Praxisinformation - 2016/18 Zwischenauswertung der Waldinventur - BFW
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2003 2019 13Z039578 M Praxisinformation Zwischenauswertung der Waldinventur 2016/18 Bundesforschungszentrum für Wald https://bfw.ac.at Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, Österreich
Dieses Papier stammt aus nach- haltig bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen. www.pefc.at Inhalt WOLFGANG RUSS Mehr als 4 Millionen Hektar Wald in Österreich...............................................3 THOMAS GSCHWANTNER Holzvorrat auf neuem Höchststand ......8 ALEXANDRA FREUDENSCHUSS, FRANZ ZAUNBAUER, KLEMENS SCHADAUER Stammschäden – ein Dauerbrenner ..13 THOMAS GSCHWANTNER Totholz-Zunahme ausschließlich positiv?.......................................................17 TATJANA KOUKAL, ALEXANDRA FREUDENSCHUSS, In den Jahren 2016 bis 2021 werden von der Österreichischen Waldinventur THOMAS GSCHWANTNER Ändert sich die biologische (ÖWI) des Bundesforschungszentrums für Wald bundesweit Walddaten Vielfalt im Wald?......................................23 erhoben. Jetzt liegt die Zwischenauswertung für die Jahre 2016 bis 2018 vor. Sie CLÉMENTINE OLS, JEAN-DANIEL BONTEMPS, stützt sich auf die Hälfte des Stichprobennetzes und gibt damit Aufschluss über THOMAS GSCHWANTNER die neuesten Trends. Aber Achtung: Bei der Interpretation von Veränderungen Nadelbäume – wie reagiert das Wachstum auf die ist Vorsicht geboten. Klimaerwärmung?...................................30 Derzeit sind sieben Erhebungsteams des BFW bundesweit unterwegs und führen KLEMENS SCHADAUER, CHRISTOPH BAUERHANSL, STEFAN SCHÖTTL, auf den Probeflächen der ÖWI umfangreiche Messungen durch. Mehr als 200 CHRISTIAN AUFREITER, MARKUS LÖW, wald- und umweltrelevante Parameter zum Zustand und zu den Veränderungen ALEXANDRA FREUDENSCHUSS des österreichischen Waldes werden erfasst. Jahrelange Außendiensterfahrung Die Fernerkundung als Schmuckstück der und eine sorgfältige Qualitätssicherung sorgen für eine hochwertige und über österreichischen Waldinventur ...........35 die Jahre vergleichbare Datengewinnung. Insgesamt umfasst das Stichprobennetz der ÖWI rund 11.000 Probeflächen im Titelseite: Wald. Die Hälfte davon war mit Ende des Jahres 2018 erfasst. Damit bot sich die Methoden der Fernerkundung werden künftig in der Waldinventur vermehrt Möglichkeit, nach zehn Jahren wieder aktuelle Informationen für wald- und um- eingesetzt (im Bild eine 3-D-Punktwolke) weltpolitische Fragestellungen zur Verfügung zu stellen. Von besonderem Inte- resse sind immer die Kenngrößen Waldfläche, Vorrat, Totholz, Nutzung und Zu- wachs, dies konnte mit ausreichender Genauigkeit für die größeren räumlichen Straten (Bund und Bundesländer) ausgewertet werden (Ergebnisse auf Impressum bfw.ac.at). ISSN 1815-3895 © Oktober 2019 Eine Anmerkung zur Interpretation von Veränderungen: Die hohe Genauigkeit Nachdruck nur nach vorheriger bei der Auswertung von Veränderungen gilt nur, wenn idente Probeflächen des schriftlicher Zustimmung seitens des Herausgebers gestattet. gesamten Stichprobennetzes verglichen werden. Das ist für diese Zwischenaus- Presserechtlich für den Inhalt wertung nicht der Fall, weil mit ihr nur die Hälfte der Probeflächen abgedeckt verantwortlich: Peter Mayer ist. Aus diesem Grund wurden für die meisten Artikel die Ergebnisse der letzten Bundesforschungs- und Ausbildungs- zentrum für Wald, Naturgefahren und ÖWI 2007/09 auf Basis der entsprechenden halben Stichprobe neu berechnet. Landschaft (BFW) Diese Vergleichswerte der ÖWI 2007/09 können daher von den auf der Home- Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, Österreich page Publizierten geringfügig abweichen. Tel.: +44 1 87838 0 Fax: +44 1 87838 1250 Obwohl die Zwischenauswertung 2016/18 mit einer höheren statistischen Unsi- http://bfw.ac.at cherheit als etwa das Gesamtergebnis der vorigen ÖWI-Periode 2007/09 Redaktion: Klemens Schadauer, Alexandra Freudenschuß, behaftet ist, zeigt sie dennoch viele interessante Ergebnisse und Trends. Christian Lackner Layout: Johanna Kohl Bezugsquelle: BFW-Bibliothek Tel.: +44 1 87838 1216 E-Mail: bibliothek@bfw.gv.at Online-Bestellung: http://www.bfw.ac.at/webshop Dr. Peter Mayer Dr. Klemens Schadauer Genderschreibweise erfolgt nach dem Leiter des BFW Leiter des Instituts für Waldinventur des BFW Zufallsprinzip. 2 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019
WOLFGANG RUSS Mehr als 4 Millionen Hektar Wald in Österreich Österreich ist eines der waldreichen Waldinventur: Zwischenauswertung 2016/18 Länder in der Europäischen Union. Mit nunmehr 4,02 Millionen Hektar er- » Die Hälfte des Stichprobennetzes wurde bereits erfasst. reicht der österreichische Wald fast » Höhere statistische Unsicherheit als das Gesamtergebnis der die gesamte Flächenausdehnung vorigen ÖWI-Periode 2007/09 unseres Nachbarlandes Schweiz (4,13 Millionen ha) oder der Niederlande » Vorsicht bei Interpretation von Veränderungen (4,15 Millionen ha). Mit einer Wald- » Interessante Ergebnisse und Trends ausstattung von rund 48 % der Staats- fläche liegt Österreich nicht nur im » Gesamtergebnis für die ÖWI-Periode 2016/21 im Jahr 2022 europäischen Spitzenfeld, sondern ist » Zwischenergebnisse der Waldinventur 2016/18: nach Slowenien auch das am dichtesten https://bfw.ac.at/rz/bfwcms.web?dok=10544 bewaldete Land Mitteleuropas. Umgelegt auf die Bevölkerung entfallen von damals 3,69 Millionen auf nunmehr in Österreich knapp ein halber Hektar 4,02 Millionen Hektar beobachtet wer- Wald je Einwohnerin und Einwohner; das den. Diese Zunahme des Waldes um ist rund drei Mal so viel wie in unseren rund 330.000 ha in einem halben Jahr- Nachbarländern Schweiz und Deutsch- hundert entspricht fast der Hälfte der land bzw. fast doppelt so viel wie in Landesfläche von Salzburg (715.000 ha) Tschechien. oder mehr als einem Drittel von Kärnten Ein stetiges Anwachsen der Wald- (954.000 ha). fläche Österreichs kann bereits seit der Dieser Trend zu mehr Wald in Öster- ersten Erhebungsperiode der Öster- reich hat sich auch im Zuge der aktuellen reichischen Waldinventur (ÖWI) 1961/70 ÖWI-Zwischenauswertung 2016/18 fort- in Millionen Hektar 3,99 4,02 3,92 3,96 Abbildung 1: 3,86 3,88 Die Waldflächenzunahme 3,75 3,69 – ein stetiger, noch immer ungebrochener Prozess B e w a l d u n g s p r o z e n t 44,0 % 44,8 % 46,0 % 46,2 % 46,8 % 47,2 % 47,6 % 47,9 % 1961 1971 1981 1986 1990 1996 2002 2010 2021 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019 3
gesetzt: Der Wald hat sich seit der ÖWI Waldflächenabganges von 45.000 ha 2007/09 um knapp 31.000 ha ver- auf gegenwärtig (wieder) landwirt- größert, dieser Wert entsteht aus der schaftlich genutzte Flächen wie Weiden, Differenz der Waldflächenzugänge von Almen und Mähwiesen sowie ein Viertel 76.000 ha und den Abgängen von auf exponierte Naturflächen und Ex- 45.000 ha. Bezogen auf den Beobach- tremstandorte. Rund ein Sechstel dieser tungszeitraum von neun Jahren, nimmt ehemaligen Waldflächen wird nunmehr die Waldfläche jährlich um rund 3.400 als Verkehrsflächen oder für Bergbau, ha zu. Damit verlangsamt sich die Wald- Industrie und Gewerbe genutzt. flächenzunahme von 7.700 ha (ÖWI Diese Ausbreitung des Waldes führt 1992/96) über 5.100 ha (ÖWI 2000/02) zu einer Vielzahl positiver Effekte, etwa und 4.300 ha (ÖWI 2007/09) auf nun- beim Boden- und Erosionsschutz, der mehr 3.400 ha pro Jahr. Umgelegt be- Speicherung von Grund- und Nieder- deutet dies: Österreichs Waldfläche schlagswasser, dem Schutz vor Naturge- wächst jährlich im Ausmaß der Stadtge- fahren, aber auch als Lebensraum für meinde Enns. Oder ein weiterer, seit seltene Tier- und Pflanzenarten. Auch über 20 Jahren zitierter, traditioneller zum Klimaschutz trägt der Wald durch Vergleich: Die Waldfläche Österreichs Bindung von atmosphärischem Kohlen- wächst um 4.762 Fußballfelder pro Jahr. dioxid bei und stellt den natürlichen, erneuerbaren und vielseitig verwendba- Vor allem Grünland wird zu Wald ren Rohstoff Holz zur Verfügung. Aller- Die laufende Waldflächenveränderung dings werden in manchen Regionen ist ein sehr komplexer, dynamischer Pro- auch schon negative Auswirkungen der zess, der nicht allein auf aktive mensch- stetigen Waldflächenzunahme beklagt, liche Eingriffe – wie Neuaufforstungen wie etwa der Verlust anderer arten- oder Rodungen – zurückzuführen ist. reicher Biotope wie das Zuwachsen von Vor allem in Bereichen, wo Grünland Bergwiesen und Mooren sowie mono- nicht mehr bewirtschaftet wird, oder auf toner werdende Landschaften mit gerin- landwirtschaftlichen Grenzertragsstand- gerer Attraktivität für den Tourismus orten kann sich der Wald bei Fehlen und sinkendem Erholungswert. anderer Landnutzungsformen neuen Lebensraum erschließen. Entlang der Waldzunahme insbesondere in Waldränder, der natürlichen Sukzession Gebirgslagen folgend, und im Schutze des sich aus- Sieht man sich die Waldflächenent- breitenden Kronendaches siedeln sich wicklung nach Seehöhenstufen genauer Strauch- und Baumverjüngung an. Kann an, fällt zunächst eine relativ gleich- sich ausreichend vitale Naturverjüngung mäßige Verteilung der Waldflächenzu- entwickeln, die sich auch nach dem Ver- gänge von rund 17.000 ha bis 20.000 ha in lust des schützenden Kronendaches der allen Seehöhenstufen auf (Abbildung 2). alten Randbäume als überlebensfähig In den Seehöhenstufen bis 599 m und erweist, bleiben diese ehemaligen Grün- zwischen 600 und 1199 m sind die Zu- landflächen auch weiterhin Wald. gänge an Waldfläche fast doppelt so Rund die Hälfte der 76.000 ha neuer groß wie die Abgänge und ergeben Waldfläche stockt auf ehemaligen Wei- somit eine bilanzierte Waldflächen- den, Almen und Mähwiesen, ein weiteres zunahme von rund plus 8.000 bzw. Drittel auf Felsen, Rutschflächen, Zwerg- 7.000 ha. strauchheiden, Röhricht und dergleichen. In der Seehöhenstufe von 1200 bis Weitere 10 % entstammen Äckern, 1799 m halten sich die positiven und Brachen und Obstgärten. Umgekehrt negativen Waldflächenveränderungen entfällt aber auch fast die Hälfte des hingegen annähernd die Waage, was 4 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019
rein rechnerisch zu einem relativ kleinen Hektar positiven Saldo an Waldflächenzunahme 25.000 Waldflächenzugänge Waldflächenabgänge führt, wozu aber in der aktuellen Zwi- schenauswertung mit halben Stichpro- 20.000 benumfang keine statistisch abge- 15.000 sicherte Aussage getroffen werden kann. 10.000 Ab 1800 m Seehöhe sind nur sehr ge- ringe Abgänge an Waldfläche zu ver- 5.000 zeichnen, weshalb mit rund 13.000 ha 0 mehr als 40 % der gesamten bilanzierten Waldflächenzunahmen in dieser Hoch- - 5.000 lagenstufe vorkommen. Etwa 300.000 ha - 10.000 Wald stehen aktuell in einer Seehöhe ab - 15.000 1800 m. Somit entfallen 4 % des Waldes dieser Höhenstufe auf Neubewaldung in - 20.000 bis 599 m 600-1199 m 1200-1799 m ab 1800 m den letzten neun Jahren. Auffallend war bereits bei der Aus- Hektar wertung der letzten Erhebungsperiode 14.000 bilanzierte Waldflächenzunahme 2007/09, dass damals schon knapp 6 % der gesamten Waldfläche über 1800 m 12.000 Seehöhe auf neu bewaldete ehemalige 10.000 Nichtwaldflächen entfielen. Somit sind 8.000 rund 10 % des Waldes über 1800 m auf Neubewaldung in den letzten beiden 6.000 Dezenien zurückzuführen. Sind das Aus- 4.000 wirkungen des Klimawandels oder nur 2.000 der Rückzug der Landwirtschaft aus dem Hochalmgebiet? Eine eindeutige Ant- 0 bis 599 m 600-1199 m 1200-1799 m ab 1800 m wort ist derzeit kaum möglich. Sicher ist aber, dass beide Faktoren gemeinsam wirken und dass die Waldgrenze nach oben wandert. In Zukunft wird die ÖWI 15.000 ha und im sehr eingeschränkt detaillierte Analysen mit Hilfe der Fern- oder nicht bewirtschafteten Schutzwald Abbildung 2: erkundung durchführen und damit eine außer Ertrag rund 25.000 ha. In allen Seehöhestufen klare Antwort geben können. Schließlich sind es vor allem höher finden etwa gleich viele gelegene Standorte, auf denen die Neu- Waldflächenzugänge statt Weniger Ausschlagwald, bewaldung zum großen Teil stattfindet (oben). mehr Schutzwald und die den Schutzwaldcharakter sehr Die Abgänge sind jedoch Laut aktueller Zwischenauswertung häufig schon vorgeben. Die Ertragswald- recht verschieden. Daher nimmt der Ausschlagwald um rund 16 % fläche insgesamt nimmt nach der vorlie- ist die Zunahme ins- oder fast 15.000 ha seit der ÖWI genden Zwischenauswertung tendenziell gesamt oberhalb von 2007/09 ab. Insbesondere Landaus- geringfügig ab (- 0,36 %), wobei diese 1800 m am stärksten schlagwälder in Form oberholzreicherer Tendenz innerhalb des Fehlerrahmens (unten). Mittelwälder werden natürlich oder ge- liegt und somit statistisch nicht abge- zielt bei reichlicher Verjüngung über sichert ist. Kernwüchse in ertragsreicheren Hoch- wald übergeführt. Weniger Fichte – Nadelholz Der Schutzwald legt hingegen um insgesamt rückläufig rund 40.000 ha zu. Im bewirtschafteten Seit den 1980er Jahren ist eine Abnahme Schutzwald im Ertrag sind es rund der mit Fichten bestockten Fläche im be- Praxisinformation | Nr. 50 - 2019 5
wirtschafteten Ertragswald beobachtbar, Waldsträucher haben vor allem als dies hat sich auch bei der ÖWI- Beimischung rund 33.000 ha an Fläche Zwischenauswertung 2016/18 fort- im Ertragswald zugewonnen. Auch gesetzt. Im Vergleich zur Vorperiode hat als Füllhölzer auf kleineren Bestandes- die Fichtenfläche neuerlich um rund lücken steigt der Anteil der Sträucher 48.000 ha abgenommen und macht (31.000 ha), während vorübergehend derzeit nur mehr rund 49 % der Ertrags- unbestockte Bestandeslücken ohne waldfläche aus (In der Erhebungs- Sträucher rückläufig sind (-20.000 ha). periode 1986/90 betrug der Anteil noch Die mit Laubhölzern bestockten Er- mehr als 56 %.). Seither hat die Fichte tragswaldflächen zeigen nach der vorlie- rund 224.000 ha an Ertragswaldfläche genden Zwischenauswertung der ÖWI eingebüßt. Die Weißkiefer hat im Ver- weiterhin eine leicht steigende Tendenz. gleich zur Vorperiode ebenfalls um rund Diese vergleichsweise geringe Flächen- 17.000 ha an Fläche verloren, seit der zunahme liegt innerhalb des Fehlerrah- ÖWI 1986/90 insgesamt nunmehr rund mens und lässt keine gesicherte Aussage 55.000 ha. Auch die Lärche und zu, zumal die Ertragswaldfläche insge- sonstige Nadelhölzer zeigen eine leicht samt geringfügig abnehmende Tendenz rückläufige Tendenz. Das Nadelholz ins- zeigt. Seit der ÖWI 1986/90 wuchs die gesamt hat im Ertragswald im Vergleich mit Laubhölzern bestockte Ertragswald- zur Vorperiode um rund 73.000 ha ab- fläche um mehr als 130.000 ha, die der genommen, seit der Erhebungsperiode Waldsträucher als Beimischung im Be- 1986/90 um 287.000 ha. stand um rund 42.000 ha. Mehr Buche, mehr Sträucher – Trend zu laubholzreicheren weniger Weichlaubholz (Misch-)Beständen setzt sich fort Die mit Rotbuche bestockten Flächen Neben den ideellen Flächenanteilen der nahmen im Ertragswald um insgesamt einzelnen Baumarten sind vor allem fast 22.000 ha zu, während die Eichen- auch deren Vergesellschaftung und Abbildung 3: und übrigen Hartlaubholzflächen an- Mischung im Bestand von Bedeutung. Laubholz- und Laub- nähernd gleich blieben. Das flächige Dabei zeigt sich schon über mehrere Er- holzmischbestände Vorkommen der Weichlaubhölzer ist hebungsperioden ein Trend zu laubholz- nehmen auf Kosten von hingegen um rund 14.000 ha zurückge- reicheren (Misch-)Beständen bei gleich- Nadelholzreinbeständen gangen. zeitigem Rückgang der Fichten- und weiter zu % Laubholz- und Mischbestände 80 Nadelholzreinbestände davon Fichtenreinbestände 70 60 50 40 30 20 10 0 1981/85 1986/90 1992/96 2000/02 2007/09 2016/18 6 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019
Abbildung 4: Der Waldlayer der ÖWI zeigt Veränderungen im Detail auf. Rechts sieht man eine Schottergrube und landwirtschaftliche Flächen, die zuvor (Bild links) noch Wald waren. Nadelholzreinbestände. Dieser Trend nur tendenzielle Veränderungen festge- setzt sich bei der aktuellen ÖWI stellt und die Ergebnisse der Gesamtaus- 2016/18 fort, wenngleich in etwas ab- wertung 2016/21 abgewartet werden. geschwächter Form (Abbildung 3) Die Flächennachhaltigkeit des österrei- Im Vergleich der ÖWI-Perioden chischen Waldes ist aber mit der bilan- 1992/96 und 2000/02 nahmen die zierten Waldflächenzunahme der aktuel- Laubholz- und Mischbestände in sieben len Zwischenauswertung von knapp Jahren bei gleichzeitigem Rückgang der 31.000 ha jedenfalls gesichert. Ob auch Nadelholz- und Fichtenreinbestände zukünftig eine Zunahme der Waldfläche noch um 3 % zu, bei den beiden letzten – insbesondere in bereits waldreichen Inventuren 2000/02 und 2007/09 in Regionen – weiterhin erwünscht ist, sieben Jahren immerhin noch um 2 %. muss durch die politischen Akteure im Im aktuellen Vergleich stieg der Anteil Rahmen der Raumplanung und der Ent- der Laubholz- und Mischbestände in- wicklung des ländlichen Raumes ent- nerhalb von neun Jahren nur noch um schieden werden. rund 1 %, der Anteil der Fichtenreinbe- Der weiterhin anhaltende Trend weg stände blieb annähernd gleich. von Nadelholz- und Fichtenreinbe- ständen hin zu laubholzreicheren Misch- Mehr Wald – wäldern und der steigende Anteil an Trend zu naturnäherer Sträuchern auf Bestandeslücken und als Waldbewirtschaftung hält an Beimischung im österreichischen Wald Relativ kurze Beobachtungszeiträume weisen auf eine naturnähere Waldbe- zwischen den einzelnen Waldinventuren wirtschaftung hin. (fünf bis zehn Jahre) stehen dem lang- In Zukunft werden die Ergebnisse der samen Baumwachstum mit Umtriebs- Waldflächenentwicklung durch Ferner- zeiten von 100 und mehr Jahren gegen- kundungsauswertungen unterstützt. Die DI Wolfgang Russ, über. Kleine Veränderungen bewirken ÖWI hat einen österreichweiten Wald- Institut für Waldinventur, somit langfristig spürbare Auswirkungen. layer erstellt und wird auf dessen Basis Bundesforschungszentrum für Wald, Seckendorff-Gudent-Weg 8, Aufgrund des geringeren, halben im dreijährigen Zyklus Waldflächenver- 1131 Wien, Stichprobenumfanges der aktuellen Zwi- änderungen detailgenau dokumentieren. wolfgang.russ@bfw.gv.at schenauswertung konnte zu manchen Thematiken keine statistisch abgesicherte Aussage getroffen werden. Hier können Praxisinformation | Nr. 50 - 2019 7
THOMAS GSCHWANTNER Holzvorrat auf neuem Höchststand Der Holzvorrat in Österreichs Wald ist Der Vorratsaufbau in Österreichs Wald seit den 1960er Jahren um 50 % fiel zuletzt etwas geringer aus. Mit 4,2 angestiegen. Gleichzeitig hat sich Millionen Vfm im Zeitraum 2007-2018 seine Zusammensetzung geändert: liegt die durchschnittliche jährliche Zu- Die Anteile stärkerer Durchmesser nahme unter den 5,7 Millionen Vfm der und von Laubholz haben deutlich Jahre 2000-2009. zugenommen. Die aktuelle Waldin- Zusätzlich zum Ertragswald misst die ventur zeigt außerdem eine neuerliche ÖWI in der laufenden Erhebung den Annäherung von Nutzung und Zu- Holzvorrat im Schutzwald außer Ertrag wachs. Können wir weiterhin einen zum ersten Mal mit demselben Verfahren Aufbau des Holzvorrates erwarten? und kommt nach der derzeitigen Zwi- schenauswertung auf 31 Millionen Vfm. Die Österreichische Waldinventur (ÖWI) hat in den Jahren 1961-1970 Österreichs Deutliche Änderungen in der Wald erstmals auf Grundlage eines sta- Vorratsstruktur tistischen Stichprobeverfahrens erfasst. Mit der Zunahme des Holzvorrates hat Damals betrug der Holzvorrat im Er- sich auch dessen Zusammensetzung ver- tragswald rund 780 Millionen Vorrats- ändert. Gegenüber den frühen achtziger festmeter (Vfm). Seitdem ist der Holz- Jahren kann eine eindeutige Verschie- vorrat kontinuierlich angestiegen und bung in den Durchmesserklassen festge- umfasst nach den neuesten Ergebnissen stellt werden. Während die Vorräte in rund 1173 Millionen Vfm (Abbildung 1). den BHD-Klassen bis 30 cm etwas abge- Darin enthalten ist ein stehender nommen haben, erhöhten sie sich mar- Totholzvorrat von 29,7 Millionen Vfm. kant in den BHD-Klassen über 30 cm Mio. Vfm Stehendes Totholz Abbildung 1: 1200 Lebende Bäume 1135 1173 1095 Der Holzvorrat im 30 988 28 Ertragswald stieg seit 1000 934 972 21 1961 kontinuierlich an. 827 14 15 780 13 800 12 11 600 1961/70 1971/80 1981/85 1986/90 1992/96 2000/02 2007/09 2016/18 400 200 0 1961 1971 1981 1991 2001 2011 2021 8 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019
Mio. Vfm Vorrat 1981/85 300 Vorrat 2016/18 Abbildung 2: Der Vorrat in den 250 stärkeren Durchmesser- klassen erhöhte sich 200 markant seit 1981/85. 150 100 50 0 ≤10 cm 11-20 cm 21-30 cm 31-40 cm 41-50 cm 51-60 cm ≥61 cm (Abbildung 2). In den oberen BHD-Klas- zentpunkten und sind in der untersten sen sind die Vorratszunahmen besonders und obersten BHD-Klasse am höchsten. hoch und erreichen in der Klasse BHD > 60 cm sogar das 2,7-fache der Waldin- Vorratsaufbau hauptsächlich im ventur 1981/85. Kleinwald Zusätzlich kam es zu einer Verschie- Die Vorratszunahme hat vor allem im bung zugunsten des Laubholzvorrates. Kleinwald bis 200 ha stattgefunden. Da- Die Waldinventur 1981/85 ergab einen mit setzt sich ein seit über 30 Jahren be- Nadelholzvorrat von 769 Millionen Vfm. obachteter Trend weiter fort. Auch nach Seither ist der Nadelholzvorrat um 20 % den Daten der jüngsten Waldinventur auf 926 Millionen Vfm angestiegen. Der wurde die Schere zwischen Kleinwald Laubholzvorrat hat im selben Zeitraum einerseits und den Betrieben und den wesentlich stärker um rund 50 % von Österreichischen Bundesforsten ande- 164 Millionen Vfm auf 247 Millionen rerseits wieder größer. Der Holzvorrat in Vfm zugenommen. Der Laubholzanteil den Betrieben über 200 ha nahm zuletzt in den BHD-Klassen ist deutlich unter- gering ab, hingegen ist jener der Öster- schiedlich (Abbildung 3). Die Steigerun- reichischen Bundesforste wieder etwas gen liegen zwischen 1,5 und 7,6 Pro- angestiegen. Anteil (%) Laubholz 1981/85 50 Laubholz 2016/18 Abbildung 3: 45 Der Laubholzanteil am 40 Vorrat nahm in den 35 starken Dimensionen 30 seit 1981/85 ebenfalls überproportional zu. 25 20 15 10 5 0 ≤10 cm 11-20 cm 21-30 cm 31-40 cm 41-50 cm 51-60 cm ≥61 cm Praxisinformation | Nr. 50 - 2019 9
Mio. Vfm 800 Kleinwald bis 200 ha Betriebe über 200 ha 712 700 679 ÖBf AG 635 600 549 526 500 488 400 307 307 303 317 316 313 300 200 139 138 137 143 139 148 100 0 1981/85 1986/90 1992/96 2000/02 2007/09 2016/18 Zuwachs und Nutzung nähern 1). Im Kleinwald bis 200 ha hat die Holz- Abbildung 4: sich weiter an nutzung von 14,3 auf 16,2 Millionen Der Holzvorrat nahm seit Für die laufende Zuwachsperiode zeich- Vfm zugenommen und macht in- 1981/85 vor allem im net sich nach den aktuellen Daten der zwischen 85 % des Zuwachses aus. In Kleinwald zu. ÖWI ein geringer Zuwachsrückgang ge- den Betrieben über 200 ha liegt das genüber der Vorperiode ab. Lag der Nutzungsprozent nach wie vor bei etwa durchschnittliche jährliche Zuwachs in 100 %. Bei den Bundesforsten wurde den Jahren 2000-2009 bei 30,4 Millio- der Holzeinschlag nach einer nutzungs- nen Vfm/Jahr, so wurde aktuell für den intensiven Phase zurückgenommen und Zeitraum 2007-2018 mit 29,7 Millionen beträgt nun rund 76 % des Zuwachses. Vfm/Jahr ein etwas geringerer Wert be- rechnet. Gleichzeitig hat die Holz- Holznutzung auf hohem Niveau nutzung im selben Zeitraum von 25,9 Die Nutzungsmenge im Ertragswald be- auf 26,2 Millionen Vfm/Jahr geringfügig findet sich wie schon in der Vorperiode zugenommen. Diese Trends können der- auf einem relativ hohen Niveau von rund zeit allerdings noch nicht statistisch ab- 26 Millionen Vfm/Jahr. In den achtziger gesichert werden. und neunziger Jahren wurde wesentlich Jedenfalls liegt die Nutzung in Öster- weniger Holz genutzt, zwischen 18,8 reichs Wald aktuell noch deutlich unter und 19,8 Millionen Vfm/Jahr. Die vom dem Zuwachs. Das Verhältnis von Bundesministerium für Nachhaltigkeit Nutzung zu Zuwachs, das sogenannte und Tourismus (BMNT) geführte Nutzungsprozent, beträgt 88 % und ist Holzeinschlagsmeldung (HEM) weist für seit der vorherigen Waldinventur um das Jahr 2003 eine Zunahme der drei Prozentpunkte angestiegen (Tabelle Nutzung aus, die in weiterer Folge bis 2000 - 2009 2007 - 2018 Tabelle 1: Eigentumsart Zuwachs Nutzung Nutzungs- Zuwachs Nutzung Nutzungs- Zuwachs und Nutzung in Mio. Vfm/Jahr prozent (%) Mio. Vfm/Jahr prozent (%) den Eigentumsarten Kleinwald bis 200 ha 19,4 14,3 73,7 19,0 16,2 85,4 Betriebe über 200 ha 7,8 8,1 103,4 7,5 7,5 100,2 Österr. Bundesforste 3,2 3,5 110,8 3,3 2,5 75,6 Gesamt 30,4 25,9 85,2 29,7 26,2 88,0 10 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019
Mio. Festmeter 30 ÖWI-Nutzung in Vfm 25 ÖWI-Nutzung in Vfm ohne natürlichen Abgang ÖWI-Nutzung in Efm 20 Durchschnitt HEM in Efm 15 10 Holzeinschlag laut HEM 5 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 auf 21,8 Millionen Erntefestmeter (Efm) Nutzungszunahme in im Jahr 2008 anstieg und seither im Be- schwierigeren Bringungslagen Abbildung 5: reich von 16,7 bis 19,2 Millionen Neben der generell höheren Holz- Vergleich der Efm/Jahr liegt. Die methodisch sehr un- nutzung und der verbesserten Mobili- Nutzungsmengen laut terschiedlichen Statistiken der ÖWI- sierung der Holzressourcen im Klein- Holzeinschlagsmeldung Nutzung und der HEM können durch wald weisen die neuen Waldinventur- (HEM) und Waldinventur Umrechnungen vergleichbar gemacht daten auch auf einen Anstieg der (ÖWI) werden (Abbildung 5). Dafür muss der Nutzung im steileren Gelände hin. natürliche Abgang, also umgebrochene, Während im Schleppergelände das Ver- aber nicht entnommene Stämme, vom hältnis von Zuwachs zu Nutzung fast ÖWI-Ergebnis abgezogen werden. gleich geblieben ist, hat im Seilgelände Außerdem müssen die von der ÖWI be- die Nutzung und somit das Nutzungs- rechneten Vorratsfestmeter in Rinde in prozent um rund 7,5 Prozentpunkte auf die Erntefestmeter ohne Rinde der HEM rund 94 % zugenommen (Tabelle 2). Auf umgerechnet werden. Die Ergebnisse Kurzstrecken < 60 m zeigt sich ebenfalls der ÖWI und der HEM nähern sich da- eine Intensivierung der Nutzung, wobei durch deutlich an, der verbleibende Un- hier auf Kurzstrecken mit Seilzuzug das terschied zwischen ÖWI und HEM be- Nutzungsprozent mit 93 % ebenfalls trägt rund 2,1 Millionen Efm o.R. hoch ist. ÖWI 2007/09 ÖWI 2016/18 Bringungskategorie Zuwachs Nutzung Nutzungs- Zuwachs Nutzung Nutzungs- Tabelle 2: Mio. Vfm/Jahr prozent (%) Mio. Vfm/Jahr prozent (%) Zuwachs und Nutzung in den Bringungskategorien ≥ 60 m Schleppergelände 16,0 13,6 84,9 15,4 13,1 85,2 Seilgelände 6,4 5,5 86,4 6,3 5,9 93,8 befahrbar 3,9 3,1 79,2 3,7 3,1 84,7 < 60 m Seilzuzug 4,1 3,7 90,4 4,3 3,9 92,8 Gesamt 30,4 25,9 85,2 29,7 26,2 88,0 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019 11
Abbildung 6 zeigt den Anteil der Nut- zungsarten an der Nutzungsmenge der aktuellen Waldinventur. natürlicher Schlussfolgerungen Abgang Nach der derzeitigen Sachlage kann man 8% davon ausgehen, dass der Holzvorrat im Flächige Nutzung österreichischen Ertragswald auch in Durchforstung 25% 13% den kommenden Jahren weiter steigen wird. Allerdings liegen verschiedene An- zeichen vor, dass eine Unterbrechung dieses jahrzehntelangen Trends nicht Kalamitätsnutzung gänzlich auszuschließen ist. Bei einer 15% weiteren Nutzungssteigerung, sei es Kleinflächennutzung durch Intensivierung der Holznutzung 22% oder durch ein wesentlich höheres Schadholzaufkommen, können die Verjüngungshieb Erntemengen in den Bereich des ge- und Räumung leisteten Zuwachses gelangen. Gleich- 17% zeitig kann der Zuwachs aufgrund der Durchmesserstruktur und dem zuse- hends größeren Anteil alter Bestände weiter sinken. Angesichts des beobacht- baren Temperaturanstieges spielen dabei auch die Witterungsbedingungen der Größere Schadholzmengen nächsten Jahre und die Wachstumsreak- Abbildung 6: Der Anteil der Nutzungen aus Schad- tion des Waldes auf geänderte Klimabe- Die Nutzungsarten in ereignissen war in den Waldinventuren dingungen eine Rolle. aufsteigender Reihen- 2007/09 und 2016/18 generell etwas Im Hinblick auf die derzeitige Vor- folge: Ein Viertel des höher als davor. Die Nutzungszunahme ratsstruktur stellt sich die Frage nach ei- genutzten Holzes stammt im Seilgelände ist zum Teil auch auf ner erstrebenswerten Durchmesserver- von Kahlschlägen ab Kalamitätsnutzungen zurückzuführen. teilung. Eine nachhaltige Versorgung mit 500 m2, der Rest sind Im Vergleich zum langjährigen Durch- Holz bestimmter Durchmesser- und andere Nutzungsformen. schnitt weisen diese einen um fünf Qualitätsklassen ist jedenfalls sicherzu- Prozentpunkte höheren Anteil auf. Ge- stellen. Deshalb spricht vieles für einen nerell sind die Kalamitätsnutzungen bei forstpolitischen Diskurs und der Ent- der ÖWI schwierig abschätzbar, weil die wicklung von Steuerungsmaßnahmen. Erhebungen teilweise mehrere Jahre Schon in näherer Zukunft wird für eine nach dem Schadereignis stattfinden. Da- nachhaltige Deckung des Holzbedarfs her werden sie hier tendenziell unter- eine intensivere Nutzung der stärkeren schätzt. Der Anteil der flächigen Baumdimensionen erforderlich sein. Eine Nutzung > 500 m2 ist um sechs Prozent- gesteigerte Nachfrage seitens der Holz Dr. Thomas Gschwantner, Institut für Waldinventur, punkte niedriger als im Durchschnitt. verarbeitenden Industrie für Durch- Bundesforschungszentrum für Wald, Alle anderen Nutzungsarten liegen im messer über 40 cm wäre dafür wichtig. Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, Bereich von ± 1 Prozentpunkt des thomas.gschwantner@bfw.gv.at Mittels der Jahre 1981-2009. 12 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019
ALEXANDRA FREUDENSCHUSS, FRANZ ZAUNBAUER, KLEMENS SCHADAUER Stammschäden – ein Dauerbrenner Das Ausmaß der Stammverletzungen von den offiziell berichteten ÖWI-Er- durch Wild, Holzernte oder Stein- gebnissen 2007/09 ab. schlag ist seit der Österreichischen Waldinventur (ÖWI) 2007/09 nicht Schadensausmaß weiter gestiegen. Rund ein Fünftel der gleichbleibend hoch knapp 3 Milliarden Bäume weist der- Der Anteil der geschädigten Stämme ist artige Schädigungen auf. Etwas mehr im Ertragswald im Vergleich zur Er- als 40 % der Schädigungen gehen auf hebungsperiode 2007/09 mit knapp Schälschäden zurück. Für den Wirt- 20 % konstant geblieben. Schäden durch schaftwald zeigt sich hier ein leicht Holzernte treten dabei ähnlich häufig auf abnehmender, positiver Trend. wie Schälschäden und betreffen jeweils Weniger optimistisch ist die Lage je- rund 250 Millionen Stämme (Abbildung doch im Schutzwald im Ertrag: 1). Das sind etwa je 8 % aller Stämme. Schälschäden nehmen zu und das, ob- Rund 86 Millionen Stämme, also etwa 3 wohl jährlich mehr als doppelt so viel % aller Stämme, weisen Stammverlet- geschälte Stämme genutzt wurden als zungen durch Steinschlag auf. Gemessen in der Vorperiode. am Holzvorrat entfallen etwa 61 % des geschädigten Stammholzvorrates in die Stammschäden haben häufig negative Kategorie der Ernteschäden, knapp 20 % Abbildung 1: ökologische und wirtschaftliche Aus- auf Steinschlagschäden und rund 19 % Anzahl der wirkungen. Auch wenn nicht jede auf Schälschäden. Der Unterschied in Stammschäden in Mio. Stammverletzung langfristig äußerlich der Schadensbeurteilung nach Anzahl Stämmen ÖWI 2007/09* als Schädigung erkennbar bleibt, zieht der Stammschäden (Tabelle 1) oder An- (* vergleichbare 50 % der die Verwundung der Baumrinde oft In- teil am Holzvorrat kann damit erklärt Probeflächen) und ÖWI fektionen durch Fäulepilze nach sich. werden, dass Ernteschäden vor allem in 2016/18. Dadurch wird die Stabilität der Bäume gefährdet und das Risiko für Wind- und Mio. Stämme Schneebruch steigt. Die verminderte 350 Holzqualität im unteren, wertvolleren Schälung Stammbereich führt zumeist auch zu 300 Holzernte finanziellen Einbußen. Steinschlag Während Ernteschäden relativ gleich- 250 mäßig im gesamten, bewirtschafteten 200 Wald auftreten, kommen Schäl- und Steinschlagschäden regional sehr unter- 150 schiedlich vor. Daher werden für diesen Beitrag die aktuellen ÖWI-Daten mit 100 der vergleichbaren Stichprobe (50 % der 50 Probeflächen) aus der ÖWI-Erhebung 2007/09 in Bezug gesetzt. Aus diesem 0 Grund weichen die Zahlen geringfügig ÖWI 2007/09* ÖWI 2016/18 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019 13
Steinschlag, 26 % auf Schäl- und 13 % auf Ernteschäden zurückzuführen sind. Schälschäden nehmen im Wirtschaftswald ab und im Schutzwald zu Deutliche Unterschiede zeigen sich bei der Entwicklung der Schälschäden im Wirtschaftswald und im Schutzwald im Ertrag. Im Wirtschaftswald ist ein Rück- gang um 18 % auf rund 234 Millionen Stämme im Vergleich zur ÖWI 2007/09 feststellbar. Auch die Anzahl der Neu- schälungen ist auf die Hälfte des Ausma- ßes der Vorperiode gesunken. Während im Zeitraum 2000/02 bis 2007/09 jähr- den Wuchsklassen ab Stangenholz und lich rund 3,0 Stämme/ha neu geschält Neuschälungen wie diese Baumholz I (BHD ≥ 20,5 cm) wurden, sind es für den Zeitraum sind etwas weniger vorzufinden sind. Schälschäden treten 2007/09 bis 2016/18 nur mehr 1,5 geworden. hingegen hauptsächlich in jüngeren Be- Stämme/ha. Dieser rückläufige Trend in ständen bis ins Stangenholz auf. der Stammzahl (Tabelle 3) an geschälten Generell gehen die Stammschäden Stämmen ist auch darauf zurückzu- im Wirtschaftswald zurück (Tabelle 2). führen, dass in der letzten Periode die Diese Entwicklung ist unter anderem jährliche Nutzung von geschälten Stäm- damit zu erklären, dass die Nutzung in men um rund 30 % gestiegen ist. der Zeit zwischen den beiden ÖWI-Er- Dieser Trend lässt sich leider nicht auf hebungen 2007/09 und 2016/18 etwas den Schutzwald im Ertrag umlegen. Hier angestiegen ist und dabei auch mehr ge- nehmen die Schälschäden von 14 Millio- schädigte Stämme entnommen wurden. nen auf rund 17 Millionen Stämme zu. Anders ist die Situation im Schutzwald Die Ergebnisse zeigen auch, dass im im Ertrag: Hier ist kein Rückgang zu be- Schutzwald mehr als doppelt so viel ge- obachten. Etwa 23 % der Stämme wei- schälte Stämme jährlich genutzt wurden sen Stammschäden auf, wovon 61 % auf als in der Vorperiode, gleichzeitig aber Tabelle 1: Stammschäden im Ertragswald (Stammzahl und Vfm, ÖWI 2016/18) – ähnlich viele Stämme sind von Schäl- und Ernteschäden betroffen, gemessen am Holzvorrat liegen die Ernteschäden am höchsten Schälung (in Mio.) Holzernte (in Mio.) Steinschlag (in Mio.) Stämme Vfm Stämme Vfm Stämme Vfm Wirtschaftswald 234 49 239 167 48 33 Schutzwald im Ertrag 17 2 8 6 38 20 Ertragswald gesamt 251 51 247 173 86 54 Tabelle 2: Entwicklung der Stammschäden im Ertragswald (Stammzahl in Mio. Vfm für die ÖWI 2007/09 und ÖWI 2016/18), Schäl- und Steinschlagschäden gehen zurück, Ernteschäden bleiben konstant hoch Schälung (in Mio. Vfm) Holzernte (in Mio. Vfm) Steinschlag (in Mio. Vfm) ÖWI 2007/09* ÖWI 2016/18 ÖWI 2007/09* ÖWI 2016/18 ÖWI 2007/09* ÖWI 2016/18 Wirtschaftswald 284 234 237 239 64 48 Schutzwald im Ertrag 14 17 8 8 37 38 Ertragswald gesamt 298 251 245 247 101 86 (* vergleichbare 50 % der Probeflächen) 14 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019
Tabelle 3: Die jährliche Neuschälung (Stämme/ha) nimmt im Ertragswald ab, die jährliche Nutzung geschälter Stämme (Stämme/ha) ist deutlich gestiegen Jährliche Neuschälung Jährliche Nutzung (Stämme/ha) (Stämme/ha) ÖWI 2007/09* ÖWI 2016/18 ÖWI 2007/09* ÖWI 2016/18 Wirtschaftswald 3,0 1,5 2,3 3,0 Schutzwald im Ertrag 0,8 1,3 0,3 0,7 Ertragswald gesamt 2,8 1,5 2,1 2,8 (* vergleichbare 50 % der Probeflächen) die Zahl der Neuschälungen deutlich ge- Steinschlagschäden nehmen ab stiegen ist. Wurden im Zeitraum Die Ursachen für Steinschlag können 2000/02 bis 2007/09 jährlich 0,8 Frost, Niederschlag, Wildtiere oder Bau- Stämme/ha im Schutzwald neu geschält, tätigkeiten im oder nahe des Waldes so liegt die Zahl für den Beobachtungs- (z.B. Forststraßen, Wildbach- und Lawi- zeitraum 2007/09 und 2016/18 bei nenverbauungen) sein. Im Wirtschafts- 1,3 Stämmen/ha. Es besteht die Ver- wald zeigt sich ein deutlicher Rückgang mutung, dass das Wild in seinen Lebens- der Steinschlagschäden von 64 Millionen räumen durch Freizeitaktivitäten, raum- auf rund 48 Millionen beschädigter planerische Maßnahmen und jagdliche Stämme. Im Schutzwald im Ertrag sind Tätigkeit immer stärker gestört wird und diese Schäden konstant und betreffen sich daher vermehrt in Schutzwälder zu- rund 38 Millionen Stämme. Im Schutz- rückzieht. In Summe betrachtet sind wald im Ertrag weisen somit fast 15 % diese Entwicklungen besonders kritisch der Stämme Steinschlagschäden auf, im zu sehen, da sie langfristig die Schutzwir- Schutzwald außer Ertrag sind rund 9 % kung dieser Wälder in Frage stellen. Im der Stämme betroffen, im Wirtschaft- Rahmen der ÖWI 2016/18 wurden erst- wald sind es lediglich 1,8 % der mals auch Stammschäden im Schutzwald Stämme. außer Ertrag erhoben. Schälschäden Im Schutzwald im treten hier bei 2,2 % der Stämme auf. Schäden wären vermeidbar Ertrag blieben die Stein- Die Zwischenauswertung der ÖWI schlagschäden konstant. Ernteschäden gleichbleibend hoch 2016/18 zeigt auf, dass das Ausmaß der Die Anzahl der Stammschäden, die Stammschäden im Ertragswald weiter- durch Holzerntemaßnahmen verursacht hin hoch ist. Ein wichtiger Faktor für wurde, ist mit 247 Millionen Stämmen im Ertragswald vergleichbar hoch wie in der Vorerhebung. Das sind etwa 8,3 % aller Stämme. Im Wirtschaftswald sind etwa 239 Millionen Stämme, im Schutz- wald im Ertrag etwa 8 Millionen Stämme betroffen. Nach wie vor treten die meisten Ernteschäden, rund 5,4 %, im Kleinwald auf. Rund 2,0 % entfallen auf Betriebe >200 ha und 0,9 % sind den Österreichischen Bundesforsten zu- zuordnen. Gemessen am Holzvorrat ent- fallen etwa 15 % des Vorrates auf Stämme, die durch Ernteschäden betrof- fen sind, das sind etwa 61 % des hier betrachteten Schadholzvorrates. Praxisinformation | Nr. 50 - 2019 15
Das Gütezeichen ZÖFU Holzernte – Holzrückung – Waldverjüngung – Waldpflege – Forstschutz al - ökologisch soz i -v g- er l ti hal äss nach lich ZZÖFZÖ ZÖ ZÖFU ÖZÖF Ö ÖZÖFZÖF ÖZÖFZÖFU Z hmen Z e rtif izie rne sÖ nte rte ste tu r r e i ch i s c h e s Fo r s BFW ZERT AT 0 0 3 2 1 Bundesforschungszentrum für Wald Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, Österreich https://bfw.ac.at • www.zoefu.at eine Reduktion der Stammschäden bei Ernte- und Schälschäden zu erzielen. Die Wahl der richtigen Holzbrin- gungstechnik, der optimale Zeitpunkt für die Holzernte sowie eine umsichtige, den Boden und verbleibenden Bestand schonende Arbeitsweise sind grundle- gende Maßnahmen zur Vermeidung von Ernteschäden. Die Forstlichen Ausbil- dungsstätten des Bundesforschungszen- trums für Wald (FAST) haben sich des Themas angenommen. Gemeinsam mit der forstlichen Praxis und verschiedenen Unternehmen bieten sie Kurse an, in denen die notwendige Feinerschließung den Rückgang geschälter Stämme im zur Minimierung von Bestandesschäden Eine den Boden schonende Wirtschaftwald ist die vermehrte Ent- als eine der wesentlichen Aufgaben bei Arbeitsweise ist eine nahme der geschädigten Stämme im der Holzernte behandelt wird. grundlegende Maßnahme Zuge von Durchforstungen. Eine positive Darüber hinaus können Forstunter- zur Vermeidung von Entwicklung: Das Bewusstsein für den nehmen in Österreich das Gütesiegel Ernteschäden. Erhalt stabiler Bestände ist gestiegen. „Zertifiziertes Österreichische Forstun- Darüber hinaus ist auch bei den Neu- ternehmen“ (ZÖFU) erlangen, wenn schälungen eine Verbesserung eingetre- sämtliche Tätigkeiten den nachhaltigen, DIin Alexandra Freudenschuß, ten. Im Schutzwald im Ertrag ist aber der sozialen und ökologischen Standards Ing. Franz Zaunbauer, Anstieg der Schälschäden bei gleich- entsprechend erfüllt werden (zoefu.at). Dr. Klemens Schadauer, zeitig verstärkter Entnahme von geschäl- Vierundzwanzig Unternehmen sind in Institut für Waldinventur, Bundesforschungszentrum für Wald, ten Stämmen als besonders bedenklich Österreich bereits ZÖFU zertifiziert. Seckendorff-Gudent-Weg 8, einzustufen. Es wäre daher dringend 1131 Wien, alexandra.freudenschuss@bfw.gv.at notwendig, durch gezielte Maßnahmen 16 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019
THOMAS GSCHWANTNER Totholz-Zunahme ausschließlich positiv? Waldbewirtschaftung bedeutet auch, den und Entstehungsarten, vom abge- abgestorbene Bäume und Holzernte- storbenen Altbaum bis zum abge- reste vermehrt im Wald zu belassen. brochenen Zweig, vom harten Holz bis Manche Regionen weisen inzwischen zum weichen und pulverförmigen Mulm, beachtliche Totholzmengen auf, häufig entweder entstanden aus natürlicher als Folge von Schadereignissen. Mortalität oder als Rest von Holzernte- Vielerorts sind die Mengen abge- eingriffen. Generell werden stehendes storbenen Holzes jedoch nach wie vor Totholz, liegendes Totholz und Stöcke un- gering. Wie viel Totholz gibt es im terschieden. Die Österreichische Waldin- österreichischen Wald und wie sieht ventur misst die abgestorbenen stehen- die räumliche Verteilung aus? Die den Bäume („Dürrlinge“) als Teil des neuesten Ergebnisse dazu hat die Holzvorrates ab einem Brusthöhendurch- Österreichische Waldinventur (ÖWI). messer von 5 cm. Das liegende Totholz und die Stöcke werden seit 2007 mit ei- Totholz hat vielfältige positive ökologi- ner einheitlichen Methode erfasst. Mit- sche Funktionen. Für zahlreiche Waldor- tendurchmesser und Stücklänge bezie- ganismen ist es Lebensraum oder hungsweise Stockhöhe werden ab dem Nahrungsgrundlage. In Gebirgswäldern international üblichen Mindestdurch- trägt Totholz zum Schutz vor Naturge- messer von 10 cm gemessen. Der Zerset- Einen wesentlichen Teil fahren bei und fördert das Aufkommen zungsgrad wird in verschiedenen Stufen zur Totholzmenge tragen der Naturverjüngung. Totholz speichert vom harten, noch unzersetzten bis zum das liegende Totholz und Wasser und Nährstoffe, liefert einen vermoderten Totholz klassifiziert. die Stöcke bei. wesentlichen Beitrag zur Humus- und Bodenbildung und kann auch für eine verzögerte Treibhausgasemission in die Atmosphäre sorgen. Totholzreiche Wäl- der gelten als artenreicher, allerdings kann frisches Totholz aus Schadereignis- sen der Auslöser für Borkenkäfermassen- vermehrungen sein. Bei anhaltender Trockenheit steigt durch höhere Mengen an brennbarem Material die Wald- brandgefahr. Umstürzende Totholz- bäume und herabfallende Äste sind eine Gefahrenquelle bei der Waldarbeit und für Erholungssuchende. Erfassung einer großen Formenvielfalt Totholz findet man im Wald in unter- schiedlichsten Größen, Zersetzungsgra- Praxisinformation | Nr. 50 - 2019 17
Vorratsanteil (%) Abbildung 1: 100 1,4 1,4 1,5 1,9 2,5 2,5 Stehendes Der Anteil des stehenden Totholz Totholzes am Gesamt- Lebende vorrat seit 1981 Bäume 98,6 98,6 98,5 98,1 97,5 97,5 90 10 1981/85 1986/90 1992/96 2000/02 2007/09 2016/18 0 1981 1991 2001 2011 2021 Zunahme des stehenden Totholzes Baumgröße, Baumart und der Seit etwa Mitte der 1990er Jahre nimmt ökologische Wert der Dürrlingsvorrat im österreichischen Die ökologische Bedeutung von Totholz Ertragswald zu. Derzeit beträgt er 29,7 hängt von der Dimension und der Baum- Millionen m³, das entspricht einem Vor- art ab. Dicke Bäume sind dauerhafter, ratsanteil von 2,5 %. Anfang der Achtzi- die Zersetzung verläuft langsamer, sie gerjahre betrug der stehende Totholz- sind standfester und können besser vorrat noch 13,2 Millionen m³ und 1,4 Feuchtigkeit speichern. Zahlreiche Tier- % des stehenden Holzvorrates (Abbil- arten, zum Beispiel Käferarten mit langer dung 1). Zuletzt hat der Dürrlingsanteil Entwicklungsdauer und größere Vogel- nur gering zugenommen. Neben den arten, bevorzugen Totholzbäume mit natürlichen Schwankungen in der Mor- größerem Durchmesser. Im bewirtschaf- talitätsrate kommt als Ursache dafür teten Wald sind dicke Totholzstämme eine vermehrte Entnahme von Dürrlin- generell weniger häufig als in natur- gen in Frage. Im Vergleich zur Vorperi- nahen Wäldern. ode hat die Entnahme von Dürrlingen Im österreichischen Ertragswald ste- von 0,7 auf 1,1 Millionen m³ pro Jahr zu- hen derzeit durchschnittlich 1,4 Totholz- genommen. stämme/ha mit einem BHD > 35 cm und 0,3 Totholzstämme/ha mit einem BHD Tabelle 1: > 50 cm. Die große Mehrheit des ste- Die Anzahl der stehenden Totholzstämme und ihr Anteil haben seit der henden Totholzes befindet sich im Waldinventur 1981/85 in allen BHD-Klassen zugenommen. schwächeren Durchmesserbereich von 1981/85 2016/18 BHD < 20 cm (Tabelle 1). Die Anzahl der BHD-Klasse Gesamt Stehendes Anteil Gesamt Stehendes Anteil stehenden Totholzstämme und deren Totholz Totholz Anteil an der Gesamtstammzahl haben (N/ha) (N/ha) (%) (N/ha) (N/ha) (%) sich seit den Achtzigerjahren in etwa < 20 cm 763,8 37,0 4,8 626,2 72,3 11,5 verdoppelt. Die Zunahme zeigt sich in 20-35 cm 198,2 3,1 1,6 197,5 5,5 2,8 allen Durchmesserklassen. 36-50 cm 53,4 0,5 0,8 74,0 1,1 1,4 Je nach Baumart siedeln sich am Tot- ≥ 51 cm 10,6 0,1 0,6 22,3 0,3 1,4 holz verschiedene Organismen an und Gesamt 1026,0 40,6 4,0 919,9 79,2 8,6 das Holz wird unterschiedlich schnell 18 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019
abgebaut. In der Anfangsphase der Tot- Tabelle 2: holzbesiedelung sind die Arten stärker Der Vorratsanteil des stehenden Totholzes nach Baumarten in den baumartenspezifisch, mit fortschreiten- Erhebungsjahren 2016/18 der Zersetzung nimmt die Bedeutung Vorrat (Mio. m³) der Holzart ab. Baumarten mit einer Baumart Anteil (%) Stehendes langsameren Zersetzung stehen für Tot- Gesamt Totholz holzbewohner länger als Lebensraum Fichte 708,3 14,8 2,1 und Nahrungsgrundlage zur Verfügung. Tanne 52,2 1,4 2,6 Der Vorratsanteil von Dürrlingen ist auf- Lärche 77,5 3,0 3,9 grund unterschiedlicher Mortalität, Tot- holzentnahme sowie Zersetzungsge- Weißkiefer 72,1 2,1 2,9 schwindigkeit nach Baumarten verschie- Buche 117,8 2,3 2,0 den. Nadelbaumarten weisen nach den Eiche 31,1 0,5 1,7 aktuellen Ergebnissen einen etwas grö- sonstiges Nadelholz 15,9 0,5 3,0 ßeren Totholzanteil auf als Laubbaumar- sonstiges Laubholz 97,7 5,1 5,2 ten wie Buche und Eiche (Tabelle 2). Die Gesamt 1172,6 29,7 2,5 Dürrlingsanteile von Esche und Birke sind besonders hoch und tragen zum großen Totholzanteil der „sonstigen Tabelle 3: Laubhölzer“ bei. Die Totholzmengen für 2007/09 und 2016/18 zeigen eine Zunahme für alle Komponenten. Beachtliche Mengen an Totholzmenge (m³/ha) liegendem Totholz und Stöcken Komponente 2007/09 2016/18 Einen wesentlichen Teil zur Totholz- Stehendes Totholz (BHD ≥ 10 cm) 7,6 8,1 menge tragen das liegende Totholz und Liegendes Totholz (d ≥ 10 cm) 11,7 12,5 die Stöcke bei. Beide Totholzkompo- nenten unterscheiden sich ökologisch Stocktotholz (d ≥ 10 cm) 9,7 10,3 vom stehenden Totholz, sie werden von Summe 28,9 30,9 anderen Arten besiedelt und die Zer- setzung läuft aufgrund des Kontakts mit ziertes Bild. Während die Bergwälder der dem Waldboden und der Bodenfeuchte Innenalpen, der Nördlichen Zwischen- rascher ab. alpen und Nördlichen Randalpen hohe Aktuell beträgt die durchschnittliche Totholzmengen um 40 m³/ha aufweisen, Totholzmenge im österreichischen Er- sind im Mühl- und Waldviertel, im tragswald 30,9 m³/ha, berücksichtigt Sommerwarmen Osten und im Nördli- sind darin alle Komponenten ab einem chen Alpenvorland deutlich niedrigere Mindestdurchmesser von 10 cm. Davon Mengen von unter 20 m³/ha vorzufinden entfallen rund 40 % auf liegendes Tot- (Abbildung 2). In den Östlichen und holz, 35 % auf Stöcke und 25 % auf ste- Südlichen Zwischenalpen und den Südli- hendes Totholz. Alle drei Kategorien ha- chen Randalpen liegen die Totholzmen- ben seit 2007 zugenommen (Tabelle 3). gen mit 33 m³/ha etwas über dem Mit- telwert, und in den Östlichen Randalpen Ungleiche Verteilung des bei rund 25 m³/ha. Totholzes Am geringsten ist die Totholzmenge Das Totholz ist räumlich sehr unterschied- mit etwa 20 m³/ha in den tieferen lich verteilt. Betrachtet man die Totholz- Lagen, sie steigt mit zunehmender mengen pro Hektar für Hauptwuchsge- Seehöhe deutlich an und erreicht in biete, Seehöhenstufen, Betriebsarten und den höchsten Lagen Werte von rund Eigentumsarten, ergibt sich ein differen- 40 m³/ha (Abbildung 3). Praxisinformation | Nr. 50 - 2019 19
< 20,0 m³/ha Abbildung 2: 20,0-24,9 m³/ha Die Totholzmenge des 25,0-29,9 m³/ha 9 30,0-34,9 m³/ha Ertragswaldes ist im ≥ 35,0 m³/ha alpinen Bereich am 7 8 7.1 höchsten. 4 4 8 4 2 5 1 3 8 6 1 Innenalpen 39,2 m³/ha 6 Südliche Randalpen 32,9 m³/ha 2 Nördliche Zwischenalpen 37,0 m³/ha 7 Nördliche Alpenvorland 18,4 m³/ha 3 Östliche und Südliche Zwischenalpen 32,9 m³/ha 8 Sommerwarmer Osten 17,0 m³/ha 4 Nördliche Randalpen 41,2 m³/ha 9 Mühl- und Waldviertel 16,1 m³/ha 5 Östliche Randalpen 24,6 m³/ha Seehöhe (m) aufgrund der Stockausschläge nur in ≥ 1500 geringen Mengen vorhanden. Die größten Mengen an Totholz 1200-1499 findet man im Schutzwald im Ertrag, wo- bei das stehende und liegende Totholz 900-1199 mit 14,9 und 30,9 m³/ha besonders hohe Werte aufweisen. Im Wirtschafts- 600-899 wald befinden sich im Mittel 28,7 m³/ha, davon etwa gleiche Mengen an 300-599 liegendem Totholz und Stöcken mit 10,5 ≤ 299 und 10,8 m³/ha und einer geringeren stehenden Totholzmenge von 7,4 m³/ha. 0 10 20 30 40 50 Für den Schutzwald außer Ertrag zei- m³ / ha gen die erstmalig vorliegenden Ergeb- nisse eine Totholzmenge von insgesamt 21,1 m³/ha. Das entspricht einem Tot- Großer Einfluss der holzanteil von rund 16 %, knapp höher Abbildung 3: Bewirtschaftung als im Schutzwald im Ertrag. Sehr deut- Die Totholzmenge hängt Wesentliche Auswirkungen auf die Tot- lich zeigt sich der Einfluss der Waldbe- von der Seehöhe ab. holzmenge hat die Form der Waldbe- wirtschaftung auch bei den Eigentums- wirtschaftung. Ausschlagwälder, die zur arten (Tabelle 5). Während die Betriebe Brennholznutzung in kurzen Umtriebs- und die Österreichischen Bundesforste zeiten bewirtschaftet werden, weisen ähnlich hohe Totholzmengen aufweisen, mit durchschnittlich 16,8 m³/ha die liegt der Kleinwald mit deutlich niedri- niedrigsten Totholzmengen auf (Tabelle geren Mengen beim stehenden und lie- 4). Stocktotholz ist im Ausschlagwald genden Totholz unter dem Mittelwert. 20 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019
Tabelle 4: Totholzmengen nach Betriebsarten – besonders viel Totholz ist im Schutzwald im Ertrag. Stehendes Liegendes Stock- Summe Betriebsart Totholz Totholz totholz (m³/ha) (m³/ha) (m³/ha) (m³/ha) Wirtschaftswald 7,4 10,5 10,8 28,7 Schutzwald im Ertrag 14,9 30,9 7,9 53,7 Ausschlagwald 5,4 9,3 2,0 16,8 Gesamt 8,1 12,5 10,3 30,9 Tabelle 5: Totholzmengen nach Eigentumsarten – im Kleinwald ist weniger Totholz vorhanden. Stehendes Liegendes Stock- Summe Eigentumsart Totholz Totholz totholz (m³/ha) (m³/ha) (m³/ha) (m³/ha) Kleinwald bis 200 ha 6,5 7,7 9,4 23,6 Betriebe über 200 ha 10,2 18,8 11,6 40,6 Österreichische Bundesforste 12,3 20,9 9,7 42,9 Gesamt 8,1 12,5 10,3 30,9 Entstehung von Totholz Die natürliche Mortalität hängt stark Totholz entsteht einerseits durch die vom Durchmesser ab, sie ist in der natürliche Baummortalität und anderer- untersten BHD-Klasse am höchsten und seits durch Nutzungseingriffe. Unter verringert sich deutlich mit zunehmen- natürlicher Mortalität versteht man das dem Durchmesser (Tabelle 6). Im konkurrenzbedingte Absterben in dich- höheren Baumalter steigt die Mortalität teren Jungbeständen, das altersbedingte wieder an, jedoch werden die Bestände Abbildung 4: Absterben älterer Bäume und das Ab- im Ertragswald meist schon vorher ge- Die durchschnittliche sterben aufgrund von Schadereignissen nutzt. Insgesamt beträgt die jährliche jährliche natürliche wie Windwurf, Schneebruch und Bor- Mortalitätsrate 1,0 % ohne Kalamitäts- Baummortalität ist seit kenkäferbefall. Bei Schadereignissen nutzungen und 1,4 % unter der Berück- 1981 angestiegen. entstehen oft große Mengen an Totholz, die in weiterer Folge zum guten Teil auf- abgestorbene Bäume genutzt gearbeitet werden. Dabei bleiben Baum- abgestorbene Bäume umgebrochen teile wie Wipfelstücke, Äste und Stöcke Stammzahl/ha/Jahr abgestorbene Bäume stehend im Wald zurück. Die natürliche Baum- 14 mortalität steigt seit den Achtzigerjahren 12 kontinuierlich an, weist aber auch grö- ßere periodische Schwankungen auf (Ab- 10 bildung 4). In den vergangenen zehn Jah- 8 ren betrug die natürliche Mortalität im Ertragswald durchschnittlich 13 Stämme 6 pro Jahr und Hektar, einschließlich der 4 tendenziell unterschätzten Schadholz- nutzungen. Ohne die Schadholznutzun- 2 gen beträgt die natürliche Mortalität 0 jährlich rund 10 Stämme pro Hektar. 1981-1990 1986-1996 1992-2002 2000-2009 2007-2018 Praxisinformation | Nr. 50 - 2019 21
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