Umwelt.nrw - WALDZUSTANDSBERICHT 2021 - #wald
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
umwelt.nrw #wald WALDZUSTANDSBERICHT 2021 Bericht über den ökologischen Zustand des Waldes in Nordrhein-Westfalen Langfassung 1
Die Waldzustandserhebung für Nordrhein-Westfalen ist Teil des forstlichen Umweltmonitorings NRW und trägt zur Umsetzung der Klima- anpassungsstrategie Wald NRW bei. Dieser Waldzustandsbericht ist zugleich Teil der Nachhaltigkeitsbericht- erstattung Nordrhein-Westfalen. Wichtige Instrumente zur Umsetzung der Klimaanpassungsstrategie Wald sind das Waldbaukonzept NRW, das Wiederbewaldungskonzept NRW, das Internetportal Waldinfo.NRW mit seinen vielfältigen digitalen Karten sowie die waldbezogenen Inhalte der NRW-Fach- informationssysteme zum Klimawandel. Weitere Informationen finden Sie online: www.umwelt.nrw.de www.waldinfo.nrw.de 2
VORWORT Sehr geehrte Damen und Herren, nach drei Jahren zum Teil extremer Dürre vor allem in Die nordrhein-westfälische Landesregierung unterstützt den Sommermonaten brachte das Jahr 2021 wieder den Waldbesitz dabei fachlich und mit finanzieller Hilfe. ausreichende Niederschlagsmengen für die Vegetation Das Waldbaukonzept, das Wiederbewaldungskonzept der heimischen Wälder. Dennoch ist es um die Vitalität und das Internetportal Waldinfo.NRW bieten fachliche der Waldbäume weiterhin nicht gut bestellt. Hilfestellungen, zu denen auch entsprechende Beratung und Schulung in Anspruch genommen werden können. So ist zwar die Kronenverlichtung gegenüber dem Finanzielle Mittel der forstlichen Förderung stehen in Vorjahr etwas zurückgegangen. Aber immer noch weisen großem Umfang zum Abruf bereit. 40 Prozent der untersuchten Bäume eine deutliche und 32 Prozent eine schwache Kronenverlichtung auf. Nur Ich bin daher sehr zuversichtlich, dass es uns in einem 28 Prozent zeigen keine entsprechenden Symptome. gemeinsamen Kraftakt aller Beteiligten gelingen wird, die Die langfristige Entwicklung seit Beginn der Waldzustands- aktuelle Situation zu bewältigen und neue, klimastabile erhebung im Jahr 1984 zeigt einen deutlich negativen Wälder zu entwickeln, aus denen nachfolgende Genera- Trend. Zu den Ursachen gehören vor allem die Belastung tionen ihren Nutzen ziehen werden. der Böden durch Schadstoffe, die aus der Luft und den Niederschlägen eingetragen werden, sowie die Folgen des Klimawandels. Ihre Auf rund zehn Prozent der Waldfläche sind die Bestände sogar vollständig zusammengebrochen. Betroffen sind fast ausschließlich Bestände der Fichte. Ursache ist das Zusammenwirken von Stürmen, Sommerdürren und einer Ursula Heinen-Esser Massenvermehrung des Fichtenborkenkäfers seit dem Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Jahr 2018. Die Bewältigung dieser Schäden und die Wieder- Natur- und Verbraucherschutz bewaldung der umfangreichen Kalamitätsflächen stellen des Landes Nordrhein-Westfalen eine große Belastung und Herausforderung für den Wald- besitz und die gesamte Forstwirtschaft dar. 3
INHALT 6 Ökologischer Zustand des Waldes ‒ die wichtigsten Ergebnisse im Überblick 10 32 Vitalität Witterungs- der Baumkronen und Bodenwasser- verhältnisse bis zum Sommer 46 Schäden durch Fichtenborken- käfer, Buchentrocknis und Eichenfraßgesellschaft 4
56 Phänologische Beobachtungen an Waldbäumen 62 Forstliches Umweltmonitoring – 40 Jahre Waldbeobachtung in NRW 66 70 Dritte Boden- Weiterführende zustandserhebung Informationen im Wald Impressum 5
ÖKOLOGISCHER ZUSTAND DES WALDES ‒ DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE IM ÜBERBLICK KRONENZUSTAND BODENWASSER • Leichte Besserung des Waldzustands, • Bodenwasserspeicher in Verlichtungsprozente bleiben den oberen 1,5 m Bodentiefe auf hohem Niveau, Anteil der zunehmend gefüllt deutlich verlichteten Bäume sinkt auf 40 Prozent • Der Zustand der Buche hat sich deutlich verbessert, Eiche BORKENKÄFERSCHÄDEN und Fichte verschlechtern sich leicht, die Kiefer stagniert • Population der Fichtenborkenkäfer weiterhin auf einem hohen Niveau • In den Höhenlagen zwei Generationen Borkenkäfer, in den niederen Lagen drei PHÄNOLOGIE • In den mittleren und höheren Lagen des Sauerlandes starke Zunahme • Das kühle Frühjahr hat zu der Buchdruckerschäden, Auflösung einem ungewöhnlich späten vieler Fichtenbestände, bessere Austrieb der Bäume geführt Lage in der Eifel WITTERUNG SCHADHOLZVOLUMEN UND KALAMITÄTSFLÄCHE • Ausgiebige Niederschläge ab Mai, in den Sommermonaten 30 Prozent • Bis September 8,1 Mio. Festmeter mehr Niederschlag als im Durchschnitt Schadholz (seit 2018 insgesamt der Referenzperiode ca. 40 Mio. Festmeter) und Wieder- • Wasserstress der Waldbäume spielte bewaldungsfläche ca. 86.000 ha im Mittel keine wesentliche Rolle (nach Forstamtsabfragen) • Die mittlere Sommertemperatur • Nach Satellitenbildauswertung gesamte lag 1,4 °C über dem langjährigen Schadfläche komplett ausgefallener Durchschnitt Fichtenbestände ca. 113.000 ha, davon Wiederbewaldungsfläche ca. 90.000 ha 6
VITALITÄT DER BAUMKRONEN Wie die Daten der Waldzustandserhebung zeigen, hat Schadniveau seit Einführung der Waldzustands- sich der Negativtrend der Dürrejahre 2018 bis 2020 erhebung erreichte. Im laufenden Jahr hat die Eiche dank der überdurchschnittlich hohen Niederschläge nur sehr wenige Früchte ausgebildet. in den Sommermonaten 2021 nicht fortgesetzt. Der Zustand des Waldes verbessert sich im Vergleich zum Die BUCHE konnte sich 2021, nachdem ihre Kronen Vorjahr leicht, der Grad der Kronenverlichtung sinkt im vergangenen Jahr den zweitschlechtesten Zustand knapp unter das Level des Jahres 2019. seit 1984 erreicht hatten, wieder erholen. Der durch- schnittliche Blattverlust liegt niedriger als in den letzten Der Anteil der deutlich verlichteten Bäume sinkt um drei Jahren. Günstig hat sich für sie das Ende der vier Prozentpunkte auf 40 Prozent, bei den gering mehrjährigen Dürreperiode und ihre 2021 nur geringe verlichteten Bäumen zeigt sich eine minimale Ver- Fruktifikation ausgewirkt. besserung um einen Prozentpunkt auf 32 Prozent. In der Klasse der Bäume ohne Kronenverlichtung ist Die FICHTE bereitet 2021, wie auch bereits in den drei ein Zuwachs von fünf Prozentpunkten auf 28 Prozent vorangegangenen Jahren, den größten Anlass zur eingetreten. Der durchschnittliche Nadel-/Blattverlust Sorge. Trotz häufiger und ergiebiger Niederschläge in sinkt von 29,1 Prozent auf 27,7 Prozent. den Sommermonaten konnte sie sich nicht erholen. Der mittlere Nadelverlust steigt seit 2017 ohne Unter- Allerdings wiesen die Ergebnisse der Waldzustands- brechung. Die Fichtenborkenkäfer-Populationen erhebung in jedem Jahr der Periode 2018 bis 2021 haben sich zwar im vergangenen Winter verringert, einen schlechteren Wert auf, als in einem beliebigen sind aber immer noch zahlreich genug, auch vitale Jahr zwischen der Einführung der WZE 1984 und dem Fichten flächenweise absterben zu lassen. Die Fichte Jahr 2017. Die Situation ist folglich nach wie vor sehr hat 2021 praktisch keine Zapfen gebildet. ernst, jedes weitere Dürrejahr würde die Lage voraus- sichtlich wieder verschärfen. Die KIEFER konnte sich im Jahr 2021 wieder erholen, nachdem ihr Kronenzustand 2020 den schlechtesten Nach der leichten Erholung im Jahr 2020 hat sich Wert seit Beginn der Waldzustandserhebung erreicht der Zustand der EICHE 2021 trotz der besseren hatte. Von unseren Hauptbaumarten weist sie die Versorgung mit Wasser verschlechtert. Der Anteil der geringsten Anteile deutlich verlichteter Bäume auf deutlich verlichteten Kronen nähert sich wieder dem und zeigt die langsamste Schadentwicklung. Wert des Jahres 2019 an, in dem die Eiche das höchste 7
Ökologischer Zustand des Waldes ‒ Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick WITTERUNGS- UND BODENWASSERVERHÄLTNISSE BIS ZUM SOMMER Die extreme Dürre in den vergangenen drei Vegeta- für Wasserstress bis Ende August nicht unterschritten tionsperioden wurde durch ausgiebige Niederschläge wurden. Den Bäumen in Nordrhein-Westfalen stand ab Mai 2021 beendet. Im Zeitraum Januar bis August in der Wachstumsperiode 2021 im Mittel ausreichend fielen laut Aufzeichnungen des Deutschen Wetter- Wasser aus den Niederschlägen zur Verfügung. So dienstes etwa 11 Prozent und im für das Baumwachs- verlief die diesjährige Wachstumsperiode im Vergleich tum wichtigen Zeitraum April bis August 15 Prozent zu den Vorjahren im Mittel wasser- und hitzestressfrei. mehr Niederschläge als in der Referenzperiode 1961 Dennoch wirken die extremen Witterungssituationen bis 1990. Gleichzeitig wurde im Zeitraum April bis der Vorjahre weiterhin nach. Die Bodenwasserspeicher August die niedrigste mittlere Temperatur der letzten des Oberbodens wurden zwar zunehmend aufgefüllt, 25 Jahre gemessen. Insbesondere das Frühjahr war für die Grundwasserneubildung steht jedoch weiterhin von ungewöhnlich niedrigen Temperaturen geprägt. zu wenig Wasser in den tieferen Bodenschichten zur Die Betrachtung des Bodenwasserhaushalts von Verfügung. Weiterhin kommt es bei den Waldbäumen Flächen aus dem intensiven forstlichen Umwelt- zu Vitalitätsverlusten bis hin zum Absterben als Folge monitoring zeigt, dass die kritischen Schwellenwerte der Dürre- und Hitzeschäden der Vorjahre. SCHÄDEN DURCH FICHTENBORKENKÄFER, BUCHENTROCKNIS UND EICHENFRAßGESELLSCHAFT Die im Jahr 2018 begonnene Borkenkäferkalamität ausgefallener Fichtenbestände ca. 113.000 ha; davon an der Fichte hat sich auch in diesem Jahr ausge- macht die Wiederbewaldungsfläche ca. 90.000 ha aus. weitet. Im Vergleich zu den Jahren zuvor führte die kühlere Frühjahrswitterung dazu, dass in diesem Jahr Die seit dem Herbst 2018 auftretenden Schäden in die Borkenkäferarten Buchdrucker und Kupferstecher Buchenwäldern sind auch in diesem Jahr wieder in relativ spät ihre Winterquartiere verlassen haben, Form von absterbenden Kronen und ganzen Bäumen um in den stehenden, gesunden Fichten neue Bruten aufgetreten. Besonders betroffen sind Altbuchen- anzulegen. Trotz der eisigen Wintertemperaturen bestände (älter als 120 Jahre). konnten viele Borkenkäfer in der Rinde und insbeson- dere im Boden überleben und dieses Jahr vor allem im Die Eichenwälder Nordrhein-Westfalens schädigt in Mai/Juni vitale Fichtenbestände befallen. Gegenüber periodischen Abständen eine Eichenfraßgesellschaft anderen Regionen Nordrhein-Westfalens ist in den aus verschiedenen Schmetterlingsraupen. Sie konnten Höhenlagen der Eifel der Befall dieses Jahr deutlich in diesem Jahr in der Westfälischen Bucht innerhalb geringer ausgefallen. der Eichenbestände an einzelnen Bäumen Kahlfraß verursachen. Die im Jahr 2018 entstandene Borkenkäferkalamität an der Fichte hat sich auch in diesem Jahr ausgeweitet und in 2021 zu 8,1 Millionen. Festmetern Schadholz geführt (Stand: September 2021). Somit summiert sich die Schadholzmenge im gesamten Wald von Nordrhein-Westfalen seit 2018 mittlerweile auf knapp 40 Millionen Festmeter. Die Wiederbewaldungsläche beträgt nach Forstamts- abfragen ca. 86.000 ha. Nach Satellitenbildauswer- tung umfasst die gesamte Schadfläche komplett 8
PHÄNOLOGISCHE BEOBACHTUNGEN AN WALDBÄUMEN Die phänologischen Entwicklungserscheinungen 2021 bestehen. Überdies hat die Länge der Vegeta- stellen aufgrund ihrer engen Beziehung zur Witterung tionsperiode von Buche und Eiche seit 2001 um etwa wichtige Weiser im Rahmen der Untersuchungen zum zwei Wochen zugenommen. Eine längere Vegeta- Klimawandel dar. Infolge des außergewöhnlich kühlen tionszeit führt dazu, dass auch der Wasserbedarf der Frühjahrs 2021 sind die Waldbäume auf den Flächen Bäume steigt, was in warmen und trockenen Jahren zu des intensiven forstlichen Umweltmonitorings im einem erheblichen Trockenstress für die Bäume führen Vergleich zum Mittel der 20-jährigen Zeitreihe aus- kann. Der Stress verstärkt sich in Jahren, in denen die gesprochen spät ausgetrieben. Die Fichte (1. Juni) Bäume stark blühen oder fruktifizieren. Im Frühjahr ist fast zwei Wochen später ausgetrieben als üblich. 2021 wurde an den meisten Waldbäumen der Dauer- Für die Buche (8. Mai) war es der späteste und für die beobachtungsflächen jedoch keine Blüte oder Fruk- Eiche (10. Mai) und Fichte jeweils der zweitspäteste tifikation beobachtet. Aufgrund des späten Austriebs Austriebstermin seit Beginn der Erhebungen. ist überdies nicht mit einer ausgesprochen langen Der Trend zu einem früheren Austrieb bleibt bei der Vegetationsperiode in 2021 zu rechnen. Buche und der Eiche trotz des späten Austriebs in FORSTLICHES UMWELTMONITORING – 40 JAHRE WALDBEOBACHTUNG IN NRW Das forstliche Umweltmonitoring ist aus der Debatte desweit repräsentativen Erhebung mittels eines über den „sauren Regen“ und die „neuartigen Wald- systematischen Stichprobennetzes (Level I) und dem schäden“ zu Beginn der 1980er Jahre hervorgegan- intensiven Monitoring auf ausgewählten Dauerbeob- gen und untersucht seit 40 Jahren den ökologischen achtungsflächen (Level II). Das Level-I-Programm in Zustand und die Entwicklung der Wälder. Mittlerweile NRW umfasst die Waldzustandserhebung, die Boden- stehen die Auswirkungen des Klimawandels und zustandserhebung und die immissionsökologische die Spätfolgen der Schadstoffeinträge im Fokus des Waldzustandserhebung. Das intensive Monitoring Monitorings. Die Langzeituntersuchungen des ForUm vertieft die Erhebungen und Erkenntnisse aus dem stellen eine bedeutende Informationsquelle und ein Level-I-Monitoring mit Fokus auf Ursache-Wirkungs- wichtiges Feedback-Instrument für Politik- und Forst- Beziehungen. Seit 1985 ist die Erhebung in das bewirtschaftungsmaßnahmen dar. Das Verfahren europaweite Monitoring eingebunden. basiert auf zwei sich ergänzenden Säulen, der lan- DRITTE BODENZUSTANDSERHEBUNG IM WALD Gesunde Waldböden bilden die Basis für vitale und Zustand und der Entwicklung der Waldböden. Im widerstandsfähige Wälder. Die Erhaltung ihrer Funk- Fokus stehen die Auswirkungen atmosphärischer tionstüchtigkeit ist von zentraler Bedeutung und zu Stoffeinträge und des Klimawandels. Die Gelände- überwachen. Die Ergebnisse der zweiten Boden- erhebungen erfolgen in den Jahren 2022 bis 2024 zustandserhebung (2006–2008) im Wald belegen landesweit auf 330 Punkten des systematischen eine all-mähliche Erholung der Waldböden infolge der Level-I-Stichprobennetzes. Untersucht werden nicht Maßnahmen zur Luftreinhaltung, der Bodenschutz- nur der Boden, sondern auch die Bodenvegetation, kalkung und des Waldumbaus. Die Erholung be- die Waldbäume und das Totholz. Die Ergebnisse der schränkte sich jedoch bisher auf den Oberboden. umfassenden Erhebung werden 2029 zur Verfügung Zugleich wurde eine zunehmende Eutrophierung der stehen. Die Bodenzustandserhebun ist eine Gemein- Wälder beobachtet. Doch wie haben sich die Wald- schaftsaufgabe von Landesumweltamt NRW (LANUV), böden weiterentwickelt? Die dritte Bodenzustands- Landesbetrieb Wald und Holz NRW und Geologischem erhebung im Wald beantwortet Fragen zum aktuellen Dienst NRW. 9
Die Waldzustandserhebung (WZE) ist ein Instrument, um VERLICHTUNGSSTUFEN die Vitalität des Waldes einzuschätzen. Sie wurde im Jahr 1984 eingeführt und nutzt die Erkenntnis, dass sich der Die Klassifizierung der Kronenverlichtung erfolgt gemäß Gesundheitszustand von Bäumen gut über die Dichte der nachstehenden bundesweit einheitlichen Tabelle ihrer Belaubung ablesen lässt. (Abb. 1). Unter Einbeziehung von Vergilbungsstufen ent- stehen daraus die kombinierten Schadstufen. Dabei wer- Bewertet werden der Nadel-/Blattverlust, die Vergilbung den die Stufen 2 bis 4 zur „deutlichen Kronenverlichtung“ der Blätter, die Fruktifikation sowie biotische und abio- zusammengefasst. In den folgenden Grafiken werden die tische Faktoren. Verlichtungsstufen zur besseren Übersicht gruppiert und in Ampelfarben dargestellt. In NRW wurden zu diesem Zweck auf einem Raster von 4x4 km 560 Stichprobenpunkte mit ca. 10.300 Einzel- bäumen angelegt. Die Bäume sind dauerhaft markiert und werden jährlich von speziell geschulten Forstleuten HAUPTERGEBNISSE begutachtet. Das Jahr 2021 mit seinen überdurchschnittlich hohen Niederschlägen in den Sommermonaten konnte den Durch die jährliche Wiederholung der Aufnahmen sind Negativtrend der vorangegangenen drei Dürrejahre nicht nur Aussagen zum aktuellen Zustand des Waldes stoppen. Der Anteil der Bäume mit deutlicher Kronen- möglich, die Analyse der entstehenden Zeitreihen ermög- verlichtung sinkt um vier Prozentpunkte auf 40 Prozent. licht auch Einsichten zur Entwicklung des Zustandes Bei den schwach verlichteten Bäumen ist eine minimale der Baumarten und das Erkennen langjähriger Trends. Verbesserung eingetreten, sie sinkt um einen Prozent- punkt auf 32 Prozent. In der Klasse der nicht verlichteten Die Daten der Waldzustandserhebung NRW gehen zu- Bäume dagegen kann ein Zuwachs von fünf Prozentpunk- sammen mit den Ergebnissen der anderen Bundesländer ten auf 28 Prozent festgestellt werden (Abb. 2, S. 12). in den Bundeswaldbericht ein. Die bundesweiten Ergeb- nisse finden Eingang in europäische und internationale Der Zustand des Waldes verbessert sich leicht im Ver- Erhebungen zum Waldzustand. gleich zum Vorjahr. Dies ist allerdings kein Zeichen der Entwarnung, die Schadprozente sind lediglich knapp unter das Niveau des Jahres 2019 zurückgefallen. In jedem der Jahre 2018 bis 2021 befinden sich unsere Wälder in einem schlechteren Zustand als in einem beliebigen anderen Jahr seit Beginn des Waldzustandserhebung 1984. ABBILDUNG 1 Kronenverlichtung in Stufen Schadstufe Verlichtung Bezeichnung 0 0–10 % ohne Kronenverlichtung 1 11–25 % Warnstufe (schwache Kronenverlichtung) 2 26–60 % mittelstarke Kronenverlichtung 3 61–99 % starke Kronenverlichtung 4 100 % abgestorben 11
Buchen in verschiedenen Stadien der Kronenverlichtung ABBILDUNG 2 Entwicklung des Kronenzustandes aller Baumarten 1984 bis 2021 2021 28 32 40 % ohne Kronenverlichtung schwache Kronenverlichtung deutliche Kronenverlichtung (Warnstufe) 2020 2015 2010 2005 2000 * 1995 1990 % 1984 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ohne Kronenverlichtung schwache Kronenverlichtung (Warnstufe) deutliche Kronenverlichtung * 1996 kein Landesergebnis 12
Abgestorbene Fichten, die Folge von Dürre und Borkenkäfer Dass von einer Trendumkehr keine Rede sein kann, Der langjährige Mittelwert der Absterberate über alle verdeutlicht ein Blick auf die Entwicklung der mittleren Baumarten lag bis 2018 bei 0,21 Prozent mit einer Nadel-/Blattverluste (Abb. 3, S. 14). Bei dieser Dar- Streuung zwischen 0,07 Prozent und 0,44 Prozent. stellung erfolgt keine Einteilung der Bäume in Schad- stufen. Gut zu erkennen ist der ungebrochene lang- Im Jahr 2019 stieg die Absterberate auf 2,4 Prozent, fristige Aufwärtstrend der Verlustprozente aller Baum- 2020 lag sie bei 3,98 Prozent. Im laufenden Jahr hat sie arten (rot, hervorgehoben) von 1985 (10,0 %) bis 2021 einen Wert von 5,2 Prozent erreicht, das ist annähernd (27,7 %). der 25-fache Wert des langjährigen Mittels (Abb. 4, S. 14). Betrachtet man die Entwicklung des Nadel-/Blatt- Auch hier sind die Unterschiede zwischen den Baumarten verlustes getrennt nach Hauptbaumarten, so ist zu augenfällig: Während die Kurven von Eiche, Buche und erkennen, dass zwar alle Baumarten einen Trend zu Kiefer auf geringem Niveau (unter 1 %) verharren, steigt immer höheren Schadprozenten haben, die individuellen sie bei der Fichte bedingt durch die Borkenkäferkalamität Kurvenverläufe aber sehr unterschiedlich sind (der und die Trockenheit der letzten drei Jahre auf 16,48 Pro- sprunghafte Anstieg der Nadelverluste der Fichte zent an. (Das entspricht dem 78,5-fachen Wert des lang- seit 2018 oder die nur langsam voranschreitenden jährigen Mittels.) Verlustprozente der Kiefer). Durch den Vergleich der diesjährigen Absterberate mit den Vorjahreswerten erhält man den Anteil der innerhalb ABSTERBERATE der letzten 12 Monate im Aufnahmekollektiv abgestorbenen Bäume (Abb. 5, S. 15). Dieser Wert unterschätzt die Ein wichtiger Weiser für den Gesundheitszustand des tatsächlichen Zahlen allerdings systematisch, da Bäume, Waldes ist auch die Absterberate. Die Absterberate die im vergangenen Jahr nach der WZE abgestorben sind erfasst nur Stichprobenbäume der Schadstufe 4 (ab- und noch vor Beginn der diesjährigen Erhebung (Juli/ gestorben, Nadel-/Blattverlust 100 %). Solange diese August) entnommen wurden, hier nicht erfasst werden. Bäume noch Feinreisig in der Krone haben, werden sie auch in den Folgejahren nach dem Absterben weiter- hin aufgenommen. Ist kein Feinreisig mehr in der VERGILBUNG Krone verblieben, werden sie gegen neue Bäume aus- getauscht. Die Absterberate entspricht folglich nicht Seit 2018 kommt es insbesondere bei der Eiche und der Anzahl der in der Periode zwischen WZE 2020 und der Buche zu einem signifikant erhöhten Auftreten von WZE 2021 abgestorbenen Bäume, sondern stellt einen vergilbten Blättern. Da der Anteil der betroffenen Bäume akkumulierten Wert der in den vergangenen Jahren bisher bei nur etwa 3 Prozent des Kollektivs liegt, ist abgestorbenen Bäume dar, abzüglich der Individuen, momentan noch kein Anlass zur Sorge gegeben. Es lässt die infolge kompletten Feinreisigverlustes oder nach sich aber eine Tendenz erkennen, die weiter beobachtet Nutzung nicht mehr bonitiert werden. werden muss (Abb. 6, S. 15). 13
Vitalität der Baumkronen ABBILDUNG 3 Mittlerer Nadel-/Blattverlust der Hauptbaumarten | 1985 bis 2021 Zeitreihe in Prozent* 35 30 25 20 15 10 5 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2021 Eiche Buche Fichte Kiefer Gesamt ABBILDUNG 4 Absterberaten aller Baumarten | 1985 bis 2021 Zeitreihe in Prozent* 20 15 10 5 0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2021 Eiche Buche Fichte Kiefer sonstige Laubbäume sonstige Nadelbäume Gesamt * 1996 keine Erhebung 14
ABBILDUNG 5 Absterberaten nach Hauptbaumartengruppen | Veränderung zum Vorjahr in Prozent 20 15 10 5 0 Buche Eiche Fichte Kiefer SLB SNB Gesamt 2020 2021 SLB = sonstige Laubbäume; SNB = sonstige Nadelbäume ABBILDUNG 6 Vergilbung an Blättern und Nadeln, getrennt nach Baumarten Zeitreihe in Prozent 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Eiche Buche Fichte Kiefer 15
Vitalität der Baumkronen DER KRONENZUSTAND DER HAUPTBAUMARTEN Da sich zwischen den Baumarten hinsichtlich des Kronenzustandes teilweise große Unterschiede ergeben, werden die Ergebnisse der Waldzustandserhebung noch einmal getrennt nach Hauptbaumarten betrachtet. EICHE Der Zustand der Eiche hat sich 2021 nach der leichten punkte verlieren und 2021 bei 32 Prozent liegen. Die Erholung des Vorjahres wieder verschlechtert. Die Werte Gruppe der Bäume ohne Verlichtung verbleibt mit liegen knapp unter dem Schadniveau des Jahres 2019, 13 Prozent auf Vorjahresniveau (Abb. 7, S. 17). in dem der schlechteste Kronenzustand seit Bestehen der Waldzustandserhebung erreicht wurde. Der mittlere Blattverlust steigt von 29,0 Prozent im Vorjahr auf 30,7 Prozent (Abb. 10, S. 19). Aufgrund ihres tief reichenden Wurzelsystems wurde die Eiche während der vergangenen drei Jahre nicht Sowohl die Schäden durch die Eichenfraßgesellschaft so sehr durch den Wasserstress beeinträchtigt wie die (in erster Linie bestehend aus blattfressenden Schmetter- Buche, hat aber andererseits im laufenden Jahr auch lingsraupen der Arten Frostspanner und Eichenwickler) nicht im gleichen Maß von der verbesserten Wasser- (Abb. 8, S. 18) als auch der Befall mit dem Eichenmehl- versorgung profitiert. taupilz haben im Jahr 2021 wieder deutlich zugenommen (Abb. 9, S. 18). Der Anteil der Eichen mit deutlich verlichteter Krone steigt um 4 Prozentpunkte auf 55 Prozent. Dies geschieht Nach der starken Fruktifikation im Jahr 2020 hat die Eiche zulasten der gering verlichteten Bäume, die 4 Prozent- dieses Jahr nur sehr wenige Eicheln gebildet (Abb. 10, S. 19). Eichenkrone 16
Blattfraß an Eiche Mehltau und Nekrosen an Eiche ABBILDUNG 7 Entwicklung der Kronenverlichtung bei Eichen 1984 bis 2021 2021 13 32 55 % ohne Kronen- schwache Kronenverlichtung deutliche Kronenverlichtung verlichtung (Warnstufe) 2020 2015 2010 2005 2000 * 1995 1990 % 1984 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ohne Kronenverlichtung schwache Kronenverlichtung (Warnstufe) deutliche Kronenverlichtung * 1996 kein Landesergebnis 17
Vitalität der Baumkronen ABBILDUNG 8 Blattfraß bei Eichen | 2012 bis 2021 Angaben in Prozent 25 20 15 10 5 0 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 ABBILDUNG 9 Mehltau bei Eichen | 2012 bis 2021 Angaben in Prozent 20 15 10 5 0 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 18
ABBILDUNG 10 Fruktifikation und mittlerer Blattverlust bei Eichen | 2000 bis 2021 Anzahl der Bäume Blattverlust in Prozent 1400 35 1200 30 1000 25 800 20 600 15 400 10 200 5 0 0 2000 2005 2010 2015 2021 stark mittel schwach mittlerer Blattverlust Eichenkronen, mittlere bis deutliche Verlichtung 19
Vitalität der Baumkronen BUCHE Die Buche konnte sich im Jahr 2021 nach der deutlichen der Blätter ab. Der Käfer selbst verursacht durch seinen Verschlechterung ihres Kronenzustandes im vergangenen Lochfraß an den Blättern weitere Schäden. Der Befall Jahr wieder erholen. Die Ursachen hierfür sind das Ende durch den Buchenspringrüssler hat im Jahr 2020 stark der dreijährigen Dürreperiode und die Tatsache, dass die nachgelassen und ist auch 2021 weiter rückläufig Buche in diesem Jahr nur eine sehr geringe Fruktifikation (Abb. 13, S. 22). aufwies. Das Blattrollen ist eine Schutzreaktion der Buche auf Im Jahr 2021 zeigen 45 Prozent der Buchen eine deutliche Hitze und Dürre. Im Jahr 2019 war es weit verbreitet Verlichtung der Krone, das ist eine Abnahme um 10 Pro- (23,1 % der Buchen waren betroffen), hat sich aber im zentpunkte. Der Anteil der schwach verlichteten Buchen letzten und im laufenden Jahr (in 2021 8,1 %) wieder steigt um 5 Prozentpunkte auf 33 Prozent, die Bäume deutlich abgeschwächt und liegt im Bereich der Werte ohne Verlichtung legen ebenfalls um 5 Prozentpunkte zu der vergangenen Jahre (Abb. 14, S. 23). auf 22 Prozent (Abb. 11, S. 21). In den Jahren 2019 und 2020 fiel ein vermehrtes Auf- Der mittlere Blattverlust sinkt von 30,9 Prozent auf treten des kleinen Buchenborkenkäfers (Taphrorychus 27,3 Prozent (Abb. 12, S. 22). bicolor) auf. Die Käfer profitieren von Dürrejahren und schädigen die durch Wasserstress geschwächten Bäume Im Jahr 2021 zeigt die Buche im Gegensatz zum Vorjahr durch Fraß in der Kambialschicht. Die Anzahl der befallenen nur eine sehr schwache Fruktifikation (Abb. 12, S. 22). Buchen stieg zwar an, war in ihrer Gesamtheit aber zu Sehr deutlich wird in dieser Darstellung die starke Wech- gering, um Anlass zur Sorge zu sein. selwirkung, die bei der Buche zwischen dem Ausmaß der Fruktifikation und dem Grad der Kronenverlichtung Im Jahr 2021 ist die Anzahl der befallenen Buchen dank besteht. der geringeren Temperaturen und der verbesserten Wasserversorgung wieder stark rückläufig. Für die Der Buchenspringrüssler (Orchestes fagi) ist ein blattfres- Zukunft ist, sollte sich der Trend zu größerer Trockenheit sender Käfer und ständiger Begleiter der Buche. Seine und höheren Temperaturen fortsetzen, aber wieder mit Larven minieren in den Blättern und lösen damit Nekrosen einer Ausweitung dieser Problematik zu rechnen. aus. Typischerweise sterben dadurch die vorderen Partien Buche, Blick in die Krone 20
ABBILDUNG 11 Entwicklung der Kronenverlichtung bei Buchen 1984 bis 2021 2021 22 33 45 % ohne Kronen- schwache Kronenverlichtung deutliche Kronenverlichtung verlichtung (Warnstufe) 2020 2015 2010 2005 2000 * 1995 1990 % 1984 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ohne Kronenverlichtung schwache Kronenverlichtung (Warnstufe) deutliche Kronenverlichtung 1996 kein Landesergebnis * Blick in eine absterbende Buchenkrone 21
Vitalität der Baumkronen ABBILDUNG 12 Fruktifikation und mittlerer Blattverlust bei Buchen | 2000 bis 2021 Anzahl der Bäume Blattverlust in Prozent 2500 35 30 2000 25 1500 20 15 1000 10 500 5 0 0 2000 2005 2010 2015 2021 stark mittel schwach mittlerer Blattverlust ABBILDUNG 13 Befall mit Buchenspringrüssler | 2012 bis 2021 Angaben in Prozent 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 22
ABBILDUNG 14 Blattrollen bei Buchen | 2012 bis 2021 Anzahl der Bäume 600 500 400 300 200 100 0 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Fruktifikation an Buche 23
Vitalität der Baumkronen FICHTE Die Fichte ist, wie in den drei vorangegangenen Jahren bedarf der Erläuterung: Seit 2018 kommt es durch Dürre auch, das Sorgenkind in den Wäldern Nordrhein-West- und Hitze zu einer Massenvermehrung des Borkenkäfers, falens. Sie konnte sich im Jahr 2021 trotz häufiger ein steigender Anteil der Probebäume der WZE wird Niederschläge und geringerer Sommertemperaturen befallen (Abb. 16, S. 26). nicht erholen. Die Populationsdichte der Fichtenborken- käfer ist auch nach den Verlusten des vergangenen Mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung fällt ein Groß- Winters hoch genug, vitale Fichten flächenweise abster- teil der betroffenen Fichten aus und kann nicht mehr ben zu lassen. Der Anteil der Bäume mit deutlicher aufgenommen werden (Abb. 17, S. 27). „Biotische Ein- Kronenverlichtung sinkt um 3 Prozentpunkte auf 42 Pro- flüsse“ sind hier gleichzusetzen mit dem Ausfall durch zent. Als schwach verlichtet wurden 26 Prozent der den Borkenkäfer. Fichten eingeschätzt, eine Reduzierung um 3 Prozent- punkte. Die Gruppe der als nicht geschädigt klassifizierten An den betroffenen Punkten der WZE werden die aus- Bäume dagegen wächst von 26 Prozent auf 32 Prozent gefallenen Bäume ersetzt. Häufig sind dort infolge des (Abb. 15, S. 25). bestandesweiten Absterbens keine Fichten der gleichen Altersklasse mehr verfügbar. In diesem Fall werden am Der mittlere Nadelverlust an der Fichte steigt hingegen Punkt andere Bäume des Hauptbestandes ausgewählt. von 32,6 Prozent auf 33,8 Prozent (Abb. 20, S. 28). Hierbei handelt es sich dann entweder um andere Baum- arten oder um bestehende Naturverjüngung (i. d. R. Fichte). Dieser augenscheinliche Widerspruch zwischen steigen- Sollte keine Bestockung mehr vorhanden sein, entfällt den Nadelverlusten einerseits und sinkenden Anteilen der WZE-Punkt, bis er sich wieder bewaldet hat. Dies hat gering und deutlich verlichteter Bäume andererseits zur Folge, dass das Kollektiv der aufgenommenen Fichten Die Fichte leidet auch 2021 stark unter dem Borkenkäfer. 24
durch Wegfall von Punkten und Ausweichen auf andere Der mittlere Nadelverlust dagegen steigt, weil bei gleich- Baumarten einerseits kleiner wird und andererseits das bleibenden Zahlen der nicht verlichteten Bäume und durchschnittliche Alter der aufgenommenen Fichten durch starker Abnahme der Bäume mit Verlustprozenten Ausweichen auf die Verjüngung sinkt (Abb. 18, S. 27). zwischen 10 Prozent und 45 Prozent der Anteil der Fichten mit 100 Prozent Kronenverlichtung deutlich zunimmt. Da ältere Bäume in der Regel höhere Schadprozente haben als Jungbäume, sinkt der Anteil der Fichten mit Die Fichte hat nach der starken Fruktifikation im vergan- Verlustprozenten zwischen 10 Prozent und 45 Prozent genen Jahr 2021 praktisch nicht geblüht und keine Zapfen deutlich. Damit sinkt auch die relative Häufigkeit der gebildet (Abb. 20, S. 28). gering und deutlich verlichteten Bäume im Aufnahme- kollektiv (Abb. 19, S. 28). ABBILDUNG 15 Entwicklung der Kronenverlichtung bei Fichten 1984 bis 2021 2021 32 26 42 % ohne Kronenverlichtung schwache Kronen- deutliche Kronenverlichtung verlichtung (Warnstufe) 2020 2015 2010 2005 2000 * 1995 1990 % 1984 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ohne Kronenverlichtung schwache Kronenverlichtung (Warnstufe) deutliche Kronenverlichtung 1996 kein Landesergebnis * 25
Vitalität der Baumkronen Borkenkäfer Brutbild unter der Rinde Einbohrlöcher in der Rinde ABBILDUNG 16 Borkenkäferbefall bei Fichten | 2012 bis 2021 Angaben in Prozent 25 20 15 10 5 0 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 26
ABBILDUNG 17 Ausfallrate nach äußeren Einflüssen bei Fichten | 2012 bis 2021 Angaben in Prozent 30 25 20 15 10 5 0 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 abiotische Einflüsse biotische Einflüsse geplante Nutzung sonstige Gründe ABBILDUNG 18 Anzahl und mittleres Alter der aufgenommenen Fichten | 1997 bis 2021 Anzahl Alter 4000 80 3500 70 3000 60 2500 50 2000 40 1500 30 1000 20 500 10 0 0 1997 2002 2007 2012 2017 2021 Anzahl Bäume Mittleres Alter 27
Vitalität der Baumkronen ABBILDUNG 19 Nadelverlust bei Fichten | 2020 und 2021 Anzahl der Bäume 400 350 300 250 200 150 100 50 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 Prozent 2021 2020 ABBILDUNG 20 Fruktifikation und mittlerer Nadelverlust bei Fichten | 2000 bis 2021 Anzahl der Bäume Nadelverlust in Prozent 3500 40 3000 35 30 2500 25 2000 20 1500 15 1000 10 500 5 0 0 2000 2005 2010 2015 2021 stark mittel schwach mittlerer Nadelverlust 28
RÜCKGANG DER FICHTE IN NORDRHEIN-WESTFALEN Der drastische Rückgang der Fichte in Nordrhein- bestände sind im Tiefland fast vollständig ver- Westfalen lässt sich anhand der räumlichen Muster schwunden und verschwinden auch zunehmend der modellierten Kronenverlichtungsdaten der Fichte in den tieferen Berglandregionen (Weserbergland, aus der Waldzustandserhebung visuell gut zeigen Bergisches Land, nördliches Sauerland). Im Jahr (zur Methodik s. Eickenscheidt et al. (2019) und 2021 beschränkt sich das Vorkommen vitaler MULNV (2020)). Im Jahr 2017, vor den drei aufeinan- Fichtenbestände im Wesentlichen auf die höheren derfolgenden Dürrejahren, waren Fichtenbestände Lagen im Sauer-/Siegerland sowie die Eifel. Hier in allen Berglandregionen weit verbreitet und zeigten finden sich durchweg auch noch gesunde Fichten. einen guten Vitalitätszustand (Abb. 21). In den Jahren Der Borkenkäferbefall wird jedoch zunehmend 2018 bis 2021 nahm die Kronenverlichtung der auch in den höheren Lagen beobachtet. Fichtenbestände nicht nur zu, sondern vitale Fichten- ABBILDUNG 21 Modellierte Kronenverlichtung für die Fichte | 2017 bis 2021 Die Darstellung zeigt die räumliche und zeitliche Entwicklung unter der Annahme, dass alle Bäume über den gesamten Zeitraum das mittlere baumartenspezifische Alter aus dem Jahr 2017 (vor der Dürre) besitzen. Diese Standardisierung ist für den Vergleich erforderlich. Fichte ‒ 2017 Fichte ‒ 2018 Fichte ‒ 2019 Fichte ‒ 2020 Fichte ‒ 2021 < 25 % Kronenverlichtung 25‒45 % Kronenverlichtung > 45 % Kronenverlichtung Linie gleicher Kronenverlichtung (Beispiel: 0.2 = 20 %) WZE-Punkt 29
Vitalität der Baumkronen KIEFER Von unseren Hauptbaumarten zeigt die Kiefer die geringste eingestuften Bäume legen um drei Prozentpunkte zu auf Dynamik hinsichtlich der Schadentwicklung und weist 18 Prozent, die schwach verlichteten Bäume verharren die geringsten Anteile deutlich verlichteter Bäume auf. bei 51 Prozent (Abb. 22). Im Jahr 2021 konnte sie sich wieder leicht erholen, nach- dem ihr Kronenzustand 2020 den schlechtesten Wert Der mittlere Nadelverlust steigt minimal von 23,8 Prozent seit Beginn der Waldzustandserhebung erreicht hatte. auf 23,9 Prozent (Abb. 23, S. 31). Typisch für die Kiefer ist ein hoher Prozentsatz an gering Die Fruktifikation der Kiefer fällt im laufenden Jahr deut- verlichteten Bäumen, während nur wenige Kronen als licher aus als in den beiden vorangegangenen Jahren. nicht oder deutlich verlichtet eingeschätzt werden. Die Gesamtzahl der Bäume mit Zapfen steigt zwar nur in Der Anteil der deutlich verlichteten Kiefern sinkt um drei geringem Ausmaß, aber es kommt zu einer Verlagerung, Prozentpunkte auf 31 Prozent, die als nicht verlichtet was die Stärke der Fruchtbildung angeht (Abb. 23, S. 31). ABBILDUNG 22 Entwicklung der Kronenverlichtung bei Kiefern 1984 bis 2021 2021 18 51 31 % ohne Kronen- schwache Kronenverlichtung deutliche Kronenverlichtung verlichtung (Warnstufe) 2020 2015 2010 2005 2000 * 1995 1990 % 1984 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ohne Kronenverlichtung schwache Kronenverlichtung (Warnstufe) deutliche Kronenverlichtung 1996 kein Landesergebnis * 30
ABBILDUNG 23 Fruktifikation und mittlerer Nadelverlust bei Kiefern | 2000 bis 2021 Anzahl der Bäume Nadelverlust in Prozent 800 30 700 25 600 20 500 400 15 300 10 200 5 100 0 0 2000 2005 2010 2015 2021 stark mittel schwach mittlerer Nadelverlust Kiefer 31
WITTERUNGS- UND BODENWASSERVERHÄLTNISSE BIS ZUM SOMMER 32
Die extreme Dürre in den vergangenen drei Vegetations- Relevanz ist nicht nur der Witterungsverlauf des aktuellen perioden in Nordrhein-Westfalen wurde durch ausgiebige Jahres, sondern auch der Verlauf des Vorjahres. Die Niederschläge ab Mai 2021 beendet. Im Zeitraum April bis Wälder sind im Allgemeinen gut an die durchschnittlichen August fielen laut Aufzeichnungen des Deutschen Wetter- Bedingungen des jeweiligen Standorts angepasst. Daher dienstes (DWD) etwa 15 Prozent mehr Niederschläge als ist durch den Vergleich der aktuellen Wetterverhältnisse in der Referenzperiode 1961‒1990. Gleichzeitig wurde mit dem langjährigen Mittel eine erste Einschätzung der 2021 die niedrigste mittlere Temperatur für diesen Zeit- aktuellen Situation möglich. raum (April‒August) in den letzten 25 Jahren gemessen. So verlief die diesjährige Wachstumsperiode für die Wald- Im Folgenden werden die Witterungs- und Bodenwasser- bäume im Vergleich zu den Vorjahren weitgehend wasser- verhältnisse in NRW bis zum August 2021 im Detail und hitzestressfrei. Die Folgen der extremen Witterungs- betrachtet und Rückschlüsse auf mögliche Auswirkungen situation der Vorjahre wirken jedoch weiterhin nach. auf die Waldbäume gezogen. Als Datengrundlage dienen Wetteraufzeichnungen des DWD sowie Messungen des Die Witterung spielt eine entscheidende Rolle für den LANUV, die im Rahmen des bundesweiten forstlichen Waldzustand, zum einen durch direkte Effekte wie Umweltmonitorings auf den Level-II-Flächen in NRW Sommertrockenheit, Stürme sowie Früh- und Spätfröste, (s. Kap. „Forstliches Umweltmonitoring – 40 Jahre Wald- zum anderen gibt es indirekte Effekte, indem die Witte- beobachtung in NRW“, S. 62) durchgeführt werden. rung z. B. die Anlage von Blütenknospen beeinflusst. Von Messung der Bodenwasserspannung mit manuellen Tensiometern auf der Kalamitäts-Level-II-Fläche Elberndorf Einbau von Bodenfeuchtemesssonden auf der Level-II-Fläche Elberndorf 33
Witterungs- und Bodenwasserverhältnisse bis zum Sommer KLIMA UND WITTERUNGSVERHÄLTNISSE IN NRW Das Klima in NRW unterliegt dem maritimen Einfluss und Jahren sogar ein Defizit von 450 mm. Alleine das Defizit ist geprägt durch kühle Sommer und milde Winter. Der aus dem Jahr 2020 konnte noch nicht durch den Nieder- globale Klimawandel führt auch in NRW zu Veränderungen. schlagsüberschuss von 66 mm von Januar bis August Landesweit ist die Jahresmitteltemperatur seit Beginn 2021 ausgeglichen werden. Die klimatische Wasserbilanz, der Aufzeichnungen des DWD im Jahr 1881 um 1,6 °C und die neben den Niederschlagsmengen auch die Verduns- die mittlere jährliche Niederschlagsmenge um 62 mm tungsraten berücksichtigt, weist sogar ein noch höheres angestiegen. Bereits seit Mitte der 1980er Jahre liegt die Defizit von 664 mm für die Jahre 2018 bis 2020 aus. Jahresmitteltemperatur fast durchgängig deutlich über Dies wirkt sich, trotz der leichten Erholung im Jahr 2021, den Werten der Referenzperiode 1961‒1990 (aufgrund weiterhin auf den Wasserhaushalt in tieferen Boden- der Langlebigkeit der Bäume wird für die Beurteilung von schichten und die Grundwasserneubildung aus. Auswirkungen der Klimaänderungen weiterhin diese Referenzperiode verwendet). Die Jahre 2018 bis 2020 Das Jahr 2021 startete in NRW mit einem im Mittel 1,5 °C waren durch außergewöhnliche Dürre und überdurch- zu warmen Winter im Vergleich zur Referenzperiode schnittlich warme Temperaturen geprägt. So sind die 1961‒1990 (Abb. 3, S. 36). Im Februar kam es zu einem Wälder in NRW mit deutlicher Vorbelastung in Bezug extrem schnellen Wechsel von eisigen Wintertempera- auf Wasser- und Hitzestress in das Jahr 2021 gestartet. turen mit großen Schneemengen zu überdurchschnittlich hohen frühlingshaften Temperaturen (vergleiche auch Die mittlere Temperatur von April bis August (Beginn Abb. 7, S. 40). Der April war dann jedoch ungewöhnlich der Vegetationsperiode bis zum Ende des jährlichen Auf- kühl und trocken. Der ebenfalls zu kühle Mai brachte nahmezeitraums der Waldzustandserhebung) zeigt ab überdies ausgiebige Niederschläge und beendete die Anfang der 1980er bis Ende der 1990er Jahre einen deut- zuvor drei Jahre anhaltende Dürre in der Vegetationszeit. lichen Anstieg (Abb. 1, S. 35). Bis 2017 ist die Temperatur Die Waldbäume, die aufgrund der niedrigen Temperaturen dann im Mittel auf dem hohen Level konstant geblieben. spät austrieben (s. Kap. „Phänologische Beobachtungen Im Jahr 2021 wurde mit 14,1 °C jedoch die niedrigste an Waldbäumen“, S. 56), starteten somit in eine nieder- mittlere Temperatur für diesen Zeitraum (April‒August) schlagsreiche Wachstumsperiode. Der Juni war mit in den letzten 25 Jahren gemessen, die auch nur wenig 19 °C und somit 3,7 °C über der Temperatur der Referenz- über der Temperatur der Referenzperiode (13,8 °C) lag. periode der zweitwärmste Juni seit Beginn der Auf- Im Vergleich zu den hohen Temperaturen in den drei zeichnungen im Jahr 1881. Gleichzeitig brachte der Juni Vorjahren führt die kühlere Temperatur in 2021 zu einer durchschnittliche Niederschläge. Im Juli lag die Nieder- niedrigeren Wasserverdunstung von der Bodenoberfläche schlagsmenge 55 Prozent höher als im Referenzzeitraum sowie Verdunstung durch die Waldbäume (Transpiration). (s. Box „Hochwasser“, S. 36) und NRW war im Juli das sonnenscheinärmste Bundesland. Auf diesen regenrei- Obwohl die Menge der Jahresniederschläge seit Mess- chen Juli folgte ein durchschnittlicher August. beginn 1881 im Mittel zugenommen hat, gilt dies nicht für die Niederschlagsmengen innerhalb des für das Wald- Neben den zeitlichen Schwankungen bestehen auch wachstum wichtigen Zeitraums von April bis August räumliche Unterschiede in den Witterungsbedingungen. (Abb. 2, S. 35). Im Jahr 2021 fielen jedoch in diesen Die Temperaturabweichungen unterschieden sich räum- Monaten mit 428 mm etwa 15 Prozent mehr Nieder- lich von April bis August 2021 jedoch vergleichsweise schläge im Vergleich zum Referenzzeitraum (373 mm). wenig (Abb. 4, S. 37). So war es im April, Mai und August Dies bedeutet, dass den Bäumen in der Wachstums- landesweit zu kühl und im Juni zu warm. Die Nieder- periode 2021 im Mittel in NRW ausreichend Wasser aus schlagsabweichungen von April bis August waren regional den Niederschlägen zur Verfügung stand. In den Monaten verschieden und zeichnen je nach Monat ein anderes Januar bis August sind mit 645 mm etwa 11 Prozent mehr räumliches Muster (Abb. 5, S. 37). Die Extremnieder- Niederschläge gefallen als im Mittel im Referenzzeitraum schläge im Juli, die sich vom Sauerland über die Kölner (579 mm). Im Vergleich zum Referenzzeitraum lag jedoch Bucht bis zur Eifel erstreckten, wurden bereits erwähnt im Mittel in NRW für das Jahr 2020 ein Niederschlags- (s. Box „Hochwasser“, S. 36). defizit von 134 mm vor und insgesamt aus den letzten drei 34
ABBILDUNG 1 Zeitverlauf der mittleren Temperatur der Monate April bis August | 1881 bis 2021 Mittel April bis August 10-jähriger gleitender Durchschnitt Mittlere Temperatur in °C 18 17 16 15 14 13 12 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 2021 Datenquelle: DWD ABBILDUNG 2 Zeitverlauf der Niederschlagssumme der Monate April bis August | 1881 bis 2021 Summe April bis August 10-jähriger gleitender Durchschnitt Niederschlagssumme in mm 600 500 400 300 200 100 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 2021 Datenquelle: DWD 35
Witterungs- und Bodenwasserverhältnisse bis zum Sommer HOCHWASSER Das Tief „Bernd“ brachte am 13. und 14. Juli 2021 ein vitaler, intakter Wald jedoch eine wichtige Rolle extreme und großflächige Regenfälle in NRW. Von im vorbeugenden Hochwasser- und Erosionsschutz. der Kölner Bucht bis zur Eifel fielen allein am 14. Juli Insbesondere an Steilhängen wird der Abfluss redu- Rekordsummen von über 100 mm. Hierbei registrierte ziert und die Hochwasserspitzen werden gestreckt. die Messstation Wipperfürth-Gardeweg mit 162,4 mm Ein durch Vitalitätsschäden stark aufgelichteter Wald den deutschlandweit höchsten Tagesniederschlag. oder ein kahler Hang kann diese Funktion nur wenig Zahlreiche Pegel verzeichneten noch nie dagewesene wahrnehmen. Die Erhaltung und Schaffung intakter Abflussmengen. Der Regen löste vor allem an den Wälder im Klimawandel hat auch aufgrund dieser Flüssen Erft und Rur verheerende Fluten aus, die viele Schutzfunktion eine hohe Priorität. Für das Fortbestehen Menschen das Leben kosteten. Auch wenn der Wald und die Erhaltung von Auwäldern sind Überflutungs- selbst durch die extremen Niederschlagsmengen und episoden/-ereignisse sogar notwendig, d. h. die das Hochwasser wenig Schaden erleidet, so spielt Auwälder profitieren von hohen Wasserständen. ABBILDUNG 3 Temperatur, Niederschlag und Sonnenscheindauer | September 2020 bis August 2021 Abweichung von der Referenzperiode 1961 bis 1990 100 kalt und feucht warm und feucht Sonnenscheindauer positive Abweichung negative Abweichung 7.2021 relative Abweichung Niederschlag in % 50 10.2020 5.2021 1.2021 8.2021 0 2.2021 6.2021 3.2021 9.2020 12.2020 4.2021 –50 11.2020 –100 kalt und trocken warm und trocken –6 –4 –2 0 2 4 6 Abweichung Temperatur in °C Datenquelle: DWD 36
ABBILDUNG 4 Regionale Temperaturabweichungen | April bis August 2021 Abweichung in °C von der Referenzperiode 1971 bis 2000 April Mai Juni Juli August °C > 6,0 ‒ 8,0 > 5,0 ‒ 6,0 > 4,0 ‒ 5,0 > 3,0 ‒ 4,0 > 2,0 ‒ 3,0 > 1,0 ‒ 2,0 > 0,2 ‒ 1,0 > –0,2 ‒ 0,2 > –1,0 ‒ –0,2 Quelle: DWD (www.dwd.de/DE/ > –2,0 ‒ –1,0 klimaumwelt/klimaatlas/klima- atlas_node.html, abgerufen am > –3,0 ‒ –2,0 08.09.2021), modifiziert ABBILDUNG 5 Regionale Niederschlagsabweichungen | April bis August 2021 Abweichung in % von der Referenzperiode 1971 bis 2000 April Mai Juni Juli August % > 100 ‒ 200 > 75 ‒–100 – > 50 ‒ –75 > –25 ‒ –50 > –15 ‒ –25 > 5 ‒ –15 > –5 ‒ –5 > –15 ‒ –5 > –25 ‒ –15 > –40 ‒ –25 Quelle: DWD (www.dwd.de/DE/ klimaumwelt/klimaatlas/klima- > –55 ‒ –40 atlas_node.html, abgerufen am > –70 ‒ –55 08.09.2021), modifiziert 37
Witterungs- und Bodenwasserverhältnisse bis zum Sommer WITTERUNGSVERHÄLTNISSE DER LEVEL-II-FLÄCHEN Die angesprochenen regionalen Unterschiede im Witte- dagegen mit ähnlich großen Niederschlagsdefiziten in rungsverlauf lassen sich anhand der vier nordrhein- die Vegetationsperiode wie bereits in dem extremen westfälischen Level-II-Flächen (Tab. 1; s. Kap. „Schäden Dürrejahr 2018 (ähnlicher Verlauf der Niederschlags- durch Fichtenborkenkäfer, Buchentrocknis und Eichen- summenkurven). Die Monate Mai bis August wiesen dann fraßgesellschaft“, S. 46) verdeutlichen und vertiefen. jedoch überdurchschnittliche Niederschlagsmengen auf Auf den Level-II-Flächen werden u. a. meteorologische (ohne Abb.). Größen sowie der Bodenwasserhaushalt erfasst. Der Nadel-/Blattaustrieb der Bäume im Frühjahr wird Beispielhaft werden hier die Witterungsverläufe der primär durch die Temperaturbedingungen gesteuert Tiefland-Fläche Haard (Westfälische Bucht; Abb. 6a, (s. Kap. „Phänologische Beobachtungen an Waldbäumen“, S. 39) und der Bergland-Fläche Schwaney (Weserberg- S. 56). In Abb. 7 (S. 40) sind forstmeteorologische land/Egge; Abb. 6b, S. 39) dargestellt. In der Haard waren Schwellenwerte (Tage mit Tagesmitteltemperaturen der Winter sowie der März in Bezug auf die mittleren größer oder gleich 10 °C und Tage mit Maximaltempe- Temperaturen und die Niederschlagsmengen durch- raturen größer oder gleich 20 °C) exemplarisch für die schnittlich. Der April und der August waren zu trocken, Level-II-Fläche Haard abgebildet. während der Mai und der Juli deutlich zu nass waren (vgl. auch Abb. 5, S. 37). Im Zeitraum April bis August fielen Abgesehen von dem extremen Temperaturwechsel um insgesamt fast 10 Prozent mehr Niederschläge als im 38,5 °C von eisigen Wintertemperaturen zu frühlings- langjährigen Mittel (1995‒2020) und es war um 0,8 °C haften 20 °C binnen sieben Tagen im Februar, war der kühler. Die Situation an der Tiefland-Fläche Kleve- gesamte Frühling 2021 von außergewöhnlich niedrigen Tannenbusch (Niederrheinisches Tiefland) war weniger Temperaturen geprägt (Abb. 7, S. 40). Diese Situation wechselhaft, insgesamt betrachtet jedoch vergleichbar wurde seit Beginn der Zeitreihe zuvor nicht beobachtet (ohne Abb.). In Schwaney (Weserbergland) war der Juli, und hat zu einem späten Austrieb der Waldbäume geführt ganz im Gegensatz zu den übrigen Landesteilen von NRW (s. Kapitel „Phänologische Beobachtungen an Wald- (vgl. Abb. 5, S. 37), der einzige zu trockene Monat in der bäumen“, S. 56). Die kurze Hitzewelle Mitte Juni 2021, die Vegetationsperiode bis August 2021. Im Zeitraum April bis am 17. Juni mit 35,4 °C ihren Höhepunkt erreichte, hatte August insgesamt fielen jedoch auch hier mehr Nieder- in diesem Jahr aufgrund der andersartigen Niederschlags- schläge als üblich (ca. 26 %) und es war 1,1 °C kühler. Die situation keine vergleichbaren negativen Auswirkungen Bergland-Fläche Elberndorf (Sauer-/Siegerland) startete auf die Waldbäume wie die Hitzewellen der Vorjahre. Wetterstation der Level-II-Freifläche Elberndorf 38
ABBILDUNG 6 a Monatliche Niederschlagsmengen und mittlerer Temperatur- verlauf | Level-II-Fläche Haard | 2020 bis August 2021 Vergleich mit dem langjährigen Mittel der Untersuchungsfläche (1995–2020) 1995–2020 2020 2021 Niederschlagsmenge in mm (Balken) Temperatur in °C (Linie) 250 200 20 150 10 100 0 50 –10 0 Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. ABBILDUNG 6 b Monatliche Niederschlagsmengen und mittlerer Temperatur- verlauf | Level-II-Fläche Schwaney | 2020 bis August 2021 Vergleich mit dem langjährigen Mittel der Untersuchungsfläche (1999–2020 ohne 2006–2008) 1999–2020 2020 2021 Niederschlagsmenge in mm (Balken) Temperatur in °C (Linie) 350 300 20 250 10 200 0 150 100 –10 50 –20 0 Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. 39
Witterungs- und Bodenwasserverhältnisse bis zum Sommer ABBILDUNG 7 Tage mit Tagesmitteltemperaturen größer oder gleich 10 °C und Tagesmaximaltemperaturen größer oder gleich 20 °C bzw. 35 °C | Level-II-Fläche Haard | 1996 bis 2021 (bis 31.08.2021) Tagesmitteltemperatur größer oder gleich 10 °C Tagesmaximaltemperatur größer oder gleich 20 °C Tagesmaximaltemperatur größer oder gleich 35 °C 2025 2020 2015 2010 2005 2000 1995 Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Messung der Boden- wasserspannung mit Tensiometern auf der Level-II-Fläche Schwaney 40
BODENWASSERHAUSHALT DER LEVEL-II-FLÄCHEN Der Bodenwasserhaushalt wird nicht nur von der Witte- durch den Bodenwassergehalt eingeschränkt) und tat- rung beeinflusst, entscheidend sind auch die Bodenver- sächlich realisierter Verdunstung der Bäume (ggf. durch hältnisse und der Wasserverbrauch der aufstockenden Bodentrockenheit eingeschränkt). Eine relative Boden- Waldbestände. Die vier Level-II-Flächen weisen verschie- wasserverfügbarkeit von ≤ 40 Prozent der nutzbaren dene Eigenschaften auf und repräsentieren typische Feldkapazität (nFK; maximale Speicherfähigkeit an Wälder Nordrhein-Westfalens (Tab. 1). pflanzenverfügbarem Wasser im Boden) (z. B. Bréda et al. 2006) sowie eine Transpirationsdifferenz von > 2 mm Im Winterhalbjahr füllt sich der Bodenwasservorrat am Tag (z. B. Schultze et al. 2005) werden häufig als üblicherweise auf. Im Frühjahr beginnen die Bäume Schwellenwerte für Einschränkungen des Wachstums der wieder vermehrt Wasser aus dem Boden aufzunehmen, Bäume und damit für Wasserstress angesehen. Entschei- um den Wasserverbrauch, der beim Austrieb der Bäume dend sind jedoch die Dauer des Wasserstresses sowie die und durch die Verdunstung der Nadeln und Blätter ent- fehlende absolute Wassermenge. Außerdem beeinflussen steht, auszugleichen (s. Kap. „Phänologische Beobach- die Eigenschaften des Bodens und des Bestandes, ab tungen an Waldbäumen“, S. 56). Der Wasserentzug durch wann tatsächlich Wasserstress bei den Bäumen auftritt. die Bäume führt zu einem Anstieg der Wasserspannung in den durchwurzelten Bodenschichten (Bodensaug- Die Bodenwasserverhältnisse im Jahr 2021 werden spannung). Als Indikator für die Wasserversorgung von exemplarisch für die Tiefland-Fläche Haard (Abb. 8a, Waldbäumen kann zum einen die relative Bodenwasser- S. 43) und die Bergland-Fläche Schwaney (Abb. 8b, verfügbarkeit und zum anderen die Transpirationsdiffe- S. 43) dargestellt. Die Bodenwasserspeicher in den renz herangezogen werden. Die Transpirationsdifferenz oberen 90 cm des Bodens in der Haard wurden über ist die Differenz zwischen potenziell möglicher (nicht den Winter 2020/2021 annähernd aufgefüllt. Mit Beginn TABELLE 1 Ausgewählte Eigenschaften | vier nordrhein-westfälische Level-II-Flächen Haard Kleve-Tannenbusch Elberndorf Schwaney Wuchsgebiet Westfälische Bucht Niederrheinisches Sauer-/Siegerland Weserbergland Tiefland (Egge) Jahresmittel- 10,2 10,1 6,8 8,5 temperatur [°C]* Jahresniederschlags- 847 818 1432 1117 summe [mm]* Baumart(en) Rotbuche Stieleiche, Trauben- Gemeine Fichte Rotbuche mit Eiche, eiche, Rotbuche Bergahorn, Esche Bodentyp Braunerde-Podsol, Pseudogley- Pseudogley- Braunerde, pseudovergleyt Braunerde, Braunerde, Braunerde- schwach podsoliert schwach podsoliert Pseudogley Gründigkeit tiefgründig tiefgründig mittel mittel Grundwassereinfluss nein nein nein nein Bodenart tonig-lehmiger Sand toniger Schluff schluffiger Lehm schluffiger Ton Beispieltiefe** 12‒45 cm (Bhv): 30‒50 cm (Bv1): 10‒29 cm (Bv): 20‒40 cm (Sd) Porosität [Vol. %] 39 45 45 42 Permanenter 4 8 16 30 Welkepunkt [Vol. %] Nutzbare Feld- 22 31 19 8 kapazität [Vol. %] *langjähriges Mittel der Untersuchungsflächen: 1995‒2020 für Haard, Kleve, Elberndorf und 1999‒2020 ohne 2006‒2008 für Schwaney **Die Eigenschaften der Beispieltiefen sind typisch für den gesamten Boden. 41
Sie können auch lesen