ESSAY WETTBEWERB 6. Juni 2018 - St. Galler Handelstag

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ESSAY WETTBEWERB 6. Juni 2018 - St. Galler Handelstag
6. Juni 2018
St. Galler Handelstag

ESSAY WETTBEWERB
ESSAY WETTBEWERB 6. Juni 2018 - St. Galler Handelstag
Editorial
RE-INVENTING RETAIL
Disruptive Veränderungen gibt es nicht erst seit der Neuzeit, son-
dern sie waren schon immer Teil des wirtschaftlichen Umfelds. An-
getrieben von der Neugierde, haben es schlaue Köpfe immer wie-
der geschafft, den Status-Quo zu hinterfragen und grundlegend zu
verändern – sei dies in der Art wie produziert wird, wie wir konsumie-
ren oder wie wir Leben.

In der Vergangenheit ist es den Handelsunternehmen meist gelun-
gen, die Disruption zu erkennen. Dennoch haben es die meisten
nicht geschafft, ihre Strukturen zeitnah auf die neuen Gegebenheiten
anzupassen. Nur wenigen etablierten Unternehmen gelingt es, sich
den Herausforderungen einer Disruption erfolgreich zu stellen. Vor
diesem Hintergrund beschäftigt sich der Handelstag der Universität
St. Gallen 2018 mit der ‘Disruptiven Geschäftsmodelltransformation’.

Das Konzept ‘Einkaufszentrum’ befindet sich an einem kritischen
Wendepunkt. Während in Nordamerika ein grosses Sterben der
Malls herrscht, werden in anderen Teilen der Welt fleissig neue Zen-
tren eröffnet. Die zunehmende Digitalisierung setzt dem stationären
Handel immer stärker zu.
Was heisst das für das Einkaufszentrum? Handelt es sich hierbei um
ein Auslaufmodell oder bieten sich neue Chancen für das offline Ein-
kaufserlebnis?»

Prof. Dr. Thomas Rudolph
Direktor IRM-HSG, Forschungszentrum für Handelsmanagement,
Universität St.Gallen
ESSAY WETTBEWERB 6. Juni 2018 - St. Galler Handelstag
Herzliche Gratulation!
     SHOPPING MALL – ZUKUNFTS-
     ODER AUSLAUFMODELL?
     Der Essaypreis des St. Galler Handelstags 2018 zeichnet Autoren
     aus, die sich wissenschaftlich fundiert und mit Freude am eigenen
     Urteil Gedanken zur Zukunft der Shopping Mall machen.

     Erwartet die Konsumenten dort die Shopper Experience der Zukunft
     oder ist das Mall-Konzept ein Auslaufmodell?

     Die drei ausgezeichnete Essays, so unterschiedlich sie in ihrer Anla-
     ge sind, werfen alle einen kritischen Blick auf den Status Quo und
     zeigen gleichzeitig Ansätze auf, Einkaufszenter zukunftssicher zu
     machen.

     Der Autor des Gewinner-Essays, Christian Omlin, plädiert für funkti-
     onale Attraktivität; für einen Ort, an dem «ich als Kunde alle meine
     ToDo’s erledigen kann.»

     Schafft es ein Einkaufscenter zudem, «gesamtheitliche und auf die
     Customer Experience fokussierte Konzepte» (Moritz Tischer) mit
     «bedachter Ruhe» (Marius Specht) zu verbinden - dann bleibt es ein
     Modell auch für die Zukunft!

     Dr. Gerald Müller
03   Managing Director, Boost Group AG
ESSAY WETTBEWERB 6. Juni 2018 - St. Galler Handelstag
Gewinner

CHRISTIAN OMLIN
Masterstudent

Universität St. Gallen

Christian Omlin studiert «Management, Organisation und Kultur»
an der Universität St. Gallen. Zur Zeit schreibt er an seiner Masterar-
beit und absolviert ein Praktikum in der Strategie-Abteilung der
Werbeagentur Jung von Matt/Limmat in Zürich. Mit seinem
kritischen und pointierten Essay «Weniger Welle, mehr Sackmes-
ser» voller s­ pannender Ansätze, hat er es geschafft, die Jury zu
überzeugen und den Essay-Wettbewerb zu gewinnen.
ESSAY WETTBEWERB 6. Juni 2018 - St. Galler Handelstag
WENIGER WELLE,
     MEHR SACKMESSER
     Einkaufszentren – Shopper ­Experience der Zukunft
     oder Auslaufmodell?

     Das Älteste und das Neuste trennen nur gerade sieben Kilometer
     Luftlinie und doch ganze 50 Jahre Konsumgeschichte – das Shop-
     ping-Center Schönbühl bei Luzern und die kürzlich eröffnete Mall of
     Switzerland in Ebikon. Beide sind auf ihre Art Pioniere ihrer Zeit:
     Schönbühl als erstes Shopping-Center hierzulande brachte mit der
     Eröffnung 1967 einen Hauch American Way of Life in die Schweiz. Ge-
     plant nach amerikanischem Vorbild, lud eine dazumal revolutionäre
     Indoor-Ladenkette mit 12 Geschäften zum Flanieren ein ­(Ineichen,
     2017). 50 Jahre später will die neue Mall of Switzerland ihrerseits die
     Schweiz mit Indoor-Surfen revolutionieren: So entsteht «auf rund
     1`200 Quadratmetern im Freizeitgebäude ein Surfangebot der Super-
     lative» (Mall of Switzerland, 2018). Die Innovation des ­neuen «Surfer
     Hot-Spots» ist die erste freistehende Indoor-Surfwelle der Schweiz –
     das Entertainment-Herzstück soll «jedes (Surfer-) Herz höher schla-
     gen» lassen, so die Intention gemäss Pressemitteilung der Betreiber
     (Mall of Switzerland, 2018).

     Ja, das Shopping-Center Schönbühl und die Mall of Switzerland sind
     Pioniere – und beide sind auf ihre Art von gestern: Im Schönbühl ist es
     der Standort. Das erste Shopping-Center wurde etwas peripher in ei-
     nem Wohnquartier erbaut. Es verfügt über keinen Autobahn­abschluss
     und ist heute – nur für Einheimische auffindbar – verkehrstechnisch
     buchstäblich im Abseits. Im Fall der Mall of Switzerland ist es das Bu-
     siness-Modell, das sich am Prinzip Hoffnung orientiert. Die Schweiz
     mitsamt dem Einzugsgebiet Zentralschweiz hat seit Jahren die
     höchste Pro-Kopf-Ladenfläche Europas – heisst: Marktübersättigung
     (Hochreutener, 2014). Die Experten sind entsprechend skeptisch,
     auch bezüglich der florierenden Online-Konkurrenz und dem preis-
     günstigen nahen Ausland (Martel, 2017). Die 25 grössten Shop-
     ping-Center des Landes verzeichneten in den letzten sechs Jahren
     einen Rückgang beim Umsatz von mehr als einer Milliarde (SRF, 2017).
     Kurz, das Wachstum und der Profit des einen Centers geschieht je-
05   weils auf Kosten der Konkurrenten (Martel, 2017). Diesem garstigen
Marktumfeld zum Trotz gilt bei der Mall of Switzer­land: Das Freizeitan-
     gebot wird es dann schon irgendwie richten. Hierfür stehen grosszü-
     gige 25% der Gesamtfläche bereit (Martel, 2017). Das wirft die Frage
     auf: Kann ein Entertainment-Mantel also die ersehnte Lösung für das
     Shopping-Center der Zukunft sein?

     Entertainment ist Standard
     Shopping mit Entertainment und Erlebnis zu verbinden, gilt als Trend,
     ist aber alles andere als neu. Bereits Victor Gruen, der geistige «Vater»
     der Shopping Mall-Idee, skizzierte für die amerikanische Nachkriegs-
     zeit eine Shopping-Welt, die mehr als das reine Einkaufen beinhalte-
     te: «It is our belief that there is much need for actual shopping centers
     – market places that are also centers of community and cultural acti-
     vity» (Gruen, 1948, zit. in Hardwick, 2015, S. 1). Gruens Konzepte sahen
     alternative Flächen mit Skulpturenparks, Begegnungszonen, Strei-
     chelzoos und Veranstaltungssälen vor (Ineichen, 2017). Gruens Vision
     ist heute in Schweizer Shopping-Centern verschiedentlich umge-
     setzt. Der Streichelzoo im Sihlcity-Kinderparadies ist zwar nur mit le-
     bensgrossen Plüschtieren ausstaffiert (vgl. Minicity, k.D.), doch in den
     aktuell 197 Schweizer Shopping-Centern (Stoffel 2018, S. 13) gehören
     Freizeit und Unterhaltung zum ­Offline-Einkauf dazu. Sei es das Eisfeld
     im Winter oder die Grossleinwand im WM-Sommer, ein Hallenbad
     oder temporäre Ausstellungen: Erlebnis-Entertainment ist bereits fixe
     Realität vieler Schweizer Einkaufszentren. Das integrierte Kino stellt
     längst kein Alleinstellungsmerkmal mehr dar, sondern ist bei neueren
     Bauten «schon fast Standard» (Martel, 2017). Hinzu kommt: Bei Enter-
     tainment stehen Shopping-Center im Wettbewerb mit anderen An-
     bietern. So konkurriert beispielsweise das Erlebnisbad im Shop-
     ping-Center Westside mit acht Frei- und Hallenbädern der Stadt Bern
     in unmittelbarer ­urbaner Nähe (Bigler, 2018). Wo man hinschaut: Frei-
     zeitangebote sind schweizweit bereits perfekt ausgebaut und schnell
     erreichbar. Wer trotz dieser Dichte auffallen und Besucher anziehen
     will, muss sich also laufend mehr einfallen lassen.

     Masse versus Nische
     Auffallen heisst: Verrücktes wagen. Wie die Indoor-Surfwelle in
     ­Ebikon. Das Entertainment-Prunkstück dümpelt derzeit vor sich hin
      und hat bis heute noch keinen Tropfen Wasser und keinen Surfer ge-
      sehen, doch bereits den ersten Besitzerwechsel hinter sich (Heer,
      2018). Aber eigentlich ist das egal, denn es stellt sich nur eine Frage:
06    Wen kümmerts?
Wer – ausser ein paar Surf-Cracks – wartet denn auf so eine Welle?
     Es fällt schwer, sich Herr und Frau Durchschnitts-Schweizer ­plötzlich
     beim wöchentlichen Indoor-Surfen vorzustellen. Natürlich ist auch
     das ­Erfolgsszenario möglich. Doch auch das ist gefährlich. Denn
     ­erfolgreiches Entertainment wird schonungslos kopiert, wie der
      ­aktuelle Kino-Standard offenbart. Ist das Entertainment hingegen zu
       verrückt, erfreut das die Nische, aber nicht die Masse. Und man
       ­verfehlt die Chance, einen echten Frequenzbringer zu erzeugen.
        Solche Frequenzbringer für die Shoppingcenter der Zukunft ­müssen
        stabil, massentauglich und relevant sein. Macht es für Shop-
        ping-Center Sinn, im Hamsterrad des Entertainment-Wettbewerbs
        weiter zu strampeln? Langeweile kommt bei jeder Unterhaltung frü-
        her oder später auf – aber Nutzen bleibt attraktiv.

     Wie wäre es, das Problem deshalb grundsätzlich anders zu denken:
     Weg von noch mehr Entertainment und hin zu den Bedürfnissen der
     Menschen. Mit dem Ansatz, die Shopping-Besucher durch Nützlich-
     keit zu bestechen. Kurz, aus dem Supermarkt der Zukunft ein
     Schweizer Sackmesser zu machen. Die neue Nützlichkeit könnte
     konkret so aussehen, wie der folgende 6-Punkte-Plan skizziert:

     1. Leerflächen als Coworking Spaces
     Hiesige Shopping-Center könnten leerstehende Ladenflächen zu
     temporären Coworking Spaces umgestalten. Eine Umnutzung die
     funktioniert, wie erste Beispiele in Amerika und Asien zeigen (Char-
     dukian, 2018). Denn hierzulande nimmt die Zahl der Coworking Spa-
     ces wegen der anhaltend hohen Nachfrage laufend zu (Auf der
     Maur, 2017, S.8). Gleichzeitig ist gemäss dem Shopping-Center
     Marktreport 2017 in den kommenden Jahren mit einem Ladenflä-
     chen-Leerstand von bis zu 25% zu rechnen (Stoffel, 2017, S. 52). Die
     Nutzer solcher temporären Coworking Spaces würden von einer gu-
     ten Verkehrsanbindung, langen Öffnungszeiten und Einkaufs- sowie
     Verpflegungsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe profitieren.

     2. Notfall-Walk-In Praxis für Nicht-Notfälle
     Immer mehr Personen ohne Hausarzt suchen die Notfall-Stationen
     der Spitäler auf – gemäss Beobachter-Recherchen oftmals wegen
     Bagatellen (Maier & Müller, 2015). Die traditionelle Hausarzt-Bezie-
     hung wird zunehmend durch den Instant-Arztbesuch abgelöst. ­So
     hat sich beispielsweise die Anzahl von behandelten Patienten in der
07   Notfall-Abteilung des Universitätsspitals Zürich zwischen 1996 bis
2016 verdoppelt (Aschwanden, 2017), was wiederum die Kosten
     ­explodieren lässt. Um diesem neue Patientenverhalten zu entspre-
      chen, entstehen laufend neue Permanence-Praxen an gut frequen-
      tierten Orten, wie beispielsweise das «Arzthaus» am Bahnhof Zug
      (Benedetti, 2017). Shopping-Center wären. Standort prädestiniert:
      Mit einer Walk-In Praxis liessen sich Shopping und Arztbesuch – im
      Bagatellnotfall, zu Kontrollen oder zum Impfen – speditiv und
      kosten­günstig kombinieren. Bereits gibt es erste ähnliche Beispiele
      in der Schweiz: So eröffnete das Einkaufszentrum Glatt in Zusam-
      menarbeit mit dem Kantonsspital Winterthur im vergangenen Jahr
      ein Fachärztezentrum, in dem neben Sprechstunden sogar kleinere
      Eingriffe möglich sind (Medinside, 2017). Dies ist jedoch keine Walk-
      In Praxis – Patienten werden den 28 Spezialisten vorab zugewiesen
      (Medinside, 2017).

     3. Paketstation und Abhol-Station mit Ankleideraum
     Das angepasste Konsumverhalten und der florierende Online-Han-
     del führten in der jüngsten Vergangenheit wiederholt zu Rekorden
     bei den Paket-Abwicklungen auf Seiten der Post (Bühlmann, 2018).
     Dies erhöht den Bedarf an Zugangspunkten für den Konsumenten
     – neue Abholstationen entstehen (Post, k.D.). Hier bietet sich eine
     Chance für Shopping-Center, um als kundenfreundlicher HUB
     ­zwischen Online- und Offline-Handel zu fungieren: Mit Post-­
      Paketstationen in Shopping-Centern, die zusätzlich mit Ankleide­
      räumen ausgestattet sind. Der Zentrums-Besucher könnte in den
      Ankleideräumen seine Online-Einkäufe bequem anprobieren und
      ungewünschte Stücke gegebenenfalls direkt retournieren. Und
      beim anschliessenden Flanieren durch die anliegenden Shops
      ­besteht die Chance, dass er seine Online-Einkäufe mit spontanen
       Offline-Einkäufen kombiniert.

     4. Regionaler One-Stop-Shop der öffentlichen Hand
     Ob Wohnsitzbestätigung, Steuerauszug oder andere Anliegen – der
     persönliche Gang an verschiedene Schalter ist in den meisten
     ­Gemeinden – je nach Situation – nötig. Das New Public Manage-
      ment-Konzept des One-Stop-Shops versucht diese Praxis kunden-
      freundlicher zu gestalten und kombiniert alle kommunalen Ämter
      an einer zentralen Anlaufstelle (Schedler & Proeller, 2011, S. 131). Die-
      ses Konzept liesse sich je nach Region direkt in Shopping-Centern
      anwenden: An einem regionalen One-Stop-Shop im Shopping-­
08    Center könnten Personen aus der Region ihre Anliegen platzieren.
Die Gemeinden wären gemeinsam mit einem multifunktionalen
     ­Regio-Schalter präsent. Die Kunden würden zudem von den ver-
      gleichsweise längeren Öffnungszeiten profitieren und könnten sich
      so den Gang zur Gemeindeverwaltung ersparen.

     5. Öl- und Reifenwechsel statt nur Parkieren
     Gemäss Googles Berechnungen verbringen Besucher durchschnitt-
     lich zwischen 45 Minuten und 2.5 Stunden in der Mall of Switzerland
     (Google, k. D.). Das Auto steht während dessen unbenutzt auf dem
     Parkplatz – diese Zeit könnte auch für gewisse Service-Leistungen
     genutzt werden. In Zusammenarbeit mit Garagen könnten gewisse
     Parkplätze umfunktioniert werden, sodass das Auto während dem
     Einkauf vom Fachmann gewartet wird und danach aufgefrischt zur
     Abfahrt bereitsteht.

     6. Dachterrassen für kleine Ferien und neue Perspektiven
     Und wenn doch ein bisschen Entertainment, dann das: Öffnet die
     Dächer für alle Time-Out-Bedürftigen. Denn auf vielen Shop-
     ping-Centern ohne Solaranlagen oder Dach-Parkplätzen liegt das
     Land auf dem Dach quasi brach. In den Städten wären grosse
     Dachterrassen auf Shopping-Centern willkommene Ausweichplätze
     zu den überfüllten Grünflächen. Und auf dem Land wäre die ­Aussicht
     auf Berge und Natur Erholung pur.

     Alle sechs Vorschläge ­haben ­eines gemeinsam: Sie liefern keinen
     Service, um des Service‘ willen. Sondern richten sich nach den
     ­Bedürfnissen der Shopping-Center-Besucher. Mit diesem Aus-
      gangspunkt lassen sich Dienstleistungen gestalten, die gefragt sind.
      Den Schweizer Shopping-Centern bietet sich so die Chance, für
      reale Lebendbedingungen Hand zur Lösung zu bieten. Und als
      ­
      ganzheitlicher Nutzbringer in Erscheinung zu treten: Die Mall der
      ­Zukunft wird zum Ort, an dem ich als Kunde alle meine ToDos erle-
       digen kann. Heisst konkret: Weniger Welle, mehr Sackmesser. Das
       schafft funktionale Attraktivität und macht den Unterschied. Die Pa-
       ketstation mit Ankleideraum mag weniger verrückt und geradezu
       langweilig im Vergleich zur ersten Schweizer Indoor-Surfwelle da-
       herkommen. Aber sie bringt mit, auf was es den Kunden letztlich
       ankommt: Effektiven Mehrwert.

09
Literaturverzeichnis
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10
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11
2 . Rang

     MORITZ TISCHER
     Doktorand

     Universität Mannheim

12
IT’S ALL ABOUT EXPERIENCE
     Customer Experience ­Management als Ansatzpunkt zur
     Differenzierung für das Einkaufszentrum von morgen

     Einleitung
     Die weltweite Konjunktur ist im Aufschwung (IMF 2018) und die
     ­Urbanisierung ein global beobachtbares Phänomen (GSH 2018).
      Trotz allem weißen der Einzelhandel und insbesondere große Shop-
      ping-Malls nicht die Umsatzentwicklungen der Onlinekonkurrenz
      auf, sind teilweise gar rückläufig (z. B. EHI 2018a; Happel 2014;
      ­Ohanian 2017; RegioDaten Research 2016). Die Fragen, die sich des-
       halb stellen sind (1), warum schaffen es große Shopping-Malls trotz
       positiver Rahmenbedingungen nicht die Kundenbedürfnisse zu
       ­befriedigen und (2), wie müssen zukünftig Konzepte für Einkaufs-
        zentren ausgestaltet sein, um nachhaltig wettbewerbsfähig zu sein?

     Die Customer Experience Ökonomie
     Die Mehrwertgenerierung für den Konsumenten im Handel hat sich
     in den vergangenen Jahrzehnten einem massiven Wandel unterzo-
     gen (siehe Abbildung 1). Waren nach dem Zweiten Weltkrieg haupt-
     sächlich die Produktqualität und der Produktpreis Basis der Kauf-
     entscheidung und somit der Kaufstättenwahl, traten durch die
     zunehmende Globalisierung des Warenhandels Anfang der 70er
     Jahre zusätzlich die Breite und Tiefe des Produktportfolios für den
     Kunden in den Vordergrund der Kaufentscheidung. Eine für den
     Kunden steigende Auswahlmöglichkeit an Einzelhändlern und Pro-
     dukten lässt Ende der Achtziger Jahre dann die Relevanz von Add-
     on Services (z. B. Wartungs-/Reparaturservices, Kundenkarten etc.)
     wichtiger werden. Seit Anfang der Zweitausender Jahre und we-
     sentlich durch Unternehmen der New Economy getrieben, steht für
     den Kunden heute das gesamtheitliche Erlebnis, die sog. «Experi-
     ence» im Vordergrund der Kaufstättenwahl (vgl. Banken 2007; Blank
     2004; EHI 2018b; HDE 2017). Der Wettbewerbsvorteil, der sich aus
13   einer ganzheitlichen Ausrichtung aller Geschäftsprozesse an dem
Kundenerfahrungsmanagement ergibt, zeigt sich eindrucksvoll an
      den heute fünf wertvollsten Unternehmen der Welt: Apple, ­Alphabet,
      Microsoft, Amazon und Facebook sind allesamt Digitale Natives, in
      dessen Kern-DNA und alltäglichem Handeln der Fokus auf die2
      Customer Experience tief verankert ist (EY 2017).
     Microsoft, Amazon und Facebook sind allesamt Digitale Natives, in dessen Kern-
     DNA und alltäglichem Handeln der Fokus auf die Customer Experience tief verankert
      Abbildung 1: Differenzierungsvorteil im Einzelhandel über den
     ist (EY 2017).
      ­Zeitverlauf
     Abbildung 1: Differenzierungsvorteil im Einzelhandel über den Zeitverlauf

       Das Konzepte der Customer Experience
     Das Konzepte der Customer Experience
       In der Literatur wird die Customer Experience als ganzheitliches
       und multidimensionales Konstrukt verstanden, welches die sen-
     In der Literatur wird die Customer Experience als ganzheitliches und
       sorischen, affektiven, kognitiven, physischen und sozialen Erfah-
     multidimensionales Konstrukt verstanden, welches die sensorischen, affektiven,
       rungen eines Kunden mit einem Produkt, einer Marke oder einem
     kognitiven, physischen und sozialen Erfahrungen eines Kunden mit einem Produkt,
       Unternehmen über die gesamte Kundenreise (Customer Journey)
     einer Marke oder einem Unternehmen über die gesamte Kundenreise (Customer
       hinweg umfasst (Lemon & Verhoef 2016). Die Customer Journey
     Journey) hinweg umfasst (Lemon & Verhoef 2016). Die Customer Journey beinhaltet
       beinhaltet dabei alle direkten und indirekten Kundenkontakt­
     dabei alle direkten und indirekten Kundenkontaktpunkte (Touchpoints), die ein Kunde
       punkte (Touchpoints), die ein Kunde in den einzelnen Zyklen der
     in den einzelnen Zyklen der Kaufphasen – Vorkauf, Kauf, Nachkauf – durchläuft
       Kaufphasen – Vorkauf, Kauf, Nachkauf – durchläuft (Lemke et al.
     (Lemke et al. 2011). Gesetzte Referenzwerte und Vergangenheitserfahrungen des
       2011). beeinflussen
     Kunden     Gesetzte das  Referenzwerte
                                 wahrgenommeneund      Vergangenheitserfahrungen
                                                  Erlebnis, weshalb die Erzeugung von
       des Kunden
     positiven          beeinflussen
                Kundenerfahrungen       das wahrgenommene
                                    ein aktives Customer ExperienceErlebnis,
                                                                     Management weshalb
       die   Erzeugung        von   positiven    Kundenerfahrungen          ein  aktives
     erfordert (Homburg et al. 2017). Dies beinhaltet eine kundenzentrierte Ausrichtung
       Customer Experience Management erfordert (Homburg et al.
       2017). Dies beinhaltet eine kundenzentrierte Ausrichtung aller
14     ­Unternehmensaktivitäten sowie die Einnahme einer Outside­-In-
Perspektive: «You have to start with the customer experience and
     work back toward the technology – not the other way round» -
     ­Steve Jobs.

     Megatrends als Chance der Customer Mall Experience
     Aktuell aufkommende gesellschaftliche und wirtschaftliche
     ­Umwälzungen, auch Megatrends genannt, führen zu nachhaltigen
      Veränderungen unserer Lebensweise. So leben beispielsweise auf-
      grund der fortschreitenden Urbanisierung heute erstmals in der
      Menschheitsgeschichte mehr Menschen in Städten als auf dem
      Land (Zukunftsinstitute 2018). Diese Entwicklung bildet auf den
      ­ersten Blick eine ideale Grundlage für zukünftige Shopping-Malls in
       Ballungszentren. Gleichwohl sind die Kosten (z. B. Mietkosten,
       ­Personalkosten etc.) sowie die Konkurrenz durch den Einzel- und
        Onlinehandel in diesen Regionen besonders hoch. Um sich ­zukünftig
        nachhaltig vom Wettbewerb differenzieren zu können, gilt es des-
        halb die für Shoppingcenter relevantesten Megatrends zu identifi-
        zieren und diese im Sinne einer optimalen Customer Experience
        auszugestalten. Im Folgenden werden deshalb die für Mall-Betrei-
        ber fünf wichtigsten Megatrends - Seamless Commerce, Data Era,
        Attention Economy, Individualisierung und Sustainability - aufgegrif-
        fen und die jeweils aus den einzelnen Megatrends resultierenden
        Erfolgschancen identifiziert (In Anlehnung an Trend Book 2018 – Das
        Zukunftslexikon der wichtigsten Trendbegriffe, TRENDONE GmbH).
        Die einzelnen Megatrends und die dazugehörigen Subtrends sind
        dabei nicht autark auszugestalten, sondern gilt es vielmehr die
        ­gegenseitige Abhängigkeit zu verstehen und zu berücksichtigen.

     Seamless Commerce
     Auf Pinterest ein Produkt entdecken, stationär im Handel testen, bei
     Amazon online bestellen, zur Abholstation schicken lassen, und im
     Anschluss die Erfahrungen auf Facebook teilen - dies ist in der
     ­heutigen Zeit keine ungewöhnliche Customer Journey. Die Grenzen
      zwischen E-Commerce und stationärem Handel verschwinden
      ­zunehmend. Für Mall-Betreiber ergeben sich hieraus drei wesentli-
       che Erfolgschancen.

     1    Omnichannel Management: Kunden möchten sich heute nicht
     auf einen Informations- oder Vertriebskanal beschränken, sondern
     vielmehr mehrere Kanäle parallel nutzen. Für Mall-Betreiber gilt es
15   deshalb über alle Kanäle hinweg mit möglichst vielen eigenen
Touchpoints vertreten zu sein, um eine nahtlose Customer Experi-
     ence zu ermöglichen. Dies umfasst für Mall-Betreiber neben klassi-
     schen stationären auch online Touchpoints. Mall-Betreiber müssen
     deshalb zukünftig auch eine verstärkte Onlinepräsenz besitzen. Dies
     kann beispielsweise neben Social-Media-Aktivitäten auch eine
     ­eigene App, einen Onlineshop oder die Zusammenarbeit mit loka-
      len oder überregionalen Influencern umfassen. Des Weiteren müs-
      sen Mall-Betreiber Leistungen anbieten, die On- und Offlinekanäle
      miteinander verknüpfen (Bricks & Clicks). Dies beinhaltet beispiels-
      weise die Möglichkeit Produkte online bestellen zu können und sich
      diese in die entsprechende Mall liefern zu lassen, um keine Ver-
      sandkosten zu bezahlen. Aber auch Produkte stationär zurückge-
      ben, Produkte per QR-Code stationär zu bestellen, oder in der Mall
      gekaufte Produkte sich gebündelt nach Hause senden lassen zu
      können.

     2     Ökosystem Management: Die Zahl der möglichen Kanäle und
     Kundenkontaktpunkte steigt rasant (Lemon & Verhoef 2016). Anbie-
     ter stellt dies vor eine besondere Herausforderung, da die Customer
     Experience sich nicht aus autarken Kundenerlebnissen, sondern aus
     der Summe der individuellen Kundenkontaktpunkte zusammen-
     setzt. Für Mall-Betreiber ist es deshalb besonders relevant, dass
     Einkaufszentren als ganzheitliche Ökosysteme verstanden und ent-
     sprechend gemanagt werden. Die gesamtheitliche Kundenerfah-
     rung eines Einkaufcenters setzt sich schließlich aus den individuel-
     len Kundenkontaktpunkten der jeweiligen Shops, Restaurants,
     Filialen etc. innerhalb der Mall zusammen. Dies bedeutet, dass ein-
     zelne Anbieter innerhalb eines Centers nicht autark agieren dürfen,
     sondern zentrale Kommunikationskanäle und Leistungen übergrei-
     fend genutzt und angeboten werden müssen. Dies beinhaltet bei-
     spielsweise in einer Mall angebotene Rabatt- oder B
                                                       ­ onusprogramme,
     umfasst aber auch das einheitliche Auftreten und Servicelevel von
     Mitarbeitern und Dienstleistern.

     3     Mobile Management: Das Allzweckwerkzeug Smartphone ist
     für viele Menschen längst ein treuer Alltagsbegleiter. Das Marktfor-
     schungsinstitute Tecmark hat ermittelt, dass Personen ihr Smart-
     phone durchschnittlich über drei Stunden pro Tag nutzen und es
     dazu über 220 mal in die Hand nehmen (Tecmark, 2017). Für Mall-­
     Betreiber bietet dieses Verhalten eine gute Ausgangslage um On-
16   und Offlinewelt miteinander zu verknüpfen und dadurch zu einer
nahtlosen Customer Experience beizutragen. Gleichzeitig kann das
     Smartphone in einer Mall unterstützend und als zentrales Herzstück
     zur Steuerung des Ökosystems «Mall» herangezogen werden. Das
     mallweite Anbieten von Mobile-Payment, bietet dem Kunden
     beispielsweise die Möglichkeit Kaufvorgänge unkompliziert und
     ­
     transparent durchzuführen. Die Nutzung von NFC-Technologie oder
     Barcodescans können dafür die Grundlage bieten. Die Übermittlung
     von Push-Up-Nachrichten innerhalb der Mall kann gleichzeitig zur
     Kapazitäts- und Absatzoptimierung herangezogen werden. Durch
     spielerische mobile Elemente (Gamification) können zudem Anreize
     für Kunden geschaffen werden, neue Bereiche und Geschäfte in
     ­einer Mall für sich zu entdecken.

     Attention Economy
     Die Zahl an auf den Kunden einwirkenden Informationen ist in den letz-
     ten Jahren exponentiell gestiegen – es existiert eine Reizüberflutung
     und klassische Webebotschaften von Einzelhändlern gehen verloren
     (Absatzwirtschaft, 2015). Für die Customer Experience von Mall-Betrei-
     bern ergeben sich hieraus zwei wesentliche Erfolgschancen.

     1      Participation Management: Klassische Werbung weicht der
     ­Geschichte und Werbebotschaften dem Dialog, Kunden wollen
      heute mitbestimmen und Einfluss nehmen. Kunden müssen des-
      halb von Mall-Betreibern in ihre Aktivitäten und Entscheidungen
      eingebunden werden. Dies kann beispielsweise durch die (Online-)
      Abstimmung von Kunden über die Eröffnung von temporären Pop-
      Up-Stores, oder die Durchführung von Events wie einem Tischtennis-
      turnier oder einem Konzert innerhalb des Einkaufszentrums erfolgen.

     2    Experiental Management: Das Kundenerlebnis mit allen fünf
     Sinnen ist ein zentraler Vorteil des stationären Einzelhandels gegen-
     über dem Onlinehandel und gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dies
     umfasst beispielsweise das storespezifische Abspielen von Musik
     (hören), die Möglichkeit Produkte vor Ort zu verköstigen (schme-
     cken), den Einsatz von Duftmarketing (riechen), die Möglichkeit Pro-
     dukte vor Ort testen zu können (fühlen), oder den Einsatz von Virtual
     Reality um Umgebungen wie Urlaubsregionen zu simulieren (sehen).

     Individualisierung
     Globalisierung und die digitale Vernetzung haben die Möglichkeiten
17   der Selbstverwirklichung in den letzten Jahre vervielfacht. Auf der
Suche nach Individualität haben vor allem junge Menschen heute
     immer stärker das Bedürfnis, sich von ihren Mitmenschen abzugren-
     zen – auch durch den Konsum. Für die Customer Experience von
     Mall-Betreibern ergeben sich hieraus zwei zentrale Erfolgschancen.

     1    Lifestyle Management: Der individuelle Lebensstil ist ein ­Vehikel
     zur Sicherung der eigenen Identität. Immer mehr Menschen versu-
     chen ihrem Lebensstil durch eine spezielle Lebensweise in Subkul-
     turen Geltung zu verleihen, sei es die Gruppe der Menschen, die
     sich dazu entschließen als Singles in einem Einpersonenhaushalt zu
     leben, oder die Gruppe der Menschen, die sich auf eine gesunde
     und bewusste Lebensweise fokussieren. Für Mall-Betreiber erge-
     ben sich somit neue Märkte rund um individuelle Geschmäcker und
     Lebensweisen. Mall-Betreiber müssen durch ihr Produktportfolio
     aber auch ihre Kundenansprache versuchen die individuellen
     ­Lebenswelten ihrer Zielgruppen zu adressieren. Dies kann beispiels­
      weise durch wechselnde Pop-Up-Stores geschehen, die durch ihr
      Konzept gezielt die Bedürfnisse einzelner Subkulturen adressieren
      und gleichzeitig durch ihren temporär limitierten Charakter das kun-
      denseitige Gefühl der Individualität unterstützen.

     2     Personal-Design Management: Die eigene Schokolade, die
     selbst gestalteten Sneakers oder Spielzeug nach den eigenen Vor-
     stellungen gestalten. Die Kreation und der Besitz hochindividuali-
     sierter Produkte wird zunehmend zum neuen Statussymbol und
     verschafft dem Individuum ein Gefühl der gelebten Einzigartigkeit.
     Für diese Individualität sind Kunden bereit einen deutlich höheren
     Preis zu bezahlen (KPMG, 2017). Mall-Betreiber müssen deshalb die-
     se Chance nutzen und für den Kunden Möglichkeiten der Produktin-
     dividualisierung schaffen. Dies kann durch modulare Geschäftskon-
     zepte erfolgen, die es dem Kunden ermöglichen sich ein Produkt
     nach den individuellen Bedürfnissen aus einzelnen Bestanteilen
     zusammenzustellen, wie das eigene Müsli oder den eigenen Tee.
     Aber auch durch Konzepte die eine Modifikation von Produkten
     nach individuellen Kundenwünschen ermöglichen, wie die individu-
     elle Gestaltung von Fashionprodukten oder der Einsatz von 3-D-Dru-
     ckern für die Erstellung von Kaffeedosen oder Handyhüllen.

     Sustainability
     Im Duden wird Nachhaltigkeit als ein Prinzip beschrieben, nach dem
18   nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, rege-
nerieren, zukünftig wieder bereitgestellt werden kann. Dieses
     ­Dogma der Nachhaltigkeit boomt wie nie zuvor – Nachhaltigkeit ist
      heute ästhetisch, genussorientiert und macht Spaß. Begriffe wie
      Umweltfreundlichkeit, Regionalität, Saisonalität oder Fairness prä-
      gen die Werbung. Für die Optimierung der Customer Experience
      von Mall-Betreibern ergeben sich hieraus zwei zentrale Erfolgs-
      chancen.

     1     Alternativ Management: Ob Sojawürstchen, Eier aus pflanzli-
     chen Zutaten oder Algen aus dem Bio-Drucker, alternative Ernäh-
     rungsformen wie der Veganismus sind zwischenzeitlich fester Be-
     standteil unserer Gesellschaft und finden immer stärkeren Anklang.
     Konsumenten sind zunehmen für Themen wie Tierschutz oder
     ­Lebensmittelknappheit sensibilisiert. Mall-Betreiber müssen deshalb
      Bestandteile ihres Produkt- und Serviceportfolios aber auch ihrer
      Kommunikationsstrategie auf diese Entwicklung ausrichten. So kön-
      nen beispielsweise Produkte aus einem eigenen Urban Gardining
      Projekt in der Mall vertrieben werden oder Restaurantkonzepte ent-
      wickelt werden die ausschließlich Gerichte aus alternativen Produk-
      ten verkaufen.

     2    Ethical Management: Kaufentscheidungen avancieren zum
     Statussymbol. Der bewusste Konsum entwickelt sich zum Abgren-
     zungsmerkmal. Ein nach moralischen Gesichtspunkten vertretbarer
     Konsum soll ohne großen Aufwand ermöglicht werden. Mall-Betrei-
     ber müssen deshalb den ethischen Konsum bewusst durch einzel-
     ne Maßnahmen adressieren, indem beispielsweise die CO2-Bilanz
     eines Shoppingcenters durch eigene Solarpanels, die Auslieferung
     von Bestellungen per Elektrofahrzeugen oder Recyclingmöglich-
     keiten für Elektroprodukte reduziert wird. Gerade der Aspekt der
     CO2-Bilanz ist ein wesentlicher Vorteil des stationären Handels
     ­gegenüber der Onlinekonkurrenz, welchen es öffentlichkeitswirk-
      sam zu adressieren gilt.

     Data Era
     In einer digitalen Welt werden Daten zu einem wichtigen Wettbe-
     werbsvorteil. Ob durch Kundenkarten, Smartphones oder Geräten
     des IoT, die Zahl der erzeugten Daten steigt exponentiell. Die intelli-
     gente Nutzung dieser Daten ist dabei eine der zentralen Herausfor-
     derungen des 21. Jahrhunderts. Für Mall-Betreiber ergeben sich
19   ­hieraus zwei zentrale Erfolgschancen.
1     Touchpoint Management: Kunden wünschen auf ihre individu-
     ellen Bedürfnisse und Lebenssituation zugeschnittene Touchpoints.
     Trotzdem werden 59 Prozent der durch den Einzelhandel stationär
     durchgeführten Werbemaßnahmen vom Kunden als irrelevant
     empfunden (Jarrah, 2017). Durch Sensoren und mit dem Internet
     verbundenen Geräten hinterlassen Kunden einen virtuellen Ab-
     druck ihres Selbst. Diese Puzzleteile gilt es für Mall-Betreiber zu-
     sammenzufügen und daraus kundenspezifische Touchpoints zu er-
     zeugen. Dies kann beispielsweise durch die Identifikation des
     Kunden im Shoppingcenter geschehen, um die Werbeansprache
     auf digitalen Billboards geschlechtsspezifisch zu gestalten. Eine
     weitere Möglichkeit ist die Identifikation von Kunden durch mobile
     Endgeräte, um dem Kunden den Bedürfnissen entsprechende An-
     gebote Zuhause oder vor Ort per Push-Up-Nachricht zu übermit-
     teln. Diese Kundenidentifikation kann auch herangezogen werden,
     um dem Kunden in der Mall über digitale Preistags der individuellen
     Zahlungsbereitschaft entsprechende Preise auszugeben.

     2      Business Process Management: Kunden wünschen sich neben
     Komfort heute auch Flexibilität und Tempo beim Einkauf. Letztere
     beiden Punkte kann der Onlinehandel dem Kunden bieten. Der
     ­stationäre Einzelhandel dagegen hat häufig mit Aspekten wie lan-
      gen Warteschlangen und für den Kunden undurchsichtigen Pro-
      duktplatzierungen zu kämpfen (Jarrah, 2017). Also jenen Faktoren,
      die einen schnellen und flexiblen Einkauf hemmen. Für Mall-Betrei-
      ber ist es deshalb eine Notwendigkeit, Daten auch im stationären
      Handel zur Prozessoptimierung heranzuziehen, um die Customer
      Experience zu erhöhen. So kann beispielsweise die Erfassung von
      Besucherströmen genutzt werden, um die ideale Platzierung von
      Regalen zu ermitteln, oder um Wartezeiten für den Kunden zu opti-
      mieren, indem Besucherströme gesteuert oder Wartezeiten für Re-
      staurants, Kassen oder den Bankbesuch digital angezeigt werden.
      Auch ist es unabdingbar, dass auf Daten basierende Technologien
      im Einzelhandel zum Einsatz kommen und nicht darauf gewartet
      wird, bis ursprüngliche Pure Player mit Konzepten wie Amazon Go
      dem klassischen Einzelhandel aufzeigen wie stationäres Einkaufen
      im 21. Jahrhundert eigentlich aussehen sollte.

20
Den Kunden Verstehen – Customer Journey Mapping zur Optimie-
     rung der Mall Experience
     Eine Optimierung der Customer Experience ist nur dann möglich,
     wenn der Kunde und die Gründe seines Handelns verstanden wer-
     den (siehe Abbildung 2).

                                                                                      10
     Abbildung 2: Customer Journey Mapping der Mall Experience

      Beispielhaftes Customer Journey Mapping

     Eine geeignete Methode um Kundenbedürfnisse zu verstehen ist es Prozesse aus
     der Kundenperspektive über alle Touchpoints vom Erstkontakt bis zum
     Verkaufsabschluss und darüber hinaus zu durchlaufen und grafisch darzustellen
     (Customer Journey Mapping). Durch Kundenbefragungen, Fokusgruppen,
     Tiefeninterviews oder der Analyse von Kundendaten können zusätzliche
     Erkenntnisse darüber gewonnen werden, welche Touchpoints innerhalb der
     Customer Journey besonders wichtig für den Kunden sind (Moments of Truth). Die
     erlebte Wahrnehmung und Relevanz der Touchpoints gilt es aufzugreifen und vor
     dem Hintergrund der identifizierten Megatrends für eine Optimierung der Mall
21
Eine Optimierung der Customer Experience ist nur dann möglich, wenn der Kunde
     und die Gründe seines Handelns verstanden werden (siehe Abbildung 2).

     Abbildung 2: Customer Journey Mapping der Mall Experience
       Segment: Geschäftstätige
       Alter: 25-55 Jahre
       Geschlecht: Gemischt
       Einkaufstag: Werktags
       Einkaufszeit: 11:30 – 14:00 Uhr
       Fokus des Einkaufs: Effektivität und Effizienz

      Beispielhaftes Customer Journey Mapping

     Eine geeignete Methode um Kundenbedürfnisse zu verstehen ist es
     Prozesse aus der Kundenperspektive über alle Touchpoints vom
     Erstkontakt bis zum Verkaufsabschluss und darüber hinaus zu
     durchlaufen und grafisch darzustellen (Customer Journey Mapping).
     Durch Kundenbefragungen, Fokusgruppen, Tiefeninterviews oder
     der Analyse von Kundendaten können zusätzliche Erkenntnisse da-
     rüber gewonnen werden, welche Touchpoints innerhalb der Custo-
     mer Journey besonders wichtig für den Kunden sind (Moments of
     Truth). Die erlebte Wahrnehmung und Relevanz der Touchpoints gilt
     es aufzugreifen und vor dem Hintergrund der identifizierten Megat-
     rends für eine Optimierung der Mall Experience heranzuziehen. Da-
     bei ist es wichtig das Customer Journey Mapping nicht aggregiert
     über alle Kunden, sondern segmentspezifisch durchzuführen. Kun-
     denbedürfnisse und die daraus abgeleitete ideale Customer Expe-
     rience sind nämlich nicht homogen, sondern unterscheiden sich
22   wesentlich zwischen einzelnen Segmenten. Als Beispiel sei ein Kun-
de erwähnt, der in unmittelbarer Umgebung zur Mall arbeitet und
     die Mall in seiner Mittagspause aufsucht um zu essen und um mög-
     lichst viele Besorgungen zu erledigen. Die ideale Customer Experi-
     ence ist hier wesentlich auf eine effektive und effiziente Abwicklung
     des Besuchs fokussiert. Für einen Kunden, der im ländlichen Ein-
     zugsgebiet der Mall wohnt und diese am Wochenende besucht,
     sind die Kundenbedürfnisse dagegen völlig andere. Das gesamt-
     heitliche Unterhaltungs- und Einkaufserlebnis stehen für den Kun-
     den hier im Vordergrund und sollte entsprechend adressiert ­werden.

     Zusammenfassung
     Um Einkaufszentren gegenüber dem Onlinehandel und anderen
     Einzelhändlern nachhaltig wettbewerbsfähig aufzustellen, gilt es
     auf Basis aufkommender gesellschaftlicher Entwicklungen (Megat-
     rends) gesamtheitliche und auf die Customer Experience fokussier-
     te Konzepte zu entwickeln. Grundvoraussetzung ist die Einnahme
     einer kundenzentrierten Outside-In-Perspektive aller Unterneh-
     mensaktivitäten. Ein auf Kundensegmenten basiertes Customer
     Journey Mapping kann hierbei helfen, den Kunden und dessen Be-
     dürfnisse besser zu verstehen und bildet den Ausgangspunkt einer
     systematischen Optimierung der Mall Experience.

23
Quellen:

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24
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     https://www.zukunftsinstitut.de/dossier/megatrend-urbanisierung/,
     abgerufen am: 03.04.2018.

25
3 . Rang

     MARIUS SPECHT
     Bachelorstudent

     Zeppelin Universität

26
«FRAU MAYER,
     WIE GEHT ES IHNEN?»
     Ein Essay über die Zukunft des Einkaufszentrums

     Frau Mayer, wie geht es Ihnen? Diese Frage kann mir auch ein
     ­Algorithmus stellen. Herr Specht, wie geht es Ihnen heute? Der feine
      Unterschied zwischen Maschine und Mensch ist aber: Der Mensch
      kann in der Tat an meinem Befinden interessiert sein. Die Maschine
      nicht, niemals. Wozu auch?
      Einkaufen im Jahr 2018 hat sich enorm gewandelt. Der Einzelhandel
      hat nicht nur mit der zunehmenden Online-Konkurrenz, Billig­
      produkten aus Fernost oder dem immer schneller werdenden
      ­Warenfluss zu kämpfen – er kämpft auch maßgeblich um seine
       wahre DNA und damit seine wahre Existenz. Welche DNA? Welche
       Existenz?

     Als meine Großmutter meiner Cousine ihr übergroßes Zalando-­
     Paket überreicht, da sie den Tag über nicht zu Hause war, stellt mei-
     ne Oma eine simple wie absolut zutreffende Frage: «Sag mal Kind,
     macht denn Einkaufen so überhaupt Spaß?»
     Meine Cousine lächelt und verweist auf die mangelnde Zeit, die
     man nur hat, dass samstags die Innenstädte doch immer so voll sind
     und die Preise online sowieso viel günstiger sind. Dieser Moment
     verdeutlicht wie Generationen über das Thema «Einkaufen» nach-
     denken. Oma war bedrückt als sie hörte, dass der Karstadt in der
     Innenstadt zum Ende des Monats schließen wird. Zu wenige Kun-
     den, zu wenig Umsatz. Das blanke Summenspiel des Controllings,
     dass dieser Standort nicht mehr «rentabel» sei. Mit einem Minus vor
     der Endsumme geht eine weitere Kaufhaus-Instanz, wenn auch nur
     eine Niederlassung, seinem sicheren Ende entgegen und wird
     ­Wochen später, leer und unbeleuchtet als nacktes Kaufhaus in der
      Innenstadt zurückbleiben. Oma fühlte mit den lieben Mitarbeiterin-
      nen, die doch jeden Tag so fleißig dort standen und so herzlich und
      umsorgend die Kundschaft bedienten. Besonders schön war es
      doch auch, den persönlichen Austausch zu pflegen. Ins Kaufhaus,
      also zum Beispiel zu Karstadt, ist man nicht eben rein und schnell
      wieder rausgegangen. Nein, es war ein allwöchentliches, festes gar
27    schönes Ereignis auf welches man sich freute. Das Kaufhaus fun-
gierte als sozialgesellschaftlicher Katalysator, als ein Treffpunkt,
     welcher ungezwungen und dennoch elegant war. Er ermöglichte
     eine beiläufige Plauderei für welche man sich nicht zwingend verab-
     reden musste, sie war ja beiläufig, und dennoch erwünscht wie
     ­erfüllend. Eigentlich total im Interesse der an Zeit ermangelnden
      heutigen Gesellschaft. Man konnte sich über die neusten Waren zur
      neuen Saison erfreuen und sich darüber austauschen. Und selbst
      wenn man nichts kaufte war es ein Gefühl der Inklusion, der gefühl-
      ten Teilhabe an Gesellschaft, Konsum und Kultur. Das alte Kaufhaus
      funktionierte vor allem durch Menschlichkeit, durch eine Emotion
      die nicht zu rekonstruieren ist. Entweder es gibt sie oder es gibt sie
      nicht. Was also kann die DNA eines Kaufhauses tatsächlich sein? Es
      steckt weit mehr dahinter.

     Die Dubai Mall ist mit ihren 350.000 qm Verkaufsfläche eines der
     absolut größten Einkaufszentren der Welt. Es bietet reichlich
     ­Beschäftigung für einen ganzen Tag. Es soll Menschen geben, die
      nur für das Shopping in die Wüstenmetropole reisen, dabei sind die
      Preise gar nicht so günstig wie alle immer vermuten. Auch hier
      ­fungiert die 2008 eröffnete Konsumkathedrale als sozial-gesell-
       schaftlicher Katalysator, allerdings nach anderem Muster und völlig
       anderen Rahmenbedingungen. Zum einen ist die Mall eine Notwen-
       digkeit. Im Hochsommer brennen auf die Wüstenstadt bis zu 50 Grad
       Celsius herunter.
       An einem öffentlichen Leben auf den Straßen ist da frühestens zum
       späten Abend zu denken. So ermöglicht die Mall geradezu erst ei-
       nen bürgerlichen Ort der Begegnung, eben unter einem Glasdach
       bei angenehmen Temperaturen.
       Das andere ist das Verlangen der Bevölkerung nach Konsum, Enter-
       tainment und Spaß. Dubai ist so unwirklich, dass man spätestens,
       wenn man den Rückflug antritt und in der Heimat wieder landet
       ­tatsächlich anfängt zu reflektieren wo man da gerade war. Die Dubai
        Mall trägt allein von ihrer Konstruktion und Aufmachung her ihren
        Teil dazu bei. In den Fußböden spiegeln sich die Einkaufstaschen,
        Kinder tollen umher, Promoter verteilen Flyer für Helikopterflüge
        oder neue Apartments in ebenso herzlosen Wohngegenden und
        lausche Jingle-Musik umgibt einen wohlumsorgt, als solle es einem
        hier wirklich gut gehen. Mit der Zeit fängt man an diese Angebote
        wie Helikopterflüge, Luxusapartments oder Ferrari-Vermietung zu
        akzeptieren, ja gar scheinbares Interesse aufzubringen. Man liest
28      dann eben genauer, dass das Mieten eines Ferraris ab 120 US-Dollar
die Stunde möglich ist. Man geht in sich und weiß doch eigentlich,
     dass es verrückt ist. Der in die Hand gedrückte Hochglanzprospekt
     lässt einen tatsächlich, und sei es nur für Sekunden die Überlegung
     anstrengen, wieso denn nicht eine Wohnung in Dubai kaufen? Wie-
     so nicht einmal die Stadt aus dem Helikopter heraus betrachten? Es
     beginnt die Identifizierung mit dem Waren- und Dienstleistungsan-
     gebot. Das interessante hier: es ist völlig anonym. An mir hat nie-
     mand Interesse. Die Promoter, die Verkäuferinnen und Verkäufer
     umwerben mich und ich sehe ihnen an, dass sie durch mich durch-
     blicken. Sie registrieren mich als Kunden, nicht als Menschen. Man
     würde mir hier alles, wirklich alles verkaufen wollen, ganz egal wer
     ich bin und wo ich herkomme. Da mir anzusehen ist, dass ich mit
     hoher Wahrscheinlichkeit aus Zentraleuropa stammen muss, ist es
     umso verlockender meine Mitbringseltüte mit Sachen zu stopfen,
     die ich nur hier, hier in Dubai, so faszinierend und besonders ansehe.
     Liegt der Hochglanzprospekt erst einmal auf meinem Wohnzim-
     mertisch zwischen ein paar Brotkrümeln und einem getrockneten
     Abdruck eines Weinglases auf dem Tisch, verliert all das an Wert
     und an Bedeutung. Was bleibt? Ein glitzernder Prospekt.
     Man fühlt sich nicht wahrgenommen, nichts ist persönlich, nichts
     war jemals persönlich. Diese Stadt und diese Mall haben nichts was
     einen emotional bindet. Sobald ich den Laden verlasse betreten
     fünf neue Menschen diesen Ort und ersetzen mich. Was bleibt von
     mir, dem Kunden? Kann nicht auch ich als Kunde dem Laden etwas
     zurückgeben? Was bleibt ist die Ersetzbarkeit, der Fakt, dass selbst
     ich, das Zielobjekt des Konsums beliebig ersetzbar bin.

     Wo liegt die Wurzel dieser Entwicklung?
     Wir bewerten heutzutage alles. Dieses Verfahren hat sich in den
     letzten Jahren, nur um es an dieser Stelle erwähnt zu haben, ebenso
     auf unser privates Leben übertragen. Wir werden überall nach unse-
     rer Meinung und unserem Empfinden gefragt – meist zur Sicherung
     der Servicequalität, so nimmt man an. Dies ist zu einem gewissen
     Grad richtig und auch sinnvoll, doch eben nur zu einem gewissen
     Grad. Wenn der mündige Konsument, von welchem ich hier ausge-
     he, jedoch die Maschinerie und blanke Effizienz des Bewertungssys-
     tems am Konsumenten erkennt und hinterfragt, so muss ihm klar-
     werden, dass er dem System des optimierten Konsums nur dient. Er
     liefert die Daten, die das Produkt oder die Dienstleistung noch bes-
     ser machen sollen, und das freiwillig. Aber das ist nur die halbe
29   Wahrheit. In Wahrheit fördere und verbessere ich als Konsument ein
System, welches den Menschen als solches immer weiter in den
     Hintergrund rückt und so in einer Masse anonymisieren und ver-
     schwinden lässt. Der Konsument sollte sich daran gewöhnen, dass
     er nicht mehr wie zu Oma’s Zeiten bei regelmäßigem Besuch des
     Ladengeschäfts auch tatsächlich mit dem Namen angesprochen
     wird.
     Denn das System der Konsumoptimierung hat es nicht zum Zwecke
     den Menschen und seine tatsächlichen Bedürfnisse & Wünsche zu
     befriedigen. Es dient sich rein selbst. Wer kann helfen – der Mensch
     selbst.

     Fragen Sie sich lieber: Was braucht ein guter Verkäufer?
     Die Zukunft des Kaufhauses, und davon bin ich überzeugt, wird
     nicht von der Technik entschieden werden, sondern von den Men-
     schen die dort arbeiten. Das Kaufhaus, und das ist die große mar-
     kante Stärke, ist die menschliche Plattform des Konsums, zu wel-
     cher wir immer wieder zurückkehren werden. Denn wir bleiben
     Menschen. Nichts ersetzt die emphatische Kompetenz einer guten
     Verkäuferin oder eines guten Verkäufers. Die Technik ersetzt in ab-
     sehbarer Zeit nicht den Menschen und dessen empathischen Fähig-
     keiten, und wir sollten froh darum sein. Um die Zukunft des Kauf-
     hauses zu skizzieren, muss man nach den geeigneten
     Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für einen guten Ver-
     käufer Fragen – nicht wie man die Waren platziert, Düfte versprüht
     oder Produkte richtig ausleuchtet.
     An dieser Stelle könnten nun beeindruckende Zahlen und Fakten
     bezüglich dieser Hypothese stehen, welche mich in meiner Argu-
     mentation stützen würden. Doch ich möchte niemanden mit Zah-
     lenwerk langweilen. Ich frage lieber direkt: Wie wollen Sie in Zukunft
     bedient werden?

     Die Frage kann rein theoretisch jeder für sich selbst beantworten.
     Jeder hat ein Gespür dafür wie zumindest er selbst gerne behan-
     delt, begrüßt, beraten und verabschiedet werden will. Genau das ist
     das eigentlich interessante bei der Frage nach der Zukunft des
     Kaufhauses – was sagt der Kunde zu den Bedingungen, zu welchen
     er behandelt werden möchte? Dies führt unweigerlich dazu, dass
     das Kaufhaus, da es eben ein physisch begehbarer Ort mit Öff-
     nungszeiten, realen Geräuschen, Düften und Geschmäckern ist zum
     Knotenpunkt der eigenen Sinneswahrnehmung werden kann. Hier
30   laufen die Fäden wortwörtlich zusammen. Dass was Amazon & Co. in
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