Steuerwegweiser für Erbschaften und Schenkungen - Hessische ...
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Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, die privaten Haushalte in Deutsch- Diese Broschüre soll Ihnen die steu- land besitzen – das zeigen statisti- erlichen Aspekte einer Erbschaft sche Quellen – ein erhebliches Net- oder Schenkung erläutern. Beispiele tovermögen, zum Beispiel in Form helfen dabei, die nicht immer ganz von Sparguthaben, Aktien oder Im- einfachen Regelungen zu verstehen mobilien. und auf den eigenen Fall anwenden zu können. Dies bedeutet auch ein immenses Potenzial für Vermögensübergänge Für weitere Fragen stehen Ihnen die von der einen auf die nächste Ge- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der neration, eben durch Erbschaft oder in Kapitel VI.3 aufgeführten Finanz- Schenkung. Dabei tauchen nicht sel- ämter gerne zur Verfügung. ten wichtige Fragen auf, etwa welche steuerlichen Folgen mit einem Erb- Mit freundlichen Grüßen oder Schenkungsfall einhergehen. Zum Beispiel, mit welchem Wert ein geerbtes Haus zu erfassen ist, welche Steuerbefreiungen es gibt oder wie hoch der Steuersatz ist. Michael Boddenberg Die Sorge vor einer hohen Steuer- Hessischer Finanzminister last ist in vielen Fällen unbegründet, denn gerade bei Vermögensübertra- gungen auf die Kinder führen hohe Freibeträge und niedrige Steuer- sätze oftmals dazu, dass keine Steu- ern oder nur eine geringe Steuer entsteht. 2
Einleitung Zur verständlichen Darstellung der erklärungsvordrucken zugesandt wird. für die Erbschaft- und Schenkung- Die folgenden Ausführungen berück- steuer maßgeblichen Vorschriften sichtigen den Stand des Erbschaft- sind die Informationen in diesem steuer- und Schenkungsteuergeset- Wegweiser auf das Wesentliche be- zes zum 1. Januar 2021 sowie des schränkt und in einer möglichst pra- Bewertungsgesetzes zum 1. Januar xisorientierten Form dargestellt. Zu 2021. diesem Zweck • sind die einzelnen Themenberei- Dieser Wegweiser wird Ihnen aufgrund che nach dem in Kapitel I.3 dar- der Komplexität des Erbschaft- und gestellten Schema zur Ermittlung Schenkungsteuerrechts sowie des der Erbschaftsteuer angeordnet Bewertungsrechts nicht alle Fragen und beantworten können; er erhebt da- • kann man jeweils am Ende der Ka- her auch keinen Anspruch auf Voll- pitel Hinweise auf weitergehende ständigkeit und gibt keine rechtsver- Informationsquellen / Fundstellen bindlichen Informationen.Bezüglich finden. der steuerlichen Aspekte Ihrer per- sönlichen Erb- und Schenkungsan- Beim Ausfüllen der Erbschaftsteuer- gelegenheiten sollten Sie im Zwei- bzw. Schenkungsteuererklärungsvor- felsfall den Rat eines Steuerberaters drucke hilft Ihnen eine besondere An- einholen. leitung, die zusammen mit den Steuer- 3
Inhaltsverzeichnis I. Grundsätzliches zur Erbschaft- und Schenkungsteuer 6 1 Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer 6 – zwei Namen für die gleiche Steuer 2 Wer zahlt Erbschaftsteuer? 6 3 Schritte zur Berechnung der Erbschaftsteuer 7 II. Die Bewertung des der Erbschaftsteuer unterliegenden Vermögens 8 1 Bewertungsmaßstab „gemeiner Wert“ 8 2 Grundvermögen 9 2.1 Bewertung unbebauter Grundstücke 10 2.2 Bewertung bebauter Grundstücke 10 2.2.1 Vergleichswertverfahren 11 2.2.2 Ertragswertverfahren 11 2.2.3 Sachwertverfahren 13 2.3 Niedrigerer gemeiner Wert 16 3 Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften 17 4 Land- und forstwirtschaftliches Vermögen 19 5 Übriges Vermögen 20 6 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 21 III. Die Ermittlung der Erbschaftsteuer 22 1 Abzug von Nachlassverbindlichkeiten, Schulden und Lasten 22 2 Hinzurechnung der Vorerwerbe 24 3 Steuerbefreiungen 26 3.1 Zugewinnausgleichsfreibetrag für Ehegatten 26 und Lebenspartner 3.2 Hausrat, PKW, Schmuck, Kulturgüter, 28 Gebäude unter Denkmalschutz usw. 3.3 Familienheime 29 3.3.1 Schenkung eines Familienheims an den Ehegatten 29 oder Lebenspartner 3.3.2 Vererbung eines Familienheims an den Ehegatten 30 oder Lebenspartner 3.3.3 Vererbung eines Familienheims an Kinder 30 4
3.4 Unentgeltliche Pflege 31 3.5 Vermögensrückfall 31 3.6 Übliche Gelegenheitsgeschenke 31 3.7 Spenden für gemeinnützige oder kirchliche Zwecke, 32 an Parteien und freie Wählervereinigungen 3.8 Begünstigung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- 33 und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften im Wert bis zu 26 Millionen Euro 3.8.1 Wie hoch ist die Begünstigung? 33 3.8.2 Welches Vermögen ist begünstigungsfähig? 34 3.8.3 Welches Vermögen ist nicht begünstigungsfähig? 35 3.8.4 Unter welchen Voraussetzungen wird die Vergünstigung 36 gewährt und wann wird sie nachträglich rückgängig gemacht? (Verschonungsvoraussetzungen) 3.8.5 Optionsrecht für höheren Verschonungsabschlag 41 3.9 Begünstigung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke 41 3.10 Versorgungsfreibetrag für den Ehegatten, Lebenspartner 42 oder für Kinder unter 27 Jahren 4 Steuerklassen, persönliche Freibeträge und Steuersätze 44 4.1 Steuerklassen 44 4.2 Persönliche Freibeträge 45 4.3 Steuersätze 46 5 Beispiel für die Besteuerung eines Erbfalls 47 IV. Weitere Hinweise 49 1 Ermäßigung der Einkommensteuer bei Belastung 49 mit Erbschaftsteuer 2 Pflichten gegenüber dem Finanzamt 50 3 Adressen der Erbschaftsteuerfinanzämter 52 4 Hinweise zur Errichtung von Testamenten 53 Weitere Publikationen des Hessischen Ministeriums der Finanzen 54 Anmerkungen zur Verwendung 55 5
I. Grundsätzliches zur Erbschaft- und Schenkungsteuer 1 Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer – zwei Namen für die gleiche Steuer Erbschaftsteuer und Schenkung- Aus Vereinfachungsgründen wird im steuer sind zwei Begriffe für eine nachfolgenden Text nur der Begriff einheitliche Steuer, die unentgeltli- „Erbschaftsteuer” verwendet. che Zuwendungen betrifft. Wo geregelt? Sie wird weitgehend nach denselben § 3 und § 7 Erbschaftsteuer- und Regeln erhoben – ganz gleich, ob Schenkungsteuergesetz eine Zuwendung unter Lebenden Abschnitt R E 3.1 und R E 7.1 Erb- (= Schenkung) erfolgt oder ein schaftsteuer-Richtlinien 2019 Nachlass (im Erbfall) anfällt. 2 Wer zahlt Erbschaftsteuer? Die deutsche Erbschaftsteuer ist als Aus dieser persönlichen Anbindung an sogenannte Erbanfallsteuer ange- den Zuwendungsempfänger heraus ist legt. D. h., nicht der Nachlass oder auch zu verstehen, dass der Fiskus zu- das Geschenk als solches wird be- nächst den Erben oder Beschenkten für steuert, sondern die Zuwendung, die Erbschaftsteuer in Anspruch nimmt die beim Erben oder Beschenkten – im steuerlichen Fachjargon „Steuer- ankommt. schuldner” genannt. Erst wenn es Pro- bleme bei der Zahlung gibt, wendet Dies ist ein wichtiger Aspekt. Denn sich das Finanzamt zusätzlich an den eine Erbanfallsteuer kann immer auf Schenker. die persönlichen Umstände der Zu- wendung eingehen und danach das In den Fällen, in denen der Erbe oder Ausmaß des Steuerzugriffs dosieren. der Beschenkte das erworbene Vermö- Die deutsche Erbschaftsteuer sieht gen gleich weiterschenkt, haftet der beispielsweise vor, das Erbe der hin- neue Eigentümer in Höhe des Werts terbliebenen Ehefrau oder der Kin- der Zuwendung persönlich für die der geringer zu besteuern als den Steuern. Erbanfall eines Neffen, dessen „Be- Wo geregelt? reicherung” qualitativ sehr viel hö- § 20 Erbschaftsteuer- und her zu veranschlagen ist und folglich Schenkungsteuergesetz auch höher besteuert wird. 6
3 Schritte zur Berechnung der Erbschaftsteuer Das folgende Schema zeigt Ihnen die einzelnen Schritte zur Berechnung der Erbschaftsteuer bei einem Erbfall auf. Es soll Ihnen gleichzeitig als Orientie- rungshilfe bei den nachfolgenden Erläuterungen dienen. Gesamtwert des Vermögensanfalls (Wertansätze siehe Kapitel II.), ./. Nachlassverbindlichkeiten (siehe Kapitel III.1) = Reinnachlass/Bereicherung – wird nach der Erbquote auf die Erben aufgeteilt Anteil des Erben am Reinnachlass + Vorerwerbe in den letzten 10 Jahren (siehe Kapitel III.2) ./. Steuerbefreiungen (siehe Kapitel III.3) ./. persönliche Freibeträge (siehe Kapitel III.4.2) = steuerpflichtiger Erwerb x Steuersatz je nach Steuerklasse (siehe Kapitel III.4.1 und III.4.3) = Erbschaftsteuer ./. Erbschaftsteuer auf Vorerwerbe (siehe Kapitel III.2) = festzusetzende Erbschaftsteuer Wo geregelt? §§ 10 Absatz 1 und 14 Erbschaft- steuer- und Schenkungsteuergesetz Abschnitte R E 10.1 – 13 und R E 14.1 – 3 Erbschaftsteuer- Richtlinien 2019 7
II. Die Bewertung des der Erbschaftsteuer unterliegenden Vermögens 1 Bewertungsmaßstab „gemeiner Wert“ Der erste Schritt zur Ermittlung der sönliche Verhältnisse wie z. B. Verfü- Erbschaftsteuer ist, den geerbten gungsbeschränkungen. oder geschenkten Vermögensge- genständen und den ggf. davon ab- Zur Ermittlung des gemeinen Wertes zuziehenden Schulden einen Wert von Grundvermögen, Betriebsvermö- beizumessen. gen und Anteilen an Kapitalgesell- schaften gibt es besondere Bewer- Beim Geldvermögen (z. B. Spargut- tungsverfahren. Diese sind aufgrund haben, Bargeld, Darlehensforderun- der Vorgabe des Bundesverfassungs- gen) ist diese Wertfindung einfach, gerichts zur verkehrswertnahen Be- da es hier einen Nennbetrag oder wertung jedoch notwendigerweise Nennwert in Euro oder in fremder sehr komplex. Sie werden daher in den Währung gibt, die in Euro umgerech- nachfolgenden Kapiteln nur in ihren net werden kann. wesentlichen Grundzügen dargestellt. Sachvermögen (z. B. Grundstücke, Detaillierte Erläuterungen sind auf- Betriebe, Aktien) oder Rechte (z. B. grund des begrenzten Umfangs dieser Nießbrauchs- oder Wohnrechte, Ren- Broschüre leider nicht möglich. tenstammrechte), bei denen es kei- nen solchen direkten Wertbezug gibt, Bei Zweifelsfragen hilft Ihnen das müssen zunächst bewertet werden. für Sie zuständige Erbschaftsteuer- finanzamt (siehe Kapitel IV.3) gerne Bewertungsgrundsatz für alle Ver- weiter. mögensgegenstände ist der ge- meine Wert. Dies ist der Preis, der Wo geregelt? im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirt- § 9 Bewertungsgesetz schaftsgutes bei einer Veräußerung Abschnitte R B 9.1 – 5 Erbschaft- zu erzielen wäre. Man bezeichnet ihn steuer-Richtlinien 2019 daher auch als Verkehrswert. § 12 Erbschaftsteuer- und In den gemeinen Wert fließen alle Schenkungsteuergesetz den Preis eines Wirtschaftsguts be- Abschnitte R E 12.1 – 3 Erbschaft- einflussenden Umstände ein, nicht steuer-Richtlinien 2019 jedoch ungewöhnliche oder per- 8
2 Grundvermögen Zum Grundvermögen gehören insbesondere der Grund und Boden, die Gebäude und das Wohnungs- und Teileigentum, soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder Betriebsvermögen handelt. In der nachfolgenden Tabelle ist dargestellt, welche Bewertungsverfahren es für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens – die Grundstücke – gibt: Grundstücksart Bewertungsverfahren 1. unbebaute Grundstücke Grundstücksfläche x Bodenrichtwert (siehe 2.1) 2. bebaute Grundstücke a) Ein- und Zweifamilienhäuser Vergleichswertverfahren (siehe 2.2.1) oder b) Wohnungs- und Teileigentum Sachwertverfahren, wenn kein Ver- gleichswert vorliegt (siehe 2.2.3) c) Mietwohngrundstücke Ertragswertverfahren (siehe 2.2.2) d) Geschäftsgrundstücke und Ertragswertverfahren (siehe 2.2.2) gemischt genutzte Grundstücke oder Sachwertverfahren, wenn sich keine übliche Miete ermitteln lässt (siehe 2.2.3) Wo geregelt? § 12 Absatz 3 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz §§ 176 ff Bewertungsgesetz Abschnitte R B 176 ff Erbschaft- steuer-Richtlinien 2019 9
2.1 Bewertung unbebauter Grundstücke Der Wert unbebauter Grundstücke Wo geregelt? ergibt sich durch Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem letzten, § 179 Bewertungsgesetz vor dem Besteuerungszeitpunkt vom Abschnitte R B 179.1 – 3 Erbschaft- zuständigen Gutachterausschuss tur- steuer-Richtlinien 2019 nusmäßig zu ermittelnden Boden- richtwert. Liegt ein solcher nicht vor, ist der Bodenwert aus den Werten ver- gleichbarer Flächen abzuleiten. 2.2 Bewertung bebauter Grundstücke Für die Bewertung bebauter Grund- Wo geregelt? stücke schreibt das Bewertungsge- setz drei verschiedene Bewertungs- § 182 Bewertungsgesetz verfahren vor. Abschnitt R B 182 Erbschaftsteuer- Richtlinien 2019 Welches dieser Verfahren zur An- wendung kommt, hängt von der Grundstücksart des zu bewertenden Grundstücks ab (siehe Tabelle S. 9 unter Kapitel II.2). 10
2.2.1 Vergleichswertverfahren Im Vergleichswertverfahren wird lich unter Berücksichtigung der Kauf- der Wert eines Grundstücks in der preise fortgeschrieben. Weise ermittelt, dass Kaufpreise von anderen Grundstücken herange- Daher werden bei der Bewertung zogen werden, die mit dem zu be- derartiger Objekte anstelle direkter wertenden Grundstück hinsichtlich Vergleichspreise die von den Gut- der wertbeeinflussenden Merkmale achtern ermittelten Vergleichsfakto- (z. B. Größe, Baujahr, Lage, Ausstat- ren für die Wohnflächen herangezo- tung) hinreichend übereinstimmen. gen. Grundlage hierfür sind vorrangig die Die in Hessen flächendeckend ermit- von den Gutachterausschüssen mit- telten Vergleichsfaktoren beinhalten geteilten Vergleichspreise. regelmäßig auch den Bodenwert, In Hessen liegen Vergleichsfaktoren sodass dafür kein zusätzlicher Ansatz der Gutachterausschüsse für die erfolgt. Bewertung von Ein- und Zweifamili- enhäusern (freistehend oder als Rei- Wo geregelt? hen- /Doppelhäuser) und für Eigen- tumswohnungen vor. § 183 Bewertungsgesetz Abschnitt R B 183 Erbschaftsteuer- Diese Vergleichsfaktoren werden Richtlinien 2019 von den Gutachterausschüssen jähr- 2.2.2 Ertragswertverfahren Im Ertragswertverfahren werden der Der Bodenwert ist der Wert des Bodenwert und der Ertragswert des unbebauten Grundstücks (siehe Gebäudes zunächst getrennt ermit- Kapitel II.2.1). telt und dann zum Ertragswert des Grundstücks addiert. Der Bodenwert als solcher stellt die Wertuntergrenze dar, die nicht unterschritten werden darf. 11
Der Grundbesitzwert, der auch den Wert der sonstigen baulichen Anlagen auf dem Grundstück (z. B. Außenanlagen) umfasst, ergibt sich wie folgt: Grund und Boden Gebäude Rohertrag (Jahresmiete bzw. übliche Miete) ./. Bewirtschaftungskosten = Reinertrag des Grundstücks ./. Bodenwertverzinsung (Bodenwert x Liegenschaftszinssatz) = Gebäudereinertrag (mindestens 0 Euro) Bodenrichtwert x x Grundstücksfläche Vervielfältiger = = Bodenwert Gebäudeertragswert t t Ertragswert / Grundbesitzwert Wo geregelt? §§ 184 – 188 Bewertungsgesetz 12
2.2.3 Sachwertverfahren Auch im Sachwertverfahren werden Der Grundbesitzwert ergibt sich an- der Bodenwert und der Sachwert hand des folgenden Schemas. des Gebäudes zunächst getrennt ermittelt und dann zum vorläufigen Dieser umfasst grundsätzlich auch Sachwert des Grundstücks addiert, den Wert der sonstigen baulichen welcher anschließend mit einer Anlagen auf dem Grundstück (z. B. Wertzahl zum Sachwert des Grund- Außenanlagen). stücks multipliziert wird. Nur in Ausnahmefällen mit beson- Mit der Wertzahl, die von den örtli- ders werthaltigen Außenanlagen, chen Gutachterausschüssen ermittelt wie z. B. einem größeren Swimming- wird, sollen die unterschiedlichen pool, und sonstigen Anlagen werden regionalen Wertverhältnisse berück- hierfür gesonderte Wertansätze nach sichtigt werden. den gewöhnlichen Herstellungskos- Der Bodenwert ist der Wert des ten berücksichtigt. unbebauten Grundstücks (siehe Kapitel II.2.1). Grund und Boden Gebäude Regelherstellungskosten x Baupreisindex x Brutto-Grundfläche = Bodenrichtwert Gebäuderegelherstellungswert x ./. Grundstücksfläche Alterswertminderung = = Bodenwert Gebäudesachwert Vorläufiger Sachwert x Wertzahl = Sachwert / Grundbesitzwert 13
Beispiel für die Bewertung eines Einfamilienhauses im Sachwertverfahren: Vererbung eines Einfamilienhauses zum 1. Februar 2021 (Baujahr 2003, mit Keller, Dachgeschoss ausgebaut, Gebäudestandard: Standardstufe 3). Die Bruttogrund- fläche (= Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen incl. Keller- und Dachgeschoss) beträgt 220 m². Die Grundstücksfläche beträgt 700 m², der Bo- denrichtwert zum 1. Januar 2021 beträgt 1.200 Euro je m². Da der örtliche Gutachterausschuss keine Vergleichspreise oder Vergleichsfak- toren für freistehende Einfamilienhäuser mit dieser Bodenrichtwerthöhe ermit- telt hat, erfolgt die Bewertung im Sachwertverfahren. Wo geregelt? §§ 189 – 191 Bewertungsgesetz, Anlagen 22 und 24 bis 25 BewG 14
Wertermittlung: Grund und Boden Gebäude Regelherstellungskosten (Kostenstand 2010) 835 € x Baupreisindex 2021: 129,2 % = indiziert auf 2021 1.078 € x Brutto-Grundfläche: 220 m² = Bodenrichtwert Gebäuderegelherstellungswert 1.200 € 237.160 € x ./. Grundstücksfläche Alterswertminderung 700 m² Gesamtnutzungsdauer 70 Jahre Jahr der Bewertung 2021 – Baujahr 2003 = Gebäudealter bei Bewertung 18 Jahre Alterswertabschlag 25,71 % (18/70*100) v. 237.160 € = 60.974 € = = Bodenwert Gebäudesachwert 840.000 € 176.186 € Vorläufiger Sachwert 1.016.186 € x Wertzahl (bei vorläufigem Sachwert über 500.000 € u. Bodenrichtwert über 500 €) 1,0 = Sachwert / Grundbesitzwert 1.016.186 € 15
2.3 Niedrigerer gemeiner Wert Kann der Erwerber nachweisen, dass über das zu bewertende Grundstück der gemeine Wert des Grundstücks kann als Nachweis dienen. niedriger ist als der nach den oben dargestellten typisierten Verfahren Ein außerhalb dieses Zeitraums im ermittelte Wert, ist der niedrigere gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu- gemeine Wert anzusetzen. stande gekommener Kaufpreis kann als Nachweis dienen, wenn die maß- Der Nachweis ist regelmäßig durch geblichen Verhältnisse gegenüber ein Gutachten des örtlich zuständi- den Verhältnissen zum Bewertungs- gen Gutachterausschusses oder ei- stichtag unverändert geblieben sind. nes Sachverständigen für die Bewer- tung von Grundstücken zu führen, das Ist der Verkauf geplant, sollte dies im unter Anwendung der auf Grund des Rahmen der Erklärung zum Grund- § 199 Abs. 1 des Baugesetzbuchs er- besitzwert gegenüber dem Finanz- lassenen Vorschriften erstellt wurde amt angezeigt werden. Es ist dann Das Gutachten ist nicht bindend, hilfreich, wenn entsprechende In- sondern unterliegt der freien Be- serate oder Beauftragungen eines weiswürdigung durch das Finanzamt Maklers vorgelegt werden. und kann bei Mängeln zurückgewie- sen werden. Wo geregelt? Auch ein im gewöhnlichen Geschäfts- § 198 Bewertungsgesetz verkehr innerhalb eines Jahres vor Abschnitt R B 198 Erbschaftsteuer- oder nach dem Bewertungsstichtag Richtlinien 2019 zustande gekommener Kaufpreis 16
3 Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften Anteile an börsennotierten Unter- Für nicht an der Börse gehandelte nehmen werden für Zwecke der Erb- Anteile an Kapitalgesellschaften schaftsteuer mit dem für sie notierten und für das Betriebsvermögen von niedrigsten Börsenkurs am Tag der Einzelunternehmen und Personen- Steuerentstehung angesetzt. Liegt gesellschaften ist der gemeine Wert für diesen Tag kein Kurswert vor, ist in erster Linie aus Verkäufen unter der letzte innerhalb von 30 Tagen für fremden Dritten abzuleiten, die we- diese Anteile notierte Kurs anzuset- niger als ein Jahr vor dem Tag der zen. Steuerentstehung zurückliegen. Beispiel: Der Erblasser hinterlässt ein Einzelunternehmen, das er vor einem halben Jahr für 500.000 Euro erworben hatte. Bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer ist der frühere Kaufpreis von 500.000 Euro als gemeiner Wert des Betriebs anzusetzen. Liegt ein solcher zeitnaher Kaufpreis Anstelle der betriebswirtschaftli- nicht vor, ist der gemeine Wert unter chen Ertragswertverfahren kann der Berücksichtigung der Ertragsaus- gemeine Wert auch in einem ver- sichten des Betriebs oder anhand einfachten Ertragswertverfahren er- einer anderen im gewöhnlichen Ge- mittelt werden, wenn dies nicht zu schäftsverkehr für nichtsteuerliche offensichtlich unzutreffenden Werten Zwecke üblichen Methode zu ermit- führt. teln. Zu diesen Methoden gehören die in In diesem Verfahren wird der zukünf- der betriebswirtschaftlichen Unter- tig nachhaltig erzielbare Jahreser- nehmensbewertung gängigen Ver- trag des Unternehmens mit einem fahren (z. B. Ertragswertverfahren, gesetzlich geregelten Kapitalisie- Vergleichswertverfahren, Multiplika- rungsfaktor multipliziert. torenverfahren). Der Erwerber kann den gemeinen Das nachfolgende Beispiel verdeut- Wert durch ein methodisch nicht zu licht die Grundstrukturen dieses Ver- beanstandendes Gutachten auf der fahrens. Basis dieser Verfahren erklären. 17
Beispiel: A überträgt zum 1. Januar 2021 eine 100-prozentige Beteiligung an der A-GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Sohn S. Die Betriebsergebnisse nach Steuern der letzten drei Jahre betragen, 2018: Gewinn 200.000 Euro, 2019: Gewinn 170.000 Euro, 2020: Verlust 50.000 Euro und beinhalten auch ein angemessenes Geschäftsführergehalt. a) Ermittlung des zukünftig nachhaltig erzielbaren Jahresertrags 2018 2019 2020 Betriebsergebnis nach Steuern 200.000 € 170.000 € - 50.000 € + Aufwand Körperschaft- und 125.732 € 72.857 € 0€ Gewerbesteuer, Solidaritätszuschlag – Ertrag Körperschaftsteuer und Solida- 0€ 0€ - 13.188 € ritätszuschlag aus Verlustrücktrag = bereinigtes Betriebsergebnis 325.732 € 242.857 € - 63.188 € – Abzug zur Abgeltung des künftigen 97.720 € 72.857 € 0€ Ertragssteueraufwands (30 Prozent) = verbleibendes Betriebsergebnis 228.012 € 170.000 € - 63.188 € Summe der Betriebsergebnisse 2018 bis 2020 334.824 € dividiert durch 3 Jahre = zukünftig nachhaltig erzielbarer Jahresertrag 111.608 € b) Ermittlung des Ertragswertes der Beteiligung Jahresertrag 111.608 € x gesetzlicher Kapitalisierungsfaktor 13,75 = Ertragswert und gemeiner Wert des GmbH-Anteils 1.534.610 € 18
Ist der so ermittelte Wert geringer als Wo geregelt? der Substanzwert des Betriebs, wird der Substanzwert angesetzt. § 12 Absatz 1 und 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Substanzwert ist die Summe der ge- meinen Werte aller Einzelwirtschafts- Abschnitte R E 12.1 und 3 Erbschaft- steuer-Richtlinien 2019 güter und sonstigen Aktiva des Betriebs abzüglich der Schulden und §§ 11, 109, 199 – 203 Bewertungs- sonstigen Abzüge. gesetz Abschnitte R B 11.1 – 8, Bei einer Ableitung des gemeinen R B 109.1 – 3 und Wertes aus zeitnahen Verkäufen R B 199.1 bis R B 203 Erbschaft- oder aus Börsenkursen spielt der steuer-Richtlinien 2019 Substanzwert hingegen keine Rolle. 4 Land- und forstwirtschaftliches Vermögen Zur wirtschaftlichen Einheit des land- Für die Bewertung des Wirtschafts- und forstwirtschaftlichen Vermögens teils gibt es ein spezielles Bewer- – dem sogenannten Betrieb der Land- tungsverfahren, das wegen seines und Forstwirtschaft – gehören der Umfangs in dieser Broschüre jedoch Wirtschaftsteil (Betriebsflächen, Be- nicht dargestellt wird. triebsmittel usw.), die Betriebswoh- Für die Betriebswohnungen und den nungen (z. B. für Arbeitnehmer) und Wohnteil gelten die Vorschriften für der Wohnteil (Gebäude für Wohn- die Bewertung von Wohngrund- zwecke der Familie des Inhabers und stücken des Grundvermögens (siehe der Altenteiler). Kapitel II.2). 19
5 Übriges Vermögen Nicht unter die Kapitel II.2, II.3 und II.4 fallende Vermögensgegenstände sind mit folgenden Wertansätzen vom Todestag oder dem Tag der Schenkung erbschaftsteuerlich zu erfassen: Nennwert bei normal verzinsten Kapitalforderungen, Spar- guthaben etc. (Zinssatz zwischen 3 und 9%) abgezinster Gegenwartswert bei zinslosen oder niedrig verzinsten (unter 3%) Kapitalforderungen mit einer längeren Laufzeit (z. B. zinslose Darlehen an nahe Verwandte) aufgezinster Gegenwartswert bei hoch verzinsten (über 9%) Kapitalforde- rungen mit einer längeren Laufzeit. Zur Berechnung des Gegenwartswertes gibt es spezielle Tabellen. Rückkaufswert bei Ansprüchen aus noch nicht fälligen Lebens-, Kapital- oder Rentenversicherungen Kapitalwert bei lebenslänglichen Nutzungen und Leis- tungen wie Renten, Wohnrechten und Nieß- brauchsrechten Wo geregelt? § 12 Erbschaftsteuer- und Schen- kungsteuergesetz §§ 11 – 16 Bewertungsgesetz Abschnitte R B 12.1 - 3 Erbschaft- steuer-Richtlinien 2019 20
6 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Bestimmte für die Ermittlung und weit sie auf mehrere Personen ent- Festsetzung der Erbschaftsteuer fallen (siehe Kapitel II.5 und III.1). erforderliche Besteuerungsgrund- Die Feststellung erfolgt hierbei in lagen werden in einem separaten der Regel durch das Finanzamt, von Verfahren – der sogenannten geson- dessen Bezirk die Verwaltung des derten Feststellung – ermittelt. Vermögens ausgeht. Gesondert festzustellen sind: Das zuständige Finanzamt fordert • die Grundbesitzwerte für Grundver- eine entsprechende Feststellungs- mögen und land- und forstwirtschaft- erklärung beim Steuerpflichtigen an, liches Vermögen (siehe Kapitel II.2 und II.4); wenn dies für die Erbschaftsteuer- festsetzung von Bedeutung ist. Die Feststellung erfolgt durch das Lage-Finanzamt. Der gesondert festgestellte Wert ist • der Wert des Betriebsvermögens einer innerhalb eines Jahres nach- oder eines Anteils daran und der ge- folgenden Feststellung für dieselbe meine Wert von nicht börsennotier- ten Anteilen an Kapitalgesellschaften wirtschaftliche Einheit zu Grunde zu (siehe Kapitel II.3); legen, wenn sich seitdem die Ver- Die Feststellung erfolgt hierbei durch hältnisse nicht wesentlich geändert das Finanzamt, in dessen Bezirk sich haben (Basiswertregelung). die Geschäftsleitung des Betriebs Der Erwerber kann jedoch eine vom befindet (Betriebsfinanzamt). früheren Wert abweichende Feststel- • die Werte anderer Vermögensge- lung durch Abgabe einer Feststel- genstände und von Schulden, so- lungserklärung beantragen. Beispiel: A erbt am 20. Januar 2020 das Einfamilienhaus seiner Mutter und schenkt am 1. Juni 2020 den hälftigen Anteil des fortan vermieteten Hauses seiner Ehefrau. Der anlässlich der Erbschaft auf den Besteuerungszeitpunkt 20. Januar 2020 ge- sondert festgestellte Grundbesitzwert für das Einfamilienhaus kann auch bei der Besteuerung der Schenkung vom 1. Juni 2020 zu Grunde gelegt werden, wenn seither keine wesentlichen Veränderungen eingetreten sind (z. B. wertsteigernde Renovierung). Zum Ansatz kommt die Hälfte des Grundbesitzwertes. Wo geregelt? §§ 151 und 152 Bewertungsgesetz Abschnitt R B 151 und 152 Erb- schaftsteuer-Richtlinien 2019 21
III. Die Ermittlung der Erbschaftsteuer Nachdem für das geerbte oder geschenkte Vermögen die Wertansätze fest- gestellt wurden, schließen sich weitere Schritte für die Ermittlung der Erb- schaftsteuer an: 1 Abzug von Nachlassverbindlichkeiten, Schulden und Lasten Der Besteuerung unterliegt nur der so- • Kosten eines Rechtsstreits um den genannte „Nettovermögenszuwachs“. Nachlass wird ein pauschaler Betrag von 10.300 Daher sind die Schulden des Erblassers Euro ohne Nachweis abgezogen. und die Kosten aus dem Erbfall vom Gesamtwert des Vermögens abzu- Nur bei höheren Aufwendungen lohnt ziehen. Hierzu gehören auch die Ver- sich ein Einzelnachweis der Erbfall- pflichtungen, die durch den Erbfall kosten. Kosten für die Nachlassver- selbst entstanden sind, wie etwa Ver- waltung sind nicht abzugsfähig. bindlichkeiten aus Vermächtnissen oder Übernimmt der Beschenkte Schul- geltend gemachten Pflichtteilen. den und Lasten des Schenkers, sind diese ebenfalls vom Wert des ge- Für Erbfallkosten wie schenkten Vermögens abzuziehen. • Kosten für die Bestattung des Erb- lassers, Ist das Vermögen durch ein Nutzungs- recht zugunsten des Schenkers oder ei- • Kosten für ein angemessenes Grab- nes Dritten belastet (z. B. Nießbrauchs- denkmal, vorbehalt), ist der Wert dieses Rechtes • Kosten für die übliche Grabpflege, (Wertermittlung siehe Kapitel II.5) als • Kosten der Nachlassregelung (wie Verbindlichkeit abzuziehen, soweit das z. B. für die Erteilung des Erbscheins, Recht nicht bereits bei der Bewertung Umschreibungen im Grundbuch), den Grundstückswert gemindert hat. 22
Beispiel: Ein Sohn erbt von seinem Vater ein Aktienpaket im Wert von 1.000.000 Euro und ein Einfamilienhaus mit einem Verkehrswert von 250.000 Euro. Aufgrund testamentarischer Verfügung des Erblassers muss der Sohn an seine Schwester ein Vermächtnis von 500.000 Euro auszahlen und sämtliche Erbfallkosten (ins- gesamt 8.000 Euro) übernehmen. Daneben lasten auf dem Grundstück im Todeszeitpunkt noch Schulden aus ei- ner Hypothek in Höhe von 70.000 Euro. Der zu versteuernde Nachlass des Sohnes berechnet sich wie folgt: Aktienpaket 1.000.000 Euro Einfamilienhaus + 250.000 Euro Gesamtwert des Vermögens 1.250.000 Euro Hypothek - 70.000 Euro Vermächtnis Schwester - 500.000 Euro Erbfallkosten-Pauschale - 10.300 Euro Reinnachlass/Bereicherung 669.700 Euro Bitte beachten: Schulden und Lasten sind nur abzugs- zu Wohnzwecken vermietete Grund- fähig, soweit sie in wirtschaftlichem stücke (siehe Kapitel III.3.9). Zusammenhang mit Vermögen ste- hen, das der Erbschaftsteuer unter- Für die steuerfreie Übertragung eines liegt. Schulden, die z. B. auf ein nach Familienheims (siehe Kapitel III.3.3) einem Doppelbesteuerungsabkom- bedeutet dies: men steuerfreies Auslandsvermögen • Ist die Übertragung in vollem Um- entfallen, sind demnach nicht abzugs- fang steuerfrei (an Ehegatten oder fähig. Objekte bis 200 m² Wohnfläche an Schulden und Lasten, die mit teilweise Kinder), sind die damit in wirtschaft- steuerbefreitem Vermögen in Zusam- lichem Zusammenhang stehenden menhang stehen, sind nur mit dem Schulden in voller Höhe nicht ab- Betrag abzugsfähig, der dem steu- zugsfähig. erpflichtigen Anteil des Vermögens entspricht. Dies gilt z. B. für begüns- • Ist die Übertragung eines Familien- tigtes Betriebsvermögen, Anteile an heims an Kinder zum Teil steuerfrei Kapitalgesellschaften und land- und (bei Objekten mit mehr als 200 m² forstwirtschaftliche Betriebe (siehe Wohnfläche), sind die damit in wirt- Kapitel III.3.8) und für begünstigte schaftlichem Zusammenhang stehen- 23
den Schulden anteilig nicht abzugs- tigt wurden, sind diese nicht geson- fähig. dert abzugsfähig (z.B. Verbindlichkei- ten des geerbten Betriebs). Fallen die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nachträglich weg, sind Wo geregelt? die Schulden in voller Höhe mit ihrem Betrag zum Zeitpunkt der Steuerent- § 10 Absätze 3 bis 9 Erbschaftsteuer- stehung abziehbar. und Schenkungsteuergesetz Abschnitt R E 10.1 – 13 Erbschaft- Soweit Schulden bereits bei der Be- steuer-Richtlinien 2019 wertung des Vermögens berücksich- 2 Hinzurechnung der Vorerwerbe Eine Erbschaft oder Schenkung wird Die auf die frühere Schenkung entfal- mit früheren Schenkungen innerhalb lende (tatsächliche oder fiktiv ermit- der letzten 10 Jahre von derselben telte) Steuer zieht das Finanzamt von Person zu einem Gesamterwerb zu- der Steuer für den Gesamterwerb ab. sammengerechnet. Die Anrechnung erfolgt maximal bis Die früheren Erwerbe werden dabei zu der Höhe der Steuer, die sich für jeweils mit ihrem früheren Wert dem den aktuellen Erwerb ohne die Hin- Letzterwerb hinzugerechnet. Wert- zurechnung der Vorerwerbe ergibt. veränderungen in der Zwischenzeit oder neue Bewertungsregeln spie- len keine Rolle. 24
Beispiel: Ein Vater hatte seinem Sohn im November 2011 ein Einfamilienhaus im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Am 1. Februar 2020 stirbt der Vater und hinterlässt dem Sohn ein Geldvermögen und Aktien im Wert von 200.000 Euro. a) Besteuerung der Schenkung im Jahr 2011 Wert des Einfamilienhauses (Grundbesitzwert) 450.000 € = persönlicher Freibetrag Kind 400.000 Euro 400.000 € = steuerpflichtiger Erwerb 50.000 € x Steuersatz 7% lt. Steuerklasse I = Erbschaftsteuer 3.500 € b) Besteuerung des Erbfalls im Jahr 2020 Nachlass Geldvermögen und Aktien 200.000 € + Vorerwerb Einfamilienhaus (Grundbesitzwert) 450.000 € = Gesamterwerb 650.000 € = persönlicher Freibetrag Kind 400.000 Euro 400.000 € = steuerpflichtiger Erwerb 250.000 € x Steuersatz 11% lt. Steuerklasse I = Erbschaftsteuer Gesamterwerb 27.500 € Anrechnung der Steuer aus Vorerwerb = 3.500 € verbleibende Erbschaftsteuer auf Gesamterwerb 24.000 € Anrechnungsuntergrenze: Die nach der Anrechnung verbleibende Erbschaftsteuer (24.000 Euro) unter- schreitet nicht die Steuer, die sich für den letzten Erwerb (200.000 Euro) ohne Hinzurechnung des Vorerwerbs ergeben würde (hier Null Euro wegen des ho- hen persönlichen Freibetrags). Wo geregelt? § 14 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Abschnitt R E 14.1 und 3 Erbschaft- steuer-Richtlinien 2019 25
3 Steuerbefreiungen Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz sieht unter anderem fol- gende Steuerbefreiungen vor: 3.1 Zugewinnausgleichsfreibetrag für Ehegatten und Lebenspartner Die meisten Ehegatten leben im ge- gung durch Ehepartner oder Festle- setzlichen Güterstand der Zugewinn- gung durch Gericht) in voller Höhe gemeinschaft. steuerfrei. Dies bedeutet zivilrechtlich: Im Todesfall eines Ehepartners ist die 1. Die Vermögen der Eheleute sind Rechtslage komplizierter: während der Ehe getrennt. Das Erbrecht gewährt dem überle- 2. Der Zugewinn zum Vermögen ei- benden Ehegatten zum Ausgleich nes Ehegatten (z. B. Ersparnisse des Zugewinns im Normalfall eine aus Arbeitseinkommen) fällt nur pauschale Erhöhung seines Erbteils einem Ehegatten und nicht bei- um ein Viertel gegenüber den übri- den Eheleuten gemeinschaftlich gen Erben. zu. Das Steuerrecht folgt dieser pau- 3. Ein ungleicher Zugewinn während schalen Abgeltung des Zugewinns der Ehe wird ausgeglichen, wenn nicht. Es fordert vielmehr die detail- die Zugewinngemeinschaft endet lierte Ermittlung einer sogenannten (durch Tod oder Scheidung). Der „fiktiven Ausgleichsforderung”, als Zugewinnausgleich erfolgt grund- ob nicht der Tod, sondern eine Schei- sätzlich in Höhe der hälftigen Dif- dung die Zugewinngemeinschaft be- ferenz. endet hätte. Das Erbschaftsteuerrecht geht nun Diese „fiktive Ausgleichsforderung” davon aus, dass der während der ist die Berechnungsgrundlage für Ehe erwirtschaftete Vermögenszu- den Zugewinnausgleichsfreibetrag. gewinn eigentlich beiden Ehegatten gemeinsam gehört. Der Ausgleichs- Die „fiktive Ausgleichsforderung” empfänger übernimmt demzufolge errechnet sich durch Gegenüberstel- nur, was ihm sowieso zusteht. lung des Anfangs- und des Endver- mögens der Eheleute, ggf. korrigiert Im Scheidungsfall bleibt deshalb der um Vermögenszugänge aus angefal- gezahlte Zugewinnausgleich (Eini- lenen Erbschaften. 26
Das Berechnungsschema (vereinfacht): Ehemann Ehefrau Endvermögen im Todeszeitpunkt 450.000 Euro 115.000 Euro abzüglich Anfangsvermögen bei Eheschließung 50.000 Euro 30.000 Euro abzüglich Erbschaft von den Eltern 35.000 Euro Zugewinn 400.000 Euro 50.000 Euro Die Ehefrau hat beim Tod des Ehemanns eine fiktive Ausgleichsforderung/Frei- betrag von 175.000 Euro (400.000 Euro ./. 50.000 Euro = 350.000 Euro x ½). Soweit die Theorie; in der Praxis tre- zum Anfangs- und Endvermögen ge- ten häufig Probleme auf, weil etwa hörenden Vermögensgegenstände. die Trennung der Vermögen Schwie- rigkeiten bereitet (Wem gehört das Die Ausführungen gelten auch für ein- Silber?) oder das Anfangsvermögen getragene Lebenspartner. (nach vielleicht 40 Jahren) kaum re- konstruierbar ist. Wo geregelt? Sie sollten soweit möglich auf vor- §§ 1363 ff. Bürgerliches Gesetzbuch handene Unterlagen zurückgreifen § 5 Erbschaftsteuer- und Schenkung- – etwa auf Kaufbelege, Urkunden etc. steuergesetz Sollten keine Belege oder andere Er- Abschnitte R E 5.1 – 2 Erbschaft- kenntnisquellen mehr vorhanden sein, steuer-Richtlinien 2019 genügt eine sorgfältige Schätzung der 27
3.2 Hausrat, PKW, Schmuck, Kulturgüter, Gebäude unter Denkmalschutz usw. Hausrat ist beim Erwerb durch Perso- ser Gegenstände wegen ihrer Be- nen der Steuerklasse I bis zu einem deutung für Kunst, Geschichte oder Wert von 41.000 Euro steuerfrei. Zum Wissenschaft im öffentlichen Inter- Hausrat gehören beispielsweise die esse liegt, die jährlichen Kosten in gesamte Wohnungseinrichtung, Wäsche der Regel die erzielten Einnahmen und Kleidungsstücke. übersteigen und die Gegenstände in einem den Verhältnissen entspre- Beim gemeinsamen Hausrat von chenden Umfang den Zwecken der Ehegatten geht man davon aus, dass Forschung oder der Volksbildung die Hälfte des Hausrats dem über- nutzbar gemacht sind/werden. lebenden Ehegatten im Normalfall ohnehin schon gehört. Diese Hälfte In vollem Umfang sind diese steuer- wird von der Erbschaftsteuer über- frei, wenn die vorgenannten Voraus- haupt nicht berührt. setzungen erfüllt sind und zudem die Gegenstände den geltenden Neben dem Hausrat können andere Bestimmungen der Denkmalspflege bewegliche Gegenstände wie zum Bei- unterstellt werden, sowie seit min- spiel private PKW, Schmuck, Musikinst- destens 20 Jahren im Besitz der Fa- rumente etc. bis zu einem Wert von milie sind oder in ein Verzeichnis 12.000 Euro steuerfrei an Personen national wertvollen Kulturgutes nach der Steuerklasse I übertragen werden. § 7 Abs. 1 des Kulturgutschutzgeset- Die Befreiung erstreckt sich nicht auf zes vom 31.07.2016 (BGBl. I S. 1914) Zahlungsmittel, Wertpapiere, Münzen, in der jeweils geltenden Fassung ein- Edelmetalle, Edelsteine und Perlen getragen sind. sowie Gegenstände, die zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung Grundvermögen oder Betriebsver- für die Vergangenheit weg, wenn die mögen gehören. Gegenstände innerhalb von 10 Jah- ren nach dem Erwerb veräußert wer- Bei Personen der Steuerklassen II den bzw. die Voraussetzungen für und III beträgt der Freibetrag für Hausrat und andere bewegliche Ge- die Steuerbefreiung innerhalb die- genstände zusammen 12.000 Euro. ses Zeitraums entfallen. Kunstgegenstände, Kunstsammlun- Wo geregelt? gen, wissenschaftliche Sammlungen, § 13 Absatz 1 Nr. 1 und 2 Erbschaft- Bibliotheken und Archive bleiben mit steuer- und Schenkungsteuergesetz 60 % ihres Werts und Grund- RE 13.2 Erbschaftsteuer-Richt- besitz(teile) mit 85 % ihres Werts linien 2019 steuerfrei, wenn die Erhaltung die- 28
3.3 Familienheime 3.3.1 Schenkung eines Familienheims an den Ehegatten oder Lebenspartner Schenkt jemand seinem Ehegatten Dies gilt auch, wenn jemand seinen oder eingetragenen Lebenspartner Ehegatten oder eingetragenen Lebens das Eigentum oder Miteigentum an partner von eingegangenen Verpflich- einem zu eigenen Wohnzwecken ge- tungen im Zusammenhang mit der nutzten Familienheim (z.B. Einfamilien- Anschaffung oder Herstellung des haus oder Eigentumswohnung) im In- Familienheims freistellt (z. B. Ablösung land oder in Staaten der Europäischen eines Hypothekenkredits) oder wenn Union (EU) oder des Europäischen ein Ehegatte oder eingetragener Le- Wirtschaftsraums (EWR), erhebt der benspartner nachträglichen Herstel- Fiskus keine Schenkungsteuer. lungs- oder Erhaltungsaufwand trägt. Beispiel: A. erbt von seinem Vater ein Einfamilienhaus, in das er mit seiner Familie ein- zieht. A. schenkt seiner Ehefrau den hälftigen Anteil an dem Anwesen. Die Schenkung ist steuerfrei. Wo geregelt? § 13 Absatz 1 Nr. 4a Erbschaft- steuer- und Schenkungsteuergesetz Abschnitt R E 13.3 Erbschaftsteuer- Richtlinien 2019 29
3.3.2 Vererbung eines Familienheims an den Ehegatten oder Lebenspartner Erbt ein Ehegatte oder eingetra- gung in einem Pflegeheim). gener Lebenspartner vom anderen Ehegatten oder Lebenspartner ein Die Steuerbefreiung entfällt aber bebautes Grundstück (z. B. Einfami- mit Wirkung für die Vergangenheit, lienhaus, Eigentumswohnung) im wenn der Erbe dieses Familienheim Inland oder in einem EU/EWR-Staat innerhalb von zehn Jahren nach dem oder einen Miteigentumsanteil da- Erwerb nicht mehr zu eigenen Wohn- ran, in dem der Erblasser bis zu sei- zwecken nutzt, es sei denn, dass die nem Tod eine Wohnung zu eigenen Selbstnutzung aus zwingenden Grün- Wohnzwecken nutzte, bleibt der den (z.B. Umzug ins Pflegeheim) nicht Wert dieser Wohnung steuerfrei, mehr möglich ist. wenn sie der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner unverzüglich zu Wo geregelt? seinen eigenen Wohnzwecken nut- zen will. § 13 Absatz 1 Nr. 4b Erbschaft- steuer- und Schenkungsteuergesetz Dies gilt auch, wenn der Erblasser aus Abschnitt R E 13.4 Absatz 1 – 5 zwingenden Gründen an einer Selbst- Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 nutzung gehindert war (z.B. Unterbrin- 3.3.3 Vererbung eines Familienheims an Kinder Die Steuerfreiheit in Kapitel III.3.3.2 oder die Kinder verstorbener Kinder, gilt unter den dort genannten Vor- soweit die Wohnfläche der Wohnung aussetzungen auch für die Übertra- 200 Quadratmeter nicht übersteigt. gung eines Familienheims an Kinder Beispiel: Vererbung eines Einfamilienhauses mit 240 m² Wohnfläche im Wert von 300.000 Euro an ein Kind. Unter den o.g. Voraussetzungen bleibt ein anteiliger Grundbesitzwert in Höhe von 250.000 Euro (300.000 *200/240) steuerfrei. Wo geregelt? § 13 Absatz 1 Nr. 4c Erbschaft- steuer- und Schenkungsteuergesetz Abschnitt 13.4 Absatz 7 Erbschaft- steuer-Richtlinien 2019 30
3.4 Unentgeltliche Pflege Bis zu 20.000 Euro sind bei Personen Wo geregelt? steuerfrei, die den Erblasser unent- geltlich oder gegen unzureichendes § 13 Absatz 1 Nr. 9 Erbschaft- Entgelt gepflegt, bei sich aufgenom- steuer- und Schenkungsteuergesetz men oder sonst unterhalten haben, soweit die Zuwendung als angemes- senes Entgelt hierfür anzusehen ist. 3.5 Vermögensrückfall Fallen Vermögensgegenstände ver- Wo geregelt? storbener Kinder, die ihnen von den Eltern oder Großeltern ursprünglich § 13 Absatz 1 Nr. 10 Erbschaft- einmal geschenkt wurden, wieder an steuer- und Schenkungsteuergesetz diese zurück, ist dieser Rückfall erb- schaftsteuerfrei. Abschnitt R E 13.6 Erbschaftsteuer- Richtlinien 2019 3.6 Übliche Gelegenheitsgeschenke Übliche Gelegenheitsgeschenke sind sWo geregelt? steuerfrei. Nicht hierzu zählen wert- volle Geschenke wie Schmuck, Wert- § 13 Absatz 1 Nr. 14 Erbschaft- papiere oder Pkws, die als frühzeitige steuer- und Schenkungsteuergesetz Vermögensübertragung gedacht sind. 31
3.7 Spenden für gemeinnützige oder kirchliche Zwecke, an Parteien und freie Wählervereinigungen Hierunter fallen unter anderem: Erblasser oder Schenker errichtet • Zuwendungen an Institutionen, die hat, gemeinnützige, mildtätige oder • Zuwendungen für kirchliche/ge- kirchliche Zwecke verfolgen und meinnützige Zwecke, sofern eine entsprechend steuerlich aner- gemeinnützige Verwendung gesi- kannt sind, chert ist (z. B. Geldgeschenk an den • Spenden an politische Parteien im örtlichen Pfarrer mit der Auflage, Sinne des § 2 des Parteiengesetzes, das Geld dem kirchlichen Kinder- • Vereine ohne Parteicharakter (freie garten zukommen zu lassen). Wählervereinigungen), wenn der Vereinszweck ausschließlich auf Diese Zuwendungen (Erbschaften die Teilnahme an der politischen oder Schenkungen) für gemeinnüt- Willensbildung durch eigene Wahl- zige oder kirchliche Zwecke sowie vorschläge zu Wahlen auf Bundes-, die Zuwendungen an Parteien und Landes- oder Kommunalebene ab- freie Wählergemeinschaften sind zielt und der Verein entweder bei von der Erbschaft-/Schenkungsteuer der jeweils letzten Wahl wenigstens befreit. ein Mandat errungen hat oder der zuständigen Wahlbehörde ange- Wo geregelt? zeigt hat, mit eigenen Wahlvorschlä- gen an der nächsten Wahl teilneh- § 13 Absatz 1 Nr. 16 bis 18 Erbschaft- men zu wollen, steuer- und Schenkungsteuergesetz Abschnitte R E 13.8 und R E 13.10 • Vermögensübertragungen auf eine Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 gemeinnützige Stiftung, die der 32
3.8 Begünstigung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften im Wert bis zu 26 Millionen Euro Die Generationennachfolge in den Teile der bisherigen gesetzlichen Unternehmen und die Erhaltung Regelungen zur Begünstigung von der Arbeitsplätze im geerbten oder Betriebsvermögen, Betrieben der geschenkten Betrieb soll durch die Land- und Forstwirtschaft und Antei- Erhebung der Erbschaftsteuer nicht len an Kapitalgesellschaften nicht mit erschwert oder gefährdet werden. dem Grundgesetz vereinbar sind. Der Gesetzgeber hat daraufhin die Für Betriebsvermögen, Anteile an gesetzlichen Regelungen mit Wir- Kapitalgesellschaften und Betriebe der kung vom 1. Juli 2016 angepasst. Land- und Forstwirtschaft gibt es da her weitreichende Steuerbefreiungen. Die nachfolgenden Ausführungen stellen nur die Grundzüge einer sehr Das Bundesverfassungsgericht hatte komplizierten Rechtsmaterie dar. Bei mit Urteil vom 17. Dezember 2014 Zweifelsfragen sollten Sie den Rat ei- – 1 BvL 21/12 – entschieden, dass nes steuerlichen Beraters einholen. 3.8.1 Wie hoch ist die Begünstigung? Vom gemeinen Wert des begünstig- den Betrag von 150.000 Euro über- ten Vermögens bleiben 85 Prozent steigt (bei einem Unternehmenswert steuerfrei (Verschonungsabschlag). ab 3 Mio. Euro ist er abgeschmolzen). Lediglich 15 Prozent fließen nach Kürzung um einen Abzugsbetrag in Wo geregelt? Höhe von 150.000 Euro in den steu- erpflichtigen Erwerb ein. §§ 13a Absätze 1 und 2 Erbschaftsteuer- und Schenkung- Dieser Abzugsbetrag ist gleitend steuergesetz aus gestaltet und reduziert sich um Abschnitte R E 13a. 1 bis 3 50 Prozent des Betrages, um den der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 steuerpflichtige Anteil (= 15 Prozent) 33
3.8.2 Welches Vermögen ist begünstigungsfähig? Begünstigungsfähig sind – eines Anteils eines persönlich • der inländische Wirtschaftsteil des haftenden Gesellschafters einer land- und forstwirtschaftlichen Ver- Kommanditgesellschaft auf Ak- mögens und selbst bewirtschaftete tien Grundstücke sowie entsprechendes oder Vermögen, das einer Betriebsstätte – eines Anteils hieran. in einem anderen Mitgliedstaat der • Anteile an einer Kapitalgesell- EU oder des EWR dient. schaft mit Sitz im Inland oder in Stückländereien sind nicht begüns- einem anderen Staat der EU oder tigt. Dies sind einzelne land- und des EWR, an der der Erblasser forstwirtschaftlich genutzte Flä- oder Schenker zu mehr als 25 Pro- chen, die am Bewertungsstichtag zent unmittelbar beteiligt war. nicht dem Eigentümer, sondern Beteiligungen unter 25 Prozent einem anderen Betrieb der Land- können bei Vorliegen bestimm- und Forstwirtschaft für mindestens ter gesellschaftsrechtlicher Verfü- 15 Jahre zu dienen bestimmt sind. gungsbeschränkungen und Stimm- • inländisches Betriebsvermögen rechtsbindung in einem sog. Pool- und entsprechendes Vermögen in vertrag mit den Anteilen weiterer einem anderen Mitgliedstaat der Gesellschafter zusammengerech- EU oder des EWR beim Erwerb net werden. – eines ganzen Gewerbebetriebs Wo geregelt? oder freiberuflichen Vermögens, § 13b Absatz 1 Erbschaftsteuer- und – eines Teilbetriebs, Schenkungsteuergesetz – eines Anteils an einer gewerblich Abschnitte R E 13b. 3 bis 6 oder freiberuflich tätigen Personen- Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 gesellschaft, 34
3.8.3 Welches Vermögen ist nicht begünstigungsfähig? Nicht begünstigungsfähig ist das unter - die Überlassung vorrangig dem Ab- 3.8.2 genannte Vermögen, soweit das satz eigener Erzeugnisse oder Pro- Betriebsvermögen des Betriebs oder dukte des Überlassenden dient. der Gesellschaft bzw. das land- und • Anteile an Kapitalgesellschaften bei forstwirtschaftliche Vermögen in Ver- unmittelbarer Beteiligung am Nenn- waltungsvermögen besteht. kapital von 25 Prozent oder weniger, Zum Verwaltungsvemögen gehören Wertpapiere und vergleichbare For- folgende Wirtschaftsgüter: derungen, es sei denn, diese dienen • Dritten zur Nutzung überlassene dem Hauptzweck des Gewerbebe- Grundstücke, Grundstücksteile, grund triebs eines Kredit- oder Finanzdienst- stücksgleiche Rechte und Bauten. leistungsinstituts oder eines Versiche- Hier gibt es jedoch Rückausnahmen rungsunternehmens. mit der Folge, dass kein Verwaltungs- • Wert des Bestands an Zahlungsmit- vermögen vorliegt, z. B. wenn teln, Geschäftsguthaben, Geldforde- – der Erblasser das Grundstück rungen und anderen Forderungen, an eine Personengesellschaft über- soweit er – nach Abzug des gemeinen lassen hatte, an der er als Gesell- Werts der Schulden – 15 Prozent des schafter beteiligt war und der Erbe anzusetzenden Werts des Betriebs- in diese Stellung eintritt oder vermögens des Betriebs oder der Ge- – die Nutzungsüberlassung im Rah- sellschaft übersteigt. men einer unbefristeten Betriebs- • Kunstgegenstände und -sammlun- verpachtung im Ganzen erfolgt gen, Bibliotheken und Archive, Mün- und der Verpächter den Pächter zen, Edelmetalle und Edelsteine, als Erben eingesetzt hat oder Briefmarkensammlungen, Oldtimer, – die Nutzungsüberlassung an ei- Yachten etc., wenn der Handel mit nen Dritten im Rahmen einer auf diesen Gegenständen nicht Haupt- höchstens zehn Jahre befristeten zweck des Gewerbebetriebs ist. Betriebsverpachtung im Ganzen Vom gemeinen Wert der Wirtschafts- erfolgt, weil der Beschenkte den güter des Verwaltungsvermögens Betrieb noch nicht führen kann (z. B. wird zunächst der anteilige gemeine minderjähriges Kind) oder Wert noch verbleibender Schulden – die Überlassung innerhalb eines abgezogen. Der sich ergebende Netto- Konzerns erfolgt oder wert des Verwaltungsvermögens ist – die Überlassung durch eine Gesell- begünstigt, soweit er 10 Prozent des schaft erfolgt, deren Hauptzweck in gemeinen Wertes des nicht zum Verwal- der Vermietung von Wohnungen tungsvermögen zählenden Betriebs- besteht und dieser einen wirtschaft- vermögens nicht übersteigt. Der diese lichen Geschäftsbetrieb erfordert Grenze übersteigende Teil ist nicht be- oder günstigungsfähig. 35
Wirtschaftsgüter des Verwaltungsver Die gemeinen Werte der Wirtschafts- mögens, die im Besteuerungszeit- güter des Verwaltungsvermögens punkt (Zeitpunkt des Todes oder der und des „jungen Verwaltungsver- Schenkung) dem Betrieb weniger als mögens“ werden bei Bedarf vom zu- zwei Jahre lang zuzurechnen sind ständigen Betriebsfinanzamt (siehe (sog. „junges Verwaltungsvermö- Kapitel II.6) gesondert festgestellt. gen“), sind generell nicht begünstigt. Das gilt unabhängig davon, wie die Wo geregelt? Wirtschaftsgüter in das Unterneh- § 13b Absatz 4, 6, 7 und 10 Erb- men gelangt sind oder ob bzw. wie schaftsteuer- und Schenkungsteuer- lange sich die Wirtschaftsgüter zuvor gesetz in einem anderen Unternehmen des Abschnitte R E 13b. 12 ff. Erbschaft- Unternehmensverbunds befunden steuer-Richtlinien 2019 haben. 3.8.4 Unter welchen Voraussetzungen wird die Vergünstigung gewährt und wann wird sie nachträglich rückgängig gemacht? (Verschonungsvoraussetzungen) Verschonungsabschlag und Abzugs- – bei mehr als betrag hängen von bestimmten Ver- 15 Beschäftigten 400 % schonungsvoraussetzungen ab, die vom der Ausgangslohnsumme nicht un- Betriebsnachfolger zu erfüllen sind. terschreitet (Mindestlohnsumme). a) Lohnsummenklausel Ausgangslohnsumme ist die durch- schnittliche Lohnsumme der letzten Die Gewährung des 85-prozentigen fünf vor dem Erbfall bzw. der Schen- Verschonungsabschlags (nicht je- kung endenden Wirtschaftsjahre. doch des gleitenden Abzugsbetrags, siehe Kapitel III.3.8.1) setzt voraus, Zur Lohnsumme zählen alle Ver- dass die Lohnsumme des Betriebs, gütungen an Arbeitnehmer in der ganz oder anteilsmäßig über- Form von Geld- oder Sachleistun- geht, in den auf den Übergangs- gen wie Löhne, Prämien, Gratifika- zeitpunkt folgenden fünf Jahren tionen, Abfindungen, Provisionen, – bei mehr als 5 bis Zulagen und ähnliche Leistungen. 10 Beschäftigten 250 %, Außen vor bleiben Vergütungen – bei mehr als 10 bis an Saisonarbeiter sowie an Be- 15 Beschäftigten 300 %, schäftigte, die sich in Mutterschutz 36
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