Philosophien - Strukturen - Strategien - Bachelorarbeit an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe Birgit Berndt, Juni 2012
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Philosophien – Strukturen - Strategien Bachelorarbeit an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe Birgit Berndt, Juni 2012
1. Ursprung der Themenfindung 2. Aktueller gesellschaftlicher Kontext 3. Zentrale Fragestellung 4. Methodisches Vorgehen Aufbau der Bachelorarbeit Schwierigkeiten 5. Schwierigkeiten 6. Ergebnisse 7. Auswahlbibliographie 2
Einfach mal über den Tellerrand hinausschauen! Besuch niederländischer Masterstudenten der Hochschule Leiden im März 2011 Wie funktioniert das jeweilige Kinderschutzsystem? Wer sind die Akteure? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es? Sind die Probleme die gleichen? ••• 3
Innereuropäische Kinderschutzdebatte ◦ aus Erfahrungsvielfalt lernen ◦ erfolgsversprechende Strukturelemente herleiten ◦ über Implementierungsmöglichkeiten nachdenken ⇓ Voraussetzung hierfür: Länderimmanente Strukturen kennen und berücksichtigen! Orientierung bieten Typisierungsmodelle 4
Typisierungsmodell nach Gilbert und Hetherington et al. Kategorisierung der kinderschutzbezogenen Funktionsstruktur nach Gilbert Wohlfahrtsstaatentypologie nach Esping Andersen ⇓ Konvergenz zwischen der wohlfahrtsstaatlichen Ausrichtung eines Landes und der Schutzstruktur im Kinderschutz ⇓ Deutschland und die Niederlande: Konservative Wohlfahrtsstaaten mit familienunterstützenden Kinderschutzsystemen Quelle: Hetherington, R. (2002): Learning from Difference: Comparing Child Welfare Systems, Waterloo, June 2002, S. 27ff. 5
Welche unterschiedlichen Einstellungen in Hinblick auf die Angemessenheit staatlicher Intervention in die elterliche Erziehungsverantwortung sind im Vergleich des niederländischen zum deutschen Kinderschutzsystem festzustellen? 6
Nationseigene Identität des Kinderschutzes: historisch erwachsene Werthierarchien kulturelle Einflüsse politische Strukturen gesetzliche Rahmenbedingungen wohlfahrtsstaatliche Ausrichtung Professionelle Ideologie ⇓ Geeignete Methode: Historisch-systematische Analyse 7
Historisch – systematische Analyse: Beginn: 1900 → wohlfahrtsstaatliche Organisation exploriert; neue ideelle Grundsätze Strukturierung in 4 sinnhafte Zeitphasen → lässt Aussagen über zentrale epochale Entwicklungen zu; Vergleich nach jeder Zeitphase Einbettung in gesellschaftl. und kulturelle Entwicklungen Vergleichsebenen • Zentrale Kinder- und Jugendhilfegesetzgebungen → Rückschlüsse über Balance zwischen staatl. Autorität und elterlicher Erziehungsverantwortung • Professionalisierung → Institutionalisierung, Ausbildung, Konzepte, Verfahrenstechniken 8
Wenig Orientierungsmöglichkeit → Auseinandersetzung in Form struktureller und empirisch begründeter Vergleiche recht lückenhaft Einerseits Systemeigenheiten berücksichtigen, andererseits einheitliche Vergleichsebenen benennen Literaturbeschaffung (niederländische Fachbücher) Konkretisierung niederländischer Begriffe; Synonymität? Empirischer Teil → empirischer Vergleich auf den relevanten Ebenen (Sorgerechtsentzüge – Hilfen zur Erziehung – Kinderschutzfälle) aufgrund der Datenlage nicht möglich 9
Gemeinsamkeiten: - Hilfeplan und professionelle Diagnose zentrale Steuerungselemente - explizite Neujustierung des Verhältnisses zwischen Staat und Eltern durch Gesetzgebungen von 2005 (‘Wet op de Jeugdzorg‘/KICK) → stärkere Betonung der staatl. Wächterfunktion - Realisierung des Wächteramtes: Aufgabenteilung zwischen Familiengericht und zentraler Kinderschutzbehörde (Jugendamt/‘Bureau Jeugdzorg‘) - Orientierung an subsidiären Prinzipien; im deutschen System jedoch sehr viel stärkere Position freier Träger → Beteiligungskultur (Zweigliedrigkeit Jugendamt) 10
Unterschiede: - länderspezifische geographische Organisationslogiken Niederlande: provinziale Zuständigkeit → Gewähr für gute Professionalisierungs- und Kooperationsstrukturen Deutschland: kommunal → Heterogenität im Rahmen bundeseinheitlicher Verwaltungsstrukturen - Zuständigkeitsbefugnisse und Organisationsstrukturen Deutschland: direkter Ersuch auf Maßregel beim FamG durch JA möglich; unmittelbare Intervention (§42 Abs. 2 KJHG) legitimiert Niederlande: richterl. Beschluss unbedingte Interventionsgrundlage; Splittung von Untersuchungs- und Meldebefugnissen zwischen BJ und ‘Raad voor de Kinderbescherming‘ → enge Angewiesenheit, hohes Maß an Austauschprozessen 11
Unterschiede: - rechtliche Rahmung des Kinderschutzhandelns Deutschland: verbindliche Folge von Verfahrensschritten zur Sicherung des Schutzauftrags (§8a KJHG); hohes Maß an Standardisierung Niederlande: keine rechtliche Basis für die tägl. Praxis; regelt Strukturen der Organisation, jedoch zunehmend Orientierungshilfen - Kooperation mit anderen Professionen Deutschland: zunehmende multidisziplinäre Kooperation; Verbesserung der Schnittstellen (Bundeskinderschutzgesetz 2012) Niederlande: multiprofessionelle Kooperationen verankert (z.B. Vertrauensärzte) 12
Zusammenfassung: 1. In beiden Systemen wird explizit durch die Gesetzgebungen von 2005 das Verhältnis zwischen Staat und Eltern durch stärkere Betonung der staatl. Wächterfunktion neujustiert. 2. Die Realisierung des Wächteramtes findet in beiden Systemen durch die Aufgabenteilung zwischen Familiengericht und zentraler Kinderschutzbehörde (Jugendamt/‘Bureau Jeugdzorg‘) statt. 3. Diese unterscheiden sich jedoch hinsichtlich ihrer geographischen Prinzipien, ihrer Organisationsstrukturen und Zuständigkeitsbefugnisse. 4. Währenddessen sich das deutsche System durch ein hohes Maß an standardisierten Vorgaben zur Sicherung des Schutzauftrages auszeichnet, regelt das niederländische Gesetz nur die Strukturen der Organisation. Die niederländische Kinderschutzpraxis wird durch die enge Angewiesenheit der zentralen Akteure und ein hohes Maß an multidisziplinären Austauschprozessen geprägt. 13
Esping-Andersen, G. (1990): The three worlds of welfare capitalism. Cambridge: Princeton University Press. Fegert, J.M., Ziegenhain, U., Fangerau, H. (2010): Problematische Kinderschutzverläufe. Mediale Skandalisierung, fachliche Fehleranalyse und Strategien zur Verbesserung des Kinderschutzes. Weinheim und München: Juventa. Freymond, N., Cameron, G. (2006): Towards Positive Systems of Child and Family Welfare. Toronto: University of Toronto Press. Gilbert, N. (1997): Combatting child abuse: International perspectives and trends. Oxford: Oxford University Press. Hesser, K.E.H. (Hrsg.) (2000): Sozialwesen und Sozialarbeit in den Niederlanden. Luzern: Verlag für Soziales und Kulturelles. Hetherington, R. (2002): Learning from Difference: Comparing Child Welfare Systems. [Format: PDF, Zugriffsdatum: 04.04.2012, Adresse: https://www.wlu.ca/documents/7203/Hetherington_Keynote_Address.pdf ] 14
Jordan, E. (Hrsg.) (2007): Kindeswohlgefährdung. Rechtliche Neuregelungen und Konsequenzen für den Schutzauftrag der Kinder- und Jugendhilfe. 2. Aufl. Weinheim und München: Juventa. Ministerie van Justitie (Hrsg.) (2006): Honderd jaar kinderbescherming. Uitgave ter gelegenheid van het jubileum van de Raad voor de Kinderbescherming en de Kinderwetten (1905-2005). Amsterdam: Uitgeverij SWP. Müller, R., Nüsken, D. (Hrsg.) (2010): Child Protection in Europe. Von den Nachbarn lernen – Kinderschutz qualifizieren. Münster: Waxmann. Van der Linden, A.P., Ten Siethoff, F.G.A., Zeijlstra-Rijpstra, A.E.I.J. (2009): Jeugd en recht. Negende druk. Houten: Bohn Stafleu van Loghum. Van Montfoort, A.J., Tilanus, C.P.G. (2007): Jeugdzorg & jeudbeleid. Amsterdam: Uitgeverij SWP. Van Nijnatten, C. (1991): Die Wahrheitsmaschine. Die Entwicklung des Psycho juristischen Komplexes der Kinderfürsorge. Bonn: Forum. Wiesner, R., Zarbock, W.H. (Hrsg.) (1991): Das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) und seine Umsetzung in der Praxis. Köln: Carl Heymanns. 15
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