POLITIKBRIEF - Initiative Tierwohl
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2020-03 POLITIKBRIEF INTERVIEW MIT NORBERT LINS, Vorsitzender im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Foto: richterfoto / istockphoto.com Entwicklung im EU-Parlament. Foto: European Parliament UNSERE THEMEN Vorwort von Dr. Alexander Hinrichs > S. 2 Schwerpunktthema: Tierwohl zwischen Deutschland und Europa – wo stehen wir? > S. 3 Tierwohl in Europa Statement von Claire Bury, GD Gesundheit und Lebensmittelsicherheit > S. 4 Im Gespräch mit Norbert Lins MdEP > S. 5-6 Kurzmeldungen > S. 7 Impressum > S. 7
POLITIKBRIEF 2020-03 GEMEINSAM V E R A N T WO RT L I C H HANDELN Liebe Leserinnen und Leser, am 1. Juli 2020 hat Deutschland bekannt- Außerdem haben wir mit Claire Bury gespro- lich für sechs Monate die Präsidentschaft chen. Sie ist stellvertretende Generaldirek- im Rat der Europäischen Union (EU) torin der GD Gesundheit und Lebensmittel- übernommen. Selbstverständlich schauen sicherheit und ist dort zuständig für die deshalb auch wir gespannt darauf, was auf Bereiche Lebensmittelsicherheit und der europäischen Bühne geschieht. In einem Nachhaltigkeit. Sie erläutert uns die nächs- am 20. August erschienen Zeitungsinterview ten Schritte der EU-Kommission in Sachen der Neuen Westfälischen sagte Bundestags- Tierwohl und Tierwohl-Kennzeichnung. präsident Wolfgang Schäuble im Blick auf die EU-Politik: „Die Corona-Krise ist eine große Wir haben uns gefragt: Wo steht Deutsch- Chance. Der Widerstand gegen Veränderung land, wo steht die ITW eigentlich im europäi- wird in der Krise geringer.“ schen Kontext? Unter anderem im Hinblick auf das vorgeschriebene Platzangebot haben Wenn das auch für die europäische Land- wir ein wenig recherchiert und stellen fest: wirtschaftspolitik gilt, dann könnte Deutsch- die deutschen Landwirte haben es schwer im Dr. Alexander Hinrichs, land während seiner Ratspräsidentschaft hier Vergleich zu ihren europäischen Mitbewer- Geschäftsführer der einiges anstoßen. Wir haben nachgefragt und bern. Hier sehen wir eine großartige Chance Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der nachgeforscht, in welche Richtung mögliche für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft etwas Nutztierhaltung GmbH Impulse weisen könnten. für die deutschen Landwirte und für das Tierwohl zu tun. Nachgefragt haben wir bei Norbert Lins, Mit- glied des Europäischen Parlaments und seit Abschließend werfen wir den Blick auf Neu- 2019 Vorsitzender des Agrarausschusses. igkeiten aus der ITW und eine repräsentative Wir wollten wissen, wie es mit dem Tierwohl Umfrage des forsa Instituts. Aus dieser geht in Europa weitergeht, welche Chancen er hervor: die Haltungsform-Kennzeichnung des für ein europäisches Tierwohl-Siegel sieht Handels ist bei den deutschen Verbrauchern und was die „Farm-to-Fork“-Strategie für die inzwischen zur Standardorientierung beim Nutztierhaltung bedeuten könnte. Fleischkauf geworden und bereits so bekannt wie das EU-Biosiegel. Als privatwirtschaftliche Herausgeber eines Tierwohl-Programms ist uns natürlich wich- Wir wünschen Ihnen eine inspirierende tig, dass die europäische Politik bei ihren Lektüre und freuen uns sehr, wenn Sie uns Initiativen die Erfolge nationaler beziehungs- eine Rückmeldung geben. Sie erreichen weise privatwirtschaftlicher Tierwohlprogram- mich unter: Alexander.Hinrichs@initiative- me wie der ITW nicht gefährdet, sondern im tierwohl.de. Sinne des Tierwohls und der Landwirtschaft auf diesen Programmen aufbaut. In diesem Punkt Herzliche Grüße aus Bonn sendet Ihnen hat uns Herr Lins zugesichert, bestehende „nationale Labels als Inspiration“ zu sehen und in einem „harmonisierten System mög- lichst“ zu „integrieren“. Immerhin. Dr. Alexander Hinrichs 2
POLITIKBRIEF 2020-03 SCHWERPUNKTTHEMA Tierwohl zwischen Deutschland und Europa – wo stehen wir? Deutschland ist weder eine politische noch eine wirtschaftliche dingungen zu. Hieran orientieren sich die Nachbarländer Insel. Der europäische Binnenmarkt ist längst real. Und meis- Deutschlands Polen, Niederlande, Frankreich und Däne- tens profitieren wir alle davon. Voraussetzung ist allerdings, mark sowie Spanien und Italien. Prinzipiell können deutsche dass der politische Rahmen stimmt. Nationale Gesetzgebung Geflügelhalter also weniger Tiere im Stall halten als viele darf nicht dazu führen, dass deutsche Landwirte innerhalb des Berufskollegen aus anderen EU-Ländern. europäischen Binnenmarkts Wettbewerbsnachteile erfahren müssen. Kurzum: der legislative Rahmen Deutschlands muss Schauen wir auf die Haltung von Mastschweinen, so ergibt zum legislativen Rahmen der Europäischen Union passen. sich ein ähnliches Bild. Im Bereich bis 110 Kilogramm Kör- pergewicht sieht die deutsche Gesetzgebung ein Platzangebot Mit den im Januar 2021 voraussichtlich in Kraft tretenden von mindestens 0,75 Quadratmeter pro Tier vor. Die EU sieht Regelungen zur Ferkelkastration verstößt die Bundesregierung hier mit 0,65 Quadratmeter wesentlich weniger Platz vor. Ähn- gegen diesen Grundsatz. Denn fortan müssen sich deutsche lich wie Deutschland bieten die Niederlande und die Schweiz Sauenhalter an Regeln halten, deren Umsetzung aufwändiger ihren Mastschweinen mehr Platz an. Wichtige Wettbewerber beziehungsweise teurer ist als die Umsetzung der nationalen im EU-Binnenmarkt, wie Spanien, Frankreich, Italien und Regelungen in den Niederlanden oder Dänemark. Hier aber Polen schreiben dagegen lediglich das EU-Mindestmaß vor. sitzen innerhalb des europäischen Binnenmarkts die unmittel- baren Wettbewerber der deutschen Sauenhalter. Vor diesem Hintergrund scheint eine rein nationale Gesetz- gebung zur Verbesserung des Tierwohls in Deutschland nicht Wir haben uns angesichts dieser Situation gefragt: Wo stehen der geeignete Hebel zu sein, wenn man weiterhin an einem die deutschen Tierhalter eigentlich grundsätzlich im europäi- freien EU-Binnenmarkt festhalten möchte. Von der Landwirt- schen Vergleich, wenn es um die Gesetzgebung geht? schaft getragene Initiativen wie die Initiative Tierwohl (ITW) können ein wirksames Instrument sein. Mit einer Besatz- Eine vollständige Betrachtung würde den Rahmen sprengen. dichte von 35 Kilogramm Lebendgewicht pro Quadratmeter Aber ein Blick auf das vorgeschriebene Platzangebot könnte bei Hähnchen konnte die ITW gegenüber dem EU-Richtwert bereits aussagekräftig sein, da es hier ja nicht nur um Kosten in der Breite ein Mehrplatzangebot von ungefähr 17 Prozent für die Landwirte, sondern auch um Mengenkapazität geht, erreichen. Bei den Mastschweinen sind das sogar ungefähr die markroökonomisch betrachtet ein wichtiger Wirtschafts- 27 Prozent mehr Platz gegenüber der EU-Vorgabe von 0,65 faktor ist. Quadratmeter pro Tier. Beginnen wir bei den Masthähnchen. Hier existiert in Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sollte die Deutschland die Verpflichtung der Branche auf eine Besatz- deutsche Politik mithin nicht nur im Sinne der deutschen dichte von 39 Kilogramm Lebendgewicht pro Quadratmeter. Landwirtschaft einheitlichere EU-Regeln anstreben, sondern Die EU-Richtlinie 2007/43/EG des Rates vom 28. Juni 2007 im Sinne des Tierwohls auch nicht-staatliche Initiativen wie mit Mindestvorschriften zum Schutz von Masthühnern lässt die Initiative Tierwohl und andere Programme dringend in ihre eine Besatzdichte von bis zu 42 Kilogramm Lebendgewicht Politik einbeziehen. pro Quadratmeter unter den im Anhang V formulierten Be- 3
POLITIKBRIEF 2020-03 STATEMENT Claire Bury über Initiativen der Europäischen Kommission für eine EU-weite, einheitliche Regelung zum Tierwohl in der Nutztierhaltung: Foto: European Commission - DG SANTE „Die Europäische Union hat in den Darüber hinaus wird die Kommission Op- letzten 40 Jahren mit fünf Richtlinien tionen für eine Tierschutzkennzeichnung und zwei Verordnungen ein wichtiges prüfen. Zu diesem Zweck beabsichtigen Regelwerk zum Wohlergehen von Nutz- wir, bis Anfang nächsten Jahres eine Stu- tieren geschaffen. In den letzten Jahren die in Auftrag zu geben. hat die Kommission ihre Bemühungen darauf konzentriert, die Umsetzung dieser Der Rat forderte in seinen Schlussfolge- Rechtsvorschriften zu verbessern, da es rungen vom Dezember 2019 „die Kom- in bestimmten Bereichen noch Optimie- mission auf, die Notwendigkeit und die rungsbedarf gibt. Auswirkungen eines EU-Rechtsrahmens mit Kriterien für Tierschutzkennzeich- Claire Bury ist stellvertre- Mit der Verabschiedung der „Farm to nungssysteme unter Berücksichtigung der tende Generaldirektorin der GD Gesundheit und Lebens- Fork“-Strategie wird die Kommission auch nationalen Erfahrungen zu bewerten“. Die mittelsicherheit und ist dort die europäischen Tierschutzvorschriften deutsche Präsidentschaft beabsichtigt, zuständig für die Bereiche überarbeiten, um sie an die neuesten wis- die Ratsschlussfolgerungen zur Tier- Lebensmittelsicherheit und senschaftlichen Erkenntnisse anzupassen, schutzkennzeichnung anzunehmen. Dieser Nachhaltigkeit ihren Geltungsbereich zu erweitern, ihre politische Beitrag wird nützlich sein, um Durchsetzung zu erleichtern und letztlich künftige Initiativen der Kommission in ein höheres Tierschutzniveau zu gewähr- diesem Bereich zu lenken. leisten. Zwar gibt es einen Konsens über einen be- Zu diesem Zweck hat die Kommission be- stimmten Grad an Harmonisierung in die- reits mit einer Evaluierung der Rechtsvor- sem Bereich, doch sind noch viele Fragen schriften begonnen. Weitere Informationen offen. Es gibt bereits mehrere private oder zu diesem Prozess finden Sie hier: öffentliche Kennzeichnungssysteme für den Tierschutz. Die Kommission wird zu- nächst so viele Informationen wie möglich Zur Evaluierung über diese Erfahrungswerte sammeln, um zu sehen, auf welcher Grundlage ein EU- Rechtsrahmen entworfen werden könnte.“ 4
POLITIKBRIEF 2020-03 IM GESPRÄCH MIT NORBERT LINS MdEP Sollte es ein harmonisiertes EU-La- bel geben, werden wir bestehende Foto: European Parliament nationale Labels als Inspiration sehen und in einem harmonisierten System möglichst integrieren. Der Vorsitzende des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung im Europaparlament über die Herausforderungen eines EU-weiten Tierwohlsiegels, die Auswirkungen der Farm-to-Fork-Strategie auf die Nutztierhaltung und seine Erwartungen an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. ITW: Welche konkreten Pläne verfolgt das Europäische Parla- Ist ein EU-weites, einheitliches Tierwohlsiegel geplant? ment hinsichtlich des Tierwohls in der Nutztierhaltung? Im Jahr 2019 wurden im Rat Schlussfolgerungen zum Tier- Die Problematik des Tierschutzes war und ist für das EP schutz beschlossen, wobei dieser als integraler Bestandteil immer ein großes Anliegen gewesen, wie der erst vor kurzem einer nachhaltigen Tierproduktion zu sehen sei. Des Weiteren eingerichtete Untersuchungsausschuss für den Transport von wurde die Kommission aufgefordert, die Notwendigkeit neuer Tieren eindeutig beweist. Dieser Ausschuss wird die Durch- Rechtsvorschriften und ihre möglichen Auswirkungen zu setzung der EU-Vorschriften zum Schutz von transportierten prüfen. Dazu gehören Aspekte wie ein EU-Rechtsrahmen für Tieren in den EU-Mitgliedstaaten und der Kontrolle durch Tierschutzkennzeichnungssysteme unter Berücksichtigung die Kommission näher untersuchen. Dazu gehören etwa nationaler Erfahrungswerte. mutmaßliche Verstöße während des Transports von Tieren in- Einige Mitgliedstaaten verfügen bereits über freiwillige Tier- nerhalb und außerhalb der EU. Ein Bericht des Ausschusses schutzprogramme, im Zusammenhang mit einer besonderen wird innerhalb von 12 Monaten vorgelegt werden. Kennzeichnung. Konsumenten können ihre Kaufentschei- Auf Initiative des EPs wurde im Februar 2019 ein Bericht dungen im Sinne des Tierschutzes treffen und die Erzeuger zum Thema „Tierschutz beim Transport innerhalb und außer- erhalten im Gegenzug Verkaufsprämien. Die Transparenz und halb der EU“ verabschiedet, der Empfehlungen wie etwa Glaubwürdigkeit solcher Systeme muss jedoch gewährleistet die Umsetzung und Durchsetzung geltender EU-Rechtsvor- sein. schriften, die Datenerfassung, Inspektion und Überwachung, Die am 20. Mai 2020 präsentierte „Farm-to-Fork“-Strategie zulässige Fahrzeiten, Tiertransporte in Drittstaaten enthält. beinhaltet u.a. eine sogenannte „Fitness Check Roadmap“, Ebenfalls enthalten ist die Empfehlung zur Aufnahme von der die Grundlage für einen Bewertungsprozess und einer Tierschutz-Zahlungen in den GAP-Verhandlungen, da der Prüfung der EU-Gesetzgebung zum Schutz von Nutztieren Tierschutz in einem der neun spezifischen GAP-Ziele, im ist. In Folge des Fitness Checks soll die Kommission beste- Bereich Nachhaltigkeit von Lebensmittelsystemen, enthalten hende Tierschutz-Gesetze mit einer Folgenabschätzung und ist. Damit sollen langfristig stark verbesserte Tierschutz-Be- neuen Legislativvorschlägen bis Anfang 2022 überarbeiten, dingungen erzielt werden und somit auch den Wünschen und die dann von den Co-Gesetzgebern bis Ende 2023 angenom- Vorstellungen der Gesellschaft in den GAP-Verhandlungen men werden sollten. entsprochen werden. 1 European Parliament resolution of 14 February 2019 on the implementation of Council Regulation (EC) No 1/2005 on the protection of animals during transport within and outside the EU ( https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2019-0132_EN.pdf ) 5
POLITIKBRIEF 2020-03 Eine spezielle Untergruppe der „Tierschutz-Plattform“ der fung von Lebensmittelbetrug und die Kennzeichnung von be- Kommission setzt sich mit der spezifischen Frage der Kenn- stimmten Produkten beinhaltet. Die EU-Förderprogramme für zeichnung auseinander, wobei eine externe Studie mit ersten landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel soll ebenfalls Ergebnissen 2022 geplant ist. Sollte das Ergebnis zu einem überprüft werden. neuen Legislativvorschlag führen, so würde dieser höchst- All diese geplanten Maßnahmen werden sich klar auf die wahrscheinlich im Jahr 2024 präsentiert werden. Tierhaltung auswirken, wie wir sie heute kennen. Dazu gehört zum Beispiel die Reduzierung von Methan-Emissionen von Nutztieren und gleichzeitige Nutzung landwirtschaftlicher Wo sehen Sie die größten Herausforderungen bzw. Hindernisse, Abfälle für die Biogas-Erzeugung. Durch die Anwendung prä- wenn es um ein einheitliches Tierwohl-Siegel in der EU geht? ziser Düngungstechniken und der Anwendung nachhaltiger Welche Rolle spielen dabei die unterschiedlichen gesetzlichen landwirtschaftlicher Praktiken sollen die Umweltauswirkun- Standards der Mitgliedsstaaten? gen verringert werden. Ein Teil dieser Maßnahmen soll Be- Uns ist bekannt, dass in einigen Mitgliedstaaten bereits eigene standteil der strategischen Pläne der Mitgliedstaaten werden, Tierschutz-Kennzeichnungssysteme eingeführt wurden. Hier die Teil der derzeitigen GAP-Verhandlungen sind. seien exemplarisch Dänemark, die Niederlande und Österreich Mit einer möglichen Erleichterung des Inverkehrbringens von anzuführen. Andere Mitgliedsstaaten wiederum arbeiten mit nachhaltigeren und innovativeren Futtermittel-Zusatzstoffen freiwilligen Systemen. soll auch die Abhängigkeit von kritischen Futtermitteln, wie Viele Interessengruppen würden jedoch zustimmen, dass ein z.B. Soja, in Zukunft verringert werden. harmonisiertes EU-Label einfacher und aussagekräftiger wäre. Ebenfalls auf dem Plan steht eine Überprüfung der Förder- Wenn wir diesen Weg einschlagen, würden wir natürlich be- programme für landwirtschaftliche Erzeugnisse und ob durch stehenden nationale Labels als Inspiration sehen und in einem andere Schwerpunkte, die Ernährungsgewohnheiten der EU- harmonisierten System möglichst integrieren. Bürgerinnen und Bürger, vor allem hinsichtlich des Fleisch- konsums sowie einer nachhaltigeren Produktion, beeinflusst werden können. Was kann die EU tun, um die Transparenz in Hinblick auf die Herkunftsländer der Produkte für die Verbraucher zu erhöhen? Die Kommission hat sich verpflichtet, einen Legislativvor- schlag für die obligatorische Kennzeichnung der Vorder- seite von Verpackungen vorzulegen und die Erweiterung der Die Maßnahmen der „Farm-to- Ursprungskennzeichnung in Erwägung zu ziehen, ohne den Fork“-Strategie werden sich klar Binnenmarkt zu stören. Mit möglichen Maßnahmen ist dabei frühestens Ende 2022 zu rechnen. auf die Tierhaltung auswirken. Im Rahmen der amtlichen Kontroll-Verordnung wird speziell zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug beigetragen. Dies umfasst: • D ie zuständigen Behörden berücksichtigen bei ihrer Be- Erwarten Sie von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft starke wertung der Risiken die Wahrscheinlichkeit, dass Konsu- Impulse für mehr Tierwohl auf europäischer Ebene? menten irregeführt werden. Das am 1. Juli veröffentlichte Programm der deutschen • F inanzielle Sanktionen sind für betrügerische Praktiken in Ratspräsidentschaft unter dem Motto „Together for Europe’s den Mitgliedstaaten festzusetzen, die gegen einschlägiges recovery“ enthält den Hinweis, dass im Rahmen der „Farm- EU-Recht verstoßen und sollen sich am Gewinn oder am to-Fork“-Strategie, in enger Abstimmung mit den GAP-Ver- Umsatz orientieren. handlungen, Ratsschlussfolgerungen zum Tierschutz und zur • D ie Mitgliedstaaten müssen einen angemessenen Schutz Kennzeichnung vorgelegt werden sollen. für „Whistleblower“ gewährleisten. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die zuständige Minis- • D as „Joint Research Centre“ der Kommission hat die terin den Tierschutz sehr ernst nimmt und die Kommission Aufgabe, als Wissenszentrums für die Authentizität und auffordern wird, die Anstrengungen in diesem Bereich zu Integrität von Lebensmitteln zu fungieren. verstärken. Zum Beispiel ist uns die deutsche Initiative zur Schaffung eines EU-Labels für landwirtschaftliche Erzeug- nisse von Januar 2020 bekannt, der die Achtung des Tier- Welche politischen Initiativen hinsichtlich der Nutztierhaltung schutzes garantieren soll, und auch große Unterstützung der ergeben sich aus Ihrer Sicht aus der Farm-to-Fork-Strategie? EU-Agrarminister erhalten hat. Wir sind uns auch bewusst, dass trotz dieser Unterstützung einige Länder, einschließlich In der „Farm-to-Fork“-Strategie kündigt die Kommission Belgien, wollten, dass das Etikett freiwillig bleibt. Trotzdem einen Legislativvorschlag für einen „Rahmen für ein nach- bin ich überzeugt, dass die zuständige Ministerin nach- haltiges Lebensmittelsystem vor Ende 2023“ an, der u.a. die drücklich auf einem obligatorischen System für alle auf dem Bewertung und Überarbeitung der bestehenden Tierschutz- europäischen Markt verkauften Produkte bestehen wird. Gesetze, eine Überarbeitung der Futtermittelzusatzstoffe, eine Überarbeitung der EU-Marketing Standards, Bekämp- 6
POLITIKBRIEF 2020-03 KURZMELDUNGEN FORSA-UMFRAGE Verbraucher kennen und schätzen die Haltungsform-Kennzeichnung Die vierstufige Haltungsform-Kennzeichnung für Fleisch ist bei den Deutschen inzwischen genauso bekannt wie das EU-Biosiegel. Darüber hinaus finden 92 Prozent die Haltungsform-Kennzeichnung des Handels gut oder sehr gut. 79 Prozent der Deutschen sind davon überzeugt, dass die Haltungsform-Kennzeichnung zu mehr Bewusstsein für das Tierwohl beim Einkauf führen wird. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative forsa-Befragung von Juni dieses Jahres. „Die Haltungsform ist zur Standardorientierung geworden, wenn es um Tierwohl beim Fleischkauf geht“, erklärt Ge- schäftsführer Dr. Alexander Hinrichs. Mittlerweile berufen sich auch Nichregierungsorganisationen und Medien auf die Haltungsform. In vielen Schulbüchern werden mit ihr die verschiedenen Arten der Tierhaltung in Deutschland erklärt. Auch die ITW kennen inzwischen 64 Prozent der Deutschen, 91 Prozent der Verbraucher finden ihren Ansatz gut oder sehr gut. Grafik: forsa STARKES SIGNAL IMPRESSUM Hello Fresh liefert Tierwohl-Fleisch Herausgeber: Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH Mit Hello Fresh nimmt Schedestraße 1-3, 53113 Bonn seit Juli der erste Online- V.i.S.d.P.: Dr. Alexander Hinrichs Lebensmittelhändler an der Tel. +49 (0) 228 336485-0 ITW teil. Das Unternehmen liefert Kochboxen mit vorportio- Ansprechpartner: Dr. Patrick Klein nierten Zutaten und Rezepten. Tel. +49 (0) 228 336485-60 E-Mail patrick.klein@initiative-tierwohl.de Für Dr. Alexander Hinrichs hat die Teilnahme des Online-Händlers Signalwirkung: „HelloFresh demonstriert eindrucksvoll, dass die ITW mit ihrem breitenwirksamen System die geeignete Plattform für Unternehmen ist, die ihren Kunden statt leerer Versprechen bereits heute ein wirkliches Plus an Tierwohl anbieten wollen.“ Künftig bietet Hello Fresh seinen Kunden ausschließ- lich Geflügelfleisch von Landwirten an, die die Kriterien der ITW erfüllen. Daneben zahlt es für jedes verkaufte Kilogramm Fleisch in den Tierwohl-Fonds der ITW ein. 7
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