POWER PURCHASE AGREEMENTS II: MARKTANALYSE, BEPREISUNG & HEDGINGSTRATEGIEN - Energy Brainpool
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
POWER PURCHASE AGREEMENTS II: MARKTANALYSE, BEPREISUNG & HEDGINGSTRATEGIEN Berlin, 29.01.2019 White Paper F. Huneke, M. Claußner
INHALTSVERZEICHNIS 1. Einleitung ............................................................................................................................................................... 1 2. Marktanalyse: Aktuelle Daten zu PPA ........................................................................................................... 2 2.1. Marktvolumen PPAs in Europa .................................................................................................................. 2 2.2. Diskussion des Potenzials von PPAs in Deutschland ......................................................................... 2 2.3. Exkurs: Einordnung von PPA in den Kontext der Energiewende ................................................... 5 3. Langfristige Stromlieferverträge unter der Lupe ...................................................................................... 7 3.1. Mögliche Vertragsverhältnisse .................................................................................................................. 7 3.2. Varianten der Mengen- und Preisabsprachen ...................................................................................... 8 4. Finanzielle Bewertung von PPAs .................................................................................................................... 9 4.1. Bewertungsmethodik der Vermarktungserlöse: Beispiel Windenergie ........................................ 9 4.2. Weitere Einflussparameter bei der finanziellen Bewertung .......................................................... 10 4.3. Beispiel: Quantifizierung des Wettereinflusses auf Preis- und Mengenrisiko ......................... 11 5. Absicherungsstrategien für PPA-Portfolios ............................................................................................... 13 5.1. Wahl des Verkaufszeitpunktes: Drei Absicherungsstrategien ....................................................... 13 5.2. Wahl der Verkaufsmengen: Rollierender, wertneutraler Hedge................................................... 14 6. Auf einen Blick .................................................................................................................................................... 17 KURZPORTRÄT Energy Brainpool ...................................................................................................................... 18
ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: nachrichtlich erwähnte PPA in Europa, Stand Ende 2018, in MW kumuliert ............. 2 Abbildung 2: Entwicklung der kumulierten Erzeugungskapazitäten von Ü21-Anlagen für onshore Wind und PV bis 2030 .............................................................................................................................................. 3 Abbildung 3: Vergleich der Entwicklung der Stromgestehungskosten mit (dunkelblau) und ohne EEG-Förderung (hellblau) von 2020–2050 (Beispielannahmen: CAPEX sinken von 1.000 auf 750 EUR/kW, OPEX 2,5% von CAPEX) ................................................................................................................ 4 Abbildung 4: Gliederung unterschiedlicher PPA-Typen (Geldflüsse innerhalb des PPAs in blau, Stromflüsse in grün) ................................................................................................................................................. 7 Abbildung 5: Verteilung der stündlichen Spotpreise in Relation zur Windeinspeisung sowie durchschnittlicher Jahresbasepreis, Marktwert von EEG- und Vermarktungswert von Nicht-EEG- Windanlagen in 2040 ............................................................................................................................................... 9 Abbildung 6: Vergleich des Einflusses verschiedener Wetterjahre auf Strommenge und –wert in 2021 mittels prozentualer Abweichungen vom Mittelwert aller Wetterjahre .................................... 12 Abbildung 7: Übersicht über abnahmeseitige Absicherungsstrategien für PPA-Portfolien mit Unterscheidung nach Verkaufszeitpunkt ......................................................................................................... 13 Abbildung 8: Ermittlung eines wertneutralen Hedges am Beispiel eines Windparks ....................... 15 Abbildung 9: Vorgehen beim rollierenden Hedge von 8 MW über 5 Jahre .......................................... 16 TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1: Übersicht über mögliche Risiken bei der Vermarktung von Wind- und PV-Strom ........ 11
EINLEITUNG 1. EINLEITUNG Power Purchase Agreements (PPAs) haben sich im Jahr 2018 zum zentralen Bestandteil aktuel- ler Diskussionen in der Energiebranche entwickelt. PPA-Grundlagen sowie eine erste Potenzial- abschätzung waren die Kerninhalte des ersten Energy-Brainpool-White-Papers zum Thema. Der zweite Teil zielt, nach einem einleitenden aktuellen Überblick über die Entwicklung in Europa, darauf ab, inwiefern sich PPAs in die deutsche Energiewirtschaft integrieren lassen: Welche Chancen und Risiken haben sie für Betrieb und Zubau erneuerbarer Energien? Welche vertragli- chen Gestaltungsmöglichkeiten existieren? Wie lässt sich eine faire Bepreisung für Käufer und Verkäufer erlangen? Mit welchen Absicherungsstrategien bekommen die Vertragspartner die Marktrisiken in den Griff? White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 1
MARKTANALYSE: AKTUELLE DATEN ZU PPAS 2. MARKTANALYSE: AKTUELLE DATEN ZU PPAs 2.1. MARKTVOLUMEN PPAS IN EUROPA Power Purchase Agreements (PPAs) haben in Europa bisher vor allem in Skandinavien, Großbri- tannien, Spanien und den Niederlanden eine Rolle gespielt, zuletzt jedoch auch zunehmend in Italien. Aus Abbildung 1 ist zu entnehmen, dass dabei überwiegend Windstrom Vertragsgegen- stand ist, mit Ausnahme von Spanien. Der Großteil dieser Verträge wurde 2017 und 2018 abge- schlossen. Als Käufer tra- ten klassische Energiever- sorger und große Indust- rieunternehmen gleicher- maßen auf. Insgesamt sind in Europa heute mindes- tens 7.300 MW installierte Windleistung (on- und offshore) und über 2.100 MW installierte PV- Leistung über PPAs abge- sichert. Die in Deutschland bisher über ein PPA abge- sicherte Kapazität ist im europäischen Vergleich gering. In der Marktanalyse Abbildung 1: nachrichtlich erwähnte PPA in Europa, Stand Ende 2018, ließen sich weniger als in MW kumuliert [Quelle: Darstellung basierend auf eigenen Recherchen 100 MW Leistung finden. öffentlicher Quellen] 2.2. DISKUSSION DES POTENZIALS VON PPAs IN DEUTSCHLAND Die Bedeutung von PPAs als Vermarktungsinstrument für Strom aus erneuerbaren Energien nimmt in Europa derzeit zu. In Deutschland verlieren ab 2021 jährlich Wind- und PV-Anlagen ihren Anspruch auf finanzielle EEG-Förderung und langfristige Stromlieferverträge sind die der- zeit erwartete, zentrale Vermarktungsoption. Hierzu ein Blick auf Abbildung 2: Während die ku- mulierte Erzeugungskapazität dieser Anlagen bei PV erst gegen Ende der 2020er Jahre auf meh- White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 2
MARKTANALYSE: AKTUELLE DATEN ZU PPAS rere Gigawatt ansteigt, wächst sie für Onshore-Windanlagen bereits bis 2025 auf über 16 GW an. Die Stromgestehungskosten („Levelised costs of electricity“ oder LCOE) dieser Anlagen be- stehen im Wesentlichen aus möglichen Investitionskosten für einen Weiterbetrieb und den Be- triebskosten. Aus heutiger Sicht kann für einen Weiterbetrieb der Stromerlös über mindestens drei Jahre mittels Terminmarktprodukten abgesichert werden. Die Anforderungen an das Portfo- liomanagement sind jedoch mitunter komplex. Daher ist eine hohe Nachfrage nach Windstrom- PPAs mit einem Fixpreis über drei bis fünf Jahre in diesem Marktsegment wahrscheinlich. 30000 Kummulierte Erzeugungskapazität von Ü21- 25000 20000 Anlagen in MW 15000 10000 5000 0 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Wind onshore PV Abbildung 2: Entwicklung der kumulierten Erzeugungskapazitäten von Ü21-Anlagen für onshore Wind und PV bis 2030 [Quelle: Eigene Darstellung nach BMWi] Auch mittelfristig gewinnen PPAs an Bedeutung: Einerseits für nicht finanziell geförderte Neu- anlagen und andererseits für Bestandsanlagen, die auf finanzielle Förderung verzichten. In bei- den Varianten bleibt die zuletzt im Preis gestiegene Grünstrom-Eigenschaft erhalten, da diese Anlagen nicht unter das Doppelvermarktungsverbot fallen. Grundsätzlich würden Bestandsanlagen dann aus der EEG-Förderung in die sonstige Direktver- marktung wechseln, sollten die dort erzielbaren Vermarktungserlöse die EEG-Vergütung über- steigen. Zuschlagswerte der vergangenen Auktionen über die Höhe der finanziellen Förderung lagen zum Teil bereits unter den in einigen Monaten erzielbaren Vermarktungserlösen. Die in aktuellen Szenarien1 berechneten künftigen Vermarktungserlöse der nächsten Dekade übertref- 1 Vgl. Energy Brainpool (2019): EU Energy Outlook 2050 White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 3
MARKTANALYSE: AKTUELLE DATEN ZU PPAS fen die Förderhöhen auch im Jahresmittel. Abhängig von der künftigen Strompreisentwicklung und den genauen Zuschlagswerten könnten so jährlich bis zu 600 MW förderfähiger PV bzw. 2,5 GW förderfähiger Onshore-Windenergie für einen solchen Wechsel in langfristige Stromlie- ferverträge in Frage kommen. Bei der Offshore-Windenergie beläuft sich dieses Potenzial unter Abzug der bereits bezuschlagten Kapazitäten der ersten beiden Ausschreibungsrunden bis 2030 auf 8,5 GW. Im Gegensatz dazu stehen Neuanlagen, die keinen Förderanspruch geltend machen, außerhalb der Volumenbeschränkung des EEG-Ausschreibungssystems. Bei günstiger Marktentwicklung könnten diese so für zusätzlichen Ausbau sorgen. Voraussetzung für einen nachfragegetriebenen, zusätzlichen Anlagenzubau ist: Die LCOE dieser Anlagen sinken unter deren Vermarktungserlöse2. Hierbei ist zu beachten, dass bei Erneuerbare- Energien-Projekten ein Großteil der Kapitalkosten zum Projektbeginn anfällt und die Änderung der Risikoposition für die Kapitalkosten höchst relevant ist. Um dies zu verdeutlichen, ist eine Projektion der möglichen Entwicklung der Stromgestehungskosten von Windstrom in Deutsch- land in Abbildung 3 dargestellt. Der Fokus liegt bei dieser Beispielrechnung auf den Kapitalkos- ten: Ohne die Sicherheit der finanziellen EEG- 5 Förderung (Bsp. WACC 4 %) sind die Anla- LCOE in ct_2016/kWh 4 gen mit zusätzlichen Risiken konfrontiert, 3 die eine höhere Eigenkapitalquote, sowie 2 höhere Fremdkapital- und damit Geste- 1 hungskosten nach sich ziehen (Bsp. WACC 0 7 %). Für das Jahr 2020 erhöhen sich die 2020 2030 2040 2050 Wind_4% Wind_7% LCOE dadurch beispielsweise um Abbildung 3: Vergleich der Entwicklung der Stromge- 1,12 ct/kWh oder 34 %. Sollen PPA Neuan- stehungskosten mit (dunkelblau) und ohne EEG- lagen finanziell absichern, müssen die er- Förderung (hellblau) von 2020–2050 (Beispielannahmen: CAPEX sinken von 1.000 auf zielbaren Abnahmepreise hoch genug lie- 750 EUR/kW, OPEX 2,5% von CAPEX) gen, um dieser veränderten Kostensituati- on Rechnung zu tragen. 2 Rechnerisch ist dies bei einigen Projekten bereits heute der Fall. Solange Ausschreibungen unterzeich- net werden und der Genehmigungsstau sich nicht auflöst, gibt es jedoch keinen Anreiz, auf die finanzielle Sicherheit der Marktprämie zu verzichten. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 4
MARKTANALYSE: AKTUELLE DATEN ZU PPAS 2.3. EXKURS: EINORDNUNG VON PPAs IN DEN KONTEXT DER ENERGIEWENDE Wie wäre eine zunehmende Absicherung von volatilen Erzeugungsanlagen mittels PPAs ener- giepolitisch zu bewerten? Wo können PPAs etwas zum Erfolg der Energiewende beitragen, wo können sich Probleme ergeben? Sicher ist, dass im Zuge all der Diskussionen um PPAs die ge- samtgesellschaftliche Perspektive nicht zu kurz kommen sollte. Daher werden nachfolgend ei- nige Argumente erörtert. PPAs verändern Sicherheit und Höhe der Erlösströme von Erneuerbare-Energien-Anlagen und wirken sich damit auch auf die Kostenstruktur für Projektierer aus. Das hat einen Einfluss auf die Energiewende als gesellschaftliches Projekt: Zum einen auf die Akteursvielfalt, denn steigende Anforderungen an Eigen- bzw. Risikokapital sowie hohe Bonität bevorteilen große Unternehmen gegenüber kleinen Bürgerenergiegenos- senschaften. Auch eine anlagendifferenzierte Förderung spezifischer Zubaubereiche wie Dach- anlagen oder kleinere Anlagen erfolgt nicht mit PPAs. Große Projekte haben hier gegenüber kleinen einen Vorteil. Zum anderen kann die Zubaurate erneuerbarer Energien in Abhängigkeit von der energiepoliti- schen Einbettung sowohl verlangsamt als auch beschleunigt werden. Ungeförderter Zubau hat grundsätzlich das Potenzial, schnell auf eine veränderte Nachfrage in einem sich selbst optimie- renden Verhältnis aus PV und Wind zu reagieren. Einer Erhöhung des Anteils erneuerbarer Ener- gien ohne Erhöhung der EEG-Umlage kann mit PPAs als Finanzierungsinstrument gelingen. Die- ses Instrument ermöglicht es Industrieunternehmen über corporate-PPAs zudem, die Energie- wende aktiv und nach außen sichtbar mitzugestalten. Andererseits kann sich ein solcher Zubau auch verlangsamen, wenn er sich nach Strompreisen richtet und diese fallen. Auch die Liquidität von Investoren kann einen solchen Zubau bremsen: Nach dem Bau einer Anlage steht ihnen wenig Kapital für Reinvestitionen zur Verfügung, da die Anlagenerlöse der ersten Jahre ver- mehrt dafür aufgebracht werden müssen, die Schulden zu tilgen. Steigender Zubau außerhalb des EEGs führt zudem zu Herausforderungen für die politische wie regionale Ausbausteuerung. Diese soll in erster Linie die regionale Verteilung der Anlagen för- dern, wie zum Beispiel durch das Referenzertragsmodell der Wind-Ausschreibungen, sowie den Netzausbaubedarf kontrollierbar machen. Ein entsprechendes Modell bei hohen Zubauraten außerhalb des EEG muss erst noch entwickelt werden. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 5
MARKTANALYSE: AKTUELLE DATEN ZU PPAS Dem Grünstrombezug über PPAs wird eine hohe Glaubwürdigkeit und Sichtbarkeit nach Außen eingeräumt. Gegenüber der reinen Grünstromkennzeichnung mittels Herkunftsnachweisen weißt diese Variante nämlich eine Unmittelbarkeit der Vertragspartner auf. Der Image-Vorteil für den Käufer eines PPAs lässt sich so zusammenfassen: „Dieser PV-/Windpark ließ sich nur aufgrund unserer Abnahmegarantie errichten oder weiterbetreiben.“ Der Käufer kann dabei so- wohl ein Grünstromvertrieb sein als auch ein Stromverbraucher. Ein weiterer Punkt, der in diesem Kontext eine Rolle spielt, ist die Akzeptanz der Energiewende in der Gesellschaft. Denn durch einen zunehmenden marktseitigen Ausbau ungeförderter erneu- erbarer Energien verliert die Energiewende das Attribut eines teuren, förderungsabhängigen Projektes. Aus volkswirtschaftlicher Sicht stärken PPAs als Marktinstrument den technologieübergreifen- den Wettbewerb zwischen Windenergie und PV einerseits, sowie den marktgebietsübergreifen- den Wettbewerb zwischen zum Beispiel einem PV-Zubau in Deutschland und Spanien anderer- seits. Mittelfristig kann so ein harmonisierter, europäischer Markt für den Zubau erneuerbarer Energien entstehen. Dieser hat enorme Effizienzpotenziale, wenn PPA-Anlagen wohl an den europaweit günstigsten Standorten gebaut würden. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 6
LANGFRISTIGE STROMLIEFERVERTRÄGE UNTER DER LUPE 3. LANGFRISTIGE STROMLIEFERVERTRÄGE UNTER DER LUPE Ein Power Purchase Agreement (PPA) ist ein langfristiger Stromliefervertrag, der bilateral zwi- schen einem Käufer (Stromabnehmer) und einem Verkäufer (Anlagenbetreiber) abgeschlossen wird. Dieser Vertrag regelt die Lieferung einer Strommenge zu einem fest oder variabel definier- ten Preis oder einem äquivalenten finanziellen Ausgleich. Das Profil der Strommenge kann da- bei ausdrücklich unbekannt sein. Als Käufer können dabei sowohl Stromverbraucher, in der Regel Unternehmen („Corporate PPA“), als auch Energieversorgungsunternehmen (EVU) oder Aggregatoren („Utility PPA“) auftre- ten. Letztere sammeln zum Beispiel ein Portfolio an Anlagen und nutzen den Grünstrom im Endkundenvertrieb. PPAs bieten dabei für beide Vertragsparteien Chancen und auch Risiken. Verkäufer erhalten Preissicherheit, in Deutschland gegenwärtig allerdings noch unterhalb der finanziellen EEG-Förderung. Bei Neuanlagen ohne Anspruch auf finanzielle Förderung kann ein PPA mit einem solventen Abnehmer mitunter die Projektfinanzierung überhaupt erst er- möglichen. Käufer können einen Teil ihres Strombezugs langfristig mit nachweisbarem Grünstrom preislich absichern und das Risiko schwankender Großhandelsstrompreise redu- zieren. In einer Phase fallender Strompreise kann eine Preisfixierung aber ebenso ein Nachteil gegenüber Wettbewerbern sein. Da die Profile des Stromverbrauchs (Käufer) und der Stromerzeugung (Verkäufer) in der Regel nicht übereinstimmen, ist zumindest für den Käufer ein bilanzieller Ausgleich über den Markt notwendig. 3.1. MÖGLICHE VERTRAGSVER- HÄLTNISSE Neben der Frage der Vertragsparteien unter- scheidet sich auch die Vertragsstruktur. Ein Abbildung 4: Gliederung unterschiedlicher PPA-Typen wesentlicher Unterschied besteht zwischen (Geldflüsse innerhalb des PPAs in blau, Stromflüsse in grün) White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 7
LANGFRISTIGE STROMLIEFERVERTRÄGE UNTER DER LUPE off-site- und on-site-PPAs. Off-site-PPAs lassen sich weiter unterteilen in Verträge mit physika- lisch-bilanzieller Fahrplanlieferung und in Verträge über einen rein finanziellen Ausgleich. Bei Letzteren ist zu beachten, dass diese rechtlich wie Derivate behandelt und daher grundsätzlich in der Unternehmensbilanz ausgewiesen werden müssen. Weiterhin ist der Spezialfall der on- site-PPAs in der Regel nur als Corporate PPA möglich, bringt aber durch den Strombezug „on- site“ zusätzliche Vorteile, da Abgaben und Umlagen entfallen. Die in der Abbildung 4 zusam- mengefasste Gliederung eignet sich auch dafür, weitere Titel für PPA-Typen einzuordnen. Diese bildeten sich teils ohne durchgehend klare begriffliche Verwendung auf verschiedenen Märk- ten3. 3.2. VARIANTEN DER MENGEN- UND PREISABSPRACHEN Bei allen Stromlieferverträgen spielt die Festlegung auf Menge und Preis eine zentrale Rolle. Da ein PPA eine solche Stromlieferung über den klassischen Terminmarktzeitraum hinaus für eine wetterabhängige Menge unbekannten Profils vertraglich regeln soll, ist diese Festlegung die wesentliche Herausforderung. Eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten spannt sich mit hete- rogener Risikoverteilung auf die beiden Vertragsparteien auf. Die Mengen können entweder „as- produced“ oder als fixe Teilmenge (z. B. P90- oder P50-Menge) abgenommen werden. Während sich die erstgenannte Variante aufgrund der reduzierten Komplexität vor allem für kleinere An- lagen eignet, muss bei letzterer auch die Struktur der Abnahmemenge vertraglich definiert wer- den. Diese kann sich am Erzeugungsprofil orientieren oder aber als Grundlast-PPA gestaltet sein. Mit Blick auf Preisvereinbarungen sind verschiedene Varianten denkbar: Fixpreise, sich über die Laufzeit anpassende Stufenpreise oder eine Preisindexierung. Auch Mindestpreise oder Preis- korridore sowie Preisobergrenzen sind hier möglich. Eine Mischform dieser Varianten kann so aussehen: Ein Fixpreis wird für 80 % der produzierten Mengen vereinbart, während die Abnah- me der restlichen Erzeugung über eine Spotpreisindexierung erfolgt. Darüber hinaus werden Preise und Mengen stellenweise auch saisonal differenziert; eine Praxis, die vor allem bei Solar- strom-PPAs sinnvoll erscheint. 3 Merchant PPAs entsprechen in etwa Utility PPAs; virtual und synthetic PPAs bilden Beispiele für rein finanzielle PPAs; ein sleeved PPA ist eine Mischform aus utility und corporate PPA, in der ein Dienstleister zu definierende Teile der Abwicklung übernimmt. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 8
FINANZIELLE BEWERTUNG VON PPAS 4. FINANZIELLE BEWERTUNG VON PPAS 4.1. BEWERTUNGSMETHODIK DER VERMARKTUNGSERLÖSE: BEISPIEL WIND- ENERGIE Um im Rahmen eines PPAs mit einer Erneuerbaren-Energien-Anlage einen angemessenen Ab- nahmepreis zu bestimmen, muss die künftige Wertigkeit ihres erzeugten Stroms bestimmt wer- den. Das Beispiel der Bewertung der 140 Base 2040: Ø 68 EUR/MWh durchschnittlicher Windeinspeisung in 120 Deutschland veranschaulicht das anzu- Windeinspeisung in GW/h 100 wendende Verfahren . Ein analoges Vor- 80 gehen ist für PV-Anlagen möglich. Möchte man Windstrom für ein PPA be- 60 Ø 41 EUR/MWh Ø 56 EUR/MWh werten, so kann der mögliche Vermark- 40 tungserlös mithilfe von stundenscharfen 20 Strompreisszenarien und dem stunden- 0 scharfen Windprofil berechnet werden. -200,00 0,00 200,00 400,00 Das ist notwendig, da Windenergieanla- Strompreis in EUR/MWh gen nur unterdurchschnittliche Markt- Abbildung 5: Verteilung der stündlichen Spotpreise in Rela- preise bei der Direktvermarktung erlö- tion zur Windeinspeisung sowie durchschnittlicher Jahres- sen. Bereits historische Markterlöse la- basepreis, Marktwert von EEG- und Vermarktungswert von Nicht-EEG-Windanlagen in 2040 [Quelle: Strompreismodel- gen unter dem durchschnittlichen Base- lierung des Szenarios „Energy Brainpool“ für November Preis, da der Merit-Order-Effekt erneuer- 2009] barer Energien mit dem Zubau von Windenergieanlagen die durchschnittlichen Erlöse zunehmend verringerte. Für ein PPA stellt sich die Frage: Wie können sich diese Erlöse in der Zukunft bei sehr hohen Windstromanteilen entwickeln? Hierzu sind in Abbildung 5 modellierte Spotpreise in Verbindung mit der stündli- chen Windeinspeisung für den November 2040 im Wetterjahr 2009 dargestellt4. 4 Die Modellierung erfolgte anhand des Szenarios „Energy Brainpool”, das auf dem WEO 2018 Preisszena- rio “Sustainable Development” mit stark steigenden CO 2-Preisen basiert. Die Auswahl dieses Zeitab- schnitts erfolgte nach der Maßgabe eines sehr hohen Windstromanteils: Im Szenario sind ca. 140 GW Windkraftleistung installiert. Der November des Wetterjahres 2009 ist ein besonders windstarker Bei- spielmonat. Der Windanteil an der monatlichen Bruttostromerzeugung im November 2040 liegt in diesem Szenario bei 61 %. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 9
FINANZIELLE BEWERTUNG VON PPAS Zunächst fällt die Antikorrelation von Windeinspeisung und Strompreisen ins Auge. Diese ist auf die erwähnten strompreissenkenden Gleichzeitigkeitseffekte bei der Windeinspeisung zurückzu- führen. Bei sehr hohen Einspeisemengen bilden sich daher Preise von 0 EUR/MWh oder negati- ve Strompreise. Letztere spiegeln eine hohe Einspeisung von geförderten EEG-Anlagen wider, die zu negativen Grenzkosten bieten können. Windanlagen außerhalb der finanziellen EEG- Förderung können ihren Strom jedoch nur zu positiven Preisen gewinnbringend vermarkten. In der Folge ergeben sich unterschiedliche Wertigkeiten und Einspeisemengen für Windstrom aus EEG- und Nicht-EEG-Anlagen: Der mengengewichtete Durchschnittspreis zu jeder Stunde mit Windeinspeisung entspricht dem Marktwert von geförderten Anlagen und beträgt im Beispiel- monat 41 EUR/MWh, rund 60 % des Base-Preises. Bereinigt man diesen Marktwert um die Stun- den mit negativen Preisen, erhält man den Vermarktungswert ungeförderter Anlagen mit 56 EUR/MWh bzw. 82 % des Base-Preises. Auch wenn dieser höher liegt, können in diesem sehr windigen Monat nur rund 80 % des ungeförderten Windstroms gewinnbringend vermarktet wer- den5. Um aus der physikalisch erzeugbaren Windstrommenge den am Strommarkt möglichen Erlös zu errechnen, multiplizieren wir den erwarteten Base-Preis mit einem Abschlag für die vermarktba- re Menge (80 %) und für das Einspeiseprofil (82 %), insgesamt also mit einem Grundlastparitäts- faktor von 66 %. Die Modellierungsergebnisse deuten hier auch im Falle sehr hoher Windstrom- anteile auf einen ausreichenden Vermarktungserlös hin: Jede erzeugbare Megawattstunde Windstrom erzielt einen durchschnittlichen Erlös von 45 EUR. Keineswegs führt ein hoher Anteil erneuerbarer Energien dazu, dass die Strommarkterlöse aufgrund von stets geringen Stunden- preisen bei viel Wind auf null sinken. Darüber hinaus liegen die Erlöse auch über den erwarte- ten LCOE für 2040 (vgl. Abbildung 3), sodass ein zusätzlicher Ausbau außerhalb des EEG denk- bar scheint. 4.2. WEITERE EINFLUSSPARAMETER BEI DER FINANZIELLEN BEWERTUNG Neben der Wertigkeit des produzierten Stroms müssen darüber hinaus noch einige weitere Pa- rameter berücksichtigt werden, um einen fairen Abnahmepreis bestimmen zu können. Zum ei- nen ist die Übertragung von Herkunftsnachweisen in der Regel ein zentraler Bestandteil eines 5 Annahme: Zu genau 0 EUR/MWh findet auch eine Vermarktung statt. Hier spricht man von der „Vermark- tungsmenge“ von 80 %, die sich auf den „Vermarktungswert“ von 56 EUR/MWh bezieht. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 10
FINANZIELLE BEWERTUNG VON PPAS PPAs. Daher sollte deren Wertentwicklung nach Möglichkeit abgeschätzt und entsprechend ein- gepreist werden. Zum anderen ergibt sich je nach vertraglicher Mengen- und Preisabsprache eine unterschiedli- che Verteilung der Risiken auf die Vertragspartner. Wird beispielsweise die P90-Menge als Ab- nahmemenge vereinbart, liegt das Mengenrisiko beim Erzeuger, während es bei „as-produced“ PPAs auf die Abnehmerseite übertragen wird. Im Allgemeinen gilt es, diese Risiken zu identifi- zieren und so gut wie möglich zu quantifizieren. Darauf aufbauend können die Risiken fair ver- teilt oder als entsprechender Abschlag auf der Seite des jeweiligen Risikoträgers eingepreist werden. Tabelle 1 stellt hierzu eine erste Übersicht relevanter Risiken dar. Tabelle 1: Übersicht über mögliche Risiken bei der Vermarktung von Wind- und PV-Strom RISIKO BESCHREIBUNG Menge Anlagenverfügbarkeit? Wie viel Strom produziert die Anlage? Schwankungsbreite? Saisonalität? Korrelation zum durchschnittlichen Anlagenpark? EinsMan? Wettereinfluss HKNs Bestandteil? Preis Entwicklung der Strompreise? Entwicklung Commoditypreise? Preiserwartungen über handelbaren Terminmarkthorizont hinaus? Individuelle Profilwertigkeit? Gleichzeitigkeitseffekt bei Zubau feE? Liquidität Unterjährige Schwankungen aufgrund des Wetters, außerdem ggf. Liquiditätsbelastung durch Variation Margin Ausgleichsenergiekosten Regulatorisches Risiko Schwere Vorhersehbarkeit Kontrahent Bonität der Vertragspartner 4.3. BEISPIEL: QUANTIFIZIERUNG DES WETTEREINFLUSSES AUF PREIS- UND MENGENRISIKO Unter den Risiken der Stromvermarktung über ein PPA sticht insbesondere der Einfluss des Wet- ters hervor, der hier anhand von Windstrom beispielhaft quantifiziert werden soll. Schon heute variieren die Erlöse für Betreiber von EEG-geförderten Anlagen mit dem Wetter. Bei hohen Windmengen folgen hohe Erlöse und vice versa. Da auch die Strompreise mit dem Wetter schwanken, muss bei der Bewertung eines Wind-PPAs das sich aus dem Wetter ergebende Risi- White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 11
FINANZIELLE BEWERTUNG VON PPAS ko doppelt berücksichtigt werden. Wie wir im Weiteren zeigen, existiert hier aus Sicht des Ver- käufers eine erlösstabilisierende Antikorrelation der beiden Wettereffekte. Dieser Effekt wird anhand der Modellierungsergebnisse einer Szenariorechnung für das Jahr 2021 unter Verwendung der Wetterjahre 2005 bis 2016 deutlich. In Abbildung 6 sind die pro- zentualen Schwankungen der Erzeugungs- und Vermarktungsmengen um den jeweiligen Mit- telwert dargestellt. Die Erlöse sind ebenfalls prozentual und zusätzlich in EUR/MWh angegeben, sie beziehen sich dabei auf Erlösschwankungen der im langjährigen Mittel erzeugbaren Strom- menge. Windreiche Jahre wie 2007 zeigen hohe Mengen bei niedrigen Vermarktungswerten, windarme Jahre wie 2010 oder 2016 zeigen niedrige Mengen bei höheren Vermarktungswerten. Diese Antikorrelation ist allerdings nicht in jedem Wetterjahr gleichermaßen gegeben. Maßgeb- licher Einflussfaktor ist der Gleichzeitigkeitseffekt mit der Solareinspeisung, seine Auswirkung ist Bestandteil andauernder Untersuchungen. Erste Ergebnisse legen nahe, dass die Kombinati- on von Wind- und Solar-PPAs in einem PPA-Portfolio das kumulierte Wetterrisiko senkt. Insofern verwundert, dass bisher technologiespezifische PPAs nicht zu risikomindernden Solar-Wind- Portfolios zusammengefasst wurden. Mengen Vermarktungswerte Erlöse Erlöse in €/MWh mit = 1,95 €/MWh 2005 -3,5% 2,0% -0,5% - 0,23 €/MWh 2006 -2,4% -0,1% -2,5% - 1,05 €/MWh 2007 16,4% -8,0% 7,5% 3,12 €/MWh 2008 7,8% -3,6% 3,7% 1,55 €/MWh 2009 -4,2% 4,3% 0,4% 0,17 €/MWh Wetterjahre 2010 -10,0% 10,4% 0,7% 0,30 €/MWh 2011 6,6% -4,7% 2,4% 1,01 €/MWh 2012 0,1% 3,6% 4,3% 1,80 €/MWh 2013 -5,5% 3,8% -2,3% - 0,96 €/MWh 2014 -4,9% -2,5% -7,0% - 2,94 €/MWh 2015 9,9% -6,8% 2,2% 0,93 €/MWh 2016 -10,3% 1,7% -8,8% - 3,69 €/MWh Abbildung 6: Vergleich des Einflusses verschiedener Wetterjahre auf Strommenge und –wert in 2021 mittels prozentualer Abweichungen vom Mittelwert aller Wetterjahre [Quelle: Energy Brainpool] Insgesamt ergeben sich wetterjahrspezifische Schwankungsbreiten der Erlöse, die sowohl wet- terbedingte Mengen- als auch Wertrisiken abbilden. Diese könnten je nach Risikoaversion als Risikoabschlag entsprechend in den Abnahmepreis des PPAs eingepreist werden. Für das Jahr 2021 wäre eine Standardabweichung der Erlöse von 1,95 EUR/MWh Berechnungsgrundlage für einen Risikoabschlag. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 12
ABSICHERUNGSSTRATEGIEN FÜR PPA-PORTFOLIOS 5. ABSICHERUNGSSTRATEGIEN FÜR PPA-PORTFOLIOS 5.1. WAHL DES VERKAUFSZEITPUNKTES: DREI ABSICHERUNGSSTRATEGIEN Aggregiert ein EVU oder Direktvermarkter mehrere Erneuerbare-Energien-Anlagen über den Abschluss von PPAs, sollten Gegenpositionen aufgebaut werden, die das dahinter liegende Marktpreisrisiko glattstellen. Die Glattstellung kann dabei sowohl über Standardprodukte des Terminmarkts als auch über das Endkundenportfolio erfolgen. Hinsichtlich der Wahl des Ver- kaufszeitpunktes können im wesentlichen drei Absicherungsstrategien unterschieden werden. Diese sind in Abbildung 7 schematisch dargestellt. Back-to-back Portfolioverkauf Durchschnittsverkauf Preis Preis Preis Short Short Long Short Long Long Sofortiger Verkauf der Sammeln vieler kleiner Mengenverkauf in Tranchen kontrahierten Menge (bzw. Anlagen bereits vor Kontrahierung des wertneutralen Verkauf, sobald eine Bildung eines Durchschnitts- Äquivalents) am Markt handelbare Menge erreicht preises für Kontrakte wird Verkaufszeitpunkt Kaufzeitpunkt Kundenpreise basieren auf Kundenpreise basieren auf aktuellen Marktpreisen Durchschnittskosten Abbildung 7: Übersicht über abnahmeseitige Absicherungsstrategien für PPA-Portfolien mit Unterschei- dung nach Verkaufszeitpunkt [Quelle: Energy Brainpool] Beim Back-to-back-Verkauf bestehen offene Positionen lediglich in der Zeit zwischen Preisfixie- rung und Gegengeschäft, sodass kaum Spielraum für Glattstellungsverluste oder -gewinne ver- bleiben. Als Beispiel könnte ein Versorger einem großen Windpark ein PPA anbieten und diese Position sofort im Endkundenportfolio glattstellen. Sammelt dieser Energieversorger jedoch viele kleine Ü21-Anlagen über mehrere Monate ein, sind die kontrahierten Mengen oft zu gering, um sie direkt am Markt verkaufen zu können. Hier erfolgt die Glattstellung als Portfolioverkauf erst, wenn handelbare Mengen erreicht werden. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 13
ABSICHERUNGSSTRATEGIEN FÜR PPA-PORTFOLIOS Durch die zeitliche Ungleichheit ergibt sich in der Folge ein höheres Glattstellungsrisiko. Wei- terhin kann je nach Einschätzung der Marktpreisentwicklung die Bildung von Gegenpositionen zeitlich auch vor der Kontrahierung von PPA-Strom erfolgen. Beim Durchschnittsverkauf bietet ein Versorger zum Beispiel einen festen Abnahmetarif für den Überschussstrom von Ü21-PV-Dachanlagen an. Er plant in 3 Jahren mit 50 MW Leistung und beginnt heute damit, einen Teil des Stroms zu verkaufen, um einen durchschnittlichen Tarif anbieten zu können. Der so ermittelte Durchschnittspreis in EUR/MWh kann in der Folge auch als Untergrenze berücksichtigt werden, und Glattstellungsrisiken werden minimiert. 5.2. WAHL DER VERKAUFSMENGEN: ROLLIERENDER, WERTNEUTRALER HEDGE Die Vertragsparteien eines PPAs können sich gegen Marktpreisrisiken am heutigen Terminmarkt absichern. Dazu ist die Entscheidung über die Verkaufsmengen aber zu einem Zeitpunkt zu tref- fen, zu dem weder Menge noch Struktur mit Sicherheit bekannt sind. Der rollierende, wertneut- rale Hedge stellt dazu eine risikominimierende Möglichkeit dar. Das Prinzip ist aus der Bewer- tung für schwankende Lastgänge von Stromverbrauchern bekannt, lässt sich aber ebenso für die fluktuierende Erzeugung einsetzen. Das Vorgehen ist hier für eine Windanlage gezeigt. Das windabhängige Lastprofil einer solchen Anlage entspricht dabei nicht den Produkten im Terminmarkt (Base/Peak). Der Verkauf des Windstroms als Forward/Future führt zu Über-und Unterdeckung, bzw. zu residualen Long-und Short-Positionen in verschiedenen Stunden. Der Ausgleich am Spotmarkt, an dem das Lastprofil gehandelt werden kann, bringt in manchen Stunden Erlöse und in anderen entstehen Kosten. Verkauft man gerade so viel Strom am Ter- minmarkt, dass die erwarteten Erlöse und Kosten sich ausgleichen, ergibt dies einen wert- neutralen Hedge. In Abbildung 8 ist dies bei einem Verkauf von 80 % Prozent der erzeugten Mengen erreicht, was dem Grundlastparitätsfaktor der Anlage entspricht. Dieser schwankt mit der Strompreisstruktur, dem Anlagenprofil und dem Merit-Order-Effekt. Er lässt sich fundamen- tal monatlich wie jährlich modellieren. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 14
ABSICHERUNGSSTRATEGIEN FÜR PPA-PORTFOLIOS Abbildung 8: Ermittlung eines wertneutralen Hedges am Beispiel eines Windparks [Quelle: Energy Brain- pool] Ein konkretes Fallbeispiel verdeutlicht das Vorgehen. Die Vorgehensweise bei der wertneutralen Vermarktung eines 44 MW-Windparks mit circa 2.000 Volllaststunden ist folgendermaßen: 1. Voraussichtliche Jahresarbeit ermitteln, z. B. 87.600 MWh 2. Voraussichtlichen Grundlastparitätsfaktor ermitteln, z. B. 80 % 3. Band für wertneutralen Hedge ermitteln: z. B. 0,8 * 87.600 MWh / 8.760 h = 8 MW 4. Band als Future oder Forward verkaufen a. Wahl des Verkaufszeitpunkts b. Wahl der zeitlichen Horizonts, z. B. y+3 5. Glattstellung des Lastgangs am Spotmarkt a. Future: Windstrom komplett am Spotmarkt vermarkten. b. Forward: Differenzmenge der Erzeugung zu 8 MW am Spotmarkt glattstellen. Da nur 80 % der durchschnittlich erwarteten Leistung von 10 MW pro Stunde vermarktet wer- den, gleicht der erwartete Erlös aus den nicht verkauften 20 % diejenigen Kosten aus, die am Spotmarkt bei der Glattstellung des Einspeiseprofils auftreten. Allerdings ist hier anzumerken, dass der wertneutrale Hedge in der Praxis nicht perfekt funktioniert und nur angenähert werden kann. Die Gründe: Erstens sind Stromerzeugung, Grundlastparitätsfaktor und Strompreis keine statistisch voneinander unabhängigen Variablen, zweitens muss der Prognosefehler berücksich- tigt werden. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 15
ABSICHERUNGSSTRATEGIEN FÜR PPA-PORTFOLIOS Im Idealfall ist eine Absicherung von je 8 MW über die gesamte Laufzeit des PPAs am Termin- markt möglich. Dies ist gegenwärtig mit Strombörsenprodukten jedoch nur für bis zu sechs Ka- lenderjahre im Voraus überhaupt möglich. Außerdem werden Future- und Forwardkontrakte von über drei Jahren Laufzeit kaum gehandelt. Diese fehlende Liquidität führt zu weniger kompetiti- ven Preisen und schränkt die Absicherungsmöglichkeiten daher zusätzlich ein. Hier kann ein rollierender Hedge Abhilfe schaffen, indem Mengen für noch nicht handelbare Jahre Jahr für Jahr „rollierend“ mit Produkten der maximal liquide handelbaren Fälligkeit abgesichert werden. Dies lässt sich am besten an einem praktischen Beispiel zeigen, welches in Abbildung 9 dargestellt ist. Die Vorgehensweise für die Back-to-back-Vermarktung von 8 MW über 5 Jahre hinweg ist wie folgt: 1. 2018 verkaufen Sie je 8 MW in den handelbaren 2018 -24 -8 -8 Handelszeitpunkt Fälligkeiten 2019 bis 2021. Future 2019 2. 2018 verkaufen Sie 2019 -16 16 Future 2020 Future 2021 zusätzlich 16 MW mit der Future 2022 2020 -8 8 Fälligkeit 2021. Future 2023 3. 2019 wandeln Sie diese -60 -40 -20 0 20 16 MW in die nun Verkauf/Kauf in MW handelbare Fälligkeit 2022 Abbildung 9: Vorgehen beim rollierenden Hedge von um 8 MW über 5 Jahre [Quelle: Energy Brainpool] 4. 2020 wandeln Sie 8 MW in die Fälligkeit 2023 um Da die Fälligkeiten zu einem anderen Preis gehandelt werden, ergeben sich daraus für die Jahre 2019 und 2020 Glattstellungsverluste oder -gewinne. Diese Preisdifferenzen spiegeln das je- weils vorherrschende Marktsentiment über die langfristige Preisentwicklung inklusive Inflati- onserwartung wider. Im Handelsjahr 2018 lag diese Preisdifferenz für die Fälligkeit 2020 (y+2) und 2021 (y+3) zwischen -0,75 EUR/MWh (Glattstellungsgewinn) und 2,94 EUR/MWh (Glattstel- lungsverlust). Insgesamt können die wertneutralen Strommengen eines PPAs durch einen rollie- renden Hedge also über die gesamte Laufzeit am Terminmarkt abgesichert und das Risiko aus offenen Positionen so deutlich verringert werden. Dennoch entstehen dabei Glattstellungsver- luste oder -gewinne, die ein beschränktes, quantifizierbares Restrisiko darstellen. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 16
AUF EINEN BLICK 6. AUF EINEN BLICK Bereits heute sind mindestens 7,3 GW an Windenergie- sowie 2,1 GW an PV-Anlagen in Europa über PPAs abgesichert. In Deutschland eilt die Diskussion zu dem Thema den Mengen tatsächlicher Vertragsabschlüsse gegenwärtig noch voraus. Doch dies kann sich rasch ändern, denn bis 2030 verlieren 25 GW an Windenergie beziehungsweise 10 GW an PV-Anlagen ihren Anspruch auf finanzielle Förderung; Absicherungsinstrumente wie PPAs können hier einen Beitrag leisten, den Weiterbetrieb zu er- möglichen. Mittelfristig können PPAs als zentrales Marktinstrument die Nachfrage nach klima- neutraler Stromerzeugung steuern und in einen zusätzlichen Zubau erneuerbarer Energien um- münzen. Allerdings kann ein weiträumiger Zubau über PPAs auch zu Herausforderungen für die regionale Steuerung führen und die Akteursvielfalt der Energiewende beeinträchtigen. Hier ist die Energiepolitik gefragt, die Entwicklung eines Terminmarkts für Strom fluktuierender erneu- erbarer Energien regulatorisch zu begleiten. PPAs sichern künftige Stromlieferungen auf lange Sicht ab und reduzieren das Risiko schwan- kender Preise des Energy-Only-Markets. Doch funktioniert dieser Markt im Jahr 2040 bei einem hohen Anteil von Stromerzeugern ohne Grenzkosten überhaupt noch? Modellierungsergebnisse zeigen auch mit einem Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung von 61 % ausreichende Vermarktungserlöse für Windenergieanlagen. Die Summe der Vermarktungsrisiken, die das EEG bisher von den Anlagenbetreibern auf die umlagepflichtigen Letztverbraucher wälzte, hat eine relevante Größenordnung. Die kapitalin- tensiven Investition ohne Förderung und mit Vermarktungsrisiken erhöht die Stromgestehungs- kosten. In einer Beispielrechnung für eine Windenergieanlage erhöhten sie sich etwa um 1/3. Bei der finanziellen Bewertung spielt der Wettereinfluss auf das Erlösrisiko zwar eine wichtige Rolle, wird aber häufig überschätzt. Für das Modelljahr 2021 beträgt die Standardabweichung wetterbedingter Erlösschwankungen von Windenergieanlagen lediglich knapp 2 EUR/MWh. Die Erlösschwankung aufgrund volatiler Strompreise ist von höherer Bedeutung. Um diesen Marktrisiken zu begegnen, ist eine geeignete Absicherungsstrategie zu wählen. Durch einen wertneutralen, rollierenden Hedge werden viele davon zumindest für einen Zeit- raum von etwa fünf Jahren beherrschbar. Bei der Absicherungsstrategie für Erneuerbare- Energien-Portfolios kommt der Backt-to-back-, Portfolio- und Durchschnittsverkauf in Frage. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 17
KURZPORTRÄT ENERGY BRAINPOOL KURZPORTRÄT ENERGY BRAINPOOL Die Energy Brainpool GmbH & Co. KG bietet unabhängige Energiemarkt-Expertise mit Fokus auf Marktdesign, Preisentwicklung und Handel in Deutschland und Europa. 2003 gründete Tobias Federico das Unternehmen mit einer der ersten Spotpreisprognosen am Markt. Heute umfasst das Angebot Fundamentalmodellierungen der Strompreise mit der Software Power2Sim ebenso wie vielfältige Analysen, Prognosen und wissenschaftliche Studien. Energy Brainpool berät in strategischen und operativen Fragestellungen und bietet seit 2008 Experten-Schulungen und Trainings an. Das Unternehmen verbindet Wissen und Kompetenz rund um Geschäftsmodelle, Digitalisierung, Handels-, Beschaffungs- und Risikomanagement mit langjähriger Praxiserfah- rung im Bereich der steuerbaren und fluktuierenden Energien. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 18
KURZPORTRÄT ENERGY BRAINPOOL IMPRESSUM Autoren: Fabian Huneke Michael Claußner Herausgeber: Energy Brainpool GmbH & Co. KG Brandenburgische Straße 86/87 10713 Berlin www.energybrainpool.com kontakt@energybrainpool.com Tel.: +49 (30) 76 76 54 - 10 Fax: +49 (30) 76 76 54 - 20 Januar 2019 © Energy Brainpool GmbH & Co. KG, Berlin Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung au- ßerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne die Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Das gilt vor allem für Vervielfältigungen in irgendeiner Form (Fotoko- pie, Mikrokopie oder ein anderes Verfahren), Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbei- tung in elektronischen Systemen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte findet eine Haftung ohne Rücksicht auf die Rechtsnatur des Anspruchs nicht statt. Sämtliche Entscheidungen, die aufgrund der bereitge- stellten Informationen durch den Leser getroffen werden, fallen in seinen Verantwortungsbe- reich. White Paper: PPA II – Marktanalyse, Bepreisung und Hedgingstrategien 19
Sie können auch lesen