Pflegebedarfsplan Kreis Olpe 2020 bis 2022
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Impressum: Herausgeber: Kreisverwaltung Olpe - Der Landrat Fachdienst Finanzielle Soziale Hilfen Westfälische Str. 75 57462 Olpe Verfasser Uwe Schmidt E-Mail u.schmidt@kreis-olpe.de Druck Kreis Olpe - Hausdruckerei Stand 31.08.2019 © Kreis Olpe, September 2019 Alle Rechte vorbehalten. Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung geschlechtsspezifischer Sprachformen verzichtet. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 2
Inhaltsverzeichnis 1. Einführung - Rahmenbedingungen der Pflegebedarfsplanung ................................. 5 1.1 Die neue Alten- und Pflegegesetzgebung des Landes Nordrhein-Westfalen ................... 5 1.2 Motivation und Zielsetzungen des APG NRW ................................................................. 5 1.3 Örtliche Planung ............................................................................................................. 6 1.4 Methodische und statistische Grundlagen zur Umsetzung des Planungsauftrags ........... 7 1.4.1 Bestandsaufnahme von Angeboten im Kreis Olpe .......................................................... 7 1.4.2 Erhebung demografischer Daten..................................................................................... 8 1.5 Definition und Bildung von Sozialräumen ........................................................................ 8 1.6 Beteiligung Dritter am Planungsprozess.......................................................................... 9 2. Demografische Entwicklung im Kreis Olpe............................................................... 10 2.1 Allgemeines zur Bevölkerungsentwicklung .................................................................... 10 2.2 Entwicklung der Bevölkerung im Kreis Olpe .................................................................. 11 2.2.1 Bevölkerungsentwicklung im Kreis Olpe und den Städten und Gemeinden nach Altersgruppen 2018 bis 2040 ........................................................................................ 13 2.3 Entwicklung der Pflegebedürftigkeit im Kreis Olpe ........................................................ 15 2.3.1 Pflegestatistik Nordrhein-Westfalen .............................................................................. 15 2.3.2. Pflegestatistik Kreis Olpe .............................................................................................. 15 3 Pflegekräftemangel - fehlendes Personal als limitierender Faktor .......................... 23 4 Entwicklung der Nachfrage von Pflegeleistungen.................................................... 24 4.1 Zahl der Pflegebedürftigen bis 2025.............................................................................. 25 4.1.1 Zusammenfassung der Berechnungen und Fazit: ......................................................... 28 4.1.2 Entwicklung in den Städten und Gemeinden ................................................................. 29 4.2 Entwicklung des Nachfrageverhaltens .......................................................................... 30 4.3 Ergebnis der Bedarfsanalyse ........................................................................................ 31 5 Bestandsanalyse und Bedarfsanalyse für die pflegerische Angebote ................... 32 5.1 Vollstationäre Dauerpflege ............................................................................................ 32 5.1.1 Bestandsbeschreibung.................................................................................................. 32 5.1.2 Bedarfsermittlung vollstationäre Pflegeplätze ................................................................ 39 5.2 Kurzzeitpflege (eingestreut und solitär) ......................................................................... 44 5.2.1 Bestandsbeschreibung.................................................................................................. 44 5.2.2 Bedarfsanalyse Kurzzeitpflege ...................................................................................... 44 5.2.3 Veränderungen, neue Vorhaben und Planungen .......................................................... 45 Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 3
5.3 Tagespflege .................................................................................................................. 46 5.3.1 Bestandsbeschreibung.................................................................................................. 46 5.3.2 Bedarfsanalyse Tagespflege ......................................................................................... 46 5.3.3 Neue Vorhaben und Planungen .................................................................................... 47 5.4 Nachtpflege ................................................................................................................... 47 5.5 Ambulante Pflege.......................................................................................................... 48 5.5.1 Bestandsbeschreibung.................................................................................................. 48 5.5.2 Bedarfsanalyse ambulante Pflege ................................................................................. 48 5.6 Bedeutung sonstiger Angebote ..................................................................................... 50 6. Kurzzusammenfassung der Ergebnisse ................................................................... 51 Anhang: Bestandsaufnahme der Angebote im Kreis Olpe Pflegeeinrichtungen • Vollstationäre Dauerpflegeeinrichtungen 2 • Solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen 4 • Tagespflegeeinrichtungen 5 • ambulante Pflegedienste 6 • Hospize und ambulante Hospizdienste 8 • Stationäre und ambulante Palliativversorgung 9 • Außerklinische Einrichtungen für Intensivpflegepatienten 10 Pflege-Wohngemeinschaften • Anbieterverantwortete Pflege-Wohngemeinschaften 11 • Selbstverantworte Pflege-Wohngemeinschaften 12 Wohnanlagen mit Service für ältere Menschen, betreute Wohnangebote 13 Komplementäre ambulante Leistungen und soziale Dienste • Angebote zur Unterstützung im Alltag 15 • Lieferdienste für Mahlzeiten 16 • Mittagstisch für Senioren 17 • Hausnotrufdienste 18 • Vermittlung von Betreuungskräften und Haushaltshilfen 19 • Mehrgenerationenhäuser 20 Netzwerk „AGIL“ 21 Pflegeberatung und Pflegestützpunkte 22 Betreuungsbehörden und -vereine 23 Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 4
1. Einführung - Rahmenbedingungen der Pflegebedarfsplanung 1.1 Die neue Alten- und Pflegegesetzgebung des Landes Nordrhein-Westfalen Am 16.10.2014 ist das GEPA NRW (Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demografiefes- ten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung, der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen) in Kraft getreten. Das GEPA NRW umfasst in zwei Arti- keln folgende Regelungsbereiche: Artikel 1 enthält das Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen - APG NRW (Gesetz zur Weiterentwicklung des Landespflegerechtes und Sicherung einer unterstützenden Infrastruktur für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige). Durch das APG NRW wird das bisherige, im Jahr 1996 in Kraft getretene und 2003 novellierte Landespflegegesetz (PfG NW) zu einem Alten- und Pflegegesetz weiterentwickelt, indem es die Bedürfnisse pflege- bedürftiger und älterer Menschen verstärkt in den Blick nimmt. Durch Artikel 2 wurde das Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) aus dem Jahr 2008 überarbeitet und an veränderte Wohn- und Betreuungsformen angepasst. Das WTG regelt bauliche und personelle Standards und Mitwirkungsmöglichkeiten der Bewohner sowie die behördliche Quali- tätssicherung durch die Kreise und kreisfreien Städte. 1.2 Motivation und Zielsetzungen des APG NRW Staat und Gesellschaft stehen vor der Herausforderung, der wachsenden Zahl älterer und pfle- gebedürftiger Menschen durch die Schaffung und Weiterentwicklung von Pflege-, Wohn- und Betreuungsangeboten die Möglichkeit zu geben, ihr Leben auch längerfristig in der vertrauten Umgebung gestalten zu können. Hierzu verfolgt das APG NRW verschiedene, aufeinander ab- gestimmte Zielsetzungen: • Die Unterstützungsangebote für die häusliche Betreuung sollen verbessert werden, z. B. durch den Ausbau der Tages- und Kurzzeitpflege sowie alternativer Wohn- und Betreu- ungsangebote wie Servicewohnen und selbstverantworteter oder anbieterverantworteter Wohngemeinschaften und sonstiger komplementärer Hilfen. • Die Förderung voll- und teilstationärer Angebote (z. B. durch Pflegewohngeld) soll an eine Bedarfsprüfung gekoppelt werden, um Überkapazitäten zu vermeiden und umgekehrt dort, wo zusätzliche Kapazitäten zur Bedarfsdeckung erforderlich sind, den notwendigen Ausbau zu aktivieren. • Dabei sind, nach Auffassung des Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Lan- des NRW, alle Wohn- und Pflegeangebote gleichberechtigt einzubeziehen. • Die Angebote sollen sozialraumbezogen vorgehalten werden. Ab dem 31.07.2018 sind in vollstationären Pflegeeinrichtungen zudem verbindlich geltende Qualitätsstandards (80 % der Bewohnerzimmer sind Einzelzimmer, alle Zimmer verfügen über ein Einzel- bzw. ausnahmsweise ein Tandembad) umzusetzen. Zur Umsetzung dieser Ziele sind die Kreise und kreisfreien Städte verpflichtet, eine den örtli- chen Bedarfen entsprechende pflegerische Angebotsstruktur sicherzustellen. Um dies zu ge- währleisten ist eine regelmäßige Planung vorgeschrieben. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 5
1.3 Örtliche Planung Die örtliche Planung soll feststellen, ob das Angebot an Pflegeeinrichtungen den örtlichen Be- darf abdeckt oder in welcher Höhe zusätzliche Kapazitäten erforderlich sind. Eine Bedarfsde- ckung kann angenommen werden, wenn einer zu erwartenden Nachfrage nach den jeweiligen Pflege‐ und Betreuungsangeboten ein mindestens deckungsgleiches Angebot gegenübersteht. Die Planung der Kreise und kreisfreien Städte umfasst gemäß § 7 Abs. 1 APG: • die Bestandsaufnahme der Angebote, • die Feststellung, ob qualitativ und quantitativ ausreichend Angebote zur Verfügung stehen, • die Klärung der Frage, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zur Herstellung, Siche- rung oder Weiterentwicklung von Angeboten erforderlich sind. Ziel ist eine Weiterentwicklung der örtlichen Infrastruktur, um so älteren und/oder pflegebedürf- tigen Menschen einen möglichst langen und selbstbestimmten Verbleib in der eigenen Woh- nung, im eigenen Ort zu ermöglichen. Dies erfolgt weiterhin in enger Kooperation mit den Städ- ten und Gemeinden, weil dort die Menschen zu Hause sind und die lokale Infrastruktur für Teil- habe und selbstbestimmtes Leben entscheidend ist. Die Ergebnisse der örtlichen Planung und die Umsetzung von Maßnahmen sind jedes zweite Jahr zum Stichtag 31. Dezember, beginnend mit dem Jahr 2015, zusammenzustellen und zu veröffentlichen und alle zwei Jahre fortzuschreiben. Optional und nicht verpflichtend besteht die Möglichkeit, die örtliche Planung in Form einer „ver- bindlichen Bedarfsplanung“ auszugestalten (§ 7 Abs. 6 APG NRW). Die verbindliche Bedarfs- planung beschränkt sich auf zusätzliche vollstationäre Pflegeeinrichtungen und teilstationäre Angebote (Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen) und umfasst einen dreijährigen Planungszeit- raum; sie ist kurzfristig zu aktualisieren, d. h. jährlich durch Beschluss des Kreistags festzustel- len und öffentlich bekanntzumachen. Die Förderung für teil- und vollstationäre Pflegeeinrichtun- gen, die neu entstehen und zusätzliche Plätze schaffen sollen, ist bei der verbindlichen Planung davon abhängig, dass für diese Einrichtungen ein Bedarf auf der Grundlage der verbindlichen Bedarfsplanung bestätigt wird (Bedarfsbestätigung). Vorbehaltlich zukünftiger Entwicklungen wird derzeit weiterhin davon ausgegangen, dass eine örtliche Planung ohne Verbindlichkeitscharakter eine ausreichende Grundlage und Orientie- rungshilfe für die Weiterentwicklung der teil- und vollstationären Angebote im Kreis Olpe bietet. So sind geplante Neu- und Umbauvorhaben auch ohne Vorliegen einer verbindlichen Bedarfs- planung nach den Regelungen des APG NRW und der hierzu erlassenen Durchführungsver- ordnung (APG DVO NRW) vom Einrichtungsträger mit dem Kreis Olpe und dem Landschafts- verband Westfalen-Lippe abzustimmen. Die nunmehr im Zuge der zweijährigen Fortschreibung vorgelegte Neuauflage des Pflegebe- darfsplans wird daher - ebenso wie die bisherigen Planungen- nicht für verbindlich erklärt. Er umfasst den Zeitraum von Januar 2020 bis Dezember 2022, betrachtet aber zusätzlich auch den Zeitraum bis 2025. Die Bedarfsermittlungen und Planungen dienen als Orientierungshilfe und Grundlage für gege- benenfalls weitere eigene Bedarfsanalysen interessierter Anbieter. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 6
1.4 Methodische und statistische Grundlagen zur Umsetzung des Planungsauftrags 1.4.1 Bestandsaufnahme von Angeboten im Kreis Olpe Für die Bedarfsplanungen ist eine möglichst umfassende und regelmäßige Bestandsaufnahme aller vorhandenen Angebote von zentraler Bedeutung. Hierauf basierend kann die Feststellung erfolgen, ob Angebote qualitativ und quantitativ ausreichend zur Verfügung stehen. Die im Kreis Olpe vorhandenen pflegerischen sowie Wohn-, Betreuungs- und Unterstützungs- angebote für ältere und/oder pflegebedürftige Menschen sind im Anhang zum Pflegebedarfs- plan dargestellt. Die Übersicht enthält Angaben und Zahlen mit Stand vom 31.08.2019. Anhang (nach Seite 51) Gliederung der Übersicht Bezeichnung Seite Pflegeeinrichtungen • Vollstationäre Dauerpflegeeinrichtungen 2 • Solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen 4 • Tagespflegeeinrichtungen 5 • ambulante Pflegedienste 6 • Hospize und ambulante Hospizdienste 8 • Stationäre und ambulante Palliativversorgung 9 • Außerklinische Einrichtungen für Intensivpflegepatienten 10 Pflege-Wohngemeinschaften • Anbieterverantwortete Pflege-Wohngemeinschaften 11 • Selbstverantworte Pflege-Wohngemeinschaften 12 Wohnanlagen mit Service für ältere Menschen, betreute Wohnangebote 13 Komplementäre ambulante Leistungen und soziale Dienste • Angebote zur Unterstützung im Alltag 15 • Lieferdienste für Mahlzeiten 16 • Mittagstisch für Senioren 17 • Hausnotrufdienste 18 • Vermittlung von Betreuungskräften und Haushaltshilfen 19 • Mehrgenerationenhäuser 20 Netzwerk „AGIL“ 21 Pflegeberatung und Pflegestützpunkte 22 Betreuungsbehörden und -vereine 23 Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 7
1.4.2 Erhebung demografischer Daten Die für die Darstellung der Ausgangslage und die Vorausberechnung pflegerischer Bedarfe be- nötigten demografischen Daten beruhen auf Veröffentlichungen von IT.NRW (Landesbetrieb Statistischen Landesamt Information und Technik Nordrhein-Westfalen), die teilweise durch eigene Berechnungen ergänzt werden. Dabei werden die Pflegestatistik mit neuestem Veröffentlichungsstand von Dezember 2017 (IT.NRW aktualisiert die Pflegestatistik jeweils im Abstand von 2 Jahren) und für die Bevölkerungsvorausberechnung vom 15.07.2019 (Mit- teilung 184/19) zu Grunde gelegt. Teilweise werden auch Daten und Zahlen aus den bisherigen Pflegebedarfsplänen fortgeschrieben oder als Bezugswerte übernommen. Die Pflegestatistik von IT.NRW setzt sich aus zwei Erhebungen zusammen: Zum einen befra- gen die Statistischen Landesämter die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen, zum anderen liefern die Spitzenverbände der Pflegekassen und der Verband der privaten Kranken- versicherung Informationen über die Empfängerinnen und Empfänger von Pflegegeldleistungen - also die meist von Angehörigen gepflegten Leistungsempfängerinnen und -empfänger. Der Erhebungsstichtag für die Erhebung bei den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen ist der 15.12., für die Pflegegeldempfängerinnen und -empfänger organisatorisch bedingt der 31.12. 1.5 Definition und Bildung von Sozialräumen Ziel des APG NRW ist unter anderem, Wohn- und Unterstützungsangebote für ältere und/oder pflegebedürftige Menschen sozialraumbezogen vorzuhalten. Soziale Lebenslagen können am ehesten vor Ort in überschaubaren Planungsräumen darge- stellt werden. Diese sind über eine einheitliche Struktur der Gewährleistung sozialer Grundver- sorgung verbunden. Sie berücksichtigen gewachsene Räume (z. B. das Gebiet von Städten und Gemeinden) oder vereinen einen größeren, mehrere Kommunen umfassenden ländlichen Raum mit einem oder mehreren Orten als „zentralen Anlaufpunkten“. Dabei ist darauf zu ach- ten, dass der Zuschnitt der Sozialräume nicht zu kleinteilig gewählt wird. Im Rahmen der örtlichen Pflegebedarfsplanung des Kreises werden - wie auch in der Jugendhil- feplanung - die vorhandenen Sozialräume gewählt: • Sozialraum Olpe: Stadt Olpe, Stadt Drolshagen und Gemeinde Wenden 56.077 Einwohner (Dez. 2018) • Sozialraum Attendorn: Stadt Attendorn, Gemeinde Finnentrop 41.476 Einwohner (Dez. 2018) • Sozialraum Lennestadt: Stadt Lennestadt, Gemeinde Kirchhundem 37.255 Einwohnern (Dez. 2018). Für diese drei Sozialräume werden die Bedarfe im Sinne des APG NRW gemeindeübergreifend dargestellt. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 8
1.6 Beteiligung Dritter am Planungsprozess Die Kreise beziehen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden in den Planungsprozess ein (z. B. durch deren Mitwirkung in der kommunalen Konferenz Alter und Pflege gemäß § 8 APG NRW) und berücksichtigen die Planungen angrenzender Gebietskörperschaften (§ 7 Abs. 2 APG NRW). Die Planungen angrenzender Kreise sind nicht in diese Pflegeplanung eingeflos- sen. Diese würde ein kreisübergreifendes Nachfrageverhalten voraussetzen, das in der Praxis nicht oder nur sehr eingeschränkt existiert. Ein wesentlicher und sehr aussagekräftiger Bestandteil der Bedarfsplanung ist die jährliche Belegungsabfrage und -statistik. Die Abfrage zur Belegungssituation der stationären Pflege- einrichtungen im Kreisgebiet wurde deshalb um zusätzliche Datenerhebungen erweitert. Gleichzeitig werden die Betreiber gebeten, auch Fragen zu ausgewählten und aktuellen The- men aus dem Bereich der Pflegeversorgung zu beantworten. Seit 2019 führt der Kreis ein jährliches „Austauschgespräch Pflege“ mit den Anbietern von pflegerischen Angeboten im Kreis Olpe zum Stand und zur Weiterentwicklung der örtlichen Ver- sorgungstrukturen durch. Dieser Austausch ermöglicht Erörterungen zur Versorgungssituation, zu aktuellen Themen und Problemen im Bereich der stationären und ambulanten Pflege und dient darüber hinaus der Kontaktpflege der Akteure untereinander. Ziel des Austauschs ist, Ver- sorgungslücken oder Probleme zu erkennen, um auf eine Verbesserung/Optimierung der sozial- raumbezogenen Versorgungsstrukturen hinzuwirken. Des Weiteren steht der Kreis regelmäßig im Kontakt und Austausch mit den Pflegeeinrichtun- gen, Pflegestützpunkten, Pflegeberatungen und Krankenhaussozialdiensten. Deren Rückmel- dungen und Einschätzungen tragen zu einer basisorientierten Beurteilung der Versorgungssitu- ation und -strukturen aus Sicht der Betroffenen bei. Regelmäßige Netzwerke sind: • „AG Vernetzung“: Austauschtreffen mit den Mitarbeitenden von Pflegestützpunkten und Pflegeberatung, Sozialdiensten/Entlassmanagement der Krankenhäuser im Kreis Olpe (Olpe, Attendorn, Altenhundem), Pflegetrainer sowie dem Netzwerk AGIL (2 mal jähr- lich). • Erfahrungsaustausche zwischen der Pflegeberatung und den Pflegestützpunkten des Kreises (4 mal jährlich). Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 9
2. Demografische Entwicklung im Kreis Olpe 2.1 Allgemeines zur Bevölkerungsentwicklung Durch den demografischen Wandel steigt der Anteil der älteren und alten Menschen in der Be- völkerung. Der Anteil der Menschen über 60 Jahre nimmt immer weiter zu und die Lebenser- wartung wird weiter steigen. Da das Risiko der Pflegebedürftigkeit mit zunehmendem Alter steigt, wird mit der wachsenden Zahl älterer Menschen auch die Zahl der pflegebedürftigen Personen zunehmen. IT.NRW hat am 15.07.2019 (Mitteilung 184/19) für alle Städte und Gemeinden des Landes neue Ergebnisse zur zukünftigen Entwicklung der Bevölkerung vorgelegt. Die Modellrechnungen, die IT.NRW im Auftrag der Landesregierung durchgeführt hat, zeigen für alle Städte und Gemein- den des Landes die zukünftige Bevölkerungsentwicklung nach Alter und Geschlecht für die Jah- re von 2018 bis 2040. Danach wird in 119 der 373 kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen die Einwohnerzahl bis zum Jahr 2040 steigen, während in 254 Gemeinden Rückgänge zu er- warten sind. Für 22 der 53 kreisfreien Städte und Kreise des Landes wird bis zum Jahr 2040 ein Zuwachs der Bevölkerung erwartet. Die stärksten Rückgänge ergeben sich für den Märkischen Kreis (-12,6 Prozent) und den Hochsauerlandkreis (-10,4 Prozent). Für den Kreis Olpe wird ein Bevölkerungsrückgang von 7 Prozent prognostiziert. Die Zahl der Sterbefälle wird im Berechnungszeitraum bis 2040 höher sein als die Zahl der Ge- burten. Die insgesamt dennoch steigenden Einwohnerzahlen im Land resultieren deshalb nicht aus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, sondern sind allein durch die Wanderungsgewin- ne aus dem Ausland, die bis 2032 die negativen Salden aus Geburten und Sterbefällen über- steigen, begründet. Die aktuelle Vorausberechnung zeigt auch, dass die Bevölkerung in den Kreisen stärker altern wird als in den kreisfreien Städten: Den höchsten Anstieg des Durchschnittsalters bis 2040 er- warten die Statistiker in den Kreisen Borken (+4,9 Jahre), Coesfeld (+4,6 Jahre) und Olpe (+4,5 Jahre). Die geringsten Anstiege des Durchschnittsalters ergeben sich für Düsseldorf (+0,1 Jah- re), Essen (+0,5 Jahre) und Aachen (+0,6 Jahre). Die Bevölkerung im Kreis Olpe wird demnach schneller altern als zum Beispiel in anderen Krei- sen in Südwestfalen. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 10
2.2 Entwicklung der Bevölkerung im Kreis Olpe Die Gesamtbevölkerung im Kreis Olpe wird nach der oben (unter 2.1) genannten aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung von IT.NRW bis zum Jahr 2040 um 7 % zurückgehen (von 134.808 in 2018 auf 125.377 in 2040). Bisherige Demografiestudien (u. a. auch von IT.NRW) hatten allerdings teilweise wesentlich deutlichere Bevölkerungsrückgänge, insbesondere für einzelne Kommunen des Kreises, vo- rausgesagt. Gesamtbevölkerung Kreis Olpe 2018 bis 2040 Entwicklung der Bevölkerung im Kreis Olpe 140.000 134.220 Anzahl der Einwohner 135.000 134.808 130.792 132.643 130.000 128.396 125.377 125.000 120.000 2015 2020 2025 2030 2035 2040 Jahr Verteilung der Gesamtbevölkerung nach Altersgruppen Wie die nachstehenden Tabellen zeigen, wird die Entwicklung in den verschiedenen Altersstu- fen/-gruppen allerdings sehr unterschiedlich sein. Bei einem kontinuierlichen Rückgang der un- ter 60-jährigen Bevölkerung kommt es gleichzeitig zu einer stetigen Zunahme der Zahl älterer Menschen sowie hochaltriger Menschen über 80 Jahre. Die Anzahl der Menschen im Kreis Olpe, die älter als 65 Jahre sind, soll von 2018 bis 2040 um 12.434 von 26.824 auf 39.258 steigen. Das ist ein Anstieg in dieser Altersgruppe um 46,4 %. Die Anzahl der Bewohner über 80 Jahre soll um 49,1 % steigen (um 3.952 Personen). 2040 würden dann 31,3 % der Bewohner im Kreis Olpe älter als 65 Jahren und 9,6 % älter als 80 Jahre sein. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 11
Bevölkerungsentwicklung im Kreis Olpe nach Alter 2018 bis 2040 davon im Alter von … bis unter … Jahren gesamt 0-3 3-6 6-10 10-16 16-19 19-25 25-40 40-65 65-80 > 80 2018 134.808 3.866 3.688 4.732 8.006 4.773 8.946 23.566 50.407 18.777 8.047 2020 134.220 3.940 3.826 4.781 7.664 4.297 8.721 23.572 49.905 18.801 8.713 2025 132.643 3.649 3.866 5.271 7.348 3.808 7.697 23.003 47.723 21.167 9.111 2030 130.792 3.351 3.593 5.095 8.004 3.720 6.742 21.641 44.223 25.523 8.900 2035 128.396 3.033 3.277 4.731 7.768 4.083 6.797 19.485 40.758 28.532 9.932 2040 125.377 2.712 2.921 4.319 7.221 3.893 7.274 18.003 39.776 27.259 11.999 -7,0 -29,8 -20,8 -8,7 -9,8 -8,4 -18,7 -23,6 -21,1 +45,2 +49,1 Veränderungen 2040 gegenüber 2018 in Prozent Altersstruktur der Bevölkerung im Kreis Olpe im Jahr 2018 Altersstruktur der Bevölkerung 2018 120.000 61,51 % 90.000 60.000 18,59 % 19,90 % 30.000 0 unter 19 19-65 65 und mehr Anzahl der Einwohner 25.065 82.919 26.824 Altersstruktur der Bevölkerung im Kreis Olpe im Jahr 2040 Altersstruktur der Bevölkerung 2040 120.000 90.000 51,89 % 60.000 31,31 % 30.000 16,80 % 0 unter 19 19-65 65 und mehr Anzahl der Einwohner 21.066 65.053 39.258 Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 12
2.2.1 Bevölkerungsentwicklung im Kreis Olpe und den Städten und Gemeinden nach Altersgruppen 2018 bis 2040 Die nachstehenden Tabellen bilden die erwartete Bevölkerungsentwicklung von 2018 bis 2040 nach Altersgruppen für den Kreis sowie die kreisangehörigen Städte und Gemeinden ab. Kreis Olpe gesamt unter 19 %-Anteil 19 - 65 %-Anteil 65 u. ä. %-Anteil 2018 134.808 25.065 18,6% 82.919 61,5% 26.824 19,9% 2020 134.220 24.508 18,3% 82.198 61,2% 27.514 20,5% 2025 132.643 23.942 18,0% 78.423 59,1% 30.278 22,8% 2030 130.792 23.763 18,2% 72.606 55,5% 34.423 26,3% 2035 128.396 22.892 17,8% 67.040 52,2% 38.464 30,0% 2040 125.377 21.066 16,8% 65.053 51,9% 39.258 31,3% Veränderung -7,00% -16,0% -21,5% +46,4% 2018 bis 2040 Stadt Attendorn gesamt unter 19 %-Anteil 19 - 65 %-Anteil 65 u. ä. %-Anteil 2018 24.335 4.580 18,8% 15.081 62,0% 4.674 19,2% 2020 24.268 4.510 18,6% 14.976 61,7% 4.782 19,7% 2025 24.076 4.401 18,3% 14.407 59,8% 5.268 21,9% 2030 23.861 4.373 18,3% 13.453 56,4% 6.035 25,3% 2035 23.534 4.218 17,9% 12.464 53,0% 6.852 29,1% 2040 23.087 3.879 16,8% 12.172 52,7% 7.036 30,5% Veränderung -5,1% -15,4% -19,3% 50,5% 2018 bis 2040 Stadt Drolshagen gesamt unter 19 %-Anteil 19 - 65 %-Anteil 65 u. ä. %-Anteil 2018 11.824 2.226 18,8% 7.376 62,4% 2.222 18,8% 2020 11.826 2.175 18,4% 7.328 62,0% 2.323 19,6% 2025 11.806 2.128 18,0% 6.996 59,3% 2.682 22,7% 2030 11.762 2.115 18,0% 6.452 54,9% 3.195 27,2% 2035 11.669 2.009 17,2% 6.031 51,7% 3.629 31,1% 2040 11.525 1.839 16,0% 5.903 51,2% 3.783 32,8% Veränderung -2,5% -17,4% -20,0% 70,3% 2018 bis 2040 Gemeinde Finnentrop gesamt unter 19 %-Anteil 19 - 65 %-Anteil 65 u. ä. %-Anteil 2018 17.141 3.293 19,2% 10.582 61,7% 3.266 19,1% 2020 17.125 3.219 18,8% 10.594 61,9% 3.312 19,3% 2025 17.071 3.114 18,2% 10.405 61,0% 3.552 20,8% 2030 16.982 3.097 18,2% 9.851 58,0% 4.034 23,8% 2035 16.817 2.943 17,5% 9.395 55,9% 4.479 26,6% 2040 16.559 2.690 16,2% 9.211 55,6% 4.658 28,1% Veränderung -3,4% -18,3% -13,0% 42,6% 2018 bis 2040 Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 13
Gemeinde Kirchhundem gesamt unter 19 %-Anteil 19 - 65 %-Anteil 65 u. ä. %-Anteil 2018 11.617 2.109 18,2% 7.207 62,0% 2.301 19,8% 2020 11.489 1.977 17,2% 7.109 61,9% 2.403 20,9% 2025 11.152 1.841 16,5% 6.591 59,1% 2.720 24,4% 2030 10.818 1.758 16,3% 5.881 54,4% 3.179 29,4% 2035 10.439 1.653 15,8% 5.241 50,2% 3.545 34,0% 2040 10.038 1.524 15,2% 4.883 48,6% 3.631 36,2% Veränderung -13,6% -27,7% -32,2% 57,8% 2018 bis 2040 Stadt Lennestadt gesamt unter 19 %-Anteil 19 - 65 %-Anteil 65 u. ä. %-Anteil 2018 25.638 4.617 18,0% 15.615 60,9% 5.406 21,1% 2020 25.317 4.481 17,7% 15.360 60,7% 5.476 21,6% 2025 24.497 4.365 17,8% 14.267 58,2% 5.865 23,9% 2030 23.619 4.246 18,0% 12.972 54,9% 6.401 27,1% 2035 22.666 4.052 17,9% 11.764 51,9% 6.850 30,2% 2040 21.622 3.734 17,3% 11.111 51,4% 6.777 31,3% Veränderung -15,7% -19,1% -28,8% 25,4% 2018 bis 2040 Stadt Olpe gesamt unter 19 %-Anteil 19 - 65 %-Anteil 65 u. ä. %-Anteil 2018 24.459 4.403 18,0% 14.687 60,0% 5.369 22,0% 2020 24.422 4.391 18,0% 14.534 59,5% 5.497 22,5% 2025 24.304 4.410 18,1% 13.920 57,3% 5.974 24,6% 2030 24.106 4.512 18,7% 12.967 53,8% 6.627 27,5% 2035 23.791 4.485 18,9% 12.012 50,5% 7.294 30,7% 2040 23.366 4.178 17,9% 11.897 50,9% 7.291 31,2% Veränderung -4,5% -5,1% -19,0% 35,8% 2018 bis 2040 Gemeinde Wenden gesamt unter 19 %-Anteil 19 - 65 %-Anteil 65 u. ä. %-Anteil 2018 19.794 3.837 19,4% 12.371 62,5% 3.586 18,1% 2020 19.782 3.761 19,0% 12.297 62,2% 3.724 18,8% 2025 19.726 3.683 18,7% 11.834 60,0% 4.209 21,3% 2030 19.643 3.665 18,7% 11.034 56,2% 4.944 25,2% 2035 19.474 3.528 18,1% 10.140 52,1% 5.806 29,8% 2040 19.189 3.219 16,8% 9.881 51,5% 6.089 31,7% Veränderung -3,1% -16,1% -20,1% 69,8% 2018 bis 2040 Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 14
2.3 Entwicklung der Pflegebedürftigkeit im Kreis Olpe IT.NRW hat am 16. November 2018 (Mitteilung 323/18) die neue Pflegestatistik mit den Zahlen von Dezember 2017 veröffentlicht. Die Pflegestatistik wird von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder seit 1999 zweijährlich durchgeführt. 2.3.1 Pflegestatistik Nordrhein-Westfalen Im Dezember 2017 gab es in Nordrhein-Westfalen 769.100 pflegebedürftige Menschen im Sin- ne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI). Das waren 20,5 % mehr als zwei Jahre zuvor (Ende 2015: 638.100). Großen Einfluss auf diesen Anstieg dürfte das neue, seit 1.1.2017 gel- tende, Begutachtungsverfahren in der Pflegeversicherung haben, nach dem der Grad der Selb- ständigkeit eines Menschen Maßstab für die Pflegebedürftigkeit ist. Der Anteil der Einwohner, die Anspruch auf Pflegeleistungen haben, war Ende 2017 mit 4,3 % höher als zwei Jahre zuvor (2015: 3,6 %). 599.400 (77,9 %) Pflegebedürftige wurden 2017 zu Hause versorgt; das waren 26,6 % mehr als 2015. 417.300 Pflegebedürftige (+29,6 %) erhielten ausschließlich Pflegegeld und 182.000 Per- sonen (+20,3 %) wurden durch ambulante Dienste zu Hause betreut oder erhielten Geld- oder Sachleistungen. 22.000 Personen (+53,6 %) bezogen neben Pflegegeld oder ambulanten auch teilstationäre Leistungen. In Pflegeheimen waren mehr als 169.600 Personen (+3,0 %) in voll- stationärer Dauer- oder Kurzzeitpflege untergebracht. Nahezu die Hälfte aller Pflegebedürftigen (47,6 %) waren in Pflegegrad 2 und 29,3 % in Pflege- grad 3 eingestuft. 15,5 % waren dem Pflegegrad 4 und 6,5 % dem Pflegegrad 5 zugeordnet. 2.3.2. Pflegestatistik Kreis Olpe Nachfolgend wird die aktuelle Entwicklung der Pflegebedürftigkeit im Kreis Olpe, sowohl in ab- soluten Zahlen als auch nach bestimmten Kriterien bzw. in Verhältniszahlen (Pflegestufen, Leis- tungsarten, Altersgruppen und Geschlecht mit den entsprechenden Pflegequoten sowie Alters- gruppen und Leistungsarten) abgebildet. Die Daten stellen die Basis der Bedarfsanalyse für die Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung dar. Pflegebedürftige im Kreis Olpe 2011 - 2013 - 2015 - 2017 5.931 6000 5.310 4.791 4500 4.150 3000 + 15,45 % + 10,83 % + 11,69 % 1500 (+ 641) (+ 519) (+ 621) 0 2011 2013 2015 2017 Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 15
Von 2013 bis 2015 hat die Zahl der Pflegebedürftigen im Kreis Olpe um 519 auf 5.310 Perso- nen (+ 10,8 %) zugenommen (zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen + 9,7 %). Von 2015 bis 2017 erhöhte sich die Anzahl der Pflegebedürftigen nochmals um 621 auf 5.931 Personen. Das ent- spricht einer Steigerung um 11,7 %. In Nordrhein-Westfalen ist die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen von 2015 bis 2017 um 20,5 % gestiegen. Auf Bundesebene hat sich die Zahl der Pflegebedürftigen um 19,4 % erhöht (Quelle: Pflegestatistik 2017 des Statistischen Bundesamtes). Der ungewöhnlich hohe Anstieg wird insbesondere auf die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes seit 1. Januar 2017 (Pflegestärkungsgesetz II) zurückgeführt. Im Gegensatz zur Entwicklung im Land und auf Bundesebene ist die Anzahl der pflegebedürfti- gen Menschen im Kreis Olpe nur um 11,7 % gestiegen - und das trotz der Einführung des neu- en Pflegebedürftigkeitsbegriffes. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass ohne den Anstieg durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff sich der Anstieg gegenüber den Vorjahren (15,5% und 10,8 %) sogar verringert hätte. Die Gründe für diese gegenläufige Entwicklung sind nicht bekannt. Die Gesamtzahl der pflegebedürftigen Menschen im Kreis Olpe hat sich seit 2011 um 1.781 Personen erhöht, das entspricht einem Anstieg um 42,9 % in 6 Jahren (gegenüber dem Aus- gangwert 2017). Stellt man die Anzahl der Pflegebedürftigen ins Verhältnis zu den Einwohnern im Kreis Olpe ergibt sich für 2017 eine „Pflegequote“ von 44 Pflegebedürftigen pro 1.000 Einwohner (5931 Pflegebedürftige bei 134.808 Einwohnern, dies entspricht 4,4 %). Diese Quote entspricht dem Landesschnitt (43 Pflegebedürftige pro 1.000 Einwohner). Hinweis zu den nachfolgenden Grafiken, Tabellen und Diagrammen: Bei den Zahlenangaben kommt es teilweise zu kleinen Differenzen von bis zu 6 Personen, weil in der Pflegestatistik von IT.NRW auch einige Personen geführt werden, die noch nicht ab- schließend zugeordnet werden konnten (z. B. ohne Zuordnung in einen Pflegegrad). Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 16
Pflegebedürftige nach Pflegegraden Kreis Olpe 2017 3.000 2.520 2.250 1.920 1.500 1.032 750 417 39 0 Pflegegrad 1 Pflegegrad 2 Pflegegrad 3 Pflegegrad 4 Pflegegrad 5 Eine Fortschreibung der Daten der bisherigen Pflegebedarfspläne (Vergleich zu Vorjahren, Er- mittlung von Steigerungsraten) ist wegen der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegrif- fes nicht möglich. Die bisherigen Pflegestufen 1 bis 3 wurden durch die Pflegegarde 1 bis 5 ab- gelöst. Von den insgesamt 5.931 pflegebedürftigen Personen im Kreis Olpe sind 74,9 % in die Pflege- grade 2 und 3 einstuft (42,5 % in Pflegegrad 2 und 32,4% in Pflegegrad 3). Den höchsten Pfle- gegrad 5 haben lediglich 7 % der Pflegebedürftigen. Zum Vergleich sind im Land Nordrhein-Westfalen 76,9 % der pflegebedürftigen in die Pflege- grade 2 und 3 eingestuft (47,6 % in Pflegegrad 2 und 29,3 % in Pflegegrad 3) und 6,5 % dem Pflegegrad 5 zugeordnet. Pflegebedürftige nach Altersgruppen Kreis Olpe 2015 / 2017 4.000 Anzahl der Pflegebedürftigen 2015 2017 3.000 2.000 1.000 0 5.310 5.931 unter 60 749 918 60 - 79 1.546 1.611 80 und älter 3.015 3.402 Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 17
Das vorstehende Diagramm zeigt die Verteilung der Pflegebedürftigen nach Altersgruppen für die Jahre 2015 und 2017. Deutlich mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen im Kreis Olpe sind älter als 80 Jahre: 56,8 % in 2015 und 57,4 % in 2017. Der Anteil der Pflegebedürftigen in der Altersgruppe 60 bis 79 Jahre beträgt 27,2 % in 2017 (29,1 % in 2015). In 2017 beträgt der An- teil der Pflegebedürftigen unter 60 Jahren 15,5 % (14,1 % in 2015). Pflegebedürftige nach Geschlecht Kreis Olpe 2015 / 2017 2015 2017 Anzahl der Pflegebedürftigen 4.000 3.000 2.000 1.000 0 5.310 5.931 Männlich 1.875 2.188 Weiblich 3.435 3.743 Aufgrund der höheren Lebenserwartung der Frauen ist die Zahl der weiblichen Pflegebedürfti- gen deutlich höher als die Zahl pflegebedürftiger Männer. Die Anzahl der pflegebedürftigen Männer stieg allerdings prozentual stärker als die der Frauen (die absoluten Zahlen sind ver- gleichbar), bei den Männern um 16,7 % (313 Personen) und bei den Frauen um 9,3 % (318 Personen). Pflegequoten nach Altersgruppen und Geschlecht Kreis Olpe 2017 in Prozent bezogen auf die Gesamtbevölkerung in der Altersgruppe 48,3 50 42,3 40 31,9 30 unter 60 60 - 79 20 80 und älter 10 5,8 6,1 5,5 0,9 1,0 0,9 0 insgesamt männlich weiblich Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 18
Die vorstehende Grafik zeigt die aus dem Verhältnis der Zahl der Pflegebedürftigen zur Ge- samtbevölkerung für verschiedene Altersgruppen errechneten Pflegequoten im Jahr 2017 (ge- trennt nach Geschlechtern). Die Pflegequoten geben die Pflegehäufigkeit in der jeweiligen Al- tersgruppe in Prozent (%) an, ermöglichen Rückschlüsse auf den Pflegebedarf der Bevölkerung des Kreises Olpe in den verschiedenen Altersgruppen und sind darüber hinaus eine Grundlage für die prognostische Fortschreibung der Zahl pflegebedürftiger Menschen. In der „pflegeintensiven“ Altersgruppe der über 80jährigen ist ein weiterer Anstieg der Pflege- quote feststellbar. Insgesamt sind bereits 42,3 % der Bevölkerung dieser Altersgruppe pflege- bedürftig (31,9 % der Männer und 48,3 % der Frauen). Mit 57,8 % ist die Mehrheit der Hochalt- rigen nicht pflegebedürftig. Vergleich der Pflegequoten 2015 und 2017 nach Altersgruppen und Geschlecht: insgesamt männlich weiblich 2015 2017 2015 2017 2015 2017 unter 60 0,7 0,9 0,8 1,0 0,7 0,9 60 - 79 5,6 5,8 5,0 5,5 6,2 6,1 80 und älter 40,4 42,3 29,7 31,9 46,4 48,3 Beim Vergleich der Pflegequoten von 2015 und 2017 zeigt sich insgesamt eine Erhöhung der Quoten in allen Altersgruppen. Bei den über 80jährigen ist die Quote von 40,4 % auf 42,3 % gestiegen. Der prozentuale Anstieg war bei der männlichen Bevölkerung etwas höher als bei der weiblichen. Anzahl der Pflegebedürftigen nach Leistungsarten 2011 - 2013 - 2015 - 2017 6.000 Anzahl der Pflegebedürftigen 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 insgesamt Pflegegeld ambulant vollstationär 2011 4.150 2.409 648 1.093 2013 4.791 2.644 929 1.218 2015 5.310 3.022 1.105 1.183 2017 5.931 3.582 1.122 1.221 Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 19
Diese Grafik zeigt die Entwicklung der Anzahl der Pflegebedürftigen nach Leistungsarten in der Pflegeversicherung (Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen, insbesondere Angehörige; ambulante Pflege durch einen Pflegedienst; vollstationäre Pflege) in den Jahren 2011, 2013, 2015 und 2017. Leistungsberechtigte, die neben dem Pflegegeld einen ambulanten Pflege- dienst in Anspruch nehmen (sog. Kombileistung), sind in der Kategorie „ambulant“ mit enthal- ten. Die Daten bestätigen den Versorgungswunsch und den politisch gewollten Grundsatz „ambulant vor stationär“ (und die teils damit verbundenen Leistungsanreize) durch die Nutzung der ge- wählten Versorgungsform. Gegenüber 2015 ist die Zahl der Pflegebedürftigen im Kreis Olpe um 621 Personen gestiegen. Hiervon erhalten 560 Personen mehr Pflegegeld, das sind 90,2 % der hinzugekommenen Pfle- gebedürftigen. 17 Personen haben einen Pflegedienst neu in Anspruch genommen. 38 Perso- nen mehr wurden vollstationär versorgt. Die Zahl der vollstationär versorgten Pflegebedürftigen ist seit 2013 in etwa unverändert. Die Zahl entspricht der Größenordnung in etwa der Anzahl der im Kreis Olpe vorhanden vollstatio- nären Pflegeplätze. Pflegebedürftige nach Leistungsarten Kreis Olpe Entwicklung 2011 - 2013 - 2015 - 2017 - in Prozent bezogen auf die Gesamtzahl der Pflegebedürftigen - 60,4 58,0 55,2 56,9 26,4 25,4 20,8 18,9 22,3 20,6 19,4 15,6 Pflegegeld ambulant vollstationär 2011 2013 2015 2017 Hinweis: die Berechnungen enthalten Rundungsdifferenzen In 2017 wurden im Kreis Olpe 20,6 % der Pflegebedürftigen vollstationär versorgt und 79,3 % (4.704 Personen) in häuslicher Umgebung gepflegt (zum Vergleich: Land NRW 77,9 %, auf Bundesebene 76 % (Quelle: Pflegestatistik 2017 des Statistischen Bundesamtes)). Der Anteil der Personen, die Pflegegeld erhalten oder einen Pflegedienst in Anspruch genom- men haben (Kategorie „ambulant“) ist gegenüber dem Jahr 2011 geringfügig gestiegen (um 2,4 % bzw. 3,3 %). Seit 2015 ist der prozentuale Anteil der Personen, die einen Pflegedienst in Anspruch genommen haben, sogar leicht rückläufig. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 20
Bezogen auf die Gesamtzahl der Pflegebedürftigen ist der Anteil der vollstationär versorgten Personen hingegen seit 2011 kontinuierlich rückläufig, von 26,4 % in 2011 auf 20,6 % in 2017. Die nachfolgende Tabelle zeigt einen Vergleich der Quoten des Kreises Olpe mit denen für das Land Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2011, 2013, 2015 und 2017: Pflegegeld ambulant vollstationär Olpe NRW Olpe NRW Olpe NRW 2011 58,0 48,7 15,6 22,3 26,4 29,0 2013 55,2 49,8 19,4 22,6 25,4 27,6 2015 56,9 50,5 20,8 23,7 22,3 25,8 2017 60,4 54,2 18,9 23,7 20,6 22,1 Hinweis: die Berechnungen enthalten Rundungsdifferenzen Vergleicht man die Quoten und Entwicklungen der Zahl der Pflegebedürftigen nach Leistungsar- ten im Kreis Olpe und in Nordrhein-Westfalen, gegeben sich folgende Schlussfolgerungen: • Die sogenannte „Selbsthilfequote“, das ist der Anteil der Pflegebedürftigen, die zu Hause versorgt werden, ist im Kreis Olpe seit 2011 durchgehend geringfügig höher als auf Lan- desebene (in 2017: Kreis Olpe 79,3 %, NRW 77,9 %). • Pflegegeld wird im Kreis Olpe stärker in Anspruch genommen als in NRW insgesamt. • Ambulante Pflegeleistungen einschließlich Kombileistungen werden in NRW stärker nachgefragt als im Kreis Olpe. • Vollstationäre Pflegeleistungen sind in NRW ebenfalls mehr nachgefragt als im Kreis Olpe. • Bezogen auf das Nachfrageverhalten vollstationärer Pflegeleistungen ist sowohl auf Landes- als auch auf Kreisebene ein Rückgang festzustellen. Pflegebedürftige nach Leistungsarten und Altersgruppen Kreis Olpe 2017 - absolute Zahlen - 3.393 1.758 1.617 1.056 915 876 768 759 279 282 84 63 insgesamt Pflegegeld ambulant vollstationär 5.931 3.582 1.122 1.221 unter 60 60 - 79 80 und älter Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 21
Die Grafik bildet die Verteilung der Pflegebedürftigen nach Leistungsarten auf die Altersgruppen der unter 60jährigen, 60 bis 79jährigen und über 80jährigen Bevölkerung in absoluten Zahlen ab (nur bezogen auf 2017). 72 % der vollstationär gepflegten Personen sind demnach älter als 80 Jahre (876 von 1.221 Personen). Bei den Leistungsberechtigten, die einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch nehmen (Kategorie „ambulant“), beträgt der Anteil der über 80jährigen 67,6 %. 5,2 % der vollstationär gepflegten Personen sind jünger als 60 Jahre. Der Anteil der vollstatio- när gepflegten unter 60jährigen Personen an der Gesamtzahl der Pflegebedürftigen im Kreis Olpe beträgt lediglich 1,1 %. Quote der Pflegebedürftigen nach Leistungsarten und Altersgruppen Kreis Olpe 2017 - in Prozent bezogen auf die Gesamtbevölkerung in den Altersgruppen - 42,2 21,8 10,9 9,4 5,8 3,8 0,9 0,8 0,1 1,0 0,1 1,0 insgesamt Pflegegeld ambulant vollstationär unter 60 60 - 79 80 und älter Hinweis: die Berechnungen enthalten Rundungsdifferenzen Die Grafik zeigt die Quoten (Prozentangaben) der Pflegebedürftigen bezogen auf die Gesamt- bevölkerung in der jeweiligen Altersgruppe für die 3 Leistungsarten für das Jahr 2017. Jeweils 0,1 % der unter 60jährigen nehmen einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch oder werden vollstationär versorgt. 42,2 % aller Personen im Kreis Olpe, die älter als 80 Jahre sind, benötigen eine Pflegeleistung. 10,9 % aller über 80jährigen werden vollstationär gepflegt. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 22
3 Pflegekräftemangel - fehlendes Personal als limitierender Faktor Es gibt bereits heute zu wenig Pflegepersonal. Diese Situation wird sich, bedingt durch die im- mer älter werdende Bevölkerung und die stark steigende Anzahl pflegebedürftiger Menschen, weiter verschärfen. Die Nachfrage nach professioneller Pflege und Unterstützung im Alltag wird stark wachsen. Bereits heute gibt es Pflegeeinrichtungen in NRW, die aufgrund des Fachkräf- temangels nicht alle Pflegeplätze belegen können. Dabei trifft der demografische Wandel die Pflege in doppelter Hinsicht. Während mit der Alte- rung der Bevölkerung die Nachfrage nach professioneller Pflege steigt, sinkt gleichzeitig das Arbeitskräftepotenzial, aus dem der Bedarf nach Pflegefachkräften gedeckt werden könnte. Hierbei steht der Pflegesektor zudem in Konkurrenz mit anderen Branchen und Berufsberei- chen. Allerdings ist insbesondere die Altenpflege auch eine Wachstumsbranche, gehört zu den besonders stark wachsenden Dienstleistungsbranchen und bietet den Fachkräften sichere Ar- beitsplätze, was einen Marktvorteil darstellen könnte. Am 01.01.2019 trat das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonalstärkungsge- setz - PpSG) in weiten Teilen in Kraft. Es soll die Pflege und Betreuung von Patienten und Pfle- gebedürftigen verbessern und sieht hierfür verschiedene Maßnahmen vor. Für den Pflegebe- reich sind dies u. a.: Schaffung von 13.000 zusätzlichen Pflegestellen in der vollstationären Al- tenpflege; Angehörigen, die zu Hause pflegen, soll der Zugang zu stationären medizinischen Rehabilitationsleistungen erleichtert werden; längere Wegezeiten, insbesondere auf dem Land, sollen in der ambulanten Altenpflege besser vergütet werden. Auch die „Konzertierte Aktion Pflege“, die von mehreren Bundesministerien initiiert wurde, sieht in ihrem Abschlussbericht diverse Verabredungen vor, die das Ziel haben, mehr Menschen zu gewinnen, die Pflegeberufe ergreifen. Unter anderem sollen beruflich Pflegende höhere Löhne erhalten, die Ausbildungs- zahlen erhöht werden, die Personalausstattung verbessert und die Gewinnung von Pflegekräf- ten aus dem Ausland erleichtert werden. Es ist jedoch absehbar, dass auch diese Initiativen nicht ausreichen werden. Nach herrschen- der Meinung kann der Bedarf an benötigten Pflegekräften kurz- und mittelfristig u. a. nur durch eine (zusätzliche) gezielte Anwerbung von ausländischem Pflegepersonal gedeckt werden. In der Pflege besteht ein „Arbeitnehmermarkt“, das bedeutet, um Stellen adäquat besetzen zu können, müssen attraktive Angebote gemacht werden (z. B. im Hinblick auf die Bezahlung und Arbeitszeiten). Das führt nicht nur zur Konkurrenz zwischen den Anbietern als Arbeitgeber, son- dern auch zwischen den verschiedenen Pflege- und Versorgungsformen. Zusätzliche Angebote in der Tagespflege werben zum Beispiel Personal aus dem Bereich der stationären Pflege ab. Der Pflegekräftemangel wirkt sich auch auf die Versorgungsangebote und -strukturen im Kreis Olpe und damit auch auf die Pflegebedarfsplanung aus. In Erfahrungsaustauschen teilen die örtlichen Anbieter allerdings mit, dass trotz stark rückgängiger Bewerberzahlen derzeit noch alle ausgeschriebenen Stellen nach längerer Zeit besetzt werden können. Das Pflegepersonal wird nicht nur zum limitierenden Faktor für neue Angebote, es wird auch zunehmend schwieriger, vorhandene Angebote und Standards aufrecht zu erhalten. Die Fach- kräfte-/ Mitarbeiterverfügbarkeit ist bereits ein zusätzlicher wesentlicher Standortfaktor für die Planung neuer Angebote. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 23
4 Entwicklung der Nachfrage von Pflegeleistungen Basierend auf der Feststellung, ob qualitativ und quantitativ ausreichend Angebote zur Verfü- gung stehen, ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zur Herstellung, Siche- rung oder Weiterentwicklung von Angeboten erforderlich sind. Ziel ist, die Versorgung älterer und pflegebedürftiger Menschen durch die Entwicklung der erforderlichen Pflegeinfrastruktur zu verbessern und Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie ihr Leben möglichst lange in der ver- trauten häuslichen Umgebung gestalten können. Die aktualisierte örtliche Bedarfsplanung umfasst den Planungszeitraum von Januar 2020 bis Dezember 2022. Dieser Zeitraum, der sich an den bei einer „verbindlichen Bedarfsplanung“ vorgesehenen 3jährigen Planungszeitraum anlehnt, ist eher geeignet mittelfristig Planungs- prognosen treffen zu können. Die Bedarfsermittlungen und -bewertungen sollten auch über diesen Zeitraum hinausgehen, weil eine 2 oder 3jährige Betrachtung alleine schon in Anbetracht der Zeiträume, die benötigt werden, um neue Angebote zu planen und umzusetzen, zu kurz sind. Dies gilt insbesondere für größere Baumahnahmen, wie die Errichtung oder Erweiterung vollstationärer Einrichtungen. Die aktuellen Modellrechnungen von IT.NRW beinhalten Bevölkerungsprognosen für den Kreis und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden für die Jahre 2020 und 2025, sodass nachfol- gend der Zeitraum bis 2025 in die Betrachtung einbezogen wird. Exkurs: Steuerungsfähigkeit der Kommune im Pflegesektor Die Pflegebedarfsplanung ist kein Steuerungsinstrument, um auf eine pflegerische Über- oder Unterversorgung wirksam reagieren zu können. Die Pflegebedarfsplanung kann in ihrer verbind- lichen Form im Falle von Überkapazitäten ein Mittel der Einflussnahme sein. Bei bestehenden Bedarfen hat die Pflegebedarfsplanung eher feststellenden Charakter, sie schafft Transparenz über die Pflegesituation, kann als Orientierungshilfe dienen und Empfehlungen aussprechen. Mit dem Instrument der Pflegebedarfsplanung lässt sich nicht verhindern, dass Investoren Pfle- geeinrichtungen errichten, obwohl es für diese aus fachplanerischer Sicht keinen Bedarf gibt. Kreise als Sozialplanungsbehörde habe mit dem Instrument der Pflegeplanung keine Möglich- keit, Investoren oder Anbieter zur Schaffung bestimmter Angebote „zu zwingen“. Die örtliche Planung zeigt potentiellen Interessenten die (ungedeckten) Bedarfe auf, auf die sie reagieren können. Daraus folgt, dass weder mit der Ausweisung einer Bedarfszahl an zusätzlichen Plätzen in der vollstationären Pflege noch mit anderen Planungsansätzen innerhalb der Pflegebedarfsplanung das Pflegemarktgeschehen wirksam gesteuert werden kann. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 24
Entwicklung der Nachfrage von Pflegeleistungen im Kreis Olpe Die Weiterentwicklung der Angebote wird maßgeblich durch die Frage bestimmt, wie sich die • Zahl der Pflegebedürftigen und das • Nachfrageverhalten nach bestimmten Angebotsformen im Planungszeitraum voraussichtlich entwickeln werden. 4.1 Zahl der Pflegebedürftigen bis 2025 Im Zeitraum von 2018 bis 2025 wird im Kreis Olpe eine Zunahme der 65 bis 79jährigen Bevöl- kerung von 18.777 auf 21.167 Personen (+12,7 %) und der über 80jährigen von 8.047 auf 9.111 Personen (+ 13,2 %) erwartet (vgl. Tabelle Seite 12). Aufgrund der Zunahme der älteren Bevölkerung und des erhöhten Pflegerisikos dieser Alters- gruppe wird sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen auf jeden Fall weiter erhöhen. Um die Zahl pflegebedürftiger Personen für einen bestimmten Zeitpunkt vorausberechnen zu können, wird in der kommunalen Praxis der Pflegeplanung auf folgende zwei Modelle bzw. Be- rechnungsmethoden zurückgegriffen: • Für die „konstante Variante“ wird ein von Jahr zu Jahr gleich bleibendes Pflegerisiko an- genommen. • Hingegen geht die „Trendvariante“ von einem Rückgang des Pflegerisiko aus in der Er- wartung, dass mit einer steigenden Lebenserwartung auch eine bessere Gesundheit und in der Folge eine längere „pflegefreie Lebenszeit“ verbunden sein wird. Hierbei wird auch der medizinisch-technische Fortschritt eine Rolle spielen. Die im Rahmen von Berechnungen nach der Trendvariante durch IT.NRW vorgenommen An- nahmen sind überholt, da der so errechnete Wert von Pflegebedürftigen für die Altersgruppen bereits tatsächlich überschritten ist. Außerdem fehlt wegen der Einführung des neuen Pflegebe- dürftigkeitsbegriffes seit 1. Januar 2017 (Pflegestärkungsgesetz II) und der damit überproportio- nalen Zunahme der Zahl Pflegebedürftiger die vergleichbare Datengrundlage. Auf der „Trendva- riante“ beruhende Parameter fließen daher in die aktuelle Fortschreibung nicht ein. Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 25
Berechnungen für den Kreis Olpe nach der konstanten Variante Die Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen im Kreis Olpe verläuft seit 2011 relativ kontinu- ierlich. Die Zahlen und die Entwicklung sind hier nochmals abgebildet (Grafik von Seite 15). Pflegebedürftige im Kreis Olpe 2011 - 2013 - 2015 - 2017 5.931 6000 5.310 4.791 4500 4.150 3000 + 15,45 % + 10,83 % + 11,69 % 1500 (+ 641) (+ 519) (+ 621) 0 2011 2013 2015 2017 Berechnungen mit prozentualen Veränderungen: Im Zeitraum von 2013 bis 2015 hat sich die Zahl der Pflegebedürftigen um 10,8 % und von 2015 bis 2017 um 11,7 % erhöht (vgl. Seite 15/16). Unter Berücksichtigung, dass der Anstieg von 2015 auf 2017 - trotz der Auswirkungen durch die Einführung des neuen Pflegebedürftig- keitsbegriffes - gering ausgefallen ist, müsste konsequenterweise ohne Berücksichtigung dieser Auswirkungen eine Abschwächung des prozentualen Anstiegs angenommen werden. Ausgehend von einer nach unten korrigierten Annahme wird für die Folgejahre ein Anstieg der Pflegebedürftigen alle 2 Jahre um jeweils 10 % gegenüber dem Ausgangswert 2017 angenom- men. Danach würde sich die Gesamtzahl der Pflegebedürftigen bis 2025 wie folgt entwickeln: 2017 2019 2021 2023 2025 5.931 6.524 7.117 7.710 8.303 + 593 + 593 + 593 + 593 Die Zahl der Pflegebedürftigen würde nach dieser Berechnung bis 2025 um insgesamt 2.372 auf 8.303 Personen steigen (+ 40 % bezogen auf 2017). Berechnung nach Veränderungen in absoluten Zahlen: In absoluten Zahlen ist die Zahl der Pflegebedürftigen von 2011 bis 2013 um 641 Personen, von 2013 bis 2015 um 516 Personen und von 2015 bis 2017 um 621 Personen angestiegen. In dieser Entwicklung ist eine abnehmende Dynamik erkennbar. Die Zahl der Pflegebedürftigen ist von 2015 bis 2017 (+ 621) - trotz Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes - um 20 Personen weniger gestiegen als im Zeitraum 2011 bis 2013 (+ 641). Pflegebedarfsplan Kreis Olpe Seite 26
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