Pilze, Borkenkäfer und Maikäfer sind aktiv - NW-FVA
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JAG D, F O R ST U N D N AT U R Pilze, Borkenkäfer und Borkenkäfer: Die Gefährdung für die Saison 2021 in den bis dahin stark betroffenen Regionen war weiterhin Maikäfer sind aktiv sehr kritisch, da eine zeitgerechte und vollständige Aufarbeitung von Schad- holz im Vorjahr häufig nicht möglich Waldschutzsituation 2021 in Hessen war und oftmals wieder sehr hohe Men- gen an Buchdruckern (Ips typogra- Nach den drei vorangegangenen, extremen Dürrejahren war 2021 ein Jahr, das phus) in die Überwinterung entkamen. hinsichtlich seines Witterungsverlaufs insgesamt als durchschnittlich zu bezeich- Ausgeprägter Schwärmflug des nen war, aber auch einige Extremereignisse hatte. Dadurch verschärfte sich die Buchdruckers setzte witterungdsbe- Waldschutzsituation in Hessen witterungsbedingt zwar meist nicht weiter, von dingt erst ab der Wärmeperiode um einer Entspannung konnte jedoch noch lange nicht die Rede sein. Insbesondere Pfingsten herum (22./23. Mai) ein. In die Wasserdefizite der Vorjahre wirkten noch deutlich nach, schreiben die Wald- den Befallsschwerpunkten kam es bin- schutzexperten der NW-FVA aus Göttingen im Waldschutzbericht zum vergange- nen weniger Tage zu umfangreichem nen Jahr. Oft lassen sich durch die Populationsentwicklung Rückschlüsse auf das frischen Stehendbefall, der schon von aktuelle Jahr ziehen. Beginn an stellenweise auch weit in das Bestandesinnere reichte. Bereits in den Die fortschreitenden Schäden durch über dem langjährigen Mittel, und es ersten Befallstagen wurden massiv den Buchdrucker, aber auch die Vitali- war in Hessen um 10,5 Prozent zu tro- überbesiedelte Fichten beobachtet, was tätsschwäche der Buche, das Diplodia- cken. Anfang des Jahres 2021 waren die die Anlage von Geschwisterbruten zur Triebsterben der Kiefer sowie der Befall Böden daher für die Jahreszeit erneut Folge hatte. Lokal kam es bei nicht von Eichen mit Prachtkäfern und Holz oft außergewöhnlich trocken, und die mehr vorhandenen, besiedelbaren Alt- entwertenden Käfern bestimmten vie- Bodenwasserspeicher waren zu Beginn fichten zu Ausweichreaktionen der Kä- lerorts die Waldbewirtschaftung. der Vegetationsperiode besonders in fer. So wurden vermehrt jüngere Fich- den tieferen Schichten noch nicht wie- ten, zunehmend aber auch andere Mäusepopulationen der aufgefüllt. Die Vegetationsperiode Baumarten wie Douglasie, Lärche und bauen sich weiter auf 2021 war überdurchschnittlich nass, Kiefer befallen. Sogar Kulturen wurden und es kam zu keiner ausgeprägten Tro- nicht vom Buchdrucker verschont. Die Vielzahl von ansonsten eher se- ckenperiode, sodass zumindest die Während der Hitzeperiode Mitte Juni kundären Schadinsekten, Befall durch Oberböden häufig gut mit Wasser ge- verlagerte sich der Neubefall vollstän- Pilze oder Schäden durch komplexe füllt waren. dig ins Innere der Bestände. Stellenwei- Ursachen zeigen, dass die Wälder noch Allerdings reichten die Niederschlä- se wurden Überflüge größerer Mengen sehr geschwächt sind. An den Kulturen ge immer noch nicht aus, um den Ge- schwärmender Käfer (zumeist passive auf den durch die Borkenkäferkalamität samtboden zu durchfeuchten, sodass Verdriftungen mit dem Wind) in bisher entstandenen Freiflächen kam es oft- auch zum Ende des Jahres 2021 in vie- weniger betroffene oder sogar noch mals zu Schädigungen durch Mäuse len Regionen Hessens die ungewöhn- befallsfreie Gebiete beobachtet. und Rüsselkäfer. liche Bodentrockenheit noch anhielt. Laut Deutschem Wetterdienst war Auch der relativ niederschlagsreiche Aktuell kontrollieren 2021 deutschlandweit das elfte zu war- Winter 2021/22 brachte noch nicht die bei Vorbefall mit Borkenkäfern me Jahr in Folge. Die Durchschnitts- erhoffte Entspannung in den tieferen temperatur lag in Hessen um 0,9° C Bodenschichten. Die im Frühjahr eingesetzten Fang- systeme wiesen zwar gute Fangleistun- gen auf, waren aber in Situationen mit extremem Vorbefall aus dem Vorjahr, wie im nordhesischen Bergland, durch die Vielzahl der anfliegenden Buchdru- cker von Beginn an überfordert und konnten dort Neubefall nicht verhin- dern, diesen aber zumindest doch deut- lich vermindern. In Gebieten mit we- niger großen Käfermengen konnte dagegen neuer Stehendbefall so zu- meist weitgehend verhindert werden. Die Entwicklung der Bruten der ers- ten Generation (einschließlich Ge- schwisterbruten) verlief lokal sehr un- terschiedlich. Daher traten ab etwa Mitte Juli über mehrere Wochen hin- weg Jungkäfer auf, die unterschiedlich stark ausgeprägten Neubefall verur- sachten. Das Maximum des Neubefalls zur Anlage der zweiten Generation wurde von etwa Ende Juli bis Mitte August verzeichnet und fiel wieder sehr Engerlinge des Waldmaikäfers im dritten Larvenstadium – das Bild stammt vom Herbst 2021. Momentan stark aus. Anders als in den drei vorher- findet ein Hauptflugjahr des Waldmaikäfers in Südhessen statt. Zu Tausenden fressen die großen Käfer gehenden Sommern zeigten sich in vor allem das Laub der Eichen. vielen Regionen aber schlechtere Bru- 26 LW 2 0 / 2 0 2 2
JAG D, F O R ST U N D N AT U R terfolge der zweiten Generation mit Wenn möglich sollten diese Ei- geringeren Anzahlen an Jungkäfern, chen daher aus sanitären Grün- teilweise schlechterem Allgemeinzu- den vor Ausflug der Jungkäfer stand und stellenweise höheren Parasi- entnommen und aus dem Wald tierungsgraden. Trotzdem muss davon gebracht werden, um den verblei- ausgegangen werden, dass die Gefähr- benden Bestand zu schützen. Da- dung zu Beginn der Saison 2022 in den bei muss in jedem Einzelfall sorg- bisher stark befallenen Regionen auch fältig zwischen komplexen weiterhin hoch ist. Auffällig war, dass Naturschutzaspekten, weiterge- auch bereits im August ausgebohrte henden Waldschutzrisiken und Jungkäfer der zweiten Generation oft der Sicherung des Holzwertes keinen neuen Stehendbefall verursach- abgewogen werden. Der Befall mit die- durch die Schwammspinnerraupen ten, sondern stattdessen vermutlich in sen Arten ist vermutlich ein Indiz für verursachten Fraßes hinsichtlich Inten- die Überwinterung verschwanden. die noch andauernde Schwächung der sität und Flächenumfang sehr niedrig Trotz im Frühjahr beobachteter, Eiche durch die vorangegangenen Tro- ausfiel. Die Überwachung mit Phero- enormer Mengen schwärmender Kup- cken- und Hitzejahre und trägt auch monfallen im Sommer und die Gelege- ferstecher (Pityogenes chalcographus ) selbst zur Schwächung und zum Ab- zählung im Winter zeigt in den über- waren insgesamt kaum erfolgreiche sterben mit bei. wachten Beständen keine Gefährdung Besiedlungen stehender Bäume gelun- für 2022 durch den Schwammspinner gen. Schäden durch Lärchenborkenkä- Waldmaikäfer: Waldmaikäfer (Melo- an. Auf nahezu 200 der obengenannten fer (Ips cembrae ) wurden wie im Vor- lontha hippocastani ) oder deren Wur- 300 Hektar wurde das Vorkommen des jahr nur noch aus wenigen Regionen zeln fressende Engerlinge haben im EPS in mehreren Forstämtern in Mit- in Nordhessen sowie vereinzelt aus dem Hessischen Ried wieder sehr hohe tel- und Südhessen dokumentiert. Hier mittleren Hessen gemeldet. Dichten erreicht, wie sie zuletzt durch ist die weitere Entwicklung insbeson- Buchenborkenkäfer und Buchen- Grabungen im Jahr 2009 nachgewiesen dere auch unter dem Aspekt des durch prachtkäfer traten weiterhin als sekun- werden konnten. Auf rund der Hälfte die Raupen dieses Nachtfalters hervo- däre Schädlinge bei den im Rahmen der der 30 000 ha Gesamtfläche wurden in gerufenen Gesundheitsrisikos genau zu Buchenvitalitätsschwäche beobachteten 2021 bei den Grabungen zwischen ei- beobachten. Die Überwachung der Absterbeerscheinungen auf. Die Be- nem und 52 Engerlingen des dritten Frostspanner mithilfe von Leimringen fürchtung, dass diese beiden Arten auf- Stadiums je m² nachgewiesen. Entspre- ergab lediglich an einem Standort in grund der Prädisposition gestresster chend hoch ist die Gefährdung der Südhessen eine leichte Überschreitung Buchen und durch die guten Vermeh- betroffenen Bestände, insbesondere für der Warnschwelle, sodass davon auszu- rungsmöglichkeiten Populationsdich- Kulturen und Jungwüchse. 2022 ist gehen ist, dass in 2022 keine hohe Ge- ten aufbauen, die im weiteren Verlauf wieder ein Hauptflugjahr des Waldmai- fährdung besteht. primär Schaden verursachen, konnte käfers in Südhessen. wie im Vorjahr nicht bestätigt werden. Mäuse: Die aktuellen Populations- Großer Brauner Rüsselkäfer: In dichten der oberirdisch fressenden Kernholz besiedelnde Käferarten Nadelholzkulturen und Nadelholzbei- Kurzschwanzmäuse befinden sich lang- in Eiche, Eichenprachtkäfer: In eini- mischungen, die auf den durch die gen Eichenregionen in Hessens, insbe- Sturm- und Borkenkäferkalamitäten sondere im Hessischen Ried, trat die entstandenen Freiflächen angelegt wur- Sommergeneration des Eichenholz- den, war die Gefährdung durch den bohrers (Xyleborus monographus ) oft Großen Braunen Rüsselkäfer (Hylobius in Vergesellschaftung mit dem Eichen- abietis ) weiterhin sehr hoch, zumal kernkäfer (Platypus cylindrus ) und wei- durch das Fortschreiten des Borkenkä- teren im Kernholz brütenden Arten ferbefalls in der Fichte immer noch deutlich wahrnehmbar auf. Es wurde neue Nadelholzstubben als Brutstätte vermehrt beobachtet, dass Alteichen- entstanden und gleichzeitig die Anlage bestände mit Besiedlungen durch Ei- von Kulturen vorangeschritten ist. Da- chenkernkäfer häufig auch ausgepräg- durch kam es in 2021 fast zwangsläufig ten Befall durch Eichenprachtkäfer zu einem Anstieg der Schadflächen. Die (Agrilus biguttatus ) aufwiesen. Schäden waren in den meisten Fällen wirtschaftlich spürbar bis bestandesbe- Zu Zweit auf die Eiche – drohend. Zur Vermeidung eines Total- Eichenkernkäfer und -prachtkäfer ausfalls oder nicht akeptabler Schädi- gungen mussten nach vorangegangener Es hatte oft den Anschein, dass star- Prognose teilweise Pflanzenschutzmit- ker Kernkäfer-Befall auch ein Indiz für tel eingesetzt werden. Prachtkäfer-Befall ist. Wie sicher dieser Zusammenhang ist, muss noch genau- Eichenfraßgesellschaft: In Hessen er geprüft werden. In dieser Befalls- wurde in 2021 nur wenig Fraß (insge- kombination muss neben der drohen- samt nur knapp 300 ha) in überwiegend den technischen Entwertung des geringer Stärke durch die Eichenfraß- Holzes auch beachtet werden, dass stark gesellschaft mit Beteiligung des Ei- mit Larven von Prachtkäfern besetzte chenprozessionsspinners (EPS; Thau- Eichen nicht nur absterben können, metopoea processionea ) und des Infolge der Buchen-Vitalitätsschwäche abgestorbene Bu- sondern von diesen auch ein fortgesetz- Schwammspinners ( Ly m a n t r i a m o - chen – leider ein weit verbreitetes Bild im Land. tes Waldschutzrisiko ausgehen kann. nacha ) festgestellt, wobei der Anteil des Fotos: NW-FVA, Abt. Waldschutz LW 2 0 / 2 0 2 2 27
JAG D, F O R ST U N D N AT U R nierte Altbestände sondern auch führte wie schon in den Vorjharen in jüngere, zuvor augenscheinlich vielen Fällen auch zu einer Erhöhung noch intakte Bestände. Viele der der Disposition der betroffenen Bäume bereits in den vorangegangenen für den nachfolgenden und zeitgleichen Jahren festgestellten Pilze waren Befall mit rindenbrütenden Pracht- als typische Schwächepathogene und Borkenkäfern, wobei eine Diffe- ebenso wieder kennzeichnend für renzierung nach primären oder sekun- die Vitalitätsschwäche wie der dären Schaderregen häufig nicht Befall von Buchen durch den eindeutig ist. Kleinen Buchenborkenkäfer, Bu- chenprachtkäfer und holzbrüten- Sonstige Schäden: Vermutlich fristig im Anstieg. Erd- und Feldmäu- de Käferarten. Ob das feuchtere Jahr durch die günstigeren Witterungsbe- se haben im Vergleich zum Vorjahr 2021 hier zu einer deutlichen Verbes- dingunen in der Vegetationszeit 2021 zwar abgenommen, liegen aber immer serung der Situation im Jahr 2022 führt traten weitere Schaderreger und Patho- noch auf einem hohen Niveau. Die bleibt abzuwarten und wird nicht zu- gene, die üblicherweise sekundären Dichten der Rötelmäuse haben dage- letzt wesentlich durch die dann herr- Charakter haben, nur lokal begrenzt gen in 2021 wieder stark zugenommen. schende Witterung mitbestimmt. auf. Diese insgesamt hohen Mäusedichten Die mit der Vitalitätsschwäche und Ausgenommen davon sind die durch sind besorgniserregend und führten zu dem Absterben verbundene schnelle den invasiven Schlauchpilz Cryptostro- Schadensmeldungen auf insgesamt Holzzersetzung stellte und stellt auch ma corticale ausgelöste Rußrinden- rund 120 Hektar in Laubholzkulturen. weiterhin ein großes Problem hinsicht- krankheit und das durch den Pilz Auf den großen, durch Sturm, Borken- lich der Arbeitssicherheit und der Ver- Stegonsporium pyriforme ausgelöste käfer und Trockenheit entstandenen kehrssicherung dar. Triebsterben in Ahornbeständen sowie Freiflächen mit hohem Vergrasungs- das Eschentriebsterben, bei dem es potenzial ist weiterhin ein erhebliches Diplodia-Triebsterben der Kiefer: durch die feuchteren Bedingungen des Risiko für die bereits begründeten und Auch das durch den Pilz Sphaeropsis Jahres 2021 wieder zu einem schnelle- die noch zu begründenden Kulturen sapinea verursachte Diplodia-Trieb- ren Schadensfortschritt kam. Örtlich zu erwarten. sterben an Kiefer setzte sich in Hessen führte dies zum Absterben von Eschen weiterhin auffällig stark fort. Dabei und zur Auflösung von Bestandesteilen. Komplexe Schäden an Buche: Die waren zwar in der überwiegenden Dr. Martin Rohde: Leiter der Folgen der vorangegangenen Trocken- Mehrheit Kiefern-Altbestände betrof- Abteilung Waldschutz der NW-FVA; und Hitzejahre zeigten sich bei der fen, aber auch in jüngeren Beständen Dr. Gitta Langer, Dr. Rainer Hurling, Rotbuche auch im Jahr 2021 durch und Kulturen sowie an anderen Nadel- Dr. Pavel Plašil: Sachgebietsleiterin/ weiter voran schreitende Vitalitätsmin- holzarten kam es zu Diplodia-Befall, Sachgebietsleiter in der Abt. Wald- derungen und absterbende Bäume und der zum Absterben von Kronenteilen schutz der NW-FVA Bestände. Die Schäden lagen weiterhin bis zu Bäumen und Beständen führte. auf einem sehr hohen Niveau. Betroffen Der Befall und die Schwächung von Quelle: LW Hessenbauer Nr.20/2022, waren nicht nur aufgelichtete, expo- Kiefern durch diesen Schaderreger 19. Mai 2022 Stark durch das Diplodia-Triebsterben geschädigter Bestand. Foto: NW-FVA, Abt. Waldschutz 28 LW 2 0 / 2 0 2 2
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