PRESS REVIEW Friday, July 23, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of

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PRESS REVIEW Friday, July 23, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
PRESS REVIEW

         Daniel Barenboim Stiftung
Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

           Friday, July 23, 2021
PRESS REVIEW Friday, July 23, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
PRESS REVIEW                                                           Friday, July 23, 2021

Deutschlandfunk Kultur, BSA
Rolandseck Festival in Bad Honnef. Frauenpower im Kursaal

Berliner Zeitung, DB
Ohne große Knaller, aber mit vielen nachgeholten Premieren gehen die Berliner Opern in die Saison
2021-2022

Berliner Zeitung
Angela Merkel kommt nach Bayreuth zu den Festspielen

Süddeutsche Zeitung
Die Konzertwoche der Salzburger Festspiele ist dem Totengedenken gewidmet

The New York Times
At Salzburg, Don Giovanni Gets No Pleasure From Seducing

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Die Festspiele am See eröffnen im Haus mit der Oper „Nerone“ von Arrigo Boito

Der Tagesspiegel
Frankreich und Russland bei Baden-Badener Festspielen

Berliner Morgenpost
Hilfsprojekt #hierspieltdiemusik zieht positive Bilanz

Berliner Zeitung
Herein zum Protest
Internet
Quelle:    Deutschlandfunk Kultur Online 22.07.2021 (Internet-Publikation, Köln)

Visits:    1.515.240                         Reichweite:     50.508                   Autor:       Volker Michael                       Weblink

                    Rolandseck Festival in Bad Honnef
                    Frauenpower im Kursaal
                       Beitrag hören

                    Von plakativer Einsamkeit – die Komponistin Galina Ustwolskaja war im Konzert des Rolandseck
                    Festivals vertreten (Archiv Sikorski)
                    Es ist noch immer nicht selbstverständlich: ein Musikprogramm mit Werken allein von Komponistin-
                    nen. Beim Rolandseck Festival aber sind sie zu hören, die Werke von Clara Schumann, Louise
                    Farrenc oder Galina Ustwolskaja – gespielt von hervorragenden Interpretinnen.
                    Die Pianistin Elena Bashkirova hat einen Traum, den wir ihr gern erfüllen wollen. Wir bringen hier
                    ein Musikprogramm, zu dem ausschließlich Komponistinnen beigetragen haben. Wir machen das
                    ganz selbstverständlich und zeigen nicht mit dem Zeigefinger darauf. Genau so, wie es sich Elena
                    Bashkirova wünscht.

                       Die Pianistin Elena Bashkirova im Glashof des Jüdischen Museums Berlin am 14.5.2020 beim Festival Intonations.
                       (Monika Rittershaus/JMB)

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Am 26. Juni gab es im Kursaal Bad Honnef ein Konzert mit dem Streichquartett von Fanny Hensel,
der fünften Klaviersonate von Galina Ustwolskaja und dem ersten Klavierquintett von Louise Far-
renc. Es sind dagegen nicht ausschließlich Frauen, die die Musik interpretiert haben bei diesem
Konzert, das unter dem Motto Aufbruch stand. Aufbruch auch in dem Sinne, dass Musik wieder öf-
fentlich stattfinden darf, mit Zuhörerinnen und Zuhörern. Das Programm beginnt mit drei kurzen Ro-
manzen für Violine und Klavier von Clara Schumann. Gespielt von Tatjana Samouil, der Konzert-
meisterin des Brüsseler Opernorchesters und von Elena Bashkirova.

Die Mitwirkenden des Eröffnungskonzerts des 15. Rolandseck-Festivals am 21. August 2020 im Kursaal Bad Honnef
(Wasmuth Gesellschaft / Susanne Gundelach)

Künstlerische Leiterin des Rolandseck Festival ist Mihaela Martin, selbst Geigerin und vielerorts tä-
tige Pädagogin. Sie ist begeistert vom Spielort Bad Honnef, der optisch schön ist und viel Atmo-
sphäre hat. Und sie ist begeistert vom Komponistinnenprogramm, denn Musik habe kein Ge-
schlecht. Und die ausgewählten Werke sprächen ganz für sich. Mihaela Martin hat an diesem Tag
nicht mitgespielt, sie zeichnet aber für das Programm und die Auswahl der Musikerinnen und Musi-
ker beim Rolandseckfestival verantwortlich. Diese Interpreten – junge wie erfahrene – waren ange-
treten, ein Programm zu spielen, das allein aus Musik von Komponistinnen besteht.

Vernünftiges Schwelgen
Die drei Romanzen hat Clara Schumann in enger Abstimmung mit dem damals noch jungen Geiger
Joseph Joachim mehrfach überarbeitet. Die Komponistin war berühmt als virtuose Pianistin. Sie
reiste umher, auch um das Geld für die Familie zu verdienen, als Ehemann Robert als Verdiener
ausfiel. Dieses famose Klavierspiel der Pianistin hat nicht direkt auf die Gestalt der drei Romanzen
der Komponistin Clara Schumann abgefärbt, meint Elena Bashkirova. Die sind einfach nur innig
und schön. Oder es ließe sich „vernünftiges Schwelgen“ nennen, was die Komponistin Clara Schu-
mann in diesen Romanzen ausgedrückt hat.

Zwei romantische Paare
Zwei Paare prägen ja das Bild der musikalischen Romantik in Deutschland – Clara und Robert
Schumann, ein Ehepaar, beide haben komponiert. Und Fanny und Felix Mendelssohn Bartholdy,
ein beinahe symbiotisches Geschwisterpaar – beide haben ebenfallls komponiert. Spannungsfrei
war das Verhältnis der berühmten Männer zum Komponieren ihrer Gattin bzw. Schwester nie. Bei
Fanny Hensel, geborene Mendelssohn Bartholdy, war es so, dass sie zeit ihres Lebens mit dem
Bruder intensiv und streitbar die entstehenden Werke diskutierte. Später wurde häufig gesagt, sie
habe sich vom Vorbild ihres Bruders und vom Übervorbild Beethoven nicht gelöst. Wenig sinnvoll
findet Mihaela Martin solche Vergleiche.

Ein Quartett mit epischer Breite
Das einzige Streichquartett Fanny Hensels beginnt mit einem sehr verhaltenen lyrischen Satz, ein
virtuos rasantes fugendurchsetztes Allegretto folgt darauf. Die Romanze ist sehr vielfältig und
nimmt großen epischen Raum ein. Sehr dynamisch und wirkungsvoll sorgt das Final-Rondo für ei-
nen würdigen Abschluss. Das Streichquartett Es-Dur von Fanny Hensel spielen in unserer Aufnah-
me vier Akademisten der Barenboim-Said Akademie in Berlin.

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Plakative Einsamkeit
Einen herben Kontrast zu den drei romantischen Werken bildet die 5. Klaviersonate Galina Ust-
wolskajas aus den 1980er Jahren. Alle drei anderen Stücke lassen sich mit Fug und Recht roman-
tisch nennen. Die sowjetische Komponistin hat in Leningrad gewohnt und ihren Stil von Jahr zu
Jahr verknappt und in gewisser Weise radikalisiert. Ihre Einsamkeit habe sie plakativ in ihren Wer-
ken verarbeitet, ja sie sei Misanthropin gewesen, meint die Pianistin Elena Bashkirova. Ihre herme-
tische, dynamisch extrem wechselhafte Tonsprache habe sehr wenig mit den sowjetischen Verhält-
nissen zu tun, meint die Pianistin, denn Galina Ustwolskajas Musik war in der Sowjetunion quasi
unbekannt. Auf jeden Fall hat sich Elena Bashkirova versenkt in diese kompromisslose Musik, die
ohne jedes Gesprächsangebot, ohne eine ausgestreckte Hand, ohne einen offenen Blick aus-
kommt.

Das tiefe Register gestärkt
Das Klavierquintett a-Moll Nr. 1 schrieb Louise Farrenc um 1840. Es steht auf der Höhe der Zeit
und zeigt ihre Originalität. Festivalleiterin Mihaela Martin hat es auch deshalb in dieses Programm
aufgenommen, weil es instrumental speziell besetzt ist – mit einem starken tiefen Register mit Cello
und Kontrabass und einem virtuos solistischen Klavier. Ein international besetztes Ensemble spielt
das a-Moll Klavierquintett von Louise Farrenc. Das hat vier Sätze und beginnt gleich mit einem sehr
tänzerischen, sehr ausführlichen Kopfsatz. Das Adagio ist lyrisch und gesanglich, beginnt sehr ro-
mantisch mit einer Cello-Cantilene. Das leicht-hüpfende Scherzo ähnelt dem einer klassischen Sin-
fonie. Dramatisch und umfassend ist die Aussage im ruppig-wandernden Schlusssatz, der aber lei-
se und zart endet, ohne Pathos.
Kursaal Bad Honnef
Aufzeichnung vom 26. Juni 2021
Clara Schumann
Drei Romanzen für Violine und Klavier op. 22
Fanny Hensel
Streichquartett Es-Dur
Galina Ustwolskaja
Klaviersonate Nr. 5
Louise Farrenc
Klavierquintett Nr.1 a-Moll op. 30

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23.7.2021                                      https://epaper.berliner-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/938064/14-15

               Frei­tag, 23. Ju­li 2021, Ber­li­ner Zei­tung /

               Ab­schied von Bar­rie Kos­ky
               Oh­ne gro­ße Knal­ler, aber mit vie­len nach­ge­hol­ten Pre­mie­ren ge­-
               hen die Ber­li­ner Opern in die Sai­son 2021/2022. Ein Über­blick

https://epaper.berliner-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/938064/14-15                                                  1/3
23.7.2021                                      https://epaper.berliner-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/938064/14-15

               Tom Erik Lie (l.) und Chris­tia­ne Oer­tel in Bar­rie Kos­kys In­sze­nie­rung der
               Ope­ret­te „Die Gro­ßher­zo­gin von Ge­rol­stein“ in der Ko­mi­schen OperI­ma‐­
                                              go/Mar­tin Mül­ler

               PE­TER UEH­LING

               N
                               ach ei­ner prak­tisch ver­lo­re­nen Opern­sai­son ge­hen die drei Ber­li­ner Häu­ser
                               in der nächs­ten Spiel­zeit um­so ve­he­men­ter ans Werk. Kei­nes be­lässt es bei
                               den üb­li­chen sechs Neu­pro­duk­tio­nen.

               Die Deut­sche Oper hat­te sich mit Wag­ners „Ring des Ni­be­lun­gen“ in der neu­en In­sze­‐
               nie­rung von Ste­fan Her­heim ein be­son­de­res or­ga­ni­sa­to­ri­sches Pro­blem ans Bein ge­bun­‐
               den und wird durch die Schlie­ßun­gen zu un­or­tho­do­xer Pre­mie­ren­rei­hen­fol­ge ge­zwun­‐
               gen: Nach­dem be­reits die „Wal­kü­re“ dem Er­öff­nungs­stück „Rhein­gold“ vor­an­ging, folgt
               nun der „Sieg­fried“ auf das Schluss­stück „Göt­ter­däm­me­rung“ (17.10.) und wird erst in­‐
               ner­halb des ers­ten voll­stän­di­gen „Ring“-Zy­klus vor­ge­stellt, der am 9. No­vem­ber be­‐
               ginnt. Auch will das Haus zwei Pro­duk­tio­nen der letz­ten Spiel­zeit nach­ho­len: Ma­ri­na
               Ab­ra­mo­vics „7 Deaths of Ma­ria Cal­las“ (8.4.) und die ora­to­ri­sche Oper „An­ti­krist“ des
               schrul­lig-vi­sio­nä­ren dä­ni­schen Mo­nu­men­tal­kom­po­nis­ten Ru­ed Lang­gaard (30.1.), sie
               wird in­sze­niert von Er­san Mond­tag.

               Auch die Staats­oper Un­ter den Lin­den steckt mit dem neu­en Mo­zart-Da-Pon­te-Zy­klus,
               in­sze­niert von Vin­cent Hu­guet, im Pre­mie­ren-Stau: „Le Noz­ze di Fi­ga­ro“ konn­te 2020
               im­mer­hin im Stream vor­ge­stellt wer­den, „Così fan tut­te“ fiel fast fer­tig ge­probt dem ers­‐
               ten Lock­down zum Op­fer und wird nun zur Sai­son­er­öff­nung am 3. Ok­to­ber nach­ge­holt,
               plan­mä­ßig zu den Fest­ta­gen (6. bis 17.4.) wird auch „Don Gio­van­ni“ über die Büh­ne ge­‐
               hen (Pre­mie­re am 2.4.) – und na­tür­lich wird al­les von Da­ni­el Ba­ren­boim di­ri­giert wer­‐
               den.

               Die Ko­mi­sche Oper hat­te die Idee ei­nes Ja­romír-Wein­ber­ger-Fes­ti­vals – und konn­te da­‐
               von nur „Früh­lings­stür­me“ zur Pre­mie­re brin­gen, der ge­plan­te „Schwan­da, der Du­del­‐
               sack­pfei­fer“ un­ter der Re­gie von An­dre­as Ho­mo­ki, einst ei­ne der er­folg­reichs­ten Opern
               der Wei­ma­rer Re­pu­blik, wird nun nach­ge­holt (5.3.).

               Man ist vor­sich­tig ge­wor­den

               Die kom­men­de Sai­son ist die letz­te von In­ten­dant und Chef­re­gis­seur Bar­rie Kos­ky, der
               zwar be­haup­tet, sein Ab­gang sei ganz nor­mal – aber er fei­ert ihn den­noch groß mit drei
               In­sze­nie­run­gen: Brecht und Weills „Auf­stieg und Fall der Stadt Ma­ha­gon­ny“ (2.10.), Ver­‐
               dis „Fal­staff“ (30.4.) und noch ei­ne Ope­ret­te: „Or­pheus in der Un­ter­welt“ (7.12.). Am En­‐
               de wird dann mit Dag­mar Man­zel, Ka­the­ri­ne Mehr­ling, Max Hopp und vie­len an­de­ren
               Künst­lern, die Kos­ky über die Ope­ret­ten­schie­ne ans Haus bin­den konn­te, Ab­schied ge­‐
               fei­ert mit „Bar­rie Kos­ky’s All-Sin­ging, All-Dan­cing Yid­dish Re­vue“ (10.6.).

               Die ganz gro­ßen, un­ge­wöhn­li­chen Knal­ler, nach de­nen man lechzt, oh­ne es zu selbst
               wis­sen, feh­len der kom­men­den Sai­son – ist man vor­sich­tig ge­wor­den mit dem An­set­zen
               von Stü­cken, die in der Ein­stu­die­rung auf­wen­di­ger sind und dann ei­ner vier­ten, fünf­ten
               oder Del­ta-Wel­le zum Op­fer fal­len könn­ten?

               Die Deut­sche Oper ist mit den An­kün­di­gun­gen vor­sich­tig: Sie ver­öf­fent­licht noch kein
               voll­stän­di­ges Pro­gramm; sie be­ginnt die Spiel­zeit am 21. Au­gust auf dem Park­deck, auf

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               dem man auch bei er­höh­ter Vi­rus­last auf­füh­ren kann. Dort ist Mark-An­tho­ny Tur­na­ges
               1988 ent­stan­de­ne Ödi­pus-Ver­si­on „Greek“ in der In­sze­nie­rung von Pınar Ka­ra­bu­lut zu
               se­hen. Ge­spann­ter ist man auf Franz Schre­kers „Schatz­grä­ber“ (1.5.), mit dem Re­gis­seur
               Chris­tof Loy und Di­ri­gent Marc Al­brecht ih­re mit „Wun­der der He­lia­ne“ und „Fran­ce­s­ca
               da Ri­mi­ni“ be­gon­ne­ne Er­kun­dung des ver­ges­se­nen Mu­sik­thea­ters des frü­hen 20. Jahr­‐
               hun­derts fort­set­zen. Das Wag­ner-Re­per­toire wird mit den „Meis­ter­sin­gern“ in ei­ner In­‐
               sze­nie­rung von Jos­si Wie­ler und Ser­gio Mo­ra­bi­to auf­ge­frischt (12.6.).

               Star­power an der Staats­oper

               Auch die Ko­mi­sche Oper er­öff­net am 29. Au­gust mit ei­ner Ödi­pus-Oper, mit Ge­or­ge En­‐
               es­cus „Œdi­pe“, in­sze­niert von Ev­geny Ti­tov – die Vor­freu­de ist ge­dämpft, weil En­es­cu ei­‐
               ner der Kom­po­nis­ten ist, die zu ewi­ger Wie­der­ent­de­ckung ver­dammt schei­nen, sich
               aber nicht im Re­per­toire fest­set­zen. Das hat, wie bei Franz Schre­ker auch, meist ei­nen
               Grund. Of­fen­bachs „Or­pheus“-Tra­ves­tie setzt das Haus zu­dem noch Glucks klas­si­sche
               Ver­si­on des Stoffs an die Sei­te, die Da­mi­ano Mi­chie­let­to in­sze­niert (23.1.) – zu­sam­men
               mit der Wie­der­auf­nah­me von Mon­te­ver­dis „Or­feo“ (16.4.) aus Kos­kys ers­ter Spiel­zeit
               wird der le­gen­dä­re Sän­ger von al­len Sei­ten be­leuch­tet.

               Leoš Janácek ist der Sprung von der Wie­der­ent­de­ckung ins Re­per­toire ge­lun­gen: Die Ko­‐
               mi­sche Oper zeigt „Kat­ja Ka­ba­no­va“ in der Re­gie von Jet­s­ke Mi­jns­sen mit An­net­te Dasch
               in der Ti­tel­rol­le (27.11.). Die Staats­oper setzt gleich zwei Janácek-Pre­mie­ren an: „Die Sa­‐
               che Ma­kro­pou­los“, in­sze­niert von Claus Guth und di­ri­giert von Si­mon Ratt­le (13.2.), und
               ei­nen li­te­ra­risch-mu­si­ka­li­schen Abend, den Jür­gen Flimm aus Janáceks Mu­sik und Tex­‐
               ten von Bo­tho Strauß kon­zi­piert hat, Ti­tel: „Im Ne­bel Ein Licht“ (15.1.).

               Mit Pe­ter Eöt­vös’ „Slee­pless“ nach ei­nem Stück des für Opern gern aus­ge­schlach­te­ten
               nor­we­gi­schen Dra­ma­ti­kers Jon Fos­se hat die Staats­oper als ein­zi­ges Haus ei­ne Ur­auf­füh­‐
               rung für Er­wach­se­ne auf gro­ßer Büh­ne (28.11.). Und mit Chris­ti­an Josts „Die ara­bi­sche
               Nacht“ von 2007 ein sehr ak­tu­el­les Werk (14.4.) – in­des sind bei­de eher halb in­ter­es­san­te
               Kom­po­nis­ten, je­doch mit gro­ßer Opern­er­fah­rung. Zum Sai­son­schluss gibt es mit Puc­ci­‐
               nis „Tu­ran­dot“ noch ein­mal ganz gro­ße Oper (18.6.). Re­gie führt der als Büh­nen­bild­ner
               her­aus­ra­gen­de Phil­ip Stölzl, es di­ri­giert Zu­bin Meh­ta. Zu­sam­men mit An­na Netreb­ko in
               der Ti­tel­rol­le wird ge­ball­te Star­power auf­ge­bo­ten – man kommt nicht um­hin zu den­ken,
               dass der­lei in der Oper lei­der im­mer noch nicht un­wich­tig ist.

https://epaper.berliner-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/938064/14-15                                                  3/3
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            An­ge­la Mer­kel kommt nach Bay­reuth zu den Festspie­len

            Auch im letz­ten Jahr ih­rer Amts­zeit kommt Bun­des­kanz­le­rin An­ge­la Mer­‐
            kel (CDU) nach Bay­reuth zu den Festspie­len. Sie ge­hö­re zu den Pre­mie­ren­‐
            gäs­ten am Sonntag, teil­te die Stadt Bay­reuth am Donnerstag mit. Das
            Opern-Fes­ti­val be­ginnt nach der Absage im Vor­jahr mit ei­ner Neu-Insze­‐
            nie­rung des Wer­kes „Der flie­gende Hol­länder“. Lan­ge war un­klar, ob Mer­‐
            kel zu den Festspie­len reist. Wegen der Abstands­rege­lung dür­fen deutlich
            we­ni­ger Zuschauer als sonst ins Haus. (dpa)

https://epaper.berliner-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/938064/12-13
23.7.2021                                         https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/811131/12

       Zum Trost

       Die Kon­z ert­w o­c he der Salz­b ur­g er Fest­s pie­l e ist dem To­t en­g e­d en­k en ge­w id­m et

       VON R E I N ­H A R D J. B R E M ­B E C K

       Ver­l ässt der Rei­s en­d e den Salz­b ur­g er Bahn­h of, sieht er am an­d e­ren En­d e des Vor­p lat­z es ein selt­s am
       schmuck­l o­s es Be­t on­g e­b il­d e, ei­n en über­d i­m en­s io­n a­l en Tisch, dem ein Bein ganz fehlt. Ein an­d e­res
       Bein, das sieht der Rei­s en­d e erst beim Nä­h er­kom­m en, en­d et in ei­n em ban­d a­g ier­t en Me­t all­kopf, der
       die gan­z e Tisch­p lat­t e zu tra­g en scheint. Die­s es um­s trit­t e­n e und so­g ar ver­s pot­t e­t e Mo­n u­m ent ist
       schlicht und be­u n­r u­h i­g end, Heimo Zober­n ig hat es 2002 ge­s chaf­fen. Auf der Un­t er­s ei­t e der Plat­t e ist
       ein Schuld­e in­g e­s tänd­n is der Stadt ein­g ra­v iert, zu­l etzt steht ein Auf­r uf, sich dem Fa­s chis­m us zu wi­-
       der­s et­z en. Vom Salz­b ur­g er Bahn­h of wur­d en wäh­rend der deut­s chen Be­s at­z ungs­z eit Men­s chen in die
       Ver­n ich­t ungs­l a­g er de­p or­t iert.

       Die den Salz­b ur­g er Fest­s pie­l en vor­g e­s chal­t e­t e Ou­v er­t u­r e spi­r i­t u­e l­l e setzt eben­f alls bei der Er­i n­n e­-
       rungs­k ul­t ur an, für die es noch mehr Bei­s pie­l e im Stadt­b ild gibt. Das ist schon auf­f äl­l ig, zu­m al sich
       deut­s che Städ­t e kaum so of­fen­s iv zur Schuld be­ken­n en. Aber auch in Salz­b urg gibt es noch et­l i­c he
       Stra­ß en­n a­m en, die an Na­z is er­i n­n ern. Am kom­m en­d en Sonn­t ag will der dor­t i­g e KZ-Ver­b and/Ver­b and
       der An­t i­f a­s chis­t en den Her­b ert-von Ka­ra­j an-Platz, der Mann trat nicht nur ein­m al in die NS­DAP ein,
       in ei­n er sym­b o­l i­s chen Kunst­a k­t i­o n um­b e­n en­n en, der neue Na­m e wird erst bei der Ze­re­m o­n ie ver­k ün­-
       det.

       Der Pia­n ist und Ma­n a­g er Mar­k us Hin­t er­h äu­s er lei­t et die Fest­s pie­l e jetzt im fünf­t en Jahr. Hin­t er­h äu­-
       ser hat schon im­m er ein Fai­b le ge­h abt fürs Sinn­s tif­t en­d e, Wi­d er­s tän­d i­g e, Mo­d er­n e, Un­g e­wohn­t e,
       Spi­r i­t u­e l­l e. Die Kon­z ert­wo­c he wird im Ge­g en­s atz zum Haupt­p ro­g ramm auch von vie­l en mu­s ik­i n­t er­-
       es­s ier­t en Ein­h ei­m i­s chen be­s ucht, passt sie doch bes­t ens zu die­s er mit Kir­c hen durch­s etz­t en Hoch­-
       burg der Ge­g en­re­for­m a­t i­o n. Sie ist ei­n e der ge­n ia­l en Er­f in­d un­g en von Hin­t er­h äu­s ers die Kunst- wie
       Fi­n anz­g ren­z en spren­g en­d em Vor­g än­g er Alex­a n­d er Pe­rei­ra, aber sie ent­f al­t et jetzt erst ih­re vol­l e
       Strahl­k raft. Auch wenn ge­ra­d e nicht Hin­t er­h äu­s ers Lieb­l ings­kom­p o­n is­t en, al­l en vor­a n Lu­i ­g i No­n o
       und Karl­h einz Stock­h au­s en, auf dem Pro­g ramm ste­h en.

       Die dies­j äh­r i­g e Ou­ver­t u­re hat sich dem To­t en­g e­d en­ken ver­s chrie­b en. So wie in den vier hier be­s chrie­-
       be­n en gran­d io­s en Kon­z er­t en, die mit vie­l en un­b e­k ann­t en Meis­t er­s tü­c ken an zwei Ta­g en in Kol­l e­g i­e n­-
       kir­c he und Mo­z ar­t e­u ms­s aal nicht nur die Zei­t en vom Mit­t el­a l­t er bis zur Mo­d er­n e durch­wan­d ern,
       son­d ern auch die ent­fern­t es­t en Zo­n en Eu­ro­p as. So traf mit dem von Jor­d i Sa­vall mit seh­ren­d er In­-
       brunst di­r i­g ier­t en To­t en­o f­f i­z i­u m von Cristóbal de Mo­ra­l es spa­n i­s che Re­n ais­s ance­t rau­e r auf by­z an­t i­-
       nisch-or­t ho­d o­xe Ewig­keits­b e­t rach­t un­g en, die Di­r i­g ent Teo­d or Cur­rent­z is mit zwei Chor­for­m a­t io­n en
       sei­n er „mu­s i­c Ae­t er­n a“-Trup­p e in ei­n em zwei­s tün­d i­g en, pau­s en­l o­s en Kon­z ert bis nach Mit­t er­n acht
       bei Ker­z en­s chein in­t o­n ie­ren ließ.

       Ne­b en der mit­t el­a l­t er­l i­c hen Al­l es­kön­n e­r in Hil­d e­g ard von Bin­g en wa­ren auch der nea­p o­l i­t a­n i­s che Ba­-
       rock­m eis­t er An­t o­n io Lot­t i und der mo­d er­n e Gro­ß ­m eis­t er Györ­g y Li­g e­t i ver­t re­t en. Aber die meis­t en
       Kom­p o­n is­t en dürf­t en nur die al­l er­we­n igs­t en im Wes­t en ken­n en. Ganz egal, ob die Stü­c ke von An­d re­a s
       Moustoukis, Ba­l a­s i­o s Ie­reus oder Iako­b os Pe­l o­p on­n e­s i­o s Pro­t ops­a l­t es stam­m en, im­m er drückt sich
       da ei­n e ru­h i­g e und völ­l ig un­d ra­m a­t i­s che Spi­r i­t ua­l i­t ät aus, die so gar nichts ge­m ein hat mit dem für
       Salz­b urg ty­p i­s chen Ba­rock­ex­p res­s i­v i­t ät. Ent­s pre­c hend ver­h al­t en und rat­l os re­a gier­t e das Pu­b li­k um
       dann weit nach Mit­t er­n acht. Bei al­l en an­d e­ren Stü­c ken war der Bei­f all be­g eis­t er­t er. Vor ein paar Jah­-
       ren hat sich der Pia­n ist Igor Le­v it mit Fre­d e­r ic Rzew­s kis ein­s tün­d i­g em „The Peop­l e United Will Ne­ver
       Be De­fea­t ed“ ei­n en Rie­s en­e r­folg er­s pielt. Jetzt legt er mit der noch un­b e­k ann­t e­ren „Pas­s a­c a­g lia on

https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/811131/12                                                                                 1/2
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       DSCH“ ein mit 90 Mi­n u­t en noch län­g e­res Stück nach, ein ma­ß ­l o­s es und das Pu­b li­k um be­g eis­t ern­d es
       Kla­v ier­feu­e r­werk, vir­t u­o s, po­l i­t isch, zärt­l ich, vi­s io­n är, ex­p lo­s iv, grund­l e­g end to­n al und nie ver­s pon­-
       nen rät­s el­h aft. Der Kom­p o­n ist ist Ro­n ald Ste­ven­s on (1928-2015), der mit dem laut Pro­g ramm­h eft
       drei­h un­d ert­m al wie­d er­h ol­t en Vier-Ton-Mo­t iv D-Es-C-H sei­n e Ver­e h­r ung für den von den So­w jets oft
       be­d räng­t en Dmit­r i Scho­s ta­ko­w itsch kom­p o­n iert. Gleich­z ei­t ig kon­k ur­r iert er mit gro­ß en Kla­v ier­kom­-
       po­n is­t en­v ir­t uo­s en wie Liszt, Al­k an, Bu­s o­n i und bringt viel Ba­rock und Bach ein, bis hin zu ei­n er 20-
       mi­n ü­t i­g en Trip­p el­f u­g e, die zu­l etzt das schon von Hec­t or Ber­l i­o z aus­g e­s chlach­t e­t e gre­g o­r ia­n i­s che
       „Dies irae“ ein­a r­b ei­t et, mit der Ste­ven­s on der sechs Mil­l io­n en von den Na­z is er­m or­d e­t en Ju­d en ge­-
       denkt. Ein dun­kel lang­s a­m es „Ada­g is­s i­m o ba­roc­c o“ wird im­m er lau­t er und ge­h äm­m er­t er und fa­n al­-
       haf­t er. Es be­s chlie­ßt die­s es Wun­d er­werk, dem Igor Le­v it, die Salz­b ur­g er Fest­s pie­l e und ein be­g eis­t ert
       ju­b eln­d es Pu­b li­k um grö­ß­t e Auf­m erk­s am­keit ver­s chaf­fen.

       An­d ers ge­h en Oli­v i­e r Mes­s iaen und John Adams mit der Trau­e r um. Mes­s iaen ist gleich zwei­m al ver­-
       tre­t en. Das für Blä­s er und Schlag­werk kon­z i­p ier­t e „Et ex­p ec­t o re­s ur­rec­t ionem mour­t uo­r um“ be­k lagt
       die Welt­k riegs­o p­fer, es ent­f al­t et bei Di­r i­g ent Pa­b lo He­ras-Ca­s a­d o ei­n e stren­g e in­n e­re Wucht. Die
       scharf ins Ohr schnei­d en­d en Klän­g e, die apo­k a­lyp­t i­s chen Schlag­z eu­g erup­t io­n en wer­d en durch die
       hal­l i­g e Akus­t ik der Kol­l e­g i­e n­k ir­c he we­n i­g er ab­g e­m il­d ert, als zu ei­n er welt­u m­f as­s en­d en Kla­g e und
       An­k la­g e ver­d ich­t et. He­ras-Ca­s a­d o ver­b in­d et Nüch­t ern­h eit mit Ek­s ta­s e. Das ist ein mo­d er­n e­rer An­-
       satz als ihn die von Kla­r i­n et­t ist und Kom­p o­n ist Jörg Wid­m ann an­g e­f ühr­t e Trup­p e in Mes­s iaens „Qua­-
       tu­o r pour la fin du temps“ vor­l egt, es ist ei­n es sei­n er er­folg­reichs­t en Stü­c ke.

       Mes­s iaen war Ka­t ho­l ik und Syn­ä s­t he­s ist, Vo­g el­k un­d i­g er und In­d ien­f an, Far­b en- und Klangor­g i­e n­-
       lieb­h a­b er. Als Kriegs­g e­f an­g e­n er in Schle­s i­e n kom­p o­n ier­t e er 1941 mit dem „Qua­t u­o r“ ei­n e acht­s ät­z i­-
       ge Le­b ens­fei­e r, ei­n en Je­s us­j u­b el, ei­n e Klang­l it­u r­g ie. Gei­g e­r in Ali­n a Ibra­g i­m o­va, Cel­l ist Ni­c o­l as Alt­-
       sta­e dt und am we­n igs­t en Pia­n ist Fran­c es­c o Pie­m on­t e­s i setz­t en wie Wid­m ann auf den ganz gro­ß en
       ex­p res­s i­ven Aus­d ruck, dem je­d e Di­s tanz fern ist. Das ist alt­m eis­t er­l ich über­wäl­t i­g end, es bringt aber
       auch ei­n en Schuss Kitsch mit, vor dem Mes­s iaen nie ganz ge­feit ist. Und es ist dia­m e­t ral dem An­s atz
       des Streich­q uar­t etts Me­t a4 ent­g e­g en­g e­s etzt, das John Adams Shoa-Stu­d ie „Dif­fe­rent Trains“ küh­l er,
       über­l eg­t er und di­s tan­z ier­t er an­g e­h en. Die­s er An­s atz, der sehr viel zeit­g e­m ä­ß er wirkt, geht mit Adams
       un­e r­m üd­l i­c hen Klang­re­p e­t i­t io­n en, sei­n er Ma­s chi­n e­n ­ä s­t he­t ik und den Ton­b and­z u­s pie­l un­g en wun­-
       der­b ar zu­s am­m en. Das Stück er­i n­n ert von sei­n em The­m a (den in die To­d es­l a­g er fah­ren­d en Ver­n ich­-
       tungs­z ü­g e) und in sei­n er emo­t io­n al un­t er­k ühl­t en Trau­e r­a r­b eit an Heimo Zober­n igs An­t i­f a-Denk­m al
       vor dem Bahn­h of. Viel­l eicht lässt sich der grö­ß­t e Schre­c ken eben nur jen­s eits gän­g i­g er Emo­t io­n a­l i­t ät
       künst­l e­r isch be­wäl­t i­g en.

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                          https://www.nytimes.com/2021/07/22/arts/music/don-giovanni-mozart-opera-salzburg.html

At Salzburg, Don Giovanni Gets No Pleasure From Seducing
A dark, enigmatic staging of Mozart’s opera brings together the director Romeo Castellucci and the conductor Teodor Currentzis.

By Ben Miller

July 22, 2021

SALZBURG, Austria — “Chi son io, tu non saprai,” the stage director Romeo Castellucci said during a recent interview in the lobby of the Salzburg Festival’s
main theater. He smiled and gestured to an interpreter, who gave the translation: “You will never know who I am.”

The phrase is part of the title character’s entrance line in Mozart’s “Don Giovanni,” and announces the work’s strangeness and ambiguity, the way it shifts
between comedy and tragedy. Few stage directors would seem better able to explore and honor its mysteries than Castellucci, who emerged from the world of
experimental theater to produce an ongoing series of abstract and enigmatic opera productions.

His staging of “Don Giovanni,” then, is a highly anticipated meeting of work and director. Its premiere, on July 26, will be broadcast live on Austrian
television, and the Aug. 7 performance will be streamed online.

Also much anticipated is the first from-scratch collaboration between Castellucci and the conductor Teodor Currentzis, who have separately provided some of
the Salzburg Festival’s most acclaimed events in recent years. Their “Giovanni” will be unusual — with collapsing churches, falling cars and pianos, a live rat
and other extreme images. But Markus Hinterhäuser, Salzburg’s artistic director, said that it is not merely inflammatory.

“There is nothing more boring than that,” Hinterhäuser said. “This is provocation in an epiphenomenal way: creating spaces of perception, of resonance, of
seeing. That is the provocation that is actually interesting.”

The festival, which last year was one of the first European performing arts institutions to resume live performances, is now pioneering a return to
prepandemic scale. (“Giovanni,” part of a centennial season originally set for last summer, is among a group of postponed productions.) While many theaters
are still blocking out seats, Salzburg is selling — and, in most cases, selling out — its theaters at full capacity. Attendees will be required to be vaccinated,
tested or recently recovered from a coronavirus infection; masks were originally not to be required, but now are after an audience member tested positive
following an outdoor performance of the play “Jedermann.” And artists are being regularly tested.

Castellucci’s concept revolves around the desire to re-enchant — to respect the mystery of — the myth of Don Juan (Don Giovanni in the opera’s Italian). “The
stupidest and most superficial thing you could do would be to turn him into some kind of Latin lover,” he said, proposing Giovanni instead as the principle of
life itself, an element of chaos or disorder that is both feared and desired, violent and attractive.

“Even in the foundations of the myth,” Castellucci added, “he is someone who desires, who needs. And Mozart and Da Ponte” — Lorenzo Da Ponte, the work’s
librettist — “only show us his failures.”

It is significant that in the piece we never see this supposedly great seducer succeed. For Castellucci, then, Giovanni is representative of a childlike ego’s
search for love — “the melancholy of the satyr,” which this director understands as beating near the heart of Western culture.

Giovanni is searching not for endless women but for one woman, an impossibly ideal synthesis of incompatible forms of female perfection: mother, lover, prostitute.
Desperately searching for wholeness and salvation, he ends up destroying others, treating women only as objects.
Far from the stereotypical Casanova figure deriving pleasure from his conquests, this Don Giovanni is both victimizer and victim, pushed toward violence by the strength of his
desires and by his fear of the honest encounter with the other that is required in any loving relationship.
“I think he has some childhood trauma,” Davide Luciano, the Italian baritone who plays Giovanni, said in an interview. “I always thought that this was the true character; it’s
deeper and darker than just enjoying women. Casanova enjoys; Giovanni does not and cannot.”
In the famous “catalog aria” in the first act, Giovanni’s servant Leporello tells the abandoned (but still smitten) noblewoman Donna Elvira of his master’s many lovers — 1,003
in Spain alone. Often played for comedy, this sequence is for Castellucci something far more serious.
“This is a horrifying interaction,” he said, “in which humans are just numbers.” In response, Castellucci will fill the stage throughout the opera with 150 women who are not
professional actors or dancers. Trained in his precise gestural language by the choreographer Cindy van Acker, they will begin to trigger Giovanni’s downfall.

“The ‘mille tre’ will be invested with literal substance,” Castellucci said, “to turn the philosophy of the catalog upside-down by occupying all the space that is available, with
these women who have a body, an age, a biography, a name, a history — who are real persons.”
In the first act, Giovanni will brutalize and dominate these women. As the second act progresses, though, they will begin to take control, eventually leading him to hell.
Mozart, born here in 1756, is Salzburg’s favorite son, and in 1922, “Don Giovanni” was the festival’s first opera production — conducted by the great composer Richard Strauss,
with the Vienna Philharmonic, which is still the house orchestra, in the pit. This year, for the first time, the opera will be played here by an ensemble other than the
Philharmonic: Currentzis leads his devoted MusicAeterna, which has been heard at Salzburg in Mozart’s “La Clemenza di Tito” and “Idomeneo” and made its name with a cycle
of recordings of the three Mozart-Da Ponte operas.
“I have a very certain theory about the sound of ‘Don Giovanni,’” Currentzis said in an interview after a rehearsal, “rooted in Salzburgian church music.”
“It’s a polystylistic opera,” he added, referring to the score’s combination of tropes from severe opera seria and jovial opera buffa, added to orchestrations that recall religious
music. “I wouldn’t say it’s a prefiguration of Romanticism; it is already Romantic. Rather, he goes straight to contemporary music, straight to Alban Berg.”
For Currentzis, the work’s female characters reflect different styles of female singer: Donna Anna, for example, seems to have arrived from an opera seria and Zerlina, a peasant
girl, from an opera buffa. In Don Giovanni’s sexual and emotional scheme, Elvira represents the mother; Anna, the lover; and Zerlina, the prostitute.

https://www.nytimes.com/2021/07/22/arts/music/don-giovanni-mozart-opera-salzburg.html                                                                                           1/3
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These musical and psychological relationships, Currentzis believes, can only be brought out through historically informed performance. He has the players
tune their A to 430 Hz, a quarter-tone lower than contemporary orchestras’s standard performance pitch.

“It’s obviously better,” Currentzis said. “Mozart composed music at 430 Hz; that was the pitch of the time. When he made the plan of the tonality, he knew
exactly what he wanted to give brightness and darkness.”

“If you transpose everything a quarter-tone up,” he added, “all the spectral stuff is completely different.”

The precision of his work with intonation extends to Currentzis’s expectations of singers and their tone. “It is very simple,” he said. “You have a very tight
polyphonic structure, and if everything is not precise, everything collapses. We have a Romantic type of singing that came in with the 20th century, and then
singers brought this Romantic approach to the operas of Mozart, and to polyphonic music. When the voices have less vibrato, this helps me to make the
architecture.”

In his recordings, the difference in vocal production from the norm — even more dramatic than what one normally hears in historically informed
performances — is immediately audible: harder consonants; very soft and often almost whispered singing; a great deal of straight, vibrato-less tone.
Currentzis insists that even in the Grosses Festspielhaus, which seats more than 2,100, all this will be audible.

“You don’t have to have the singer sing louder,” he said. “The orchestra can also play softer.”

The singers seem overjoyed rather than upset by the demands. “It’s the greatest thing in the world,” said the tenor Michael Spyres, who plays Don Ottavio. “It
needs to be alive, and it needs to be flexible. Mozart is the farthest thing from stiffness.” The lower pitch, he added, helps the singers to access more vocal
colors; Luciano, the Giovanni, said he could pronounce words better at this tuning.

“Normally I work with great conductors,” Luciano said, “but they don’t always know about singing technique. Teodor knows about singing.”

He added that he had been “a little bit afraid” to work with Currentzis and Castellucci, both of whom have well-earned reputations for rigor. But Luciano said
that the atmosphere has been “very serene” and that Castellucci “never asks for strange or uncomfortable positions for singers. He is always at our service
for the singing, for the music.”

At the end of the interview, Castellucci discussed the opera’s finale: a sextet of the plot’s survivors, celebrating the downfall of the central antihero. “We hear
how they try to reconstitute society without Don Giovanni,” he said. “But we feel in this joyous music a terrible nostalgia for this person, because of the
principle of life that he represented. Heidegger said that the artist is a problematizer, someone who creates problems. That, I think, is a wonderful definition of
the whole process.”

Currentzis felt similarly, despite the presentation of the title character in all his tortured darkness. “The audience will criticize him during the intermission,”
he said. “But in the hall, they want to be him. Don Giovanni does what they want. He has the guts to actually do it.”

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        F.A.Z. - Feuilleton                                                                                        Freitag, 23.07.2021

                                              Aus lauter Lust am Bösen
        Die Festspiele am See eröffnen im Haus mit der Oper „Nerone“ von Arrigo Boito.
        Von Werner Müller Grimmel, Bregenz

        Warum wird Arrigo Boitos Oper über den römi­schen Kaiser Nero bis heute so selten gespielt? Liegt es
        daran, dass sie unvoll­endet blieb und erst 1924 – sechs Jahre nach dem Tod des Kompo­nis­ten – aus der
        Taufe geho­ben wurde? Immer­hin war das bereits 1862 begon­ne­ne Opus magnum, an dem Boito quasi
        lebens­lang immer wieder gear­bei­tet hatte, am Ende so weit gedie­hen, dass sich der Diri­gent Arturo
        Tosca­ni­ni daran­ma­chen konnte, zusam­men mit Anto­nio Smare­glia und Vincen­zo Tomma­si­ni eine
        auffüh­rungs­fä­hi­ge Fassung zu erstel­len. Tosca­ni­ni, der das Stück in Mailand ohne den fünf­ten Akt auf
        die Bühne brach­te, hat sich auch später noch dafür einge­setzt. Warum also hat es sich trotz solch
        promi­nen­ter Fürspra­che im Reper­toire nicht behaup­ten können? Bei den Bregen­zer Fest­spie­len, die
        jetzt mit Boitos „Nerone“ eröff­net worden sind, konnte man sich knapp drei Stun­den lang Gedan­ken
        über diese Fragen machen.

        Boito hat obses­siv mit dem Stoff gerun­gen, aber auch nach mehr als einem halben Jahr­hun­dert nicht in
        eine endgül­ti­ge Form zu brin­gen vermocht. Schon für das selbst verfass­te Libret­to hat er jahre­lan­ge
        Studi­en getrie­ben. Dabei ging es ihm nicht um einen Histo­ri­en­schin­ken im Opern­ge­wand. Dieser Nero
        verrät viel über seinen Erfin­der, kommt als Möch­te­gern-Nietz­sche daher, der mora­li­sche Werte hinter­-
        fragt. Boito, 1842 gebo­ren, pfleg­te schon als junger Künst­ler und Intel­lek­tu­el­ler eine Bürger­schreck-
        Atti­tü­de, feier­te freie Liebe und neigte zu liber­tä­rer Verklä­rung des „Bösen“. Der oft über­ar­bei­te­te Text
        koppelt über­lie­fer­te und fikti­ve Episo­den aus dem Leben des Kaisers, konfron­tiert tradi­tio­nel­le römi­-
        sche Reli­gi­on und aufkom­men­des Früh­chris­ten­tum, thema­ti­siert den Brand Roms und im geplan­ten
        fünf­ten Akt den Wahn­sinn Neros.

        Auch die Parti­tur hat Boito viel­fach umge­ar­bei­tet und drei Akte selbst instru­men­tiert, geplan­te Urauf­-
        füh­run­gen aber wieder­holt zurück­ge­zo­gen. Könnte es sein, dass er mit „Nerone“ nicht fertig wurde, weil
        er mit seiner Titel­fi­gur im Unrei­nen war? Weil er keine Lösung fand für das Problem ihrer Idea­li­sie­-
        rung? Weil er spürte, dass seine unter­schwel­li­ge „sympa­thy for the devil“ ihm im Weg war? Auch die
        ande­ren Figu­ren des Stücks sind zwie­späl­ti­ge, merk­wür­dig wäch­ser­ne Wesen, die selt­sam kalt­las­sen.
        Boito hat viel hinein­ge­packt in das Stück, wollte „alles rich­tig und perfekt machen“. Bei der Bregen­zer
        Auffüh­rung dräng­te sich zuneh­mend der Eindruck auf, dass er sich mit seinem Traum vom voll­kom­me­-
        nen Kunst­werk selbst gelähmt und letzt­lich über­for­dert hat. Auch musi­ka­lisch konnte er innere Wider­-
        sprü­che seiner ambi­tio­nier­ten Zeit­dia­gno­se nicht auflö­sen. Trotz bril­lant gezo­ge­ner Regis­ter im Detail
        wirken manche Szenen geküns­telt, andere über­dehnt.

        Dirk Kaftan legt sich am Pult der Wiener Sympho­ni­ker mäch­tig ins Zeug für Fein­hei­ten der Parti­tur, die
        harmo­nisch und melo­disch vom Gegen­satz chro­ma­tisch gezeich­ne­ter heid­nisch-anti­ker Welt und diato­-
        nisch gefärb­ten, klar struk­tu­rier­ten Klän­gen für das neue Chris­ten­tum lebt. Dazu kommen atmo­sphä­-
        risch zauber­haf­te Momen­te in schar­fem Kontrast zu schmerz­brül­lend einschla­gen­den Bläser- und
        Schlag­werk­at­ta­cken, präfa­schis­tisch anmu­ten­des Pathos bei der Verherr­li­chung bruta­ler Gewalt und
        blas­phe­misch getön­te Kombi­na­tio­nen von Gebets­kitsch und frivo­ler Beschwö­rung sinn­li­cher Liebe, die
        sich Boito nicht verknei­fen wollte. Von quasi orien­ta­li­schem Melos ist hinge­gen wenig zu hören. Insge­-
        samt fehlt dem Stück die musik­thea­tra­li­sche Schlag­kraft des von Boito bewun­der­ten Kolle­gen Giusep­pe
        Verdi.

        Olivi­er Tambo­sis Insze­nie­rung zieht Paral­le­len zwischen den deka­den­ten Umbruch­zei­ten im nach­au­-
        gus­tei­schen Rom und in Europa vor dem Ersten Welt­krieg. Gesine Völlms fanta­sie­vol­le Kostü­me sind
        allent­hal­ben mit Blut beschmiert, zitie­ren aber gele­gent­lich auch die frühe Musso­li­ni-Zeit. Auf Frank
        Phil­ipp Schlöss­manns Bühne drehen sich laby­rin­thisch verschach­tel­te Räume. Spie­gel­wän­de und
        Rotlicht­flä­chen erzeu­gen ein verwir­ren­des Spiel perma­nen­ter Täuschun­gen. Schau­en wir hier in den
https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467351/16                                                                               1/2
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        Kopf eines größen­wahn­sin­ni­gen Narziss­ten, der Eroti­sie­rung von Folter, Sadis­mus und Tod als ästhe­ti­-
        sche Genuss und wert­freie Lust feiert? Tambo­si will eine „Gesamt­an­sicht des Mensch­seins“ entfal­ten.
        Spätes­tens nach den Kata­stro­phen des zwan­zigs­ten Jahr­hun­derts weckt solcher Flirt mit einem rela­ti­-
        vie­ren­den „Jenseits von Gut und Böse“ Unbe­ha­gen.

        Rafael Rojas irrt als geschmei­dig singen­der Nero durch all die Kammern seiner beschä­dig­ten Seele und
        findet sich immer weni­ger zurecht. Ihn plagt das Gewis­sen wegen der Ermor­dung seiner Mutter Agrip­-
        pi­na. Voller Selbst­mit­leid stili­siert er sich als Orest, Opfer eines schick­sal­haf­ten Verhäng­nis­ses. Brett
        Pole­ga­to als Prophet Fanuèl wirbt mit betö­ren­dem Bari­ton für unei­gen­nüt­zi­ge Liebe. Bei Spit­zen­tö­nen
        kommt er stel­len­wei­se an Gren­zen. Tambo­si denun­ziert ihn als bärtig-lang­haa­ri­gen Ersatz-Jesus mit
        Dornen­kro­ne, salbungs­voll in fast süßli­ches Es-Dur gehüllt. Seinen Gegen­spie­ler verkör­pert Lucio Gallo
        als heid­ni­scher Zaube­rer Simon Mago.

        Dämo­nisch ficht er seinen voka­len Kampf auf Leben und Tod mit riesi­gen schwar­zen Flügeln, die doch
        nur raffi­niert verbor­ge­ner Tech­nik gehor­chen. Mit flam­men­den Sopran­kas­ka­den frönt Svet­la­na Akse­-
        no­va als maso­chis­ti­sche Aste­ria ihrer perver­sen Vorlie­be für Neros Grau­sam­keit. Dass Mago ausge­rech­-
        net sie mit Peit­sche als Domina-Göttin auf den Dikta­tor ansetzt, geht gräss­lich schief. Ales­san­dra Volpe
        als Rubria im Zwie­spalt zwischen altem Kult und neuem Naza­re­ner­tum, das rest­li­che Solis­ten­en­sem­ble
        und der Prager Phil­har­mo­ni­sche Chor tragen zu einer musi­ka­lisch eindrucks­vol­len, im szeni­schen
        Kontext jedoch insge­samt uner­sprie­ß­li­chen Auffüh­rung bei.

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23.7.2021                                      https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476751/20-21

       Freitag, 23.07.2021, Tagesspiegel / Kultur

       NACHRICHTEN

       Frankreich und Russland

       bei Baden-Badener Festspielen

       Corona zum Trotz startet das Festspielhaus Baden-Baden bei den Herbstfestspielen ab
       September wieder durch – beginnend mit 500 Besuchern pro Vorstellung. Je nach
       Corona-Lage soll in dem mit 2500 Plätzen größten deutschen Opernhaus aufgestockt
       werden. Auf dem Programm steht Mozarts Oper „Idomeneo“. Anfang Oktober
       präsentieren John Neu-meier und das Hamburg Ballett Klassiker und Neuproduktionen,
       darunter „Tod in Vene-dig“ und „Ein Sommernachtstraum“. Der Choreograf will ein
       Tanzfestival in der Kurstadt etablieren. Im November folgt konzertant Tschaikowskys
       Oper „Mazeppa“ mit den Berli-ner Philharmonikern. Die jährlichen Dezember-Gastspiele
       mit dem St. Petersburger Diri-genten Waleri Gergijew und der Mariinski-Truppe sollen
       zum „Russland“-Festival avancie-ren, mit Konzerten und Ballett-Klassikern wie
       „Nussknacker“ und „Schwanensee“. dpa

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             KULTUR                                                                                  SEITE 9 | FREITAG 23. JULI 2021

             Hilfsprojekt #hierspieltdiemusik zieht
             positive Bilanz
             Das Hilfsprojekt #hierspieltdiemusik, ins Leben gerufen
             für durch die Coronakrise in Not geratene professionelle
             Musikerinnen und Musiker in Berlin, hat eine positive
             Bilanz gezogen. Insgesamt habe eine Fördersumme von
             436.000 Euro ausgeschüttet werden können, teilten die
             Initiatoren mit. Insgesamt seien 527 Anträge eingegan-
             gen. Das Geld habe bereits Anfang Juli an die Begünstig-
             ten ausgezahlt werden können.
             Gemeinsam mit dem Verein Berliner Kaufleute und In-
             dustrieller (VBKI) haben Unternehmen der Berliner Im-
             mobilienwirtschaft auf Initiative von Gesobau und Engel
             & Völkers das Nothilfe-Projekt ins Leben gerufen und
             Spendengelder eingesammelt. Die Mittel stammen vor-
             wiegend aus Spenden der Berliner Immobilienwirtschaft
             sowie von Privatpersonen. Ziel war es dabei, Berliner
             Musikschaffende in schweren Zeiten zu unterstützen und
             damit einen Beitrag zum Erhalt der kreativen Kraft der
             Stadt zu leisten. Betroffene Künstlerinnen und Künstler
             konnten dafür im Zeitraum 10. Mai bis 13. Juni eine För-
             derung beantragen. BM

             Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten.

https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/995/articles/1413178/9/1                                     1/1
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               Freitag, 23. Juli 2021, Berliner Zeitung /

               Herein zum Protest
               HARRY NUTT

               K
                          aum eröffnet, fallen die Riegel schon wieder ins Schloss. Zumindest für
                          all jene, die nicht alert genug waren, für die Erstbesichtigung des Hum‐
                          boldt-Forums eines der begehrten Zeitfenstertickets zu lösen. Die
                          Nachfrage ist riesig, weit über den Juli hinaus sind die Ausstellungen
               ausgebucht. Statt der vorgesehenen Kapazität von 10.000 Besuchern pro Tag kön‐
               nen aufgrund der Corona-Beschränkungen lediglich 2400 Personen eingelassen
               werden.

               Das ist nicht zuletzt auch für die Stiftung Humboldt-Forum sowie deren drei aus‐
               stellende Partner, das Berliner Stadtmuseum, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz
               und die Humboldt-Universität, ein Dilemma. In Berlins Mitte ist ein imposantes
               neues Kulturareal entstanden, aber anstelle der neugierigen Aneignung der Räume
               durch die Bevölkerung kann die Begehung derzeit nur in homöopathischer Dosie‐
               rung stattfinden. Jeder weitere Verweis auf Videopanoramen und digitale Rund‐
               gänge vergrößert nur die Frustration.

               Dabei gibt es wirklich genug zu sehen. Während eines Schnelldurchlaufs am ver‐
               gangenen Montag war ich mir des Privilegs, das Pressevertretern gewährt wurde,
               leider nicht bewusst. Die Ausstellung „schrecklich schön“ über die problematische
               und brutale Geschichte der Verwendung von Elfenbein lädt ein zur Versenkung ins
               Detail. Und immer fordern kleine Schubvorrichtungen dazu auf, sich der Proveni‐
               enzgeschichte des jeweiligen Gegenstands zu vergewissern. Auf jedem Quadratme‐
               ter scheint das Humboldt-Forum sagen zu wollen: Wir denken unsere besondere
               Rolle und Verantwortung stets mit.

               Davon möchten die Macher der Ausstellung „Re-Move-Schloss“ im Projektraum
               Museum Tropicana am Spreeufer gegenüber nichts wissen. Hier wird an die lange
               Protestgeschichte gegen das Humboldt-Forum erinnert. „Ich mach nicht mit, weil
               das Humboldt-Forum ein Kreuz an der Waffel hat“ steht auf einem Plakat. Ein an‐
               deres moniert, Preußen reime sich nicht auf Berlin. Dass der Protest in den großen
               Bau von Franco Stella kurzerhand integriert werden soll, findet man nicht gut.

https://epaper.berliner-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/938064/12-13                                                  1/1
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