2020 Going International - GemeinsamWeltweit - DIHK
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Going International 2020 Erfahrungen und Perspektiven der deutschen Wirtschaft im Auslandsgeschäft – Ergebnisse der IHK-Unternehmensumfrage GemeinsamWeltweit
2 | GOING INTERNATIONAL 2020 Zusammenfassung Die globale Corona-Krise ist das alles dominie- Anteil der Unternehmen, die eine rende aktuelle Thema – auch des international Zunahme von Hemmnissen bei Ihren agierenden Teils der deutschen Wirtschaft. Den- internationalen Geschäften gespürt haben noch: Globale Handelskonflikte, neue Zölle und Handelsbarrieren haben schon zuvor die Realität 50% der außenwirtschaftlich orientierten Unterneh- men bestimmt. So registriert jedes zweite inter- 47% national aktive Unternehmen in Deutschland für seine Geschäfte in den vergangenen zwölf Mo- 40% naten eine Zunahme von Handelshemmnissen im Ausland – so viele wie nie zuvor in dieser 35% Umfrage. 32% Von den Betrieben, die einen Anstieg an Han- delsbarrieren feststellen, beklagen 59 Prozent Benachteiligungen durch lokale Zertifizierungs- 2016 2017 2018 2019 2020 anforderungen. Solche handelspolitischen Schranken führen zu höheren Kosten und län- geren Lieferzeiten im Auslandsgeschäft. Unter Umständen verhindern sie sogar den Abschluss von Geschäf- ten. 53 Prozent sind von den Auswirkungen von Sanktionen betroffen. Vor allem in Russland, den USA und der MENA-Region kämpfen die Betriebe mit derartigen Hindernissen. Ein Drittel der Unternehmen ist zudem von zusätzlichen Zöllen betroffen, die vor allem von Seiten der USA gegenüber China, aber auch gegenüber Europa eingeführt wurden. All das führt zu per se geringeren Ge- schäftserwartungen der deutschen Unternehmen mit Auslandsaktivitäten. Hinzu kommen aktuell die globa- len Auswirkungen aufgrund des Coronavirus, die in dieser Umfrage aufgrund des Befragungszeitraums im Januar und Februar 2020 nur sehr eingeschränkt dargestellt werden. Viele Länder führen derzeit weitreichende Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie und zur wirtschaftlichen Abfederung ein. Etliche dieser Maßnahmen bergen die Gefahr, dass die Lieferketten beein- trächtigt sowie die Geschäftstätigkeiten international tätiger Unternehmen benachteiligt werden. Zudem besteht Anlass zur Befürchtung, dass manche dieser Maßnahmen auch über die Corona-Krise hinaus beste- hen bleiben und längerfristige marktverzerrende sowie protektionistische Wirkung entfalten können. Her- vorzuheben ist, dass auch in Krisenzeiten der Austausch von Waren möglich bleiben muss, zum Beispiel von Medizinprodukten. Die Corona-Krise sollte sich jedenfalls mittel- bis langfristig nicht zu einer Protektionis- mus-Krise entwickeln. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie vieler Länder und die regelmäßigen Berichte der Auslandshandelskammern (AHK) stellt der DIHK auf seiner Webseite bereit.
3 | GOING INTERNATIONAL 2020 Weltweite Handelshemmnisse Die deutschen Unternehmen blicken angesichts Sicherheitsanforderungen als zwei der drei der aktuellen Herausforderungen im Zeitalter der Haupthandelsbarrieren. Dabei handelt es sich um Coronavirus-Pandemie, aber auch aufgrund eines zusätzliche Zertifizierungen beziehungsweise ohnehin schwierigen außenwirtschaftlichen Um- weitere Sicherheitsbestimmungen von Produkten, feldes mit Sorge auf ihr Auslandsgeschäft. Beste- die zusätzlich zu den etablierten internationalen hende und neu hinzugekommene Handelsbarrie- Standards gefordert werden. Solche handelspoli- ren lagen schon ohne die Shutdowns wie Mehl- tischen Schranken führen zu höheren Kosten und tau auf den Exportaktivitäten der deutschen längeren Lieferzeiten im Auslandsgeschäft. Durch Wirtschaft. 50 Prozent der Betriebe geben an, seit diese Zusatzanforderungen benachteiligen ein- dem letzten Jahr von neuen Handelshemmnissen zelne Staaten gezielt ausländische Unternehmen betroffen zu sein. Damit ist der Wert zum vierten zu Gunsten der heimischen Wirtschaft - und Mal in Folge deutlich angestiegen und erreicht ei- deutlich zum Schaden der Konsumenten nen neuen Höchststand. Selbst wenn die Unter- nehmen also neue Geschäftschancen wahrneh- Von den Unternehmen, die eine Zunahme von men wollen, sehen sie sich bei ihren Auslandsak- Hemmnissen gespürt haben, benennen 53 Pro- tivitäten oft mit zeitintensiven und komplexen zent Sanktionen als Gefahr für das Auslandsge- Vorgaben sowie mit Benachteiligungen zu Guns- schäft. Das beinhaltet auch die zahlreichen Ge- ten heimischer Wettbewerber konfrontiert. Im gensanktionen, die einige Länder als Reaktion auf Zweifel führt dies auch dazu, dass Geschäfte gar Sanktionsmaßnahmen eingeführt haben. Insbe- nicht erst zustande kommen. sondere das Element der Exterritorialität - der Umstand, dass ein Staat wie die USA Sanktionen Wie in den Jahren zuvor nennen die Unterneh- auch für Unternehmen und Geschäfte außerhalb men mit 59 beziehungsweise 49 Prozent die stei- des eigenen Hoheitsgebietes verhängt - macht gende Anzahl lokaler Zertifizierungs- und den Unternehmen zu schaffen. Zunahme an Handelshemmnissen 2020 (Mehrfachnennungen möglich, in Prozent) 2019 Lokale Zertifizierungsanforderungen 59 56 Sanktionen 53 56 Verstärkte Sicherheitsanforderungen 49 48 Höhere Zölle 33 26 Zwang zu Local Content (Produktion vor Ort) 23 22 Sonstiges 16 16 Erschwerter Zugang zu öffentlichen Aufträgen 13 12 Einschränkungen der EU-Dienstleistungsfreiheit 11 9 Vorgaben zum Technologietransfer 7 7
4 | GOING INTERNATIONAL 2020 Auch protektionistische Instrumente wie die Er- Betrieb, dass ein steigender Anteil der Wert- hebung von Strafzöllen sind spätestens seit Be- schöpfung vor Ort erfolgen muss, um nicht mit ginn des Handelsstreites zwischen den USA und Zöllen belegt oder gänzlich vom jeweiligen Markt China zurück auf der Tagesordnung. Gleichzeitig ausgeschlossen zu werden. wird die Welthandelsorganisation WTO als Hüte- rin des multilateralen Welthandels zunehmend in Im Zusammenhang mit den Local-Content-Vor- Frage gestellt. Gerade für die exportorientierte schriften sehen sich deutsche Unternehmen bei deutsche Wirtschaft bergen die aktuellen han- der Vergabe öffentlicher Aufträge gegenüber lo- delspolitischen Widrigkeiten große Risiken. Vor kalen Firmen oft benachteiligt. Weiterhin geben diesem Hintergrund steigt die Zahl der Betriebe, 13 Prozent an, Benachteiligungen in Bezug auf die sich mit neuen Zollabgaben konfrontiert se- staatliche Projekte erfahren zu haben. hen, im Vergleich zum letzten Jahr von 26 auf 33 Prozent stark an. 2017 lag der Wert noch bei 16 Aber nicht nur weltweit bauen sich gegenwärtig Prozent. Die Auswirkungen der US-Politik auf Handelsbarrieren auf. Auch im gemeinsamen Eu- deutsche Unternehmen werden dadurch sehr ropäischen Binnenmarkt hadern die Unterneh- deutlich. men mit neuen bürokratischen Hürden. Elf Pro- zent der Betriebe berichten von Einschränkungen Eine weitere Herausforderung für viele Unterneh- bei der EU-Dienstleitungsfreiheit. Die Vorgaben men sind Local-Content-Vorschriften in vielen zum Technologietransfer bleiben mit sieben Pro- Ländern. Weiterhin beklagt mehr als jeder fünfte zent nahezu auf dem Niveau des Vorjahres.
5 | GOING INTERNATIONAL 2020 Handelshemmnisse in den Regionen Russland (Nordamerikanische Freihandelsabkommen) zu- nehmend vor Herausforderungen. Auch das neu- Am stärksten spüren die Unternehmen die Zu- verhandelte Handelsabkommen USMCA stellt an nahme von Handelshemmnissen weiterhin beim wichtigen Stellen eher eine Verschlechterung im Russland-Geschäft (40 Prozent). Die Sanktionen Vergleich zu NAFTA dar. der USA und der EU sowie die russischen Gegen- maßnahmen sorgen für mehr Bürokratie, in eini- China und Asien/Pazifik gen Fällen sogar für einen Abbruch der Ge- schäftsbeziehungen. Darüber hinaus verfolgt die Im China-Geschäft sind 33 Prozent der Unterneh- russische Regierung eine protektionistische Wirt- men von neuen Handelsschranken betroffen. Ins- schaftspolitik - zum Beispiel in Form von direkten besondere Vorgaben zum Technologietransfer, Subventionen für lokale Unternehmen insbeson- aber auch Verzögerungen bei der Einfuhr von dere im Bereich Landwirtschaft und Maschinen- Waren oder Joint-Venture-Zwang belasten die bau sowie in Form von Local-Content-Vorgaben. Geschäfte der deutschen Wirtschaft mit China. In der restlichen Asien-Pazifik-Region melden nur Nordamerika halb so viele Betriebe eine Zunahme der Handels- barrieren (15 Prozent). Die voranschreitende Abschottung der USA stellt die Unternehmen in der NAFTA-Region Zunahme an Handelshemmnissen (Mehrfachnennungen möglich, in Prozent) Russland 40 Nordamerika (NAFTA) 34 Naher Osten 33 China 33 USA 31 Türkei 28 Eurozone 21 Sonstige EU, Schweiz, Norwegen 18 Asien/Pazifik (ohne China) 15 Nordafrika 11 davon: Vereinigtes Königreich 11 Ost-/Südosteuropa (ohne EU) 10 Süd- und Mittelamerika 9 Subsahara-Afrika 5 davon: Mexiko 4 davon: Kanada 3
6 | GOING INTERNATIONAL 2020 Europa Vereinigtes Königreich Trotz des gemeinsamen Binnenmarktes entstehen Im Geschäft mit dem Vereinigten Königreich mel- auch innerhalb der EU neue Handelsbarrieren. 21 den 11 Prozent der Unternehmen zusätzliche Prozent der Unternehmen nennen zusätzlich Handelshemmnisse. Diese werden mit dem Aus- Hemmnisse in der Eurozone, 18 Prozent in den tritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäi- restlichen Ländern der EU, Schweiz und Norwe- schen Union in den nächsten Jahren voraussicht- gen. Betroffen sind grenz-überschreitende Eins- lich stark zunehmen, da die bisher geltenden Vor- ätze sowohl bei Dienstleistungen als auch bei teile des Binnenmarktes auf der Insel zukünftig Warenlieferungen, Messeteilnahmen, Geschäfts- nicht mehr gelten. Aus einem Binnenmarkt wer- reisen und Kundenbesuchen. den zwei Märkte, mit zunehmender regulatori- scher Divergenz. Das Ausmaß der Handelshemm- Auch in der Türkei haben die Betriebe einen er- nisse wird sich in Zukunft nach derzeitigem Stand heblichen Anstieg der Handelsbarrieren zu spüren von Einschränkungen im Warenverkehr über neue bekommen. 28 Prozent der von zusätzlichen Han- Zertifizierungsanforderungen bis hin zu Zollkon- delshemmnissen betroffenen Unternehmen be- trollen erstrecken. richten von neuen Hindernissen in der Türkei. Ins- besondere die Zollbürokratie wirft den Unterneh- men trotz der gemeinsamen Zollunion mit der EU zunehmend Steine in den Weg. In Ost-/Südosteu- ropa haben die Handelsbarrieren mit zehn Pro- zent vergleichsweise gering zugenommen. Die dort aktiven Unternehmen beklagen vor allem Lo- cal-Content-Vorschriften. Neue Hemmnisse durch Corona? Im Zuge der letzten Weltwirtschaftskrise vor Nahrungsmittel verhängt und bestehen auf Buy zwölf Jahren konnte der gemeinsame Einsatz der Local-Zwängen für anstehende Corona-Hilfspa- G20-Staaten einen großflächigen Ausbruch an kete. Insbesondere die für die deutsche Wirt- protektionistischen Maßnahmen verhindern. Der schaft wichtigen engen Lieferketten innerhalb der Global Trade Alert untersucht seitdem jährlich EU sind stark durch die Corona-Maßnahmen be- neue Hemmnisse der G20-Staaten. Bereits jetzt troffen. Deutsche Unternehmen müssen sich also ist abzusehen, dass eine ähnlich enge globale Ko- auf neue Herausforderungen einstellen. Klar ist operation zur Aufrechterhaltung der Märkte auf- dabei: Gerade der für die Pandemiebekämpfung grund der weltweiten Maßnahmen zur Bekämp- entscheidende Medizin- und Pharma-Bereich ist fung der Coronavirus-Pandemie notwendig ist: auf internationale Lieferketten angewiesen. Wich- tig wäre es daher, dass die EU alle Länder auffor- Bereits 54 Staaten haben Exportkontrollen für dert, der WTO Pharmaceutical Zero-for-Zero Initi- Medizingüter eingeführt. Der Dienstleistungshan- ative beizutreten und diese auf alle Pharma- und del leidet schon jetzt unter den weltweiten Medizingüter auszuweiten. Diese und weitere Grenzschließungen, etwa wenn der Architekt handelspolitische Corona (Heraus-) Forderungen nicht zur Baustelle im Ausland kommt. Andere zeigt der DIHK in einer aktuellen Veröffentlichung Staaten haben zudem Exportverbote für auf.
7 | GOING INTERNATIONAL 2020 Geschäftsperspektiven in den Weltregionen Auch ohne die Auswirkungen der Corona-Pandemie ist das Wachstum vieler Volkswirtschaften im Jahr 2020 nur schwach. Die zahlreichen Handelskonflikte bremsen den weltweiten Handel von Gütern und damit die globale Konjunktur. Zunehmender Protektionismus, Zölle und Sanktionen mit weitreichenden Auswirkungen auf die Lieferketten sorgen für Planungsunsicherheit – nicht nur bei den deutschen Unternehmen. Die Folge: Immer mehr Betriebe halten sich bei Investitionen zurück. In China, in den USA und in vielen Indust- rieländern gehen die Wachstumsraten zurück. Die daraus resultierende schwächelnde Nachfrage nach Gü- tern und Dienstleistungen bekommen auch viele Entwicklungs- und Schwellenländer zu spüren. Globale Geschäftsperspektiven der deutschen Wirtschaft Anteile in Prozent schlechter besser 12 18 Asien/Pazifik (ohne China) 12 17 Eurozone 10 15 Sonstige EU, Schweiz, Norwegen 17 21 Nordamerika (NAFTA) 22 21 China 20 14 Welt 18 11 Süd- und Mittelamerika 17 9 Ost-/Südosteuropa (ohne EU) 24 11 Nordafrika 27 12 Naher Osten 25 10 Subsahara-Afrika
8 | GOING INTERNATIONAL 2020 Impressum Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Bereich Internationale Wirtschaftspolitik, Außenwirtschaftsrecht Herausgeber und Copyright © Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Postanschrift: 11052 Berlin | Hausanschrift: Breite Straße 29 | Berlin-Mitte Telefon 030 20308-0 | Fax 030 20308-1000 DIHK Brüssel Vertretung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages bei der Europäischen Union 19 A-D, Avenue des Arts | B-1000 Bruxelles Telefon : +32 2 286-1611 | Fax +32 2 286-1605 Internet www.dihk.de Facebook www.facebook.com/DIHKBerlin Twitter http://twitter.com/DIHK_News Redaktion Kevin Heidenreich Grafik Sebastian Titze Bildnachweis https://www.gettyimages.de/ Stand April 2020
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