Patientenverfügung und Trauma - Klaus Hellwagner
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Grundlagen und Ziele • Schutz der Privatautonomie • Schutz des Selbstbestimmungsrechtes • Respekt unterschiedlicher Lebensentwürfe • Stärkung der Patientenrechte • Achtung der Menschenwürde
Leitend ist immer der Patientenwille! • Wer entscheidet bzw. verleiht diesem Willen Ausdruck? • Der Patient kann selbst entscheiden (erklärter Patientenwille) • Bevollmächtigter des Pat. entschiedet in Vertretung kraft einer erteilten Vollmacht in Orientierung am mutmaßlichen Patientenwillen – Vorsorgevollmacht (§ 284f ff ABGB) • Betreuer/Angehöriger entscheidet in Vertretung des Pat. kraft eines vom Gericht erteilten Auftrages in Orientierung am mutmaßlichen Patientenwillen (§ 268 ff ABGB) • Arzt entscheidet in Orientierung am mutmaßlichen Patientenwillen, wenn ein Bevollmächtigter oder Betreuer nicht ermittelt werden kann Vgl. A.T. May Patientenverfügung – Rivalität oder Verbindungslinien zwischen den medizinethischen Prinzipien Patientenautonomie und Fürsorge in Schriftreihe Ethik und Recht in der Medizin Band 1
Lösungsansatz Patientenverfügung • Vorausgreifende Selbstbestimmung • Willensbekundung einer Einwilligungsfähigen Person zu medizinischen Maßnahmen für den Fall des Verlustes der Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder Äußerungsfähigkeit.
Konfliktfeld • Der Patient hat das Entscheidungsrecht medizinische (und pflegerische!) Behandlungen zu gestatten oder zu verweigern. • Auch unvernünftige ev. lebensbedrohliche Entscheidungen des einsichts- und urteilsfähigen Patienten sind zu respektieren. • Das Selbstbestimmungsrecht steht über der Schutzpflicht anderer für sein Leben! • Das Selbstbestimmungsrecht steht über dem Gewissen des Arztes (different z.T. bundesdeutsche Rechtsprechung)
Patientenverfügung • Nur für medizinische Maßnahmen möglich (§ 2 Abs 1 PatVG). • Pflegerische Maßnahmen können nicht über eine Patientenverfügung geregelt werden.
Probleme der Patientenverfügung • Es kann nur eine medizinische Handlung abgelehnt werden! • Aktives Handeln im Sinne einer Sterbehilfe ist nicht möglich bzw. kann nicht Gegenstand einer Patientenverfügung sein. • Interpretation der Patientenverfügung – Was hat der Patient wirklich gemeint? Ist die Situation eingetreten? • Der Stand der medizinischen Wissenschaft bei Abfassen der Verfügung im Vergleich zum Zeitpunkt der Wirksamkeit. (§10 Abs. 1)
Probleme der Patientenverfügung • Ist die medizinische Entscheidungssituation hinreichend konkret beschrieben? Qualität der ärztl. Aufklärung • Ist die Patientenverfügung schriftlich abgefasst bzw. in sonstiger Form verlässlich dokumentiert? • Dem Abfassen ist eine geeignete Beratung voraus gegangen? – Ärztlich/Juristisch? • Zeitliche Relevanz – Alter der Patientenverfügung!
Qualität der Patientenverfügung • Verbindliche Patientenverfügung • Formvorschriften eingehalten • Max. 5 Jahre verbindlich • Beachtliche Patientenverfügung • Formvorschriften nicht eingehalten • Zeitintervall überschritten Wie beachtlich ist beachtlich?
Formvorschriften – Verbindliche Verfügung • Konkrete Bezeichnung der abgelehnten medizinischen Maßnahmen • Dokumentierte umfassende ärztliche Beratung des Patienten einschließlich Information über Wesen und Folgen der Patientenverfügung. (§ 5 PatVG) • Ärztliche Beurteilung und Bestätigung der Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Patienten zum Zeitpunkt der Beratung. (§ 5 PatVG) • Errichtung vor einem Rechtsanwalt, Notar oder rechtskundigem Vertreter einer Patientenanwaltschaft inkl. Aufklärung über die jederzeitige Widerrufbarkeit. (§ 6 PatVG)
Verbindlichkeit • Arzt (und Pflegepersonal) sind an den Willen des Errichters gebunden. Dieser Wille ist bei Nichtbeachtung einklagbar. • Arzt (und Pflegepersonal) haften für nachteilige Folgen bei Nichtbeachtung der Patientenverfügung. z.B. Hirnschaden nach nicht gewollter Beatmungstherapie. Vgl. Neumayr, Das neue Patientenverfügungsgesetz-Schadenersatzrechtliche Folgen, in Körtner et al. Das österreichische Patienteverfügungsgesetz, Springer Verlag 2007, S.172-184 • Probleme • Interpretation des geäußerten Willens • Stand der medizinischen Wissenschaft zum Zeitpunkt der Abfassung • Was ist ein Widerruf??
Beachtliche Patientenverfügung • Abgelaufene verbindliche Patientenverfügung • Jede nachweisliche (in der Regel schriftliche) Willensäußerung des Patienten zu seiner medizinischen Behandlung. • Lässt dem medizinischen Personal einen Ermessensspielraum, muss aber in die Beurteilung der weiteren Maßnahmen einbezogen werden. Dokumentation!
Ethische und Praktische Schwierigkeiten • Interpretation der Verfügung • Wie beachtlich ist beachtlich? • Was ist schon aktive Sterbehilfe, was ist die Akzeptanz eines natürlichen Verlaufes. • Umgang mit Angehörigen – Akzeptanz des Patientenwillens durch Angehörige, Ängste/Zusammenbruch der Angehörigen! • Beendigung bereits eingeleiteter Maßnahmen nach Auffindung einer Patientenverfügung (z.B. Beatmung) • Recht auf Leben bedeutet keine Pflicht zu Leben!
Ablauf der verbindlichen Patientenverfügung • 5 Jahre nach Errichtung – danach BEACHTLICH • Kein Ablauf wenn der Pat. sie aufgrund des Verlustes der Einsichts- , Urteils- und Äußerungsfähigkeit nicht mehr erneuern kann. Die Verfügung bleibt verbindlich!
Patientenverfügung im Notfall/Trauma • Patientenverfügung gilt auch in Notfallsituationen! • ABER die Suche nach einer Patientenverfügung (bzw. Interpretation einer Patientenverfügung) darf die unbedingt notwendige Versorgung nicht verzögern! (§ 12 PatVG)
Probleme nach der Notfallversorgung • Abbruch von am Notfallort eingeleiteten Maßnahmen • Infusionstherapie/Kathecholamintherapie • Narkose/sedierung • Beatmungstherapie • Verweigerung lebensrettender medizinischer Maßnahmen • Bluttransfusion • Verweigerung der Sondenernährung
Zweifel an Verbindlichkeitsvoraussetzungen • Zweifel am Vorliegen der Verbindlichkeitsvoraussetzungen • Anregung! auf Bestellung eines Sachwalters • Zweifel am Vorliegen eines wesentlichen medizinischen Fortschrittes • Anregung! auf Bestellung eines Sachwalters Das Gericht hat vorab die Patientenverfügung zu prüfen, ob die vorhandene Verbindlichkeit die Bestellung eines Sachwalters ausschließt! Vgl. Memmer, Das Patientenverfügungsgesetz 2006, RdM 06/2006
Weitere Instrumente der Vorsorge • Vorsorgevollmacht (ABGB § 284f ff) • Vertretungsbefugnis naher Angehöriger (ABGB § 284b ff) • Sachwalterschaft (ABGB §268 ff)
Sachwalter • Voraussetzung: psychische Erkrankung oder geistige Behinderung (weiter gefasst als der med. Begriff!) • Antrag! durch die zu besachwalternde Person • Von Amts wegen - auf Anregung! • Als letzte Stufe wenn andere Instrumente nicht ausreichen bzw. nicht vorhanden sind. • Sachwalterschaft ist immer an die Möglichkeiten der besachwalterten Person anzupassen.
Sachwalterschaft • Sachwalterschaft steht immer unter gerichtlicher Kontrolle (Genehmigung des Gerichtes bei wichtigen Angelegenheiten notwendig). • Sachwalterschaft kostet 5% der Einkünfte des Beschwalterten nach Steuern. • Medizinischen Behandlungen muss grundsätzlich auch die behinderte/besachwalterte Person zustimmen. • Sonst bei schwerwiegenden Maßnahmen ärztliche Zweitmeinung bei hartnäckiger Ablehnung durch die behinderte Person Zustimmung des Gerichtes notwendig.
Zusammenfassend • Patient • Patientenverfügung – gilt unabhängig vom medizinischen Ereignis • Verbindlich – Formerfordernis • Beachtlich – Jede Form möglich • Vorsorgevollmacht • Wenn medizinische Maßnahmen beinhaltet sein sollen – Rechtsanwalt, Notar, Gericht • Dritte Personen • Vertretungsrecht naher Angehöriger • Sachwalterschaft – Anregung bei Zweifel an der Patientenverfügung möglich • Gerichtliche Kontrolle
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit Fragen? Diskussion?
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