Pflanzen-geschichten - alpenverein.de - Deutscher Alpenverein

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Pflanzen-
geschichten
Brauchtum, Sagen und Volksmedizin
zu 283 Pflanzen der Alpen

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Als langjähriger Partner kooperiert die Versicherungskammer
                                         Bayern bereits seit 1997 mit dem Deutschen Alpenverein
                                         und unterstützt eine Vielzahl von Projekten. Seit 2008 engagiert
                                         sich die Versicherungs­kammer Bayern als Partner im
                                         gesamten Bereich Hütten, Wege und Naturschutz des DAV.
                                         Infos: www.versicherungskammer-bayern.de

                                         Näheres zur UN-Dekade Biologische Vielfalt auf Seite 83

Impressum
Herausgeber:
Deutscher Alpenverein e.V.
Von-Kahr-Str. 2-4
80997 München
Tel. 089/140 03 - 0
Fax: 089/140 03 - 23
E-Mail: info@alpenverein.de
Internet: www.alpenverein.de
Konzeption und Autorin: Annette Saitner | Lektorat: Marion Pufahl | Schlussredaktion: Stefan Witty |
Titelfoto (Gletscher-Hahnenfuß, Informationen auf Seite 52): DAV | Zeichnungen: Barbara Steinmetzer |
Karte nach H. Ellenberg: Eva Schmidt-Speer | Gestaltung: Gschwendtner & Partner, München | Druck:
Kastner & Callwey Medien GmbH, Forstinning | 7. Auflage: 5000 Exemplare, Juni 2016 | Alle Angaben zu
den Pflanzengeschichten ohne Gewähr. | Nachdruck, auch auszugsweise nicht ohne vorherige Genehmi-
gung durch den Herausgeber.
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Brauchtum, Sagen und Volksmedizin
         zu 283 Pflanzen der Alpen

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Vorwort
Wer hatte nicht schon einmal den Wunsch, bei der Bergtour die eine oder andere Pflanze
zu kennen? Zu verwirrend ist jedoch oft die Blütenpracht der alpinen Matten und Felsen
für den interessierten Laien. Und, bis zum nächsten Sommer ist das mühsam bestimmte
Pflänzchen wieder vergessen. Genau hier setzen die Pflanzengeschichten an: Denn wenn
man weiß, dass das Kriechende Gipskraut früher als Feinwaschmittel, speziell für Wolle,
verwendet wurde oder dass der Kleine Wiesenknopf noch heute als nussartiger Salat
und als Gewürz für Suppen und Eintöpfe genutzt wird, dann kann man sich die Pflanzen
auch leichter merken.

Die in diesem Büchlein gesammelten Notizen zu verschiedenen Pflanzenarten sollen
daher eine Ergänzung zu den üblichen Bestimmungsbüchern darstellen. Die Auswahl der
Informationen erfolgte aufgrund langjähriger Erfahrungen bei vielen Exkursionen mit
DAV-Gruppen. Durch aufmerksame Teilnehmer kristallisierten sich bestimmte Interes-
sensgebiete heraus. Ihnen sei deshalb an dieser Stelle besonders gedankt.

Die Broschüre umfasst nur Arten, die im Alpenraum und im Alpenvorland vorkommen.
Sehr seltene Arten wurden ebenso wenig wie Wasserpflanzen und reine Kulturpflanzen
aufgeführt. Die Arten­liste wurde aus praktischen Erwägungen (Eindeutigkeit) nach dem
Alphabet der botanischen Namen geordnet. Wo Informationen grundsätzlich für eine
ganze Gattung gelten, wurden diese separat aufgeführt. Die jeweils wichtigsten Hin-
weise zu den Pflanzen wurden thematisch geordnet: Besonderheiten des Aussehens,
Anpassungen an die Umweltbedingungen, Pflanzensoziologie, Vermehrungs- und Ver-
breitungsbiologie, Herkunft der Art, Duft, Namensherkunft, Giftigkeit, medizinische und
volksmedizinische Anwendung, Nahrungsbedeutung für Mensch und Tier, Verwendung
als Genussmittel, kosmetische Verwendung, handwerkliche und industrielle Verwen-
dung, Brauchtum, Sagen, Aberglaube, Zauberkraft und Volksnamen.

Ein großer Teil der Alpenpflanzen ist geschützt bzw. im Bestand gefährdet. Die Hinweise
auf medizinische Verwendung oder Essbarkeit bedeuten nicht, dass ihr Abpflücken oder
gar Ausgraben erlaubt ist. Weil aber in den Bundesländern und den Alpenstaaten die
Regelungen unterschiedlich sind, wird in diesem Büchlein nicht darauf eingegangen.

So, jetzt brauchen Sie nur noch eines der im Anhang aufgeführten Bestimmungsbücher
und schon kann es losgehen. Haben Sie keine Angst vor der Vielfalt unserer alpinen
Flora! Versuchen Sie sich auf jeder Bergtour lediglich zwei neue Pflanzen zu merken. Das
sind dann bei zehn Touren in der Saison jedes Jahr 20 neue Pflanzen. Probieren Sie
es einfach aus!

Annette Saitner

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Acer pseudoplatanus
                                                  (Berg-Ahorn)                                        A
                                                  Aceraceae (Ahorngewächse)
                                                  Maximal 30 bis 40 Meter hoch, wird bis 500
                                                  Jahre alt. In der Forstwirtschaft Umtriebszeit
                                                  120 bis 140 Jahre. Kennart des Aceri-Fraxinetum
                                                  (Schluchtwald). Samen sind typische Schrau-
                                                  benflieger, mit etwa 16 Umdrehungen pro Sekun-
                                                  de. Blutungssaft des zeitigen Frühjahrs wurde
                                                  früher zur Zuckergewinnung genutzt. Saft kann
                                                  auch zu einem most- oder weinähnlichen Ge-
Arnica montana                                    tränk vergoren werden. Verwendung des Laubes
(Echte Arnika,
Bergwohlverleih)
                                                  als Schaf- und Ziegenfutter und als Streu. Gutes
                                                  Holz für Tischler- und Drechslerarbeiten (Werk-
                                                  zeugstiele, Streich­instrumente, Parkettböden,
                                                  Wirtshaustische…) und zum Schnitzen. Schon
                                                  die Pfahlbauer der Stein- und Bronzezeit ver-
                                                  wandten ihn häufig. An Straßen wegen großer
                                                  Blätter relativ guter Lärmschutz, doch streusalz-
                                                  empfindlich. So genannte Ahornböden auf Alm-
                                                  wiesen sind durch Förderung der Art durch den
                                                  Menschen entstanden.

                                                  Achillea clavennae
                                                  (Bittere Schafgarbe, Steinraute)
                                                  Asteraceae (Korbblütler)
Abies alba                                        Enthält wie die meisten Schafgarbe-Arten äthe-
(Weiß-Tanne, Edel-Tanne)                          rische Öle und die Bitterstoffe Achillein und
                                                  Moschatin. Duftet aromatisch-würzig. Die Älpler
Pinaceae (Kieferngewächse)                        benennen sie, wie andere Alpenblumen auch,
Bis 60 Meter (maximal 75 Meter) hoch, wird bis    Speik oder Weißer Speik. Wegen ihres bitter-
600 Jahre alt. In der Forstwirtschaft Umtriebs-   würzigen Geschmacks wird sie auch Almwermut
zeit 90 bis 130 Jahre. Pfahlwurzel/Herzwurzel.    genannt. Seltener als die Moschus-Schafgarbe
Nadelblätter mit zwei Wachsstreifen auf der Un-   wird auch die Steinraute als Heilkraut bei Ma-
terseite („Skispur“), dort die Spaltöffnungen:    gen-, Darm- und Leberleiden sowie als Wund-
besonderer Transpirationsschutz. Nadeln bei       kraut verwendet. Steht als Zauberpflanze in
gesunden Pflanzen etwa zehn bis zwölf Jahre       hohem Ansehen: Die Älpler räuchern damit ihre
alt werdend. Die vom Waldsterben am stärk-        Almhütten und Ställe aus als Schutz vor den
sten betroffene Baumart. Wertvolles Bauholz,      Hexen. In manchen Gegenden auch Bestandteil
sehr leicht. Der so genannte Grasbesen wurde      des Viehschmucks zum Almabtrieb. In den fran-
aus drei etwa 1,5 Meter langen Tannenästen ge-    zösischen Alpen legt man Kindern die Blätter auf
bunden, gut für große Kehrflächen und auch als    die Augen, um ihnen einen friedlichen Schlaf
Türvorleger.                                      und schöne Träume zu sichern.

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Achillea moschata                                    Ajuga pyramidalis
(Moschus-Schafgarbe)                                 (Pyramiden-Günsel)
Asteraceae (Korbblütler)                             Lamiaceae (Lippenblütler)
Gehört zu den Schuttwanderern. Wächst auf            Hochblätter im Blütenstand bilden wirksame
kalkarmen Standorten und bildet mit der              Schutzdächer für die Blüten gegen Regen, ihre
Schwarzen Schafgarbe (A. atrata) auf Kalk ein        rotviolette Farbe erhöht die Signalwirkung
„vikariierendes Artenpaar“. Duftet aromatisch-       der hellblauen Blüten. Zottige Behaarung des
würzig, enthält Bitterstoffe wie Ivain, Moschatin,   Kelches schützt die Blüte vor kleinen, krie-
Achillein, Harzsäure und das stark aromatische,      chenden Insekten. Nektar ist zusätzlich durch
pfefferminzähnliche Ivaöl. In der Volksheilkunde     einen steifen, nach oben gerichteten Haarring
bei Appetitlosigkeit, Erkrankungen von Magen,        gesichert. Früchte mit fleischigen, ölhaltigen An-
Darm und Leber, bei Nervenschwäche und äu-           hängseln (Elaisomen) werden von Ameisen ver-
ßerlich als Wundmittel eingesetzt. Iva, der ro-      schleppt, deshalb ungleichmäßiges Auftreten
manische Volksname der Pflanze, leitet sich vom      in verschiedenen Pflanzengesellschaften. Alte
lateinischen Wort abgigere (= abtreiben) her         Heilpflanze, als Wundmittel und bei Stoffwech-
und deutet auf eine Verwendung als Abortivum.        selstörungen.
In der Schweiz wird daraus seit mehr als 100 Jah-
ren ein Alpen-Kräuterlikör hergestellt („Ivabit-
ter“). Weitere Volksnamen sind Jochkamille und       Alchemilla vulgaris agg.
Frauenraute.                                         (Gemeiner Frauenmantel,
                                                     Wiesen-Frauenmantel)
Aconitum (Eisenhut-Arten)                            Rosaceae (Rosengewächse)
Ranunculaceae (Hahnenfußgewächse)                    Sammelart vieler, teils schwer unterscheidbarer
Die Gattung Eisenhut gilt als arktische Gattung      Kleinarten. Blätter mit Wasser abstoßender
aus dem Tertiär, die sich von Sibirien aus über      Wachsschicht. Scheidet in den Blattzahnwinkeln
Europa, Asien und Amerika ausgebreitet hat,          aktiv Wassertropfen aus (Guttation), besonders
wobei als Auslöser der pflanzlichen Wanderung        in schwülen Nächten, um den Saftstrom in Gang
die Eiszeiten gelten. „Kraftblume“: Nur Hum-         zu halten. Daher auch der Volksname Tauman-
meln können die Oberlippe (Helm) hochdrü-            tel. Die Guttationstropfen (das „himmlische
cken. Eisenhut-Arten kommen nur im Verbrei-          Wasser“) besaßen nach der mittelalterlichen
tungsgebiet von Hummeln vor. Eisenhut-Arten          Alchimie (botan. Name!) angeblich Wunderkräf-
enthalten die Alkaloide Aconitin und Napellin,       te, mit ihnen konnte man unedles Metall in Gold
ersteres eines der stärksten bekannten Pflan-        umwandeln. Wegen der Ähnlichkeit der Blätter
zengifte, am meisten in den Wurzelknollen. Es        mit einem Frauenmantel wurden sie schon früh
wird bereits von der unverletzten Haut aufge-        in der Frauenheilkunde verwendet und sind da-
nommen und kann bei zarthäutigen Personen            für nach wie vor bewährt. Im Mittelalter glaubte
zur Nesselbildung führen. Schon wenige Gramm         man sogar, dass ein Bad in Frauenmanteltee
können für den Menschen tödlich sein. Giftigste      verloren gegangene Jungfräulichkeit wieder her-
Pflanze Europas. Das Rhizom wurde früher arz-        stellen könne. Blätter gerbstoffreich, wirken zu-
neilich (gutes Beruhigungsmittel, schmerzlin-        sammenziehend. Wundkraut, fördert Heilungs-
dernd) und für Pfeil- und Mordgift verwendet.        prozesse, harntreibend, bei Darmbluten und
Auch wichtig in der Homöopathie als wirksames        Durchfall, verwendet als Herztonikum, bei Bin-
Mittel bei Erkältungskrankheiten, Neuralgien         dehautentzündung, inneren Verletzungen und
und Gelenkserkrankungen.                             bei Akne. Auch als Tee bei Magen- und Darmver-

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stimmungen. Blätter können auch als Gemüse           Androsace chamaejasme
und Beigabe für Salate verwendet werden. Auch
altes Zauberkraut, das besonders gegen das           (Zwerg-Mannsschild)                                A
Verwünschen von Vieh wirksam sein sollte. Bei        Primulaceae (Primelgewächse)
den Germanen galt er der Göttin Freya geweiht,
in Island gilt er noch heute als heilige Pflanze.    Ausgesprochen wind- und kälteresistent, kann
Das Christentum hat die kultische Bedeutung          mit grünen Blättern und ausgebildeten Blü-
dieser Pflanze übernommen und auf die Mutter-        tenknospen auf schneefrei geblasenen Graten
gottes übertragen (Liebfrauenmantel).                Temperaturen von minus 38 Grad Celsius und
                                                     Windstärken von 40 Metern pro Sekunde (= 144
                                                     Stundenkilometer) überleben. Nektar wird nur
Allium victorialis                                   bei günstigem Wetter abgesondert. Weiße Blü-
(Allermannsharnisch, Siegwurz)                       te mit gelbem Schlund. Die Blüte wechselt nach
                                                     der Bestäubung die Farbe: Die gelben Saftmale
Alliaceae (Zwiebelgewächse)                          werden karminrot, die weißen Kronenzipfel ver-
Blätter und Zwiebel früher als Beigaben zu Sa-       färben sich rosenrötlich.
lat und Gemüse oder als Gewürz verwendet.
Uraltes Zauberkraut, dessen Zwiebel die Trä-         Androsace helvetica
ger hieb- und stichfest machen und zum Siege
führen sollte. Anlass zu diesem Glauben war          (Schweizer Mannsschild)
wohl, dass die Zwiebel von zahlreichen netzig-       Primulaceae (Primelgewächse)
faserigen Hüllen umgeben, also „geharnischt“
ist. Soll auch Blut stillen und Frauen die Geburt    Der botanische Name stammt von andros
erleichtern. Wer die Zwiebel in der Hosentasche      (= Mann) und sakos (= Schild), er wurde erst
bei sich trägt, braucht die bösen Geister nicht      im 16. Jahrhundert von einer Algenart auf die-
zu fürchten. Kreuzweise über die Stalltüre ge-       se Pflanze übertragen. Eine einzelne Pflanze
nagelt, bewahrt sie das Vieh vor Hexen, und          erreicht bis 15 Zentimeter Durchmesser und
den Kindern in die Wiege gelegt, schützt sie vor     ist dann mindestens 50 bis 60 Jahre alt. Schul-
dem „Verschreien“. Ein menschenähnlich ge-           beispiel für Polsterwuchs bei alpinen Pflanzen:
formter Wurzelstock heißt Glücks-Heinzel oder        Abgestorbene Blätter im Inneren bilden Humus,
Galgenmännchen; wer ihn um den Hals trägt,           der schwammartig Wasser aufsaugt. Das tro-
ist gefeit gegen alle bösen Einflüsse, hat Glück     ckene Polster kann bis zu 160 Prozent seines
in der Liebe und im Spiel und bleibt verschont       Eigengewichtes an Wasser aufnehmen. Blät-
von dem Gift der giftigen Natter. Solche Wurzel-     ter klein und behaart als Klimaanpassung. Hat
stöcke heißen auch Alraun (echte Alraune von         starke Pfahlwurzel, die tief in der Felsspalte
Mittelmeerpflanze), noch heute wird so eine          verankert ist. Bröckelt Gestein heraus, kann aus
Allermannsharnisch-Alraune aus dem Besitz            dem aufliegenden, halbkugeligen Polster eine
Kaiser Rudolf II. in der Wiener Hofbibliothek auf-   vollständige Kugel werden, die an der Pfahlwur-
bewahrt. Eine Schweizer Sage erzählt, dass sich      zel hängt. Die Verbreitung der Samen erfolgt im
Zwerge auf dem Rückzug vor der Zivilisation in       Winter durch den Wind, die Pflanze ist Frost-
den Wurzelstock des Allermannsharnisch ver-          keimer. Endemisch alpin, Nunatakker-Pflanze
wandelt haben.                                       (überdauerte die Eiszeiten auf schneefreien Gip-
                                                     feln – Nunatakker heißen bei den Inuit die aus
                                                     der Gletscherfläche herausragenden Felsgipfel).

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Anemone (Anemonen-Arten)                            Anthyllis vulneraria
Ranunculaceae (Hahnenfußgewächse)                   (Echter Wundklee)
Der Name geht auf die Antike zurück; Plini-         Fabaceae (Schmetterlingsblütler)
us bringt ihn mit dem griechischen anemos           Gehört zu den wichtigsten Rohbodenfestigern,
(= Wind) in Verbindung. So zart diese Blumen        Pionier auf Erdabrissen und Lawinenanrissen,
erblühen, so rasch vergänglich ist ihre Schön-      auf Straßenböschungen vielfach angebaut.
heit. Dazu Ovid: „Doch kurz nur freust Du Dich
                                                    Symbiose mit Stickstoff bindenden Bakterien
ihrer: Locker haftend und allzu leicht zum Fallen
                                                    in Wurzelknöllchen. Wird in der Volksmedizin
geneigt, wird bald von dem Wind, der den Na-
                                                    zur Heilung von Wunden und als Hustenmit-
men ihr gibt, verweht die Blüte“. Nach der grie-
                                                    tel benutzt. Verwendet werden die Blüten, die
chischen Mythologie sollen Anemonen aus den
Tränen der Aphrodite entsprossen sein, als die-     Saponine, Gerbstoffe, Schleim und Farbstoffe
se den Tod des Adonis beweinte. Alle Arten im       enthalten. Der frische Absud wird zum Heilen
frischen Zustand durch Protoanemonin schwach        von Wunden und schlecht heilenden Geschwü-
giftig, deshalb früher für Pfeilgift verwendet.     ren bei Mensch und Vieh eingesetzt. Der Ge-
Beim Trocknen und Kochen wird das enthaltene        brauch als Wundmittel geht vermutlich auf die
Gift in das ungefährliche Anemonin umgewan-         Signaturenlehre zurück, wonach im Mittelalter
delt. Im frischen Futter können Anemonen Ver-       vom Aussehen einer Pflanze auf ihre Wirkung
giftungen beim Vieh hervorrufen. Im Mittelalter     geschlossen wurde (Blütenknospe oft rot über-
waren die meisten Anemonen als Heilpflanzen in      laufen). Als Tee getrunken, wirkt er leicht abfüh-
Gebrauch, später arzneilich als blasenziehendes     rend, magenstärkend und blutreinigend, auch in
und hautreizendes Mittel. Heute Verwendung          Kräuterteemischungen. Ist auch ein altes Zau-
des frisch gepressten Safts in der Homöopathie.     berkraut, das in die Gruppe der Beruf- oder Be-
                                                    schreikräuter gehört. Kleinen Kindern legte man
                                                    es in die Wiege, um sie vor dem „Verschreien“
Antennaria dioica                                   zu schützen (Schreiklee). Der Bekanntheitsgrad
(Gemeines Katzenpfötchen)                           der Pflanze spiegelt sich in ihren vielen Volksna-
Asteraceae (Korbblütler)                            men: Schöpfli, Wollklee, Bärenpratzen, Hasen-
                                                    klee, Katzenklee, Katzenbratzerl, Muttergottes-
Die Blütenkörbchen sind von trockenhäu-             Schühlein, Frauenkapperl, Taubenkröpferl usw.
tigen, kahlen Hochblättern umhüllt. Bei den
männlichen Pflanzen sind sie meist weiß, bei
den weiblichen meist rosa. Botanischer Name         Aquilegia (Akelei-Arten)
kommt vom lateinischen Wort antenna (= Füh-         Ranunculaceae (Hahnenfußgewächse)
ler). Die Haarenden der Blütenhaarkronen sind
wie die Fühler der Tagfalter keulenförmig ver-      Giftverdächtig. Wurzeln, Blüten und Samen wur-
dickt. Der Blütenstand ähnelt der Unterseite        den im frühen Mittelalter gegen Geschwüre,
einer Katzenpfote. Alte Heilpflanze, vor allem      Ausschläge und Krebs angewandt, in der Renais-
bei Gallenbeschwerden. „Katzenpfötchentee“          sance auch als Aphrodisiakum. Angeblich gutes
stammt von einer anderen Pflanze. Auch an Kü-       Viehheilkraut gegen das Aufblähen; heilt Fisteln,
sten wachsend, dort das „Edelweiß der Dünen“        Grind und Ausschläge. Der Samen sollte gut ge-
genannt.                                            gen Gelbsucht sein. Wirkt gegen Verzauberung
                                                    durch Nestelknüpfen. Die auffallende Blüten-
                                                    form gab Anlass zu vielen Volksnamen wie Zi-
                                                    geunerglocken, Teufelsglocken, Kaiserglocken,
                                                    Narrenkappen und Tintenglocken.

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Armeria alpina                                      Artemisia (Beifuß-, Wermut-
(Alpen-Grasnelke)                                   und Eberrauten-Arten)                              A
Plumbaginaceae (Bleiwurzgewächse)                   Asteraceae (Korbblütler)
Rund 200 Grasnelken-Arten weltweit, davon           Fast alle Arten der Gattung enthalten viele Bit-
nur zwei in höheren Alpengebieten. Die Alpen-       terstoffe und ätherische Öle. Schon in der An-
Grasnelke ist in den Alpen selbst entstanden, wo    tike als Heil- und Gewürzpflanzen bekannt. Der
sie in den Randrefugien der Ost- und Südalpen       Name Artemisia soll auf die Göttin Artemis, die
(dort noch heute Hauptvorkommen) und ver-           Geburtshelferin, zurückgehen. Echter Wermut
einzelt auch auf Nunatakkern in den Nordalpen       (Artemisia absinthium), wichtiger Bestandteil
die Eiszeiten überstanden hat. Dazu befähigte       von Absinth, ist in größeren Mengen schädlich.
sie ihre ausgeprägte Frosthärte sowie ihre Vor-     Alle Artemisia-Arten sind rein weißmagische
liebe für steile Südhänge. Fruchtstände sind        Kräuter und wurden zum Schutz gegen Blitz und
Wintersteher. Blüte strömt einen zarten Cuma-       Hagel für Haus und Feld und als Zaubermittel für
ringeruch aus. Der Volksname Schwundkraut           Rituale verwendet oder in den Schuhen getra-
erinnert an Verwendung als Heilpflanze gegen        gen. Beifuß galt als Liebeszaubermittel und wur-
Lungenschwindsucht. Der in Südtirol gebräuch-       de gern als Gürtel getragen, um Freundschaft zu
liche Name Schlernhexen bezieht sich wohl auf       erlangen. Sollte auch als Räuchermittel gegen
ihre im Bergwind raschelnden Fruchtköpfchen.        die Mächte der Finsternis sehr wirksam sein.

Arnica montana                                      Artemisia umbelliformis
(Echte Arnika, Bergwohlverleih)                     (Echte Edelraute)
Asteraceae (Korbblütler)                            Asteraceae (Korbblütler)
Mit zwei bis drei gegenständigen (!), sitzenden     Als Schmuck- und Heilkraut begehrt, dadurch
Blattpaaren eine Ausnahme unter den Korbblüt-       selten geworden und teils ausgerottet. Die Berg-
lern. Gelbe Blütenfarbe durch Karotinoide. Seit     bauern verwendeten sie als Hausmittel gegen
alters her geschätztes Heilmittel. Eine Salbe       Fieber, Lungen- und Rippenfellentzündung, als
daraus hilft gegen Verstauchungen, Rheuma-          magenstärkendes Mittel und zum Würzen von
tismus oder zur Wundheilung bei Verletzungen.       Likör.
Hautreizungen und Allergien sind bei äußer-
licher Anwendung nicht selten. Das Vieh meidet
die Pflanze, vermutlich wegen ihres Gehaltes an
Bitterstoffen. Arnikatee wurde früher bei Herz-
beschwerden getrunken, doch Vorsicht bei inne-
rer Anwendung: Außer ätherischen Ölen (duften
aromatisch, harzig-würzig) ist stark giftiges He-
lenalanin enthalten (Herzgift, bei Überdosierung
Todesfälle). Auch in Haarwaschmitteln und Ba-
dezusätzen. Früher für Räucherungen und Räu-
cherkerzen verwendet.

                                                                                                  7
Artemisia vulgaris                                 Astrantia major
(Gewöhnlicher Beifuß)                              (Große Sterndolde)
Asteraceae (Korbblütler)                           Apiaceae (Doldenblütler)
Alte Heilpflanze: gegen Bronchitis, Steißlagen,    Sternförmige Hüllblätter täuschen eine einzige
Ermüdung der Füße, menstruationsfördernd.          große Blüte vor, was für Doldenblütler ganz
Hilfsmittel bei Epilepsie und anderen Krämp-       untypisch ist, ebenso dass die kleinen Einzel-
fen. Bedeutender Heuschnupfenerreger. Häufig       blüten noch einen deutlichen Kelch besitzen.
gebrauchtes Küchengewürz mit herbwürzigem          Bei einbrechender Dunkelheit krümmen sich
Geruch, z.B. für Gänsebraten, fördert die Ver-     die Doldenstiele nach unten, so dass der Pollen
dauung. Weniger giftig als vorige Art. Ist eines   vor Feuchtigkeit geschützt ist. Der Wurzelstock
der „Johanniskräuter“ und wird zu Johanni zum      früher als „Radix sive nigrae“ offizinell, wird
Sonnwendgürtel gegen Zauberei und böse Dä-         noch heute in der Volksheilkunde als magen-
monen um Bauch oder Hüfte gewunden. Schützt        stärkendes Mittel verwendet. Die Almbauern
Mensch und Vieh gegen Zaubereien aller Art,        mischen ihn als appetitanregendes Mittel unter
auch für Liebeszauber.                             das Viehfutter. Die hübsche Pflanze wurde von
                                                   Albrecht von Haller (1729) in seinem berühmten
                                                   Lehrgedicht „Die Alpen“ folgendermaßen be-
Astragalus (Tragant-Arten)                         schrieben: „Dort wirft ein glänzend Blatt, in
Fabaceae (Schmetterlingsblütler)                   Finger ausgekerbt, auf einen hellen Bach den
                                                   grünen Widerschein; der Blumen zarter Schnee,
Die Gattung ist mit 1600 Arten über den größten
                                                   den matter Purpur färbt, schließt ein gestreifter
Teil der nördlichen Halbkugel verbreitet. Minde-
                                                   Stern in weißen Strahlen ein.“ Der Ähnlichkeit
stens zwölf, meist in Vorderasien beheimatete
                                                   ihrer Blätter mit dem Sanikel verdankt die Art
Arten liefern den Tragant-Gummi, der in der In-
                                                   den Volksnamen Schwarzer Sanikel (nach dem
dustrie, vor allem aber in der Medizin verwendet
                                                   schwarzen Wurzelstock). Weitere Volksnamen
wird. Gebrauch als Heilmittel schon im Altertum,
                                                   sind Sternblume, Stränze, Moister, Rietdolden
später bei Arabern bekannt, z.B. bei Augen- und
                                                   und Holznägeli.
Brustleiden. Heute vor allem als Bindemittel für
Pillen und Klistiere, aber auch gegen Husten,
Nieren- und Blasenleiden verwendet.

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intensiv gebildet, da die durch Assimilation ge-
                                                    bildeten Zucker nachts wegen oft zu niedriger
                                                    Temperaturen von vielen Pflanzen nicht mehr in
                                                    Stärke umgewandelt werden könnnen, sondern
                                                    nur noch in diese Farbstoffe. Nicht nur ihr deut-    B
                                                    scher, sondern auch ihr botanischer Name soll
                                                    an Trauer erinnern: Altmeister Linné benannte
                                                    die düstere Pflanze zum Gedenken an seinen
                                                    Freund, den deutschen Kolonialarzt und Natur-
                                                    forscher Johann Bartsch, der im Alter von 28
                                                    Jahren in Surinam/Südamerika dem tropischen
                                                    Klima zum Opfer fiel.

                                                    Biscutella laevigata
Biscutella laevigata
(Brillenschötchen)
                                                    (Brillenschötchen)
                                                    Brassicaceae (Kreuzblütler)
                                                    Die Schote sieht aus wie eine winzige Brille. Der
                                                    botanische Name kommt vermutlich von den
                                                    Worten bi (= zwei) und scutum (= Schild) sowie
                                                    laevis (= glatt). Hat reich entwickeltes Wurzelsy-
                                                    stem, so besonders auf beweglichem Schutt.

                                                    Bistorta officinalis
                                                    (= Polygonum bistorta)
                                                    (Schlangen-Knöterich)
                                                    Polygonaceae (Knöterichgewächse)
                                                    Der botanische Name stammt aus dem Griechi-
                                                    schen: bistorta von bis (= zweimal ) und torta (=
                                                    gedreht); hat zweimal gedrehten Wurzelstock.
                                                    Wegen der schlangenartig gebogenen Rhizome
                                                    galt die Pflanze als Mittel gegen Schlangenbiss
                                                    (nach mittelalterlicher Signaturenlehre), wurde
Bartsia alpina (Alpenhelm,                          außerdem gegen Pest und Blutkrankheiten be-
Alpen-Trauerblume)                                  nutzt. Das Rhizom wurde früher als Gerbstoff-
                                                    droge verwendet, auch heute noch volksmedizi-
Scrophulariaceae (Rachenblütler)
                                                    nisch gegen Durchfall und bei Entzündungen der
Halbschmarotzer, bildet gleich nach der Keimung     Mundschleimhaut eingesetzt. Die jungen Blät-
Haustorien (Saugorgane), mit denen sie sich an      ter sollen ein ausgezeichnetes Gemüse liefern
die Wurzeln benachbarter Pflanzen heftet. Dun-      (Salat und Wildspinat). Viele Volksnamen, z.B.
kle Färbung des Blütenstands kommt von Antho-       Otternzunge, Lämmerzunge, Hammelschwanz,
cyanen (blauroten Farbstoffen), die hier sogar in   Lampenputzer. Volksglauben: Das Kraut wurde
den oberen Laubblättern das Chlorophyll über-       den Kühen gereicht, damit die versiegte Milch
lagern. Sie werden im Alpenklima besonders          wiederkehrt.

                                                                                                    9
Bistorta vivipara
(= Polygonum viviparum)
(Lebendgebärender Knöterich,
Knöllchen-Wiesenknöterich)
Polygonaceae (Knöterichgewächse)
Pseudoviviparie: Besitzt direkt unter dem Blü-
tenstand Brutknospen (mit Stärke gefüllte Knöll-
chen). Aus den Knöllchen treiben im Sommer
kleine Blättchen aus, im Herbst fallen sie als
fertige Pflanzen auf den Boden oder werden
„zufällig“ über den Kropf von Schneehühnern
verbreitet, deren Lieblingsspeise sie sind. Ist
eine alte Glazialpflanze, deren Reste in eiszeit-
lichen Ablagerungen (den Silberwurz-Tonen)
gefunden wurden. Knöllchen wurden in Island
zum Brotbacken verwendet. Wird vom Weide-
vieh verschmäht. Galt in alten Zeiten als Zauber-
pflanze: Wenn die Kühe verhext waren und keine
Milch mehr gaben, verfütterten die Sennen die-
ses Kraut und die versiegte Milch floss wieder;
daher die Namen „Bring ma’s wieder“, „Wieder-
kumm“ und „Verloren-Kehrwieder“.

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Clematis alpina
                                      (Alpenrebe,
                                 Alpen-Waldrebe)

                                                                                                       C

Calamintha alpina
(= Acinos alpinus)
(Alpen-Steinquendel)
Lamiaceae (Lippenblütler)
Ganze Pflanze aromatisch pfefferminzähnlich
duftend. Enthält dieselben wirksamen Inhalts-
stoffe (hauptsächlich ätherische Öle) wie das
verwandte Bohnenkraut, wenn auch in gerin-
gerem Ausmaß. Gelegentlich brauchen ihn die
Älpler noch zum Würzen von Käse oder in der
Volksmedizin als magenstärkendes und nerven-
stimulierendes Mittel.
                                                     Caltha palustris
                                                     (Sumpf-Dotterblume)
Calluna vulgaris
                                                     Ranunculaceae (Hahnenfußgewächse)
(Heidekraut, Besenheide)
                                                     Bei Regen sind die Blüten geöffnet und fül-
Ericaceae (Heidekrautgewächse)                       len sich mit Wasser. Staubbeutel und Narben
Wird nur zehn bis 15 Jahre alt. Die ledrigen Roll-   stehen auf gleicher Höhe wie der Wasserspie-
blätter stellen eher eine Anpassung an stick-        gel, so dass es zur Selbstbestäubung kommt
stoffarme Böden dar als an Trockenheit. Schau-       (Regenbestäubung). Aufschlagende Regentrop-
wirkung durch gefärbte Kelchblätter, Kronblätter     fen schleudern die Samen heraus: Regenballist.
unscheinbar. In der Volksmedizin als harntrei-       Angaben zur Giftigkeit sind widersprüchlich. Im
bendes und blutreinigendes Mittel und bei rheu-      Mittelalter als angebliches Mittel gegen Gelb-
matischen Erkrankungen verwendet. Ehemals            sucht benutzt. Die gelben Blüten wurden früher
wichtig zur Herstellung von Besen. Orakelpflan-      zum Färben der Butter gebraucht. Die gekochten
ze des Winters: Es gibt einen strengen Winter,       und in Essig eingelegten Blütenknospen wurden
wenn das Heidekraut bis in die Spitzen blüht.        als Kapernersatz gegessen.

                                                                                                 11
Campanula barbata                                    Capsella bursa-pastoris
(Bärtige Glockenblume)                               (Hirtentäschel)
Campanulaceae                                        Brassicaceae (Kreuzblütler)
(Glockenblumengewächse)                              Eines der hartnäckigsten und unangenehmsten
Die bis zu fünf Millimeter langen Haare innen an     Unkräuter, pro Jahr bis vier Gene­rationen mög-
den Lappen der Blumenkrone sind wahrschein-          lich, pro Pflanze bis 64 000 Samen. In den Alpen
lich zur Abwehr gegen Honig raubende, aufkrie-       bis 3000 Meter Höhe. Die Früchte gleichen in der
chende Insekten (Ameisen, Ohrwürmer). Die            Form einer Tasche, wie sie die Hirten früher tru-
Blüte dient als Herberge für kleine Insekten, die    gen. Der botanische Name kommt aus dem La-
Differenz zur Außentemperatur kann einige Gra-       teinischen: capsa (= Tasche), bursa (= Tasche)
de betragen. Charakterart der Borstgrasrasen.        und pastor (= Hirt). Heilpflanze bei Blutungen,
Ein isoliertes Vorkommen in Süd-Norwegen ist         Wirkung umstritten. Junge Blätter als Beigabe
vermutlich auf die Eiszeiten zurückzuführen. Die     zu Salat und Gemüse, Samen als Pfefferersatz.
nicht selten vorkommende, rein weißblütige Mu-       Aus den Samen wurde ein gut brennendes Öl
tante heißt in Kärnten „Mähderkraut“ und gilt        gepresst.
auf dem Hut der Mähder als Zeichen besonderer
Tüchtigkeit. Weitere Volksnamen wie Kuhglocke,       Cardamine pratensis
Himmelsglöckle und Muttergottesglöckle.
                                                     (Wiesen-Schaumkraut)
Campanula thyrsoides                                 Brassicaceae (Kreuzblütler)
(Strauß-Glockenblume)                                Name: Am Stängel sieht man häufig weiße
                                                     Schaumklümpchen, in denen die grünen Larven
Campanulaceae                                        der Schaumzikade leben. Sie saugen aus der
(Glockenblumengewächse)                              Pflanze Saft, der durch die Atemluft schaumig
Zweijährig, einzige gelb blühende Glockenblu-        aufgetrieben wird; Schaum wird „Kuckucks-
me. Besiedelt gerne die „halbschürigen“ Mäh-         speichel“ genannt und das Wiesen-Schaum-
der der Kalkalpen, die nur alle zwei Jahre gemäht    kraut deshalb auch Kuckucksblume. Kressege-
werden und dadurch ihrem zweijährigen Lebens-        schmack; enthält Senfölglykoside, Bitterstoffe
rhythmus entgegenkommen. Ist eine alttertiäre        und Vitamin C. Volksmedizin: Tee gegen Rheuma
Art der südeuropäischen Gebirge. Ihre Stand-         und andere Schmerzzustände. Junge Blätter und
orte auf offenem Boden sowie ihre ungleichmä-        Blütensprosse sind roh oder gekocht verwert-
ßige Verbreitung lassen sie nicht als Reliktpflan-   bar. Belebende Wirkung, regt die Körperdrüsen
ze, sondern als Wanderpflanze erkennen.              zur erhöhten Produktion an.

12
Carlina acaulis (Silberdistel)                       Centaurium erythraea
Asteraceae (Korbblütler)                             (Echtes Tausendgüldenkraut)
Trockenheitsanpassungen: Dornige Blätter und         Gentianaceae (Enziangewächse)
tief reichende Pfahlwurzel. Während der Nacht
                                                     Alte, hoch geschätzte Arzneipflanze (Name: so
und bei großer Luftfeuchtigkeit schließen die
Hüllblätter zum Schutz der Blüten nach oben,
daher die Namen Sonnenblume und Wetterdi-
                                                     viel wert wie tausend Gulden). Verwendung als
                                                     Tee gegen Magen-, Leber- und Gallenleiden,          C
stel. Ein Engel soll Karl dem Großen im Traum        bei Appetitlosigkeit, Magersucht und Fieber so-
die Silberdistel als wahres Heilmittel gegen die     wie zur Blutreinigung. Die Bitterstoffe (bis drei
Pest gezeigt haben; in dessen Heer verwendet.        Prozent) wirken schon bei Berührung mit der
Daher angeblich der Name Carlina bzw. Karls-         Mundschleimhaut, indem sie heilende Reflexe
blume. Wahrscheinlicher ist die Ableitung des        auslösen, danach durch direkte Aufnahme in
Namens von Cardulina (= kleine Distel). Das Rhi-     den Körper tonisierend und stimulierend auf alle
zom enthält ätherisches Öl, besonders das an-        Verdauungsvorgänge.
tibakterielle Carlinaoxyd. Die Wurzel wurde als
Grippemittel, harntreibendes Mittel und gegen
Greisenbrand gesammelt, in der Tiermedizin als       Cephalanthera damasonium
Mast- und Brunstpulver verwendet (Name Eber-         (Weißes Waldvöglein)
wurz). Die Blütenböden wurden früher ähnlich
wie Artischocken gegessen (bei Almhirten Ja-
                                                     Orchidaceae (Orchideen)
gerbrot genannt), schmecken nussähnlich. Ma-         Ernährung der zunächst unterirdisch wachsen-
gische Wirkung bei Schlangenbissen. Der Name         den Pflanze lange Zeit durch den Mykorrhizapilz.
Irrwurz stammt von dem Glauben, dass jemand,         Etwa im neunten Jahr wird das erste Laubblatt
der darauf tritt, sich anschließend verirrt.         gebildet, Beginn der Blühreife etwa ab zehntem
                                                     Jahr. Blüten öffnen sich erst bei Temperaturen
Carum carvi (Wiesen-Kümmel)                          über 25 Grad Celsius weit. Selbstbestäubung.
Apiaceae (Doldenblütler)
Zweijährig, trittfest. Früchte mit drei bis sieben
                                                     Cerastium latifolium
Prozent ätherischen Ölen, Hauptkomponen-             (Breitblättriges Hornkraut)
te Carvon. Alte Nutz- und Heilpflanze, schon         Caryophyllaceae (Nelkengewächse)
in Pfahlbauten gefunden, Anbau vor allem in
Holland und Ostdeutschland. Arzneilich als           Vereinigt die Eigenschaften von Schutt­deckern,
magenstärkendes und krampflösendes Mittel.           Schuttwanderern und Schuttüberkriechern: Mit
Zum Würzen und zugleich zur Verbesserung der         bis zu 80 Zentimeter langer Pfahlwurzel im Ge-
Verträglichkeit blähungstreibender Speisen,          röll verankert. Von einer unterirdischen Grund-
Verwendung zu Brot, Salaten und Suppen. Wur-         achse gehen unbewurzelte „Schopftriebe“ und
zelrübe und junge Blätter als Gemüse geeignet.       bewurzelte „Wander­triebe“ aus und kriechen
Auch zur Likör- und Branntweinherstellung ver-       durch den Schutt. Oberirdische Teile, die dem
wendet. Ausräuchern des Hauses mit Kümmel            Schutt aufliegen, können sich noch als „Wan-
soll vor Flöhen, Läusen, Wanzen und Ameisen          dertriebe“ bewurzeln. Auf Kalkschutt; bildet
schützen.                                            zusammen mit dem Einblütigen Hornkraut (C.
                                                     uniflorum) auf kalkarmem Untergrund ein vikari-
                                                     ierendes Artenpaar. Deutscher Name: Frucht ist
                                                     hornförmig, gekrümmte Kapsel.

                                                                                                   13
Chenopodium bonus-henricus                          Cirsium acaule
(Guter Heinrich)                                    (Stängellose Kratzdistel)
Chenopodiaceae (Gänsefußgewächse)                   Asteraceae (Korbblütler)
Ursprünglich in Wildlägern der Alpen, später als    Botanischer Name kommt aus dem Griechi-
Kulturfolger in das Flachland in dörfliche Rude-    schen: kirsos (= Krampfader; wurde schon im Al-
ralgesellschaften eingewandert. Ist durch Ver-      tertum dagegen benutzt) und acaule (a = ohne;
städterung der Dörfer stark zurückgegangen,         kaulos = Stängel).
Rote-Liste-Art. Der Name soll entweder an die
Legende vom aussätzigen, armen Heinrich er-
innern oder stammt von den althochdeutschen
                                                    Cirsium spinosissimum
Wörtern Heimrich, Heim (= Hofstatt) und rich        (Alpen-Kratzdistel)
(= häufig); gut essbar. Heilpflanze, die als ab-    Asteraceae (Korbblütler)
führend, blutreinigend und erweichend gilt,
enthält Eisen und Vitamin C. Früher arzneilich      Heißt übersetzt „Kratzigste aller Kratzdisteln“.
gegen Hauterkrankungen verwendet. Die noch          Kommt nur in den Alpen vor, sonst in keinem
nicht blühenden jungen Pflanzen werden für          Hochgebirge. Die bleichen, dornigen, ornamen-
Spinat (anderer Name: Wilder Spinat) verwen-        talen Hochblätter verstärken die Schauwirkung
det. Etwa zwölf Zentimeter lange Triebe werden      der Blüten. Sie dienten schon als Vorlagen für
wie Spargel zubereitet. Im Balkan stellt man aus    mittelalterliche Brokatstickereien und gotische
den zerstoßenen Rhizomen ein wie Erdnussbut-        Zierrate. Aus jungen Trieben werden Spinat und
ter schmeckendes Konfekt her.                       Frühlingskräutersuppen bereitet, die dicken
                                                    Wurzeln werden gekocht als Gemüse gegessen.
                                                    In manchen Alpen­tälern auch als Schweinefutter
Cicerbita alpina                                    gekocht. Gilt als Weideunkraut, nur von Klein-
(Alpen-Milchlattich)                                vieh werden die jungen Blütenköpfe gerne ge-
                                                    fressen. Distel allgemein gilt in der Symbolspra-
Asteraceae (Korbblütler)                            che der Blumen als Sinnbild der Wehrhaftigkeit.
Bei Bergbauern sehr beliebt, weil er angeb-
lich die Milchleistung der Kühe steigert, zahl-
reiche Volksnamen wie Milchkraut, Milchdistel,
                                                    Clematis alpina
Schmettenwurz (Schmetten = Rahm), Chal-             (Alpenrebe, Alpen-Waldrebe)
berchernechrut beziehen sich darauf. Wird in        Ranunculaceae (Hahnenfußgewächse)
manchen Gegenden der Westschweiz als Tzou-
gras eigens zu Futterzwecken gesammelt. Die         Die einzige Liane der Alpen, Alpenklima eher
Lappen essen die bitter schmeckenden Stängel        ungünstig für rankende Lebensformen (Lianen
in Rentiermilch gekocht als Gemüse. Als Schma-      brauchen hohe Luftfeuchte und Lichtmangel).
rotzer gelegentlich mit Unmengen von grünlich
schillernden Blattkäfern, die die Blätter bis auf
die Blattrippen kahlfressen.

14
Colchicum autumnale                                   Crepis (Pippau-Arten)
(Herbst-Zeitlose)                                     Asteraceae (Korbblütler)
Colchicaceae (Zeitlosengewächse)                      Das Wort crepis bedeutet Schuhsohle (Form der
Der Pollenschlauch benötigt Monate bis zum            Blätter). Pippau kommt aus dem Slawischen
                                                      (polnisch = pepewa) und galt für das verwandte
Eindringen in die Samenanlage, die Befruch-
tung erfolgt im Winter, Fruchtreife im Juni/Juli      Pfaffenröhrlein/Löwenzahn (Taraxacum offici-
                                                      nale).
                                                                                                        C
des folgenden Jahres. Stark giftig in allen Teilen,
besonders in den Samen und Wurzeln durch
das jahrelang beständige Zell- und Kapillargift       Crepis aurea (Gold-Pippau)
Colchicin. Bereits 20 Milligramm dieses Alkalo-
ids bzw. etwa ein bis fünf Gramm Samen sind           Asteraceae (Korbblütler)
für den Menschen tödlich. Wirkung erst nach           Im Köpfchen oft über 100 Einzelblüten. Bei trü-
Stunden, Tod nach ein bis zwei Tagen. Arzneilich      bem Wetter Köpfchen geschlossen. Die orange-
gegen Gicht, Hauterkrankungen, als Abführ- und        gelben Blüten werden mit Vorliebe von ähnlich
Brechmittel sowie in der Homöopathie verwen-          gefärbten Schmetterlingen (Kleiner Fuchs, Du-
det. Wirkt stark depressiv. Die Pflanze wird vom      katenfalter, Perlmutterfalter) besucht, mögli-
Vieh gemieden. Vergiftungen auch über die             cherweise aus Tarnungsgründen. In der Schweiz
Milch der weniger empfindlichen Schafe und            werden die Blüten heute noch gelegentlich zum
Ziegen. Colchicin hemmt die Mitose und wird in        Färben von Butter und Käse verwendet.
der Pflanzenzüchtung zur Erzeugung polyploider
Zellen benutzt.

Convallaria majalis
(Maiglöckchen)
Convallariaceae
(Maiglöckchengewächse)
Auch der botanische Name bezieht sich auf die
Blütezeit im Mai: lateinsch majalis (= im Mai).
Alle Teile der Pflanze giftig (Digitalis-Glykoside
und Saponine), schon einige Beeren können
tödlich sein. Die Beeren werden als Wintersteher
evtl. entgiftet. Wegen der herzwirksamen Digita-
lis-Glykoside alte, noch heute wichtige Arznei-
pflanze. Aufgrund des Saponingehaltes waren
die getrockneten Blüten Niesreiz erregender
Bestandteil des früher beliebten „Schneeberger
Schnupftabaks“. Alte Modepflanze der Jahrhun-
dertwende. Parfumpflanze.

                                                                                                  15
Crocus albiflorus (= vernus)                         Cypripedium calceolus
(Frühlings-Krokus,                                   (Gelber Frauenschuh)
Weißer Safran)                                       Orchidaceae (Orchideen)
Iridaceae (Schwertliliengewächse)                    Die Ernährung erfolgt zuerst jahrelang über den
Benötigt relativ nährstoffreiche (gedüngte) Wie-     Wurzelpilz. Das erste grüne Blatt wird im vierten
sen, auch in Lägerfluren. Blätter haben Bohr-        Jahr angelegt, die Blühreife erfolgt erst vom 14.
spitze aus verdickten Zellen zum Durchstoßen         bis zum 17. Jahr an. Blätter durch Längsfalten
der Schneedecke. Blüten reagieren schon auf          versteift, die das Wasser zum Stängel hin ablei-
Temperaturschwankungen von 0,2 Grad Celsius,         ten. Oft ausgerottet, z.B. durch Ausgraben. Duf-
schließen schon bei größeren vorbeiziehenden         tende Blüte mit der Form eines Frauenschuhs.
Wolken. Pflanze bildet im Boden kugelige Knol-       „Kesselfallenblume“: Insekten, besonders Bie-
len, jedes Jahr eine neue, die der alten aufsitzt.   nen, dringen durch das Loch an der Labellumba-
Der Crocus sativus (Safran) ist seit dem Altertum    sis in den Kessel ein oder fallen in den Kessel,
Heil-, Gewürz- und Färbepflanze (Narben werden       dessen glatte und glänzende Wände (mit Öl-
verwendet, enthalten Crocetin, ein Carotino-         überzug) einen Ausstieg verhindern. Bietet den
id). Färbwirkung noch in einer Verdünnung von        unfreiwilligen Gästen eiweiß- und zuckerhaltige
1:100 000. Eines der teuersten Gewürze: Für ein      Futterhaare, die sie abweiden. Der einzige Weg
Kilogramm benötigt man die Narben von etwa           aus der Falle führt über den Geschlechtsappa-
150 000 Blüten. Das typische Aroma entwickelt        rat (Gynostenium) hinweg zu einer fensterartig
sich nach dem Trocknen. Gut zum Kochen in ge-        durchsichtigen Wand, die eine Öffnung vor-
ringsten Dosen; in höheren Dosen giftig, bereits     täuscht. Auf diese Weise wird zuerst die Narbe
fünf bis zehn Gramm führen zu ernsten bis töd-       und dann zumindest eine der beiden klebrigen
lichen Vergiftungen. Der goldgelben Farbe des        Pollenmassen berührt. Zuweilen lauern Raub-
Safrans wegen war der Krokus in der christlichen     spinnen (z.B. Krabbenspinnen) in den Kesseln
Literatur Symbol des Goldes und der höchsten         und machen diese dann zur tödlichen Falle.
Tugend, der Liebe. Aphrodisiakum. Krokuskrän-
ze sollen vor Trunkenheit schützen.

Cyclamen purpurascens
(Wildes Alpenveilchen)
Primulaceae (Primelgewächse)
Wohlriechend durch ätherische Öle. Knolle
durch Saponine (Cyclamin) stark giftig, für den
Menschen sollen schon zehn Gramm tödlich
sein. Für Schweine nicht, für Fische jedoch sehr
giftig. Die als Topfpflanzen gezogenen Alpenveil-
chen gehen auf die Art Cyclamen persicum (z.B.
im Kaukasus) zurück.

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Dryas octopetala
(Silberwurz)

                                                                                                     D

Dactylorhiza majalis
(Breitblättriges Knabenkraut)
Orchidaceae (Orchideen)
Knollen sind zusammengedrückt und dreiteilig-
handförmig; Name aus dem Griechischen: dac-
tylos (= Finger) und rhiza (= Wurzel). Samen-      Daucus carota (Wilde Möhre)
keimung an spezifischen Wurzelpilz gebunden,       Apiaceae (Doldenblütler)
im Jugendstadium Pilzparasit. Knollen werden
                                                   In der Mitte der Blütendolde befindet sich oft
als Schleimdroge verwendet, vor allem in der
                                                   eine durch Anthocyane schwarzrot gefärbte
Kinderheilkunde. Im Aberglauben galten die am
                                                   „Möhrenblüte“: Kontrastfärbung, die Insekten
Johannistag ausgegrabenen Knollen („Johannis-
                                                   zur scheinbaren Blütenmitte lockt. Urform von
händchen“) als Glücksbringer.
                                                   Möhren bzw. Karotten. Die orangerote Färbung
                                                   stammt von weitgehend auskristallisierten Karo-
Daphne mezereum                                    tinen. Alte, schon den Germanen bekannte Kul-
                                                   turpflanze. Ist reich an Zuckern, Vitamin B und
(Gemeiner Seidelbast)                              C sowie Provitamin A (= Beta-Karotin). Frischer
Thymelaeaceae (Seidelbastgewächse)                 Möhrensaft wird in der Säuglingsernährung, bei
Einzige heimische Art mit Blüten direkt am         Vitamin A-Mangel und als schwaches Wurmmit-
Stängel (bei Tropenpflanzen sehr verbreitet).      tel verwendet.
Stark duftend. Alle Teile sind giftig, schon we-
nige Früchte tödlich. Name Kellerhals vom wür-     Dianthus (Nelken-Arten)
genden Gefühl bei Vergiftungen. Bei Berührung
der frischen Zweige sind Hautreizungen und
                                                   Caryophyllaceae (Nelkengewächse)
blasige Geschwüre möglich. Bachstelzen und         Nelken begleiten den Menschen seit alter Zeit.
Drosseln sind gegen das giftige Fruchtfleisch      Medizinische Anwendung bei Magenverstim-
anscheinend immun und speien die Steinkerne        mung und Fieber. Nelkenduft wurde für Essig,
wieder aus, sie tragen dadurch zur Verbreitung     Bier, Wein, Saucen und Salate verwendet, Blü-
bei.                                               ten kandiert.

                                                                                               17
Dianthus carthusianorum                            rührung sind bekannt. Der Wirkstoff wird heute
                                                   vor allem von der balkanischen Art D. lanata
(Karthäuser-Nelke)                                 gewonnen. In der nordischen Mythologie war
Caryophyllaceae (Nelkengewächse)                   der Fingerhut den Elfen zugeordnet. Wenn sie
                                                   im Mondschein ihren Reigen tanzten, setzten sie
Durch Rückgang der Schafweide gefährdet. Duft      seine Blüten als Hüte auf.
sehr angenehm durch das ätherische Öl Euge-
nol, das auch in der Gewürznelke (gehört zu den
Myrtengewächsen) vorkommt und im arzneilich        Doronicum grandiflorum
verwendeten Nelkenöl enthalten ist.                (Großblütige Gämswurz)
                                                   Asteraceae (Korbblütler)
Dictamnus albus (Diptam)
                                                   Gehört zum Typus der Schuttstrecker, die sich
Rutaceae (Rautengewächse)                          durch das lose Material durcharbeiten, ohne
Gefährdet durch Ausgraben und Rückgang des         ihm jedoch erheblichen Widerstand zu leisten.
Niederwaldbetriebes, da die Pflanze offenbar       Wächst auf Kalk und bildet zusammen mit der
kaum länger als 20 Jahre auf vollschattigem        Zottigen Gämswurz (D. clusii) auf Silikatgestei-
Waldboden überdauern kann. Zitroniger bis          nen ein vikariierendes Artenpaar. Kraut, Wur-
zimtartiger Duft (selbe Pflanzenfamilie wie Zi-    zelstock und Blüten enthalten einen Süßstoff,
trusfrüchte), enthält sehr viele ätherische Öle.   weshalb die Pflanze gern von Gämsen, Hirschen
Die Ausdünstung ist so stark, dass man die         und Ziegen gefressen wird (Volksnamen: Hirsch-
Duftwolke gelegentlich mit dem Streichholz an-     wurzen, Zigerchrut). Die Sennen verwenden das
zünden kann; die Pflanze nimmt dabei keinen        Kraut zum Würzen des Kräuterkäses. Da die
Schaden. Brennender Busch der Bibel. Früher        Pflanze von Gämsen so gerne gefressen wird
arzneilich verwendet (Magenmittel).                und diese schwindelfrei sind, erhofften sich zu-
                                                   mindest Gämsjäger, Wilderer und Dachdecker
                                                   vom Verzehr der Wurzel Schwindelfreiheit. Sie
Digitalis purpurea                                 sollte darüber hinaus sogar noch kugelsicher
(Roter Fingerhut)                                  machen, wenn sie an einem Freitag bei Neu-
                                                   mond und vor Sonnenaufgang gegraben würde.
Scrophulariaceae (Rachenblütler)                   Als Mittel gegen Schlaflosigkeit müsse sie bei
Zweijährig. Die dunklen, hell umrandeten Fle-      zunehmendem, gegen Schlafsucht bei abneh-
cken auf der Blütenunterseite sind wohl Staub-     mendem Mond gegraben werden.
beutelattrappen, die Hummeln an­locken. Der
botanische Name stammt aus dem Lateinischen:       Draba aizoides
digitale (= Fingerhut). Unangenehmer Geruch
und stark bitter schmeckend. Wurde erst spät       (Immergrünes Felsenblümchen)
als offizinell erkannt. Die Entdeckung der Digi-   Brassicaceae (Kreuzblütler)
talis-Glykoside als Herzmittel für die moderne
Medizin ist dem englischen Arzt William Withe-     Gehört zum Grundstock der nivalen Flora und ist
ring (1741–1799) zu verdanken, der als Arzt im     an extreme Standorte ausgezeichnet angepasst:
Allgemeinen Krankenhaus Birmingham diese           immergrüne, ledrige Blätter; die im Herbst vor-
Pflanze zehn Jahre eingehend prüfte und seine      gebildeten Blüten können auch ohne Schnee-
Ergebnisse dann 1786 veröffentlichte. Vergif-      schutz überwintern; bei schlechtem Wetter
tungen durch Überdosierung nicht selten, schon     Selbstbestäubung möglich; Früchte reifen erst
0,3 Gramm getrocknete Blätter sind für Erwach-     im Winter nach (Wintersteher).
sene giftig. Sogar Vergiftungen durch bloße Be-

18
Drosera (Sonnentau-Arten)                           Dryas octopetala (Silberwurz)
Droseraceae (Sonnentaugewächse)                     Rosaceae (Rosengewächse)
„Fleischfressende“ (karnivore) Pflanzen. Der        Der markanteste Typus eines „Spalierstrau-
Tierfang dient vor allem der zusätzlichen Ge-       ches“. Kann bis 100 Jahre alt werden, Jahresringe
winnung von Stickstoffverbindungen auf nähr-        oft nur 0,1 Millimeter breit. Weißfilzige Behaa-
salzarmen Böden. Die Fangblätter sind am Rand       rung der Blattunterseite als Transpirationsschutz
mit langgestielten, durch Eiweißstoffe reizbaren    für die außerdem nach innen verlagerten Spalt-
Drüsenzotten (Tentakeln) besetzt. Diese schei-
den an der Spitze einen zähflüssigen, glän-
                                                    öffnungen. Trieb- und Blütenknospen werden
                                                    schon in der vorhergehenden Vegetationspe-          D
zenden (Name Sonnentau!), duftenden Tropfen         riode angelegt. Hat Wurzelknöllchen mit Luft-
ab, der unter anderem Eiweiß spaltende Enzyme       stickstoff bindenden Actinomyceten und einen
und Ameisensäure enthält. In der Blattmitte be-     symbiotischen Wurzelpilz, der bei der Wasser-
finden sich kurzstielige Verdauungsdrüsen. Win-     aufnahme hilft. Oft ausgezeichnet fossil erhal-
zige Insekten, z.B. kleine Mücken, werden vom       ten; Blüten, Früchtchen und Pollen haben in
Fangschleim festgehalten. Die gereizten Tenta-      eiszeitlichen Tonablagerungen zigtausende von
keln neigen sich zur Blattmitte hin und das Blatt   Jahren überstanden. War mit Ausklingen der Eis-
beginnt sich einzukrümmen. Nach mehreren Ta-        zeit über ganz Deutschland verbreitet (Nachweis
gen ist die Verdauung beendet und die Blätter       über Pollenanalysen), danach wurde diese Zeit
krümmen sich zurück. Nur der Chitinpanzer wird      Dryas-Zeit (Silberwurzzeit) genannt. Bildet heu-
nicht verdaut. Die Gattung hat ihre Hauptver-       te z.B. in Nordschweden zusammen mit Moosen
breitung in Südost-Australien, wo sogar halb-       und Flechten die Hauptvegetation der Tundra.
strauchig kletternde Arten vorkommen. Wird          Oft mit den Flüssen herabgeschwemmt. Wurde
arzneilich als Bestandteil von Hustenmitteln        im 16. Jahrhundert Chamaedrys genannt, bedeu-
verwendet, wobei der Bedarf vor allem durch Im-     tet Zwergeiche; von den griechischen Worten
porte gedeckt wird. In der Volksmedizin als Saft    chamei (= zwergartig) und drys (= Eiche); die
gegen Warzen, Asthma und als Aphrodisiakum          Blättchen sind am Rand eichenähnlich einge-
für Haustiere („Bullenkraut“) angewandt.            kerbt. Carl von Linné gab ihr im 19. Jahrhundert
                                                    den Gattungsnamen Dryas; lateinisch octopeta-
                                                    la (= achtblättrig; meistens acht weiße Blüten-
                                                    blätter). Hilft laut Kräuterpfarrer Künzle gegen
                                                    Schlaganfall.

                                                                                                  19
europa (dort nördliche Stammart mit größeren
                                                   und aromatisch schmeckenden Beeren) in Men-
                                                   gen verzehrt, besonders nach Frost. Die Lappen
                                                   lassen sie in Milch einfrieren als Vorrat für den
                                                   Winter, die Inuit essen sie als Delikatesse ver-
                                                   mischt mit breiartig zerschlagener Dorschle-
                                                   ber, in Island bewahrt man sie in saurer Milch
                                                   auf oder trinkt den Fruchtsaft und auf Grönland
                                                   verzehrt man sie mit Seehundspeck vermengt.
                                                   In Norwegen bereitete man im Mittelalter Wein
                                                   daraus.

                                                   Equisetum
                                                   (Schachtelhalm-Arten)
                                                   Equisetaceae (Schachtelhalmgewächse)
                                                   Der Name Schachtelhalm rührt daher, dass man
                                                   die Sprossachse aus der von den Blättern gebil-
                                                   deten Scheide herausziehen und wieder zurück-
                                                   stecken kann. Rhizome werden bis sechs Meter
Euphrasia (Augentrost-Arten)                       lang. Vermehrung durch Ausläufer und sogar
                                                   durch einzelne, zerhackte Sprossstücke. Pflanze
                                                   enthält bis zu sieben Prozent Kieselsäure. Arz-
Empetrum nigrum                                    neilich werden die unfruchtbaren Sommerwe-
                                                   del des Acker-Schachtelhalms (E. arvense) als
(Schwarze Krähenbeere)                             harntreibendes Mittel verwendet, bei Rheuma,
Empetreaceae (Krähenbeerengewächse)                Entzündungen, Nierenleiden, Harngrieß; früher
                                                   auch bei TBC. Nach Kneipp sehr zusammenzie-
Wird über 80 Jahre alt. Blattrand umgerollt, so    hende Kraft, reinigt Blut, Magen, Nieren und
dass die unterseitigen Spaltöffnungen nur durch    Blase, auch äußerlich reinigend und zusammen-
einen schmalen Spalt mit der Außenluft in Ver-     ziehend bei Ausschlag und Wunden. Der alte
bindung stehen. Dies ist wohl eher eine Anpas-     Volksname Zinnkraut bzw. Scheuerkraut weist
sung an Mineralsalzarmut des Bodens (wegen
                                                   auf seine frühere Verwendung zum Scheuern
beschränkter osmotischer Variabilität?) als an
                                                   von Pfannen hin.
Trockenheit. Legt Blüten schon im Spätsommer
für das kommende Jahr an. Der Name bezieht
sich auf die Verdauungsverbreitung durch Krä-      Erigeron (Berufkraut)
hen und andere Vögel. Früchte schmecken säu-
                                                   Asteraceae (Korbblütler)
erlich bitter und wirken wegen ihres Gehaltes an
Andrometoxin leicht berauschend und Schwin-        Der deutsche Name kommt von berufen (= be-
del erregend, Pflanze wird auch Rauschbeere        schreien). Der Name verweist auf die Vorstel-
genannt. In der Volksmedizin wurden Beeren         lung, die Pflanze würde gegen das „Berufen“
wegen ihres hohen Gehaltes an Vitamin C gegen      durch Hexen und Zauberer schützen. Dort wo
Skorbut und dank ihres Gerbstoffgehaltes gegen     man Krankheiten als Folge der Berufung seitens
Durchfall verwendet. Die Früchte sind roh und      böser Leute annahm, wurden Waschungen oder
gekocht essbar und werden vor allem in Nord-       Räucherungen mit so genannten Berufkräutern

20
oder Berufskräutern vorgenommen, unter de-          Euphorbia (Wolfsmilch-Arten)
nen auch die Gattung Erigeron gebräuchlich
war. Besonders kleinen Kindern legte man es in      Euphorbiaceae (Wolfsmilchgewächse)
die Wiege, es sollte aber auch vor Wetterschä-      Gattung umfasst weltweit etwa 2000 Arten,
den bewahren und das Vieh vor Hexen schützen.       auch kakteenähnliche. Alle Wolfsmilch-Arten
Dazu mischte man es unter das Futter, gab es in     enthalten Milchsaft, der unter Druck steht und
das Trinkwasser oder steckte es in die Stalltür.    bei Verletzung sofort austritt, Funktion: Wund-
Der botanische Name stammt aus dem Griechi-         verschluss und Fraßschutz. Die meisten Arten
schen: eri (= früh) und geron (= Greis). Er be-     durch hautreizende Diterpenester im Milchsaft
zieht sich auf die bald nach der Blüte erschei-     stark, eventuell sogar tödlich giftig. Werden vom
nenden weißen Haare der Früchte.                    Vieh gemieden, doch sind Vergiftungen durch

Eritrichium nanum
                                                    Heu möglich. Der Milchsaft wird gelegentlich als
                                                    Mittel gegen Warzen verwendet, doch sollte man      E
                                                    wegen der Giftigkeit davon unbedingt Abstand
(Himmelsherold)                                     nehmen, zumal eine entsprechende Wirkung oh-
Boraginaceae (Raublattgewächse)                     nehin umstritten ist.

Blüten mit feinem, primelähnlichem Duft. Selten,
zwischen 2500 und 3390 Metern auf kalkarmem         Euphorbia cyparissias
Gestein. In Europa einzige Art der Gattung, Ur-     (Zypressen-Wolfsmilch)
sprung wohl in Asien. Das lückige Vorkommen
in den Alpen lässt darauf schließen, dass die Art   Euphorbiaceae (Wolfsmilchgewächse)
das Gebiet schon vor den letzten Eiszeiten be-      Oft missgebildet (mit kleinen ovalen statt line-
siedelte und diese auf den eisfreien Gipfeln als    alen Blättern) durch Infektion mit dem Erbsen-
Nunatakkerpflanze überdauert hat. Ausgespro-        rostpilz (Uromyces pisi).
chen hochalpine Nivalpflanze: Hat Pfahlwurzel
und Polsterwuchs, zottiger Haarmantel schützt
vor Verdunstung. Wird bis 30 Jahre alt.
                                                    Euphrasia (Augentrost-Arten)
                                                    Scrophulariaceae (Rachenblütler)
Eryngium alpinum                                    Halbschmarotzer, der mit Hilfe von Saugwurzeln
                                                    dem Xylem der Wirtswurzeln Wasser und Nähr-
(Alpen-Mannstreu)                                   salze entzieht. Können im Gegensatz zu anderen
Apiaceae (Doldenblütler)                            Halbschmarotzern auch leben ohne zu parasitie-
                                                    ren. Samen keimen nur im chemischen Einfluss-
Doldengewächs im Gewand einer Distel. Schö-
                                                    bereich des Wirts. Kann bei Massenauftreten
nes Beispiel für extrafloralen Schauapparat:
                                                    den Weideertrag und damit die Milchleistung
amethystfarbene Hochblätter. Dornige Blüten-
                                                    beträchtlich mindern, hat deshalb auch Volks-
hülle schließt sich bei Nässe und Dunkelheit
                                                    namen wie Woaddieb und Millidiab. Der bota-
und wehrt Schnecken, Raupen und das Weide-
                                                    nische Name kommt vom griechischen Wort eu-
vieh ab. Der Gattungsname Mannstreu soll von
                                                    phrosie (= Freude, Frohsinn). Abkochungen des
der Verwendung des nahe verwandten Feld-            Krautes werden in der Volksmedizin bei Augen-
Mannstreu (E. campestre) als Aphrodisiakum          leiden angewandt. Der Gebrauch geht auf die
und Liebeszauberwurzel herrühren.                   mittelalterliche Signaturenlehre zurück (die Blü-
                                                    ten ähneln Augen und Wimpern). Da tatsächlich
                                                    eine gewisse entzündungshemmende Wirkung
                                                    vorliegt, war die Augenähnlichkeit vermutlich
                                                    Merkhilfe für die Verwendung.

                                                                                                  21
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