Präsentation zu Forum 1: Das neue KC Politik-Wirtschaft für die G.O. in Niedersachsen
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Dr. Karl-Josef Burkard, Oldenburg: Präsentation zu Forum 1: Das neue KC Politik-Wirtschaft für die G.O. in Niedersachsen Anmerkungen eines langjährigen Lehrers der politischen und ökonomischen Bildung unter Verwendung von Folien von Prof. Dr. Dirk Loerwal
Agenda 1. Einführungsreferat a) Zur Erinnerung: Von „Politik“ zu PoWi (Folie 3) b) Differenz und Identität: Politische und ökonomische Bildung (Folie 4) c) Integration durch Basiskonzepte (Folien 5-12) d) Exkurs: fachspezifische Erkenntnisweisen – Politik- zyklus und Wirtschaftskreislauf ( Folien 13-19) d) Kumulativer Wissensaufbau Jg. 8 – Jg. 13 (F20-23) e) Fachkonzepte – am konkreten Beispiel (F24-32) 2. Erste Diskussions- und Fragerunde: 3. Exemplarische Besprechung von Auszügen aus den Kompetenzkatalogen des KC zur Einführungsphase
Die Grundsatzentscheidung der nieder- sächsischen Landesregierung 2004/2005: ● Stärkung der ökonomischen Bildung ● kein eigenständiges Fach Wirtschaft am Gymna- sium, sondern Integration in das bestehende Fach Politik, das in „Politik-Wirtschaft“ umbenannt wurde ● durchgehend 2 Schuljahreswochenstunden für die Jahrgänge 8 – 11 (ab 2018 plus 1 Stunde in Jg. 11 für Berufs- und Studienwahlorientierung) ● Keine Rahmenrichtlinien, sondern Kerncurricula („output“- bzw. kompetenzorientiert) ● Weiterentwicklung der Kerncurricula Politik-Wirt- schaft von 2006/07 für die Jahrgänge 8 -10 (seit 2015 aufsteigend) und für die gymnasiale Oberstufe (ab 2018 aufsteigend)
Politische Bildung Gemeinsamkeiten Ökonomische Bildung Fachdidak- • Demokratiedidaktik • Lebesnsituationen- • Institutionenöko- tische Kon- • Konfliktdidaktik ansätze nomischer Ansatz zeptionen • > • Kategoriale Fach- • Finanzielle Bildung didaktik • > • Kompetenzmodelle Unterrichts- • Wahlen • Soziale Sicherung • Märkte inhalte • Politische Systeme • Umweltschutz • Berufswahl • Friedenssicherung • Globalisierung • Geld und Finanzen • > • > • > Methoden • Fachmethoden (z.B. • Fachmethoden (z.B. • Fachmethoden (z.B. Politikzyklus) Sozialforschung) Wirtschaftskreis- • Unterrichtsmetho- • Unterrichtsmethoden laufmodell) den (z.B. Pro-und- (z.B. Planspiele) • Unt.-Methoden (z.B. Contra-Debatte) Schülerfirmen) Ziel- • Konfliktfähigkeit • Mündigkeit • rationale Entschei- setzungen • Demokratiekom- • Urteilskompetenz dungskompetenz petenz • Handlungskompetenz • Berufswahl- • > kompetenz • > (Dirk Loerwald)
KC 2018: Integration von politischer und ökonomischer Bildung im Fach PoWi „Der Anspruch des Unterrichtsfachs Politik- Wirtschaft ist es, die integrierenden Potenziale von politischer und ökonomischer Bildung zu nutzen und die jeweiligen Perspektiven der beiden Domänen zu wahren. Nur wenn die Schülerinnen und Schüler über grundlegende politische und ökonomische Kompetenzen verfügen, ist es möglich, gesellschaftliche Phänomene umfassend zu analysieren und dabei die Leistungsfähigkeit und die Grenzen domänenspezifischer und integrierender Zugänge zu erfahren.“
Basis- und Fachkonzepte der Politik nach Weißeno et al. Nach Weißeno, G., Detjen, J., Juchler, I., Massing, P. & Richter, D. (Hg.) (2010): Konzepte der Politik: Ein Kompetenzmodell. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 12
Basiskonzepte als Strukturmerkmale des Faches Motive und Anreize (-> Handlungstheorie) Interaktionen und Entscheidungen (-> Interaktionstheorie) Ordnungen und Systeme (-> Institutionentheorie) (Dirk Loerwald)
Basiskonzepte im neuen KC Basiskonzept „Motive und Anreize“ Ebene: individuelle Handlungen Gegenstand: intrinsische und extrinsische Handlungsmotive in politisch/ökonomisch geprägten Lebenssituationen Ökonomische Dimension: Ökonomische Verhaltenstheorie/ Verhaltensökonomik Politische Dimension: Interessen und Wertorientierungen von (politischen) Akteuren
Basiskonzepte im neuen KC Basiskonzept „Interaktionen und Entscheidungen“ Ebene: Interaktionszusammenhänge Gegenstand: soziale Prozesse in Politik und Wirtschaft, die der Koordination, der Willensbildung und der Entscheidungsfindung bedürfen. Ökonomische Dimension: Märkte als Koordinationsinstrument in Knappheitssituationen/ Wechselbeziehungen und Kreislaufzusammenhänge Politische Dimension: Politische Willensbildung und Entscheidungs-findung als diskursiver und konflikthafter Prozess/ Politikzyklusanalysen
Basiskonzepte im neuen KC Basiskonzept „Ordnungen und Systeme“ Ebene: System/Ordnungsrahmen Gegenstand: Ordnungszusammenhänge und institutionelles Normengefüge Ökonomische Dimension: Der Ordnungsrahmen der sozialen Marktwirtschaft als Institutionen- und Regelsystem Politische Dimension: Politische Ordnungen als Rahmenbedingun- gen und Voraussetzungen für kollektiv verbindliche Entscheidungen
Basiskonzepte Die ökonomische Die politische Perspektive Perspektive Motive und Ökonomische inhaltlich-normative Anreize Verhaltenstheorie und Dimension von Politik Verhaltensökonomik (policy) Interaktionen Kreislaufzusammen- prozessuale Dimension und hänge von Politik (politics) Entscheidungen [veranschaulicht und [veranschaulicht und strukturiert durch strukturiert durch das Kreislaufmodelle] Modell des Politikzyklus] Ordnungen und Ordnungszusammen- institutionell-formale Systeme hänge [Wirtschafts- Dimension von Politik ordnung als Institutionen- (polity) und Regelsystem]
Politikzyklus als Analyseinstrument nach Peter Massing)
Phase Erschließung des Politikzyklus durch Leitfragen Problem Worum geht es? Welches Problem soll gelöst werden? Was sind die Ursachen des Problems? Welche Problemlösungen werden genannt? Auseinander- Wer ist an der Auseinandersetzung beteiligt? setzung Welche Interessen verfolgen die Akteure? Entscheidung Wie sieht die Entscheidung aus? Zu welchem Ergebnis hat die Auseinandersetzung geführt? Wer setzt sich durch? Reaktionen, Wie reagieren beteiligte bzw. betroffene Akteure? Bewertungen Wie bewerten sie das Ergebnis? Welche Fragen sind offen geblieben? Neues Problem Welches neue Problem entsteht aus der Entscheidung?
Politikzyklus vermittelt wesentliche Einsichten in demokratische Politik 1. „Demokratische Politik [steht] immer wieder vor der Notwendigkeit, Positionen und Entscheidun- gen zu korrigieren oder zu revidieren und nach neuen Lösungen zu suchen.“ 2. Der Politikzyklus kann so „auch einem rein technizistischen Vorverständnis von Politik ent- gegenwirken, das Jugendliche häufig haben“. Ackermann, Paul / Breit, Gotthard u.a.: Politikdidaktik kurzgefasst. Planungsfragen für den Politikunterricht, hrsg. v. Bundes- zentrale für politische Bildung, Schriften reihe Bd. 326, Bonn 1994, 21-24
Wirtschaftskreislauf als Analyseinstrument Tr an en sf er m eh Staat s an ern s di Tr t de e Z e Un en Pr L di Y iv ö ST gab at h ST n n C us tes en e a H s d r a aa H er e e um St T au P s sf U n d en S ten ri S n s T sh te va ta a n er hm al u Ha H n d sh Tr Ko a e u eu rne te te r t s S te e al Un r te YU H Löhne und Gewinne Private Unternehmen CH Haushalte Konsumausgaben der Privaten Haushalte Bru tto I br inv est SH itio Sparen der M X Ab sch D nen Importe Exporte Privaten rei Haushalte bu ng en Forderungen Vermögens- änderungs- Ausland Verbindlichkeiten konto
Funktionen des Wirtschaftskreislaufs in der ökonomischen Bildung • heuristisches Instrument zur Veranschau- lichung, Einordnung und Analyse gesamtwirt- schaftlicher Beziehungen und Interdepen- denzen • typisches ökonomisches Modell, an dem exemplarisch das „Denken in Modellen“ thematisiert werden kann • als Basis für die quantitative Erfassung des Wirtschaftsgeschehens in der volkswirt- schaftlichen Gesamtrechnung (VGR), z.B. BIP = CH + CST + Ibr + X – M
Didaktische Aspekte des Denkens in Kreislaufzusammenhängen • Zugänglichkeit: von konkreten Erfahrungen und Problemen ausgehen • Graduierung (nach Niveaus): von elementaren zu komplexeren Zusammenhängen voranschreiten • Relevanz: den heuristischen Nutzen des Kreislaufmodells durch vielfältige Anwendungssituationen erfahrbar machen • Metakognition: die Aneignung und Anwendung des Modells mit Reflexionen zu dessen Struktur, Funktion und Aussagekraft verbinden • Wissenschaftspropädeutik: an Modellen wie dem Wirt- schaftskreislauf die „Prinzipien, Prozeduren und Probleme“ (von Hentig) von (Wirtschafts-) Wissenschaft aufzeigen [Siehe Burkard, K.-J- / Lutter, A. in UWP 4 / 2012]
Vorschlag für den Kompetenzaufbau: „Denken in Kreislaufzusammenhängen“ im Fach PoWi • Jahrgang 8: vom Taschengeldkonto über das Haus- haltskonto zum Drei-Sektoren-Modell – kognitive Herausforderung: von der Mikro- zur Makro- betrachtung • Jahrgang 9: Erweiterung des Modells um das Vermö- gensänderungskonto – kognitive Herausforderung: von der phänomenologischen zur funktionalen Betrachtung • Jahrgang 10/11: Erweiterung des Modells um das Konto Ausland – Herausforderung: Erkenntnis des Zusammenhangs von Leistungs- und Kapitalbilanz • Jahrgang 12: Herleitung, Anwendung, Kritik des BIP • Jahrgang 12/13: Herleitung der Zahlungsbilanz
Kumulativer Wissensaufbau im Fach Politik-Wirtschaft Jg. 8 - 11 Politischer Lernbereich: Ökonomischer Lernbereich: Strukturierung nach dem Strukturierung nach Mehrebenensystem: ökonomischen Akteuren: • Kommune/Region • „Hauswirtschaft“ (pr H) • Nationalstaat • „Betriebswirtschaft“ (U) • Europa • „Volkswirtschaft“ (St) • Welt • „Weltwirtschaft“ (A)
Kumulativer Wissensaufbau entsprechend dem Mehrebenensystem der Politik und den zentralen ökonomischen Akteuren in den Jgg. 8 - 11 8. Schul- • Konsumentscheidungen Jugendlicher jahr • Politischer Entscheidungsprozess im Nahbereich 9. + 10. • Unternehmen und Arbeitsbeziehungen Schuljahr • Politischer Willensbildungs- und Entscheidungsprozess auf Bundesebene • Verfassungsprinzipien und Soziale Marktwirtschaft • Europäische Union 11. Jahr- • Wandel der Arbeitswelt in der globalisierten gang Gesellschaft • Globale politische und ökonomische Prozesse • Berufs- und Studienvorbereitung
Verknüpfung des berufs- und studienvorbereitenden Unterricht in Jahrgang 11 mit den ökonomischen und gesellschaftlichen Wandlungsprozessen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene („Strukturwandel“) Landtagsfassung des Kerncurriculums Politik-Wirtschaft für die gymnasiale Oberstufe in Niedersachsen (2018)
Spiralcurriculare Vertiefung in der Qualifikations- phase auf wissenschaftspropädeutischem Abstraktions- und Reflexionsniveau 12/1: Politische Partizipation zwischen Anspruch und Wirklichkeit 12/2: Soziale Marktwirtschaft zwischen Anspruch und Wirklichkeit 13/1: Friedenssicherung als nationale und internationale Herausforderung 13/2: Chancen und Risiken weltwirtschaftlicher Verflechtungen
Fachkonzepte KC PoWi für die G.O.in der Landtagsfassung, S. 9
Basis- und Fachkonzepte im neuen KC Fachkonzepte als Erschließungsinstrumente Ökonomische Fachkonzepte: z. B. Knappheit, Effizienz, Anreize/Restriktionen, Märkte etc. Politische Fachkonzepte: z. B. Partizipation, Legitimation, Gerechtigkeit etc. Integrierende Fachkonzepte: z. B. Nachhaltigkeit, Interessen, Konflikt, Macht, etc.
Fachkonzepte in der Tradition der kategorialen Didaktik? Politikdidaktik Wirtschaftsdidaktik Kategorien sind „im Kategorien sollen „das Konkrete Rahmen der politischen und Aktuelle aufschließen durch Fachdidaktik Grund- Aufzeigen des Strukturellen, des begriffe, Schlüsselbegriffe Typischen, des Prinzipiellen und so und Erklärungsbegriffe aktuelle Geschehnisse und zugleich und besitzen somit Prozesse verstehbar machen. Sie eine Ordnungsfunktion, sollen allgemeine Erkenntnisse Erkenntnisfunktion und und Einsichten am konkreten Fall Erklärungsfunktion“ vermitteln und so den Transfer (Walter Gagel 2000). auf andere Fälle ermöglichen“ (Klaus-Peter Kruber 2013).
Gegenstandsbereiche Basiskonzepte Fachkonzepte integrierende politische ökonomische 11 Wandel der Arbeitswelt in Interaktionen und Interdepen- Sozialer Arbeitsteilung/ der globalisierten Entscheidungen denzen Wandel Spezialisierung Gesellschaft Globale politische und Ordnungen und Internationale Menschen- Wettbewerb ökonomische Prozesse Systeme Beziehungen rechte 12/1 Politische Partizipation Interaktionen und Macht, Partizipation, Effektivität, zwischen Anspruch und Entscheidungen + Interesse Repräsenta- Markt Wirklichkeit Ordnungen und tion Systeme 12/2 Soziale Marktwirtschaft Ordnungen und Soziales Dilem- Gerechtig- Verteilung, zwischen Anspruch und Systeme + Motive ma, Ambiguität keit, Werte Wirtschafts- Wirklichkeit und Anreize ordnung 13/1 Friedenssicherung als Interaktionen und Konflikt, Macht Frieden, Knappheit, nationale und internationale Entscheidungen + Sicherheit Sanktionen Herausforderung Ordnungen und Systeme 13/2 Chancen und Risiken Ordnungen und Kooperation, Internatio- Markt, Effizienz weltwirtschaftlicher Systeme + Inter- Interesse nale Regime, Verflechtungen aktionen und Gerechtigkeit Entscheidungen
Dirk Loerwald: Basis- und Fachkonzepte im neuen KC Ein Beispiel: Das Themenfeld Energiewende
12/2 eA
Basis- und Fachkonzepte im neuen KC Exemplarisch: Das Themenfeld Energiewende Basiskonzept „Motive und Anreize“ Einstellungen zu Atomkraft/erneuerbaren Energien Konfliktfall Infrastruktur (Stichwort: NIMBY) Netzausbau und „Bürgeranleihe“ (-> Tennet: Westküstenleitung) Lobbyismus Anreizwirkungen staatlicher Rahmenbedingungen (z. B. EEG) (-> intendierte nichtintendierte Resultate) …
Basis- und Fachkonzepte im neuen KC Exemplarisch: Das Themenfeld Energiewende Basiskonzept „Interaktionen und Entscheidungen“ Politikzyklus (Fukushima und die Folgen …) Politische Entscheidungsprozesse (z. B. Strompreisbremse) (Mehr) Wettbewerb auf dem Markt für erneuerbare Energien? Stromhandel an der EEX (European Energy Exchange in Leipzig) Kreislaufbeziehungen und Wechselwirkungen zwischen Privaten Haushalten, Unternehmen und Staat (z. B. Stromhandel, Strompreise) …
Basis- und Fachkonzepte im neuen KC Exemplarisch: Das Themenfeld Energiewende Basiskonzept „Ordnungen und Systeme“ Marktversagen („natürliche Monopole“) und staatliche Handlungsmöglichkeiten Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Subventionen Globaler Handel mit Emissionszertifikaten Gewährleistung einer globalen Netzinfrastruktur (inkl. fairer Zugang) …
Vorschlag für den Austausch in „Mini-Gruppen“ Zur Einführungsphase: • Welche didaktischen und methodischen Herausforderungen sehen Sie bei der unterrichtlichen Umsetzung der KC- Vorgaben? • In welchen thematischen Bereichen sehen Sie fachspezifischen Fortbildungsbedarf? • Wie können Inhalte des Fachunterrichts, der Studien- und Berufsorientierung sowie des Schülerbetriebspraktikums sinnvoll verknüpft werden?
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