 entdeckte William Riely Jordan (1902–1993) den Zusammenhang zwischen dem DM und der DNOAP. 1955 stellten Miller und Lichtman eine erhöhte Prävalenz der DNOAP bei Menschen mit Diabetes fest [44]. Seitdem hat der DM die Syphilis als prädominanten ätiologischen Risikofaktor abgelöst. Seit Mitte des 20. Jh. bestehen die Eckpfeiler der DNOAP-Therapie aus einer konsequenten Früherkennung und Entlastung. Laut Harris und Brand (1966) sind chirurgische Maßnahmen umso erfolgversprechender, je früher der Eingriff unternommen wird. Der Erfolg einer retardierten chirurgischen Therapie hängt davon ab, inwieweit die betroffenen Knochen in ihre anatomische Form gebracht werden können [25,51,62,63]. 1.3 Epidemiologie Laut Iqbal et al. waren 2017 weltweit 425 Millionen Menschen von einem DM betroffen. Nach Vorhersagen soll diese Zahl 2045 auf 628 Millionen ansteigen [32]. Laut dem Deutschen Gesundheitsbericht für das Jahr 2019 litten 2017 in Deutschland ca. 7,5 Millionen Menschen an einem DM, davon ca. 95 % an einem DM Typ 2. Die Zahl der Neuerkrankungen beträgt ca. 500.000 pro Jahr. Die Dunkelziffer bei DM Typ 2 wird auf ca. 2 Millionen Menschen geschätzt. In den vergangenen Jahren kam es 2
Einleitung vermutlich infolge einer besseren Aufklärung und vermehrten Vorsorgekontrollen zu einer Abnahme dieser Dunkelziffer [11]. In der Fachliteratur fehlt ein einheitlicher Konsens zur Diagnose und Therapie der DNOAP. Insbesondere der akute Charcot-Fuß bereitet Klinikern Schwierigkeiten bei der Diagnosestellung. Dazu tragen die individuelle Unerfahrenheit mit dem Krankheitsbild und die komplexe Differenzialdiagnostik bei. Die häufig mangelhafte Qualität der klinischen Untersuchung erklärt sich aus der unzureichenden und nicht flächendeckenden Aufklärung der Patienten und Kliniker sowie aus dem Fehlen einer allgemeingültigen DNOAP-Definition. Die daraus resultierenden heterogenen Prävalenzen der DNOAP werden bei Menschen mit DM mit 0,1–16 % [85], 9–32 % [46] oder 0,15-2,5 % [30] beziffert [30,32,48,85]. Bei 10–20 % der Patienten kommt es zu einem Befall des Fußes, wobei in 9–30 % beide Füße betroffen sind. Meist tritt die Erkrankung bei Menschen mit Diabetes nach einem Verlauf von 10 Jahren auf [76]. Die epidemiologischen Daten der zur DNOAP zugrunde liegenden Polyneuropathie (PNP) sind ebenfalls heterogen. Die weltweit häufigste Form ist die sensomotorische diabetische PNP (SDPNP), deren Prävalenz bei Menschen mit einem manifesten DM durchschnittlich 28 % beträgt. Bei Typ 1 Diabetikern liegt die Prävalenz bei 8–54 % und bei Typ 2 Diabetikern bei 13–46 %. Bei 13 % der Typ 1 Diabetiker sind beide Füße betroffen [7]. In einer niederländischen Studie aus dem Jahr 2016 betrug die gesicherte Prävalenz der PNP 5,5 % in der mittleren und höheren Altersgruppe der Bevölkerung von Rotterdam. Zusammen mit den mutmaßlichen Fällen stieg die Prävalenz auf 9,4 %. Präferentiell sind ältere, männliche Personen betroffen. Die Diskrepanz zwischen den beiden Werten legt nahe, dass ein Großteil der an PNP erkrankten Menschen ohne adäquate Diagnose und Therapie bleibt [24]. In Deutschland sind die SDPNP (28 %) und alkohol-assoziierte PNP (22–66 %) die häufigsten Entitäten [35]. Die hereditäre Form der PNP wird mit einer Prävalenz von 0,04 % im Klinikalltag eher selten beobachtet. Obgleich gentechnische Diagnostikinstrumente eine ätiologische Analyse erlauben, stehen diese kostspieligen 3
Einleitung Verfahren dem Kliniker nur selten zur Verfügung [15]. Daher kann in bis zu 30 % der Fälle keine eindeutige Ursache festgestellt werden [74]. 1.4 Ätiologie und Pathogenese Ätiologie Die Ätiologie des Charcot-Fußes ist multifaktoriell. Häufige ätiologische und prognostische Faktoren sind die SDPNP (60 %) und die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) (10 %). Beide Erkrankungen zusammen sind in ca. 30 % der Fälle beteiligt [30]. Der DM ist aktuell eine der häufigsten Volkskrankheiten mit weitreichenden Folgen für das betroffene Individuum und die Gesellschaft. Die potenziellen Folgen einer chronischen Hyperglykämie sind Nephro- und Retinopathien, das metabolische Syndrom, das diabetische Fußsyndrom und Mikro- und Makroangiopathien. Neben dem DM als primordiale Ursache der SDPNP und somit der DNOAP, wird das Vollbild eines Charcot- Fußes seltener auch durch eine PNP anderer Genese oder durch unbekannte Parameter (idiopathisch) verursacht [52,53]. Die Entstehung des Charcot-Fußes wird durch keine bestimmte Form der Neuropathie begünstigt [48,57]. Unterstützende Faktoren sind kleine Hautläsionen unterschiedlicher Genese und eine schlechte Fußhygiene, wodurch bakterielle Infektionen begünstigt werden [30]. Die autonome PNP verursacht eine chronisch trockene und unflexible Haut mit erhöhter Rissneigung, die eine bakterielle Besiedlung begünstigt [34]. Differenzialdiagnostisch können verschiedene Erkrankungen, wie Alkoholabusus, Neurosyphilis (Tabes dorsalis), Medikamente (Amiodaron, Indomethazin, Phenylbutazon), Schwermetalle, Immunsuppression, rheumatoide Arthritis, Lepra, Amyloidose, zentrale und periphere Lähmungen, Siringomyelitis, zu einer neurogenen peripheren Affektion führen [53,57]. Pathogenese Die der DNOAP zugrundeliegenden pathogenetischen Prozesse wurden lange Zeit kontrovers diskutiert. 4
Einleitung Nach der in der 2. Hälfte des 19. Jh. von Volkmann und Virchow formulierten neurotraumatischen Theorie kommt es durch den Verlust der sensiblen Nervenfasern zu unbemerkten Traumata und durch die motorische Annihilation zu einem Tonusverlust und somit zu einer exaggerierten Plantarkonvexität. Der Verlust der Propriozeption des Fußes hat eine abnormale Belastung zur Folge [57]. Weitere Folgen sind Ulzerationen und ossäre Makrotraumata oder – wenn kein Traumaereignis vorliegt – repetitive Mikrotraumata des Fußskelettes. Aufgrund der fehlenden Sensibilität verschlimmert sich die Situation durch eine persistierende Überbelastung [8,30,41,76]. Bei 22–53 % [53], respektive 25–50 % [30] der Charcot-Patienten ist ein traumatisches Ereignis anamnestisch nachweisbar. Beim Kolloquium des akuten Charcot-Fußes in Großbritannien und Irland (2012) wurde bei 36 % der Patienten von einem akuten Trauma berichtet; 12 % der Patienten waren in den 6 Monaten davor am Fuß operiert worden [19]. Nach der zeitgleich von Charcot formulierten neurovaskulären bzw. metabolischen Theorie kommt es durch toxische Glykosylierungsprodukte zu einer pathologischen Sorbitol-Anreicherung und in Folge zum Abbau der Myelinschicht der Nervenfasern. Der pathologische Ausfall des sympathischen Muskeltonus der Gefäße führt zu einer Vasodilatation und zu einer arteriovenösen Shuntbildung. Durch die daraus folgende erhöhte Vaskularisierung mit stark gesteigertem Blutfluss wird das Knochenmineralsalz ausgewaschen [53]. Weiter verschlechtert eine erhöhte Osteoklasten-Aktivität die Knochenqualität, woraus eine starke Osteopenie mit erhöhter Brüchigkeit der Fußknochen resultiert. Daher können auch geringe Traumata oder Fehlbelastungen zu unbemerkten Frakturen der Phalangen und Mittelfußknochen führen [29,49]. Der resultierende Einbruch des Fußlängsgewölbes und Kollaps des Mittelfußes wird als „rocker-bottom“ (Schaukelfuß) Deformität bezeichnet (s. Anhang A1: Abb. 22) [57]. Letztendlich ist eine Kombination beider Theorien am wahrscheinlichsten, da weder die neurotraumatische noch die neurovaskuläre Theorie alleine alle Aspekte der Pathogenese erklären können. Laut Petrova et al. (2005) überwiegt bei Typ 2 Diabetikern die neurotraumatische und bei Typ 1 Diabetikern die neurovaskuläre Genese [49]. 5
Einleitung Neuere Befunde identifizierten die unbemerkte Traumatisierung als Auslöser für eine Entzündungskaskade mit einer Dysbalance zwischen pro- und anti-entzündlichen Zytokinen [48]. Im Gewebe der Charcot-Füße wurden erhöhte Interleukin-1 und -6 (IL 1, IL 6) und Tumor necrosis factor-α (TNF-α) Werte nachgewiesen. Diese pro- inflammatorischen Zytokine sind verantwortlich für die Aktivierung des Receptor activator of NF-B ligand (RANKL), der u. a. von Osteoblasten produziert wird. Zusätzlich werden durch die Bildung von Sauerstoffradikalen und die nicht-enzymatische Glykierung vermehrt toxische Glykosylierungsendprodukte gebildet, die ebenfalls RANKL aktivieren. Der aktivierte RANKL bindet an den Receptor activator of NF-B (RANK) und an einen Rezeptor für toxische Glykosylierungsendprodukte (RAGE = Receptor for advanced glycation end products). Diese Kaskade führt zur Ausschüttung weiterer pro- inflammatorischer Zytokine und zur Synthese des nukleären Transkriptionsfaktors NF-B, wodurch Osteoklasten-Vorläuferzellen zu reifen Osteoklasten differenzieren. Die Dysbalance zwischen osteoklastischer und osteoblastischer Aktivität zu Gunsten der Osteoklasten wurde in Laborexperimenten nachgewiesen [21]. Weitere in vitro Untersuchungen belegen, dass von DNOAP-Patienten stammende Osteoklasten in Gegenwart von RANKL eine erhöhte Aktivität mit aggressiverem Knochenabbau zeigen [57]. Unter physiologischen Bedingungen drosselt das Glykoprotein Osteoprotegerin (OPG) die Maturation von Osteoklasten über die Bindung an RANKL. Die repetitive Mikrotraumatisierung beim insensiblen Charcot-Fuß und der daraus resultierende latente Entzündungszustand steigert das RANKL/OPG-Verhältnis und verstärkt somit den Knochenabbau. Weiter führt die Aktivierung von RANK zu Mediasklerose der arteriellen Gefäße (Typ Mönckeberg). Die Abnahme der Gefäßwandelastizität und Vasodilatation sind für die typischen Phänomene des hypervaskularisierten akuten Charcot-Fußes verantwortlich [7,48,73,76]. Durch pathologische Prozesse in den Axonen kommt es zudem zu epi- und endoneuralen Schädigungen der Blutgefäße und in Folge zu Vaskulitiden und pAVK [74]. Darüber hinaus führt die nicht enzymatische Kollagen-Glykierung zu strukturellen Bandinstabilitäten und einer Verkürzung der Achillessehne, was wiederum den Druck auf den Vorfuß erhöht und somit Druckschwielen, Ulzera und Dislokationen begünstigt [48,53]. 6
Einleitung In dem Prozess spielen den Knochenumbau modulierende Neuropeptide und andere Substanzen eine wesentliche Rolle. Hauptakteure sind das Calcitonin Gen-Related Peptide (CGRP) und Stickoxid (NO). Das Calcitonin Gen-Related Peptide fördert die Maturation von Osteoblasten und stimuliert die Synthese des anti-inflammatorischen Zytokins Interleukin-(IL)-10. Das Stickoxid induziert den programmierten Zelltod (Apoptose) der Osteoklasten-Vorläuferzellen. Durch die Charcot-induzierte Denervation verlieren die Neuronen die Fähigkeit, diese Mediatoren in ausreichender Menge zu sezernieren, wodurch der neurogene Knochenabbau verstärkt wird [48,73,76]. Zusammengefasst wird die Genese der DNOAP durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Mechanismen auf makroskopischer und biochemischer Ebene unterstützt, wobei diese bislang nicht vollständig geklärt sind. 1.5 Klassifikation und Klinik Die aktuell zur Verfügung stehenden Klassifikationen erlauben keine eindeutigen prognostischen oder therapeutischen Vorgaben. Laut Rogers et al. (2011) sollte die Unterscheidung zwischen einem aktiven und inaktiven bzw. akuten und chronischen Charcot-Fuß therapieleitend sein [57]. In der vorliegenden Studie wurden mit der pathophysiologischen Klassifikation nach Eichenholtz (1966) [16] und der anatomischen bzw. radiologischen Klassifikation nach Sanders und Frykberg (1991) [64] zwei verbreitete Systeme verwendet. Die ursprüngliche Klassifikation nach Eichenholtz (Tab. 1) unterscheidet drei klinische Stadien [16]. Shibata et al. führten 1990 ein „Prodromalstadium“ 0 ein, das dem Stadium 1 vorangeht und der früh-entzündlichen Phase entspricht [31,68]. Das klinische Bild ist das eines akuten Charcot-Fußes im Inflammationszustand mit den klassischen, aber unspezifischen Merkmalen Rubor, Calor, Dolor und Tumor. Nativradiologisch sind keine Veränderungen erkennbar. Die Magnetresonanztomographie-(MRT)-Bildgebung des Fußskelettes zeigt vereinzelte oder mehrere kontusionsbedingte Knochenmarködeme („bone bruise“) [9,36]. 7
Einleitung Tab. 1: Eichenholtz-Klassifikation: klinische und radiologische Zeichen Nativradiologie Stadium Klinik MRT (Röntgenaufnahmen Fuß) Nicht spezifische „Bone bruise“ Stadium 0 Entzündungszeichen Osteopenie Knochenmarködeme Prodromalstadium (Rötung, Überwärmung, Weichteilschwellung Gelenkerguss Schmerzen, Schwellung) Starke nicht spezifische Zusätzlich zu Stadium 1 Entzündungszeichen Frakturen, Dislokationen u. Stadium 0: 1a: Fragmentationsphase Zeichen der ossären (Sub-) Luxationen Frakturen 1b: Luxationsphase Instabilität und Osteonekrosen Deformität Knochenfragmentresorption Regrediente Zusätzlich zu Sklerosierung Stadium 2 Entzündungszeichen Stadium 0: Kallusbildung Koaleszenzstadium Regrediente Instabilität Deformitäten Deformitäten Sichtbare Deformitäten Zeichen der Instabilität (Sub-) Luxationen Residuales Keine In Fehlstellung verheilte Knochenmarködem Stadium 3 Entzündungszeichen Frakturen Residualer Gelenkerguss Restitutionsstadium Sichtbare stabile Groteske Fehlstellungen Arthrose Deformitäten Arthrose, Sklerose, Ankylose Deformitäten Zusätzlich zu Zeichen einer Stadium 3: Stadium 4 Ulzerationen Ostitis / Osteomyelitis Akute Zeichen einer Ostitis Ulcusstadium Malum perforans Osteolysen oder Osteomyelitis Abszessbildung Spätestens im Stadium 1 (Destruktionsstadium) sollte eine Behandlung eingeleitet werden, wenn das Stadium 0 nicht erkannt wurde. Ohne Therapie kommt es bereits in dieser Phase zu erheblichen ossären Deformitäten und zur Zerstörung des Fußlängsgewölbes [30]. Zu den stärker ausgeprägten unspezifischen Entzündungszeichen kommen eine ossäre Instabilität durch Knochendetritus, intraartikuläre Frakturen (Fragmentationsphase) und Dislokationen (Luxationsphase). Radiologisch sind die Schäden klar identifizierbar. Im Stadium 2 (Koaleszenzstadium) setzt die Heilung der ossären Schäden ein. Bei regredienten Entzündungszeichen findet eine knöcherne Konsolidierung mit unphysiologischen Knochenfusionen statt. Radiologisch zeigen sich Kallusbildung, Sklerosierungen, Deformitäten und (Sub)-Luxationen. Das Stadium 3 (Restitutionsphase) ist durch einen endgültigen Knochenumbau mit Festigung der teils grotesken Fehlstellungen charakterisiert. In diesem chronischen Stadium fehlen klinische Entzündungszeichen. Die Fußsilhouette kann stark verändert 8
Einleitung sein. Im Röntgenbild zeigen sich neben den konsolidierten ossären Fehlstellungen, Gelenkarthrosen, subchondrale Sklerosen und Osteophyten. Das Auftreten von Ulzerationen über prominenten Knochendeformitäten wird von Levin als Stadium 4 bezeichnet [41]. Die 1991 vorgestellte Klassifikation nach Sanders und Frykberg (Tab. 2) beruht auf einer Einteilung in fünf Typen auf der Basis nativradiologischer anatomischer Befunde [64]. Der Grad der Instabilität sowie die Heilungsdauer nehmen mit steigender Ziffer des Typs zu. 80 % der Patienten besitzen einen Typ I–III, viele Patienten weisen zeitgleich mehrere Stadien mit komplexen Deformitäten auf (s. Anhang A2: Abb. 27; Abb. 28; Abb. 29; Abb. 30). Der Typ I (10–30 % der Fälle) betrifft die Metatarsophalangeal- und Interphalangeal-Gelenke. Kennzeichnend sind kleine gelenknahe Osteolysen (≤ 5 mm Durchmesser) der Grundphalangen und Metatarsale-Köpfe sowie eine Destruktion der Metatarsale-Köpfe mit (Sub)-Luxation der Metatarsophalangeal-Gelenke. Ab einem Eichenholtz-Stadium 2 treten pathologische Frakturen auf. Ab dem Stadium 3 kommt die „candy stick deformity“ hinzu, bei der die sklerosierten Metatarsale-Köpfe „abgelutschten Zuckerstangen“ ähneln (s. Anhang A1: Abb. 19). Bei einer zusätzlichen Arrosion der betroffenen Grundphalangen spricht man von einer „pencil in cup deformity“ (s. Anhang A1: Abb. 20) [53]. Gepaart mit einer Atrophie des plantaren Fettgewebes entsteht häufig ein Malum perforans [13,46,79]. Beim Typ II (15–60 % der Fälle) ist die Lisfranc’sche (tarso-metatarsale) Gelenklinie betroffen (s. Anhang A1: Abb. 21). Radiologisch zeigen sich Sklerosierungen, Osteolysen und Frakturen der tarso-metatarsalen Knochengruppen im oder in Gelenk - Nähe. Durch den Kollaps des Fußlängsgewölbes kommt es zur Bildung eines Pes planovalgus (= Knick-Senkfuß) (s. Anhang A1: Abb. 23) und zu einer Abduktionsfehlstellung des Vorfußes. Die durch eine dorsale Luxation des Mittelfußknochens entstehende „rocker bottom deformity“ (s. Anhang A1: Abb. 22) steht für einen schweren chronischen Verlauf der DNOAP [13,23,46,53,56,75]. Beim Typ III (30–35 % der Fälle) ist die Chopart’schen (naviculocuneiforme, talonaviculare, calcaneocuboidale) Gelenklinie befallen. Der osteolytische Kollaps des 9
Einleitung Gelenkes tritt zuerst medial und anschließend lateral auf. Durch den Zug der teilweise verkürzten Achillessehne kommt es zu einer massiven Plantarflexion des Rückfußes [48,53]. Auch hier ist eine Schaukelfuß-Deformität möglich. Pathologische Druckspitzen der lateralen Fußsohle unterhalb des Os cuboideum oder des Processus anterior calcanei prädestinieren diese Areale für eine Ulcusbildung. Bei starker Varuskomponente ist das Areal um die Basis des Metatarsale 5 zusätzlich stark gefährdet (s. Anhang A1: Abb. 25) [13,46,53,75]. Der seltenere Typ IV (10–20 % der Fälle) betrifft das obere Sprung- und Subtalar- Gelenk. Radiologisch zeigt sich eine osteolytische Destruktion der Gabel des oberen Sprunggelenkes mit einer mehr oder weniger starken Beteiligung des Talus und des Pilon tibiale. Typisch ist die Bajonettfehlstellung des Rückfußes. Die hochgradig instabile Situation birgt ein sehr hohes Risiko für eine Klumpfußdeformität (s. Anhang A1: Abb. 24, Abb. 26) [13,46,53,75]. Der sehr seltene Typ V (2–5 % der Fälle) beschränkt sich auf den extra-artikulären Befall des Calcaneus-Knochens (Fersenbein). Meistens zeigt das radiologische Bild eine Fraktur des Tuber calcanei mit sekundärem Rückfußkollaps [46,53]. Tab. 2: Klassifikation nach Sanders und Frykberg: klinische und radiologische Zeichen. Nativradiologie Typ Anatomische Region Typisches Erscheinungsbild (Röntgenaufnahmen Fuß) Gelenknahe Osteolysen Metatarsophalangeal- und Vorfußprominenzen Typ I (Sub-) Luxationen Interphalangeal-Gelenke Malum perforans Candystick-deformity Sklerosierungen, Osteolysen und Pes planovalgus Typ II Lisfranc-Gelenklinie Frakturen der tarsometatarsalen Vorfuß-Abduktionsstellung Knochengruppen „rocker bottom deformity“ „rocker bottom deformity“ Osteolytischer Gelenkkollaps, Ulzerationen der lateralen Typ III Chopart-Gelenklinie zuerst medial, dann lateral Fußsohle und der Basis des MT-V-Knochens Osteolysen der oberen Bajonettfehlstellung des Oberes Sprunggelenk und subtalare Typ IV Sprunggelenksgabel und Rückfußes Gelenklinie +/- des Talus und Pilon tibiale Klumpfußdeformität Extra-artikuläre Frakturen, Typ V Calcaneus isoliert Rückfußkollaps oft Fraktur des Tuber calcanei 10
Einleitung 1.6 Diagnostik des Charcot-Fußes Der wichtigste prognostische Faktor bei der DNOAP ist der Zeitpunkt der Therapieeinleitung. In 95 % der Fälle kommt es zu einer verzögerten Diagnose oder zu einer Fehldiagnose. Das Stadium 0 nach Eichenholtz ist aufgrund des unspezifischen klinischen Erscheinungsbildes eine diagnostische Herausforderung [68]. Eine Verzögerung der Erstdiagnose von 8 Wochen ab Beginn der Pathologie erhöht die Komplikationsrate (Auftreten von Deformitäten) auf bis zu 67 %. Bei einer Diagnosestellung innerhalb von 4 Wochen ab Beginn beträgt die Rate nur 14 % [31]. Polyneuropathie Eine entscheidende Rolle spielt die Diagnose der Affektion des peripheren Nervensystems. Unterschieden werden die SDPNP und die autonome PNP, wobei erstere für die vorliegende Studie relevant ist. Die SDPNP manifestiert sich über Plus- (Muskelkrämpfe, Algesie, Hyperästhesie, Brennen, Faszikulationen) und Minus- Symptome (Hypästhesien, Parästhesien, fehlende oder abgeschwächte Muskeleigenreflexe, pathologische Thermästhesie und Pallästhesie, Paresen). Die autonome PNP betrifft die Systeme des autonomen Nervensystems (kardiovaskuläres System, Vasomotorik, Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt) [12]. Die SDPNP lässt sich mithilfe standardisierter Scores, wie dem Neuropathy deficit score (NDS) und dem Neuropathy symptom score (NSS), quantifizieren (s. Anhang B1: Abb. 37, Abb. 38). In den Scores werden für jedes Symptom Punkte verteilt, deren Summe ein Stadium ergibt [12,84]. Die Identifikation einer relevanten Störung der protektiven Fußsensibilität erfolgt mit dem 10-g-Monofilament. Nimmt der Patient die Berührung am Fuß mit diesem Instrument nicht wahr, ist ein Verlust der Schutzsensibilität wahrscheinlich [2]. Klinik Im akuten Stadium bestehen bei 76 % der Fälle unspezifische Entzündungszeichen. Temperaturunterschiede von 3–6 °C zur Gegenseite werden mit einem Infrarotthermometer bestimmt. Weitere Anhaltspunkte sind unspezifische Schmerzen, 11
Einleitung Ulzerationen, Hyperkeratosen und Deformitäten. Zudem ist die Erhebung des Gefäßstatus zur Identifikation einer pAVK ein wesentlicher Bestandteil der klinischen Untersuchung. Grundsätzlich muss, v. a. bei Menschen mit Diabetes, ein geschwollener und geröteter Fuß (akute Entzündungsreaktion) mit reduzierter oder fehlender Sensibilität und ohne offensichtliche Verletzungen die Diagnosestellung in Richtung DNOAP leiten. Mögliche Differenzialdiagnosen sind Gicht, ein akuter Schub einer rheumatoiden Arthritis, Phlebitis, tiefe Beinvenenthrombosen (TBVT), Phlegmone, Erysipel, Ostitis und Osteomyelitis. Die Diagnose der späteren Stadien der DNOAP ergibt sich aus der Identifikation der typischen Deformitäten assoziiert mit einer SDPNP [30,53]. Die üblicherweise an der medialen Säule beginnenden und nach lateral evolvierenden Deformitäten entstehen im chronischen Verlauf durch den fortschreitenden Knochenabbau und der unbemerkten Traumatisierung des Fußskelettes [23]. Labordiagnostik Aktuell fehlt ein DNOAP - spezifischer Marker. Im klinischen und radiologischen Zusammenhang festigen die bekannten laborchemischen Entzündungsparameter und die Messung des Blutzuckers jedoch die Verdachtsdiagnose oder sprechen für eine Differenzialdiagnose. Eine Verwechslung zwischen einem akuten Charcot-Fuß und einer lokalisierten Infektion mit hohen Infektparametern kann so verhindert werden [30]. Bildgebende Diagnostik Eine sonographische Ultraschalluntersuchung der Füße ist für erfahrene Kliniker eine kostengünstige und leicht verfügbare Alternative. Flüssigkeitsansammlungen entlang der Sehnenscheiden oder zwischen den Gelenken werden sicher dargestellt [30]. Mittels Doppler-Sonographie sollte systematisch nach einer pAVK gesucht werden. Wichtige Differenzialdiagnosen wie die TBVT können damit ausgeschlossen werden. Die konventionelle Radiologie beinhaltet vergleichende bilaterale Standardaufnahmen des (Vor-)fußes und des oberen Sprunggelenkes in antero- 12
Einleitung posteriorer und lateraler Richtung sowie eine laterale Aufnahme des belasteten Fußes [30]. Die Computertomographie dient der Einschätzung des ossären Status und zur präoperativen Planung bei oft komplexen Knochendeformitäten [30]. Besonders hervorzuheben ist die Micro-Computertomographie. Diese sich aktuell noch im Forschungsstadium befindliche Methode untersucht die Wandstärkenverteilung des kortikalen Knochens. Die Detektion der kortikalen Porosität ist möglicherweise zukünftig für die Früherkennung der DNOAP von großer Bedeutung [66]. Besonders im Frühstadium ist eine MRT-Untersuchung dem Nativröntgenverfahren deutlich überlegen. Verfahren wie die Knochen- oder Leukozytenszintigraphie wurden durch das MRT-Verfahren abgelöst. Beispielsweise diagnostiziert das MRT eine Osteomyelitis und einen akuten Charcot-Fuß mit einer Spezifizität von 80–100 % und einer Sensibilität von 77–100 % über ein Knochenmarködem als Zeichen einer erhöhten Durchblutung [30]. Die nicht überall verfügbare Positronen-Emissions-Tomographie (PET) bietet für Verlaufskontrollen einen Vorteil, da sie über die Analyse des Glukose-Metabolismus entzündliches und infektiöses Gewebe unterscheidet und kaum Osteosynthesematerial- assoziierte Artefakte produziert [30]. 1.7 Therapie des Charcot-Fußes Obgleich einheitliche Behandlungsschemata fehlen, besteht dennoch ein Konsens über die Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit von Internisten, Diabetologen, Neurologen, Dermatologen, Orthopäden und Plastischen Chirurgen. Das Behandlungsziel ist ein plantigrader, infekt- und ulcusfreier, belastbarer Fuß mit oder ohne Hilfe von orthopädischem Schuhwerk. Dieses Ziel impliziert die Vermeidung von Major- Amputationen, die mit einer erhöhten Mortalitätsrate verbunden sind [34,53,77]. Unterschieden werden allgemeine, gezielt konservative und chirurgische Maßnahmen. Allgemeine Maßnahmen sind die Vermeidung der prädisponierenden und – wenn möglich – ätiologischen Faktoren. Neben der Patientenaufklärung und Förderung einer 13
Einleitung ausreichenden Fußpflege als Prophylaxe gegen Ulzerationen und Infektionen steht bei DM-Patienten die glykämische Kontrolle im Vordergrund. Laut der Empfehlung der American Diabetes Association (ADA), an die sich die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) weitgehend anschließt, ist ein HbA1c-Wert zwischen 6,5–7 % (48-53 mmol/l) anzustreben. Bei dem gelockerten Therapiekonzept soll der Wert unter 8 % liegen [1]. Vor Beginn einer konservativen oder chirurgischen Therapie muss eine bestehende pAVK mittels digitaler Substraktionsangiographie (DSA) diagnostiziert und mittels perkutaner transluminaler Angioplastie (PTA) mit oder ohne Stents therapiert werden, da eine postoperative Revaskularisierung eine DNOAP (re)aktivieren kann [37,77]. Ein wichtiger Faktor ist die adäquate Schuhversorgung. Speziell angefertigtes oder modifiziertes Konfektionsschuhwerk verhindert die Bildung von Arealen mit exzessiven Druckspitzen und reduziert die axiale Kraftübertragung und horizontale Scherkräfte. Weiter werden (Mikro-) Bewegungen zwischen den Gelenken, die oft für fortschreitende inflammatorische Prozesse ursächlich sind, eingeschränkt und Mikrofrakturen vermieden [34]. Empfohlen wird eine fachgerechte Behandlung in einer zertifizierten Fußambulanz inklusive Wundmanagement. Als Off-Label Therapie können Bisphosphonate über die Hemmung der Osteoklasten die Knochendichte und die ossäre Stabilität positiv beeinflussen. Derzeit fehlen aber Langzeitstudien mit hohem Evidenzgrad, die diese Effekte belegen. Einige Autoren stehen einer Behandlung mit Bisphosphonaten angesichts der Nebenwirkungen kritisch gegenüber [19,33,54]. Die adjuvante intranasale Applikation von Calcitonin reduziert den Knochenabbau signifikant. Jedoch sind größere klinische Studien mit höherem Evidenzgrad erforderlich, um die Bedeutung von Calcitonin für die DNOAP zu untermauern [3]. Die konservative Therapie beinhaltet eine möglichst vollständige Druckentlastung und Ruhigstellung der betroffenen Extremität in einem Vollkontaktgips (total contact cast = TCC). Notwendige Voraussetzungen sind neben einer ausreichenden Patienten- Compliance die medikamentöse und chirurgische Sanierung aller Infektfokusse an der betroffenen Extremität sowie die Sicherung der Vaskularisierung. Bei der Anlage eines Vollkontaktgipses werden Mazerationen (Interdigitalfalten) durch Tupfer oder 14
Einleitung Kompressen sowie Druckstellen an prominenten Bereichen (z. B. Malleolen, Exostosen) durch Schaumstoffinterpositionen verhindert [34]. Durch die Umverteilung des Druckes vom Unterschenkel auf die Gipswand des Vollkontaktgipses wird eine plantare Druckentlastung von ca. 30 % erreicht [67]. Eine kostenintensivere Alternative ist eine abnehmbare Kunststofforthese (Charcot restraint orthotic walker = CROW) [34]. Indiziert ist die konservative Therapie in den Stadien 0–2 nach Eichenholtz, wobei die Art und Dauer der Ruhigstellung kontrovers diskutiert wird [77]. Je nach Autor wird eine Druckentlastung mit einem Vollkontaktgips für 3–6–9 Monate empfohlen, mindestens aber bis zur Abheilung der Ulzerationen und Erreichen des Restitutionsstadiums. Die Erfolgschancen hängen vom Zeitpunkt des Therapiebeginns ab und sinken mit zunehmendem Gewicht. Während bei einem frühen Therapiebeginn im Prodromalstadium 0 eine Restitutio ad integrum erreicht werden kann, steigt die Komplikationsrate mit zunehmender Krankheitsdauer [53]. In ihrer Analyse konservativer Therapiemaßnahmen ermittelten Saltzmann et al. (2005) bei 115 Patienten bzw. 127 Füßen rezidivierende Ulzerationen bei 49 % der Füße und eine Amputationsrate von 2,7 % jährlich. [61]. Folglich erhöht das Auftreten von Ulzerationen die Amputationsrate. Trotz optimaler konservativer Therapie benötigen 29-41 % der Patienten im Verlauf eine operative Intervention [53,85]. Obwohl immer mehr Arbeitsgruppen eine frühzeitige chirurgische Therapie empfehlen, lehnen andere Eingriffe in den inflammatorischen Stadien 0–2 nach Eichenholtz aufgrund hoher Infektionsraten und Osteosyntheseversagen ab [42,65]. Das geeignete Stadium für eine stabilisierende chirurgische Intervention ist demzufolge bis dato das Restitutionsstadium. Für einige Autoren stellt die frühe Indikationsstellung im Stadium 1-2 jedoch die Therapie der Wahl dar, wenn bereits Deformitäten vorhanden sind. Der Outcome der frühzeitig behandelten Patienten ist, dem der klassisch therapierten Patienten gleichzusetzen. Ein häufiger Grund für eine retardierte chirurgische Behandlung ist die unklare Abgrenzung zwischen Inflammations- und Infektionszustand [23,45,69]. Die Indikationen teilen sich aktuell in drei Gruppen mit absteigender Indikationsstärke auf (Abb. 1). 15
Einleitung 3. Kontroverse Indikationen 1. Eindeutige Indikationen •Stadium 3 - 4 nach •In Kombination mit •Aktiver/ akuter Charcot 2. Relative Indikationen Eichenholtz anderen Faktoren Fuß (Eichenholtz 1-2) im •Scheitern der folgende: inflammatorischen konservativen Therapie •Progrediente und/oder Stadium mit •Starke Deformität oder starke Deformität •initialer Deformität Instabilität, die auf •Unmöglichkeit der und/oder konservativem Wege dauerhaften Entlastung •Gelenkdislokation nicht oder mit hohem •Mangelnde Compliance und/oder Misserfolgsrisiko •nicht plantigrader therapierbar sind Fußstellung •Rezdivierende, nicht beherrschbare Ulzerationen und Infekte •Akute, dislozierte Frakturen Abb. 1: Chirurgische Indikationen bei Patienten mit Charcot-Fuß-Deformität Eindeutige Kontraindikationen für die Charcot-stabilisierende Chirurgie sind akute Infektionen, eine Ostitis/Osteomyelitis und Phlegmone. Das chirurgische Therapieverfahren richtet sich nach dem anatomischen Befall (Klassifikation nach Sanders und Frykberg) und der zu korrigierenden Deformität. Die operativen Möglichkeiten reichen von einfachen Tenotomien oder Metatarsale-Kopf-Resektionen zur Korrektur von Krallen- oder Hammerzehen bis zu komplexen Osteosynthesen, Sehnenverlagerungen und Arthrodesen bei schweren Deformitäten. Zehen- oder Strahlenamputationen sind keine Seltenheit. Die postoperativen Komplikationen nach Charcot-stabilisierenden Maßnahmen können in allgemeine, bei chirurgischen Eingriffen der unteren Extremität vorkommende, und spezifische Komplikationen unterteilt werden. Allgemeine Komplikationen sind z. B. Thrombosen, Embolien, Infektionen, Beschädigungen benachbarter Gewebe/Strukturen oder Wundheilungsstörungen. Die spezifischen Komplikationen beinhalten Knocheninfektionen, Materialbruch und -versagen, sekundäre Osteosynthese- Instabilitäten und Dislokationen, nicht konsolidierende Arthrodesen, Pseudarthrosen oder Non-union-Situationen sowie unzureichende Repositionen bzw. insuffiziente Alignements. Solche Komplikationen führen häufig zu belastenden Revisionseingriffen mit teils langer stationärer Verweildauer. 16
Einleitung Das Ziel jeder chirurgischen Intervention ist die Wiederherstellung eines plantigraden belastbaren Fußes und die Vermeidung von Ulzerationen und Amputationen, um eine bestmögliche Lebensqualität für den Patienten zu erreichen. Die Therapieziele sind jedoch individuell an die Bedürfnisse im täglichen Leben und die Komorbiditäten des Patienten anzupassen. Nach dem operativen Eingriff ist eine temporäre postoperative Ruhigstellung notwendig. Eine konsequente Entlastung oder Teilbelastung mit 15 kg über 10–12 Wochen ist unabdingbar. Anschließend kann orthopädisches Schuhwerk angepasst werden. Regelmäßige Kontrollen in der Fußambulanz oder einer spezialisierten Abteilung sind unverzichtbar [53]. 1.8 Rekonstruktive Verfahren Initiale oder postoperative Defekte, die weder primär verschlossen werden können noch eine spontane oder induzierte Heilung per secundam erlauben, können nur mit plastischen Deckungsmethoden therapiert werden. Die Abklärung verschiedener Faktoren (pAVK, Anatomie der Gefäßversorgung, DM, Infektionen, exogene Noxen) sind ausschlaggebend für den Erfolg. Idealerweise sind dem plastischen Eingriff Charcot- stabilisierende Maßnahmen vorangegangen und Prädilektionsstellen für erneute Druckulzera beseitigt. Nach Vorbereitung des Empfängerareals (z. B. radikales Débridement, Vacuum assisted closure (V.A.C.) Therapie, Sicherung der Gefäßversorgung) kann der Defekt nach den Gesetzen der rekonstruktiven Leiter saniert werden, wobei Amputationen als ultima ratio gelten. Bei der Wahl des Spenderareals ist es ein wichtiger Aspekt, ob es sich bei dem betroffenen Fußabschnitt um ein Gewicht tragendes Areal, das starken Druck- und Scherkräften ausgesetzt ist, oder um reine Weichteile handelt. Die Möglichkeiten reichen von Spalthaut-Transplantationen über lokale Transpositions- oder Verschiebelappen bis zu freien Lappenplastiken. Bei freien Lappen sollte gut durchblutetes Spendergewebe verwendet und bei stark degenerierten Gefäßen möglichst End-zu-End-Anastomosen durchgeführt werden. Myokutane Lappen besitzen wegen der besseren Durchblutungssituation eine höhere Erfolgschance als fasziokutane Lappen. Die häufig multimorbiden Patienten zeigen aufgrund von Mikroangiopathien häufig Wundheilungsstörungen am Empfänger- und Spenderareal. Bis zur vollständigen Abheilung sind nicht selten mehrere Revisionseingriffe nötig [50]. 17
Einleitung 1.9 Ziel der Dissertation Die DNOAP stellt eine diagnostische und therapeutische Herausforderung dar. Aufgrund des Mangels von Studien mit hohem Evidenzgrad, gibt es aktuell keine standardisierten Konzepte zur Therapie des Charcot-Fußes. Insbesondere sind die Indikationen für eine chirurgische Behandlung strittig. Die Hauptursache für eine retardierte chirurgische Therapie ist die Gefahr schwerer postoperativer Komplikationen. Die Hauptziele der chirurgischen Behandlung sind die Vermeidung von Major-Amputationen und der Erhalt der Lebensqualität. Die vorliegende retrospektive klinische Studie untersucht den Ausgang verschiedener operativer Behandlungsstrategien. Die Auswertung der Fälle der interdisziplinären diabetischen Fußambulanz des Tettnanger Klinikums soll Aufschluss über folgende Fragestellungen geben: 1. Können Major-Amputationen durch dem Facharztstandard gerechte, operative Eingriffe verhindert werden? 2. Haben operative Eingriffe einen nachhaltig positiven Einfluss auf die Gehfähigkeit und Lebensqualität der Patienten? 3. Unterscheidet sich der Outcome nach einer chirurgischen Behandlung bei Patienten mit den Frühstadien 1- 2 bzw. Stadium 3 - 4 nach Eichenholtz? Des Weiteren sollen folgende Nebenfragestellungen analysiert werden: 4. Korreliert die Intensität der PNP mit dem Ausmaß der operativen Maßnahmen und wie wirken sich diese Faktoren auf den postoperativen Outcome aus? 5. Korreliert der Body-Mass-Index (BMI) mit der Indikationsstellung der Operationen (OPs)? 6. Besteht ein Zusammenhang zwischen der Ausprägung der PNP und dem Grad der Niereninsuffizienz bei Patienten ohne DM? 18
Patienten und Methoden 2 Patienten und Methoden Für das Projekt liegt ein Ethikvotum der Ethikkommission der Universität Ulm vor. 2.1 Patienten 2.1.1 Patientenkollektiv Eingeschlossen in die klinische Studie wurden Patienten, die im Klinikum Tettnang in der interdisziplinären Fußambulanz unter dem leitenden Arzt Dr. med. M. Pfeifer behandelt und einer chirurgischen Intervention zugeführt wurden. Die Identifikation der operativ versorgten DNOAP-Patienten erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Leiter unter Nutzung von technischen Hilfsmitteln [Computerprogramm ORBIS®, Diabetes-Patienten- Verlaufsdokumentation (DPV2®)]. Nach Analyse der Einschlusskriterien (s. 2.1.2) wurden 70 Patienten in die Studie aufgenommen. Die 17 Frauen und 53 Männer waren zwischen 23–79 Jahre alt. 19 Patienten wurden an beiden Füßen operiert, so dass 89 chirurgische Fälle analysiert wurden. Alle Patienten weisen eine PNP unterschiedlichen Ausmaßes auf. Bei 57 Patienten lag ein DM (Typ 1 und 2) vor, bei den restlichen 13 Patienten wurde keine medizinische Ursache für die PNP diagnostiziert. Bei 51 Patienten handelte es sich um langjährige, multimorbide Typ 2 Diabetiker. 2.1.2 Einschlusskriterien Ausgewertet wurden ausschließlich Patienten mit der klinischen Diagnose „Charcot-Fuß“ bzw. DNOAP durch die interdisziplinäre Fußambulanz. Die Klassifikation erfolgte nach der Definition der Erkrankung durch den Leiter der Ambulanz. Eine weitere Voraussetzung war die therapeutische operative Versorgung in domo durch die Abteilung für Unfallchirurgie und operative Orthopädie unter der Leitung von Chefarzt Dr. med. E. Weber. Das Mindestintervall zwischen der definitiven Versorgung und der Nachuntersuchung (s. 2.2.1) betrug 6 Monate. 19
Patienten und Methoden Der Grund für die operative Maßnahme war eine anatomische Fehlstellung, die durch orthopädisches Schuhwerk nicht versorgt werden konnte, nicht korrigierbar war oder die langfristig auch mit einer ausreichenden Schuhversorgung zu einer Exazerbation führen könnte. Die meisten Patienten zeigten eindeutige Indikationen für Charcot-stabilisierende operative Maßnahmen (Stadium 3–4 nach Eichenholtz). Weiter wurden Patienten mit kontroversen Indikationen eingeschlossen (Stadium 1–2 nach Eichenholtz) (s. 1.5, Abb. 1). Alle Patienten mit einer hochgradigen pAVK wurden präoperativ durch interventionelle Radiologie mittels einer perkutanen transluminalen Angioplastie (PTA) oder vaskulär- chirurgisch mittels einer Bypass-OP therapiert. Primär wurden 77 Patienten (97 chirurgische Fälle) identifiziert. Aufgrund des Nicht-Erscheinens zum regulären Nachuntersuchungstermin, fehlenden Einschlusskriterien oder Ablehnung der Teilnahme wurden 7 Patienten (5 Männer, 2 Frauen) bzw. 8 Fälle exkludiert. Gründe für das Nicht-Erscheinen waren eine schwere immobilisierende Komorbidität, ein Umzug oder der Tod des Patienten. 2.2 Methoden 2.2.1 Nachuntersuchung Die Nachuntersuchungen fanden vom 15. April 2015 bis zum 30. Oktober 2017 im Rahmen einer regulären oder notfallmäßigen ambulanten oder stationären Behandlung nach entsprechender Aufklärung statt. Alle Patienten wurden nach demselben Schema durch den Autor der vorliegenden Studie nachuntersucht. Der Anamnese folgte eine klinische Untersuchung in der Ambulanz. Der zu dem Zeitpunkt aktuelle Grad der PNP an beiden Füßen wurde über eine klinische Untersuchung nach den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) festgestellt [7]. Hierzu wurden die klinischen Symptome mit Hilfe des NDS und NSS ausgewertet (s. Anhang B1: Abb. 37, Abb. 38). Für die Bestimmung des NDS wurden folgende, bilaterale klinische Untersuchungen durchgeführt: 20
Patienten und Methoden • Achillessehnenreflex (Triceps-surae-Reflex) Der Achillessehnenreflex wurde im Liegen bei leicht flektiertem Kniegelenk, der Unterschenkel auf dem kontrolateralen Unterschenkel ruhend, mit einem Babinski- Reflexhammer getestet. Nach Vorspannung der Achillessehne durch leichte passive Dorsalextension des Fußes wurde die Sehne wiederholt mit jeweils einer Ruhephase von einigen Sekunden perkutiert. Die Reflexantworten wurden in „normal“, „abgeschwächt“ und „fehlend“ eingeteilt. • Schmerzempfinden (Algesie) Mit der Spitze eines Babinski-Reflexhammers wurde ein Schmerzreiz mittels Druckausübung auf dem Fußrücken ausgelöst. Dabei wurden die Patienten darüber aufgeklärt, dass sie ausschließlich Schmerzreize und keine Miss- oder Berührungsempfindungen angeben sollten. Hyperkeratosen wurden ausgespart. Das Schmerzempfinden wurde als „defizient“ oder „vorhanden“ eingestuft. • Temperaturempfinden (Thermästhesie) Die Warm-Kalt-Diskriminierung wurde mit Hilfe eines kleinen zylinderförmigen Werkzeugs mit einem Kunststoff- und einem Metallende (TipTherm©) getestet. Bei Zimmertemperatur hat das Metall aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften eine geringere Temperatur als der Kunststoff. Die Patienten sollten verblinded Wärme und Kälte unterscheiden. Getestet wurden die plantar- und dorsalseitigen Areale des Vor- und Mittelfußes unter Aussparung verhornter Stellen. Das Temperaturempfinden wurde als „normal“ oder „abgeschwächt/fehlend“ eingestuft. • Vibrationsempfinden (Pallästhesie) Im Rahmen der Methode nach Rydel-Seiffer wurde mit einer geeichten 128-Hz-Stimmgabel das Vibrationsempfinden geprüft. Das Empfinden wurde zuerst distal über dem dorsomedialen Großzehengrundgelenk geprüft und bei einer Defizienz am Malleolus medialis. Als normwertig galten Empfindungen von ≥ 5/8 auf der Stimmgabelskala an mindestens einer der beiden Stellen. Unter diesem Wert wurde das Vibrationsempfinden als defizient bezeichnet. Zur Kontrolle wurde das Empfinden der Vibration zuerst am Handgelenk demonstriert. 21
Patienten und Methoden • Epikritisches Berührungsempfinden Das oberflächliche Berührungsempfinden wurde mit einem 10 g Monofilament plantar am distalen Metatarsale I und II geprüft. Bei einer Defizienz wurden zusätzlich die plantare Basis des Metatarsale II und III getestet. Anschließend wurde eine photographische und wenn notwendig radiologische Dokumentation veranlasst. Zur Erhebung der subjektiven Lebensqualität wurde gemeinsam mit den Patienten ein Fragebogen ausgefüllt, um Verständnisproblemen vorzubeugen und eine Hilfestellung bei unsicheren Antworten zu gewährleisten. Dabei wurde darauf geachtet, keinen Einfluss auf die Ergebnisse zu nehmen. Zur Quantifizierung der Lebensqualität diente der Barthel-Index (s. Anhang B2: Abb. 39) [43]. 2.2.2 Klinische Daten Erhoben wurden die klinischen und biochemischen Daten des Patientenkollektivs zum Zeitpunkt vor der ersten operativen Intervention. Die Daten wurden nach der Aufklärung der Patienten und nach deren Einwilligung aus den Papierakten und digitalen Archiven der Abteilung extrahiert. Folgende klinische Daten wurden erhoben: • Geschlecht • Geburtsdatum • Größe und Gewicht • HbA1c-Wert • DM und DM-Typ (1 und 2), Jahr der Erstdiagnose • PNP, Jahr der Erstdiagnose • NDS und NSS (s. Anhang B1: Abb. 37, Abb. 38) • Eichenholtz-Stadium (s. 1.5, Tab. 1) • Typ nach Sanders und Frykberg (s. 1.5, Tab. 2) • Operierte Seite (linker oder rechter Fuß) • Bilateralität der neuropathischen Erkrankung • Therapie mit oralen Antidiabetika und Insulin 22
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