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Mai 2021 POSITIONSPAPIER Mountainbiking und Waldnaturschutz Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband Baden-Württemberg
2 Positionspapier: Mountainbiking und Waldnaturschutz 1. Einleitung Sportliche Betätigung in der Natur ist eine Erfahrung, die positive Auswirkungen auf die persönliche und soziale Entwicklung von Menschen haben kann. Darüber hinaus ist das Erleben von Natur mit den eigenen Sinnen wichtig, um eine ökologische Orientierung in der Gesellschaft zu verankern und auszubauen. Wer regelmäßig in der Natur unterwegs ist, kann sich also auch besser für ihren Schutz begeistern. In diesem Sinne begrüßt der BUND Baden- Württemberg die steigende Beliebtheit neuer Natursportarten wie zum Beispiel Mountainbiking. Ein Mountainbike (MTB) ist ein Fahrrad, das besonders auf den Einsatz abseits befestigter Wege ausgelegt ist. Die verstärkte Nutzung des Naturraums durch die stark steigenden Zahlen an Mountainbiker*innen darf jedoch nicht zu Konflikten mit dem Naturschutz und anderen Naturbesucher*innen führen. Daher werden mit dem vorliegenden Positionspapier Leitlinien für die Planung und den Betrieb von MTB-Strecken vorgestellt, damit aktuelle Probleme (z.B. illegale MTB-Trails in Schutzgebieten) und Nutzungskonflikte in Zukunft vermieden werden. 2. Rahmenbedingungen Rechtlich gesehen ist das Befahren von Waldwegen § 37 Absatz 3 LWaldG BW: mit Fahrrädern in Baden-Württemberg nach dem Nicht gestattet sind das Reiten auf Landeswaldgesetz ab einer Wegbreite von zwei Me- gekennzeichneten Wanderwegen unter tern gestattet¹. 3 m Breite und auf Fußwegen, das Radfahren auf Wegen unter 2 m Breite Ausnahmen für extra zu diesem Zweck eingerichte- sowie das Reiten und Radfahren auf te MTB-Trails können von der unteren Forstbehörde Sport- und Lehrpfaden; die Forstbehör- zugelassen werden. Zahlreiche Kommunen haben de kann Ausnahmen zulassen. von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht und Ausnahmeregelungen erlassen. Dazu gehören beispielsweise Freiburg, Esslingen, Bietigheim und Albstadt. Es gibt immer wieder politische Bestrebungen aus der MTB-Szene, die Zwei-Meter-Regelung in Baden-Würt- temberg abzuschaffen. Im Jahr 2014 wurde eine Peti- tion zu diesem Thema mit 58 000 Unterstützer*innen eingereicht, allerdings ohne Erfolg². ¹https://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/l/page/bsbawueprod.psml/screen/JWPDFScreen/filename/WaldG_BW.pdf ² https://www.landtag-bw.de/cms/sites/LTBW/home/aktuelles/pressemitteilungen/2014/juli/1202014.html Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Baden-Württemberg e.V. • Mai 2021 • www.bund-bawue.de
Positionspapier: Mountainbiking und Waldnaturschutz 3 3. Aktuelle Entwicklungen In der Praxis wird die zwei-Meter-Regelung häufig von Open Street Map. Dort sollten entsprechende Ein- ignoriert. Breite, ebene Forstwege gelten für Mountain- träge („Radfahren nicht erlaubt“, „Naturschutzgebiet“) biker*innen als langweilig und zu wenig anspruchs- in die Datenbank eingepflegt werden. voll. Deshalb wird oft auf schmale Pfade mit mehr Unebenheiten und Hindernissen ausgewichen. Da- Die Anzahl der Mountainbiker*innen nimmt seit Jah- bei ist zu beachten, dass je nach MTB-Disziplin ren stabil zu, wodurch auch der Nutzungsdruck auf (z.B. Downhill, Freeride Enduro, Cross-Country) unter- die Trails und folglich auf die Wälder steigt. Diese Ent- schiedliche Ansprüche an die Strecken und die tech- wicklung hat sich im Jahr 2020 durch die COVID-Aus- nische Ausstattung bestehen³. Da Forstwege den gangsbeschränkungen noch einmal deutlich verstärkt. Streckenanforderungen der Mountainbiker*innen in Um die Rushhour im Wald zu umgehen, verschieben der Regel nicht genügen und den stark gestiegenen sich Nutzungszeiten der Trails im Tagesverlauf, so- Bedarf an Strecken nicht decken, werden in ganz dass mittlerweile auch Fahrten in der Dämmerung und Baden-Württemberg immer mehr legale und illegale Nachtfahrten mit Stirnlampen beliebter werden. Diese MTB-Trails gebaut. Unter Trails werden in dieser sind, insbesondere im Winter, äußerst bedenklich, weil Publikation schmale Pfade mit natürlichen Hindernis- dadurch die Ruhezeit, in denen Wildtiere im Wald unge- sen verstanden, die nur hintereinander und nicht ne- stört sind, deutlich verkürzt wird. Außerdem sind viele beneinander befahren werden können. Tiere besonders in den Dämmerstunden aktiv. Der Nut- zungsdruck ist am größten in den Ballungsräumen, in Illegale Trails sind MTB-Strecken unter zwei Me- denen eine hohe Bevölkerungsdichte und geeignetes ter Breite abseits von bisher offiziellen Wegen, die Gelände zusammenkommen. ohne Planungs- und Genehmigungsverfahren von Mountainbiker*innen eingerichtet werden. Schmale Des Weiteren ist ein starker Anstieg von elektrisch Trails, die durch starke Nutzung auf über zwei Meter unterstützten Mountainbikes (E-MTB) zu beobachten. Breite ausgefahren werden, sind damit nicht legal. Da Im Jahr 2019 hatten 63% aller in Deutschland verkauf- die illegalen Trails ohne Behörden, Naturschutz und ten MTBs einen Elektromotor – Tendenz steigend4. andere Waldnutzungsgruppen an einer als passend E-MTBs sind besonders problematisch, weil mit ihnen empfundenen Stelle in Nutzung genommen werden, auch neue Strecken und größere Reichweiten einer bleiben ökologische Kriterien bei der Standortauswahl größeren Zielgruppe zugänglich gemacht werden. und –ausgestaltung in der Regel unbeachtet. In der Dadurch verlagert sich der Nutzungsdruck weiter in Folge werden illegale Trails auch in sensiblen Schutz- Gebiete hinein, die aufgrund ihrer Topografie und Ent- gebieten genutzt und durch das unkoordinierte Anle- fernung zu anderen Infrastrukturen bisher nur wenig gen der Trails werden größere, zusammenhängende frequentiert waren. Rückzugs-, Nahrungs- und Reproduktionsräume in der Natur immer weiter fragmentiert. Durch Naviga- Durch diese Entwicklungen gibt es eigentlich keine tions-Apps (z.B. Komoot, Garmin) können illegale Orte mehr in Baden-Württemberg, die für Mountain- Trails in Online-GIS-Systeme eingespeist und unter biker*innen unerreichbar sind – egal zu welcher Jah- Mountainbiker*innen weit verbreitet werden. Die mei- res- oder Tageszeit. sten Outdoor-Apps basieren auf der Datengrundlage ³ Davies, C.; Newsome, D. (2009): Mountain bike activity in natural areas: impacts, assessment and implications for management: a case study from John Forrest National Park, Western Australia. STCRC. 4 Fahrrad Verkaufszahlen 2019, https://www.radfahren.de/story/fahrrad-verkaufszahlen-2019/ Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Baden-Württemberg e.V. • Mai 2021 • www.bund-bawue.de
4 Positionspapier: Mountainbiking und Waldnaturschutz 4. Konfliktfelder 4.1 Fauna Jede Form der Freizeitgestaltung kann negative Aus- Artengruppen (z.B. Laufkäfer) sind noch weitgehend wirkungen auf die Natur haben. Die Auswirkungen unerforscht und lassen sich bisher nicht quantifizie- hängen von vielen Faktoren, beispielsweise Jahres- ren. Es ist jedoch anzunehmen, dass auch für Vögel und Tageszeit, ab. Durch Mountainbiker*innen, die vor und Insekten negative Beeinträchtigungen durch stark allem bergab mit hoher Geschwindigkeit unterwegs frequentierte MTB-Trails bestehen. Außerdem kann sind und Tiere überfallartig erschrecken, kann die Stö- davon ausgegangen werden, dass MTB-Reifen als rung von Wildtieren besonders stark sein. Dadurch ist Vektoren für Pathogene fungieren. Beim Kreuzen von die die Fluchtstrecke und Fluchtfrequenz im Vergleich Wasserläufen können so beispielsweise Sporen der zur Störung durch Wander*innen erhöht5. Somit erhöht für heimische Krebsarten tödlich verlaufenden Pilz- sich auch der Energiebedarf von Wildtieren, was insbe- krankheit Krebspest durch Schlammreste im Profil sondere während der Wintermonate lebensbedrohlich der Reifen verbreitet werden und die Ausbreitung der für sie sein kann. Krankheit beschleunigen. Dieser Effekt ist auch bei anderen Freizeitaktivitäten zu beobachten, z.B. durch Durch die hohe Mobilität wird beim Mountainbiking Wanderschuhe¹¹. im Vergleich zu anderen Waldaktivitäten mehr Stre- cke im gleichen Zeitraum zurückgelegt. Dadurch kann Grundsätzlich muss gelten: Alle Wildtiere haben ein eine größere Zahl an Wildtieren pro Nutzer*in und Zeit- Recht auf Ungestörtheit – auch Arten, die nicht unter einheit gestört werden6. Die Beeinträchtigungen sind Schutz gestellt sind. am stärksten, wenn Mountainbiker*innen abseits der Wege durch den Wald fahren. Viele Wildtiere können sich mit der Zeit an den Verlauf häufig frequentierter 4.2.Boden und Flora Wege gewöhnen und meiden diese7. Auch daraus kön- Mountainbiking wirkt sich negativ auf Boden und Ve- nen Probleme in anderen Räumen entstehen, da als getation aus. Die Beeinträchtigungen sind von vielen Folge der Verdrängung von Wildtieren der Wildverbiss Faktoren wie Hangneigung, Streckenführung, Boden- von jungen Bäumen in den Ausweichräumen erhöht feuchte oder Beschaffenheit des Bodens abhängig¹². und die natürliche Waldverjüngung gestört wird8. Die Bodenerosion ist in der Mitte eines Trails und bei starker Hangneigung am stärksten¹³. Zusätzlich be- Durch das Fehlen der Vegetationsschicht erwärmen wirken bestimmte Fahrweisen, z.B. das Rutschen um sich Wege und Trails, je nach Breite und Befestigungs- Kurven mit angezogener Hinterradbremse („Skidding“) grad, schneller als ihre Umgebung9. Dadurch können besonders starke Erosionserscheinungen¹4. In der wärmeliebende Tiere wie Reptilien von den Trails Folge sind Baumwurzeln freigelegt und werden direkt angezogen werden und Gefahr laufen, unter die Rei- verletzt, was zu einer verringerten Baumvitalität in fen zu kommen. Ein ähnliches Problem besteht für den ohnehin schon durch die Klimakrise gestressten Amphibien, die sich während ihrer Wanderungen auf Wäldern führt. Durch das Umfahren von schlammigen Wegen und in Regenpfützen aufhalten¹0. Die genauen Abschnitten und Pfützen werden Trails mit der Zeit im- Auswirkungen des MTB-Sports auf diese und weitere mer breiter und die gestörte Fläche folglich vergrößert. 5 Gander, H.; Ingold, P. (1997): Reactions of male alpine chamois Rupicapra r. rupicapra to hikers, joggers and mountainbikers. Biol. Conserv. 79, 107‐109. 6 Taylor, A.R.; Knight, R.L. (2003): Wildlife responses to recreation and associated visitor perceptions. Ecol. Appl. 13, 951‐963. 7 George, S.L; Crooks, K.R. (2006): Recreation and large mammal activity in an urban nature reserve. Biol. Conserv. 133, 107‐117. 8 Reimoser, F. (2005): Freizeitaktivitäten und Wildtiere: Folgen für den Wald. In: Ingold, P., Hauptautor und Hrsg., Freizeitaktivitäten im Lebensraum der Alpentiere. Haupt, Bern, 311‐321. 9 Burgin, S.; Hardiman, N. (2012): Is the evolving sport of mountain biking compatible with fauna conservation in national parks? Aust. Zool. 36, 201‐208. 10 GfL (Planungs‐ und Ingenieurgesellschaft GmbH) (2000): Radwege in der freien Landschaft. Art der Befestigung. Eine Analyse aus landespflegerischer Sicht. Landesamt für Straßen‐ und Verkehrswesen Rheinland‐Pfalz. 11 Chucholl, C.; Dehus, P. (2011): Flusskrebse in Baden-Württemberg. 3. Auflage. Landwirtschaftliches Zentrum für Rinderhaltung, Grünland-wirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW), Stuttgart; 88 S. Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Baden-Württemberg e.V. • Mai 2021 • www.bund-bawue.de
Positionspapier: Mountainbiking und Waldnaturschutz 5 Durch bodenschonende Fahrtechnik und Wartung der stark reduzieren, wenn sie auf Wander*innen stoßen Trails können die Beeinträchtigungen des Bodens mi- und schmale, nicht für Fahrräder zugelassene Pfade nimiert werden. Besonders starke Bodenschäden ent- nicht befahren. Spaziergänger*innen sollten spezi- stehen, wenn der Waldboden aktiv mit Werkzeugen ell für MTBs zugelassene Trails meiden und sich nä- umgegraben und umgelagert wird, etwa beim Anlegen hernden Mountainbiker*innen signalisieren, dass sie von Sprungschanzen oder Steilkurven. bemerkt wurden und einen Schritt beiseite gehen. Die friedliche Koexistenz von unterschiedlichen Waldnut- Die Belastungen des Bodens durch Mountainbiking zungsformen muss jederzeit gewährleistet sein – im führen außerdem zu Sauerstoffmangel im Boden Zweifel muss das Recht des Schwächeren gelten. und Verdichtungen, sodass für Wurzeln und Boden- lebewesen unüberbrückbare Barrieren entstehen. Im Vergleich zu Wanderwegen ist auf MTB-Trails eine deutliche Reduktion der Vegetationsdecke und des Kräuteranteils festzustellen¹5. Eine gewünschte Na- turverjüngung der Bäume ist auf den Trails und im di- rekten Umfeld unmöglich. 4.3.Nutzungskonflikte mit Spazier-gänger*innen Durch das hohe Tempo von Mountainbiker*innen steigt die Kollisions- bzw. Unfallgefahr im Wald an. Da- her kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Mountainbiker*innen und anderen Nutzungsgruppen. Spaziergänger*innen fühlen sich in ihrer Naherholung gestört, wenn auf Forstwegen Mountainbiker*innen ungebremst an ihnen vorbeirasen oder ihnen auf sch- malen Pfaden entgegenkommen. Andererseits gibt es auch Fälle, in denen MTB-Gegner*innen gezielt Hinder- nisse und Blockaden auf MTB-Trails gelegt haben, was zu schweren Verletzungen von Mountainbiker*innen führen kann. Solche Aktionen sind lebensgefähr- lich und müssen unbedingt unterlassen werden. Der BUND appelliert an alle Waldnutzer*innen, gegensei- tige Rücksichtnahme und Vorsicht walten zu lassen. Mountainbiker*innen sollten ihre Geschwindigkeit 12 Pickering, C.M.; Rossi, S.; Barros, A. (2011): Assessing the impacts of mountain biking and hiking on subalpine grassland in Australia using an experimental protocol. J. Environ. Manage. 92, 3049‐3057. 13 Chiu, L.; Kriwoken, L. (2003): Managing Recreational Mountain Biking in Wellington Park, Tasmania, Australia. Ann. Leis. Res. 6 (4), 339‐361. 14 Ebd. 15 Pickering, C.M.; Rossi, S.; Barros, A. (2011): Assessing the impacts of mountain biking and hiking on subalpine grassland in Australia using an experimental protocol. J. Environ. Manage. 92, 3049‐3057. Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Baden-Württemberg e.V. • Mai 2021 • www.bund-bawue.de
6 Positionspapier: Mountainbiking und Waldnaturschutz 5. Forderungen und Lösungsvorschläge Durch die stark steigenden Zahlen von Mountainbiker*innen und anderen Natursportarten steigt der Nutzungsdruck auf die Natur an. Allerdings ist das Angebot an geeigneten und zugelassenen Trails für die steigende Anzahl an Mountainbiker*innen nicht ausreichend. Daher ist davon auszugehen, dass die Zahl an illegalen Trails weiter zuneh- men wird, wenn keine attraktiven und legalen Möglichkeiten für die Ausübung des MTB-Sports geschaffen werden. Durch eine vorausschauende Planung von Strecken unter der Beteiligung aller Waldnutzungsgruppen kann eine Minimierung von Zielkonflikten erzielt werden. Aus Sicht des BUND Baden-Württembergs müssen bei der Planung, Instandhaltung und Nutzung von MTB-Trails folgende Punkte beachtet werden: Naturschutzgebiete, Waldbiotope, Waldrefugien, flä- Bei der Suche nach geeigneten Flächen sollen auch chenhafte Naturdenkmale, Bannwälder, Kernzonen nicht bewaldete Standorte einbezogen werden. Auch von Nationalparks und Biosphärengebieten sowie für MTB-Disziplinen (z.B. Dirtbike), die besonders auf Standorte mit bekannten Vorkommen gefährdeter Ar- bauliche Elemente wie Steilkurven, Sprungschanzen ten müssen für MTB-Trails tabu bleiben. In FFH- und oder Holzkonstruktionen angewiesen sind, sollen Vogelschutzgebieten muss das Verschlechterungs- von Kommunen vorzugsweise nicht-bewaldete oder verbot unbedingt eingehalten werden und Konflikte anderweitig schützenswerte Flächen wie Halden und mit den Erhaltungszielen und Zielarten müssen aus- Erddeponien zur Verfügung gestellt werden. geschlossen werden. In den weiteren Schutzgebiets- kulissen muss eine Gefährdung des Schutzzwecks Neue offizielle Trails müssen vorrangig auf Flächen ausgeschlossen werden und bestehende gesetzliche mit geringem Naturschutzwert angelegt werden. Da- Vorgaben eingehalten werden. bei sollten neue Trails möglichst dicht beisammen und parallel zu bereits bestehenden Strukturen wie Die Planung und Ausweisung von MTB-Trails muss ein beispielsweise Straßen und Forstwegen eingerich- ordentliches Planungs- und Genehmigungsverfahren tet werden, um negative Auswirkungen auf die Natur durchlaufen. Andere Waldnutzungsgruppen müssen und eine weitere Zerschneidung von Lebensräumen in die Planung einbezogen werden, um Konflikte zu mit einer Bündelung von Trails zu minimieren. Offizi- vermeiden. Die Freigabe neuer, legaler Trails muss zu- elle Trails müssen regelmäßig gewartet werden, um nächst befristet erfolgen, bis ein deutlicher Rückgang Bodenschäden zu vermeiden. Die Zuständigkeit und der MTB-Aktivitäten auf nicht ausgewiesenen Stre- Verantwortung hierfür muss vor der Streckenfreigabe cken sichtbar ist. geklärt sein. Bei der Planung muss ein vorausschau- endes Konzept zur Besucher*innenlenkung erarbeitet Die „Zwei-Meter Regel“ im Landeswaldgesetz muss werden, um Konflikte mit dem Naturschutz und ande- bestehen bleiben. Bei Ausnahmen muss eine gefahr- ren Waldnutzungsgruppen von Beginn an zu vermei- lose Nutzung von Wegen für alle Waldbesucher*innen den. gewährleitet werden. Eine zielgruppengerechte PR-Kampagne, Informati- Bestehende, illegal angelegte Trails müssen zurückge- onstafeln im Wald und Beschilderungen an den Stre- baut werden, insbesondere in Schutzgebieten. Dafür cken helfen bei der Steigerung der Akzeptanz für sollten aktive Sperrmaßnahmen (Quer- und Längsver- Naturschutzmaßnahmen und machen wichtige Ver- legung mit Baumstämmen, Reisigbarrieren, Zäune) an- haltensregeln deutlich (z.B. keine Nachtfahrten, Müll gewandt werden. mitnehmen, Rücksichtnahme, sanfte Fahrtechnik). Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Baden-Württemberg e.V. • Mai 2021 • www.bund-bawue.de
Positionspapier: Mountainbiking und Waldnaturschutz 7 6. Fazit Durch Beschilderung an und Banner über Freizeitgestaltung in der Natur muss für alle Men- Waldwegen muss deutlich ersichtlich sein, schen gefahrlos möglich gemacht werden - auch für auf welchen Wegen Mountainbiker*innen Mountainbiker*innen. Dabei darf allerdings kein erheb- unterwegs sein dürfen und auf welchen licher Schaden an der Natur entstehen. Durch den starken nicht. Mountainbike- und Radsportvereine Anstieg an Mountainbiker*innen in den letzten Jahr- können bei der Vermittlung von Informatio- zehnten, die zunehmende Elektrifizierung von MTBs und nen und Verhaltensregeln eine wichtige Rol- die stark steigende Zahl illegaler MTB-Trails entstehen le spielen. erhebliche Schäden für die Schutzgüter Artenvielfalt und Boden, außerdem kommt es vermehrt zu Konflikten mit Ein wissenschaftliches Monitoring zu den anderen Waldnutzungsgruppen. Um weitere Probleme für ökologischen Auswirkungen von MTB-Trails Natur und Menschen zu vermeiden, müssen mit allen Be- und Nutzungsfrequenz ist durchzuführen, teiligten Lösungen für das Themenfeld Mountainbike erar- um bestehende Informationsdefizite zu be- beitet werden. Der BUND Baden-Württemberg fordert die seitigen. Beibehaltung der Zwei-Meter-Regel im Landeswaldgesetz, den Ausschluss von MTB-Trails in sensiblen Schutzgebie- Das Land Baden-Württemberg muss Perso- ten und den Rückbau illegal errichteter Trails. Gleichzeitig nalkapazitäten bei der zentralen Umweltmel- befürwortet der BUND-Landesverband den Bau von offizi- destelle schaffen, damit illegale Trails bei ellen Trails in wenig sensiblen Waldstücken, wenn bei der Online-Kartendiensten entfernt, Radfahrver- Planung alle Nutzungsgruppen eingebunden werden und bote eingepflegt und Schutzgebiete sowie die Planung an einer Minimierung der ökologischen Aus- legale Trails aufgenommen werden können. wirkungen ausgerichtet ist. Eine enge Zusammenarbeit mit den Kom- munen bzw. unteren Naturschutzbehörden Laut Umfragen ist das Naturerlebnis für mehr als 75% der ist zu gewährleisten, damit die digitale Pfle- Mountainbiker*innen einer der wichtigsten Gründe zur ge zeitnah und regelmäßig stattfinden kann. Ausübung ihres Sports¹6. Daher kann davon ausgegangen Darüber hinaus werden in stark frequen- werden, dass ein Großteil der MTB-Szene für den Erhalt ei- tierten und besonders wertvollen Gebieten ner intakten Natur empfänglich ist. Folglich kommt der Öf- Ranger*innen nach dem Vorbild der Natio- fentlichkeits- und Aufklärungsarbeit eine besondere Rolle nalparks eingestellt, da Vorort-Präsenz und zu, da sich viele Mountainbiker*innen gar nicht über die ne- direkte Ansprache von Waldbesucher*innen gativen Auswirkungen ihres Sports auf die Natur bewusst die Besucherlenkung effektiv unterstützt. sind. Wenn die Natur in der Planung und bei der Ausübung Die Stellen sind über die Naturschutzmittel von Freizeitaktivitäten im Wald mitgedacht wird, lassen des Landes mitzufinanzieren. sich die meisten Probleme minimieren. Das gilt für alle Aktivitäten im Wald, da viele der oben genannten Auswir- Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben kungen auf die Natur nicht MTB-spezifisch sind, sondern im Wald muss regelmäßig kontrolliert und auch bei anderen Formen der Freizeitgestaltung im Wald gegebenenfalls mit Verwarnungs- bzw. Buß- auftreten können. Als eine relativ junge Form der wohnort- geldern sanktioniert werden. nahen Naherholung bietet Mountainbiking auch die Chan- ce, weite Tages- oder Wochenendausflüge zu vermeiden und die Bedeutung des Fahrrads insgesamt zu erhöhen. 16 DAV Umfrage 2020, https://www.alpenverein.de/chameleon/public/5a9e0acd-7c6c-e3ca-673e-2cd061de3e96/Mountainbiken-im-DAV-Umfrageergebnisse-2020_31368.pdf Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Baden-Württemberg e.V. • Mai 2021 • www.bund-bawue.de
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Baden-Württemberg e.V. Landesgeschäftsstelle Ansprechpartner: (Politik & Kommunikation) Christoph Schramm, Referent für Wald und Landwirtschaft Marienstr. 28 christoph.schramm@bund.net 70178 Stuttgart Fon 0711 62 03 06-0 www.bund-bawue.de Konzeption und Gestaltung: www.kissundklein.de Hauptgeschäftsstelle (Service & Information) Mühlbachstr. 2 78315 Radolfzell Fon 07732 1507-0 Mai 2021
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