PRAXISLEITFADEN BLÜTENMEER 2020 - MAßNAHMENBLATT 4.1.8 - STIFTUNG NATURSCHUTZ ...

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PRAXISLEITFADEN BLÜTENMEER 2020 - MAßNAHMENBLATT 4.1.8 - STIFTUNG NATURSCHUTZ ...
Praxisleitfaden BlütenMeer 2020.
Maßnahmenblatt 4.1.8.

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Maßnahmenblatt 4.1.8 zum Praxisleitfaden BlütenMeer 2020

Umbruchlose Aufwertung mit Regio-                                   Rechtliche Situation
und Regio-Plus-Einsaat in Gudendorf                                 Bei einer umbruchlosen Aufwertung ohne Pestizideinsatz
(Kreis Dithmarschen)                                                gibt es keine Einschränkungen nach Agrar- und Natur-
                                                                    schutzrecht.
Ausgangsbedingungen
Die Maßnahmenfläche liegt auf einem historischen                    Maßnahmen
Meeres­kliff, dort wo die Heide-Itzehoer Geest auf die              • Maßnahmen: Vertikutieren zur Schaffung von Offen­
Flache Dithmarscher Marsch trifft. Der sandige Geesthang              bodenflächen, Schwaden der Streu, Abfuhr der Streu
war lange Zeit ein ausgedehntes Heidegebiet, das erst im              mit Ladewagen, Einsaatkombination mit Striegel und
19. Jahrhundert aufgeforstet worden ist. Bei Gudendorf und            nachlaufender Walze
am Barlter Kleve gibt es noch kleine Heidereste und ein             • Umsetzung: 21.04.2017 auf 0,65 ha, Einsaatstärke
paar Weidekoppeln zwischen den Aufforstungsflächen.                   38 kg/ha mit Schrot als Ansaathilfe (2 kg Schrot auf
Eine der wenigen alten Weiden wurde 2014 von der Stif-                1 kg Regio-Saatgut)
tung als Grünlandbrache erworben (54,0277 °E; 9,0993 °E).           • Regio-Einsaatmischung: 70 % Gräser, 30 % Kräuter
Durch fehlende Nutzung hatte sich eine mit Moos durch-                (10 Grasarten, 21 Kräuter, Spezialmischung für Geest­
setzte Grasfilzschicht ausgebildet, die das vormals sicher            standorte in Schleswig-Holstein mit Regio-Plus Art
artenreichere Magergrünland hat degenerieren lassen.                  Heide-Nelke, Silber-Fingerkraut, Europäische Goldrute
Neben Dominanzbeständen von Rot-Schwingel und etwas                   und Arznei-Thymian, Ursprungsgebiet 1)
Quecke erreichte die Moosbedeckung 40 % und der                     • Nutzung und Pflege: Grasnarbe kurz halten hier durch
Kräuter­anteil lag bei 3 %. Reste der alten Heide befinden            Beweidung, um Lichtkeimung zu gewährleisten
sich am Rande der maroden Zäunung und zeigen, welches               • 13.09.2017 Kontrolle der Einsaatfläche
Entwicklungspotential für artenreiches Magerrasengrün-              • 7.08.2018 Maßnahmenmonitoring nach einem Jahr
land in der Fläche steckt. Durch die Entfernung der Moos-
und Streuschicht kann ein Offenbodenanteil von ca. 50 %             Mit dem Vertikutiergerät wurde die mächtige Moos- und
geschaffen werden, der für die Einsaat von Regio-Saatgut            Streuschicht gelockert. Dabei ist es sinnvoll. die Fläche
notwendig ist.                                                      in Längs und in Querrichtung zu vertikutieren. Die so
                                                                    gelockerte Moos- und Streuschicht wurde mit einem
                                                                    Heuwender zusammengekehrt und mit einem Ladewagen
                                                                    abgefahren. Die Streu kann deponiert oder kompostiert
                                                                    werden. Die frei gewordenen Bodenoberfläche zwischen
                                                                    den Gräsern wurde danach mit dem Striegel aufgeraut
                                                                    und die Saat mit der Striegel-Einsaat-Kombination mit
                                                                    nachlaufender Walze eingebracht. Dadurch erfolgte keine
                                                                    wendende Bodenbearbeitung, die zum Beispiel das Gras-
                                                                    wachstum hindern könnte.

                                                                    Die Bodenanalyse hat gezeigt, dass der eigentlich nähr-
                                                                    stoffarme humose Sandboden stellenweise noch stark auf-
Abb. 1: Lager der Waldkoppel im Busenwurther Vierth mit Maßnah-     gedüngt war, so dass bei ausreichender Feuchtigkeit mit
menfläche (rote Linie) am alten Kliff von Gudendorf am Norderweg.   raschem Gräserwachstum zu rechnen ist. Daher wurde bei
                                                                    ausreichendem Wachstum im Juni bereits mit einer Pferde-
                                                                    Beweidung begonnen, um die Gräserbiomasse abzuschöp-
Entwicklungsziel war daher artenreiches Magergrünland               fen und den Keimlingen ausreichend Licht zu lassen.
mit Heidenelke, Berg-Sandglöckchen und Wilden Thymian
wieder herzustellen und durch Aufnahme einer extensiven
Weidenutzung zu erhalten. Anhand der Bodenanalysen
wurde trotz des sandigen Bodens auf den ebenen Teil­
flächen ein pH-Wert von 5,7 sowie eine Überversorgung
mit Phosphaten und Kalium festgesellt, im hängigen
Bereich dagegen ein pH-Wert von 3,7 bei mäßiger Nähr-
stoffversorgung.

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Abb. 2 & 3: Stark von Moos und Streu verfilzte artenarme Grünland­brache auf altem Heide-Standort am Kleve bei Gudendorf
(Dithmarschen) mit Restheidebestand auf Erdwall hinterm Koppelzaun (Fotos C. Dolnik).

Abb. 4 & 5: Auf dem verbrachten Magergrünland wird die Moos- und Streuschicht vertikutiert (links), die Streu geschwadet und abgefahren
und danach die Regio-Saatgut mit einer Striegel-Einsaat-Kombination eingebracht (Fotos C. Dolnik).

Abb. 6 & 7: Artenarme Grünlandbrache aus Gräsern mit dicker Streumatte und 8 Arten/m² (links) und ein Jahr später die im Jahrhundert-
sommer 2018 vertrocknete Magerrasenvegetation mit 16 Arten/m², davon 10 Kräutern mit 20% Deckung in Gudendorf, Kreis Dithmarschen
(Fotos C. Dolnik).

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Abb. 8 & 9: Jungpflanzen von Heide-Nelke, Wiesen-Margerite und Silber-Fingerkraut aus der Einsaat im ersten Jahr nach Maßnahmen­
umsetzung bei Nutzungsaufnahme als Pferdeweide (Fotos C. Dolnik)

Flächenentwicklung                                                   Nutzung und Flächenpflege
Der feuchte Sommer 2017 war für die Keimung der Regio-               Die extensive Beweidung durch Pferde ist eine gute Mög-
Saat günstig, so dass im Herbst schon etliche Kräuter als            lichkeit auf nährstoffarmen Böden artenreiche Weiden zu
Rosetten sichtbar waren. Im extrem trockenen Sommer                  erhalten und zu entwickeln. Dadurch, dass bei Beweidung
2018 konnten sich besonders die Magerrasen-Arten                     auch die Blüten mit abgeweidet werden, ist der Blühaspekt
behaupten. Insbesondere Kräuter wie Heide-Nelken,                    oft nicht ganz so stark wie bei Heuwiesen. Gegebenenfalls
Lichtnelken, Hasen-Klee, Magerwiesen-Margerite, Silber-              kann hier eine vorübergehende Weideruhe von drei bis
fingerkraut, Ferkelkraut, Spitz-Wegerich und Berg-Sand-              vier Wochen im Sommer den Blühaspekt und die Aus­
glöckchen, aber auch das Ruchgras konnten sich etablie-              samung der Wildpflanzen verbessern. Die Flächen dürfen
ren. Nach einem Jahr wurden 71 % der Arten aus dem                   nicht gedüngt werden.
Regio-Saatgut angetroffen, so dass die Entwicklung als
positiv gewertet wird. Nicht gefunden werden konnten                 Fazit
bisher Wiesen-Rispengras, Wiesen-Schwingel, Wiesen-                  Bereits nach einem Jahr zeigt sich eine positive Entwick-
Bärenklau, Doldiges Habichtskraut, Hopfenklee, Europä­               lung der Fläche in Richtung artenreiche Magerrasen auf
ische Goldrute, Gras-Sternmiere und Arznei-Thymian,                  Sandstandorten. Die Vegetationsstruktur hat sich zu Lasten
wobei der Dürresommer 2018 sich auch negativ auf die                 der Moose und zu Gunsten der Kräuter verschoben. Durch
Entwicklung der Arten bzw. Erfassbarkeit der Arten aus-              die hohe Nährstoffbelastung als Relikt vorheriger Düngung
gewirkt haben kann.                                                  wäre auf diesem alten Heidestandort für eine Heide­
                                                                     renaturierung ein Bodenabtrag notwendig gewesen.

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Tabelle 1: Artenlisten der 1m²-Kontrollplots (Biodiversität und Vegetationsstruktur) vor Maßnahmenumsetzung am 19.04.2017
und in der zweiten Vegetationsperiode nach über einem Jahr im Dürresommer 2018, *die durch die Trockenheit abgestorbenen
Pflanzen wurden 2018 nicht als Streu gewertet, sondern der Deckung der Krautschicht zugerechnet.

                                      Plot 1        Plot 2         Plot 3        Plot 1         Plot 2         Plot 3
Artname
                                     (unten)        Düne)         (oben)        (unten)         Düne)         (oben)
                                      19.04.        19.04.         19.04.        07.08.         07.08.        07.08.
Datum
                                       2017          2017           2017          2018           2018          2018
Deckung Gräser %                        20             50            30             70            70             80

Deckung Kräuter %                        0             10             3             20             12             1

Deckung Moose %
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Plot 1   Plot 2    Plot 3    Plot 1   Plot 2    Plot 3
Artname
                                (unten)   Düne)    (oben)    (unten)   Düne)    (oben)
                                19.04.    19.04.   19.04.    07.08.    07.08.   07.08.
Datum
                                 2017      2017     2017      2018      2018     2018
Ranunculus repens
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Tabelle 2: Artenliste Maßnahmenfläche Gudendorf, Waldkoppel. Vor Maßnahmen beginn 2017 und nach einem Jahr der
Maßnahmenumsetzung mit Angaben zur relativen Häufigkeit (XXX = sehr häufig bis r = Einzelpflanze) der Herkunft der
Arten: A = Ausgangsbestand, R = Ruderalart aus der Samenbank, S = Regio-Saatgut.

Artname                                                19.04.2017             07.08.2018*               Quelle
Agrostis capillaris                                          x                     xxx                     AS

Alopecurus pratensis                                         x                                             AS

Anthoxanthum odoratum                                                               xx                     S

Arrhenatherum elatius                                                               x                      S

Bromus hordeaceus                                            x                      xx                     AS

Carex arenaria                                               x                      x                      A

Cynosurus cristatus                                                                 x                      S

Dactylis glomerata                                           x                      x                      A

Elymus repens                                               xx                      x                      A

Festuca rubra                                               xxx                     x                      AS

Holcus lanatus                                               x                     xxx                     A

Juncus effusus                                               r                                             A

Lolium perenne                                               x                      x                      AS

Molinia caerulea                                             x                      x                      A

Poa annua                                                    x                                             A

Poa pratensis K                                              x                                             A

Poa trivialis                                                x                                             A

Achillea millefolium                                         r                      x                      A

Bellis perennis                                                                     +                      S

Campanula rotundifolia                                       rr                     x                      A

Capsella bursa-pastoris                                      rr                                            A

Cerastium holosteoides                                                              x                      A

Cirsium arvense                                              r                      +                      A

Cirsium vulgare                                              r                      +                      A

Dianthus deltoides                                                                  xx                     S

Galium album                                                                        x                      S

Galium aparine                                               x                                             A

Geranium molle                                               r                                             A

Glechoma hederacea                                           x                      x                      A

Hypericum perforatum                                         r                      x                     A, S

Hypochaeris radicata                                                                xx                     S

Jasione montana                                                                     x                      S

                                                                                                                     7
PRAXISLEITFADEN BLÜTENMEER 2020 - MAßNAHMENBLATT 4.1.8 - STIFTUNG NATURSCHUTZ ...
Artname                         19.04.2017   07.08.2018*   Quelle
Leucanthemum vulgare                             xx          S

Malva moschata                                    x          S

Plantago lanceolata                              xx          S

Polygonum aviculare                               +          R

Potentilla argentea                               x          S

Ranunculus repens                   r             +          A

Rumex acetosa                       r             x          A

Rumex acetosella                    r            xx          A

Silene flos-cuculi                                r          S

Silene latifolia                                  x          S

Stellaria media                     x                        A

Taraxacum sect. Erythrosperma       r             +          A

Taraxacum sect. Ruderalia           r             x          A

Trifolium arvense                                 x          S

Trifolium pratense                                x          S

Trifolium repens                                  x          R

Urtica dioica                       x             x          A

Veronica arvensis                   x             x          A

Veronica hederifolia                r                        A

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PRAXISLEITFADEN BLÜTENMEER 2020 - MAßNAHMENBLATT 4.1.8 - STIFTUNG NATURSCHUTZ ...
Herausgeberin:
Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein
Eschenbrook 4 | 24113 Molfsee
info@stiftungsland.de
www.stiftungsland.de

Elektronischer Anhang zum Praxisleitfaden BlütenMeer 2020.
Blumenwiesen und Heiden entwickeln.
Maßnahmenblatt 4.1.8
Umbruchlose Aufwertung mit Regio- und
Regio-Plus-Einsaat in Gudendorf (Kreis Dithmarschen)

Autor Maßnahmenblatt:
Christian Dolnik (Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein)

Titelfoto:
Wildblumenwiese aus Regio-Saatgut im Blühaspekt mit Wie-
sen-Margerite, Spitz-Wegerich, Ferkelkraut sowie mit Heide-
Nelke aus Regio-Plus-Saatgut drei Jahre nach Umbruch eines
Weidelgras-Ackers durch Fräsen auf humos-sandigen Böden
am Schafflunder Mühlenstrom bei Schafflund, Kreis Schles-
wig-Flensburg (vgl. Praxisbeispiel 4.1.5, Foto: M. Büttner)

Fotos:
Christian Dolnik

Herstellung:
Stand:       Oktober 2020
Gestaltung: AlsterWerk MedienService GmbH

Das Projekt „BlütenMeer 2020“ wird im Bundesprogramm
Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz
mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-
schutz und nukleare Sicherheit gefördert. Praxisleitfaden und
elektronische Maßnahmenblätter geben die Auffassung und
Meinung des Zuwendungsempfängers des Bundesprogramms
wieder und müssen nicht mit der Auffassung des Zuwen-
dungsgebers übereinstimmen.

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PRAXISLEITFADEN BLÜTENMEER 2020 - MAßNAHMENBLATT 4.1.8 - STIFTUNG NATURSCHUTZ ...
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