Politiker fordern CO2-Messgeräte und Luftfilter in Schulen: Diese Geräte gibt es, das bringen sie und so viel kosten sie
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
COVID-19 Politiker fordern CO2-Messgeräte und Luftfilter in Schulen: Diese Geräte gibt es, das bringen sie und so viel kosten sie Die Aargauer SP will Luftfilter und CO2-Messgeräte in allen Klassenzimmern, um Ansteckungen zu verhindern. Die AZ hat die Zehnder Group in Gränichen besucht, die auf Lüftungssysteme spezialisiert ist, und sich die verschiedenen Geräte erklären lassen. Raphael Karpf 19.08.2021, 05.00 Uhr Exklusiv für Abonnenten Um Ansteckungen in Schulen zu verhindern, hat die Aargauer SP einen offenen Brief an die Kantonsregierung geschrieben. Sie fordert CO2- Messgeräte und Luftfilter für alle Schulen im Kanton Aargau. Eine Antwort der Regierung liegt noch nicht vor. Doch spätestens seit auch Taskforce- Präsidentin Tanja Stadler für Luftfilter plädierte, hat die Diskussion zusätzlichen Schub bekommen. Doch was für Geräte gibt es überhaupt? Was bringen sie? Und wie viel kosten sie? Die AZ hat darüber mit Geschäftsführer Christoph Strahm und dem Leiter der Academy Thorsten Erichsen von der Zehnder Group Schweiz AG gesprochen. Das Unternehmen in Gränichen ist einer der grössten Hersteller von Lüftungssystemen.
Christoph Strahm, Geschäftsführer der Zehnder Group Schweiz AG (links) und Thorsten Erichsen, Leiter Zehnder Academy Schweiz vor einem Lüftungssystem. Severin Bigler Was für Systeme gibt es überhaupt? In einem ersten Schritt muss zwischen Lüftungsanlagen und Luftreinigern unterschieden werden. Lüftungsanlagen haben einen ähnlichen Effekt, wie wenn man das Fenster öffnet: Die verbrauchte Innenluft wird durch frische Aussenluft ersetzt. Dadurch kommt neuer Sauerstoff hinein, die CO2-Konzentration sinkt, Staub oder Viren werden hinausbefördert. Gleichzeitig können bei der Luft, die hineinkommt, Abgase oder Pollen herausgefiltert werden. Und die moderneren Lüftungssysteme (sogenannte Komfortlüftungssysteme) erwärmen die frische Luft gleich noch mit der Abwärme der Innenluft, wodurch es drinnen nicht kalt wird und Heizkosten gespart werden können.
Bei Luftreinigern kommt keine neue Luft in das Schulzimmer. Bei diesen Systemen wird die Luft im Raum durch ein Gerät gepumpt, über Filter geführt und gereinigt. Wenn nun von Luftfiltern die Rede ist, geht es um solche Geräte mit entsprechenden Filtern, die Viren herausfiltern. Welches System bringt welche Vorteile? Lüftungen sind ganzheitlicher. Gerade beim CO2 ist das wichtig. Denn das Gas kann nicht mit einfachen Methoden aus der Luft gefiltert werden. Selbst wenn in einem Klassenzimmer ein Luftfilter aufgestellt würde, müssten trotzdem zwischendurch die Fenster geöffnet werden. Dies schlicht aus dem Grund, um den CO2-Gehalt auf ein gesundes Niveau zu senken. Ansonsten leidet die Konzentrationsfähigkeit der Schüler. Für Schulen an viel befahrener Strassen ist das wegen des Lärms ein Problem, für alle Schulen im Winter wegen der Kälte. Luftreiniger hingegen sind spezifischer: Sie können zwar Viren herausfiltern, lösen dafür aber andere Probleme – zum Beispiel eine hohe CO2-Konzentration – nicht. Dafür sind sie deutlich kleiner und billiger als Lüftungssysteme. Während Lüftungssysteme fix verbaut werden müssen, können Luftreiniger einfach eingesteckt und eingeschaltet werden. Wie viel kosten die jeweiligen Lösungen? Grundsätzlich wäre es sinnvoll, Lüftungssysteme bei Neubauten von Anfang an zu berücksichtigen. Bei Altbauten ist das hingegen schwierig. Die Lösung der Zehnder Group Schweiz AG dafür: In bestehende Klassenzimmer wird ein Lüftungssystem eingebaut, der sogenannte «Zehnder ComfoSchool». Das ist eines der moderneren Lüftungssysteme: Es lässt sich in rund einem halben Tag einbauen und braucht keine grossen baulichen Anpassungen. Ausserdem macht das Gerät kaum Lärm. In vier Schulen in der Schweiz wurden solche Testanlagen bereits installiert, unter
anderem auch in Oberentfelden. Links in der Ecke: Die Lüftungsbox an der Schule Oberentfelden. Zvg Der Nachteil: Das Gerät ist relativ gross und kostet inklusive Installation mindestens 5000 Franken. Andere Anbieter haben ähnliche Lösungen im Angebot, die jeweils auch mehrere tausend Franken kosten. Die Zehnder Group bietet gleichzeitig auch Luftreiniger an. Diese sind bei bei der Gränicher Firma ab rund 500 Franken zu haben. Die Geräte reinigen die Luft so gut, dass sie selbst in Spitälern eingesetzt werden. Luftreiniger von anderen Anbietern sind bereits ab rund 150 Franken erhältlich. Dazu gibt Thorsten Erichsen, Leiter Zehnder Academy Schweiz – die Abteilung ist für die Ausbildung zuständig – allerdings zu bedenken: «Es gibt grosse Qualitätsunterschiede zwischen den verschiedenen
Produkten.» Ein Luftreiniger (rechts) der Zehnder Group. Severin Bigler So solle man sich auf jeden Fall vergewissern, ob die eingesetzten Filter tatsächlich auch Viren herausfiltern, und wie lange sie halten. Denn das teuerste an diesen Geräten sind die eingebauten Filter. Derjenige im Zehnder-Gerät ist rund 30 Zentimeter dick. Andere seien deutlich dünner und müssten je nachdem alle paar Wochen ausgetauscht werden. Deshalb spiele nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die Lebensdauer und der Preis der Ersatzfilter eine Rolle. Ausserdem gibt es Luftreiniger, die ziemlich laut sind, was in Klassenzimmern nicht ideal ist. Worauf sollen Schulen nun setzen? Für Christoph Strahm, Geschäftsführer der Zehnder Group, ist klar: Lüftungssysteme sind das bessere Produkt, weil sie die Luftqualität
gesamtheitlich und nachhaltig verbessern. «Es ist eine aufwendigere Lösung. Aber es ist im Sinne der guten Raumluft viel nachhaltiger.» Dass nicht jede Schule für 5000 Franken eine Lüftung in jedes Schulzimmer einbauen wird, ist ihm klar. Deshalb seien Luftreiniger durchaus auch ein Mosaikstein, um die Luftqualität zu verbessern. Dies allerdings nur kurzfristig und für sehr spezifische Probleme. Das sei jedoch nur eine «Symptombekämpfung» und keine Lösung für das Grundproblem: Die Luftqualität in Klassenzimmern. Er bedauert insbesondere, dass die Luftqualität in Schulzimmern seit Jahren ein ungelöstes Thema ist. Gemäss einer Erhebung des Bundesamtes für Gesundheit von 2013 bis 2015 sind 60'000 Schulzimmer schweizweit ungenügend belüftet. Doch die Gemeinden hätten es verpasst, die Probleme zu lösen. Insofern habe die Pandemie sogar einen positiven Nebeneffekt, sagt Strahm: Die Diskussion um die Luftqualität in Schulzimmern bekommt neuen Schub. Und welche Rolle spielen die CO2-Messgeräte? CO2-Messgeräte messen ausschliesslich den CO2-Gehalt in der Luft, nicht aber die Virenkonzentration. Deshalb zeigen sie nur an, wann gelüftet werden sollte, und nicht zwingend, wann eine Ansteckungsgefahr besteht. Zusammen mit Luftreinigern machen die Messgeräte deshalb nur bedingt Sinn. Wenn nicht gelüftet, aber ein Luftreiniger eingesetzt wird, würde das Messgerät nach wie vor warnen. Denn es wäre nach wie vor zu viel CO2 in der Luft, während die Viren mehrheitlich herausgefiltert worden sind. Mehr zum Thema: Gränichen Academy Arizona Bezirk Aarau Kanton Aargau Schule Schweiz Tanja Stadler
Copyright © Aargauer Zeitung. Alle Rechte vorbehalten. Eine Weiterverarbeitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung zu gewerblichen oder anderen Zwecken ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis von Aargauer Zeitung ist nicht gestattet.
Sie können auch lesen