Prävention von (psychischer) Gewalt - Mag.a Sabine Mandl 29. Juni 2021, Feldkirch
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Was ist Gewalt? – aus Sicht von Kindern Kurzfilm https://vimeo.com/377811202/18db775ffc (EU Projekt zu partizipativem Gewaltschutz) Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: Participation for Protection P4P https://www.politik-lernen.at/p4p/materialienkinderundjugendliche Namens- oder Datumszeile
Einstellungen von Österreicher*innen zu häuslicher Gewalt gegen Frauen • Jede/r vierte Befragte gab an: Gewalt gegen Frauen ist nicht sehr oder überhaupt nicht verbreitet. • Jede/r vierte Befragte stimmte der Aussage nicht zu: Gewalt gegen Frauen ist inakzeptabel und zu bestrafen. • Jede/r fünfte Befragte stimmte voll oder eher zu: Frauen provozieren Gewalt und es ist eine private Angelegenheit. Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: Eurobarometer, 2016, https://europa.eu/eurobarometer/surveys/detail/2115 Namens- oder Datumszeile
Was ist Gewalt gegen Frauen? Istanbul-Konvention Begriff „Gewalt gegen Frauen“ wird als eine Menschenrechtsverletzung und eine Form der Diskriminierung der Frau verstanden und bezeichnet alle Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt, die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden bei Frauen führen oder führen können, einschließlich der Androhung solcher Handlungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheitsentziehung, sei es im öffentlichen oder privaten Leben (Art. 3). Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
Istanbul-Konvention Psychische Gewalt: „Seelische Unversehrtheit einer anderen Person durch Zwang oder Bedrohung „vorsätzlich“ schwerwiegend beeinträchtigt wird. Im Übereinkommen wird nicht definiert, was eine schwerwiegende Beeinträchtigung ist. Damit ein Verhalten unter diese Bestimmung fällt, muss Zwang ausgeübt oder eine Bedrohung eingesetzt werden und über einen längeren Zeitraum dauern. Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
„Man wird so erniedrigt, dass man sich nicht mehr als Mensch fühlt.“ „Er hat mich abgehört, wusste immer ganz genau, wem ich was gesagt habe am Telefon.“ „Er hat das ganze Geld an sich genommen, man musste immer betteln.“ Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: Psychische Gewalt gegen Frauen. Eine empirische Untersuchung. Verein Wiener Frauenhäuser, Wien, 2014. https://www.frauenhaeuser-wien.at/publikationen_infomaterial.htm Namens- oder Datumszeile
Definition von psychischer Gewalt aus Betroffenen-Perspektive Die Abgrenzung von psychischer Gewalt zu einem im Normbereich liegenden Verhalten (Konflikte, Streit im Alltag) ist teilweise schwer zu ziehen, die Grenze dazu ist fließend. Von psychischer Gewalt sprechen Betroffene dann, wenn in einer Beziehung in keinster Weise Gleichberechtigung gelebt wird, wenn ständig persönliche Bedürfnisse seitens des Partners ignoriert werden bzw. wenn abnorme Reaktionen in Alltagssituationen vorkommen. Treten diese Gegebenheiten kontinuierlich und mit einer gewissen Häufigkeit auf, so handelt es sich aus der Sicht betroffener Frauen um psychische Gewalt. Titel der Quelle: Psychische Gewalt gegen Frauen. Eine empirische Untersuchung. Verein Präsentation Wiener / Dr. Name Frauenhäuser, Wien, Nachname 2014. https://www.frauenhaeuser-wien.at/publikationen_infomaterial.htm Namens- oder Datumszeile
Unterschied zwischen Gewalt und Aggression Gewalt: Destruktive Kraft, persönliche oder strukturelle Einschränkung, erzeugt Angst und ist mit Absicht verletzend, vorsätzlich, Durchsetzung von Macht, hat oft mit Zwang zu tun; und ist meist nicht einmalig (insbesondere bei psychischer Gewalt); Aggression: Eher positiv besetzt, Selbstbehauptung, zur Verteidigung, Durchsetzungskraft, Antriebskraft, ist ein Überlebensmechanismus; treibende Kraft in Konflikten, kann nach innen (selbstzerstörerisch) und nach außen gerichtet sein (Wut und Zorn gegenüber anderen), geht darum zu lernen mit Aggression umzugehen; Aggression ist nicht mit Gewalt gleichzusetzen, Differenzierung nötig, nicht alles ist Gewalt, führe zur Inflation des Begriffs, zur Beliebigkeit, aber schwer eine Trennlinie zu ziehen, kontext- und situationsabhängig; Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
Formen von psychischer Gewalt (Studie Wiener Frauenhäuser, 2014) Isolation (z.B. Verbot von sozialen Kontakten, außerhäuslichen Aktivitäten, Einsperren, Verbot zu telefonieren) „Er hat mir verboten, mit Freundinnen und Nachbarn Kaffee zu trinken – wenn sie klopften, sagte er, ich sei nicht da.“ Kontrolle (z.B. Telefongespräche, Finanzen, außerhäuslichen Aktivitäten, soziale Kontakte) „Er kontrollierte meine Gespräche mit Wanzen zu Hause, hörte die Handy- Gespräche ab.“ Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: Psychische Gewalt gegen Frauen. Eine empirische Untersuchung. Verein Wiener Frauenhäuser, Wien, 2014. https://www.frauenhaeuser-wien.at/publikationen_infomaterial.htm Namens- oder Datumszeile
Behinderung im Alltag (z.B. Erzeugen von Stress/der Zwang zur Aktivität, Alkohol, Erzwingen von Sexualität, Störungen am Arbeitsplatz, etc. ) „Er hat ein perfekt geputztes Haus verlangt, eine 40-Stunden Arbeitswoche und die Betreuung von 4 Kindern – er selbst hat nichts gearbeitet und getan.“ Abwertung (z.B. Unfähigkeit und Hilflosigkeit, Beschimpfungen, Demütigungen, sexuell konnotierte Beleidigungen) „Er hat mir immer eingeredet, dass ich nichts kann und nicht mal nach Hause finde, und deswegen nicht rausgehen kann.“ Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: Psychische Gewalt gegen Frauen. Eine empirische Untersuchung. Verein Wiener Frauenhäuser, Wien, 2014. https://www.frauenhaeuser-wien.at/publikationen_infomaterial.htm Namens- oder Datumszeile
Drohungen (z.B. Morddrohungen, Drohungen, die Kinder wegzunehmen, Androhung körperliche Gewalt, das Land verlassen zu müssen, etc.) „Er hat gesagt, ich begrabe dich in der Wohnung und niemand weiß, wo du bist, wenn du mit den Kindern weggehst.“ Demonstration von Macht (z.B. durch Status/Finanzen, keine Entscheidungsfreiheit, Aussperren aus der Wohnung, Ignoranz, etc.) „Er wollte immer, dass ich von ihm abhängig bin und von seiner Familie und hat mich das immer spüren lassen.“ Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: Psychische Gewalt gegen Frauen. Eine empirische Untersuchung. Verein Wiener Frauenhäuser, Wien, 2014. https://www.frauenhaeuser-wien.at/publikationen_infomaterial.htm Namens- oder Datumszeile
Verwobenheit von unterschiedlichen Formen von Gewalt • Unterschiedliche Formen von Gewalt können nicht voneinander betrachtet werden. • Sehr häufig treten sie gemeinsam auf, bedingen einander und verstärken sich. • Alle Ausprägungen von körperlicher, sexualisierter und wirtschaftlicher Gewalt haben auch eine psychische Komponente – Demütigung, Herabwürdigung, erzeugen Angst, Unsicherheit, schwächen den Selbstwert, etc. Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
Österreichische Rechtslage zur psychischen Gewalt § 38 SPG Wegweisung / § 38a SPG Betretungs- und Annäherungsverbot § 382g Exekutionsordnung (EO) – Einstweilige Verfügung "Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre“ § 92 StGB: – Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen § 105 StGB – Nötigung § 107 StGB – gefährliche Drohung § 107 a – beharrliche Verfolgung („Stalking“) § 107 b – fortgesetzte Gewaltausübung § 107 c – Fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems (Cybermobbing) § 111 StGB – Üble Nachrede § 115 StGB – Beleidigung § 117 StGB – Berechtigung zur Anklage bei Verletzung der Ehre Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
Conclusio: Einige Formen psychischer Gewalt sind bereits strafbar. Andere nicht: ständiges Abwerten, Demütigen, Schikanieren, Verweigerung von Kontakten oder bewusstes Ignorieren. Empfehlung: Einführung eines Tatbestandes zur umfassenden Sanktionierung schwerer Formen psychischer Gewalt. Quelle: Psychische Gewalt gegen Frauen. Eine empirische Untersuchung. Verein Wiener Titel der Frauenhäuser, Präsentation Wien,Nachname / Dr. Name 2014. https://www.frauenhaeuser-wien.at/publikationen_infomaterial.htm Namens- oder Datumszeile
Prävalenz von Gewalt gegen Frauen Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) Namens- oder Datumszeile
Gewalt in der Familien und im sozialem Nahraum, Betroffene, Österreich, 2011 Prävalenzstudie, Österreich, 2011 verprügelt, zusammengeschlagen leichte Ohrfeige verleumdet, vor anderen schlecht gemacht wiederholt gemobbt, unterdrückt lächerlich gemacht, abgewertet wiedeholt beleidigt, eingeschüchter, aggressiv angeschrien 0 10 20 30 40 50 60 Frauen Männer Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: Gewalt in der Familie und im sozialen Nahraum. Österreichisches Institut für Familienforschung, Namens- oder2011, Datumszeile https://www.oif.ac.at/publikationen
Gewalt an Frauen mit Behinderungen, Betroffene, 2019 Prävalenzstudie Österreich Vergewaltigt Berührt, zu küssen versucht verfolgt, aufgelauert, belästigt be-/gedroht oder eingeschüchtert, Angst machen Geschlagen oder verprügelt worden (leichte Ohrfeige) 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Frauen mit Behinderungen Frauen ohne Behinderungen Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: Mayrhofer/Schachner/Mandl/Seidler (2019): Erfahrungen und Prävention von GewaltNamens- oder mit an Menschen Datumszeile Behinderungen, www.irks.at
Prävention „prae“ and „venire“ - zuvorkommen „…weniger wahrscheinlich zu machen bzw. zu verhindern oder zumindest zu verzögern…“ Wahrscheinlichkeit von Gewaltübergriffen zu reduzieren Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
Primärprävention – eine menschenrechtliche Verpflichtung Istanbul-Konvention: Mitgliedsstaaten müssen alle erforderlichen Maßnahmen, Gesetze setzen, um alle in der Konvention behandelten Gewaltformen zu verhindern. (Art 12) • …das Verhalten der Allgemeinbevölkerung müsse tiefgreifend verändert werden (…) alle Akteur*innen der Gesellschaft müssen eingebunden werden, insbesondere Männer und Burschen (Art 12) Kampagnen, Vorträge, Workshops, Fortbildungen, etc. • Stärkung des Bewusstseins für alle Formen von Gewalt und deren Auswirkungen, insbesondere auf Kinder und Jugendliche. • Stärkung des Bewusstseins für „Null-Toleranz von Gewalt“ (Art 13). • Kinder und Jugendliche sensibilisieren für Geschlechtergerechtigkeit (Art. 14). Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
Primärprävention – Herausforderungen Art. 13 Bewusstseinsbildung • Dauerfinanzierung von Kampagnen und Projekten fehlt; 2014/15 Gewalfrei-leben (AÖF/IST/Bundesjugendvertretung), 16-Tage gegen Gewalt an Frauen – punktuelle Fördertöpfe für Projekte (2020/21 BKA, ÖIF), systematische Verankerung fehlt. • Zu sehr Fokus auf „Opfer“ – Sekundärprävention; von Gewalt Betroffene werden passiv dargestellt, es fehlen Empowerment-Ansätze. • Im Vordergrund physische und sexualisierte Gewalt – Bedarf an Sensibilisierung für psychische und wirtschaftliche Gewalt/online-Gewalt/hate speech • Benachteiligte Gruppen werden kaum sichtbar gemacht: Frauen mit Behinderungen/Migrationshintergrund/lesbische/transgender Frauen, alte Frauen, etc. • Forschung zur Wirksamkeit von Sensibilisierungsmaßnahmen fehlt. Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: vgl. dazu Österreichischer NGO Schattenbericht für GREVIO, 2016 https://www.aoef.at/index.php/istanbulkonvention Namens- oder Datumszeile
Primärprävention – Herausforderungen Art. 14 Bildung • Unterrichtsprinzip zur „Reflexiven Geschlechterpädagogik und Gleichstellung“ • Allgemeine Bildungsziele und didaktische Grundsätze (Geschlechterrollen, Gleichberechtigung, etc.) - Gewalt gegen Frauen und Mädchen nicht explizit erwähnt Vielzahl an außerschulischen Angeboten: • Efeu (Sensibilisierung für Sexismen in der Schule/Bildung) – Entwicklung von pädagogischen Materialien • Zentrum polis Bildungsmaßnahmenpaket zur Gewalt gegen Frauen (2015/16) • Gendersensible Burschenarbeit: poika, heroes, etc. • Gewaltschutzzentren, Kinderschutzzentren, etc. Workshops in Schulen fehlt an systematischer und struktureller Verankerung Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: vgl. dazu Österreichischer NGO Schattenbericht für GREVIO, 2016 https://www.aoef.at/index.php/istanbulkonvention Namens- oder Datumszeile
Primärprävention – Herausforderungen Art. 15 Aus- und Fortbildung Berufsgruppen: Polizei/Staatsanwaltschaft/Gerichte/Sozialarbeit/Gesundheitsberufe/Fremdenbehörde Einrichtungen im Bereich Migration und Asyl/Bildung/Dolmetsch außer bei der Polizei gibt es in keiner Ausbildung verpflichtende Module zu Gewalt gegen Frauen und Kinder Art. 17 Medien und privater Sektor Bedarf an Sensibilisierung für Journalist*innen über Gewalt zu berichten Leitfaden „Verantwortungsvolle Berichterstattung für ein gewaltfreies Leben“; „Sensible Berichterstattung zum Thema Gewalt gegen Frauen“ Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Quelle: vgl. dazu Österreichischer NGO Schattenbericht für GREVIO, 2016 https://www.aoef.at/index.php/istanbulkonvention Namens- oder Datumszeile
Primärprävention – gesellschaftspolitischer Auftrag Reduktion von Risikofaktoren Auf gesellschaftlicher, struktureller Ebene: - Geschlechterstereotypen und Rollenbilder, die mit der Abwertung und Unterordnung von Frauen verbunden sind (typisch männlich/typisch weiblich) - Diskriminierung und Benachteiligung - Arbeitsmarkt, Politik, Bildung, Kultur, Sport, etc. • Faire und gerechte Verteilung von Ressourcen und Macht - Ökonomische, materielle Unsicherheit/Abhängigkeit, insbesondere von Frauen mit Behinderungen/alte Frauen, Frauen mit unsicherem Aufenthaltstitel Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
Primärprävention – gesellschaftspolitischer Auftrag Reduktion von Risikofaktoren Auf individueller Ebene: - Stärkung von individuellen Ressourcen (Empowerment) und Resilienz, Fokus auf Selbstbestimmung, Autonomie, Würde, Respekt, Toleranz - Besonderes Augenmerk darauf, dass Kinder und Jugendliche in einem gewaltfreien und liebevollem Umfeld aufwachsen können Elternbildung und Unterstützung, kommunale Initiativen und Angebote. - Systematische Verankerung von Geschlechtergerechtigkeit in der Schule/Kindergarten: Bildung gegen jede Form von Rassismus, Sexismus, Homophobie, Ableismus, für partnerschaftliche Beziehungen, gewaltfreie Kommunikation; gezielte Unterstützung für Burschen und junge Männer (neue Männlichkeit); Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
Primärprävention – gesellschaftspolitischer Auftrag Neue Gesellschaftsmodelle, die getragen sind von Allianzen von unterschiedlichen Gruppen, Inklusion, Partnerschaftlichkeit, soziale Gerechtigkeit, Solidarität, Anerkennung von Menschenrechten, … … wo jede*r seine Entwicklungs-Potentiale ausschöpfen und gleiche Chancen und Teilhabe-Möglichkeiten hat. Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
Kontakt: Mag.a Sabine Mandl Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte Tel.: ++43 1 4277 27438 e-mail: sabine.mandl@univie.ac.at web: http://bim.lbg.ac.at Titel der Präsentation / Dr. Name Nachname Namens- oder Datumszeile
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