DAS. NEUE. WIR. Forderungen zur Bundestagswahl 2021 - Deutscher Pflegerat
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Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 www.bundespflegekammer.de DAS. NEUE. WIR. Bundespflegekammer Forderungen zur Bundestagswahl 2021 Stand: 12. Mai 2021 1
Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 Präambel: Flucht aus der Pflege verhindern, Versorgung sichern! INHALTSVERZEICHNIS Die Corona-Pandemie hält die Pflege nun schon seit über einem Jahr in Atem. Viele Pflegefachpersonen hatten zu Beginn der Corona-Krise die Hoffnung, dass die Gesellschaft die Systemrelevanz der Pflege erkennt und die Weichen für bessere Arbeitsbedin- gungen stellt. Sie wurden schnell eines Besseren belehrt. Nach zwei Jahren Konzertierter Aktion Pflege, die mehr Personal, mehr Präambel: Flucht aus der Pflege verhindern, Versorgung sichern 3 Geld und mehr Entscheidungsbefugnisse für Pflegefachpersonen in Aussicht gestellt hat, muss man eine ernüchterte Bilanz zie- hen. Trotz vieler gut gemeinter Einzelmaßnahmen wurden in diesen zentralen Feldern die Weichen für eine Pflegeoffensive nicht Lehren aus Corona 4 gestellt. Offensichtlich hat auch die Corona-Pandemie der Politik nicht zu der nötigen Einsicht verholfen, wie ernst die Lage ist. Ausgangssituation 4 Forderungen der Bundespflegekammer 5 Denn die Arbeitsbedingungen in der Pflege haben sich weiter verschlechtert und die Belastungen stark erhöht. In der „Covid- 19-Pflegestudie 2. Welle“ der HAW Hamburg gaben 84 Prozent der befragten Pflegenden an, dass während der zweiten Welle der Personalausstattung in der Pflege verbessern 6 Corona-Pandemie die Arbeitsbelastung höher war als normal üblich.¹ Daraus resultiere unter anderem eine nicht mehr adäquate Ausgangssituation 6 Versorgung der Pflegebedürftigen. Dies war während der ersten Welle der Pandemie lediglich bei 26 Prozent der Pflegenden der Forderungen der Bundespflegekammer 7 Fall. Viele Pflegefachpersonen sind am Ende ihrer Kräfte jetzt, wo die zweite Welle ohne Atempause in die dritte Welle überge- gangen ist. Von unseren Mitgliedern hören wir die Sorge, dass viele Pflegefachpersonen aus Verantwortungsgefühl noch bis zum Neuverteilung der Aufgaben im Gesundheitswesen 8 Ende der Pandemie durchhalten, aber dann dem Beruf den Rücken kehren werden oder ihre Stellenanteile erheblich reduzieren Ausgangssituation 8 wollen. Laut der Studie der HAW Hamburg haben 17 Prozent der Befragten keine Motivation mehr für ihren Job. Das ist jede sech- Forderungen der Bundespflegekammer 9 ste Pflegeperson. Diese 17 Prozent sind laut Studienleiterinnen stark gefährdet, komplett aus dem Beruf auszusteigen. Auch nach einer Studie mit Beteiligung der der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz denken 30 Prozent der Befragten in Rheinland-Pfalz Ausbildung und Akademisierung 10 öfter daran, die Pflege zu verlassen.2 Der DBfK hat in einer Befragung von mehr als 3.000 Pflegefachpersonen im Dezember 2020 Ausgangssituation 10 das gleiche herausgefunden.3 Ein solcher Pflexit muss unbedingt verhindert werden. Forderungen der Bundespflegekammer 11 Denn der Fachkräftemangel in der Pflege ist schon heute Realität: In der Langzeitpflege bundesweit, in der Krankenhauspflege gilt Gewinnung von Pflegefachpersonen 12 dies mit Ausnahme von vier Bundesländern ebenso. Bei den Versorgungsangeboten tun sich Lücken auf, werden Stationen geschlos- Ausgangssituation 12 sen und in ambulanten Diensten Neuaufnahmen abgelehnt.4 In den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen können Patienten, Forderungen der Bundespflegekammer 13 Pflegebedürftige und Angehörige schon heute erleben, welche Konsequenzen ein Mangel an gut ausgebildeten Pflegefachpersonen bedeutet: Pflege an politischen Entscheidungen beteiligen 15 Ausgangssituation 15 •keine Zeit, Patienten oder Angehörigen zuzuhören, sie zu beraten oder anzuleiten, obwohl für sie der Aufenthalt im Krankenhaus Forderungen der Bundespflegekammer 15 eine Ausnahmesituation ist, •Verschiebung von Eingriffen, weil nicht ausreichend Behandlungskapazitäten aufgrund von Pflegepersonalmangel zur Verfügung Digitalisierung und Bürokratieabbau 16 stehen, Ausgangssituation 16 •keine Zeit für Zuwendung oder das Eingehen auf individuelle Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen, die oft auch kognitiv be- Forderungen der Bundespflegekammer 17 einträchtigt sind •ein deutlich erhöhtes Risiko, vermeidbare Komplikationen zu erleiden oder früher zu sterben Pflege dauerhaft besser bezahlen 18 Ausgangssituation 18 Vermeidbare Komplikationen sorgen nicht nur für unnötiges Leid, sie verursachen auch erhebliche Folgekosten. Allein durch vermeid- Forderungen der Bundespflegekammer 19 bare Krankenhauseinweisungen von pflegebedürftigen Personen ließen sich OECD-weit 18 Milliarden US-Dollar einsparen.5 Gäbe es in den Einrichtungen und Diensten mehr gut qualifiziertes Personal, ließen sich viele dieser Krankenhauseinweisungen vermeiden. Pflege gerecht finanzieren 20 Ausgangssituation 20 Diese Entwicklung wird sich in den nächsten zehn Jahren weiter zuspitzen, wenn nicht entschlossen gegengesteuert wird. Aufgrund des Forderungen der Bundespflegekammer 21 demografischen Wandels wird die Zahl der Pflegebedürftigen und Menschen mit Pflegebedarf deutlich steigen. Gleichzeitig werden bis 2035 etwa 500.000 Pflegefachpersonen in Deutschland das Renteneintrittsalter erreichen. Das sind 40 Prozent der Berufsangehörigen. Impressum 22 Gelingt es nicht innerhalb kürzester Zeit, die Weichen für mehr Personal zu stellen, werden wir innerhalb weniger Jahre mit kata- strophalen Versorgungsengpässen konfrontiert sein. Die Konsequenzen werden Patienten, Pflegebedürftige und deren Angehörige spüren. Wo pflegerische Angebote fehlen, müssen pflegende Angehörige einspringen. Betreuungslücken werden zu erheblichen Folgekosten für Unternehmen und die Volkswirtschaft insgesamt führen: Verringerung der Arbeitszeit, Berufsaufgabe, erhöhte krankheitsbedingte Abwesenheit etc. Für Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen bedeutet die mangelnde Vereinbarkeit von Pflege und Beruf Einkommensverluste und Einbußen bei der späteren Rente. Ohne eine gute Pflege können Wirtschaft und Gesell- schaft auf Dauer nicht funktionieren. Die Zeit drängt: Nur wenn die Politik mit einer zeitnahen deutlichen Pflegeoffensive den Beruf attraktiver macht, kann der Pflexit noch gemindert und der Bedarf an Pflegefachpersonen in Zukunft gedeckt werden. Denn nur mit guter Arbeit in der Pflege lässt sich gute Pflege auf Dauer sicherstellen. Die Bundespflegekammer fordert die politischen Parteien dringend auf, Pflege noch mehr als in der laufenden Legislaturperiode zu einem zentralen politischen Thema der Koalitionsverhandlungen und der nächsten Legislaturperiode zu machen. Pflege muss analog weiterer wichtiger nationaler Themen in der Bundesregierung zur Chefsache gemacht werden. 2 3
Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 1 Covid19-Pflegestudie 2. Welle der HAW Hamburg, https://www.haw-hamburg.de/detail/news/news/show/pflegekraefte-am-limit/, abgerufen Die Corona-Pandemie beschleunigt die Digitalisierung, weil ten eröffnet und den Weg geebnet für innovative Ansätze wie am 03.03.2021 viele den Nutzen und die Chancen erleben konnten. Digitale Telepflege und Apps. Diesen Schub gilt es für die Zukunft zu 2 Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz, https://www.pflegemagazin-rlp.de/ studie-landespflegekammer-die-groessten-kraftraeuber-im-job, abgerufen am 03.03.2021 Möglichkeiten wie beispielsweise Pflegeberatung und Pflege- nutzen. 3 DBfK: Gut geschützt bei der Arbeit, www.dbfk.de/media/docs/download/Allgemein/Broschuere_Pflege-im-2.-Lockdown_Auswertung_ kurse per Video, der Einsatz von Tablets für Bewohnerinnen Feb2021.pdf abgerufen am 12.04.2021 4 Vincentz Network: Deutsches Altenpflege Barometer 2020, https://www.vincentz.de/altenpflegebarometer-2020-fachkraeftemangel-spitzt- und Bewohner in Pflegeeinrichtungen haben neue Möglichkei- sich-dramatisch-zu/, abgerufen am 11.10.2020 5 OECD 2020: The Economics of Patient Safety Part III: Long Term Care, S.76. Forderungen der Bundespflegekammer Vor dem Hintergrund der Ausgangssituation in Bezug auf die Ausstattung mit persönlicher Schutzausrüstung ist dabei ebenso SARS-CoV-2-Pandemie sind unterschiedliche Anpassungen er- wichtig wie durchdachte Teststrategien. Die Vorräte an persön- forderlich. licher Schutzausrüstung müssen so ausreichend sein, dass bei- spielsweise die empfohlenen Tragezeiten von Atemschutzmas- Der öffentliche Gesundheitsdienst muss die erforderliche digi- ken (medizinischer Mund-Nasen-Schutz, FFP2-/FFP3-Masken) tale und technische Ausstattung bekommen, um die Kontakt- nicht überschritten werden. Darüber hinaus müssen sämtliche verfolgung, Anordnung und Kontrolle von Quarantäne und den Vorräte den üblichen Vorgaben entsprechen und somit für einen Datenaustausch mit anderen Behörden erfüllen zu können. Gesundheitsschutz, auch in Krisenzeiten, vorhanden sein. Dabei müssen verstärkt Pflegefachpersonen eingesetzt wer- den. Pflegende selbst können patienten-, bzw. bewohnerbe- Essentiell ist darüber hinaus die Verlagerung von Teilen der Pro- zogene Maßnahmen aufgrund ihrer pflegefachlichen Expertise duktion von Medikamenten, Impfstoffen sowie der Schutzaus- am fundiertesten gestalten und einen Beratungsauftrag in den rüstung zurück nach Europa. In diesem Fall der Pandemie war unterschiedlichen pflegerischen Settings wahrnehmen. Die die Globalisierung der Beschaffungswege und Lieferketten LEHREN AUS CORONA Pandemie zeigt außerdem, dass die pflegerische Fachexpertise nicht hilfreich. Die derzeit bestehenden Engpässe und Export- in den Krisenstäben zwingend erforderlich ist, aber oft nicht beschränkungen, beispielsweise bei Impfstoffen, macht deut- Ausgangssituation abgerufen wurde. In sämtlichen Krisenstäbe des Bundes sowie lich, dass Europa ausreichend Produktionskapazitäten vorhal- der Länder sind Pflegefachpersonen bzw. Vertreter der Pflege- ten muss, um sich selbst zu versorgen. Die Corona-Pandemie hat die unzureichende Personalausstat- Beruflich Pflegende sind einem deutlich höheren Risiko aus- kammern oder Pflegeverbände einzubeziehen. tung in den verschiedenen Pflegesettings schonungslos offen- gesetzt, selbst an Covid-19 zu erkranken. Hinzu kommen die Die prekäre Personalunterausstattung im Krankenhaus und in gelegt. Auf den Intensivstationen mangelte es nicht an Betten oft großen psychischen Belastungen, die mit Krankheit und Infektionskrankheiten mit Epidemiepotential, ihre Übertra- der stationären und ambulanten Langzeitpflege wurde durch oder Beatmungsgeräten, sondern an qualifiziertem Personal, Sterben in der Pandemie einhergehen. Zumindest für die Zeit gungswege und die Prävention müssen in die verschiedenen die Pandemie deutlich. In allen Pflegesettings sind Pflegeperso- um die aufwändige Pflege von Covid-19-Patienten durchzufüh- der Pandemie sind vielerorts Unterstützungsangebote ent- pflegerischen Aus- und Weiterbildungsprogramme aufgenom- nal-Bemessungsinstrumente und Personalvorgaben einzufüh- ren. In der Langzeitpflege traf die Pandemie auf ein System, das standen, wie beispielsweise das kostenlose Beratungsangebot men und Masterprogramme zum Thema „Community Health ren, die sich nicht am Mindeststandard orientieren, sondern schon vorher eine desolate Personalsituation aufwies. Zu den „psych4nurses“, ein Kooperationsprojekt der Bundespsycho- Nursing“, „Desaster Nursing“ und „Infectious Disease Control“ das notwendige versorgungsbedarfsgerechte Ausstattungs alltäglichen Anforderungen kamen Aufgaben des besonderen therapeutenkammer, des DBfK und der Bundespflegekammer. etabliert werden. niveau festschreiben. Für die zukünftige Pflege muss mit einem Infektionsschutzes, umfassende Anpassungen der pflegerischen anderen Qualifikationsmix geplant und akademisch qualifizier- Organisations- und Ablaufstrukturen sowie die Durchführung Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen waren beson- Die regionalen Pandemiepläne müssen nach der Pandemie te Pflegefachpersonen stärker berücksichtigt werden. So kann umfassender Testungen und Impfungen. Unterstützung bei der ders von tödlichen Verläufen einer Covid19-Erkrankung be- dringend und grundlegend überarbeitet werden. Zentrale Be- die medizinische Versorgung im Pflegeheim durch den Einsatz Deckung des zusätzlichen Personalbedarfs kam nur schleppend, troffen. Viele Einrichtungen reagierten mit Besuchseinschrän- standteile müssen spezifische Präventionsstrategien für Ein- von Advanced Practice Nurses deutlich verbessert, Kranken- während Schutzregelungen bei der Höchstarbeitszeit oder Per- kungen und Besuchsverboten, um einen Corona-Ausbruch zu richtungen der Langzeitpflege, aber auch der Eingliederungs- hauseinweisungen vermieden und die Einrichtungen resilien- sonaluntergrenzen vorübergehend ausgesetzt wurden. verhindern. Die Folgen der Kontaktbeschränkungen und ihre hilfe sein. Diese Strategien müssen so ausgestaltet sein, dass ter gegenüber zukünftigen Pandemien gemacht werden. zukünftige Vermeidung sind breit diskutiert worden. In der soziale Isolation von Bewohnerinnen und Bewohnern vermie- Besonders in der ambulanten und stationären Langzeitpflege ambulanten Pflege erschwerten geschlossene Tagespflegen, den und zugleich ein adäquater Infektionsschutz gewährleistet Die Bedeutung der Digitalisierung im Gesundheitswesen und war zu Beginn der Pandemie der Mangel an Schutzausrüstung wegfallende therapeutische und niedrigschwellige Unterstüt- wird. Innovative Konzepte müssen entwickelt und evaluiert die Notwendigkeit, die Potenziale der Digitalisierung besser ein gravierendes Problem, während sich im weiteren Verlauf zungsangebote zudem die Situation. werden, wie zum Beispiel die Schnelle Einsatzgruppe Pflege auszuschöpfen, hat sich gerade auch in der Corona-Pande- unklare sowie sich ständig ändernde Hygiene- und Besuchsan- Bayern (Krisenintervention), präventive Epidemie-Schulungs- mie gezeigt. Hierzu hat die Bundesregierung eine Reihe von forderungen sowie fehlende Teststrategien und mangelnde Zu den überschaubaren positiven Aspekten der Pandemie ge- teams für Einrichtungen, mobile Testteams etc. Dauerhaft soll- Förderprogrammen aufgesetzt und den Weg für neue digita- Verfügbarkeit von Tests als Problem darstellte. Die fehlen- hört, dass die Debatte über eine erweiterte Versorgungsver- te eine Pflegereserve etabliert werden, über die im Katastro- le Anwendungen gelegt. Auf dem Weg der Digitalisierung im de Personalausstattung, aber auch die fehlende pflegerische antwortung für und die Übertragung von Heilkunde an Pflege- phen- oder Pandemiefall zusätzliche Pflegefachpersonen für Gesundheitswesen muss weiter unter konsequenter Einbe- Kompetenz des öffentlichen Gesundheitsdienstes, erschwerte fachpersonen neuen Schwung bekommen hat. So wurde die den Freiwilligeneinsatz gewonnen werden können (Testteams, ziehung der Pflege vorangeschritten werden. Dazu gehört die mitunter die Zusammenarbeit. Trotz vorhandener Pandemie- Übertragung von Heilkunde an Pflegefachpersonen in einer Einsatz in Pflegeeinrichtungen mit Ausbruchsgeschehen etc.). Anbindung der Pflege an die Telematik-Infrastruktur und die pläne waren die beteiligten Institutionen, aber auch die Ein- pandemischen Lage rechtlich ermöglicht, allerdings lassen konsequente Etablierung digitaler Meldewege, um den gerade richtungen und Dienste überwiegend nicht auf die Pandemie entsprechende Schritte in der Regelversorgung weiter auf sich Auch dem Gesundheitsschutz von Pflegepersonen ist besondere in der Corona-Pandmie erheblich gestiegenen bürokratischen vorbereitet. warten. Aufmerksamkeit zu widmen. Die zuverlässige und angemessene Aufwand zu verringern. 4 5
Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 Pflegefach- und Assistenzpersonen für eine fachlich angemes- der stationären Langzeitpflege ganz deutlich auf. Wir sind uns Forderungen der Bundespflegekammr kompakt sene Pflege fehlen. Die Wissenschaftler schlagen vor, das neue der Tatsache bewusst, dass auch Assistenzpersonen nicht von Instrument in mehreren Stufen einzuführen, beginnend mit den „Bäumen“ fallen. Aus diesem Grund bedarf es auch hier • Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes mit Pflegefachpersonen einem sofortigen ersten Ausbau und einer begleitenden Erpro- extremer Anstrengungen, um bis 2025 die 100.000 Pflegeassi- • Ausstattung der Krisenstäbe (Bundes- / Länderebene) mit Pflegefachpersonen / Vertretern der Pflegekammern / bung in Modelleinrichtungen. stenzpersonen zur Verfügung zu haben. Pflegeverbände • Regionale Pandemiepläne um eine wirksame Präventionsstrategie für Einrichtungen der Langzeitpflege zu ergänzen Als ersten Schritt der Einführung hat der Bundestag ein Sofort Für die ambulante Pflege wurde kein Personalbemessungsver- • Etablierung einer Pflegereserve für den Katastrophenfall programm für bis zu 20.000 Assistenzkräfte verabschiedet, das fahren entwickelt, da sich die Personalausstattung ambulanter •Verlagerung der Produktion von Schutzausrüstung, Impfstoffen und Medikamenten in den innereuropäischen Markt am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Parallel wurde vom BMG Pflegeeinrichtungen an der Nachfrage der Pflegebedürftigen • Personalausstattung in allen Settings verbessern und Personalbedarfsbemessungsverfahren einführen mit den Partnern der KAP eine sogenannte Roadmap mit einem orientiert. Da die Inanspruchnahme jedoch in diesem Bereich • Heilkundeübertragung ermöglichen und akademisch qualifizierte Pflegepersonen in der Versorgung vorsehen Zeitplan erarbeitet, auf dessen Grundlage das Personalbemes- auch immer durch die jeweilige finanzielle Situation der Pflege • Schub für Digitalisierung in der Pflege nutzen sungsverfahren gesetzlich verankert werden soll. Die Roadmap bedürftigen bzw. deren Angehörigen getriggert wird, gibt es sieht 2023 einen zweiten Einführungsschritt mit weiteren zu- auch in diesem Bereich einen erheblichen Nachbesserungsbe- sätzlichen 20.000 Pflegefach- und Assistenzpersonen vor. darf was den bedarfsgerechten Personaleinsatz angeht. Auch hier müssen geeignete Personalbedarfsinstrumente entwickelt Im Jahr 2025 sollen weitere Einführungsschritte geprüft wer- und eingesetzt werden. Der Personaleinsatz darf sich nicht den, abhängig von der begleitenden Evaluation und der Lage an den finanziellen Möglichkeiten der Pflegeempfänger bzw. am Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Allein die Ergebnisse der deren Angehörigen, sondern ausschließlich am jeweiligen Be- Studie zeigen schon jetzt den eklatanten Personalmangel in darf orientieren. Forderungen der Bundespflegekammer Mit der PPR 2.0 und ihren Erweiterungen für Intensivpflege nicht primär auf Tätigkeiten beziehen, sondern muss und Pädiatrie liegt ein Personalbemessungsverfahren vor, das berücksichtigen, dass Pflegefachpersonen auf der als vorläufige Personalbemessungsgrundlage im Krankenhaus Grundlage der Anforderungen einer individuellen Ver- sofort umgesetzt werden kann. Da die Entwicklung eines neu- sorgungssituation entscheiden müssen, ob die Durch- en wissenschaftlich fundierten Personalbedarfsbemessungs- führung von Pflegemaßnahmen an Pflegeassistenz- verfahrens Jahre in Anspruch nehmen wird, ist es unverant- personal delegiert werden kann. wortlich, dass die Einführung der PPR 2.0 als Übergangslö- 4. Der Einsatz von akademisch qualifiziertem Pflegeper- PERSONALAUSSTATTUNG IN DER PFLEGE VERBESSERN sung von der Politik immer weiter hinausgeschoben wird. Die sonal in der klinischen Versorgung ist zu berücksich- Bundespflegekammer fordert deshalb, die PPR 2.0 unmittelbar tigen und in diesem Zusammenhang auch das Erfor- nach der Wahl einzuführen. Das nach oben nicht gedeckelte dernis des wissenschaftlichen Arbeitens. Ausgangssituation Pflegebudget im Krankenhaus muss bis zur Einführung eines 5. Personalentwicklung/Ausbildung/Weiterbildung guten Personalbedarfsbemessungssystems mindestens bis muss bezüglich der Personalbemessung angemessen Sowohl in der Langzeitpflege als auch im Krankenhaus arbeiten schlagen. Dieses liegt seit Dezember 2019 vor, die PPR 2.0. Es Ende 2025 erhalten bleiben. berücksichtigt werden. Pflegende zu großen Teilen in Unterbesetzung. Die Anforderun- ermittelt den Pflegepersonalbedarf eines Krankenhauses für gen an eine qualitätsgesicherte Versorgung der Patient*innen die unmittelbare Patientenversorgung auf allen bettenführen- Parallel muss für das Krankenhaus ein valides, pflegewissen- Der Bundestag muss die Entwicklung gesetzlich beauftragen und Bewohner*innen können häufig aufgrund einer unzurei- den Stationen. Die Erprobung hat geschätzt einen Mehrbedarf schaftlich fundiertes Instrument zur Personalbedarfsbemes- und die notwendigen Mittel dafür bereitstellen. Das Perso- chenden qualitativen und quantitativen Personalausstattung von 40.000 bis 80.000 Pflegefachpersonen ergeben. Nach der sung entwickelt werden. Dabei sind folgende zentrale Maßga- nalbedarfsbemessungsinstrument muss mindestens in der nicht erfüllt werden. Es fehlt in beiden Bereichen eine wissen- in der KAP zugesagten Prüfung des Instruments, hat das BMG ben zu berücksichtigen: Lage sein, den versorgungsbezogenen Personalbedarf pro- schaftlich fundierte Grundlage für eine bedarfsgerechte Perso- dessen Einführung abgelehnt. spektiv abzubilden nalbemessung. 1. Die Bemessung muss auf der Grundlage des tatsächli- In der KAP wurde auch vereinbart, ein wissenschaftlich fundier- chen Versorgungsbedarfs der Pflegeempfänger*innen Das Personalbemessungsverfahren in der stationären Lang- Im Krankenhausbereich wurden Pflegepersonaluntergrenzen tes Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstrument zu entwickeln stattfinden. Es kann also nicht um eine Rechenformel zeitpflege muss zügig, verbindlich und bundeseinheitlich ein- für weitere Versorgungsbereiche gesetzlich vorgeschrieben. und zu erproben. Hierzu fanden Gespräche der Selbstverwal- gehen, deren Grundlage das derzeit verfügbare Perso- geführt werden. Die dazu vorgelegte Roadmap muss geschärft Außerdem wurde durch die Schaffung des Pflegebudgets die tungspartner unter Beteiligung des Deutschen Pflegerates und nal ist. werden: Alle Ausbaustufen müssen verbindlich festgeschrie- Refinanzierung von Pflegepersonal in der direkten Versorgung der Deutschen Krankenhausgesellschaft mit dem BMG statt. Ein 2. Bei der Bemessung ist zu berücksichtigen, dass die ben und gesetzlich verankert werden. Das Personalbemes- auf bettenführenden Krankenhausstationen sichergestellt. In Entwurf für einen gesetzlichen Auftrag wurde erarbeitet. pflegerischen Aufgaben nicht ausschließlich die Pro- sungsverfahren ist quantitativ überzeugend. Aber natürlich Ermangelung eines pflegewissenschaftlichen Personalbemes- zesssteuerung und Versorgung beinhalten, sondern kommt es bei der Personalausstattung nicht nur auf die Quan- sungsverfahrens wurde der Deutsche Pflegerat von der Kon- Auch für die stationäre Langzeitpflege liegt seit dem 30. Juni auch Gesundheitsförderung, Prävention, Beratung, tität, sondern auch auf die Qualität der beschäftigten Mitar- zertierten Aktion Pflege (KAP) beauftragt, gemeinsam mit den 2020 ein von den Pflegekassen und Einrichtungsträgern in Auf- Empowerment. beiterinnen und Mitarbeiter an. Hier sind die Ergebnisse des Gewerkschaften und der Deutschen Krankenhausgesellschaft trag gegebenes Personalbemessungsinstrument vor. Es kommt 3. Ein Qualifikationsmix ist bei der Personalbemessung Personalbemessungsinstruments aus Sicht der Bundespflege- ein Personalbemessungsverfahren als Übergangslösung vorzu- zu dem quantitativ überzeugenden Ergebnis, dass 120.000 explizit zu berücksichtigen. Dieser darf sich allerdings kammer weniger überzeugend. 6 7
Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 Der Mehrbedarf soll zukünftig ganz überwiegend durch Pflege- im fachlichen als auch organisatorischen Bereich mitzuden- ländlichen Raum gibt es gute Vorbilder in anderen Ländern, wo Das BMG hat einen Strategieprozess zur interprofessionellen hilfs-und -assistenzpersonen gedeckt werden (+69%), aber nur ken – ebenso wie der von Pflegefachpersonen mit einschlägi- speziell fort- bzw. akademisch ausgebildete Pflegeexperten re- Zusammenarbeit aufgesetzt, in dessen Rahmen unter Beteili- zu einem geringen Teil durch Pflegefachpersonen (+3,5%). Ne- ger Weiterbildung, wie beispielsweise Gerontopsychiatrie und gelmäßige Hausbesuche machen, die Patienten klinisch über- gung von Pflegeberufs- und Ärzteverbänden erste Vorschläge ben der Notwendigkeit einer ausreichenden Zahl von Pflege Palliativpflege. Diese Aspekte müssen bei der Einführung und wachen und gezielte Beratungsgespräche führen. für eine erweiterte Versorgungs- und Entscheidungsverant- fachpersonen muss dringend für die notwendige Qualifikation Erprobung berücksichtigt und das Verhältnis von Fach- und wortung in den Bereichen häusliche Krankenpflege, Hilfsmittel- der Assistenzberufe gesorgt werden. Erforderlich ist eine zü- Assistenzpersonal kritisch überprüft werden. Um zu verhin- In Deutschland kommen solche Ansätze bisher kaum voran: verordnung und der Versorgung von Patientinnen und Patien- gige bundeseinheitliche Ausgestaltung der landesrechtlichen dern, dass der erhöhte Personalbedarf in vollstationären Mit der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über ten mit chronischen Wunden vorgesehen ist. Außerdem wurde Pflegehelferausbildung mit einer Dauer von zwei Jahren und Pflegeeinrichtungen zu einem Ausbluten des ambulanten Be- die Festlegung ärztlicher Tätigkeiten zur Übertragung an Be- ein neuer Modellparagraf im SGB V entwickelt, der eine breite eine Qualifizierungsoffensive zur Deckung des notwenigen Be- reichs führt, muss auch ein Personalaufwuchs bzw. eine dem rufsangehörige der Alten- und Krankenpflege zur selbständi- Entwicklung von Modellvorhaben zur Heilkundeübertragung darfs. Versorgungsbedarf in diesem Setting angemessene Perso- gen Ausübung von Heilkunde im Rahmen von Modellvorhaben endlich in Gang setzen soll. Darüber hinausgehend muss es das nalbesetzung in diesem Bereich berücksichtigt werden. nach § 63 Abs. 3c SGB V wurde 2011 nach langem Ringen eine Ziel sein, eine refinanzierte „Erweiterte Pflegepraxis“ (Advan- Ebenso wichtig ist für zukunftsweisende Versorgungskonzepte Grundlage geschaffen, um neue Ansätze umfassend zu erpro- ced Nursing Practice) in der Regelversorgung zu etablieren, die der Einsatz von hochschulisch ausgebildetem Personal sowohl ben. Zehn Jahre später muss dieser Weg als gescheitert gelten, auf Grundlage der Pflegerischen Berufsordnungen und durch weil kaum Modellvorhaben in Gang kamen. die Pflege definierten Handlungsfeldern (Scopes of practice) tätig ist. Forderungen der Bundespflegekammr kompakt 6 Positionspapier der Stiftungsallianz für eine neue Rolle der professionellen Pflege im Gesundheitswesen, Pflege & Gesellschaft, 25. Jg. 2020, S. 78 f. • Umgehende Umsetzung der PPR 2.0 als Orientierungsrahmen und vorläufige Personalbemessungsgrundlage im Kran- kenhaus. Bis zu deren Einführung ist das nach oben ungedeckelte Pflegebudget beizubehalten. • Parallele Entwicklung eines wissenschaftlich fundierten Personalbemessungsverfahrens für das Krankenhaus. • Zügige, verbindliche und bundeseinheitliche Einführung des Personalbemessungsverfahrens in Pflegeheimen, wobei im Rahmen der Erprobung zukunftsweisende Versorgungskonzepte berücksichtigt und das Verhältnis von Fach- zu Assistenz Forderungen der Bundesfpflegekammer kräften kritisch überprüft werden müssen. • Bundeseinheitliche, generalistische Ausgestaltung der landesrechtlichen Pflegehelferausbildung mit einer Dauer von zwei Mit dem Pflegeberufegesetz sind vorbehaltene Aufgaben de- Durch eine erweiterte Rolle von Pflegefachpersonen mit ent- Jahren und eine Qualifizierungsoffensive zur Deckung des notwenigen Bedarfs. finiert worden und damit ein autonomer Handlungsrahmen sprechender Weiterbildung ließe sich auch die Versorgung bei • Entwicklung eines Personalbedarfsbemessungssystems auch für die ambulante Langzeitpflege. für Pflegefachpersonen: Es ist ihre Aufgabe, den individuellen chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Demenz deutlich Pflegebedarf festzustellen, den Pflegeprozess zu organisieren, verbessern, indem sie regelmäßige Hausbesuche durchführen, zu gestalten und zu steuern sowie die Qualität der Pflege zu Patienten klinisch überwachen, gezielte Beratungsgespräche sichern, zu entwickeln und zu evaluieren. In unserem arztzen- führen und die Abstimmung mit anderen beteiligten Leistungs- trierten Gesundheitssystem ist von dieser Handlungsautono- erbringern übernehmen. Bisher werden solche Ansätze allen- mie und Entscheidungsbefugnissen bisher wenig zu sehen. falls punktuell erprobt. Die Bundespflegekammer fordert die Pflegefachpersonen können ihre Kompetenzen zum Nutzen Bundesregierung auf, die rechtlichen Barrieren für eine flä- NEUVERTEILUNG DER AUFGABEN IM GESUNDHEITSWESEN der Patientinnen und Patienten mit Ausnahme der vorgenann- chendeckende Erprobung solcher Modelle zu beseitigen mit ten Vorbehaltsaufgaben nicht in vollem Umfang einbringen. dem Ziel, innovative Angebote in die Regelversorgung zu über- führen. Ausgangssituation Obwohl Pflegefachpersonen in Bezug auf pflegerische Aufgaben die größte Kompetenz haben, dürfen sie viele Entscheidungen Dabei muss es das Ziel sein, interprofessionelle Versorgungs- Die Gesundheitsversorgung in Deutschland steht gerade erst zu Unterversorgung, zudem aber auch zu Fehlern in der pfle- ohne eine Verordnung des Arztes nicht treffen. Dabei kann die prozesse zu definieren. Ärzte und Pflegende treffen heute am Anfang neuer Herausforderungen, insbesondere im länd- gerischen und medizinischen Versorgung führen. Pflegefachperson die pflegerischen Versorgungsbedarfe am be- schon in einer Vielzahl von Fällen gemeinsam Entscheidungen. lichen Raum. Die Ursachen liegen in der demografischen Ent- sten einschätzen. Auch bei der Versorgung mit Hilfsmitteln (und Die Legitimierung, dass sowohl von Pflegenden als auch von wicklung und werden durch die Pandemie beschleunigt. Die Diese Lücken können in allen Versorgungsbereichen durch perspektivisch auch digitalen Pflegeanwendungen), die zur Er- Ärzten Entscheidungen im Rahmen von Schnittstellenkompe- Verlagerung des Krankheitsgeschehens hin zu chronischen und speziell dafür qualifizierte Pflegefachpersonen, worauf die leichterung der Pflege dienen, haben Pflegefachpersonen die tenz getroffen werden können, ist das wesentlichste Anliegen Mehrfacherkrankungen und die Zunahme der Zahl älterer und Stiftungsallianz mit ihrem Positionspapier „Pflege kann mehr“ höchste Kompetenz. Sie kennen die Lebenssituation und -um- der Bundespflegekammer. Es vereinfacht und beschleunigt hochbetagter Menschen führen dazu, dass die pflegerische hingewiesen hat, geschlossen werden.6 In Einrichtungen der stände des Pflegebedürftigen in der eigenen Häuslichkeit und Therapieprozesse und gibt nicht zuletzt den Pflegeempfängern und medizinische Versorgung viel stärker zusammengedacht Langzeitpflege zum Beispiel könnte die medizinische Versor- können somit am besten Entscheidungen für einen wirksamen die Möglichkeit, im jeweiligen Setting die bestmögliche Versor- werden müssen. Zudem muss professionelle Pflege breiter ge- gung durch den Einsatz von besonders dafür spezialisierten Hilfsmitteleinsatz treffen. Schon heute geht der Impuls für die gung schnell zu erhalten. dacht werden, da sie auch Prävention, Gesundheitsförderung Pflegefachpersonen und perspektivisch solche mit einem Verordnung meist vom Pflegedienst aus, der auch detaillierte und Beratung umfasst. Corona hat dies mit einem spezifischen Masterabschluss („Advanced Nursing Practice“) verbessert Hinweise zur notwendigen Versorgung gibt. Die Einholung einer Darüber hinaus müssen international längst verbreitete An- Fokus auf Hygiene, Infektionsprävention und Pandemie-/ werden. Diese können durch eine kontinuierliche Betreuung, ärztlichen Verordnung stellt einen zum Teil langwierigen büro- sätze wie Community Health Nursing, Schulgesundheitspflege Ausbruchsmanagement noch einmal deutlich gemacht. Die Früherkennung und medizinisch-pflegerischer Versorgung aku- kratischen Umweg dar, der die notwendige Versorgung unnötig bzw. Advanced Practice Nursing (APN) Eingang in das deutsche Hausärzte mussten sich in der Pandemie aufgrund der vielfäl- ter gesundheitlicher Risiken dazu beitragen, dass für Pflege- verzögert. Die Bundespflegekammer fordert deshalb, Pflege- Versorgungssystem finden. International ist es längst üblich, tigen Herausforderungen stärker auf die Pflege verlassen und bedürftige sehr belastende und teure Krankenhauseinweisun- fachpersonen mehr Entscheidungsbefugnisse bei der Ausgestal- dass Pflegende mit einem Masterabschluss in multiprofessio- werden auch in Zukunft aufgrund der Nachwuchsproblematik gen vermieden werden. Derartige Konzepte werden mit besten tung der ambulanten Pflege einzuräumen und ihnen die Verord- nell besetzten, integrierten Gesundheitszentren Aufgaben wie die Versorgung insbesondere im ländlichen Raum nicht flä- Erfahrungen bereits in vielen Ländern eingesetzt. Auch für die nungsbefugnis für Hilfsmittel, bestimmte Medizinprodukte und Befunderhebung, Monitoring, Durchführung von Assessments, chendeckend sicherstellen können. Versorgungslücken können Sicherstellung der häuslichen Versorgung insbesondere im digitale Pflegeanwendungen zu übertragen. Case-Management und Beratung in enger Zusammenarbeit 8 9
Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 mit Ärztinnen übernehmen. Oder sie kommen im Kontext so- helfen. Konzepte für die rechtliche Implementierung liegen zudem noch die Möglichkeit der hochschulischen Ausbildung, Die zunehmende Komplexität in privaten und beruflichen Be- zialräumlicher und vorwiegend gesundheitsförderlicher und vor. Die Bundespflegekammer fordert, den in dieser Legislatur- die nachweisbare praktische Ausbildung von mind. 10 % der reichen und Beziehungen erfordert insbesondere bei jungen präventiver Aufgaben in Kommunen zum Einsatz, etwa in Be- periode begonnen Strategieprozess fortzusetzen mit dem kla- praktischen Ausbildungszeit durch den Praxisträger mit qualifi- Menschen in Ausbildungssituationen eine umfassende Beglei- reichen der aufsuchenden Beratung. Auch in der stationären ren Auftrag, eine Roadmap für die Einführung des Community zierten Praxisanleiter*innen und die Finanzierung der berufli- tung. Neben der beruflichen Praxisanleitung entstehen zuneh- Langzeitpflege können Advanced Practice Nurses einen wich- Health Nursing bzw. Advanced Practice Nursing in Deutschland chen Ausbildung über einen Ausbildungsfonds. mend auch Bedarfslagen bei Auszubildenden, die am besten tigen Beitrag zu einer besseren medizinische-pflegerischen zu erarbeiten. mit Unterstützung von Schulsozialarbeiter*innen befriedigt Versorgung leisten und Krankenhauseinweisungen vermeiden Die generalistische Ausbildung soll den veränderten pflegeri- werden können. schen Versorgungsansprüchen gerecht werden. Es soll aber auch die in den letzten Jahrzehnten entstandenen arbeits- und Trotz vieler Innovationen bleibt das Pflegeberufegesetz hinter tarifrechtlichen Ungerechtigkeiten in den verschiedenen pfle- den Anforderungen an eine konsequente, grundständige Aus- gerischen Versorgungsbereichen beenden. Professionelles pfle- bildungssituation mit entsprechenden Professionalisierungs- Forderungen der Bundespflegekammr kompakt gerisches Handeln ist unabhängig vom Alter und vom Ort der und Karriereoptionen zurück. Von daher erwarten wir in der Versorgung zu sichern. Der Gesetzgeber sieht nach sechs Jahren nächsten Legislatur Anpassungen am Pflegeberufegesetz. • Mehr Entscheidungsbefugnisse für Pflegefachpersonen, beispielsweise bei der Gestaltung der Pflege und der Verordnung eine Evaluation vor. Bis dahin gilt es, die generalistische Ausbil- von Leistungen. dung zu etablieren und parallel dazu Bildungsstrukturen für die • Beseitigung der rechtlichen Barrieren und flächendeckende Umsetzung von Modellprojekten zur Heilkundeübertragung an Fachdisziplinen der Pflege zu etablieren und zu gestalten. Pflegefachpersonen. • Fortsetzung des Strategieprozesses mit dem Ziel, eine Roadmap für die Einführung des Community Health Nursing, Schulgesundheitspflege bzw. Advanced Practice Nursing in Deutschland zu erarbeiten. Forderungen der Bundespflegekammer Die schulische und hochschulische Grundausbildung kann Im Bereich der grundständigen pflegerischen Studienplätze nicht losgelöst von den Bildungsstrukturen der beruflichen kommt der Aufbau des Studienplatzangebotes nur langsam Entwicklung gesehen werden. Zuführende und weiterführen- und unzureichend voran.8 Hier muss der Bund die Länder auf- de Bildungsstrukturen müssen über die Ländergrenzen hinweg fordern, Studienplätze zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig für Gesamtdeutschland betrachtet und entwickelt werden. An- hat der Bundesgesetzgeber Rahmenbedingungen zu schaffen, statt also das schulische Zugangsniveau zur Pflegeausbildung ein duales, praxisintegrierendes Studium mit gleichzeitigem immer weiter abzusenken, sind Bund und Länder aufgefordert Erhalt der derzeitigen Umlagefinanzierung der praktischen über gesetzliche Strukturen nachzudenken, die eine qualifizier- Ausbildungskosten zu entwickeln.9 Dies ermöglicht eine Inte- te, bundeseinheitliche, anerkannte und tarifsichere Pflegeassi- gration sowie Anerkennung der intensiven praktischen Ausbil- stenzausbildung über zwei Jahre7 sichert. Gleichzeitig müssen dungszeit in das wissenschaftliche Studium und erreicht somit in Verantwortung der berufsständigen Selbstverwaltung wei- eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis. terführende und anrechenbare Bildungsstrukturen zwischen Fachweiterbildungen und Studiengängen entwickelt werden, Wir fordern die endgültige Abschaffung der Anrechnung von welche die Spezialisierungen der pflegerischen Versorgung Auszubildenden auf die Stellenpläne der Pflegefachpersonen abbilden. Diese sind dann auch im Rahmen von Richtlinien- in den Einrichtungen. Dieses rückständige und auch einzigarti- gremien (z.B. G-BA) und Leistungsrecht (z.B. GKV/PKV) analog ge (deutsche) Konstrukt muss abgeschafft werden und endlich der Regelungen anderer Heilberufe verbindlich anzuerkennen. Lernende auch als Lernende anerkennen. Gleichzeitig werden Die pflegerische Berufsgruppe ist hier verantwortlich in die Träger der praktischen Ausbildung entlastet und erleben Aus- Entwicklung einzubinden. bildung als Mehrwert. AUSBILDUNG UND AKADEMISIERUNG Im Rahmen der praktischen Ausbildung sind die Praxislehren- Die Intention des Pflegeberufegesetzes war eine einheitliche den (Praxisanleiter*innen) so zu qualifizieren, dass sie die he- grundständige Ausbildung in den Pflegeberufen zu schaffen, Ausgangssituation terogene Gruppe Lernender kompetenzorientiert und adressa- die gleichberechtige Anschlussfähigkeiten und Qualifizie- tengerecht ausbilden können. Dazu bedarf es mindestens einer rungswege für die Absolvent*innen ermöglicht. Mit den Son- Die Pflegeberufe werden im Rahmen von § 74 Grundgesetz Berufsanerkennungsrichtlinie machten eine Reform notwen- Weiterbildung von 720 Stunden bzw. einem Bachelorabschluss derabschlüssen Altenpflege und Kinderkrankenpflege werden bundesgesetzlich im Rahmen der konkurrierenden Gesetz- dig. im Bereich der Berufspädagogik. Es müssen angemessene Ver- traditionelle Muster fortgeführt, Bildungswege eingeschränkt gebung mit den Ländern geregelt und gehören zu den Heil- gütungsstrukturen geschaffen und umgesetzt werden. Pflege- und europäische Anerkennung verhindert. Das kann so nicht berufen. Am 01.01.2020 trat das Pflegeberufegesetz in Kraft. Neben der neuen Berufsbezeichnung Pflegefachfrau und praxisstudiengänge müssen so gestaltet sein, dass im Rahmen hingenommen werden. Wir fordern hier unverzüglich die Ab- Damit wurden die bisherigen Ausbildungen der Altenpflege, Pflegefachmann sind die erstmals im Gesetz definierten Vor- des Studierens eine vergleichbare berufspädagogische Qua- schaffung der Sonderwege. Die Vertiefungen im letzten Aus- Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und Gesundheits- behaltsaufgaben ein Novum in Deutschland. Damit hat der lifikation erreicht wird. Daneben sind zur Unterstützung der bildungsjahr können bei entsprechender Einbindung in eine und Krankenpflege zu einem Gesetz und neuem Beruf zu- Gesetzgeber die Bedeutung und erforderliche Fachlichkeit von Ausbildung auch Schulsozialarbeitskonzepte zu entwickeln und generalisierte Sicht sinnvoll sein, um den Interessen der Ler- sammengeführt. Die sich angleichenden Anforderungen an Pflegefachpersonen hervorgehoben. Sie werden künftig im entsprechend umzusetzen. nenden entgegenzukommen. Sie sollten aber neben der alters- die pflegerischen Kompetenzen in der stationären Akut- und Kontext der Gesundheitsberufe alleine die Verantwortung da- Langzeitversorgung und dem ambulanten Bereich sowie die für übernehmen, Pflegebedürftige angemessen und nach be- 7 Europäisches Pflegeexpertennetzwerk zur Ausbildung von „Healthcare Assistants“ erforderliche Anpassung an die europäischen Vorgaben zur stem Wissen pflegerisch zu versorgen. Neu eingeführt wurden 8 Erster Bericht zur Ausbildungsoffensive (2019-2023), S. 48 9 Gemäß dem Hebammengesetz (HebRefG) 10 11
Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 bezogenen Perspektive dann auch weitere Wahlmöglichkeiten durchweg positiv und zeigten, dass Prüfungen objektivierbar ternationalen Studien. Die Gründe und Folgen für fehlendes Behörden, der Standards und der Struktur der Verfahren. Die eröffnen (z.B. Demenzversorgung, Onkologischer Schwerpunkt und gleichzeitig praxisnah abgebildet werden können. Die Ent- Personal sind vielfältig und werden hinreichend diskutiert. So Einschätzung, ob im Ausland erworbene pflegefachliche Kom- etc.). Um examinierten Pflegefachpersonen nach Abschluss zerrung der Prüfungszeiträume wird möglich und die ethische wurden in den letzten Jahren auch seitens der Bundesregie- petenzen der deutschen Berufsausbildung gleichwertig sind, der Ausbildung den Übergang zu erleichtern, ist die Einarbei- Diskussion um die „Nutzung“ der Pflegebedürftigen als Prü- rung vielfältige Maßnahmen ergriffen, dem Mangel an Pflege- wird meist nur anhand formaler Kriterien wie Stundenanzahl tung entscheidend, um Überforderung und Verunsicherung in fungsobjekt wäre damit beendet. Die Vornoten erlauben ein fachpersonen entgegenzuwirken und Pflegefachpersonen zu und Inhalte der Berufsausbildung durch Personen (Sachbear- der neuen Rolle nicht entstehen zu lassen. Nach Ausbildungs- Einbringen der praktischen Leistungen in die Prüfungsnote gewinnen. Eine große Rolle spielten hierbei die Förderung beiter) entschieden, die kaum oder gar keine pflegefachliche ende sind deshalb strukturierte Einarbeitungsprogramme vor- zum Examen. von Programmen zum Wiedereinstieg und die Gewinnung Kompetenzen einschätzen können. Eine weitere Herausfor- zusehen. von Pflegefachpersonen aus dem Ausland (zum Beispiel Pro- derung, die die bei der Fachkräftegewinnung noch deutlich Die Berufsbezeichnung Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann jekt Triple Win und das am 01.03.2020 verabschiedete Fach- übersteigt, ist die angemessene berufliche und private Inte- Im Rahmen der Ausbildung muss es in Zukunft möglich sein, un- muss verändert bzw. erweitert werden und eine diverse Be- kräfteeinwanderungsgesetz). So finden sich auch in dem Er- gration der Pflegefachpersonen aus dem Ausland. Beruflich ter Beteiligung der Praxisanleiter*innen, praktische Prüfungen zeichnung diskriminierungsfrei darstellen. Mit Änderung des gebnispapier der Konzertierten Aktion Pflege eine Vielzahl an gibt es hierzu im günstigen Fall entsprechende nachhaltige in Simulationen stattfinden zu lassen. Im Rahmen des Zweiten Personenstandsgesetzes von 2018 ist neben der weiblichen Maßnahmenpaketen zur Gewinnung von Pflegefachpersonen Konzepte. Die Integration im Bereich des privaten Lebens Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen und männlichen Form eine geschlechtsneutrale Darstellung zu prioritär aus dem Inland, aber auch dem Ausland, wie bei- wird jedoch häufig vernachlässigt, so dass eine zielführende Lage von nationaler Tragweite war es den Ausbildungsstätten ermöglichen. spielsweise die Gründung der Deutschen Fachkräfteagentur Integration nur sehr schwer gelingt bzw. extrem lange dauert möglich, Prüfungen zu simulieren. Die Erfahrungen damit sind für Gesundheits- und Pflegeberufe (DFA) und das Deutsche mit allen Konsequenzen für die Betroffenen. Kompetenzzentrum für internationale Fachkräfte in den Ge- sundheits- und Pflegeberufen DKF. Ebenso werden derzeit eine Vielzahl an Programmen zum beruflichen Wiedereinstieg initiiert. Trotzdem bleibt fraglich, Insbesondere die Gewinnung von Pflegefachpersonen aus welche ehemaligen Pflegefachpersonen sich aufgrund der Forderungen der Bundespflegekammr kompakt dem Ausland stellt eine besondere Herausforderung dar Rahmenbedingungen wieder für ihren alten Beruf entschei- und ist mit vielen Hürden verbunden. Die WHO 12 fordert als den würden und welchen Erfolg diese Programme am Ende • Helferberufe bundesweit systematisieren, Durchlässigkeiten schaffen. Grundprinzip von allen Ländern, ihren eigenen Bedarf an Ge- bringen. Auch hier müssen genaue Analysen dazu beitragen, • Studiengänge und Fachweiterbildungen werden im Rahmen von Richtlinien nach inhaltlichen Gesichtspunkten geprüft und sundheitspersonal auszubilden. Wenn Anwerbung stattfin- was Pflegende bewegt, sich für einen Wiedereinstieg zu ent- entsprechend anerkannt. det, muss diese immer ethisch verantwortlich gestaltet wer- scheiden und welche Voraussetzungen sie dafür benötigen, • Praxisanleiterweiterbildung wird auf 720 Stunden erhöht bzw. perspektivisch durch einen Bachelorabschluss ersetzt. den. Es sind neben der unzureichenden globalen Ursachen- Maßnahmen zielgerichteter zu initiieren. So kommt beispiels- • Studiengänge müssen massiv ausgebaut werden, Praxiszeiten sind zu vergüten. analyse für den Fachkraftmangel auch in den Verfahren der weise eine Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen zu dem • Anrechnung von Auszubildenden auf die Stellenschlüssel abschaffen. Anerkennung von ausländischen Pflegefachpersonen viele Ergebnis, dass durch bessere Rahmenbedingungen pflegeri- • Vorzeitige Beendigung der Sonderwege Alten- und Kinderkrankenpflege zugunsten international anerkannter Abschlüsse Schwierigkeiten zu verzeichnen. Dies betrifft sowohl die Aner- scher Arbeit bei Teilzeitbeschäftigten konservativ geschätzt – Vertiefung ja, Sonderweg nein. kennung der Berufsausbildung als auch der Weiterbildungen, ein Stellenplus von knapp 100.000 Personen bundesweit er- • Praktische Prüfungen in der Pflege als Simulationsprüfungen zulassen. die den einzelnen Bundesländern obliegt. Es besteht derzeit reicht werden kann. 13 • Konzepte für Schulsozialarbeit etablieren und Refinanzierung sicherstellen. eine unübersichtliche Struktur hinsichtlich der zuständigen • Schulen ausreichend mit Möglichkeiten des Simulationslernens ausstatten. • Berufsbezeichnung ändern. Pflegefachfrauen und -männer schließen diverse Bezeichnungen aus. Eine solche diverse 10 World Health Organisation (WHO) 2020: State of the world‘s nursing 2020: investing in education, jobs and leadership., Geneva: World Bezeichnung könnte „Pflegefachperson“ lauten. Health Organization, S.3, 61; online: https://www.who.int/publications/i/item/9789240003279 11 Pflegekammer Niedersachsen (2018): Bericht zur Lage der Pflegefachberufe in Niedersachsen. Erste Datenauswertungen aus dem Pflege- fachberuferegister der Pflegekammer Niedersachsen. 2. Aktualisierte Auflage, online: https://www.pflegekammer-nds.de/nachrichten-ansehen/ statistik-bericht-zur-lage-der-pflegefachberufe-in-niedersachsen-2018 12 https://www.who.int/hrh/migration/code/WHO_global_code_of_practice_EN.pdf, abgerufen am 12.04.2021 13 Arbeitnehmerkammer Bremen: Pflegekräfte zurückgewinnen – Arbeitsbedingungen und Pflegequalität verbessern, Kurzfassung, S.5. GEWINNUNG VON PFLEGEFACHPERSONEN Forderungen der Bundespflegekammer Ausgangssituation Wenn Maßnahmen zur Gewinnung von Pflegefachpersonen 1. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen wie Ar- einen hohen Effekt erzielen sollen, sollten nicht nur „neue“ beitsbedingungen, unter anderem durch sichere Per- Pflegefachberufe sind so genannte „Engpassberufe“. Pflege- ßer ist und in den kommenden Jahren noch deutlicher zuneh- Pflegefachpersonen gewonnen werden, sondern es muss ge- sonalausstattung, faire Gehälter und Achtung der fachpersonen fehlen nicht nur in Deutschland, sondern welt- men wird als bereits angenommen. Dies hängt vor allem mit lingen, die jetzt verbliebenen Pflegefachpersonen zu halten, Rechte auf die Gesundheit und Sicherheit am Arbeits- weit. Der Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dem hohen Durchschnittsalter, frühzeitigen Renteneintritten Berufsausstiege (auch schon in der Ausbildung) zu verhindern platz, um die Attraktivität des Berufes zu steigern und in Zusammenarbeit mit dem International Council of Nurses und/oder sukzessiven Berufsausstiegen durch Teilzeitarbeit in und sukzessive Ausstiege durch Teilzeitarbeit zu verringern. vor allem vorzeitige Berufsausstiege zu verhindern. (ICN) und Nursing Now schätzt den weltweiten Mangel an der Pflege zusammen. Die Anzahl der Berufszulassungen und Programme und Maßnahmen zur Gewinnung von Pflegefach- 2. Die Erweiterung/Ausbau und Förderung der Gesund- Pflegenden auf 5,9 Millionen und prognostiziert für 2030 ins- Schülerzahlen können weder den Bedarf jetzt, geschweige personen seitens der Bundesregierung müssen auf der Grund- heitsberichterstattung des Bundes mit den Daten der gesamt ein weltweites Defizit an Gesundheitspersonal von 18 denn den der Zukunft decken. 11 lage einer weitreichenden Analyse aus pflegefachlicher Per- Pflegefachberuferegister der Pflegekammern, um ver- Millionen Pflegenden. 10 spektive entwickelt und anschließend evaluiert werden. lässliche und valide Datengrundlagen im Pflegesektor Eine qualitativ hochwertige Pflege ist jedoch von einer ausrei- (zum Beispiel zum durchschnittlichen Verbleib im Deutlich wird jedoch bereits schon jetzt, dass der von der chenden Anzahl qualifizierter Pflegefachpersonen abhängig Von daher fordert die Bundespflegekammer in Anlehnung an Pflegeberuf) zu gewinnen, zu analysieren und darauf Bundesregierung dargestellte Fachkräftebedarf weitaus grö- (quantitativ wie qualitativ). Dies belegen eine Vielzahl an in- die Forderungen der WHO/ICN und Nursing Now: 14 zu reagieren. 12 13
Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 Forderungen der BPK zur Bundestagswahl 2021 3. Die Bereitstellung finanzieller Mittel zur Förderung wissenschaftlicher Weiterqualifizierungs- und Aner- und Ausbau der Pflegeforschung zur Mobilität und kennungsprogramme fordert und fördert und die am PFLEGE AN POLITISCHEN ENTSCHEIDUNGEN BETEILIGEN Migration von Pflegefachpersonen und zum Wieder- Bedarf der überwiegend weiblichen und älteren einstieg um verantwortungsbewusstes und ethisches Pflegefachpersonen orientiert sind. Ziel ist es die At- Ausgangssituation Management voranzutreiben. traktivität des Berufes insgesamt zu steigern und 4. Die Bereitstellung von mehr finanziellen Mit- Pflegefachpersonen in Deutschland und den meist Die Organisation des korporatistischen deutschen Gesund- nur durch das Entgegenkommen des Vorsitzenden sprechen. teln für Pflegebildungseinrichtungen (Schulen und hochschulisch qualifizierten Pflegefachpersonen aus heits- und Pflegesystems basiert im Wesentlichen auf Selbst- Im Unterausschuss veranlasste Leistungen, der die Richtlinien Hochschulen) zur Förderung der Ausbildung, der aka- dem Ausland Perspektiven zu bieten. verwaltung der zentralen Akteure. Diese haben durch die qua zur Häuslichen Krankenpflege erarbeitet, ist keine Berufsorga- demischen Grundausbilddung in der Pflege und der 7. Die Anerkennungsverfahren für die Prüfung der Gesetz übertragenen Aufgaben eine erhebliche Gestaltungs- nisation beteiligt. Entwicklung von Wiedereinstiegsprogrammen/-fort- Gleichwertigkeit der Berufsabschlüsse müssen verein- macht und sind zugleich exzellent aufgestellt zur Vertretung bildungen um quantitativ wie qualitativ die jetzigen heitlicht und beschleunigt werden. Hierbei sind Erfahr- der jeweiligen Partikularinteressen gegenüber Politik und Ge- Im Qualitätsausschuss (SGB XI) wurde für die Vertretung der und zukünftigen Bedarfe zu decken. ungen der DFA einzubeziehen. sellschaft. Aus dem Kreis der Gesundheitsprofessionen sind die Berufsorganisationen ein zusätzlicher Platz auf der Bank der 5. Vor dem Hintergrund, dass in vielen anderen Staaten, 8. Die Etablierung und Refinanzierung von mehrjährigen Organe der Ärzteschaft besonders gut aufgestellt und vernetzt. Leistungserbringer geschaffen. Dies führt einerseits zu einer die Pflegeausbildung auf akademischem Niveau statt beruflichen und außerberuflichen Integrations- und Schieflage in der Zusammensetzung des Qualitätsausschuss, findet und die deutlichen positiven Auswirkungen Betreuungsprogrammen für Pflegefachpersonen aus Berufsorganisationen der Pflege sind bisher wenig und wenn weil gleichzeitig ein weiterer Sitz auf der Bank der Kostenträger auf die Versorgung nachgewiesen sind, muss die Aka- dem Ausland. dann meist mit eingeschränkten Rechten in den Gremien der geschaffen wurde. Die Zuordnung ist aber auch systemfremd, demisierung von Pflegefachpersonen in Deutschland 9. In Deutschland muss der Einsatz von (digitalen) Syste- sozialrechtlichen Selbstverwaltung, aber auch in politischen da die Berufsorganisationen grundsätzlich eine andere Per- weiter ausgebaut werden. Dies darf nicht allein in den men, mit denen die Qualifikationen von Pflegefach- Gremien (z.B. Corona-Krisenstäbe des Bundes und der Länder) spektive auf die Sachverhalte haben als Leistungserbringerver- Entscheidungen und von den finanziellen Mitteln der personen weltweit anerkannt und verarbeitet werden beteiligt. Soweit gesetzlich oder untergesetzlich definierten bände. Zudem ist durch die unklare gesetzliche Formulierung Länder abhängig sein mit dem Ziel einer Vergleichbar- können, zügig vorangetrieben werden (Beispiel euro- Beteiligung vorgesehen ist, ist oft unklar formuliert, wer genau nicht eindeutig feststellbar, wer den Sitz einnehmen soll. Es keit der Ausbildungen EU/Weltweit (um gegenseitige päischer Berufsausweis). die Vertretung übernehmen soll. Das führte in der Vergangen- wurde in schwierigen Verhandlungen ein Kompromiss gefun- Anerkennungsverfahren zu harmonisieren und zu ver- 10. Die Bereitstellung finanzieller Mittel, um Wiederein- heit immer wieder zu Diskussionen zwischen unterschiedli- den, der unter dem Aspekt der Repräsentativität fragwürdig einfachen). stiegsprogramme wissenschaftlich zu initiieren, zu be- chen Verbänden. ist. 6. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen dahingehend gleiten und zu evaluieren zu schaffen und zu erweitern, welche den Ausbau Der Gesetzgeber hat im Gemeinsamen Bundesausschuss (SGB In der Summe lässt sich festhalten, dass bisher die pflegerische V) für den Deutschen Pflegerat im Unterausschuss Qualitätssi- Expertise unzureichend in den maßgeblichen Entscheidungen cherung eine Beteiligung geregelt. Dieser hat aber kein Stimm- zur Gestaltung des Gesundheits- bzw. Pflegesystems abgebil- 14 https://www.who.int/news-room/detail/07-04-2020-who-and-partners-call-for-urgent-investment-in-nurses recht und kann auch in den Sitzungen des Plenums des G-BA det wird. Forderungen der Bundespflegekammr kompakt Forderungen der Bundespflegekammer • Finanzielle Förderung der Ausbildung, der akademischen Grundausbildung in der Pflege und der Entwicklung von Die Bundespflegekammer fordert eine qualifizierte Mitsprache Aufgaben betroffen sind – regelhaft eine pflegefachliche Mit- Wiedereinstiegsprogrammen/-fortbildungen. in allen Gremien der sozialrechtlichen Selbstverwaltung. wirkung verbindlich vorsehen. Wo dies fehlt wäre die Bundes- • Förderung und Ausbau der Pflegeforschung zur Mobilität und Migration von Pflegefachpersonen und zum Wiedereinstieg pflegekammer zu ergänzen, um die Einbeziehung pflegefachli- von Pflegefachpersonen. Im G-BA wäre dies durch eine eigene Bank der Gesundheitspro- cher Expertise zu sichern. • Ausbau wissenschaftlicher Weiterqualifizierungs- und Anerkennungsprogramme, um berufliche Perspektiven gerade auch fessionen zu erreichen. Diese neue Bank soll ein Stimmrecht für ältere Pflegende zu schaffen. erhalten. Dadurch wäre sichergestellt, dass pflegerische Ex- Darüber hinaus sind in weiteren Fachgremien mindestens die • Etablierung und Refinanzierung von umfassenden Integrationsprogrammen für ausländische Pflegefachpersonen. pertise im G-BA insgesamt bei allen relevanten Fragen und der Bundespflegekammer und der Deutsche Pflegerat regelhaft • Ethisch verantwortliche Anwerbung sowie Vereinheitlichung und Beschleunigung der Anerkennungsverfahren ausländi- Entwicklung und Verabschiedung von Richtlinien qualifiziert zu beteiligen, soweit sie pflegerelevante Themen diskutieren. scher Berufsabschlüsse. mitwirken kann. Auch aus dem Bereich der Ärzteschaft kennen wir, dass häufig mehrere Organisationen vertreten sind. Im Qualitätsausschuss ist ebenfalls eine eigene Bank zu schaf- fen, die durch die Vertreter des Berufes (mindestens Bundes- Im Konzert der mächtigen Akteure in der Gesundheits- und pflegekammer und DPR) zu besetzen ist. Pflegepolitik allgemein und der Selbstverwaltung im Beson- deren ist eine starke und gut aufgestellte Vertretung der Per- In der Bundesregierung ist eine Stelle für eine Chief Govern- spektiven der Profession Pflege unerlässlich. Durch die Einfüh- ment Nurse zu schaffen. Das heißt eine gehobene Position rung von Pflegekammern in mehreren Bundesländern ist auf (mindestens Abteilungsleitung oder Stabstelle des Ministers/ Landesebene der Anfang dazu gemacht. Auf Bundesebene der Ministerin) mit der Anforderung Berufsqualifikation in der hat sich die Bundespflegekammer gegründet, um die Inter- Pflege und Zuständigkeit für alle Fragen, den Beruf und die essen der Landeskammern auf Bundesebene zu bündeln. Um Berufsausübung betreffend. der Bundespflegekammer die Übernahme erweiterter Beteili- gungsaufgaben und ein Agieren auf Augenhöhe mit den ande- Gesetzliche Vorgaben zur Zusammensetzung von Gremien sind ren Interessengruppen im Gesundheitswesen zu ermöglichen, dahingehend zu überprüfen ob sie – soweit pflegebezogene wird der Gesetzgeber aufgefordert, eine Anschubfinanzierung 14 15
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