Steuerwegweiser für Erbschaften und Schenkungen - Hessische ...

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Steuerwegweiser für Erbschaften und Schenkungen - Hessische ...
Hessisches Ministerium der Finanzen

Steuerwegweiser
für Erbschaften und Schenkungen
Steuerwegweiser für Erbschaften und Schenkungen - Hessische ...
Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

die privaten Haushalte in Deutsch-       Diese Broschüre soll Ihnen die steu-
land besitzen – das zeigen statisti-     erlichen Aspekte einer Erbschaft
sche Quellen – ein erhebliches Net-      oder Schenkung erläutern. Beispiele
tovermögen, zum Beispiel in Form         helfen dabei, die nicht immer ganz
von Sparguthaben, Aktien oder Im-        einfachen Regelungen zu verstehen
mobilien.                                und auf den eigenen Fall anwenden
                                         zu können.
Dies bedeutet auch ein immenses
Potenzial für Vermögensübergänge         Für weitere Fragen stehen Ihnen die
von der einen auf die nächste Ge-        Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
neration, eben durch Erbschaft oder      in Kapitel VI.3 aufgeführten Finanz-
Schenkung. Dabei tauchen nicht sel-      ämter gerne zur Verfügung.
ten wichtige Fragen auf, etwa welche
steuerlichen Folgen mit einem Erb-       Mit freundlichen Grüßen
oder Schenkungsfall einhergehen.
Zum Beispiel, mit welchem Wert ein
geerbtes Haus zu erfassen ist, welche
Steuerbefreiungen es gibt oder wie
hoch der Steuersatz ist.
                                         Michael Boddenberg
Die Sorge vor einer hohen Steuer-        Hessischer Finanzminister
last ist in vielen Fällen unbegründet,
denn gerade bei Vermögensübertra-
gungen auf die Kinder führen hohe
Freibeträge und niedrige Steuer-
sätze oftmals dazu, dass keine Steu-
ern oder nur eine geringe Steuer
entsteht.

2
Steuerwegweiser für Erbschaften und Schenkungen - Hessische ...
Einleitung

Zur verständlichen Darstellung der      erklärungsvordrucken zugesandt wird.
für die Erbschaft- und Schenkung-       Die folgenden Ausführungen berück-
steuer maßgeblichen Vorschriften        sichtigen den Stand des Erbschaft-
sind die Informationen in diesem        steuer- und Schenkungsteuergeset-
Wegweiser auf das Wesentliche be-       zes zum 1. Januar 2021 sowie des
schränkt und in einer möglichst pra-    Bewertungsgesetzes zum 1. Januar
xisorientierten Form dargestellt. Zu    2021.
diesem Zweck
 • sind die einzelnen Themenberei-      Dieser Wegweiser wird Ihnen aufgrund
    che nach dem in Kapitel I.3 dar-    der Komplexität des Erbschaft- und
    gestellten Schema zur Ermittlung    Schenkungsteuerrechts sowie des
    der Erbschaftsteuer angeordnet      Bewertungsrechts nicht alle Fragen
    und                                 beantworten können; er erhebt da-
 • kann man jeweils am Ende der Ka-     her auch keinen Anspruch auf Voll-
    pitel Hinweise auf weitergehende    ständigkeit und gibt keine rechtsver-
    Informationsquellen / Fundstellen   bindlichen Informationen.Bezüglich
    finden.                             der steuerlichen Aspekte Ihrer per-
                                        sönlichen Erb- und Schenkungsan-
Beim Ausfüllen der Erbschaftsteuer-     gelegenheiten sollten Sie im Zwei-
bzw. Schenkungsteuererklärungsvor-      felsfall den Rat eines Steuerberaters
drucke hilft Ihnen eine besondere An-   einholen.
leitung, die zusammen mit den Steuer-

                                                                           3
Steuerwegweiser für Erbschaften und Schenkungen - Hessische ...
Inhaltsverzeichnis

I.   Grundsätzliches zur Erbschaft- und
     Schenkungsteuer                                                6
     1 Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer                              6
       – zwei Namen für die gleiche Steuer
     2 Wer zahlt Erbschaftsteuer?                                   6
     3 Schritte zur Berechnung der Erbschaftsteuer                  7

II. Die Bewertung des der Erbschaftsteuer
    unterliegenden Vermögens                                        8
     1 Bewertungsmaßstab „gemeiner Wert“                            8
     2 Grundvermögen                                                9
       2.1 Bewertung unbebauter Grundstücke                        10
       2.2 Bewertung bebauter Grundstücke                          10
             2.2.1 Vergleichswertverfahren                         11
             2.2.2 Ertragswertverfahren                            11
             2.2.3 Sachwertverfahren                               13
       2.3 Niedrigerer gemeiner Wert                               16
     3 Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften       17
     4 Land- und forstwirtschaftliches Vermögen                    19
     5 Übriges Vermögen                                            20
     6 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen          21

III. Die Ermittlung der Erbschaftsteuer                            22
     1 Abzug von Nachlassverbindlichkeiten, Schulden und Lasten    22
     2 Hinzurechnung der Vorerwerbe                                24
     3 Steuerbefreiungen                                           26
       3.1 Zugewinnausgleichsfreibetrag für Ehegatten              26
            und Lebenspartner
       3.2 Hausrat, PKW, Schmuck, Kulturgüter,                     28
            Gebäude unter Denkmalschutz usw.
       3.3 Familienheime                                           29
            3.3.1 Schenkung eines Familienheims an den Ehegatten   29
                  oder Lebenspartner
            3.3.2 Vererbung eines Familienheims an den Ehegatten   30
                  oder Lebenspartner
            3.3.3 Vererbung eines Familienheims an Kinder          30

4
3.4  Unentgeltliche Pflege                                        31
      3.5  Vermögensrückfall                                            31
      3.6  Übliche Gelegenheitsgeschenke                                31
      3.7  Spenden für gemeinnützige oder kirchliche Zwecke,            32
           an Parteien und freie Wählervereinigungen
     3.8 Begünstigung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land-          33
           und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften
           im Wert bis zu 26 Millionen Euro
           3.8.1 Wie hoch ist die Begünstigung?                         33
           3.8.2 Welches Vermögen ist begünstigungsfähig?               34
           3.8.3 Welches Vermögen ist nicht begünstigungsfähig?         35
           3.8.4 Unter welchen Voraussetzungen wird die Vergünstigung   36
                  gewährt und wann wird sie nachträglich rückgängig
                  gemacht? (Verschonungsvoraussetzungen)
           3.8.5 Optionsrecht für höheren Verschonungsabschlag          41
     3.9 Begünstigung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke         41
     3.10 Versorgungsfreibetrag für den Ehegatten, Lebenspartner        42
           oder für Kinder unter 27 Jahren
   4 Steuerklassen, persönliche Freibeträge und Steuersätze             44
     4.1 Steuerklassen                                                  44
     4.2 Persönliche Freibeträge                                        45
     4.3 Steuersätze                                                    46
   5 Beispiel für die Besteuerung eines Erbfalls                        47

IV. Weitere Hinweise                                                    49
   1 Ermäßigung der Einkommensteuer bei Belastung                       49
     mit Erbschaftsteuer
   2 Pflichten gegenüber dem Finanzamt                                  50
   3 Adressen der Erbschaftsteuerfinanzämter                            52
   4 Hinweise zur Errichtung von Testamenten                            53

Weitere Publikationen des Hessischen Ministeriums
der Finanzen                                                            54

Anmerkungen zur Verwendung                                              55

                                                                         5
I.    Grundsätzliches zur Erbschaft- und
      Schenkungsteuer
1     Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer
      – zwei Namen für die gleiche Steuer
Erbschaftsteuer und Schenkung-          Aus Vereinfachungsgründen wird im
steuer sind zwei Begriffe für eine      nachfolgenden Text nur der Begriff
einheitliche Steuer, die unentgeltli-   „Erbschaftsteuer” verwendet.
che Zuwendungen betrifft.
                                         Wo geregelt?
Sie wird weitgehend nach denselben       § 3 und § 7 Erbschaftsteuer- und
Regeln erhoben – ganz gleich, ob         Schenkungsteuergesetz
eine Zuwendung unter Lebenden
                                         Abschnitt R E 3.1 und R E 7.1 Erb-
(= Schenkung) erfolgt oder ein
                                         schaftsteuer-Richtlinien 2019
Nachlass (im Erbfall) anfällt.

2     Wer zahlt Erbschaftsteuer?
Die deutsche Erbschaftsteuer ist als    Aus dieser persönlichen Anbindung an
sogenannte Erbanfallsteuer ange-        den Zuwendungsempfänger heraus ist
legt. D. h., nicht der Nachlass oder    auch zu verstehen, dass der Fiskus zu-
das Geschenk als solches wird be-       nächst den Erben oder Beschenkten für
steuert, sondern die Zuwendung,         die Erbschaftsteuer in Anspruch nimmt
die beim Erben oder Beschenkten         – im steuerlichen Fachjargon „Steuer-
ankommt.                                schuldner” genannt. Erst wenn es Pro-
                                        bleme bei der Zahlung gibt, wendet
Dies ist ein wichtiger Aspekt. Denn     sich das Finanzamt zusätzlich an den
eine Erbanfallsteuer kann immer auf     Schenker.
die persönlichen Umstände der Zu-
wendung eingehen und danach das         In den Fällen, in denen der Erbe oder
Ausmaß des Steuerzugriffs dosieren.     der Beschenkte das erworbene Vermö-
Die deutsche Erbschaftsteuer sieht      gen gleich weiterschenkt, haftet der
beispielsweise vor, das Erbe der hin-   neue Eigentümer in Höhe des Werts
terbliebenen Ehefrau oder der Kin-      der Zuwendung persönlich für die
der geringer zu besteuern als den       Steuern.
Erbanfall eines Neffen, dessen „Be-       Wo geregelt?
reicherung” qualitativ sehr viel hö-
                                         § 20 Erbschaftsteuer- und
her zu veranschlagen ist und folglich
                                         Schenkungsteuergesetz
auch höher besteuert wird.

6
3      Schritte zur Berechnung der Erbschaftsteuer
Das folgende Schema zeigt Ihnen die einzelnen Schritte zur Berechnung der
Erbschaftsteuer bei einem Erbfall auf. Es soll Ihnen gleichzeitig als Orientie-
rungshilfe bei den nachfolgenden Erläuterungen dienen.

 Gesamtwert des Vermögensanfalls             (Wertansätze siehe Kapitel II.),
 ./. Nachlassverbindlichkeiten               (siehe Kapitel III.1)
 = Reinnachlass/Bereicherung – wird nach der Erbquote auf die Erben aufgeteilt

 Anteil des Erben am Reinnachlass
 + Vorerwerbe in den letzten 10 Jahren       (siehe Kapitel III.2)
 ./. Steuerbefreiungen                       (siehe Kapitel III.3)
 ./. persönliche Freibeträge                 (siehe Kapitel III.4.2)
 = steuerpflichtiger Erwerb

 x Steuersatz je nach Steuerklasse           (siehe Kapitel III.4.1 und III.4.3)
 = Erbschaftsteuer

 ./. Erbschaftsteuer auf Vorerwerbe          (siehe Kapitel III.2)
 = festzusetzende Erbschaftsteuer

 Wo geregelt?
 §§ 10 Absatz 1 und 14 Erbschaft-
 steuer- und Schenkungsteuergesetz
 Abschnitte R E 10.1 – 13 und
 R E 14.1 – 3 Erbschaftsteuer-
 Richtlinien 2019

                                                                                   7
II.   Die Bewertung des der Erbschaftsteuer
      unterliegenden Vermögens
1     Bewertungsmaßstab „gemeiner Wert“
Der erste Schritt zur Ermittlung der   sönliche Verhältnisse wie z. B. Verfü-
Erbschaftsteuer ist, den geerbten      gungsbeschränkungen.
oder geschenkten Vermögensge-
genständen und den ggf. davon ab-      Zur Ermittlung des gemeinen Wertes
zuziehenden Schulden einen Wert        von Grundvermögen, Betriebsvermö-
beizumessen.                           gen und Anteilen an Kapitalgesell-
                                       schaften gibt es besondere Bewer-
Beim Geldvermögen (z. B. Spargut-      tungsverfahren. Diese sind aufgrund
haben, Bargeld, Darlehensforderun-     der Vorgabe des Bundesverfassungs-
gen) ist diese Wertfindung einfach,    gerichts zur verkehrswertnahen Be-
da es hier einen Nennbetrag oder       wertung jedoch notwendigerweise
Nennwert in Euro oder in fremder       sehr komplex. Sie werden daher in den
Währung gibt, die in Euro umgerech-    nachfolgenden Kapiteln nur in ihren
net werden kann.                       wesentlichen Grundzügen dargestellt.
Sachvermögen (z. B. Grundstücke,       Detaillierte Erläuterungen sind auf-
Betriebe, Aktien) oder Rechte (z. B.   grund des begrenzten Umfangs dieser
Nießbrauchs- oder Wohnrechte, Ren-     Broschüre leider nicht möglich.
tenstammrechte), bei denen es kei-
nen solchen direkten Wertbezug gibt,   Bei Zweifelsfragen hilft Ihnen das
müssen zunächst bewertet werden.       für Sie zuständige Erbschaftsteuer-
                                       finanzamt (siehe Kapitel IV.3) gerne
Bewertungsgrundsatz für alle Ver-      weiter.
mögensgegenstände ist der ge-
meine Wert. Dies ist der Preis, der     Wo geregelt?
im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
nach der Beschaffenheit des Wirt-       § 9 Bewertungsgesetz
schaftsgutes bei einer Veräußerung      Abschnitte R B 9.1 – 5 Erbschaft-
zu erzielen wäre. Man bezeichnet ihn    steuer-Richtlinien 2019
daher auch als Verkehrswert.
                                        § 12 Erbschaftsteuer- und
In den gemeinen Wert fließen alle       Schenkungsteuergesetz
den Preis eines Wirtschaftsguts be-     Abschnitte R E 12.1 – 3 Erbschaft-
einflussenden Umstände ein, nicht
                                        steuer-Richtlinien 2019
jedoch ungewöhnliche oder per-

8
2     Grundvermögen
Zum Grundvermögen gehören insbesondere der Grund und Boden, die
­Gebäude und das Wohnungs- und Teileigentum, soweit es sich nicht um land-
 und forstwirtschaftliches Vermögen oder Betriebsvermögen handelt.

In der nachfolgenden Tabelle ist dargestellt, welche Bewertungsverfahren es
für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens – die Grundstücke –
gibt:

 Grundstücksart                        Bewertungsverfahren
 1. unbebaute Grundstücke              Grundstücksfläche x Bodenrichtwert
                                       (siehe 2.1)
 2. bebaute Grundstücke
    a) Ein- und Zweifamilienhäuser     Vergleichswertverfahren (siehe 2.2.1)
    		                                 oder
    b) Wohnungs- und Teileigentum      Sachwertverfahren, wenn kein Ver-
                                       gleichswert vorliegt (siehe 2.2.3)
    c) Mietwohngrundstücke             Ertragswertverfahren (siehe 2.2.2)
    d) Geschäftsgrundstücke und        Ertragswertverfahren (siehe 2.2.2)
       gemischt genutzte Grundstücke   oder
                                       Sachwertverfahren, wenn sich keine
                                       übliche Miete ermitteln lässt
                                       (siehe 2.2.3)

 Wo geregelt?
 § 12 Absatz 3 Erbschaftsteuer- und
 Schenkungsteuergesetz
 §§ 176 ff Bewertungsgesetz
 Abschnitte R B 176 ff Erbschaft-
 steuer-Richtlinien 2019

                                                                               9
2.1   Bewertung unbebauter Grundstücke
Der Wert unbebauter Grundstücke
                                       Wo geregelt?
ergibt sich durch Multiplikation der
Grundstücksfläche mit dem letzten,     § 179 Bewertungsgesetz
vor dem Besteuerungszeitpunkt vom      Abschnitte R B 179.1 – 3 Erbschaft-
zuständigen Gutachterausschuss tur-    steuer-Richtlinien 2019
nusmäßig zu ermittelnden Boden-
richtwert.

Liegt ein solcher nicht vor, ist der
Bodenwert aus den Werten ver-
gleichbarer Flächen abzuleiten.

2.2   Bewertung bebauter Grundstücke
Für die Bewertung bebauter Grund-
                                       Wo geregelt?
stücke schreibt das Bewertungsge-
setz drei verschiedene Bewertungs-     § 182 Bewertungsgesetz
verfahren vor.                         Abschnitt R B 182 Erbschaftsteuer-
                                       Richtlinien 2019
Welches dieser Verfahren zur An-
wendung kommt, hängt von der
Grundstücksart des zu bewertenden
Grundstücks ab (siehe Tabelle S. 9
unter Kapitel II.2).

10
2.2.1 Vergleichswertverfahren
Im Vergleichswertverfahren wird          lich unter Berücksichtigung der Kauf-
der Wert eines Grundstücks in der        preise fortgeschrieben.
Weise ermittelt, dass Kaufpreise von
anderen Grundstücken herange-            Daher werden bei der Bewertung
zogen werden, die mit dem zu be-         derartiger Objekte anstelle direkter
wertenden Grundstück hinsichtlich        Vergleichspreise die von den Gut-
der wertbeeinflussenden Merkmale         achtern ermittelten Vergleichsfakto-
(z. B. Größe, Baujahr, Lage, Ausstat-    ren für die Wohnflächen herangezo-
tung) hinreichend übereinstimmen.        gen.
Grundlage hierfür sind vorrangig die     Die in Hessen flächendeckend ermit-
von den Gutachterausschüssen mit-
                                         telten Vergleichsfaktoren beinhalten
geteilten Vergleichspreise.
                                         regelmäßig auch den Bodenwert,
In Hessen liegen Vergleichsfaktoren      sodass dafür kein zusätzlicher Ansatz
der Gutachterausschüsse für die          erfolgt.
Bewertung von Ein- und Zweifamili-
enhäusern (freistehend oder als Rei-      Wo geregelt?
hen- /Doppelhäuser) und für Eigen-
tumswohnungen vor.                        § 183 Bewertungsgesetz
                                          Abschnitt R B 183 Erbschaftsteuer-
Diese Vergleichsfaktoren werden
                                          Richtlinien 2019
von den Gutachterausschüssen jähr-

2.2.2 Ertragswertverfahren
Im Ertragswertverfahren werden der       Der Bodenwert ist der Wert des
Bodenwert und der Ertragswert des        unbebauten Grundstücks (siehe
                                         ­
Gebäudes zunächst getrennt ermit-        ­Kapitel II.2.1).
telt und dann zum Ertragswert des
Grundstücks addiert. Der Bodenwert
als solcher stellt die Wertuntergrenze
dar, die nicht unterschritten werden
darf.

                                                                               11
Der Grundbesitzwert, der auch den Wert der sonstigen baulichen Anlagen
auf dem Grundstück (z. B. Außenanlagen) umfasst, ergibt sich wie folgt:

        Grund und Boden                           Gebäude
                                                  Rohertrag
                                       (Jahresmiete bzw. übliche Miete)

                                                     ./.
                                           Bewirtschaftungskosten

                                                      =
                                         Reinertrag des Grundstücks

                                                      ./.
                                            Bodenwertverzinsung
                                      (Bodenwert x Liegenschaftszinssatz)

                                                     =
                                             Gebäudereinertrag
                                             (mindestens 0 Euro)
         Bodenrichtwert
               x                                      x
        Grundstücksfläche                       Vervielfältiger

                =                                   =
            Bodenwert                        Gebäudeertragswert

                t                                     t
                     Ertragswert / Grundbesitzwert

 Wo geregelt?
 §§ 184 – 188 Bewertungsgesetz

12
2.2.3 Sachwertverfahren
Auch im Sachwertverfahren werden           Der Grundbesitzwert ergibt sich an-
der Bodenwert und der Sachwert             hand des folgenden Schemas.
des Gebäudes zunächst getrennt
ermittelt und dann zum vorläufigen         Dieser umfasst grundsätzlich auch
Sachwert des Grundstücks addiert,          den Wert der sonstigen baulichen
welcher anschließend mit einer             Anlagen auf dem Grundstück (z. B.
Wertzahl zum Sachwert des Grund-           Außenanlagen).
stücks multipliziert wird.
                                           Nur in Ausnahmefällen mit beson-
Mit der Wertzahl, die von den örtli-       ders werthaltigen Außenanlagen,
chen Gutachterausschüssen ermittelt        wie z. B. einem größeren Swimming-
wird, sollen die unterschiedlichen         pool, und sonstigen Anlagen werden
regionalen Wertverhältnisse berück-        hierfür gesonderte Wertansätze nach
sichtigt werden.                           den gewöhnlichen Herstellungskos-
Der Bodenwert ist der Wert des             ten berücksichtigt.
unbebauten Grundstücks (siehe
Kapitel II.2.1).

        Grund und Boden                                Gebäude
                                                 Regelherstellungskosten
                                               x Baupreisindex
                                               x Brutto-Grundfläche
                                                          =
          Bodenrichtwert                      Gebäuderegelherstellungswert
                x                                          ./.
         Grundstücksfläche                        Alterswertminderung

                =                                         =
            Bodenwert                               Gebäudesachwert

                             Vorläufiger Sachwert
                                       x
                                  Wertzahl
                                       =
                      Sachwert / Grundbesitzwert

                                                                             13
Beispiel für die Bewertung eines Einfamilienhauses im Sachwertverfahren:

 Vererbung eines Einfamilienhauses zum 1. Februar 2021 (Baujahr 2003, mit Keller,
 Dachgeschoss ausgebaut, Gebäudestandard: Standardstufe 3). Die Bruttogrund-
 fläche (= Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen incl. Keller- und
 Dachgeschoss) beträgt 220 m². Die Grundstücksfläche beträgt 700 m², der Bo-
 denrichtwert zum 1. Januar 2021 beträgt 1.200 Euro je m².

 Da der örtliche Gutachterausschuss keine Vergleichspreise oder Vergleichsfak-
 toren für freistehende Einfamilienhäuser mit dieser Bodenrichtwerthöhe ermit-
 telt hat, erfolgt die Bewertung im Sachwertverfahren.

 Wo geregelt?
 §§ 189 – 191 Bewertungsgesetz,
 Anlagen 22 und 24 bis 25 BewG

14
Wertermittlung:
       Grund und Boden                                 Gebäude
                                                Regelherstellungskosten
                                                  (Kostenstand 2010)
                                                        835 €
                                             x Baupreisindex 2021: 129,2 %
                                             = indiziert auf 2021   1.078 €
                                             x Brutto-Grundfläche: 220 m²
                                                         =
         Bodenrichtwert                      Gebäuderegelherstellungswert
            1.200 €                                  237.160 €
               x                                            ./.
        Grundstücksfläche                          Alterswertminderung
            700 m²
                                     Gesamtnutzungsdauer              70 Jahre
                                     Jahr der Bewertung     2021
                                     – Baujahr              2003
                                     = Gebäudealter bei Bewertung     18 Jahre
                                     Alterswertabschlag
                                     25,71 % (18/70*100) v. 237.160 € =
                                                      60.974 €
                =                                          =
            Bodenwert                               Gebäudesachwert
            840.000 €                                  176.186 €

                            Vorläufiger Sachwert
                                1.016.186 €
                                      x
                                   Wertzahl
    (bei vorläufigem Sachwert über 500.000 € u. Bodenrichtwert über 500 €)
                                     1,0
                                      =
                        Sachwert / Grundbesitzwert
                              1.016.186 €

                                                                              15
2.3   Niedrigerer gemeiner Wert
Kann der Erwerber nachweisen, dass     über das zu bewertende Grundstück
der gemeine Wert des Grundstücks       kann als Nachweis dienen.
niedriger ist als der nach den oben
dargestellten typisierten Verfahren    Ein außerhalb dieses Zeitraums im
ermittelte Wert, ist der niedrigere    gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu-
gemeine Wert anzusetzen.               stande gekommener Kaufpreis kann
                                       als Nachweis dienen, wenn die maß-
Der Nachweis ist regelmäßig durch      geblichen Verhältnisse gegenüber
ein Gutachten des örtlich zuständi-    den Verhältnissen zum Bewertungs-
gen Gutachterausschusses oder ei-      stichtag unverändert geblieben sind.
nes Sachverständigen für die Bewer-
tung von Grundstücken zu führen, das   Ist der Verkauf geplant, sollte dies im
unter Anwendung der auf Grund des      Rahmen der Erklärung zum Grund-
§ 199 Abs. 1 des Baugesetzbuchs er-    besitzwert gegenüber dem Finanz-
lassenen Vorschriften erstellt wurde   amt angezeigt werden. Es ist dann
Das Gutachten ist nicht bindend,       hilfreich, wenn entsprechende In-
sondern unterliegt der freien Be-      serate oder Beauftragungen eines
weiswürdigung durch das Finanzamt      Maklers vorgelegt werden.
und kann bei Mängeln zurückgewie-
sen werden.                             Wo geregelt?
Auch ein im gewöhnlichen Geschäfts-     § 198 Bewertungsgesetz
verkehr innerhalb eines Jahres vor
                                        Abschnitt R B 198 Erbschaftsteuer-
oder nach dem Bewertungsstichtag
                                        Richtlinien 2019
zustande gekommener Kaufpreis

16
3      Betriebsvermögen und Anteile an
       Kapitalgesellschaften
Anteile an börsennotierten Unter-          Für nicht an der Börse gehandelte
nehmen werden für Zwecke der Erb-          Anteile an Kapitalgesellschaften
schaftsteuer mit dem für sie notierten     und für das Betriebsvermögen von
niedrigsten Börsenkurs am Tag der          Einzelunternehmen und Personen-
Steuerentstehung angesetzt. Liegt          gesellschaften ist der gemeine Wert
für diesen Tag kein Kurswert vor, ist      in erster Linie aus Verkäufen unter
der letzte innerhalb von 30 Tagen für      fremden Dritten abzuleiten, die we-
diese Anteile notierte Kurs anzuset-       niger als ein Jahr vor dem Tag der
zen.                                       Steuerentstehung zurückliegen.

 Beispiel:
 Der Erblasser hinterlässt ein Einzelunternehmen, das er vor einem halben Jahr
 für 500.000 Euro erworben hatte.

 Bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer ist der frühere Kaufpreis von 500.000 Euro
 als gemeiner Wert des Betriebs anzusetzen.

Liegt ein solcher zeitnaher Kaufpreis      Anstelle der betriebswirtschaftli-
nicht vor, ist der gemeine Wert unter      chen Ertragswertverfahren kann der
Berücksichtigung der Ertragsaus-           gemeine Wert auch in einem ver-
sichten des Betriebs oder anhand           einfachten Ertragswertverfahren er-
einer anderen im gewöhnlichen Ge-          mittelt werden, wenn dies nicht zu
schäftsverkehr für nichtsteuerliche        offensichtlich unzutreffenden Werten
Zwecke üblichen Methode zu ermit-          führt.
teln.
Zu diesen Methoden gehören die in          In diesem Verfahren wird der zukünf-
der betriebswirtschaftlichen Unter-        tig nachhaltig erzielbare Jahreser-
nehmensbewertung gängigen Ver-             trag des Unternehmens mit einem
fahren (z. B. Ertragswertverfahren,        gesetzlich geregelten Kapitalisie-
Vergleichswertverfahren, Multiplika-       rungsfaktor multipliziert.
torenverfahren).
Der Erwerber kann den gemeinen             Das nachfolgende Beispiel verdeut-
Wert durch ein methodisch nicht zu         licht die Grundstrukturen dieses Ver-
beanstandendes Gutachten auf der           fahrens.
Basis dieser Verfahren erklären.

                                                                                17
Beispiel:

 A überträgt zum 1. Januar 2021 eine 100-prozentige Beteiligung an der A-GmbH
 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Sohn S.
 Die Betriebsergebnisse nach Steuern der letzten drei Jahre betragen, 2018:
 Gewinn 200.000 Euro, 2019: Gewinn 170.000 Euro, 2020: Verlust 50.000 Euro
 und beinhalten auch ein angemessenes Geschäftsführergehalt.

 a) Ermittlung des zukünftig nachhaltig erzielbaren Jahresertrags
 		                                              2018        2019        2020
     Betriebsergebnis nach Steuern             200.000 €   170.000 €   - 50.000 €
     + Aufwand Körperschaft- und           125.732 €        72.857 €         0€
       Gewerbesteuer, Solidaritätszuschlag
     – Ertrag Körperschaftsteuer und Solida-         0€          0€    - 13.188 €
       ritätszuschlag aus Verlustrücktrag
     = bereinigtes Betriebsergebnis            325.732 €   242.857 €   - 63.188 €
     – Abzug zur Abgeltung des künftigen        97.720 €    72.857 €         0€
       Ertragssteueraufwands (30 Prozent)
     = verbleibendes Betriebsergebnis          228.012 €   170.000 €   - 63.188 €
     Summe der Betriebsergebnisse 2018 bis 2020			 334.824 €
     dividiert durch 3 Jahre
     = zukünftig nachhaltig erzielbarer Jahresertrag			 111.608 €

 b) Ermittlung des Ertragswertes der Beteiligung
     Jahresertrag			 111.608 €
     x gesetzlicher Kapitalisierungsfaktor			                            13,75
     = Ertragswert und gemeiner Wert des GmbH-Anteils		1.534.610 €

18
Ist der so ermittelte Wert geringer als
                                           Wo geregelt?
der Substanzwert des Betriebs, wird
der Substanzwert angesetzt.                § 12 Absatz 1 und 2 Erbschaftsteuer-
                                           und Schenkungsteuergesetz
Substanzwert ist die Summe der ge-
meinen Werte aller Einzelwirtschafts-      Abschnitte R E 12.1 und 3 Erbschaft-
                                           steuer-Richtlinien 2019
güter und sonstigen Aktiva des
­Betriebs abzüglich der Schulden und       §§ 11, 109, 199 – 203 Bewertungs-
 sonstigen Abzüge.                         gesetz
                                           Abschnitte R B 11.1 – 8,
Bei einer Ableitung des gemeinen           R B 109.1 – 3 und
Wertes aus zeitnahen Verkäufen             R B 199.1 bis R B 203 Erbschaft-
oder aus Börsenkursen spielt der           steuer-Richtlinien 2019
Substanzwert hingegen keine Rolle.

4      Land- und forstwirtschaftliches Vermögen
Zur wirtschaftlichen Einheit des land-    Für die Bewertung des Wirtschafts-
und forstwirtschaftlichen Vermögens       teils gibt es ein spezielles Bewer-
– dem sogenannten Betrieb der Land-       tungsverfahren, das wegen seines
und Forstwirtschaft – gehören der         Umfangs in dieser Broschüre jedoch
Wirtschaftsteil (Betriebsflächen, Be-     nicht dargestellt wird.
triebsmittel usw.), die Betriebswoh-      Für die Betriebswohnungen und den
nungen (z. B. für Arbeitnehmer) und       Wohnteil gelten die Vorschriften für
der Wohnteil (Gebäude für Wohn-           die Bewertung von Wohngrund-
zwecke der Familie des Inhabers und       stücken des Grundvermögens (siehe
der Altenteiler).                         Kapitel II.2).

                                                                             19
5      Übriges Vermögen
Nicht unter die Kapitel II.2, II.3 und II.4 fallende Vermögensgegenstände sind
mit folgenden Wertansätzen vom Todestag oder dem Tag der Schenkung
erbschaftsteuerlich zu erfassen:
Nennwert		                       bei normal verzinsten Kapitalforderungen, Spar-
                                 guthaben etc. (Zinssatz zwischen 3 und 9%)

abgezinster Gegenwartswert       bei zinslosen oder niedrig verzinsten (unter 3%)
                                 Kapitalforderungen mit einer längeren Laufzeit
                                 (z. B. zinslose Darlehen an nahe Verwandte)

aufgezinster Gegenwartswert bei hoch verzinsten (über 9%) Kapitalforde-
                            rungen mit einer längeren Laufzeit.

Zur Berechnung des Gegenwartswertes gibt es spezielle Tabellen.
Rückkaufswert		                  bei Ansprüchen aus noch nicht fälligen Lebens-,
                                 Kapital- oder Rentenversicherungen

Kapitalwert		                    bei lebenslänglichen Nutzungen und Leis-
                                 tungen wie Renten, Wohnrechten und Nieß-
                                 brauchsrechten

 Wo geregelt?
 § 12 Erbschaftsteuer- und Schen-
 kungsteuergesetz
 §§ 11 – 16 Bewertungsgesetz
 Abschnitte R B 12.1 - 3 Erbschaft-
 steuer-Richtlinien 2019

20
6     Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
Bestimmte für die Ermittlung und             weit sie auf mehrere Personen ent-
Festsetzung der Erbschaftsteuer              fallen (siehe Kapitel II.5 und III.1).
erforderliche Besteuerungsgrund-             Die Feststellung erfolgt hierbei in
lagen werden in einem separaten              der Regel durch das Finanzamt, von
Verfahren – der sogenannten geson-           dessen Bezirk die Verwaltung des
derten Feststellung – ermittelt.             Vermögens ausgeht.
Gesondert festzustellen sind:
                                           Das zuständige Finanzamt fordert
• die Grundbesitzwerte für Grundver-
                                           eine entsprechende Feststellungs-
  mö­gen und land- und forstwirtschaft-
                                           erklärung beim Steuerpflichtigen an,
  liches Vermögen (siehe Kapitel II.2
  und II.4);                               wenn dies für die Erbschaftsteuer-
                                           festsetzung von Bedeutung ist.
  Die Feststellung erfolgt durch das
  Lage-Finanzamt.
                                           Der gesondert festgestellte Wert ist
• der Wert des Betriebsvermögens           einer innerhalb eines Jahres nach-
  oder eines Anteils daran und der ge-
                                           folgenden Feststellung für dieselbe
  meine Wert von nicht börsennotier-
  ten Anteilen an Kapitalgesellschaften
                                           wirtschaftliche Einheit zu Grunde zu
  (siehe ­Kapitel II.3);                   legen, wenn sich seitdem die Ver-
  Die Feststellung erfolgt hierbei durch
                                           hältnisse nicht wesentlich geändert
  das Finanzamt, in dessen Bezirk sich     haben (Basiswertregelung).
  die Geschäftsleitung des Betriebs        Der Erwerber kann jedoch eine vom
  befindet (Betriebsfinanzamt).            früheren Wert abweichende Feststel-
• die Werte anderer Vermögensge-           lung durch Abgabe einer Feststel-
  genstände und von Schulden, so-          lungserklärung beantragen.

 Beispiel:
 A erbt am 20. Januar 2020 das Einfamilienhaus seiner Mutter und schenkt am
 1. Juni 2020 den hälftigen Anteil des fortan vermieteten Hauses seiner Ehefrau.
 Der anlässlich der Erbschaft auf den Besteuerungszeitpunkt 20. Januar 2020 ge-
 sondert festgestellte Grundbesitzwert für das Einfamilienhaus kann auch bei der
 Besteuerung der Schenkung vom 1. Juni 2020 zu Grunde gelegt werden, wenn
 seither keine wesentlichen Veränderungen eingetreten sind (z. B. wertsteigernde
 Renovierung). Zum Ansatz kommt die Hälfte des Grundbesitzwertes.

 Wo geregelt?
 §§ 151 und 152 Bewertungsgesetz
 Abschnitt R B 151 und 152 Erb-
 schaftsteuer-Richtlinien 2019

                                                                                21
III. Die Ermittlung der Erbschaftsteuer
Nachdem für das geerbte oder geschenkte Vermögen die Wertansätze fest-
gestellt wurden, schließen sich weitere Schritte für die Ermittlung der Erb-
schaftsteuer an:

1      Abzug von Nachlassverbindlichkeiten, Schulden
       und Lasten
Der Besteuerung unterliegt nur der so-        • Kosten eines Rechtsstreits um den
genannte „Nettovermögenszuwachs“.               Nachlass
                                             wird ein pauschaler Betrag von 10.300
Daher sind die Schulden des Erblassers
                                             Euro ohne Nachweis abgezogen.
und die Kosten aus dem Erbfall vom
Gesamtwert des Vermögens abzu-               Nur bei höheren Aufwendungen lohnt
ziehen. Hierzu gehören auch die Ver-         sich ein Einzelnachweis der Erbfall-
pflichtungen, die durch den Erbfall          kosten. Kosten für die Nachlassver-
selbst entstanden sind, wie etwa Ver-        waltung sind nicht abzugsfähig.
bindlichkeiten aus Vermächtnissen oder
                                             Übernimmt der Beschenkte Schul-
geltend gemachten Pflichtteilen.
                                             den und Lasten des Schenkers, sind
                                             diese ebenfalls vom Wert des ge-
Für Erbfallkosten wie
                                             schenkten Vermögens abzuziehen.
 • Kosten für die Bestattung des Erb-
   lassers,                                  Ist das Vermögen durch ein Nutzungs-
                                             recht zugunsten des Schenkers oder ei-
 • Kosten für ein angemessenes Grab-
                                             nes Dritten belastet (z. B. Nießbrauchs-
   denkmal,
                                             vorbehalt), ist der Wert dieses Rechtes
 • Kosten für die übliche Grabpflege,        (Wertermittlung siehe Kapitel II.5) als
 • Kosten der Nachlassregelung (wie          Verbindlichkeit abzuziehen, soweit das
   z. B. für die Erteilung des Erbscheins,   Recht nicht bereits bei der Bewertung
   Umschreibungen im Grundbuch),             den Grundstückswert gemindert hat.

22
Beispiel:
 Ein Sohn erbt von seinem Vater ein Aktienpaket im Wert von 1.000.000 Euro
 und ein Einfamilienhaus mit einem Verkehrswert von 250.000 Euro. Aufgrund
 testamentarischer Verfügung des Erblassers muss der Sohn an seine Schwester
 ein Vermächtnis von 500.000 Euro auszahlen und sämtliche Erbfallkosten (ins-
 gesamt 8.000 Euro) übernehmen.
 Daneben lasten auf dem Grundstück im Todeszeitpunkt noch Schulden aus ei-
 ner Hypothek in Höhe von 70.000 Euro.

 Der zu versteuernde Nachlass des Sohnes berechnet sich wie folgt:
        Aktienpaket		 1.000.000 Euro
        Einfamilienhaus                   + 250.000 Euro
        Gesamtwert des Vermögens		 1.250.000 Euro
        Hypothek                  -   70.000 Euro
        Vermächtnis Schwester     - 500.000 Euro
        Erbfallkosten-Pauschale   -   10.300 Euro
        Reinnachlass/Bereicherung		              669.700 Euro

Bitte beachten:
Schulden und Lasten sind nur abzugs-      zu Wohnzwecken vermietete Grund-
fähig, soweit sie in wirtschaftlichem     stücke (siehe Kapitel III.3.9).
Zusammenhang mit Vermögen ste-
hen, das der Erbschaftsteuer unter-       Für die steuerfreie Übertragung eines
liegt. Schulden, die z. B. auf ein nach   Familienheims (siehe Kapitel III.3.3)
einem Doppelbesteuerungsabkom-            bedeutet dies:
men steuerfreies Auslandsvermögen          • Ist die Übertragung in vollem Um-
entfallen, sind dem­nach nicht abzugs-       fang steuerfrei (an Ehegatten oder
fähig.                                       Objekte bis 200 m² Wohnfläche an
Schulden und Lasten, die mit teilweise       Kinder), sind die damit in wirtschaft-
steuerbefreitem Vermögen in Zusam-           lichem Zusammenhang stehenden
menhang stehen, sind nur mit dem             Schulden in voller Höhe nicht ab-
Betrag abzugsfähig, der dem steu-            zugsfähig.
erpflichtigen Anteil des Vermögens
entspricht. Dies gilt z. B. für begüns-   • Ist die Übertragung eines Familien-
tigtes Betriebsvermögen, Anteile an         heims an Kinder zum Teil steuerfrei
Kapitalgesellschaften und land- und         (bei Objekten mit mehr als 200 m²
forstwirtschaftliche Betriebe (siehe        Wohnfläche), sind die damit in wirt-
Kapitel III.3.8) und für begünstigte        schaftlichem Zusammenhang stehen-

                                                                                23
den Schulden anteilig nicht abzugs-   tigt wurden, sind diese nicht geson-
     fähig.                                dert abzugsfähig (z.B. Verbindlichkei-
                                           ten des geerbten Betriebs).
Fallen die Voraussetzungen für die
Steuerfreiheit nachträglich weg, sind
                                            Wo geregelt?
die Schulden in voller Höhe mit ihrem
Betrag zum Zeitpunkt der Steuerent-         § 10 Absätze 3 bis 9 Erbschaftsteuer-
stehung abziehbar.                          und Schenkungsteuergesetz
                                            Abschnitt R E 10.1 – 13 Erbschaft-
Soweit Schulden bereits bei der Be-
                                            steuer-Richtlinien 2019
wertung des Vermögens berücksich-

2        Hinzurechnung der Vorerwerbe
Eine Erbschaft oder Schenkung wird         Die auf die frühere Schenkung entfal-
mit früheren Schenkungen innerhalb         lende (tatsächliche oder fiktiv ermit-
der letzten 10 Jahre von derselben         telte) Steuer zieht das Finanzamt von
Person zu einem Gesamterwerb zu-           der Steuer für den Gesamterwerb ab.
sammengerechnet.
                                           Die Anrechnung erfolgt maximal bis
Die früheren Erwerbe werden dabei          zu der Höhe der Steuer, die sich für
jeweils mit ihrem früheren Wert dem        den aktuellen Erwerb ohne die Hin-
Letzterwerb hinzugerechnet. Wert-          zurechnung der Vorerwerbe ergibt.
veränderungen in der Zwischenzeit
oder neue Bewertungsregeln spie-
len keine Rolle.

24
Beispiel:
Ein Vater hatte seinem Sohn im November 2011 ein Einfamilienhaus im Wege
der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Am 1. Februar 2020 stirbt der
Vater und hinterlässt dem Sohn ein Geldvermögen und Aktien im Wert von
200.000 Euro.
a) Besteuerung der Schenkung im Jahr 2011
  Wert des Einfamilienhauses (Grundbesitzwert)                       450.000 €
  = persönlicher Freibetrag Kind 400.000 Euro                        400.000 €
  = steuerpflichtiger Erwerb                                          50.000 €
    x Steuersatz 7% lt. Steuerklasse I
  = Erbschaftsteuer                                                    3.500 €
b) Besteuerung des Erbfalls im Jahr 2020
  Nachlass Geldvermögen und Aktien                                   200.000 €
  + Vorerwerb Einfamilienhaus (Grundbesitzwert)                      450.000 €
  = Gesamterwerb                                                     650.000 €
  = persönlicher Freibetrag Kind 400.000 Euro                        400.000 €
  = steuerpflichtiger Erwerb                                         250.000 €
    x Steuersatz 11% lt. Steuerklasse I
  = Erbschaftsteuer Gesamterwerb                                      27.500 €

Anrechnung der Steuer aus Vorerwerb                              =     3.500 €

verbleibende Erbschaftsteuer auf Gesamterwerb                         24.000 €

Anrechnungsuntergrenze:
Die nach der Anrechnung verbleibende Erbschaftsteuer (24.000 Euro) unter-
schreitet nicht die Steuer, die sich für den letzten Erwerb (200.000 Euro) ohne
Hinzurechnung des Vorerwerbs ergeben würde (hier Null Euro wegen des ho-
hen persönlichen Freibetrags).

                                          Wo geregelt?
                                          § 14 Erbschaftsteuer- und
                                          Schenkungsteuergesetz
                                          Abschnitt R E 14.1 und 3 Erbschaft-
                                          steuer-Richtlinien 2019

                                                                             25
3      Steuerbefreiungen
Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz sieht unter anderem fol-
gende Steuerbefreiungen vor:

3.1    Zugewinnausgleichsfreibetrag für Ehegatten
       und Lebenspartner
Die meisten Ehegatten leben im ge-       gung durch Ehepartner oder Festle-
setzlichen Güterstand der Zugewinn-      gung durch Gericht) in voller Höhe
gemeinschaft.                            steuerfrei.

Dies bedeutet zivilrechtlich:            Im Todesfall eines Ehepartners ist die
1. Die Vermögen der Eheleute sind        Rechtslage komplizierter:
   während der Ehe getrennt.
                                         Das Erbrecht gewährt dem überle-
2. Der Zugewinn zum Vermögen ei-         benden Ehegatten zum Ausgleich
   nes Ehegatten (z. B. Ersparnisse      des Zugewinns im Normalfall eine
   aus Arbeitseinkommen) fällt nur       pauschale Erhöhung seines Erbteils
   einem Ehegatten und nicht bei-        um ein Viertel gegenüber den übri-
   den Eheleuten gemeinschaftlich        gen Erben.
   zu.
                                         Das Steuerrecht folgt dieser pau-
3. Ein ungleicher Zugewinn während       schalen Abgeltung des Zugewinns
   der Ehe wird ausgeglichen, wenn       nicht. Es fordert vielmehr die detail-
   die Zugewinngemeinschaft endet        lierte Ermittlung einer sogenannten
   (durch Tod oder Scheidung). Der       „fiktiven Ausgleichsforderung”, als
   Zugewinnausgleich erfolgt grund-      ob nicht der Tod, sondern eine Schei-
   sätzlich in Höhe der hälftigen Dif-   dung die Zugewinngemeinschaft be-
   ferenz.                               endet hätte.
Das Erbschaftsteuerrecht geht nun        Diese „fiktive Ausgleichsforderung”
davon aus, dass der während der          ist die Berechnungsgrundlage für
Ehe erwirtschaftete Vermögenszu-         den Zugewinnausgleichsfreibetrag.
gewinn eigentlich beiden Ehegatten
gemeinsam gehört. Der Ausgleichs-        Die „fiktive Ausgleichsforderung”
empfänger übernimmt demzufolge           errechnet sich durch Gegenüberstel-
nur, was ihm sowieso zusteht.            lung des Anfangs- und des Endver-
                                         mögens der Eheleute, ggf. korrigiert
Im Scheidungsfall bleibt deshalb der     um Vermögenszugänge aus angefal-
gezahlte Zugewinnausgleich (Eini-        lenen Erbschaften.

26
Das Berechnungsschema (vereinfacht):

                                         Ehemann              Ehefrau
 Endvermögen im Todeszeitpunkt           450.000 Euro         115.000 Euro
 abzüglich Anfangsvermögen bei
 Eheschließung                            50.000 Euro          30.000 Euro
 abzüglich Erbschaft von den Eltern		                          35.000 Euro

 Zugewinn                                400.000 Euro          50.000 Euro

 Die Ehefrau hat beim Tod des Ehemanns eine fiktive Ausgleichsforderung/Frei-
 betrag von 175.000 Euro (400.000 Euro ./. 50.000 Euro = 350.000 Euro x ½).

Soweit die Theorie; in der Praxis tre-   zum Anfangs- und Endvermögen ge-
ten häufig Probleme auf, weil etwa       hörenden Vermögensgegenstände.
die Trennung der Vermögen Schwie-
rigkeiten bereitet (Wem gehört das       Die Ausführungen gelten auch für ein-
Silber?) oder das Anfangsvermögen        getragene Lebenspartner.
(nach vielleicht 40 Jahren) kaum re-
konstruierbar ist.                        Wo geregelt?
Sie sollten soweit möglich auf vor-       §§ 1363 ff. Bürgerliches Gesetzbuch
handene Unterlagen zurückgreifen          § 5 Erbschaftsteuer- und Schenkung-
– etwa auf Kaufbelege, Urkunden etc.      steuergesetz
Sollten keine Belege oder andere Er-
                                          Abschnitte R E 5.1 – 2 Erbschaft-
kenntnisquellen mehr vorhanden sein,
                                          steuer-Richtlinien 2019
genügt eine sorgfältige Schätzung der

                                                                              27
3.2    Hausrat, PKW, Schmuck, Kulturgüter, Gebäude unter
       Denkmalschutz usw.
Hausrat ist beim Erwerb durch Perso-     ser Gegenstände wegen ihrer Be-
nen der Steuerklasse I bis zu einem      deutung für Kunst, Geschichte oder
Wert von 41.000 Euro steuerfrei. Zum     Wissenschaft im öffentlichen Inter-
Hausrat gehören beispielsweise die       esse liegt, die jährlichen Kosten in
gesamte Wohnungseinrichtung, Wäsche      der Regel die erzielten Einnahmen
und Kleidungsstücke.                     übersteigen und die Gegenstände
                                         in einem den Verhältnissen entspre-
Beim gemeinsamen Hausrat von             chenden Umfang den Zwecken der
Ehegatten geht man davon aus, dass       Forschung oder der Volksbildung
die Hälfte des Hausrats dem über-        nutzbar gemacht sind/werden.
lebenden Ehegatten im Normalfall
ohnehin schon gehört. Diese Hälfte       In vollem Umfang sind diese steuer-
wird von der Erbschaftsteuer über-       frei, wenn die vorgenannten Voraus-
haupt nicht berührt.                     setzungen erfüllt sind und zudem
                                         die Gegenstände den geltenden
Neben dem Hausrat können andere          Bestimmungen der Denkmalspflege
bewegliche Gegenstände wie zum Bei-      unterstellt werden, sowie seit min-
spiel private PKW, Schmuck, Musikinst-   destens 20 Jahren im Besitz der Fa-
rumente etc. bis zu einem Wert von       milie sind oder in ein Verzeichnis
12.000 Euro steuerfrei an Personen       national wertvollen Kulturgutes nach
der Steuerklasse I übertragen werden.    § 7 Abs. 1 des Kulturgutschutzgeset-
Die Befreiung erstreckt sich nicht auf   zes vom 31.07.2016 (BGBl. I S. 1914)
Zahlungsmittel, Wertpapiere, Münzen,     in der jeweils geltenden Fassung ein-
Edelmetalle, Edelsteine und Perlen       getragen sind.
sowie Gegenstände, die zum land-
und forstwirtschaftlichen Vermögen,      Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung
Grundvermögen oder Betriebsver-          für die Vergangenheit weg, wenn die
mögen gehören.                           Gegenstände innerhalb von 10 Jah-
                                         ren nach dem Erwerb veräußert wer-
Bei Personen der Steuerklassen II
                                         den bzw. die Voraussetzungen für
und III beträgt der Freibetrag für
Hausrat und andere bewegliche Ge-        die Steuerbefreiung innerhalb die-
genstände zusammen 12.000 Euro.          ses Zeitraums entfallen.

Kunstgegenstände, Kunstsammlun-           Wo geregelt?
gen, wissenschaftliche Sammlungen,        § 13 Absatz 1 Nr. 1 und 2 Erbschaft-
Bibliotheken und Archive bleiben mit      steuer- und Schenkungsteuergesetz
60 % ihres Werts und Grund-
                                          RE 13.2 Erbschaftsteuer-Richt-
besitz(teile) mit 85 % ihres Werts
                                          linien 2019
steuerfrei, wenn die Erhaltung die-

28
3.3    Familienheime

3.3.1 Schenkung eines Familienheims an den Ehegatten
      oder Lebenspartner
Schenkt jemand seinem Ehegatten           Dies gilt auch, wenn jemand seinen
oder eingetragenen Lebenspartner          Ehegatten oder eingetragenen Lebens­
das Eigentum oder Miteigentum an           partner von eingegangenen Verpflich-
einem zu eigenen Wohnzwecken ge-          tungen im Zusammenhang mit der
nutzten Familienheim (z.B. Einfamilien-   Anschaffung oder Herstellung des
haus oder Eigentumswohnung) im In-        ­Familienheims freistellt (z. B. Ablösung
land oder in Staaten der Europäischen      eines Hypothekenkredits) oder wenn
Union (EU) oder des Europäischen           ein Ehegatte oder eingetragener Le-
Wirtschaftsraums (EWR), erhebt der         benspartner nachträglichen Herstel-
Fiskus keine Schenkungsteuer.              lungs- oder Erhaltungsaufwand trägt.

 Beispiel:
 A. erbt von seinem Vater ein Einfamilienhaus, in das er mit seiner Familie ein-
 zieht. A. schenkt seiner Ehefrau den hälftigen Anteil an dem Anwesen.
 Die Schenkung ist steuerfrei.

                                           Wo geregelt?
                                           § 13 Absatz 1 Nr. 4a Erbschaft-
                                           steuer- und Schenkungsteuergesetz
                                           Abschnitt R E 13.3 Erbschaftsteuer-
                                           Richtlinien 2019

                                                                                29
3.3.2 Vererbung eines Familienheims an den Ehegatten
      oder Lebenspartner
Erbt ein Ehegatte oder eingetra-          gung in einem Pflegeheim).
gener Lebenspartner vom anderen
Ehegatten oder Lebenspartner ein          Die Steuerbefreiung entfällt aber
bebautes Grundstück (z. B. Einfami-       mit Wirkung für die Vergangenheit,
lienhaus, Eigentumswohnung) im            wenn der Erbe dieses Familienheim
Inland oder in einem EU/EWR-Staat         innerhalb von zehn Jahren nach dem
oder einen Miteigentumsanteil da-         Erwerb nicht mehr zu eigenen Wohn-
ran, in dem der Erblasser bis zu sei-     zwecken nutzt, es sei denn, dass die
nem Tod eine Wohnung zu eigenen           Selbstnutzung aus zwingenden Grün-
Wohnzwecken nutzte, bleibt der            den (z.B. Umzug ins Pflegeheim) nicht
Wert dieser Wohnung steuerfrei,           mehr möglich ist.
wenn sie der überlebende Ehegatte
oder Lebenspartner unverzüglich zu         Wo geregelt?
seinen eigenen Wohnzwecken nut-
zen will.                                  § 13 Absatz 1 Nr. 4b Erbschaft-
                                           steuer- und Schenkungsteuergesetz
Dies gilt auch, wenn der Erblasser aus
                                           Abschnitt R E 13.4 Absatz 1 – 5
zwingenden Gründen an einer Selbst-
                                           Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019
nutzung gehindert war (z.B. Unterbrin-

3.3.3 Vererbung eines Familienheims an Kinder
Die Steuerfreiheit in Kapitel III.3.3.2   oder die Kinder verstorbener Kinder,
gilt unter den dort genannten Vor-        soweit die Wohnfläche der Wohnung
aussetzungen auch für die Übertra-        200 Quadratmeter nicht übersteigt.
gung eines Familienheims an Kinder

 Beispiel:
 Vererbung eines Einfamilienhauses mit 240 m² Wohnfläche im Wert von
 300.000 Euro an ein Kind.
 Unter den o.g. Voraussetzungen bleibt ein anteiliger Grundbesitzwert in
 Höhe von 250.000 Euro (300.000 *200/240) steuerfrei.

                                           Wo geregelt?
                                           § 13 Absatz 1 Nr. 4c Erbschaft-
                                           steuer- und Schenkungsteuergesetz
                                           Abschnitt 13.4 Absatz 7 Erbschaft-
                                           steuer-Richtlinien 2019

30
3.4    Unentgeltliche Pflege
Bis zu 20.000 Euro sind bei Personen
                                         Wo geregelt?
steuerfrei, die den Erblasser unent-
geltlich oder gegen unzureichendes       § 13 Absatz 1 Nr. 9 Erbschaft-
Entgelt gepflegt, bei sich aufgenom-     steuer- und Schenkungsteuergesetz
men oder sonst unterhalten haben,
soweit die Zuwendung als angemes-
senes Entgelt hierfür anzusehen ist.

3.5    Vermögensrückfall
Fallen Vermögensgegenstände ver-
                                         Wo geregelt?
storbener Kinder, die ihnen von den
Eltern oder Großeltern ursprünglich      § 13 Absatz 1 Nr. 10 Erbschaft-
einmal geschenkt wurden, wieder an       steuer- und Schenkungsteuergesetz
diese zurück, ist dieser Rückfall erb-
schaftsteuerfrei.                        Abschnitt R E 13.6 Erbschaftsteuer-
                                         Richtlinien 2019

3.6    Übliche Gelegenheitsgeschenke
Übliche Gelegenheitsgeschenke sind
                                         sWo geregelt?
steuerfrei. Nicht hierzu zählen wert-
volle Geschenke wie Schmuck, Wert-       § 13 Absatz 1 Nr. 14 Erbschaft-
papiere oder Pkws, die als frühzeitige   steuer- und Schenkungsteuergesetz
Vermögensübertragung gedacht sind.

                                                                           31
3.7   Spenden für gemeinnützige oder kirchliche Zwecke,
      an Parteien und freie Wählervereinigungen
Hierunter fallen unter anderem:            Erblasser oder Schenker errichtet
• Zuwendungen an Institutionen, die        hat,
  gemeinnützige, mildtätige oder         • Zuwendungen für kirchliche/ge-
  kirchliche Zwecke verfolgen und          meinnützige Zwecke, sofern eine
  entsprechend steuerlich aner-            gemeinnützige Verwendung gesi-
  kannt sind,                              chert ist (z. B. Geldgeschenk an den
• Spenden an politische Parteien im        örtlichen Pfarrer mit der Auflage,
  Sinne des § 2 des Parteiengesetzes,      das Geld dem kirchlichen Kinder-
• Vereine ohne Parteicharakter (freie      garten zukommen zu lassen).
  Wählervereinigungen), wenn der
  Vereinszweck ausschließlich auf        Diese Zuwendungen (Erbschaften
  die Teilnahme an der politischen       oder Schenkungen) für gemeinnüt-
  Willensbildung durch eigene Wahl-      zige oder kirchliche Zwecke sowie
  vorschläge zu Wahlen auf Bundes-,      die Zuwendungen an Parteien und
  Landes- oder Kommunalebene ab-         freie Wählergemeinschaften sind
  zielt und der Verein entweder bei      von der Erbschaft-/Schenkungsteuer
  der jeweils letzten Wahl wenigstens    befreit.
  ein Mandat errungen hat oder der
  zuständigen Wahlbehörde ange-           Wo geregelt?
  zeigt hat, mit eigenen Wahlvorschlä-
  gen an der nächsten Wahl teilneh-       § 13 Absatz 1 Nr. 16 bis 18 Erbschaft-
  men zu wollen,                          steuer- und Schenkungsteuergesetz
                                          Abschnitte R E 13.8 und R E 13.10
• Vermögensübertragungen auf eine
                                          Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019
  gemeinnützige Stiftung, die der

32
3.8    Begünstigung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land-
       und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften
       im Wert bis zu 26 Millionen Euro
Die Generationennachfolge in den         Teile der bisherigen gesetzlichen
Unternehmen und die Erhaltung            Regelungen zur Begünstigung von
der Arbeitsplätze im geerbten oder       Betriebsvermögen, Betrieben der
geschenkten Betrieb soll durch die       Land- und Forstwirtschaft und Antei-
Erhebung der Erbschaftsteuer nicht       len an Kapitalgesellschaften nicht mit
erschwert oder gefährdet werden.         dem Grundgesetz vereinbar sind.
                                         Der Gesetzgeber hat daraufhin die
Für Betriebsvermögen, Anteile an         gesetzlichen Regelungen mit Wir-
Kapitalgesellschaften und Betriebe der   kung vom 1. Juli 2016 angepasst.
Land- und Forstwirtschaft gibt es da­
her weitreichende Steuerbefreiungen.     Die nachfolgenden Ausführungen
                                         stellen nur die Grundzüge einer sehr
Das Bundesverfassungsgericht hatte       komplizierten Rechtsmaterie dar. Bei
mit Urteil vom 17. Dezember 2014         Zweifelsfragen sollten Sie den Rat ei-
– 1 BvL 21/12 – entschieden, dass        nes steuerlichen Beraters einholen.

3.8.1 Wie hoch ist die Begünstigung?
Vom gemeinen Wert des begünstig-         den Betrag von 150.000 Euro über-
ten Vermögens bleiben 85 Prozent         steigt (bei einem Unternehmenswert
steuerfrei (Verschonungsabschlag).       ab 3 Mio. Euro ist er abgeschmolzen).
Lediglich 15 Prozent fließen nach
Kürzung um einen Abzugsbetrag in          Wo geregelt?
Höhe von 150.000 Euro in den steu-
erpflichtigen Erwerb ein.                 §§ 13a Absätze 1 und 2
                                          Erbschaftsteuer- und Schenkung-
Dieser Abzugsbetrag ist gleitend          steuergesetz
aus­
   gestaltet und reduziert sich um
                                          Abschnitte R E 13a. 1 bis 3
50 Prozent des Betrages, um den der
                                          Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019
steuerpflichtige Anteil (= 15 Prozent)

                                                                             33
3.8.2 Welches Vermögen ist begünstigungsfähig?
Begünstigungsfähig sind                      – eines Anteils eines persönlich
• der inländische Wirtschaftsteil des          haftenden Gesellschafters einer
  land- und forstwirtschaftlichen Ver-         Kommanditgesellschaft auf Ak-
  mögens und selbst bewirtschaftete            tien
  Grundstücke sowie entsprechendes           oder
  Vermögen, das einer Betriebsstätte         – eines Anteils hieran.
  in einem anderen Mitgliedstaat der
                                           • Anteile an einer Kapitalgesell-
  EU oder des EWR dient.
                                             schaft mit Sitz im Inland oder in
  Stückländereien sind nicht begüns-         einem anderen Staat der EU oder
  tigt. Dies sind einzelne land- und         des EWR, an der der Erblasser
  forstwirtschaftlich genutzte Flä-          oder Schenker zu mehr als 25 Pro-
  chen, die am Bewertungsstichtag            zent unmittelbar beteiligt war.
  nicht dem Eigentümer, sondern              Beteiligungen unter 25 Prozent
  einem anderen Betrieb der Land-            können bei Vorliegen bestimm-
  und Forstwirtschaft für mindestens         ter gesellschaftsrechtlicher Verfü-
  15 Jahre zu dienen bestimmt sind.          gungsbeschränkungen und Stimm-
• inländisches Betriebsvermögen              rechtsbindung in einem sog. Pool-
  und entsprechendes Vermögen in             vertrag mit den Anteilen weiterer
  einem anderen Mitgliedstaat der            Gesellschafter zusammengerech-
  EU oder des EWR beim Erwerb                net werden.
  – eines ganzen Gewerbebetriebs           Wo geregelt?
    oder freiberuflichen Vermögens,
                                           § 13b Absatz 1 Erbschaftsteuer- und
  – eines Teilbetriebs,
                                           Schenkungsteuergesetz
  – eines Anteils an einer gewerblich
                                           Abschnitte R E 13b. 3 bis 6
    oder freiberuflich tätigen Personen-
                                           Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019
    gesellschaft,

34
3.8.3 Welches Vermögen ist nicht begünstigungsfähig?
Nicht begünstigungsfähig ist das unter         - die Überlassung vorrangig dem Ab-
3.8.2 genannte Vermögen, soweit das               satz eigener Erzeugnisse oder Pro-
Betriebsvermögen des Betriebs oder                dukte des Überlassenden dient.
der Gesellschaft bzw. das land- und
                                             • Anteile an Kapitalgesellschaften bei
forstwirtschaftliche Vermögen in Ver-
                                               unmittelbarer Beteiligung am Nenn-
waltungsvermögen besteht.
                                               kapital von 25 Prozent oder weniger,
Zum Verwaltungsvemögen gehören                 Wertpapiere und vergleichbare For-
folgende Wirtschaftsgüter:                     derungen, es sei denn, diese dienen
 • Dritten zur Nutzung überlassene             dem Hauptzweck des Gewerbebe-
   Grundstücke, Grundstücksteile, grund­       triebs eines Kredit- oder Finanzdienst-
   stücksgleiche Rechte und Bauten.            leistungsinstituts oder eines Versiche-
   Hier gibt es jedoch Rückausnahmen           rungsunternehmens.
   mit der Folge, dass kein Verwaltungs-     • Wert des Bestands an Zahlungsmit-
   vermögen vorliegt, z. B. wenn               teln, Geschäftsguthaben, Geldforde-
   – der Erblasser das Grundstück              rungen und anderen Forderungen,
     an eine Personengesellschaft über-        soweit er – nach Abzug des gemeinen
     lassen hatte, an der er als Gesell-       Werts der Schulden – 15 Prozent des
     schafter beteiligt war und der Erbe       anzusetzenden Werts des Betriebs-
     in diese Stellung eintritt oder           vermögens des Betriebs oder der Ge-
   – die Nutzungsüberlassung im Rah-           sellschaft übersteigt.
     men einer unbefristeten Betriebs-       • Kunstgegenstände und -sammlun-
     verpachtung im Ganzen erfolgt             gen, Bibliotheken und Archive, Mün-
     und der Verpächter den Pächter            zen, Edelmetalle und Edelsteine,
     als Erben eingesetzt hat oder             Briefmarkensammlungen, Oldtimer,
   – die Nutzungsüberlassung an ei-            Yachten etc., wenn der Handel mit
     nen Dritten im Rahmen einer auf           diesen Gegenständen nicht Haupt-
     höchstens zehn Jahre befristeten          zweck des Gewerbebetriebs ist.
     Betriebsverpachtung im Ganzen           Vom gemeinen Wert der Wirtschafts-
     erfolgt, weil der Beschenkte den        güter des Verwaltungsvermögens
     Betrieb noch nicht führen kann (z. B.   wird zunächst der anteilige gemeine
     minderjähriges Kind) oder               Wert noch verbleibender Schulden
   – die Überlassung innerhalb eines         abgezogen. Der sich ergebende Netto-
     Konzerns erfolgt oder                   wert des Verwaltungsvermögens ist
   – die Überlassung durch eine Gesell-      begünstigt, soweit er 10 Prozent des
     schaft erfolgt, deren Hauptzweck in     gemeinen Wertes des nicht zum Verwal-
     der Vermietung von Wohnungen            tungsvermögen zählenden Betriebs-
     besteht und dieser einen wirtschaft-    vermögens nicht übersteigt. Der diese
     lichen Geschäftsbetrieb erfordert       Grenze übersteigende Teil ist nicht be-
     oder                                    günstigungsfähig.

                                                                                   35
Wirtschaftsgüter des Verwaltungsver­          Die gemeinen Werte der Wirtschafts-
mögens, die im Besteuerungszeit-              güter des Verwaltungsvermögens
punkt (Zeitpunkt des Todes oder der           und des „jungen Verwaltungsver-
Schenkung) dem Betrieb weniger als            mögens“ werden bei Bedarf vom zu-
zwei Jahre lang zuzurechnen sind              ständigen Betriebsfinanzamt (siehe
(sog. „junges Verwaltungsvermö-               Kapitel II.6) gesondert festgestellt.
gen“), sind generell nicht begünstigt.
Das gilt unabhängig davon, wie die             Wo geregelt?
Wirtschaftsgüter in das Unterneh-
                                               § 13b Absatz 4, 6, 7 und 10 Erb-
men gelangt sind oder ob bzw. wie              schaftsteuer- und Schenkungsteuer-
lange sich die Wirtschaftsgüter zuvor          gesetz
in einem anderen Unternehmen des
                                               Abschnitte R E 13b. 12 ff. Erbschaft-
Unternehmensverbunds befunden
                                               steuer-Richtlinien 2019
haben.

3.8.4 Unter welchen Voraussetzungen wird die Vergünstigung
      gewährt und wann wird sie nachträglich rückgängig gemacht?
      (Verschonungsvoraussetzungen)
Verschonungsabschlag und Abzugs-                – bei mehr als
betrag hängen von bestimmten Ver-                 15 Beschäftigten         400 %
schonungsvoraussetzungen ab, die vom            der Ausgangslohnsumme nicht un-
Betriebsnachfolger zu erfüllen sind.            terschreitet (Mindestlohnsumme).

a) Lohnsummenklausel                            Ausgangslohnsumme ist die durch-
                                                schnittliche Lohnsumme der letzten
     Die Gewährung des 85-prozentigen           fünf vor dem Erbfall bzw. der Schen-
     Verschonungsabschlags (nicht je-           kung endenden Wirtschaftsjahre.
     doch des gleitenden Abzugsbetrags,
     siehe Kapitel III.3.8.1) setzt voraus,     Zur Lohnsumme zählen alle Ver-
     dass die Lohnsumme des Betriebs,           gütungen an Arbeitnehmer in
     der ganz oder anteilsmäßig über-           Form von Geld- oder Sachleistun-
     geht, in den auf den Übergangs-            gen wie Löhne, Prämien, Gratifika-
     zeitpunkt folgenden fünf Jahren            tionen, Abfindungen, Provisionen,
     – bei mehr als 5 bis                       Zulagen und ähnliche Leistungen.
       10 Beschäftigten           250 %,        Außen vor bleiben Vergütungen
     – bei mehr als 10 bis                      an Saisonarbeiter sowie an Be-
       15 Beschäftigten           300 %,        schäftigte, die sich in Mutterschutz

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