PHOTOVOLTAIK für Kirchgemeinden und Kirchenkreise - EKMD
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PHOTOVOLTAIK für Kirchgemeinden und Kirchenkreise BEILAGE 12/22 Bild mit freundlicher Genehmigung von Franziska Gräfenhain Photovoltaikanlage auf dem Gemeindezentrum des Kirchspiels Martini-Luther in Erfurt. Die Anlage, die seit Dezember 2008 in Betrieb ist, könnte vergleichsweise drei Haushalte mitEnergie versorgen. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Franziska Gräfenhain)
IMPRESSUM Herausgegeben vom Lothar-Kreyssig-Ökumenenzentrum der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland am Dom 2 39104 Magdeburg 03915346395 oekumene@ekmd.de www.oekumenenzentrum-ekm.de Redaktion: Caroline Knapp Textbeiträge: Robert Schlief, Elke Bergt, Marcus Schmidt und Ronny Wilfert Lektorat: Cornelia Natho, Kathrin Natho Layout und Gestaltung: Stephan Arnold 2 Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise
Inhalt 2 Vorwort................................................................................................... 4 Einleitung............................................................................................... 6 1. Grundlagen zur Photovoltaik ...................................................... 7 2. Standortvorrausetzungen ........................................................... 8 2.1 Globalstrahlung.......................................................................... 8 2.2 Verschattung............................................................................... 8 2.3 Dachausrichtung & Dachneigung............................................... 8 2.4 Zustand des Dachs...................................................................... 9 3. Photovoltaik auf Denkmälern .................................................. 10 3.1 Position der Bauamtsleitenden der EKD- Gliedkirchen...............10 3.2 Genehmigungspflicht von PV-Anlagen ...................................... 11 4. Technische Varianten.................................................................12 4.1 Nennleistung und Größe einer PV-Anlage.................................. 12 4.2 Solarmodultypen....................................................................... 12 4.3 Exkurs zur Solarthermie............................................................ 13 5. Ökobilanz und Entsorgung von PV-Anlagen............................ 14 6. Betreibermodelle von PV-Anlagen...........................................15 6.1 Eigenbetrieb mit voller Netzeinspeisung.................................... 15 6.2 Eigenbetrieb mit Eigenverbrauch und Netzeinspeisung............. 15 6.3 Verpachtung der eigenen Dachfläche an externe Betreiber........16 6.4 Andere Formen der Vermarktung...............................................16 7. Energiegenossenschaften – PV-Anlagen gemeinschaftlich ausbauen...................................................... 17 8. Das neue EEG 2023 und steuerrechtliche Aspekte ......................19 8.1 Zubau Korridor EE....................................................................... 19 8.2 Die wichtigsten gesetzlichen Neuerungen.................................. 19 8.2 Vereinfachungen im Steuerrecht................................................20 9. Inbetriebnahme und Öffentlichkeitsarbeit.................................23 10. Anhang.................................................................................... 24 10.1 Endnoten..................................................................................24 10.2 Checkliste Photovoltaik............................................................ 25 Literatur......................................................................................... 26 Dieses Informationsblatt wurde in großen Teilen von einer Handreichung der EKIR übernommen, mit freundlicher Genehmigung von Robert Schlief (robert.schlief@ekir.de). Vielen lieben Dank an dieser Stelle! Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise 3
Vorwort Bis auf wenige Ausnahmen sind auch in unserer Region die meisten Kirchen „ge-ostet“. Einer alten Tradition folgend befindet sich der Altar mit Kreuz und Bibel in Richtung der aufgehenden Sonne. Die Betenden blicken, wenn sie auf den Altar sehen, in Rich- tung des kommenden Lichts. Im Gebet und im Blick auf den Gekreuzigten erwarten sie, innere Stärkung und Kraft, somit Energie, für ihr Le- ben zu finden. Die Symbolik des „Ostens“ verdeutlicht, dass das Licht Leben bedeutet. Licht vertreibt die Dunkelheit und steht für den Tag der Auferstehung, wenn alle Dunkelheit und überhaupt alle Finsternis schwinden muss. Mit Jesus Christus, so formuliert der Evangelist Jo- hannes, ist das Wort Gottes ein Mensch geworden und ein Licht in die Welt gekommen, das keine Fins- ternis ergreifen konnte (Joh 1, 4-5). Das Thema des Lichts ist bei den akuten Fragen des Klimawandels und der Energiewende neu auf- geworfen. Auch unsere Gemeinden werden sich vor dem Hintergrund der Schöpfungsbewahrung und im Blick auf die gegebenen baulichen Vor- aussetzungen den Fragen nach Energieeinspa- rung, aber auch den Fragen nach Energiege- winnung neu stellen müssen. Vieles ist schon getan, vieles ist noch möglich. Unsere Gebäude, die Pfarr- und Gemeinde- häuser, v.a. aber auch unsere Kirchen verfü- gen über große Dachflächen, die sich auch aufgrund ihrer Ausrichtung und Dachnei- gung hervorragend zur Energiegewinnung durch Photovoltaikanlagen eignen. Unsere Kirchen würden einen erheblichen Beitrag zur Energiesicherung und zur CO2-Vermei- dung leisten. Dabei könnte seitens der Landeskirche über unterstützende Maßnahmen wie Beratung bei Gesprächen mit Denkmal- schutzämtern oder Sonderkredite für Kir- chengemeinden nachgedacht werden. Die vorliegende Broschüre soll in das Thema einführen und zu eigenen kon- kreten Überlegungen ermutigen. Uwe Jauch Superintendent Kirchenkreis Hal- densleben-Wolmirstedt 4 Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise
Liebe Schwestern und Brüder, Etwas aufgeschreckt hat es uns dann doch: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Ap- ril 2021, von manchen auch als „Klima-Urteil“ bezeichnet. Die Richter des höchsten deutschen Gerichts stellten fest, dass die bis dahin gelten- den nationalen Klimaschutzziele nicht mit den Grundrechten vereinbar waren. Seitdem ist neuer Schwung in den kirchlichen Bemühungen um mehr erneuerbare Energien vor Ort spürbar. Die jüngsten geopolitischen Entwicklungen bestärken nun ein- mal mehr Überlegungen nach unabhängiger Ener- gieversorgung. Photovoltaikanlagen auf kirchlich genutzten Gebäu- den sind dabei eine Möglichkeit. Alle, die sich damit schon beschäftigt haben, wissen dass es Zeit und auch manche Nerven kostet bis ein Projekt von der Idee zur Planung bis zu Realisierung umgesetzt ist. Dabei gibt es manch Unwägbarkeiten, die praktisch durchgestanden werden müssen. Denkmalschutzrechtliche Belange sind sicherlich eine der größten Hürden. Mit dem „Oster-Paket“ der Bundesregierung dienen Anlagen zur Erzeugung er- neuerbarer Energien nun dem „überragenden öffentlichen Interesse“. Eine pauschale Ablehnung des Denkmalschut- zes ist auf dieser Grundlage nicht mehr möglich. Dies gibt Grund zur Hoffnung, dass in den nächsten Jahren auch auf Kirchen oder anderen kirchlich genutzten Gebäuden mehr Solaranlagen sichtbar werden- und damit auch unser geleb- tes Engagement für die Schöpfungsbewahrung. Die vorliegende Broschüre soll Ihnen einen Einblick in die The- matik geben und ihnen bei Überlegungen zu PV-Projekten vor Ort eine Hilfe sein. Denn wie auch schon die Karlsruhe Richter feststellen: „Weil der Klimawandel aber nur angehalten werden kann, wenn all diese vielen, für sich genommen oft kleinen Men- gen von CO2-Emissionen lokal vermieden werden, kann einer einzelnen Maßnahme nicht entgegengehalten werden, sie wirke sich nur geringfügig aus.“ In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei der Planung und Umsetzung ihrer Projekte! Ihre Umweltbeauftragte Kathrin Natho Beauftragte für Umwelt und Entwicklung am Lothar-Kreyssig-Ökume- nezentrum der EKM Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise 5
Einleitung Zu den grundlegenden Glaubensaussagen unse- Mit dem im Juni 2021 verabschiedeten Klima- rer Kirche gehört das Bekenntnis zum Einsatz für schutzgesetz hat Deutschland sich zum Ziel ge- die Bewahrung der Schöpfung. Sie ist im ersten setzt Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu er- Artikel unseres Glaubensbekenntnisses verwur- reichen. Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) zur zelt, in dem wir unseren Glauben an Gott den Produktion von Strom stellen einen Eckpfeiler Schöpfer ausdrücken. Die Schöpfung ist uns Men- dieser Klimaschutzstrategie dar. Mit PV-Anlagen schen als Leihgabe von Gott anvertraut. Wir Men- können Kirchengemeinden sichtbar ein Zeichen schen sind von Gott eingeladen, die Erde und ihre für die Bewahrung der Schöpfung setzen, Kos- Ressourcen zu nutzen, zugleich aber verpflichtet, ten sparen und einen dauerhaften Imagegewinn die Schöpfung zu schonen und zu bewahren. Als erzielen. Kirche, in unseren Gemeinden, wie auch als ein- PV-Anlagen gehörten vor einigen Jahren noch zelne Christinnen und Christen sind wir aufge- zu den teuersten Energieerzeugungsarten in fordert, die Balance zu halten zwischen Schöp- Deutschland. Mittlerweile zählt Photovoltaik im fungsbebauung, Schöpfungsnutzung und ihrer Mittel zu den kostengünstigsten Technologien Erhaltung. Als Haushaltende der Erde tragen wir unter allen Kraftwerkstypen. Zwar sind die Ein- Verantwortung, auch für kommende Generatio- speisevergütungen in den letzten Jahren stark nen ein liebens- und lebenswertes Leben auf dem zurückgegangen, aber durch den enormen Rück- Planeten Erde zu ermöglichen. In unserem Han- gang der Produktionskosten, die geringen Strom- deln müssen wir glaubwürdig den Gedanken der gestehungskosten und staatlichen Förderungen, Bewahrung der Schöpfung weitergeben. Hierzu lohnen sich Solaranlagen noch immer. gehören auch der sparsame Umgang mit fossilen Diese Handreichung bietet sowohl Kirchenge- Energieressourcen und eine Wende hin zur nach- meinden und anderen kirchlichen Institutionen haltigen Nutzung erneuerbarer Energien. als auch interessierten Personen einen Überblick Kirchengemeinden verbrauchen Heizenergie, über die verschiedenen Möglichkeiten im Bereich Strom und Wasser. Bauvorhaben schlagen öko- der Photovoltaik. Sie will dazu ermutigen, dass logisch zu Buche. Zahlreiche Kirchengemeinden Kirchengemeinden und ihre Mitglieder ihren Bei- und kirchliche Einrichtungen engagieren sich trag zur Energiewende leisten. daher auf unterschiedliche Weise für nachhal- tiges Leben und Umweltschutz. Aus Verantwor- tung für die Schöpfung sehen sie sich beauftragt, Ressourcen zu sparen, energieeffizient zu wirt- schaften sowie bei Mobilität und Konsum Umwel- taspekte zu beachten. Auf vielfältige Weise kön- nen Kirchengemeinden ein öffentlich sichtbares Zeichen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie setzen. Hierzu zählen unter anderem die energietechnische Sanierung von Gebäuden, der Einsatz erneuerbarer Energien oder die In- stallation von Solaranlagen auf dem Dach des Gemeindehauses. All diese Maßnahmen zeugen davon, dass es Christinnen und Christen ernst ist mit dem Bekenntnis, diese Erde als anvertrauten Lebensraum zu bebauen und zu bewahren. 6 Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise
1 1. Grundlagen zur Photovoltaik Die Photovoltaik stellt eine Möglichkeit der er- Direkte Sonnenstrahlung ist deshalb besonders neuerbaren Energiegewinnung dar. Sie wurde effektiv. PV-Anlagen nutzen den Photoeffekt 1839 von Alexander Becquerel entdeckt. Der Be- und dienen der Erzeugung von Strom aus Son- griff leitet sich ab aus dem griechischen Wort für nenlicht. Dabei wird elektromagnetische Strah- „Licht“ und der Einheit der elektrischen Span- lungs-energie der Sonne mithilfe der Anlage in nung Volt (nach dem italienischen Physiker Ales- Gleichstrom umgewandelt. Ein Wechselrichter sandro Volta). Die Photovoltaik basiert auf dem transformiert den Gleichstrom anschließend in sogenannten Photoeffekt, für Albert Einstein im Wechselstrom. Dieser steht als „Solarstrom“ aus Jahre 1921 den Nobelpreis erhielt. Licht bewegt der Steckdose zur Verfügung. Laut dem Fraun- sich in Wellenform und führt energetische Teil- hofer Institut lag im Jahr 2021 lag im Jahre 2021 chen, sogenannte Photonen mit sich. Diese Teil- die Brutto-Stromerzeugung aus PV-Anlagen in chen bewirken, dass sich Elektronen aus dem Deutschland bei 9,1%. An sonnigen Tagen kann Atomgitter des beleuchteten Stoffes lösen und so Solarstrom vorübergehend sogar über zwei Drit- der Stoff seine elektrische Neutralität verliert. Je tel unseres Stromverbrauchs abdecken. Am An- kurzwelliger die Strahlung, desto energiereicher fang der Überlegungen stellt sich immer die Fra- sind die Teilchen.1 ge, wo und für welches Gebäude eine PV-Anlage effizient und sinnvoll ist. Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise 7
2 2. Standortvorrausetzungen Die Standortbedingungen sind die ent- Bypassdioden, die den Strom an der verschatte- scheidenden Faktoren, wenn es um die Umsetz- ten Solarzelle vorbeiführen können. Möglich ist barkeit und Wirtschaftlichkeit von PV-Anlagen die Umgehung des Verschattungsproblems auch, geht. Wichtige Kenngrößen sind Globalstrahlung, indem die PV-Anlage gleich so geplant wird, dass Verschattung, Dachneigung und Dachausrich- an den Stellen, an denen die Verschattung auf- tung. Daneben sollte im Vorfeld überprüft wer- trifft, keine Module montiert werden. Das ist zum den, in welchem Zustand sich das Dach befindet Beispiel sinnvoll, wenn sich die Verschattung und ob das Gebäude in den nächsten 20 bis 30 durch gegenüberliegende Häuser, Gauben oder Jahren noch genutzt wird. ähnliche Faktoren, die nicht verändert werden können, ergeben. In anderen Fällen ist zu überle- 2.1 Globalstrahlung gen, ob die Ursache (Bäume, Antennen, Blitzab- Die Globalstrahlung ist die auf einer horizonta- leiter) nicht versetzt oder gefällt werden können. len Ebene empfangene Sonnenstrahlung, wel- che sich aus direkter Sonneneinstrahlung (freier Himmel, aber Schattenwurf) und diffuser Him- melsstrahlung zusammensetzt (derjenige Teil der Sonnenstrahlung, der auf dem Weg durch die Atmosphäre durch Wolken oder Aerosole bei- spielsweise gestreut wird). Im Jahresdurchschnitt liegt der Anteil der diffusen Himmelsstrahlung in Deutschland bei ca. 50 %. Die Globalstrahlung ist keine Konstante, sondern ist abhängig von Standort, Tages- und Jahreszeit und vom Wetter. Verschattung eines Daches mit Solarpanelen durch einen Die mittlere jährliche Globalstrahlungssumme Baum. in Deutschland liegt bei 1050 kWh/m². Im Süden Deutschlands ist die Globalstrahlung um ca. 20 2.3 Dachausrichtung & Dachneigung % stärker als im Norden. Genauere Angaben zur Prinzipiell kommen alle Dächer mit einer Süd, Globalstrahlung jeweiliger Regionen finden Sie Süd-West, West, Ost und Süd-Ost Ausrichtung in beispielsweise beim Deutschen Wetterdienst Frage. Die Sonneneinstrahlung in Richtung Sü- (https://cdc.dwd.de/portal). den ist zur Mittagszeit am stärksten. Abweichun- gen von bis zu 45° nach Westen oder Osten liefern 2.2 Verschattung insgesamt betrachtet zwar die etwas geringeren Verschattungen können Erträge einer Anlage Erträge, erbringen aber über den Tageszeitraum massiv sinken lassen. Typische Verursacher von hinweg konstantere Solarenergie und eignen sich Verschattungen sind zum Beispiel Bäume, Nach- damit ebenfalls gut. bargebäude, Schornsteine, Strommasten- und Eine Möglichkeit die Ausrichtung des potenziellen -leitungen, Satellitenschüsseln oder Blitzableiter. Daches und der Dachneigung zu ermitteln, sind Darüber hinaus können kurzzeitige Verschattun- Solarkataster (auch Solaratlas genannt). Viele gen in Form von herumfliegendem Laub, Vogel- Kommunen, Energieunternehmen oder Bundes- kot, Staubschichten, Ruß etc. entstehen. Gene- länder bewerten Dächer anhand georeferenzier- rell kann gesagt werden: Je näher ein Schatten ter Daten. Durch die Auswertung von Luftbildern werfendes Objekt an einer PV-Anlage steht, desto werden passgenaue Daten zur Dachausrichtung höhere Energieverluste entstehen. Eine einfache und Dachneigung ermittelt. Alternativen wären: und trotzdem zuverlässige Schattenanalyse lässt der Blick in den Bauplan, Google Maps oder die sich unter Zuhilfenahme eines Sonnenbahndia- Hinzuziehung eines Kompasses. Flachdächer oder gramms und eines Lageplans ermitteln. Zudem Dachneigungen mit einem Neigungswinkel von gibt es noch andere Wege mit dem Verschat- 30° gelten als optimal. tungsproblem umzugehen. Solarmodule können untereinander anders verschaltet werden (Par- allel- oder Paarmodulverschaltung). Außerdem verfügen Solarmodule heute über sogenannte 8 Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise
2.4 Zustand des Dachs cheindeckung für diesen Dachbereich möglich. Solarteure bzw. Handwerker sind zwar in der Re- Auch eine Kombination aus Dachbegrünung und gel für die Standsicherheit der Solaranlage verant- PV-Anlage ist bei der richtigen Dachkonstruktion wortlich, nicht aber zwingend für die Tragfähig- denkbar und kein gegenseitiger Ausschluss. Ganz keit des Gebäudes. Insbesondere bei Flachdächern im Gegenteil: Durch die hohe Wasserspeicherfä- oder in Lagen mit verstärktem Wind- oder Schnee- higkeit der Dachbegrünung heizen sich die dunk- aufkommen ist eine Berechnung der Statik vor der len Solarmodule weniger stark auf, was zu einer Installation sinnvoll. Für die Überprüfung der Erhöhung des Wirkungsgrades der Solarmodule Statik können Sie mit Kosten zwischen 300 € und führt. Nebenbei leistet die Dachbegrünung noch 1000 € rechnen. Nur Architekturbüros oder zuge- einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz von Flo- lassene Tragwerksplanende dürfen die Statik-Prü- ra und Fauna. fung durchführen. Im Falle einer bevorstehenden Speziell bei PV-Anlagen gibt es drei stand- Dachsanierung könnte sich auch eine PV-Anlage ortspezifische Typen: Dachflächen-, Freiflächen- mit Indach-Montagesystem lohnen. Hierbei wird und Gebäudeintegrierte Anlagen (GiPV). die Anlage direkt in die Dachhaut integriert und so von Anfang an in die Planung miteinbezogen. Tabelle 1 fasst die Vor- und Nachteile der jeweili- Dadurch sind Kosteneinsparungen für die Da- gen Konstruktion zusammen. Tabelle 1: Aufstellung von PV-Anlagen Typ Vorteile Nachteile Schrägdach » Optimal bei einem Neigungs » Abhängigkeit von Dachausrich- winkel von 30° tung und Dachneigung » Ggf. Statikprobleme Flachdach » Freie Auswahl von Ausrichtung » Montage etwas schwieriger und Neigung » Ggf. Statikprobleme » Kombination mit Dachbegrünung möglich Gebäude » Kreative Designmöglichkeiten » Bei Fassadenintegration sind integrierte » Doppelfunktion als Dach- oder die Erträge deutlich niedriger Anlagen (GiPV) Fassadenelemente (senkrechte Konstruktion) » Zusätzlicher Schall- und Wärme- » Aufwendige und teure Montage schutz Freiflächen » Freie Auswahl bei Neigung » Umfangreiche Genehmigungs anlagen und Ausrichtung verfahren » Bei Großanlagen: » Nur bei Großanlagen Kostendegression (über 100kWp) sinnvoll » Agrophotovoltaik1 möglich » Geringe Einspeisevergütung Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise 9
3 3. Photovoltaik auf Denkmälern Auch wenn die Errichtung von PV- An- dar. Ebenso sind bei der Installation einer sol- lagen in vielen Bundesländern nicht baugeneh- chen Anlage Eingriffe in den Bestand nicht ver- migungspflichtig ist, besteht bei der Errichtung meidbar. Dennoch sehen wir uns als Kirche in der einer solchen Anlage auf oder an einem Denkmal Verantwortung mit den uns möglichen Mitteln die Notwendigkeit, eine denkmalschutzrechtli- zur Bewahrung der Schöpfung beizutragen. Dazu che Genehmigung und eine kirchenaufsichtli- gehört neben einer lebendigen Nutzung unserer che Genehmigung nach § 9 KBauG einzuholen. Gebäude, der Verwendung ökologisch sinnvoller Die kirchenaufsichtliche Genehmigung zu einer Baustoffe und der Ermöglichung von Lebensräu- Baumaßnahme wird nicht erteilt, wenn die denk- men für Tiere und Pflanzen auch die Erzeugung malrechtlichen Belange nicht geklärt sind. regenerativer Energien. Denkmalbehörden haben die Aufgabe, für den Aus diesem Grund und in Anbetracht der sich Erhalt der Denkmale in ihrer überkommenen immer stärkeren Dringlichkeit, Maßnahmen zur Form zu sorgen. Das bedeutet, dass jeder Ein- Vermeidung schädlicher Treibhausgasemissio- griff in die historische Substanz, aber auch die nen zu ergreifen, hat die Konferenz der Bauamts- Veränderung des Erscheinungsbildes, möglichst leitenden der EKD- Gliedkirchen im April 2021 ein vermieden oder so gering wie möglich gehalten Positionspapier mit dem klaren Bekenntnis für werden soll. PV- Anlagen auch auf unseren denkmalgeschütz- Eine deutliche Veränderung des Erscheinungs- ten Gebäuden und Kirchendächern verfasst: bildes stellt auch die Errichtung einer PV-Anlage 3.1 Position der Bauamtsleitenden PV- Anlagen montiert oder später unkompliziert nachgerüstet werden können. der EKD- Gliedkirchen PV-Anlagen auf Sakralgebäuden müssen dem Präambel: besonderen Anspruch dieser Gebäude gerecht Die Konferenz der Bauamtsleitenden der EKD be- werden. Sie nehmen auf die Gestaltung des Ge- kennt sich klar zu Photovoltaik (PV) auf kirchli- bäudes Rücksicht und sind als ruhige und gleich- chen Gebäuden. PV-Anlagen sind ein wesentli- mäßige Flächen zu konzipieren. cher Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität PV- Anlagen auf Denkmalen müssen denk- der Evangelischen Kirche und somit zur Errei- malrechtlich abgestimmt werden. Sie sind hin- chung der kirchlichen Klimaziele. sichtlich Farbigkeit, Mattigkeit, Kleinteiligkeit Auch Kirchendächer und Dächer denkmalge- und Geometrie gestalterisch überzeugend in das schützter Gebäude müssen dafür betrachtet wer- Gebäude einzufügen. Wenn das gegeben ist, ist den. Wir als Kirche sehen uns in einer beson- Einsehbarkeit kein Ausschlusskriterium. deren Verantwortung und Vorbildfunktion zur Beim Einbau von PV-Anlagen darf die erhal- Bewahrung der Schöpfung. tenswerte denkmalgeschützte Bausubstanz nicht Grundsätze: wesentlich beeinträchtigt werden. Die techni- Heutige PV-Anlagen sind eine zu akzeptierende schen, baukonstruktiven Voraussetzungen (Sta- Zeitschicht. Sie sind darum wie andere notwendi- tik, Elektrik, Brandschutz) sowie die wirtschaft- ge Bauteile zu betrachten. Die PV-Anlagen sollen lichen und finanziellen Voraussetzungen müssen reversibel sein. gegeben sein. Alle Gebäude, auch die Mehrzahl der denk- Innovation und besondere Unterstützung für malgeschützten Gebäude der Evangelischen Kir- denkmalgerechte Lösungen, die in der Regel die chen, bieten große Potentiale zur Errichtung von teuersten und weniger effektiven sind, sind vom PV-Anlagen. Somit sind alle für die Installation Bund und den Ländern einzufordern. einer PV-Anlage geeigneten Dachflächen zu be- trachten und die Planung und Realisierung ist Die Konferenz der Bauamtsleitenden der EKD- konsequent voranzutreiben. Gliedkirchen Bei Instandsetzungen und Modernisierungen Rastede, 21. April 2022 müssen Dächer so hergerichtet werden, dass 10 Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise
Im Sinne des Positionspapiers sollen PV- Anlagen 3.2 Genehmigungspflicht auch auf Kirchendächern unter Berücksichtigung von PV-Anlagen der genannten Voraussetzungen deutlich häufi- ger ermöglicht werden. Brandenburg: genehmigungspflichtig: Photovoltaik-Freiflächen- anlagen sowie Flachdachanlagen mit einer Höhe über 60 cm und einer Gesamtfläche über 10 qm Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt: genehmigungsfrei: PV-Anlagen auf Dachflächen, an Gebäudewänden und auf Flachdächern, ge- nehmigungspflichtig sind nur Photovoltaik-Frei flächenanlagen Unsicherheiten können bestehen wenn: » die Photovoltaik-Anlage größer ausfallen und sich etwa über ein Dach eines Mehrfamilien- hauses erstrecken soll, » eine Fassadenanlage geplant ist, die aus der Gebäudehülle herausragt, » ein öffentliches Gebäude mit Photovoltaik modulen versehen werden soll, » oder das Gebäude unter Denkmalschutz steht. Im Rahmen einer Bauvoranfrage kann auch im Einzelfall die Genehmigungspflicht durch das Bauordnungsamt geprüft werden. Selbstverständlich müssen bei der Installati- on alle anderen bestehenden Pflichten beachtet werden – Brandschutz, Statik; Standortsicher- heit, Verkehrssicherheit, Grundstücksabstände. Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise 11
4 4. Technische Varianten Im Bereich der Photovoltaik tauchen den je nach Lage ca. 800 bis 900 kWh im Jahr immer wiederkehrende Fachbegriffe auf, die für erzeugt.2 Laien nicht immer sofort verständlich sind. Zum Wenn die Größe des Dachs unbekannt ist, Beispiel sind die Nennleistung und Größe einer können Dachflächenrechner im Internet helfen. PV-Anlage für die Prognose der zu erwartenden Meistens übernehmen die jeweiligen Solarfach- Kilowattstunden im Jahr wichtig, um Eigenver- betriebe für Sie auch die Arbeit. Grob geschätzt brauchsquote, steuerliche Bemessungsgrundla- können mit Anschaffungskosten von 1200 bis ge und Wirtschaftlichkeit einzuschätzen. Bei der 1500 € pro 1 kWp gerechnet werden. Zusätzlich Wahl des richtigen Solarmoduls ist nicht nur auf entstehen noch Kosten bei der Anschaffung eines Preis, Qualität und Optik zu achten, sondern auch Wechselstromrichters und ggf. weiterer Nachrüs- auf die energetische Amortisationszeit und die tungen im Zählerschrank. Ökobilanz. Und was sind Solarthermieanlagen? Mit zu berücksichtigen in der Planung sind auch mögliche mittelfristige Anschaffungen wie 4.1 Nennleistung und Größe einer eine E-Ladesäule zum Aufladen von E-Autos oder PV-Anlage der Austausch einer veralteten Öl- oder Gashei- Mit Kilowatt-Peak (kWp) wird die elektrische zung durch eine Wärmepumpe. Diese können Leistung (Nennleistung) einer PV-Anlage angege- dann von der PV-Anlage mitversorgt werden und ben, die unter Standard-Test-Bedingungen (STC; zu einer Erhöhung des Eigenverbrauchs führen. Solarstrahlung: 1000 W/m² und Modultempera- Die Größe der Anlage ist auch entscheidend für tur: 25 °C) erzielt werden kann. Die Nennleistung die Besteuerung der Anlage (siehe Kapitel 8). einzelner Solarmodule wird in der kleineren Ein- heit Watt-Peak (Wp) definiert (1 kWp = 1.000 Wp). 4.2 Solarmodultypen Ein Solarmodul mit einem Flächeninhalt von Solarmodule gibt es in verschiedenen Arten. Al- etwa 1,6 m² entspricht einer Leistung zwischen len Halbleitersolarzellen ist gemein, dass das 250 und 350 Watt. Um eine Anlagenleistung von Grundmaterial aus Silizium besteht. Solarmodule 1 kWp zu erzielen, werden also ca. 6 m² Modulflä- werden in Dickschicht- und Dünnschichtmodule che (kristalline Standardmodule) und 7 m² Dach- eingeteilt, die jeweils ihre Vor- und Nachteile auf- fläche benötigt. Mit einer 1-kWp-PV-Anlage wer- weisen (Tabelle 2). Tabelle 2 Unterschiede von Dickschicht- und Dünnschichtmodulen Modul Hauptmaterial Eigenschaften ≈ Kosten Dickschicht » Polykristallin » Wirkungsgrad ca. 12 – 16 % » 1000 – 1400 € » Blaue Materialfarbe pro kWp » Häufigstes verarbeitetes Modul in Deutschland Dickschicht » Monokristallin » Wirkungsgrad ca. 14 – 20 % » 1100 – 1400 € » Für kleinere Anlagen geeignet pro kWp » Etwas schlechtere Ökobilanz » Im Vergleich am teuersten Dünnschicht » Nicht kristallin » Wirkungsgrad ca. 5 – 10 % 3 » 750 – 1200 € » Größere Dachfläche nötig pro kWp » Vielfältig einsetzbar (z. B. bei GiVP, Indachmontage 4) » Niedrigere Entstehungskosten » Gute Ökobilanz 12 Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise
4.3 Exkurs zur Solarthermie Beim Vergleich der Solarthermie- mit der Pho- Den Unterschied zwischen einer Photovoltaik- tovoltaiktechnologie auf einem Quadratmeter und einer Solarthermieanlage auf Anhieb zu er- Dachfläche, liefern Solarthermieanlagen in etwa kennen, ist für ein ungeschultes Auge nicht ein- 2,5-mal so viel Kilowattstunden Wärme, wie fach. Beide werden gerne zusammengefasst unter PV-Anlagen Strom liefern. Zudem sind Solart- dem Begriff Solaranlage. Das ist insofern nicht hermieanlagen in der Anschaffung günstiger. falsch, da beide Anlagen die elektromagnetische Aufgrund der Tatsache, dass eine Kilowattstun- Strahlungsenergie der Sonne nutzen. Die Um- de Haushaltsstrom aber etwa 3,5-mal so viel wie wandlung dieser Primärenergie in Endenergie er- eine Kilowattstunde Wärme, schneidet die An- folgt jedoch auf unterschiedliche Weise. Während schaffung einer PV-Anlage insgesamt besser ab. PV-Anlagen Strom produzieren, dienen Solarther- Speziell in kirchlichen Bereichen machen So- mieanlagen der Umwandlung von Sonnenenergie larthermieanlagen nur unter besonderen Um- in Wärme. In Gebäuden kommt die Solarthermie ständen Sinn, nämlich nur dort, wo konstant in erster Linie bei der Warmwasseraufbereitung viel Warmwasser genutzt wird wie beispielswei- oder zur Unterstützung der Heizungsanlage zum se bei Kindertagesstätten mit U3-Betreuung. Und Einsatz. selbst hier kann eine PV-Anlage sinnvoller sein, Solarkollektoren der Solarthermieanlagen ab- indem Warmwasser durch den selbst erzeugten sorbieren Sonnenenergie und leiten diese mit- Solarstrom mittels eines Durchlauferhitzers be- hilfe einer Flüssigkeit, die in Röhren verläuft, an reitgestellt wird oder die PV-Anlage eine Wärme- einen Warmwasserspeicher weiter. Über einen pumpe mitversorgt. Die Heizkostenersparnis ist Wärmetauscher wird die Wärme anschließend in der Regel deutlich höher als bei einer Solart- an das Wasser im Speicher übertragen. Von dort hermieanlage. kann es entweder sofort oder bei Bedarf genutzt werden, wenn keine Sonne scheint. Die abküh- lende Wärmeträgerflüssigkeit fließt immer wieder in die Kollektoren zurück, um erneut von der Son- ne erwärmt zu werden. Je nach Standort, können 30 bis 65 % des jährlichen Warmwasserbedarfs durch Solarthermie gedeckt werden. Eine weite- re Heizungsanlage (z. B. Gas oder Pellets) ist des- halb weiterhin erforderlich. Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise 13
5. Ökobilanz und Entsorgung 5 von PV-Anlagen Im Gegensatz zu fossilen Kraftwerken, 2021). Dünnschichtmodule amortisieren sich entstehen beim Betrieb einer PV-Anlage keine lo- schneller als Dickschichtmodule. Studien zeigen kalen Treibhausgase. Jedoch entstehen bei Her- außerdem, dass im Schnitt eine PV-Anlage, die stellung (z. B. Siliziumgewinnung), Transport, La- 20 Jahre betrieben wird, die 10-fache Menge an gerung, Verkauf und Entsorgung indirekte nicht Energie produziert als für die Herstellung aufge- erneuerbare Primärenergieverbräuche und Treib- wendet wurde.5 hausgasemissionen, die unter dem Begriff „graue Neben dem Solarmodultyp ist aber auch in ho- Energie“zusammengefasst werden. hem Maße der Ort der Herstellung entscheidend. Bei Betrachtung des Lebenszyklus einer in In einem Land wie China, in dem der Strommix Deutschland betriebenen PV-Anlage, fallen laut deutlich weniger erneuerbare Energien beinhal- dem Fraunhofer Institut ca. 50 g CO2 pro pro- tet als in Deutschland, sind die CO2-Emissionen duzierte Kilowattstunde (kWh) Solarstrom an. signifikant höher. Zusätzlich entstehen Emissio- Dieser Wert liegt deutlich unter dem Wert von nen durch die längeren Transportwege. Bei der Braunkohle (1075 g) oder Erdgas (499 g). Die Auswahl der Module sollten Betreiber daher nicht Energierücklaufzeit oder energetische Amorti- nur auf die Qualität der Module, sondern auch auf sationszeit (Energy Payback Time, EPBT) gibt den Ort der Produktion achten. die Zeitspanne an, die ein Kraftwerk betrieben Die Entsorgung von Solarmodulen regelt in der werden muss, um die investierte Primärenergie EU die WEEE-Richtlinie (Waste of Electrical and zu ersetzen. Energierücklaufzeit und Erntefaktor Electronic Equipment). Durch neuere Verfahren von PV-Anlagen variieren mit Technologie und können bis zu 90% recycelt und der Rest umwelt- Anlagenstandort. Eine Analyse im Auftrag des gerecht entsorgt werden. Die Entsorgung der Mo- Umweltbundesamtes hat eine EPBT für PV-Kraft- dule ist für Verbraucher kostenlos. werke bei einem Anlagenbetrieb in Deutschland Zusammenfassend kann also festgehalten wer- von 1,6 Jahren für multikristalline bzw. 2,1 Jahren den, dass PV-Anlagen deutlich umweltfreundli- für monokristalline PV-Module ermittelt (UBA, cher als fossile Energieformen sind. 14 Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise
6 6. Betreibermodelle von PV-Anlagen Grundsätzlich wird jede Eigentümerin (Degression). Bekamen Stromerzeugende im und jeder Eigentümer einer PV-Anlage immer als Jahre 2004 noch den stolzen Preis von 57,4 Cent Unternehmerin oder Unternehmer eingestuft. Je pro KWh, waren es im März 2022 nur noch 6,63 nach Größe der Anlage und Art des Betriebsmo- Cent, was einem relativen Rückgang von fast 89% dells, unterscheiden sich die steuerlichen Rege- entspricht. lungen. Zudem sind einige Punkte rechtlicher Natur zu beachten: die Versicherung der PV-An- 6.2 Eigenbetrieb mit Eigenverbrauch lagen und das Eintragen bei Verpachtungen ins und Netzeinspeisung Grundbuch. Daneben gibt es diverse Anbieter so- Als Folge der allmählich auslaufenden Einspeise- genannter Kleinst-PV-Anlagen (auch PV-Gueril- vergütung wird derzeit der Ansatz verfolgt, einen la-Anlagen, Balkon-PV-Anlagen oder PV-Zwerge möglichst hohen Eigenverbrauch anzustreben genannt), die aus einem oder wenigen Solarmodu- und PV-Anlagen auf den tatsächlichen Bedarf len bestehen und mit einem Micro-Wechselrichter auszulegen bzw. auf den Eigenverbrauch hin zu der Eigenversorgung dienen. optimieren. Durch die stark gestiegenen Strom- bezugskosten (zwischen 2000 und 2022 um ca. Kirchengemeinden haben verschiedene 148 %) und die sinkenden Preise für PV-Systeme Möglichkeiten, mithilfe einer PV-Anlage bei gleichzeitiger Verbesserung des Wirkungs- wirtschaftliches und ökologisches Han- grads und dank der Entwicklung von innovati- deln in Einklang zu bringen. Folgende ven Batteriespeichersystemlösungen sind PV-An- Möglichkeiten kommen generell für PV- lagen immer noch ein wirtschaftlich-ökologisch Anlagen in Frage: rentables Betriebsmodell. 1. Eigenbetrieb mit voller Netzeinspeisung Bei Bestandsgebäuden ist die Optimierung 2. Eigenbetrieb mit Eigenverbrauch und auf einen möglichst hohen Eigenverbrauch hin Netzeinspeisung einfacher als bei Neubauten, da Gebäudenutzer 3. Verpachtung der eigenen Dachfläche an sich nur den Lastgang7 anschauen bzw. eine externe Betreiber Lastgangmessung durchführen müssen. Bei Neu- 4. Andere Formen der Vermarktung bauten lässt sich der Lastgang ungefähr abschät- zen. Den kompletten Strom selbst zu verbrauchen ist normalerweise nicht möglich, da kirchliche Gebäude schwankenden Nutzungszeiten unter- 6.1 Eigenbetrieb mit voller liegen und es unwirtschaftlich wäre, den Über- Netzeinspeisung schuss an Strom nicht ins Netz einzuspeisen. Die volle Netzeinspeisung war bis vor wenigen Laut den Erfahrungswerten der Landesener- Jahren das am häufigsten anzutreffende Be- gieagentur Sachsen-Anhalt LENA (2018) wird triebsmodell in Deutschland. Um den Ausbau derzeit durchschnittlich 30 % des selbst produ- der Photovoltaik zu stärken, hat die Bundesre- zierten Stroms persönlich verbraucht, der Rest publik mit dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz wird ins öffentliche Netz eingespeist. (EEG 2000/2004) eine Gestaltungsförderung ein- Noch vor wenigen Jahren waren Batterien bei geführt, welches die bevorzugte Einspeisung einer durchschnittlichen Lebensdauer von 10 Jah- von Strom aus Erneuerbaren Energiequellen ins ren zu teuer und unwirtschaftlich. Durch staat- Stromnetz garantiert und deren Erzeugern feste liche Subventionen und andauernden Preisver- Einspeisevergütungen mit einer Laufzeit von 20 fall sowie fortschreitende Technik könnten diese Jahren auszahlt.6 Speicherlösungen aber in naher Zukunft wieder Durch den massenproduktionsähnlichen Aus- in Frage kommen.8 Zudem sollte wie bei allen Lit- bau von PV-Anlagen wurde die Einspeisevergü- hium-Ionen-Technologien die „graue Energie“ in tung seitens der Politik immer weiter gesenkt der Ökobilanz nicht unerwähnt bleiben. Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise 15
6.3 Verpachtung der eigenen Dach- 6.4 Andere Formen der Vermarktung fläche an externe Betreiber Neben der Einspeisung ins öffentliche Strom- Kirchengemeinden oder andere kirchliche Insti- netz gibt es weitere Möglichkeiten, den (über- tutionen, die aus verschiedenen Gründen keine schüssigen) erzeugten Strom zu verkaufen. Im eigene PV-Anlage zur Eigennutzung haben wol- kirchlichen Kontext könnten folgende Varianten len, haben trotzdem die Möglichkeit, anderen ihr interessant sein: Direktvermarktung, Regional- „Dachpotential“ zur Verfügung zu stellen, indem vermarktung oder Mieterstrommodelle. Der Ver- sie ihr Dach verpachten. Hierbei erhält die Kir- kauf des Solarstroms an einen Direktvermarkter, chengemeinde beispielsweise eine Pacht über z. B. an ein virtuelles Kraftwerk, ist für Betrei- einen vorher definierten Zeitraum. Betreibende bende von Anlagen mit über 100 kWp laut des solcher Modelle sind zum Beispiel Stadtwerke, EEG verpflichtend und wird vom Staat mit einer Energiegenossenschaften oder Unternehmen, die kleinen Marktprämie bezuschusst. Bei der Di- den erzeugten Strom weiter an Dritte vermarkten. rektvermarktung wird der eingespeiste Strom Alternativ haben kirchliche Körperschaften direkt an der Strombörse gehandelt. Oftmals auch die Möglichkeit, einen sogenannten Cont- handelt es sich hierbei um groß angelegte Freiflä- racting-Vertrag mit den externen Betreibenden chen-PV-Anlagen, die von Energiewirtschaftsun- einzugehen. In diesem Fall würde die jeweilige ternehmen betrieben werden und im kirchlichen Betreibergesellschaft den Strom nicht an Dritte, Umfeld keine Rolle spielen. Da viele PV-Anlagen sondern direkt an die Gemeinde oder Einrichtung ab 2021 aus der EEG-Förderung rausfallen, könnte verkaufen. Die komplette Installation, die War- die freiwillige Direktvermarktung eine mögliche tung und der Betrieb der Anlage würde so auf Option für Post-EEG-Anlagen darstellen.9 Durch die Contracting-Firma übertragen werden. Diese den Verkauf des eigenen Solarstrom wurden bei vereinbart mit der Gemeinde einen langfristigen Direktvermarktung lange Zeit nur sehr geringe Vertrag, sodass Sie dann neben den monatlich Preise erzielt. Diese steigen zurzeit aufgrund der anfallenden Stromkosten auch noch einen Betrag Gasknappheit jedoch stark an. Wer den erhöhten für die Anschaffungskosten der Anlage und wei- Verwaltungsaufwand nicht scheut, sollte sich tere Mehraufwendungen zahlen. dazu informieren. Im Unterschied zur Direkt- Contracting-Modelle gibt es in ganz verschiede- vermarktung wird bei der Regionalvermarktung nen Formen, meist bekannt aus dem Wärmesektor der Strom nicht an der Strombörse gehandelt, bei Einbau oder Austausch von Heizungsanlagen sondern an Haushaltskunden oder andere Groß- (z. B. Wärmecontracting, Energie-Einsparcontrac- abnehmer, die sich in räumlicher Nähe mit ei- ting). Oftmals lohnen sich PV-Contracting-Modelle nem Radius von bis zu 4,5 km um die jeweilige erst bei größeren Anlagen ab 10 kWp. Zudem sollte Stromerzeugungseinheit befinden, abgegeben. auch überprüft werden, ob das jeweilige Contrac- Zusehends setzen immer mehr Stadtwerke und ting-Angebot im Vergleich zu eigenfinanzierten Start-ups auf solche innovativen Lösungen. Sol- Mitteln rentabel ist. che Geschäftsmodelle sind bisher überwiegend Pilotprojekte in Deutschland und bilden derzeit noch die Ausnahme. Beim Mieterstrommodell sorgen die Anlagen betreibenden selbst dafür, dass der erzeugte Strom in unmittelbarer Nähe an ein Nachbarge- bäude abgegeben wird.10 Die Bundesregierung fördert das Vorhaben mit dem sogenannten Mieterstromaufschlag. Mieterstrommodelle be- schränken sich in Deutschland gewöhnlich auf Wohngebäude. Bei der Vertragsgestaltung ist es ratsam, eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. 16 Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise
7. Energiegenossenschaften – PV-Anlagen gemeinschaftlich ausbauen 7 Kirchengemeinden können auch aktiv Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten für Kir- die Energiewende „von unten“ vorantreiben, in- chengemeinden, Energiegenossenschaften zu dem sie mit Energie- bzw. Bürgergenossenschaf- unterstützen: ten zusammenarbeiten oder sich beteiligen. 1. Genossenschaftsanteile erwerben: Eine Kirchengemeinde, die mit vielen anderen PV-Projekte z. B. können regional vor Ort juristischen oder natürlichen Personen gleichbe- finanziell unterstützt werden und eine kleine rechtigt wirtschaftlich tätig sein will, die Haftung Dividende erhalten. begrenzen möchte und einen einfachen Ein- und 2. PV-Contracting: Viele Genossenschaften Ausstieg für ihre Mitglieder wünscht, für die ist sind stetig auf der Suche nach geeigneten eine Genossenschaft die empfohlene Rechtsform. Dächern für PV-Anlagen. Kirchengemeinden Die eingetragene Genossenschaft (kurz: eG) ist können z. B. einen Pachtvertrag mit der eG durch die interne Kontrolle ihrer Mitglieder und abschließen, die daraufhin eine PV-Anlage die unabhängige Prüfung durch den Genossen- kostenfrei auf Ihrem Dach installiert, be- schaftsverband, die mit Abstand insolvenzsi- treibt und wartet. Mit dem erzeugten PV- cherste Rechtsform in Deutschland. Da es sich Strom erwirtschaftet die eG Geld: entweder bei einer Genossenschaft um eine privatrecht- über Direkt- oder Regionalvermarktung, liche Organisationsform handelt, gilt jedoch für Mietermodell oder ins öffentliche Netz einge- Kirchengemeinden und Kirchenkreise der Evan- speisten Strom. Die Kirchengemeinde erhält gelischen Kirche Mitteldeutschland, dass Betei- im Gegenzug eine monatliche Pacht, eine ligungen an Genossenschaften genehmigungs- Einmalpachtzahlung oder eine kostenlose pflichtig sind. Dachsanierung. Sich an einer bereits existierenden Energie- 3. Energieliefer-Contracting: Die eG kann genossenschaft zu beteiligen, ist mit wenig Auf- auch die Finanzierung für die PV-Anlage wand verbunden. Energiegenossenschaften gibt übernehmen. Sie errichtet eine PV-Anlage es mittlerweile in fast jeder Region. Es bestehen auf einem geeigneten Dach der Kirchen bundesweite und bundesländerspezifische Listen gemeinde, betreibt und wartet diese und mit bestehenden Genossenschaften in den jewei- verkauft den Strom direkt an die Gemeinde. ligen Bundesländern: Für die Anlagenfinanzierung, den Betrieb » https://www.buergerwerke.de/strom-bezie- und die Wartung wird eine kleine monat hen/die-buergerwerke/die-genossenschaften/ liche Rate an die eG entrichtet. » https://www.sachsen-anhalt-energie.de/de/ akteure-netzwerke.html Ob bestimmte Contracting-Modelle für die jewei- » https://energieagentur.wfbb.de/de/ lige Energiegenossenschaft und Kirchengemein- Beratung-zum-Einsatz-Erneuerbarer- de überhaupt in Frage kommen, hängt neben Energien/B%C3%BCrgerbeteiligung dem Standort und der Größe der Anlage, auch » http://www.buergerenergie-thueringen.de/ von den jeweilig vereinbarten Verträgen ab. Bei thueringer-buergerenergie-genossenschaften kleineren PV-Anlagen sind Contracting-Modelle bisher die Ausnahme. Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise 17
Im Folgenden drei Umsetzungsbeispiele Beispiel 3: Ökumenische Energie aus dem kirchlichen Kontext: genossenschaft BW e.G. Gegründet im Jahre 2009 in Bad Boll mit dem Beispiel 1: Die KEEG (Kolping Erneu- Ziel, die Energiewende in den vier Kirchen Ba- erbare Energie Genossenschaft eG) den-Württembergs voranzubringen, sind bisher Die KEEG wurde vom Kolping-Diözesanverband ca. 320 Mitglieder aus verschiedenen Institutio- Hildesheim im Jahr 2018 gegründet. Sie hat ein nen, Kirchengemeinden und Privatpersonen der Pachtmodell für Kirchengemeinden und kirch- eG beigetreten. Mit einem Anlagekapital von 1,2 liche Institutionen entwickelt, die zum Beispiel Mio. Euro (90% Eigenkapital) steht die Genossen- eine PV-Anlage anschaffen wollen, aber den Auf- schaft gut da. Seit Gründung wurden bereits fast wand der Planung und Installation des Betriebes 20 PV-Anlagen mit insgesamt 430 kWp gebaut. scheuen oder die Kosten für all das nicht allein Durch diese Maßnahmen werden jährlich ca. 163 t aufbringen können. Die KEEG installiert die An- CO2 eingespart. lage auf dem Gelände der zukünftigen Betreiben- Es besteht auch die Möglichkeit eine eigene den und schließt mit ihnen einen Pachtvertrag, Energiegenossenschaft (eG) ins Leben zu ru- der mit der Inbetriebnahme der Anlage in Kraft fen. Für die Gründung benötigen Sie neben ei- tritt und bis zu 20 Jahre dauern kann. Die erwirt- ner handlungsfähigen Gruppe von Genossinnen schafteten Erträge werden an die Genossen*in- Genossen und einer wirtschaftlich tragbaren Ge- nen ausgeschüttet und ein Teil der Rendite für schäftsidee auch eine Satzung bzw. einen Busi- wohltätige Projekte ausgegeben. nessplan und eine konkrete Idee, wo die ersten Energieprojekte umgesetzt werden können. Die Beispiel 2: Energie Genossenschaft Genossenschaft im Alleingang zu gründen, ist al- Bergisches Land e.G. lerdings ein langer Weg. Ohne externe Hilfe, vie- Die Energiegenossenschaft wurde ursprünglich le ehrenamtliche Mitstreiterinnen und Mitstrei- 2008 von Eltern gegründet, um eine PV-Anlage ter und einer hohen Eigenmotivation sind solche auf dem Gymnasium in Lindlar zu finanzieren. Projekte nur schwer realisierbar. Der Kirchenkreis an der Agger unterstützte die- Die Hauptaktivitäten von Energiegenossen- ses Vorhaben mit zwei Anteilen zu je 500 €. Da schaften waren in der Vergangenheit meist die das finanzielle Risiko von der Verwaltung des Projektierung und der Betrieb von PV-Anlagen. Landeskirchenamtes als gering eingestuft wur- Durch verschiedene neue Gesetzesauflagen (z. B. de, reichte ein KSV-Beschluss für diese Entschei- Senkung EEG-Einspeisevergütung, Sonderkür- dung aus. Positiver wirtschaftlicher Nebeneffekt zungen durch Energiesammelgesetz) haben sich des ökologischen Investments: eine kleine jähr- Energiegenossenschaften in den vergangenen liche Dividende von ca. 2,5 % in Zeiten der Nied- Jahren zusehends auch anderen Geschäftsakti- rigzinsphase. vitäten zugewandt, beispielsweise der Projektie- rung und dem Betrieb von Windenergie-Anlagen, der Vermarktung von Strom und Wärme oder der Planung und dem Betrieb von Blockheizkraftwer- ken (BHKW), Energiedienstleistungen oder Elek- tromobilität. Bestehende Netzwerke, hilfreiche Angebote, Informationsmaterialien und Ansprechpersonen rund um das Thema Energiegenossenschaften finden Sie bei Ihrer regionalen Energieagentur, der örtlichen Kommune, bei Genossenschaftsver- bänden oder bei der Handwerkskammer / Indus- trie- und Handelskammer. 18 Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise
8 8. Das neue EEG 2023 und steuerrechtliche Aspekte Am 28.07.2022 wurde im Bundesanzeiger das so- Die meisten Neureglungen des EEG 2023 werden genannte Osterpaket veröffentlicht. Es handelt am 01.01.2023 in Kraft treten. Um Verzögerungen sich hierbei um eine große energiepolitische Ge- zu vermeiden, wurden übergangsweise Überar- setzesnovelle und stellt eine umfassende Über- beitungen des EEG 2021 vorgenommen, so dass arbeitung verschiedener Energiegesetze dar um einige Neuregelungen bereits unmittelbar nach den Ausbau erneuerbarer Energien (EE) konse- Veröffentlichung (30.07.2022) des Osterpakets im quent zu beschleunigen. Das Osterpaket misst Bundesanzeiger in Kraft treten konnten. Hierbei dem Ausbau von PVA einen hohen Stellenwert zu. handelt es sich primär um höhere Einspeisever- Herzstück des Pakets ist der neu in §2 des Geset- gütungen für alle neuen PVA. Die Erhöhungen zes eingefügte Abwägungsvorgang: Errichtung der Einspeisevergütungen für PVA gilt für alle und Betrieb von Anlagen zur Gewinnung von EE Anlagen, die seit dem 30.07.2022 in Betrieb ge- liegen dementsprechend fortan, kraft Gesetzes, nommen worden sind. im überragenden öffentlichen Interesse. Sie die- nen zudem der öffentlichen Sicherheit und sind 8.2 Die wichtigsten gesetzlichen somit als vorrangiger Belang in Schutzgüterab- Neuerungen wägungen zu berücksichtigen. Erhöhung und Unterscheidung der Vergütungs- 8.1 Zubau Korridor EE sätze für Voll- und Überschusseinspeisung Die Bundesregierung hat folgende Ausbauzie- Für PV-Dachanlagen wurden zum Teil erhebliche le definiert: Bis zum Jahr 2030 soll der Strom Erhöhungen der gesetzlich festgelegten Einspei- in Deutschland zu 80% aus EE stammen. Der severgütungen für ausschreibungsfreie PVA auf Ausbau der PV soll gemäß dem Gesetzespaket Gebäuden vorgenommen. Weiterhin werden die 22 Gigawatt (GW) pro Jahr betragen. Im Jahr Vergütungen für PVA zur Volleinspeisung und 2030 sollen rund 215 Gigawatt PVA-Leistung in zur Teileinspeisung entkoppelt. PVA zur Eigen- Deutschland erreicht sein. Rund 50% davon auf versorgung, (also mit Teileinspeisung) erhalten, Dächern. Der Ausbau muss stetig, effizient und je nach Anlagenleistung, um bis zu 30% höhere naturverträglich erfolgen. Vergütungssätze. PVA die ihren Strom vollstän- dig in das öffentliche Stromnetz einspeisen, wer- den künftig noch deutlich auskömmlicher vergü- tet (siehe folgende Tabelle). Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise 19
Aussetzung Degression Vereinfachung Netzanschluss Im bisher geltenden EEG war eine monatliche Beim Netzanschluss von PVA bis 30 kWp ist es Degression (Absenkung) der Einspeisevergü- nicht mehr verpflichtend, dass der Netzbetreiber tung für neue PVA vorgeschrieben. Die neu im eine Zusage zum Netzanschluss erteilt und beim EEG 2023 gesetzlich festgelegten erhöhten Vergü- finalen Netzanschluss anwesend ist. Angestellte tungssätze (siehe Tabelle oben), gelten nunmehr von nachgewiesen, fachkundigen Elektrounter- unverändert bis 31.01.2024. Erst dann werden sie nehmen sind ausreichend. auf ein Modell umgestellt, dass eine halbjährli- Vereinfachungen bei Netzanschlussanfragen che Degression in Höhe von jeweils 1,0% vorsieht. Alle Netzbetreiber sind ab spätestens 2025 ver- Ein verzögerter PV-Anlagenbau (Lieferengpässe pflichtet, einheitlich gestaltete, selbsterklärende etc.) führt somit im Jahr 2023 nicht mehr zu ge- Webportale zu betreiben, die es Kundinnen und ringen Vergütungen. Kunden vereinfachen, Netzanfragen für geplante Einführung Flexi-Modell PVA zu stellen. Zudem sollen Netzanfragen digi- Betreiber von PVA können nun vor jedem Kalen- talisiert und bundesweit vereinheitlicht werden. derjahr neu entscheiden, ob sie voll einspeisen Weiterhin wurde eine Befristung (ein Monat) de- oder einen Teil selbst nutzen und somit nur tei- finiert, in der Netzbetreiber Anfragen bearbeiten leinspeisen wollen. Diese Regelung gilt auch für müssen. Wird die Frist nicht eingehalten, können PVA, die ab dem 30.07.2022 in Betrieb genommen PVA bis 30 kWp trotzdem angeschlossen werden. wurden. PVA- Betreiber, die voll einspeisen wol- len müssen dies dem Netzbetreiber vor Inbetrieb- 8.2 Vereinfachungen im Steuerrecht nahme der PVA melden. Um auch in den folgen- Einkommensteuer für PVA ab 2023 den Jahren die Volleinspeise-Vergütungssätzen Für PVA kommt es ab 2023 zur völligen Steuer- zu erhalten, muss vor dem 01.12. des jeweiligen freiheit. Eine entsprechende Antragstellung, der Vorjahres eine diesbezügliche Meldung an den sogenannte Liebhabereiantrag, ist ab 2023 hin- Netzbetreiber ergehen. fällig. Die Regelung erstreckt sich auf PVA an Ermöglichung PVA-Mix oder in Einfamilienhäusern (inkl. Dächer, Gara- Auf dem Dach eines Gebäudes können nun zwei gen, Carports, weiterer Nebengebäude). Weiter- PVA-Typen angemeldet werden. Eine zur Eigen- hin gilt die Regelung für nicht zu Wohnzwecken versorgung, also mit Teileinspeisung, sowie eine dienende Gebäude (Gewerbeimmobilien, Hallen, weitere PVA zur ausschließlichen Volleinspei- Garagen). Mischgebäude, die nicht überwiegend sung. Voraussetzung sind getrennte Messeinrich- Wohnzwecken dienen, sollen perspektivisch ein- tungen. Diese Regelung gilt für PVA, die ab dem bezogen werden. Die Steuerbefreiung gilt bis zur 30.07.2022 in Betrieb genommen werden. installierten Gesamtbruttoleistung von 30 kWp (bisher 10 kWp), auf Einfamilienhäusern und Alternativen zum Hausdach Gewerbeimmobilien oder 15 kWp je Wohn- und Anlass zu dieser gesetzlichen Regelung war, dass Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Alternativflächen für nicht genehmigungsfähi- Wohnzwecken genutzten Gebäuden. Beim Be- ge PVA, z.B. auf denkmalgeschützten Häusern, trieb mehrerer PVA gilt eine 100 kWp Obergren- definiert werden sollten. Bedingung hierfür ist ze. Die Steuerbefreiung gilt unabhängig von der der Nachweis, dass ein Hausdach nicht für eine Verwendung des erzeugten Stroms. Die Einnah- PVA-Installation geeignet ist. Sind vorgenannte men aus PVA sind auch dann steuerbefreit, wenn Bedingungen erfüllt, können PVA ersatzweise der erzeugte Strom vollständig in das öffentliche auf Garagen, Carports oder im Garten erreich- Stromnetz eingespeist, zum Aufladen eines priva- tet und vergütet werden. Die maximale Leistung ten oder betrieblich genutzten E-Autos verbraucht der PVA beträgt hierbei 20 kWp. Die PVA müssen oder von Mietern genutzt wird (Mieterstrom). Für sich auf einem Grundstück mit Wohnbebauung PVA, die vor dem 01.01.2023 in Betrieb genom- innerhalb eines bebauten Ortsteils befinden. Die men wurden, gelten die bisherigen Besteuerungs- Grundfläche der Anlage darf die Grundfläche die- grundsätze noch bis einschließlich 2022. Ab ses Wohngebäudes nicht überschreiten. Ob und 01.01.2023 sind auch diese PVA steuerfrei gestellt. wie diese Regel auch z.B. für verschattete oder andere, nicht geeignete Dächer (z.B. Reetdach) gilt, soll in einer weiteren Verordnung geregelt werden. 20 Beilage 12/2022 | Photovoltaik für Gemeinden und Kirchenkreise
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