Presseschau vom 23.10.2020 - Münchner Kammerspiele ...

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Presseschau vom 23.10.2020 - Münchner Kammerspiele ...
Presseschau vom
   23.10.2020
Presseschau vom 23.10.2020 - Münchner Kammerspiele ...
iInhaltsverzeichnis:

 1) Theaterkritik über „Eine Jugend in
    Deutschland“ in der TAZ

 2) Bericht über die neuen Corona-Regeln
    bei Kulturveranstaltungen im BR24

 3) Bericht über die auf „rot“-gesetzte
    Corona-Ampel in den BRF Nachrichten

 4) Interview mit Carsten Brosda über die
    Folgen eines möglichen Kultur-
    Lockdowns im „vorwärts“

 5) Bericht über die Neuauflage der
    Künstlerförderung in Bayern im BR24

 6) Bericht über Absage des Winter-
    Tollwood im TZ

 7) Bericht über die neue Intendantin der BR
    im Spiegel
Presseschau vom 23.10.2020 - Münchner Kammerspiele ...
8) Bericht über die neue Intendantin der BR
   in der SZ

9) Bericht über Corona und die Kulturszene
   im BR Klassik
Presseschau vom 23.10.2020 - Münchner Kammerspiele ...
Theaterkritik über „Eine Jugend in
Deutschland“ in der TAZ, 22.10.2020
Presseschau vom 23.10.2020 - Münchner Kammerspiele ...
Theaterstück über Ernst Toller: Ein
zerbrechlicher Held
Jan-Christoph Gockel inszeniert Ernst Tollers „Eine Jugend in Deutschland“. Er spielt
dabei mit zu vielen Einfällen in den Kammerspielen München.

Szene aus „Eine Jugend in Deutschland“ an den Kammerspielen München
Foto: Francesco Giordano

Ein vielversprechender Beginn: Der achtzigjährige Walter Hess überblickt sein
Leben. Lange – sagt er schlicht – dauere es nicht mehr. Das sei dann so, wie
wenn man ein Stück zum zweiten Mal lese: „Man sieht den Anfang anders,
wenn man das Ende kennt.“ Ob der Satz nun von ihm stammt oder von Ernst
Toller, um den es an diesem Abend an den Münchner Kammerspielen geht:
Tenor und innere Haltung passen gut zur melancholischen Lakonie, die Tollers
autobiografischen Roman „Eine Jugend in Deutschland“ prägt.

1933 erschienen, schildert er das Aufwachsen unter der preußischen Knute,
das Trauma des Ersten Weltkrieges und das Scheitern der Räterepublik.
Gewidmet hat der Revolutionsführer von 1919 sein Buch „der Welt von
morgen“.

Die hat auch Regisseur Jan-Christoph Gockel im Blick. Doch erst taucht auf
Julia Kurzwegs Drehbühne die Welt von gestern auf. „Gestern“ ist bei Gockel
und seinem Puppenspieler-Partner Michael Pietsch ein Schulzimmer voller
Puppen, gekleidet in bunte Kostüme, aber mit den Gesichtern der
Schauspieler, die ihnen die Stimmen leihen, während Walter Hess mit ihnen
hantiert.
Presseschau vom 23.10.2020 - Münchner Kammerspiele ...
Sehr intensiv hat sich Hess offensichtlich nicht mit dem Puppens piel
beschäftigt. Es hätte sich auch nicht gelohnt. Denn unter dem Vorwand, sich
mit der facettenreichen Persönlichkeit eines Schriftstellers, geläuterten Hurra-
Patrioten und politischen Utopisten zu beschäftigen, werden Bühnenmittel hier
kurz angefasst und schnell wieder fallen gelassen.

Tendenz Verzettelung
Ebenso geht es den biografischen und zeithistorischen Erzähllinien, unter die
Gockel noch Auszüge aus Tollers Stücken und Briefen mischt. Als einziger
ruhender Pol in den sechs „Folgen“, aus denen der Abend besteht, taucht
immer wieder die von Pietsch geführte Toller-Puppe mit ihren traurigen
Schlafaugen auf. Mal leibhaftig, mal übergroß im Live-Film.

Gockel hat als Hausregisseur in Mainz oder in seiner zivilisationskritischen
„Orestie“-Befragung am Schauspiel Frankfurt gezeigt, dass er atmosphärisch
dichte Collagen basteln kann, aber auch dazu neigt, sich zu verzetteln. So
auch hier. Die Kinderpuppen, die eine Szene später ihre Prinzessinnen- und
Ritterkostüme gegen schwarze Uniformen tauschen und bald zerfetzt auf der
Bühne liegen, tauchen erst am Ende wieder auf.

In den gut drei Stunden dazwischen stürmen expressionistische
Menschenpuppen die Bühne: zum Beispiel Gro Swantje Kohlhof als
verzwergter Napoleon in Tollers Drama „Nie wieder Friede“. Oder Julia
Gräfner, die als grimassierender „Hinkemann“ ihrem Puppen-Lookalike den
Kopf abreißt. Man fragt sich, wo die Zartheit des Beginns geblieben ist und was
passiert hier gerade. Okay, hier werden expressionistische Dramen zitiert.
Aber ganz generell gefragt: Wozu Layer um Layer Ironie auftragen, wenn es
doch um etwas geht?

Die Räterepublik feiert die Stadt
Der kaum bekannten Schlüsselfiguren einer vergessenen Revolution wolle
man gedenken, heißt es im Programmheft. Allerdings verwechseln die Neu-
Münchner um die neue Kammerspiele-Intendantin Barbara Mundel da die
Stadt, die durchaus fleißig den Jahrestag der Räterepublik gefeiert hat, mit
dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der in seiner Rede zum
100. Geburtstag des Freistaats Kurt Eisners Namen „vergaß“.

Gockel inszeniert den „Sozi aus Berlin“ als Rattenfänger und lässt die 50.000,
die im November 1918 für demokratische Rechte kämpften, von Gestalten mit
opulenten Gewändern und riesigen Tierköpfen vertreten, weil … ja, vermutlich
weil es was hermacht. Man bedankt sich artig beim „lieben Kurt“ für
Pressefreiheit und Frauenwahlrecht, und ein Heiligenschein liegt über der
Szene, da wechselt abrupt der Ton: „Verrecke, du Saujud!“ Schüsse fallen,
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Eisner fällt – danach sieht man einen Film, in dem wurstförmige Menschen in
einem Hotelzimmer demonstrieren, „was Nazis so reden, wenn sie allein sind“.

Diese stummfilmästhetische Skizze der völkischen Thule-Gesellschaft ist
entschieden zu putzig und in der Ausstellung ihrer Mittel zu eitel, um nahtlos
zu den „geschredderten Akten“ und den vermeintlichen „Einzeltätern“ des
NSU überzuleiten. Am Ende wird diesem zunehmend hohldrehenden Abend
sein zerbrechlicher Held zum Fremdkörper. Am 22. Mai 1939 sprang Ernst
Toller in New York vom „Karussell des Lebens“ ab.
Presseschau vom 23.10.2020 - Münchner Kammerspiele ...
Bericht über die neuen Corona-
Regeln bei Kulturveranstaltungen im
         BR24, 22.10.2020
Presseschau vom 23.10.2020 - Münchner Kammerspiele ...
22.10.2020, 14:26 Uhr

Bayerische Theater entsetzt über neue Corona-Regeln

Leere Plätze? Bayerische Theater fürchten einen neuen Lockdown

© picture alliance/Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB

Ministerpräsident Markus Söder hat neue Corona-Regeln festgelegt: Bei
höheren Infektionszahlen dürfen Kulturveranstaltungen nur noch vor 50
Menschen stattfinden. Das träfe auch Bayerns Theater hart. Die
Intendant*innen reagieren mit Unverständnis.

In seiner Regierungserklärung hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder
einen neuen kritischen Corona-Inzidenzwert verkündet: Ab 100 Neuinfektionen
pro 100.000 Einwohner*innen in einer Stadt oder einem Landkreis in den
vergangenen sieben Tagen greifen schärfere Maßnahmen. Zum Beispiel
dürften Kulturveranstaltungen in geschlossenen Räume statt vor derzeit
maximal 250 Zuschauer*innen dann nur noch vor fünfzig Menschen
stattfinden. Das führte dazu, dass das Staatstheater Augsburg bereits seinen
Spielplan geändert hat. Vorstellungen wurden abgesagt, ein Familienkonzert
am kommenden Sonntag soll nun nicht nur um 11 Uhr, sondern auch um 13
und 15 Uhr stattfinden, um die maximale Anzahl der Zuschauer nicht zu
überschreiten. Das Mainfrankentheater Würzburg will sein Ausweichquartier,
die "Blaue Halle", nicht mehr bespielen, sollte in der unterfränkischen Stadt der
Grenzwert erreicht werden (er liegt aktuell bei 89,1). Auch andere Häuser
kündigten bereits an, zumindest kein Musiktheater mehr anzubieten, wenn die
neue Regelung für "dunkelrote" Regionen greift.
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"Reine Symbolpolitik"
In bayerischen Theatern werden die neuen Regeln als "Schlag ins Gesicht"
und "Debakel" bezeichnet. Dabei reihen sich die Theatermacher*innen
keineswegs ein unter die Corona-Leugner. Die Gefahr der Pandemie leugnet in
den Theatern niemand, nur fragen sich viele, ob sich die Staatsregierung
überhaupt ein angemessenes Bild von der Lage an den Theatern gemacht hat.

Alle Theater haben die Hälfte ihre Sitzreihen ausgebaut oder gesperrt und
lassen in den verbliebenen Reihen mehrere Sitzplätze zwischen den
Besucher*innen frei. So ist ein Sicherheitsabstand von ca. drei Metern
zwischen den einzelnen Zuschauer*innen gewährleistet, mithin das Doppelte
der üblicherweise empfohlenen 1,5 Meter. Um diese Abstände einzuhalten,
schöpfen die wenigsten Theater die derzeit noch erlaubte Zahl von 250
Personen aus. Ein Beispiel: In die Münchner Kammerspiele passen zu
Normalzeiten etwa 650 Menschen, momentan finden dort nur 200 Platz. Bald
könnten es also nur fünfzig sein, also nur ein Viertel. Das bedeutet rein
rechnerisch vier Mal so viel Abstand, aber wohl kaum vier Mal so viel
Sicherheit. Kammerspiele-Intendantin Barbara Mundel bezeichnet solche
Maßnahmen daher als "reine Symbolpolitik".

© dpa

Barbara Mundel
Ausgearbeitete Hygienekonzepte
Noch verlorener dürften sich fünfzig Zuschauer*innen auf der anderen Seite
der Maximilianstraße im noch größeren Residenztheater fühlen. Dort weist
man darauf hin, dass die Belüftungsanlage die Luft im Zuschauerraum alle
zehn Minuten komplett austausche. Es gebe also eher ein Kälte- als ein
Areosol-Problem. Am Staatstheater Nürnberg weisen Pfeile am Boden in den
Foyers dem Publikum penibel den Weg, in welcher Laufrichtung es sich
bewegen darf, um Gedränge zu vermeiden. Dabei wirken die Foyers jetzt
schon angesichts ohnehin stark reduzierter Besucherzahlen gähnend leer. Die
Theater gleichen Hochsicherheitszonen, personalisierte Tickets würden im
Falle eines Corona-Falls im Zuschauerraum die Nachverfolgung und
Unterbrechung von Infektionsketten ermöglichen. Bis dato ist aber noch kein
Fall einer Theateraufführung in Bayern bekannt, die sich zum Super-Spreader-
Ereignis entwickelt hätte.

Empörung und Frust unter Bayerns Intendant*innen sind dementsprechend
groß. Ihre Häuser haben viel Zeit und Mühe darauf verwendet,
Hygienekonzepte zu entwickeln, die auch tatsächlich greifen, um das Theater
wieder an den Start zu bringen. Das erfolgreiche Ergebnis wird nun
federstrichartig zunichte gemacht, so empfinden es alle, bei denen man
nachfragt, ob in Würzburg oder Augsburg, Nürnberg, Regensburg, München
oder Memmingen. Das Residenztheater in München kann berichten, dass sich
Bayerns Kunstminister Bernd Sibler zu Beginn der aktuellen Spielzeit eine
Vorstellung angesehen hat, am Staatstheater Nürnberg war er zur
Spielzeiteröffnung ebenfalls. In den übrigen Häusern, die der BR kontaktiert
hat, gab es seit Wiederaufnahme des Spielbetriebs nach dem Lockdown keine
Besuche von Mitarbeiter*innen des Ministeriums, die sich einen Eindruck von
der Vorbildlichkeit der Hygienekonzepte verschafft hätten.

"Wir   brauchen die offenen Räume der Kunst"
Auch Söders Ankündigung des neuen Inzidenzwerts hat alle überrascht. Die
Staatskanzlei verweist darauf, es habe vorab ein Gespräch mit "ausgewählten
Vertretern der Kulturszene" gegeben, nennt aber auf Nachfrage keine Namen,
da es sich um ein "internes Gespräch" gehandelt habe. Die stichprobenartige
Nachfrage bei acht Intendant*innen oder Pressestellen großer bayerischer
Stadt- und Staatstheater ergab: Von ihnen wurde niemand zu Rate gezogen.

Dass Städte wie München oder Nürnberg unter Söders Hunderter-
Inzidenzwert bleiben werden, dieser trügerischen Hoffnung gibt sich keiner
hin, in Augsburg ist der Wert bereits jetzt höher. Die Reduktion auf fünfzig
Zuschauer*innen wird vielerorts schon bald bittere Realität, wenn nicht ein
Umdenken erfolgt. Der allgemeine Tenor: Dann könnte man allenfalls vielleicht
noch die kleinen Nebenspielstätten bespielen, die großen Häuser aufzusperren
sei jedoch nicht mehr darstellbar. Mit anderen Worten: Die neue Regelung
käme einem Lockdown gleich – was fatal wäre, wie viele finden. Barbara
Mundel, Intendantin der Kammerspiele, betont, man müsse die Theater offen
halten, gerade jetzt, und nicht trotz, sondern wegen Corona: Es brauche die
offenen Räume der Kunst, die Austausch und Reflexion möglich machten –
unter anderem auch darüber, wie Corona unsere Gesellschaft verändere.
Bericht über auf die „rot“-gesetzte
    Corona-Ampel in den BRF
     Nachrichten, 22.10.2020
DG Regierung setzt Corona-Ampel auf
„Rot“ auch für Kultur, Sport und Jugend
22.10.2020 - 19:21

Angesichts der hohen Corona-Zahlen schaltet die Regierung der
Deutschsprachigen Gemeinschaft die Corona-Ampel in verschiedenen
Bereichen ihrer Zuständigkeit auf "Rot". Das gilt etwa für die Kultur, den Sport
und die Jugendpolitik.

Illustrationsbild: © Bildagentur PantherMedia / matimix

Seit letzten Freitag bemühen sich die Regierungen des Landes, die neuen
Kontaktregeln für die Bereiche Sport, Jugend und Kultur den aktuellen Entwicklungen
anzupassen, die Ausbreitung einzudämmen und dabei für Kinder und Jugendliche so
viel Aktionsspielraum wie möglich beizubehalten.

Für die verschiedenen Sektoren wurden angepasste Protokolle erarbeitet.

„Das Ziel der Arbeiten in dieser Woche war es, in Abstimmung mit den Experten das
Gleichgewicht zwischen der Sicherheit für alle Bürger und dem emotionalen
Wohlergehen unsere jungen Menschen und unserer Kinder zu schaffen“, heißt es in
einer Mitteilung der DG-Regierung.

Alle Regierungen haben die Protokolle für die Bereiche Jugend, Sport und Kultur
angepasst. Sie sollen trotz maximaler Kontaktbeschränkungen Aktivitäten für Kinder
und Jugendliche zulassen.
Die Erfahrungen des Lockdowns im April hätten gezeigt, dass bei Kindern und jungen
Menschen das Risiko einer Covid-19-Infektion mit schwerem Verlauf mit der
psychischen und emotionalen Gesundheit in Relation gebracht werden müsse.

Neue Protokolle sollen ab Samstag gelten

Die Einsetzung dieser neuen Protokolle muss der föderale Konzertierungsausschuss
am Donnerstagabend noch validieren, bevor sie ab Samstag in Kraft treten können.

Im Unterrichtswesen wechseln ab Montag alle Grund-und Sekundarschulen auf dem
Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Code „Rot“.

Um die Schulen weiterhin offen halten zu können und zum Schutz der
Personalmitglieder und der Schüler, gelten in den Schulen ab diesem Zeitpunkt die
höchsten Vorsichtsmaßnahmen und Sicherheitsauflagen.

Situation in Ostbelgien „alarmierend“

Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft verbindet mit ihrem Beschluss
„einen erneuten dringenden Appell zur Einhaltung der zur Pandemiebekämpfung
geltenden Maßnahmen, insbesondere auch die nachdrückliche Aufforderung zum
Tragen von Atemschutzmasken, dort wo dies vorgeschrieben ist.“

In Ostbelgien sei die Situation, trotz des ländlichen, dünn besiedelten Gebiets
besonders alarmierend. „Unsere Region weist weiterhin eine der höchsten
Ansteckungsraten des Landes auf.“ So steckt ein Infizierter in der Regel 1,4 weitere
Personen an.

Die 14-Tages-Inzidenz auf 100.000 Einwohner beträgt 1.266 und liegt damit deutlich
über dem – schon dramatischen – belgischen Wert von 927,9 Fällen.

Es bleibe aber nicht bei steigenden Infektionszahlen. Auch die Anzahl der
Krankenhausaufnahmen steigt. 47 Menschen werden in den Krankenhäusern von
Eupen und St. Vith aktuell behandelt. Die Zahl der bisher bestätigten Covid -19-
Todesfälle in der sogenannten „zweiten Welle“ liegt mittlerweile bei fünf.

„Die Lage ist ernst und sie erfordert die Mitarbeit und Unterstützung der
Bevölkerung“, so die Minister. „Ohne die Verantwortung des Einzelnen für sich selbst
und für andere Menschen werden wir diese Pandemie so schnell nicht in den Griff
bekommen. Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist sich der
Situation bewusst und ergreift weitere Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus
einzudämmen.“

Die jeweiligen Protokolle für die unterschiedlichen Bereiche werden auf
ostbelgienlive.be veröffentlicht werden.
Interview mit Carsten Brosda über die
    Folgen eines möglichen Kultur-
Lockdowns im „Vorwärts“, 23.10.2020
Interview mit Carsten Brosda

Corona: „Ein neuer Kultur-Lockdown
muss unbedingt vermieden werden.“
Kai Doering • 23. Oktober 2020

© Florian Gaertner/photothek

Berliner Ensemble mit Corona gerechten Sitzreihen: Die Erfahrungen der
letzten Monate haben gezeigt, dass Theater, Kinos und Konzertsäle auch unter
Corona-Bedingungen sicher betrieben werden können.
Mit den wieder steigenden Corona-Zahlen droht auch das kulturelle Leben in
Deutschland zum Erliegen zu kommen. Aus Sicht des Vorsitzenden des
Kulturforums der Sozialdemokratie, Carsten Brosda, wäre das fatal. „Wir
brauchen Kunst und Kultur gerade jetzt“, sagt er.

Mit den wieder steigenden Corona-Zahlen droht die erneute
Schließung von Theatern, Kinos und Museen. Was bedeutet das
für die Kulturszene?
Die Eindämmung des Infektionsgeschehens macht es leider wieder notwendig,
soziale Kontakte zu verringern und öffentliche Räume einzuschränken. Für uns
steht außer Frage, dass wir die gesellschaftliche Solidarität leben müssen, die
es braucht, um die Verbreitung des Virus zu stoppen. Die Maßnahmen zur
Corona-Bekämpfung treffen Kunst und Kultur jedoch hart, weil sie in
besonderem Maße darauf angewiesen sind, in der Öffentlichkeit und vor
Publikum stattzufinden. Deshalb ist es wichtig, dass sich Bund, Länder und
Kommunen auch weiterhin darum kümmern, mit gezielter Förderung die
bedrohten Infrastrukturen zu sichern und Künstlerinnen und Kreativen das
Arbeitenauch in der Krise zu ermöglichen. Wir alle müssen jetzt dazu
beitragen, möglichst viel Kunst und Kultur heute zu ermöglichen, mittelfristig
abzusichern und langfristig krisenfest zu machen.

© Pressebild.de/Bertold Fabricius

Welche Rolle spielt die Kultur in einer Krisensituation wie der
aktuellen?
Eine ganz entscheidende! Eine offene, vielfältige und freiheitliche Gesellschaft
braucht künstlerische Inspiration und kulturelles Leben – gerade in einer Krise
wie dieser. Deswegen ist es eine zentrale kulturpolitische Aufgabe, in der
jetzigen Situation die Kulturorte offen zu halten und künstlerische Angebote zu
ermöglichen. Wir stehen vor grundlegenden gesellschaftlichen Debatten, in
denen Künstlerinnen und Kreative zu hören müssen.
Ist das bei weiter steigenden Corona-Zahlen denn möglich?
Die Erfahrungen der letzten Monate haben gezeigt, dass zum Beispiel Theater,
Kinos und Konzertsäle sehr wohl auch unter Corona-Bedingungen sicher
betrieben werden können. Die Einrichtungen und Veranstalter haben
verantwortungsbewusste Hygienepläne und Schutzkonzepte entwickelt, die
gut greifen. Bislang ist kein nennenswertes Infektionsgeschehen auf die
dortigen Veranstaltungen zurückzuführen. Deswegen appellieren wir als
Kulturforum der Sozialdemokratie an die Verantwortlichen, bei den
notwendigen Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung des Virus mit Augenmaß
vorzugehen. Gerade in einer gesellschaftlichen Situation wie derzeit brauchen
wir die Stimmen der Künstlerinnen und Künstler im gesellschaftlichen Diskurs.
Wir brauchen kulturelle Orte, an denen eine demokratische Gesellschaft
verhandeln kann, wie sie künftig leben will. Und wir brauchen Angebote, die
Abwechslung und Entspannung bieten. Wir brauchen Kunst und Kultur gerade
jetzt. Ein neuerlicher Kultur-Lockdown – wie schleichend auch immer – muss
unbedingt vermieden werden.
Bericht über die Neuauflage der
Künstlerförderung in Bayern im BR24,
             21.10.2020
21.10.2020, 15:43 Uhr

Nach Förder-Flop: Neustart bei Künstler-Hilfen
angekündigt

Die Corona-Soforthilfe für Künstlerinnen und Künstler nahm kaum jemand in Anspruch: Statt
erwarteten 60.000 gab es nur 10.000 Anträge. Nun verspricht Ministerpräsident Markus
Söder Verbesserungen und Unterstützung – "bis die Pandemie vorbei ist".

Die Programme der Bayerischen Staatsregierung für die Kulturszene hätten bislang nicht die
erhoffte Wirkung erzielt, so Ministerpräsident Markus Söder bei seiner Regierungserklärung
am Mittwoch im Landtag.

Vor allem das Angebot für Solo-Selbstständige von bis zu jeweils 1.000 Euro über
drei Monate hinweg sei zu wenig angenommen worden: "Etwas, was nicht
funktioniert, muss man verbessern", so Söder. "Das tun wir. Darum machen wir einen
Neustart, den haben wir mit der Kunstszene besprochen und vereinbart." Söder
verwies auf den Bund, der Unternehmer in der Veranstaltungsbranche demnächst
mit einem "fiktiven Unternehmerlohn" helfen will. Bis dahin gehe Bayern "auf jeden
Fall voraus".

Neuauflage der Künstlerförderung ohne zeitliches Limit
Nach dem Vorbild von Baden-Württemberg werde der Freistaat ein neues Solo-
Selbstständigen-Programm für Künstler auflegen, ohne zeitliche Begrenzung, "bis die
Pandemie vorbei ist". Einzelheiten nannte Söder nicht.

Das ursprüngliche Programm war am 30. September ausgelaufen und
vergleichsweise wenig angenommen worden. Arbeitslose Künstler wählten
stattdessen lieber gleich die Grundsicherung, also Hartz IV. Kritisiert wurde vor allem,
dass das Solo-Selbstständigen-Programm zunächst nur für Mitglieder der
Künstlersozialkasse galt und dass Antragsteller nur wenig Ersparnisse haben durften.
Viele fürchteten daher, zuerst ihre Altersvorsorge aufbrauchen zu müssen, bevor sie
die 3.000 Euro beanspruchen konnten.

Außerdem hatten nicht wenige bereits Geld aus anderen Fördertöpfen erhalten, was
ebenfalls ein Ausschluss-Kriterium für die Soforthilfe war. Zudem gab es im
Kultusministerium bis vor wenigen Wochen keinen direkten Ansprechpartner für die
Freie Szene und die Anträge waren aus Sicht der potenziellen Nutznießer viel zu
kompliziert. Letztlich erhielten nur rund 8.000 Antragsteller Geld.

© BR

Die Corona-Soforthilfe für Künstlerinnen und Künstler nahm kaum jemand in
Anspruch: Statt erwarteten 60.000 gab es nur 10.000 Anträge. Nun verspricht
Ministerpräsident Markus Söder Verbesserungen und Unterstützung – "bis die
Pandemie vorbei ist".

Großdemonstration in München angekündigt
Berufsanfänger in Kunst und Kultur sollen nun mit einem neuen "Stipendien-
Programm" unterstützt werden. "Uns ist Kunst wichtig, und wir glauben, dass es
gerade in diesen Zeiten eine echte Perspektive braucht", sagte Söder. "Bayern hat
ein hohes Kunst-Level. Ich möchte nicht, dass durch diese Pandemie die gesamt
Kunst- und Kulturszene in Bayern zerstört ist. Dagegen werden wir uns wehren und
dagegen steuern wir an."

Kunstminister Bernd Sibler kündigte an, konkrete Maßnahmen "zeitnah nach dem
Beschluss des Ministerrats" vorzustellen. Es komme darauf an, "möglichst viele
Künstlerinnen und Künstler in der Krise" zu erreichen. In einer Pressemitteilung
schrieb er: "Kunst und Kultur sind für uns alle lebenswichtig. Kunst und Kultur
nehmen gerade in schwierigen Zeiten wie diesen eine sinnstiftende und verbindende
Funktion ein, schenken uns Freude, Abwechslung und Ablenkung. Diese
Wertschätzung soll auch in der Unterstützung zum Ausdruck kommen."

Für den kommenden Samstag ist auf dem Münchner Königsplatz unter dem Motto
"Aufstehen für Kultur" eine Großdemonstration angekündigt. Unter den Rednern sind
der ehemalige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin, die Ex-Kultus- und
Kulturminister Hans Maier und Wolfgang Heubisch, der Tenor Julian Prégardien und
– per Videobotschaft – Gerhard Polt.

Bereits in den vergangenen Wochen hatten Künstler mehrfach die ihrer Meinung
nach fehlende Aufmerksamkeit durch die Bayerische Staatsregierung heftig
attackiert, ja von einem "kompletten Politikversagen" gesprochen.
Bericht über die Absage des Winter-
    Tollwood im TZ, 23.10.2020
Veranstalter reagieren

Traurige Corona-Nachricht: Winter-Tollwood fällt
komplett flach - „Trotz sehr guten Hygienekonzepts“
Aktualisiert: 23.10.2020 11:37

Das Winter-Tollwood 2020 fällt aus.

© Achim Schmidt

Die Corona-Pandemie sorgt für den nächsten Einschnitt in München. Im Jahr
2020 wird das Winter-Tollwood nicht stattfinden.

   •   Der Münchner* Veranstaltungskalender ist um ein Kult-Event ärmer.
   •   Am Freitag (23. Oktober) wurde das Winter-Tollwood offiziell abgesagt.
   •   Der Plan, ein verkleinertes Festival stattfinden zu lassen, wurde
       verworfen.

München - Traurige Nachrichten für Tollwood-Fans: Das beliebte Winter-
Festival auf der Theresienwiese findet im Jahr 2020 nicht statt. Damit
reagieren die Veranstalter auf die Entwicklung der Corona-Pandemie in der
Landeshauptstadt München*. Zwischenzeitlich war erwogen worden, das
Tollwood in reduzierter Form stattfinden zu lassen.
Corona München: Winter-Tollwood fällt flach - „Können
Verantwortung nicht übernehmen“

„Die Entwicklung der Corona-Zahlen in den letzten zwei Wochen ist so extrem,
dass wir trotz unseres sehr guten Hygienekonzepts die Verantwortung für die
Gesundheit unserer Besucher und aller anderen Beteiligten nicht mehr
übernehmen können“, erklärten die Veranstalter nun.

Auch die nötige Planungssicherheit sei ob der dynamischen Entwicklung
nicht gegeben. Ursprünglich hätte das Festival zwischen 25. November und
23. Dezember stattfinden sollen.

Winter-Tollwood wegen Corona-Entwicklung abgesagt - Chefin will
„Zeichen der Hoffnung“ senden

„Es tut uns allen im Herzen weh, absagen zu müssen. Doch wird sind
überzeugt, dass dies in der aktuellen Situation für uns der einzig gangbare
Weg ist“, hieß es in einer Stellungnahme am Freitag (23. Oktober).

Tollwood-Chefin Rita Rottenwallner will jedoch auf der Theresienwiese ein
„Zeichen der Hoffnung“ senden - mit einer zwölf Meter hohen Skulptur, die für
„Kraft und Erneuerung“ stehen soll.

Die @TollwoodMunich-Chefin Rita Rottenwallner will auf der #Theresienwiese
ein Zeichen der Hoffnung senden. "Eine zwölf Meter hohe Phönix-Skulptur
wird Teil der Installation sein und als Sinnbild für Kraft und Erneuerung auf
dem Tollwood-Gelände stehen."#COVID19

— Marc Kniepkamp (@MK_Muc) October 23, 2020

An das Oktoberfest 2021 glaubt die Stadt derzeit noch*, wie ein im Netz
veröffentlichter Aufruf belegt. Auch der Christkindlmarkt am Marienplatz soll
stattfinden. (lks) *tz.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.
Bericht über die neue Intendantin der
       BR im Spiegel, 22.10.20
Bayerischer Rundfunk Katja Wildermuth zur Intendantin
gewählt

Die letzten sieben Intendanten des Bayerischen Rundfunks waren Männer -
jetzt tritt erstmals eine Frau an. Katja Wildermuth kommt vom MDR und wird
nun Nachfolgerin von Ulrich Wilhelm.
22.10.2020, 19.21 Uhr

Katja Wildermuth
Foto: Lino Mirgeler / dpa

Sie galt als Favoritin und sie hat es geschafft: Die Medienmanagerin Katja
Wildermuth wird Intendantin des Bayerischen Rundfunks (BR). Erstmals in der
Geschichte des öffentlich-rechtlichen Senders steht eine Frau an der Spitze.
Die Erwartungen sind groß: Der BR muss wie alle ARD-Häuser den Spagat
zwischen dem geforderten Sparkurs und einem modernen Programm im
Digitalzeitalter schaffen.

"Bevor ich hier runtergekommen bin, habe ich natürlich meine Familie
angerufen - WhatsApp-Gruppe, wie sich das gehört, der Mann und beide
Kinder", sagte die 55-Jährige am Donnerstag nach ihrer Wahl durch den
Rundfunkrat. Ihre Tochter habe aus Rumänien gratuliert und ihr Sohn sei trotz
Zeitverschiebung in Sydney extra wach geblieben: "Alle haben sich
gleichermaßen gefreut."

Die 55-jährige Wildermuth war bisher Programmdirektorin beim
Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) in Halle. Für ein Frauennetzwerk im BR ging
mit ihrer Wahl am Donnerstag in München ein Plan auf: Als Intendant Ulrich
Wilhelm (59) im Sommer bekannt machte, keine dritte Amtszeit anzustreben,
machte sich das Netzwerk sogleich für eine Frau an der Spitze stark. Im
Rundfunkrat, dem Wahl- und Aufsichtsgremium, zeichnete sich unter
gewichtigen Vertretern der gesellschaftlichen und politischen Gruppen bald
ein Trend zu einer gemeinsamen Kandidatin ab.

Wildermuth erhielt im ersten Wahlgang 38 von 48 abgegebenen Stimmen, wie
der BR mitteilte. Damit war unter den drei Bewerbern keine Stichwahl nötig.

Ihr interner Mitbewerber, BR-Verwaltungsdirektor Albrecht Frenzel, unterlag
zwar jetzt bei der geheimen Wahl im Rundfunkrat. Doch der 54-Jährige
verantwortet direkt unter der Intendanz Personal und Finanzen. Mehrere
Rundfunkräte meinen: "Wildermuth bringt Programmerfahrung mit, Frenzel
Management." Schon vor der Wahl hieß es: "Eigentlich eine ideale Kombi."

Vier von neun sind Frauen
Mit Wildermuth werden ab Februar 2021 vier von neun ARD-Landesanstalten
von Frauen geführt: neben dem BR schon bisher der Rundfunk Berlin-
Brandenburg (RBB), der MDR und Radio Bremen. Außenseiterkandidat für die
BR-Spitze war der Datenmanagement-Chef des öffentlich-rechtlichen
Schweizer Radios und Fernsehens (SRF), Christian Vogg (55).

Wildermuth ist derzeit beim MDR für die Bereiche Kultur und Wissen sowie
Angebote für Jüngere zuständig. Davor war sie mehrere Jahre beim
Norddeutschen Rundfunk (NDR) als Programmbereichsleiterin Kultur und
Dokumentationen im Fernsehen tätig. Sie gilt als frühe Impulsgeberin bei
crossmedialen Inhalten beim MDR und nimmt diese Erfahrung nun mit für den
mit voller Kraft laufenden digitalen Wandel bei den Bayern. Sie stehe für flache
Hierarchien im Unternehmen. Eine offene Unternehmenskultur sei ihr wichtig,
sie selbst sehr nahbar, heißt es.

Bayern ist ihr vertraut

Wildermuth ist verheiratet und hat zwei Kinder. In Bayern machte sie ihr Abitur
und studierte in München Deutsch, Geschichte und Sozialkunde für Lehramt
Gymnasium. Später promovierte sie im Hauptfach Alte Geschichte. Sie machte
ein Verlags-Volontariat, ebenfalls in München.

Zum Start an der BR-Spitze im nächsten Jahr warten auf Wildermuth bei der
viertgrößten ARD-Landesanstalt große Herausforderungen:

   •   Beschäftigte: Der trimediale Umbau des Senders und der Stellenabbau
       bewegen die Mitarbeiter. Für die nicht parteigebundene Kaktus-Gruppe
       vieler Organisationen und Verbände im Rundfunkrat sagt Sprecher
Hubert Weiger: "Wichtig ist jetzt, noch stärker die Belegschaft
       mitzunehmen in diesen schwierigen Zeiten des Wandels."
   •   Frauen: Das BR-Frauennetzwerk hat das Ziel einer Intendantin erreicht.
       Auf den weiteren Führungsebenen gebe es dagegen noch
       Handlungsbedarf. Insgesamt liegt der Frauenanteil im Sender nach
       eigenen Angaben bei mehr als einem Drittel.
   •   Finanzen: Noch ist nicht sicher, ob die vorgeschlagene Erhöhung des
       Rundfunkbeitrags Anfang 2021 kommt. Gespart werden muss sowieso -
       im Ernstfall stehen deutliche Einschnitte auch beim Programm an.
   •   Publikum: Mit dem digitalen Wandel verändert sich der TV-Konsum. Es
       wird nicht mehr nur das fortlaufende TV-Programm geschaut, sondern
       auf Plattformen gestreamt. Internationale Konkurrenten wie Netflix,
       Amazon und Disney haben sich längst im deutschen Markt etabliert. Die
       neun ARD-Anstalten reagieren darauf mit eigenen Streaming-
       Offensiven.
   •   ARD: Der BR hat zuletzt in einigen wichtigen Fragen Gegenpositionen
       zur Mehrheit oder auch zu allen anderen ARD-Anstalten eingenommen -
       inklusive zu Wildermuths MDR. Wie ist da ihr künftiger Kurs?
   •   Basis: Der BR muss wie andere öffentlich-rechtliche Sender seit Jahren
       verstärkt um seine Verankerung in der Gesellschaft werben. Auch im
       politischen Raum gibt es Kritik, vor allem von der AfD. Ein Knackpunkt ist
       immer wieder der Rundfunkbeitrag. Wildermuth könnte hier ihre
       Erfahrungen aus den östlichen Bundesländern mitbringen, wo es
       vergleichsweise viel Gegenwind gab.

Und dann wartet noch eine ganz sichtbare Baustelle auf Wildermuth: das neue
riesige Redaktionszentrum Freimann im Münchner Norden. Der zentrale Bau
soll Ende 2021 fertig sein, die Ausstattung mit allen Studios und der
Übertragungstechnik erst etwa zwei Jahre später. Dann ist gut die Hälfte der
ersten Amtszeit der "Neuen" auch schon wieder verstrichen.
Bericht über die neue Intendantin der
      BR in der SZ, 22.10.2020
22. Oktober 2020, 19:57 Uhr

Neue BR-Intendantin Wildermuth: "Dieses München
ist auch ein Heimkommen"

Katja Wildermuth ist in einer Wohnung aufgewachsen, die davor Torwart Sepp Maier
bewohnt hatte.
(Foto: Steffen Junghans/dpa)

Von Claudia Tieschky

Katja Wildermuth machte beim MDR und beim NDR Karriere. Wer glaubt, die
neue Senderchefin des Bayerischen Rundfunks komme von weit her, täuscht
sich aber.

Katja Wildermuth war nach der Wahl zur Intendantin an diesem Donnerstag in
Unterföhring weder besonders aus dem Häuschen noch war sie cool. Sie hatte
einen Blumenstrauß in der Hand und wirkte bewegt.

Zum ersten Mal wird der BR nun von Februar 2021 an von einer Frau geführt.
Allein diese Tatsache poliert den einst als biederen Schwarzfunk verschrienen
Münchner Sender auf. Das war das erklärte Ziel einer Allianz im Rundfunkrat,
die sich aufmachte und, wie man hört, in der halben Bundesrepublik geeignete
Kandidatinnen ansprach. Bis nach Hamburg führte die Suche, und die
entschlossenen Headhunterinnen und Headhunter des BR fragten offenbar
nicht nur Rundfunkfrauen. Nun zieht die erste Intendantin des BR von Halle aus
nach München.
Wildermuth, 55 Jahre alt und bislang Programmdirektorin beim MDR, ist eine
der erfolgreichsten Programm-Macherinnen nicht nur in der ARD. Sie hat beim
MDR preisgekrönte Dokumentarfilme ermöglicht wie Hubert Seipels Putin-
Porträt oder Night Will Fall über den nie vollendeten Film Alfred Hitchcocks
über die befreiten Konzentrationslager 1945 in Deutschland. Unter ihrer
Verantwortung entstand eine App, mit der man durch die Städte
Mitteldeutschlands gehen konnte und sehen, wie sie sich seit der Wende
verändert haben, oder das crossmediale Projekt "Breaking News
Völkerschlacht", bei dem - ganz ähnlich wie beim BR-Projekt "Ich, Eisner" - ein
historisches Ereignis noch einmal durchgespielt wird, allerdings mit den
medialen Möglichkeiten der Gegenwart.

2016 ging sie als Kulturchefin zum NDR nach Hamburg, 2019 kehrte sie als
Programmdirektorin zum MDR zurück. In der Corona-Krise ließ sie die
Orchester des Senders durchs Land ziehen und Ständchen spielen, die sich
die Hörer für ihre Alltagshelden wünschen konnten.

Wer aber denkt, der BR importiere nun eine Spitzenkraft von weit her, der irrt.
Bestenfalls kann man von einem Re-Import sprechen. Denn Wildermuth ist in
Anzing bei München aufgewachsen. "Ein ganz normales Dorfleben", sagt sie.
Ins Gymnasium ging sie in Markt Schwaben, studiert und promoviert hat sie an
der Ludwig-Maximilians-Universität. Danach ging die Althistorikerin
Wildermuth, anstatt eine aussichtsreiche Universitätskarriere mit einer
Habilitation weiter zu verfolgen, in den Journalismus und in den Osten. 1994
kam sie als freie Autorin zum MDR. Denn "die Vorstellung, mich mit 2000 Jahre
alten Quellen zu befassen, wo alles jetzt in der Gegenwart so spannend ist",
schien ihr auf einmal absurd. "Dieses München ist auch ein Heimkommen",
sagt sie. Über eine Kandidatur bei einem Sender in einer anderen
Himmelsrichtung hätte sie gar nicht nachgedacht.

Wildermuth weiß, was sie für den BR will: Veränderungen ohne
Verletzungen

Ihre Familie war, als Katja Wildermuth drei Jahre alt war, nach Anzing
gekommen und bezog dort eine Wohnung, die davor der Torwart Sepp Maier
bewohnt hatte, wie Wildermuth vorige Woche via Skype der SZ erzählte. Ob es
mit dem früheren Bewohner, der "Katze von Anzing" zu tun hat oder nicht, hier
fing sich Wildermuth eine solide Leidenschaft für Fußball ein: Erst immer
Sportschau mit dem Papa, später war sie bei den Spielen ihres Sohnes - beide
Kinder sind heute erwachsen - oft die einzige fußballvernarrte Mutter neben
vielen Vätern am Spielfeldrand.
Das Kandidatenfeld wurde vor der BR-Wahl etwas grobmotorisch so aufgeteilt:
Hier Wildermuth, die Frau vom Programm, dort Albrecht Frenzel, der
Verwaltungsdirektor des Senders, der Zahlenmensch, was eigentlich beiden
nicht gerecht wird. Und dann noch Christian Vogg, ein weitgehend
unbekannter Außenseiter. Wenn Wildermuth über den BR spricht, wird sehr
schnell klar, dass sie als Managerin deutliche Vorstellungen davon hat, wo sie
hin will mit dem viertgrößten Sender der ARD. Zusammenfassen lässt sich das
ungefähr so: Veränderungen ohne Verletzungen. Ob das geht?

Die längere Version, die sie selber formuliert, klingt so: "Alle werden weiter
sparen müssen, weil die Rücklagen aufgebraucht sind und weil wir weiter Geld
ins Digitale stecken wollen und müssen, um andere Zielgruppen zu erreichen."
Mit Arbeitsverdichtung, sagt sie, komme man da an seine Grenzen, "da muss
man aufpassen, dass die Qualitätsstandards bleiben". Sie spricht von einer
"Priorisierungsdiskussion", die alle in den nächsten Jahren führen müssten
"und die große Kunst wird darin bestehen, dass wir das konstruktiv und
zuversichtlich tun". Das Corona-Jahr habe gezeigt, wie viel sich sehr schnell in
einem Sender bewegen lasse: "Darauf können alle im BR sehr stolz sein. Aber
ich höre hier und da eher Angst, dass man weggespart wird, wenn man etwas
zusammen macht. Da gibt es auch wider besseres Wissen auf Seiten der
Macher ein Gefühl: Wenn ich mich jetzt bewege, dann weiß ich nicht, wo
das endet."

"Das Wichtigste ist, dass der Ton stimmt"

"Kopf hoch!", würde sie da am liebsten rufen wollen, sagt sie. Es klingt wie ein
Trainer am Spielfeldrand, wenn die Mannschaft beim Dribbeln zu sehr auf die
eigenen Füße schaut. "Priorisierungsstrategien entwickelt man am besten im
Team. Das sind ja lauter kluge Leute in dem Sender. Das Wichtigste ist, dass
der Ton stimmt."

Man darf annehmen, dass die BR-Mitarbeiter das gerne hören nach der Ära
von Ulrich Wilhelm, unter dem der BR erst eine Verjüngungs-Kur für das
Fernsehen und fast gleichzeitig ein rigides Sparprogramm zugemutet bekam.
Einen österreichischen Fernsehdirektor, einen baldigen Umzug nach Freimann
und den radikalen Umbruch aller gewachsenen Strukturen hin zu einer rein
nach Inhalten und nicht mehr nach den Welten Radio oder Fernsehen
organisierten Arbeitsweise. Die interne Kommunikation kam oft erst später als
es gut gewesen wäre.

Wilhelms große Linien waren von einer großen Belesenheit geprägt, sie gingen
weit und sehr grundsätzlich in die Zukunft, so grundsätzlich, dass es
gelegentlich neben dem Neubau des BR auch noch um den Neubau einer
europäischen Plattform für digitale Öffentlichkeit ging. Es dürfte im Sender jetzt
aufmerksam registriert werden, wenn jemand eine gute Unternehmenskultur
und gegenseitiges Vertrauen zum Regierungsprogramm macht.

In Halle lässt Wildermuth unter anderem eine Yogagruppe zurück und einen
Literaturkreis, in dem einmal im Monat Theaterstücke gelesen werden. Als
Intendantin hat sie jetzt ihre eigene Spielstätte. Am Abend vor der Wahl hat sie
selbstverständlich das Champions League-Spiel geschaut.
Bericht über Corona und die
Kulturszene im BR Klassik, 22.10.2020
Bayerische Veranstalter in der Corona-Krise:
"Es gibt Leute, die aufgeben müssen"
22.10.2020 von Uta Sailer, Henrik Oerding

Die Corona-Krise trifft in der Kulturszene nicht nur Künstlerinnen und Künstler,
sondern auch alle Unternehmen, die an Veranstaltungen dranhängen. Wie
geht es den Veranstaltern in der Pandemie?

Bildquelle: dpa-Bildfunk/Henrich Miöovië

Auf 18 Monate Krisenzeit habe er sich eingestellt, sagt Andreas Schessl, als im
Frühjahr alle Veranstaltungen wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurden.
Der Chef des Veranstaltungsunternehmens MünchenMusik rechnete also
damit, nicht vor Herbst 2021 wieder zu einem normalen Betrieb zurückkehren
zu können. Nun, sechs Monate später, sieht Schessl das noch immer so. Und
er liegt damit wohl nicht ganz falsch. Denn von der Normalität ist der
Konzertbetrieb weit entfernt. Momentan gibt es weltweit wieder mehr Absagen
für Konzerte und Veranstaltungen. Harte Zeiten für Veranstalter.
Bayern als Standortnachteil

"Wie sehr mir das, was ich tue am Herzen liegt, merke ich gerade jetzt", sagt
Andreas Schessl im Gespräch mit BR-KLASSIK. "Wir haben zwar wahnsinnig
viel Arbeit, machen Plan B, C und D, aber am Ende wird doch nichts davon
umgesetzt." Das Unternehmen plane derzeit nur zwei bis drei Monate im
voraus, zu groß seien die Unsicherheiten: Ein erneuter Lockdown, verschärfte
Einreisebedingungen und auch das bloße Warten auf Corona-Testergebnisse
könnten die Situation jederzeit verändern.

Münchner Konzertveranstalter Andreas Schessl | Bildquelle: Thomas Dashuber

Müsste die Politik also mehr für die Kultur machen? "Im Großen und Ganzen
denke ich, dass die Politik uns ganz gut durch die Pandemie bringt", sagt
Schessl, "die Kultur ist allerdings möglicherweise der blinde Fleck." Für ihn als
Veranstalter sei es eine Art "Standortnachteil" in Bayern zu sein, da in anderen
Bundesländern schon mehr möglich sei. Er wünsche sich deshalb, dass die
Staatsregierung nicht nur Allgemeinverfügungen für die nächsten Wochen
herausgebe, sondern auch langfristige Planung ermögliche. Außerdem sollten
seiner Meinung nach empirische und wissenschaftliche Erkenntnisse mehr
berücksichtigt werden. "Die Salzburger Festspiele, der Pilotversuch an der
Bayerischen Staatsoper, Empfehlungen von Wissenschaftlern für weitere
Öffnungen – da wünsche ich mir, dass das auch umgesetzt wird."

Schessl bleibt optimistisch

Ans Aufhören denkt Schessl jedoch keinesfalls. "Noch keine Sekunde", sagt
er. "Ich bin mir sicher, alles kommt zurück." Grundsätzlich ist die Stimmung in
der Veranstalterszene allerdings deutlich gedrückter, so Schessl. "Ich glaube
nicht, dass jemand aufgeben möchte, aber es gibt Leute, die aufgeben
müssen." Denn nicht jeder kann die Ausfälle stemmen. Gerade junge Künstler
oder Veranstalter können die Situation finanziell nicht auffangen.

Trotzdem empfiehlt Schessl jungen Menschen, nicht aufzugeben: "Wer so viel
Arbeit in seine Profession gesteckt hat, sollte nicht einfach aufgeben. Ich bin
Berufsoptimist." Aber auch der merke, dass diese Zeit besonders ist. Im
Moment falle es ihm schwer, Musik zu hören – dann werde besonders
drastisch klar, was es gerade alles nicht gibt.
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