Primary and Hospital Care - Die Zeitschrift für Allgemeine Innere Medizin in Hausarztpraxis und Spital

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Primary and Hospital Care - Die Zeitschrift für Allgemeine Innere Medizin in Hausarztpraxis und Spital
Primary and
                 Hospital Care
                  Die Zeitschrift für Allgemeine Innere Medizin in Hausarztpraxis und Spital

                  82 Benedikt M. Huber, Gisela                                      90 Martina S. Ragettli,                                          102 Corinne Chmiel, Leander
                  Etter, Bernhard Wingeier, et al.                                  Martin Röösli                                                    Muheim, Felix Huber
3 3. 3. 2021

                  Komplementäre Therapie­                                           Hitzebedingte Sterblichkeit                                      Ambulante Betreuung von
                  ansätze bei grippalen                                             im Sommer 2019                                                  ­C OVID-19 Patienten
                  ­I nfekten, Influenza und
                   COVID-19

                  75 Eva Pape, Sebastian Euler,
                  Roland von Känel, Oliver Matthes
                  Urteilsfähigkeit in der
                  klinischen Praxis

                                                                                    Offizielles Organ
                                                                                    Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin
                                                                                    Haus- und Kinderärzte Schweiz
                                                                                    www.primary-hospital-care.ch
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Verlag: Jasmin Borer (Redaktorin); Dr. Nadja Pecinska (Lektorin), Eveline Maegli (Redaktionsassistentin)
Redaktion: Prof. Dr. Stefan Neuner-Jehle, Zürich (Chefredaktor); Prof. Dr. Thomas Dieterle, Arlesheim; Prof. Dr. Jacques Donzé, Neuchâtel;
Dr. Roman Hari, Bern; Dr. Alexandra Röllin Odermatt, Bern; Dr. Manuel Schaub, Bern; Dr. Daniel Widmer, Lausanne
Redaktionelle Zuständigkeit für das standespolitische Ressort «Aktuelles»: Sandra Hügli-Jost (mfe), Claudia Schade (SGAIM),
Claudia Baeriswyl (SGP), François Héritier (KHM), Alexander Minzer (SAPPM), Manuel Schaub (JHaS), Lasse Marck (SYI)
Peer reviewed journal: Alle Beiträge werden durch die wissenschaftliche Redaktion des PHC geprüft; die meisten Fachartikel werden
zudem externen Gutachtern vorgelegt (Peer reviewing).

Editorial
        Stefano Bassetti
  68 SGAIM-Frühjahrskongress 2021

Aktuelles
        Lea Muntwyler
  70 Ihr Freund im Praxisalltag

        Lea Muntwyler
   72 Ihre Vertretung in der COVID-19 Task Force

        Lea Muntwyler
   74 SGAIM Teaching Award 2021

Fortbildung
        Eva Pape, Sebastian Euler, Roland von Känel, Oliver Matthes
   75 Urteilsfähigkeit in der klinischen Praxis

        Benedikt M. Huber, Gisela Etter, Bernhard Wingeier, Beatrix Falch, Beat Meier, Anita Meyer, Oliver Werner, Marc Schläppi,
        Martin Frei-Erb, Klaus von Ammon, Philip Tarr
   82 Komplementäre Therapieansätze bei grippalen Infekten, Influenza und COVID-19

        Martina S. Ragettli, Martin Röösli
  90 Hitzebedingte Sterblichkeit im Sommer 2019

        Dominik Heim, Thomas Ilchmann, Robert Greuter
  96 Verletzungen des oberen S
                             ­ prunggelenks

        Nadine C. Martin, Stefan Weiler, Katharina E. Hofer
 100 Bunte Gelkugeln und Wasserperlen: Wie gefährlich ist die Einnahme?

        Offizielles Organ von:

                                                mfe Haus- und Kinderärzte                                  Schweizerische Gesellschaft für
                                                Schweiz                                                    Allgemeine Innere Medizin SGAIM

                                                                                 Schweize­rische Akademie für
        Die Fachorganisation der                Kollegium für                    Psychosoma­tische und Psychosoziale                 Junge Hausärztinnen und -ärzte            Swiss Young
        Kinder- und Jugendmedizin               Hausarztmedizin KHM              Medizin SAPPM                                       Schweiz JHaS                              Internists SYI
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        Arbeitsalltag
                Corinne Chmiel, Leander Muheim, Felix Huber
          102 Ambulante Betreuung von C
                                       ­ OVID-19 Patienten

        Reflexionen
                Jacques Aubert
         104 Visites en EMS: l’interdiction de trop

        Online only
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                Matthias Koller
           ➙    Leserbrief 1: Grippeimpfung: Kritische Beurteilung und praktische Empfehlungen

                Wilburg Keller Roth
           ➙    Leserbrief 2: Grippeimpfung: Kritische Beurteilung und praktische Empfehlungen

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        Impressum
19200229_Inserat_Banner Online-shop.indd 1                                                                                                                                                   22.08.19 10:06

        Primary and Hospital Care                       Verlag: EMH Schweizerischer Ärzte-                © EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG      tion von Primary and Hospital Care
        Offizielles Organ von mfe Haus- und             verlag AG, Farnsburgerstrasse 8,                  (EMH), 2021. «Primary and Hospital        wieder. Die angegebenen Dosierun-
        Kinderärzte Schweiz, der Schweizeri-            4132 Muttenz, Tel. +41 (0)61 467 85 55,           Care» ist eine Open-­Access-Publika-      gen, Indikationen und Applikations­
        schen Gesellschaft für Allgemeine               Fax +41 (0)61 467 85 56, www.emh.ch               tion von EMH. Entsprechend gewährt        formen, vor allem von Neuzulassun-
        Innere Medizin SGAIM, von pädiatrie                                                               EMH allen Nutzern auf der Basis der       gen, sollten in jedem Fall mit den
        schweiz, des Kollegiums für Hausarzt-           Anzeigen:                                         Creative-Commons-Lizenz «Namens-          ­Fachinformationen der verwendeten
        medizin KHM, der Schweize­rischen               Markus Süess,                                     nennung – Nicht kommerziell – Keine        Medikamente verglichen werden.
        Akademie für Psychosoma­tische und              Key Account Manager EMH                           Bearbeitungen 4.0 International» das
        Psychosoziale Medizin SAPPM, Jungen             Tel. +41 (0)61 467 85 04,                         zeitlich unbeschränkte Recht, das Werk    Herstellung: Vogt-Schild Druck AG,
        Hausärztinnen und -ärzte Schweiz JHaS           Fax +41 (0)61 467 85 56                           zu vervielfältigen, zu verbreiten und     www.vsdruck.ch
        sowie der Swiss Young Internists SYI.           markus.sueess@emh.ch                              öffentlich zugänglich zu machen unter
                                                                                                          den Bedingungen, dass (1) der Name
        Peer reviewed journal                           Abonnemente:                                      des Autors genannt wird, (2) das Werk
        Primary and Hospital Care ist im                EMH Kundenservice, Postfach,                      nicht für kommerzielle Zwecke ver-
        ­«Directory of Open Access Journals»            4601 Olten, Tel. +41 (0)44 305 82 38,             wendet wird und (3) das Werk in keiner
         (DOAJ) gelistet und erfüllt damit die          emh@asmiq.ch                                      Weise bearbeitet oder in anderer
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        Redaktionsadresse:                              unter www.primary-hospital-care.ch/               und auf der Basis einer schriftlichen
        Eveline Maegli, Redaktions­assistentin,         fuer-leser/abonnement/ zu finden sind.            Vereinbarung zulässig.
        EMH Schweizerischer ­Ä rzteverlag AG,           Abonnemente für Nichtmitglieder:
        Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz,             CHF 125.–, Studentenabonnement                    Hinweis: Alle in dieser Zeitschrift
        Tel. +41 (0)61 467 85 52,                       CHF 75.–, jeweils zuzüglich Porto.                publizierten Angaben wurden mit der
        office@primary-hospital-care.ch,                                                                  grössten Sorgfalt überprüft. Die mit
        www.primary-hospital-care.ch                    ISSN: Printversion: 2297-7155 /                   Verfassernamen gezeichneten Veröf-
        Manuskripteinreichung online:                   elektronische Ausgabe: 2297-7163                  fentlichungen geben in erster Linie       Titelbild:
        http://www.edmgr.com/primary                    Erscheinungsweise: 12 Ausgaben                    die Auffassung der Autoren und nicht      © Serhii Yevdokymov |
        hospitalcare                                    pro Jahr.                                         zwangsläufig die Meinung der Redak-       Dreamstime.com
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Primary and Hospital Care - Die Zeitschrift für Allgemeine Innere Medizin in Hausarztpraxis und Spital
EDITORIAL                                                                                                                                                                             68

Dieses Jahr virtuell

SGAIM-Frühjahrskongress 2021
Stefano Bassetti
Kongresspräsident, Chefarzt Klinik für Innere Medizin, Universitätsspital Basel

                                 Liebe Kolleginnen und Kollegen,                                                   und Referenten zu bewährten Updates, State of the Art
                                                                                                                   Sessions, Fall­vorstellungen und Präsentationen von
                                 Seit dem Auftreten der COVID-19-Pandemie werden                                   wissenschaft­
                                                                                                                               lichen Studien auf. Spezifische Veran­
                                 wir laufend mit vielen Herausforderungen und Un­                                  staltungen für die Hausarztmedizin, die Spitalmedizin
                                 sicherheiten konfrontiert. Auch der Frühjahrskongress                             sowie für junge Ärztinnen und Ärzte erlauben die
                                 der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine
                                 Innere Medizin (SGAIM) 2020 ist COVID-19 zum                                 Fortbildung vom Büro- oder Wohnzimmer-
                                  ­ pfer ge­fallen und wurde auf das Folgejahr ver-
                                  O                                                      tisch aus.
                                  schoben. Nun findet der SGAIM-Frühjahrskon-
                                  gress vom 19. bis 21. Mai 2021 virtuell statt!            ­Zusammenstellung eines individualisierten Fortbil-
                                  Wir erleben in der Medizin immer schnellere und ein-       dungsprogramms. Und natürlich wird auch COVID-19
                                  drücklichere Fortschritte. Die Medizin kann dadurch        ein Thema sein.
                                  akkurater, präziser und wirksamer werden. Das Zeit­        Auch wenn der diesjährige Kongress virtuell statt­
                                  alter der precision medicine wirft allerdings auch Fra-    findet, besteht die Möglichkeit des Austauschs mit
                                  gen für die tägliche Behandlung von Patientinnen und       ­Kolleginnen und Kollegen, sodass stimulierende Dis-
                                  Patienten auf.                                              kussionen eine optimale Fortbildung garantieren – und
                                  Hat precision medicine die Ära der evidenzbasierten         dies flexibel vom Büro- oder Wohnzimmertisch aus.
                                  Medizin abgelöst? Was bedeuten die genaueren und            Die Online-Registration öffnet im März 2021.
                                                                                              Es würde uns ausserordentlich freuen, Sie am innova-
                               Wie sollen wir Medizin in der «Ära der                         tiven, vielseitigen und interaktiven Frühjahrskongress
                              ­Präzisionsmedizin» praktizieren?                               begrüssen zu dürfen!

                                 massenhaften Informationen der Präzisions­medizin
                                 für meinen individuellen Patienten? Wie ­integriere ich
                                 die neuen Methoden und Forschungserkenntnisse in
                                 meine klinische Praxis? Und wie sollen wir Medizin in                             Kongresspräsidium
                                 der «Ära der Präzisionsmedizin» praktizieren?
                                 Zentral für unsere Tätigkeit als Allgemeininternistin-                            Prof. Dr. med. Stefano Bassetti
                                 nen und -internisten bleibt die Fähigkeit, richtige Ent-                          Kongresspräsident, Chefarzt Klinik für Innere Medizin,
Korrespondenz:
                                                                                                                   Universitätsspital Basel
Claudia Schade                   scheidungen trotz Unsicherheit zu treffen. Dafür
Kommunikationsver­
                                 braucht es weiterhin die beste klinische Kompetenz,                               Wissenschaftliches Komitee
antwortliche und stellver-
tretende General­sekretärin      die korrekte Einschätzung der «besten verfügbaren                                 Dr. med. Ewelina Biskup, Shanghai; Dr. med. Armin Droll, Dor-
Schweizerische Gesellschaft
                                 Evidenz» und die kontinuierliche Perfektionierung der                             nach; Prof. Dr. med. Jörg Leuppi, Liestal; PD Dr. med. Michael
für Allgemeine Innere
                                                                                                                   Mayr, Basel; Dr. med. Marie Méan, Lausanne; Dr. med. Manuel
­Medizin (SGAIM)                 Art, wie wir Entscheidungen treffen, also unser «klini-
                                                                                                                   Schaub, Mühleberg; Prof. Dr. med. Philipp Schütz, Aarau;
Monbijoustrasse 43               sches Denken».
Postfach
                                                                                                                   Dr. med. Hervé Spechbach, Genf; Dr. med. Pascale Vogt, Zürich;
CH-3001 Bern
                                 Der 5. SGAIM-Frühjahrskongress wartet mit hochkarä-                               Prof. Dr. med. Gérard Waeber, Lausanne; Prof. Dr. med. Andreas
claudia.schade[at]sgaim.ch       tigen, internationalen und nationalen Referentinnen                               Zeller, Basel; PD Dr. med. Lukas Zimmerli, Olten

PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN                     2021;21(3):68
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.         See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
Primary and Hospital Care - Die Zeitschrift für Allgemeine Innere Medizin in Hausarztpraxis und Spital
AK TUELLES                                                                                                                          PEER REVIEW ED ARTICLE | 69

                           Frühjahrskongress
                           Congrès de printemps                                                                                      21
                   NEU
                   Online

                            Precision &
                            uncertainty
                            19. bis 21. Mai 2021
                            19 au 21 mai 2021

                            Eine Fortbildungsveranstaltung der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin
                            Une formation continue de la Société Suisse de Médecine Interne Générale

                            sgaim.ch/kongress
                            sgaim.ch/congres

  A4-Inserat_hoch_FK_2021.indd 1                                                                                                                                    12.02.21 12:51

PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN                     2021;21(3):69
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AK TUELLES                                                                                                                                                                         70

Kostenfreie Datenbank für SGAIM-Mitglieder

Ihr Freund im Praxisalltag
Lea Muntwyler
Mitarbeiterin Kommunikation und Marketing, SGAIM

                                Mitglieder der SGAIM profitieren von einem kostenfreien Zugang zu DynaMed,
                                ­einem evidenzbasierten Tool, das die Diagnosestellung und Patientenversorgung
                                 erleichtert. Wie es funktioniert und wofür es geeignet ist, erfahren Sie hier.

                                Ob aus den Fachgebieten Notfallmedizin, Kardiologie,                               ­umfangreicher Katalog an Informationen und Emp­
                                Onkologie oder Infektionskrankheiten: Die Datenbank                                fehlungen geliefert, darunter detaillierte Angaben
                                DynaMed liefert genaue Übersichten mit evidenz­                                    über Medikationsmanagement, Arzneimittelsicher­
                                basierten Empfehlungen für die praktische Anwen­                                   heit, Kompatibilität und Laborempfehlungen (Abb. 2).
                                dung im Alltag (Abb. 2).                                                           Daneben stehen auch Grafiken und Abbildungen von
                                                                                                                   Organisationen wie dem ACP, dem JAMA Network, Cen­
                                Was ist DynaMed?                                                                   ters for Disease Control and Prevention, Radio­paedia
                                                                                                                   und der Massachusetts General Hospital Infectious
                                DynaMed ist ein evidenzbasiertes, klinisches Referenz­
                                                                                                                   ­Diseases-Datenbank zur Verfügung.
                                tool, das von Ärztinnen und Ärzten direkt für den Ein­
                                satz im Spital oder der Arztpraxis entwickelt wurde.
                                ­DynaMed unterstützt medizinische Fachpersonen da­
                                bei, die bestmöglichen Entscheidungen für und zusam­                               Bleiben Sie informiert
                                men mit ihren Patientinnen und Patienten zu treffen.
                                                                                                                   DynaMed bietet zudem eine Eingrenzung der Fachbe­
                                Die Inhalte werden täglich aktualisiert und von einem
                                                                                                                   reiche, Entscheidungsbäume, interaktive Kalkulatoren
                                renommierten Fachteam verfasst, das in einem sie­
                                                                                                                   oder Gleichungen sowie eine alphabetische Liste von
                                benstufigen Prozess über 500 medizinische Zeitschrif­
                                                                                                                   Medikamenten mit nützlichen Informationen. Zudem
                                ten sichtet, neue Evidenz erkennt und objektive Ana­
                                                                                                                   können Sie einem DynaMed-Topic folgen, um rele­
                                lysen liefert – ideal geeignet, um schnellstmöglich
                                                                                                                   vante Informationen per E-Mail zu erhalten. So bleiben
                                gezielte Antworten auf klinische Fragen zu finden.
                                                                                                                   Sie jederzeit auf dem aktuellsten Stand der Forschung.
                                                                                                                   Eine weitere Funktion ist das “Drug Interactions Tool”,
                                Wie funktioniert es?
                                                                                                                   das Ihnen erlaubt, die Wechselwirkungen einzelner
                                Im Suchfeld können Sie einen beliebigen Begriff ein­                               Medikamente und Nahrungsmittel in Erfahrung zu
                                geben, beispielsweise «Syphilis». Nun wird Ihnen ein                               bringen.

Redaktionelle
­Verantwortung:
Claudia Schade, SGAIM

Korrespondenz:
Claudia Schade
Kommunikationsverant­
wortliche und stellvertre­
tende Generalsekretärin
Schweizerische Gesellschaft
für Allgemeine Innere
­Medizin (SGAIM)
Monbijoustrasse 43
Postfach
CH-3001 Bern
claudia.schade[at]sgaim.ch      Abbildung 1: Die Suchoberfläche in DynaMed.

PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN                     2021;21(3):70–71
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Primary and Hospital Care - Die Zeitschrift für Allgemeine Innere Medizin in Hausarztpraxis und Spital
Aktuelles                                                                                                                                                                           �

Abbildung 2: Die Datenbank liefert relevante Informationen für Ärztinnen und Ärzte von allgemeinen Informationen zu G
                                                                                                                    ­ uidelines und anderen Ressourcen.

                                                                                                                   Was bringt es Ärztinnen und Ärzten
Weitere Vorteile als SGAIM-Mitglied
                                                                                                                   im Alltag?
 Eine Mitgliedschaft bei SGAIM zahlt sich sowohl kurz- als auch langfristig aus.
 Abgesehen davon, dass Sie von der Arbeit und dem Einfluss einer starken Fachgesellschaft                          •   Zuverlässige, evidenzbasierte Antworten auf klini­
 auf verschiedenen Ebenen profitieren können, haben Sie als SGAIM-Mitglied folgende                                    sche Fragen;
­individuelle Vorteile:                                                                                            •   systematisch recherchierte Inhalte;
 •    Ein hochwertiges Weiter- und Fortbildungsprogramm AIM in der Schweiz;
                                                                                                                   •   jederzeit verfügbar;
 •    30% Ermässigung bei der Credit-Vergabe;
 •    kostenlose Ausstellung des Fortbildungsdiploms;                                                              •   neueste Informationen durch tägliche Updates;
 •    individuelle Beratung in Fragen der Weiter- und Fortbildung;                                                 •   flexibler Zugang (mobile App, Offline- oder Fernnut­
 •	  Preisreduktion bei den SGAIM-Kongressen oder anderen SGAIM-Fortbildungsver­                                      zung);
      anstaltungen wie z.B. Ausbildungs- und Fortbildungskurse für die Moderation von
                                                                                                                   •   spart Zeit.
     ­Q ualitätszirkeln;
 •	  Ermässigung beim Bezug des Lehrmittels MKSAP zur Vorbereitung der Facharztprü-
      fung;
                                                                                                                   Wie erstelle ich ein Log-in?
 •	  Ermässigung bei den Vorbereitungskursen für die Facharztprüfung in Zürich und Lau-
      sanne;                                                                                                       Wenn Sie noch keinen Zugang zu DynaMed haben,
 •	  privilegierter Zugang zu Angeboten der European Federation of Internal Medicine
                                                                                                                   können Sie diesen im geschützten Mitgliederbereich
      (EFIM) und des American College of Physicians (ACP);
 •	  aktuelle Informationen über Forschungsergebnisse, Diskussionen und Trends in der                             auf www.sgaim.ch erstellen. Loggen Sie sich mit Ihren
      AIM dank dem kostenlosen Abo der Zeitschrift Primary and Hospital Care;                                      Zugangsdaten ein und wählen Sie den Link aus. Dieser
 •	ein hochwertiges Weiter- und Fortbildungsprogramm AIM in der Schweiz;                                          führt Sie zur DynaMed-Website, wo Sie über das
 •	Ihre fachliche Interessensvertretung des Bereichs AIM in der Schweiz, insbesondere in                          SGAIM-Konto einen eigenen Zugang erstellen können.
      den Themenschwerpunkten Qualität, Nachwuchs- und Forschungsförderung;
 •    Ihre politische Interessensvertretung für die stationäre AIM;
 •	  schweizweite Vernetzungsmöglichkeiten mit Kolleginnen und Kollegen des Fachgebiets                           Übrigens: EBSCO, die Firma hinter Dy­
      sowie die Möglichkeit, durch aktive Mitarbeit in Kommissionen den Fachbereich AIM                            naMed, bietet ­regelmässige Online-
      konkret weiterzuentwickeln.                                                                                  Schulungen an. Mehr Informa­tionen:
                                                                                                                   https://ebsco.as.me/dynamed.
Weitere Informationen unter www.sgaim.ch/mitgliedschaft.

PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN                     2021;21(3):70–71
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.       See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
Primary and Hospital Care - Die Zeitschrift für Allgemeine Innere Medizin in Hausarztpraxis und Spital
AK TUELLES                                                                                                                                                                          72

Swiss National COVID-19 Science Task Force

Ihre Vertretung in der COVID-19
Task Force
Lea Muntwyler
Assistentin Geschäftsleitung und Mitarbeiterin Kommunikation/Marketing SGAIM

                                Fachärztinnen und Fachärzte der Allgemeinen Inneren Medizin nehmen in der
                                ­Bewältigung der COVID-19-Pandemie eine wichtige Rolle ein. Umso wichtiger, dass
                                 sie ihr Erfahrungs- und Fachwissen in der Swiss National COVID-19 Science Task
                                 Force einbringen können. Diese berät die Behörden in der aktuellen COVID-19-­
                                 Krise. Gleich mehrere Spitalinternistinnen und Hausärzte sind vertreten.

                                Die ehrenamtlich tätigen Expertinnen und Experten                                  Ihre breitgefächerten klinischen und wissenschaft­
                                der Swiss National COVID-19 Science Task Force stam-                               lichen Kompetenzen sowie ausgeprägten empathi-
                                men aus verschiedenen wissenschaftlich relevanten                                  schen Fähigkeiten sollten auf allen Ebenen – auch auf
                                Bereichen und stellen die unabhängige wissenschaft­                                jener des Kantons – genutzt werden. Dafür setzt sich
                                liche Beratung der Entscheidungsträgerinnen und Ent-                               die SGAIM und ihre Partnerorganisationen mfe Haus-
                                scheidungsträger sicher. Dass hier die Fachärztinnen                               und Kinderärzte Schweiz ein.
                                und Fachärzte der Allgemeinen Inneren Medizin nicht
                                fehlen dürfen, hat auch der Bundesrat erkannt.
                                                                                                                   SGAIM-Mitglieder in der Expertengruppe
                                                                                                                   Clinical care der Swiss National COVID-19
                                 Know-how des Hausarztes und der                                                   Science Task Force
                                ­Spitalinternistin unerlässlich
                                                                                                                   Prof. Dr. med. Dr. phil. Sven Streit, Chairman Experten-
                                Das Gesundheitswesen befindet sich nicht erst seit                                 gruppe Clinical care, Präsident der SGAIM-Kommission
                                der SARS-CoV-2-Pandemie in einem zunehmenden                                       für Nachwuchsförderung, Professor und Hausarzt
                                Spannungsfeld zwischen einer sich weiter spezialisie-                              PD Dr. med. Christine Baumgartner, MAS, Mitglied
                                renden Medizin mit fragmentierten Behandlungs-                                     Expertengruppe Clinical care, Mitglied der SGAIM-For-
                                konzepten und wachsendem ökonomischen Druck                                        schungskommission, Forscherin und Spitalinternistin
                                auf der einen und der Notwendigkeit einer patienten-                               Prof. Dr. med. Manuel Battegay, Mitglied Experten-
                                zentrierten Versorgung auf der anderen Seite. Den                                  gruppe ­Clinical care, Chefarzt für Infektiologie und In-
                                Fachärztinnen und Fachärzten für Allgemeine Innere                                 nere Medizin
                                Medizin kommt dabei gleichzeitig die Rolle des ersten                              Prof. Dr. med. Thierry Calandra, Mitglied Experten-
                                Ansprechpartners, der Vertrauensperson sowie des                                   gruppe Clinical care, Chefarzt für Infektionskrankheiten
Redaktionelle
­Verantwortung:
                                Interessenvertreters der Patientinnen und Patienten                                Dr. med. Felix Huber, Mitglied Expertengruppe Clini-
Claudia Schade, SGAIM           zu. Weil die AIM den niederschwelligen Zugang der                                  cal care, Präsident mediX schweiz, mediX zürich
                                Bevölkerung zum Gesundheitswesen sicherstellt, ist                                 Prof. Dr. med. Nicolas Müller, Mitglied Experten-
Korrespondenz:
                                ein Einbezug in die Bewältigung der aktuellen Krise                                gruppe ­Clinical care, Leitender Arzt für Infektions-
Claudia Schade                  unerlässlich.                                                                      krankheiten und Spitalhygiene
Kommunikationsverant-
                                                                                                                   Dr. med. Gabriela Bieri-Brüning, Mitglied Experten-
wortliche und stellvertre-
tende Generalsekretärin                                                                                            gruppe Clinical care, Stadtärztin, Chefärztin des Geria-
                                Einbezug des breiten Spektrums der AIM
Schweizerische Gesellschaft                                                                                        trischen Dienstes und ärztliche Direktorin der Pflege-
für Allgemeine Innere
­Medizin (SGAIM)                Das Spektrum der allgemeininternistischen Tätigkeit                                zentren der Stadt Zürich
Monbijoustrasse 43              reicht von Notfall­
                                                  - und Akutmedizin, chronischen                                   Prof. Dr. med. Sophie Marie Pautex, Mitglied Exper-
Postfach
CH-3001 Bern
                                Krankheiten und Rehabilitation bis hin zur Palliativ-                              tengruppe ­Clinical care, Palliativmedizinerin und Ger-
claudia.schade[at]sgaim.ch      medizin.                                                                           iaterin

PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN                     2021;21(3):72
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Ausschreibung

SGAIM Teaching Award 2021
Lea Muntwyler
Assistentin Geschäftsleitung und Mitarbeiterin Kommunikation/Marketing SGAIM

                                Im Rahmen ihres Nachwuchsförderungskonzepts anerkennt die SGAIM die Wich-
                                tigkeit eines qualitativ hochstehenden Teachings in der studentischen Lehre und
                                Weiterbildung in der Allgemeinen Inneren Medizin und möchte deshalb 2021 wie-
                                der den jährlich verliehenen SGAIM Teaching Award ausschreiben. Der Award wird
                                mit einem Preisgeld von CHF 5000.– honoriert.

                                Wer soll nominiert werden?                                                         dargelegt und begründet werden, warum die Anwärte-
                                                                                                                   rin/der Anwärter für einen solchen Award in Frage
                                Anwärterinnen und Anwärter sind exzellente Teacher,
                                                                                                                   kommt.
                                die einen konsistenten, erfolgreichen Leistungsaus-
                                                                                                                   Zwingend beizulegen sind ein aktueller CV der An­
                                weis im Bereich medizinischer Ausbildung in der
                                                                                                                   wärterin/des Anwärters, fakultativ auch etwaige
                                ­Allgemeinen Inneren Medizin aufweisen – einschliess-
                                                                                                                   Teaching-Evaluationen durch Studierende oder Wei-
                                lich Vorlesungen, klinischer Gruppenunterricht, Men-
                                                                                                                   terzubildende.
                                torship, Curriculum-Design sowie der Ent­
                                                                        w icklung
                                und Implementierung von innovativen Teaching-/
                                Lernmethoden oder Bewertungen. Die nominierten                                     Wie läuft das Auswahlverfahren?
                                Personen müssen Mitglieder der SGAIM sein. Grup-
Redaktionelle
                                                                                                                   Die eingereichten Vorschläge werden von einem vier-
                                pennominationen werden nicht berücksichtigt.
­Verantwortung:                                                                                                    köpfigen Award-Komitee der SGAIM ausgewählt. Die-
Claudia Schade, SGAIM
                                                                                                                   ses setzt sich aus anerkannten klinischen Lehrper­
                                Wie läuft das Nominierungsverfahren?                                               sonen der stationären und ambulanten Allgemeinen
Korrespondenz:                                                                                                     Inneren Medizin zusammen. Beurteilungskriterien
                                Anwärter/-innen für den SGAIM Teaching Award
Claudia Schade                                                                                                     beinhalten den Nachweis eines signifikanten Beitrags
Kommunikations­                 können von einem oder mehreren Kolleg/-innen
                                ­
verantwortliche                                                                                                    im Bereich Medical Education, inklusive Teaching,
                                («Peers») und Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung in
und ­stellvertretende                                                                                              Mentoring und/oder Forschung/Entwicklung.
­Generalsekretärin              einem einseitigen Empfehlungsschreiben nominiert
Schweizerische Gesellschaft     werden. Selbstnominierungen sind nicht möglich.
für Allgemeine Innere
­Medizin (SGAIM)                Im Empfehlungsschreiben sollen die Teachingleistun-                                Wann findet die Preisverleihung 2021
Monbijoustrasse 43              gen der Anwärter/-innen in Lehre und Weiterbildung,                                statt?
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                                Mentoringaktivitäten sowie etwaige Forschungs- und
CH-3001 Bern                                                                                                       Die Preisverleihung findet anlässlich des 5. Herbstkon-
claudia.schade[at]sgaim.ch      Entwicklungsbeiträge im Bereich Lehre/Weiterbildung
                                                                                                                   gresses der SGAIM statt.

                                                                                                                   Die Nominationsvorschläge können bis Ende Mai
Der SGAIM Teaching Award
                                                                                                                   2021 unter www.sgaim.ch/teachingaward einge-
Die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) ho-                                          reicht werden.
noriert mit dem SGAIM Teaching Award Lehrtalente in der Allgemeinen
­Inneren Medizin und trägt damit dem Anliegen der Nachwuchsförderung
Rechnung. Der Preis wird seit 2017 jährlich verliehen.
Mehr dazu unter www.sgaim.ch/de/forschung/sgaim-teaching-award.html

PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN                     2021;21(3):74
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.      See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
Primary and Hospital Care - Die Zeitschrift für Allgemeine Innere Medizin in Hausarztpraxis und Spital
FORTBILDUNG                                                                                                                               PEER REVIEW ED ARTICLE | 75

Teil 2: Das «Recht auf Unvernunf t»

Urteilsfähigkeit in der klinischen
Praxis
Eva Pape, Sebastian Euler, Roland von Känel, Oliver Matthes
Klinik für Konsiliarpsychiatrie und Psychosomatik, Universitätsspital Zürich

                                Das Recht auf Selbstbestimmung beinhaltet das Recht eines jeden Patienten, einer
                                medizinischen Behandlung zuzustimmen oder diese abzulehnen, auch wenn diese
                                Entscheidung mit irreversiblen oder tödlichen Folgen verbunden ist und/oder dem
                                Behandler resp. Gutachter «unvernünftig» erscheinen mag. Voraussetzung ist, dass
                                die Patientin bezüglich dieser Entscheidung urteilsfähig ist, wofür gewisse Kompe-
                                tenzen vorhanden sein müssen. Trotz zahlreicher vorhandener Hilfsinstrumente
                                zur Beurteilung der Urteilsfähigkeit gestaltet sich diese im Alltag zum Teil komplex
                                und ist mit Unsicherheiten verbunden. Der folgende Artikel gibt Informationen
                                über rechtlich-ethische Aspekte der Urteilsfähigkeit im Spannungsfeld zwischen
                                Wahrung der Patientenautonomie und Fürsorgepflicht und stellt das U-doc [1] als
                                Hilfsmittel zur Ermittlung von Urteilsfähigkeit im klinischen Alltag vor.

                                                                                                                   Anliegen des Ehemannes sowie des Behandlungsteams auf der
                                Fallvignette 1 – Konsilauftrag zur Beurteilung der Ent­                            kardiologischen Station, dass die Patientin eine Vertretungsbe-
                                lassungsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht sowie der                              vollmächtigung und eine Patientenverfügung erstellt. Es stellte
                                Urteilsfähigkeit in Bezug auf das Erstellen einer Patienten­                       sich die Frage, ob die Patientin diesbezüglich urteilsfähig war.
                                verfügung                                                                          Seitens des Behandlungsteams bestanden zudem Bedenken be-
                                                                                                                   züglich der Entlassungsfähigkeit der Patientin, denn es bestand
                                Eine 61-jährige, multimorbide Patientin, die ursprünglich aus                      ein hohes Risiko für ein erneutes kardiovaskuläres Ereignis mit
                                Ghana stammt und seit 1974 in der Schweiz lebt, wurde mit                          potenziell intensiv­medizinischer Behandlungsbedürftigkeit und
                                ­einem kardiogenen Schock bei vor­bestehender, fortgeschrittener                   hoher Mortalität.
                                 hypertensiver Herzkrankheit hospitalisiert. Bei der Patientin war
                                 zudem a    ­ktenanamnestisch eine Paranoide Schizophrenie
                                 ­bekannt. Die Hauptsymptome waren wahnhaftes Er­leben sowie
                                  optische und akustische Halluzinationen mit «spirituellen» In-                   Grundlagen zum Konstrukt
                                  halten (Stimmen von Familien­ahnen würden mit ihr kommuni-                       Urteils(un)fähigkeit
                                  zieren). Im Gespräch zeigte sich die Patientin stark abgelenkt bei
                                  produktiv-psychotischem Erleben und formalgedanklich auffäl-                     Urteilsfähigkeit ist kein medizinischer, sondern ein
                                  lig mit Vorbeireden und eigenlogischen Aussagen; die Explora-                    vom Recht her vorgegebener Begriff. Gemäss Art. 16
                                  tion wurde durch die leicht eingeschränkten Deutschkenntnisse                    ZGB ist jede Person urteilsfähig, «der es nicht wegen ih-
                                  nochmals erschwert.
                                                                                                                   res Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psy-
                                  Darüber hinaus ergaben sich dringende fremdanamnestische
                                  Hinweise auf Vorliegen einer ausgeprägten Negativsympto­matik                    chischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände an
                                  mit Apathie, Affektverflachung und sozialem Rückzug. Ausser-                     der Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln.»
                                  dem bestand eine anhaltend fehlende Krankheitseinsicht, was                      Nur eine urteilsfähige Person kann rechtwirksam in
                                  dazu führte, dass die Patientin nur gelegentlich die in der ambu-                medizinische Untersuchungen und Behandlungen
                                  lanten Behandlung verschriebenen antipsychotischen Medika-
                                                                                                                   einwilligen, oder diese ablehnen.
                                  mente einnahm. Ebenso bestand eine Malcompliance in Bezug
                                  auf die somatische Medikation.                                                   Gemäss Art. 8 ZGB hat diejenige Partei das Vorliegen
                                  Die Patientin ist verheiratet, ihr Ehemann unterstützte sie sehr,                der Urteilsfähigkeit einer bestimmten Person nachzu-
                                  auch in der Bewältigung der Aufgaben des täglichen Lebens im                     weisen, die aus deren Vorhandensein Rechte ableitet.
                                  gemeinsamen Haushalt. Sie hatte keine Kinder und war auf-
                                                                                                                   Die Beweislast der Urteilsfähigkeit auch mit Blick auf
                                  grund der Diagnose der Paranoiden Schizophrenie 100%-IV-be-
                                  rentet.
                                                                                                                   die (zivil- und strafrechtliche) Rechtmässigkeit der
                                  Aufgrund der fortgeschrittenen hypertensiven Herzerkrankung                      Zustimmung oder der Ablehnung eines ärztlichen
                                                                                                                   ­
                                  und des bereits stattgehabten kardiogenen Schocks, war es ein                    ­Eingriffs liegt daher beim Arzt [2].

PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN                     2021;21(3):75–81
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Fortbildung                                                                                                                                                                             76

                                Prinzipiell wird grundsätzlich von Urteilsfähigkeit                                Nach den für die Schweiz gültigen SAMW-Leitlinien [4]
                                ausgegangen; erst bei Zweifeln an der Entscheidungs-                               setzt die Urteilsfähigkeit kognitive, emotionale, moti-
                                kompetenz des Patienten erfolgt eine gezielte Unter­                               vationale und voluntative (den Willen betreffende)
                                suchung der Urteilsfähigkeit. Sie wird dann jeweils für                            Kompetenzen voraus, die unter der Erkenntnisfähig­
                                eine spezifische Fragestellung zu einem definierten                                keit, Wertungsfähigkeit, Fähigkeit zur Willensbil­
                                Zeitpunkt ermittelt. In Bezug auf den Sachverhalt, um                              dung und Fähigkeit zur Willensumsetzung subsum-
                                den es geht, ist die Urteilsfähigkeit also eine relatio-                           miert werden (Tab. 1). Hierbei handelt es sich um
                                nale Grösse. Ein Patient kann also beispielsweise in                               kumulative Voraussetzungen, was bedeutet, dass alle
                                Bezug auf eine Entscheidung urteilsfähig sein, in
                                ­                                                                                  vier mentalen Kompetenzen als Voraussetzung für die
                                ­Bezug auf eine andere jedoch nicht. Letztendlich muss                             Urteilsfähigkeit vorhanden sein müssen.
                                die Untersuchung der Urteilsfähigkeit in Bezug auf                                 Es darf nie von einer Diagnose direkt auf die
                                ­einen Sachverhalt aber in einem Ja-/Nein-Entscheid                                Urteils(un)fähigkeit geschlossen werden, sondern es
                                ­resultieren («Dichotomie der Urteilsfähigkeit»).                                  sind stets ­individuell die genannten mentalen Fähig-
                                Urteils(un)fähigkeit ist immer eine Zuschreibung nach                              keiten zu prüfen. Tabelle 2 fasst psychische Erkrankun-
                                ethisch-normativen Gesichtspunkten [1]. Die Trag-                                  gen und Zustände zusammen, welche die Urteilsfähig-
                                weite der Entscheidung ist für die Ansprüche an die                                keit beeinträchtigen können.
                                ­Urteilsfähigkeit relevant, eine besonders sorgfältige
                                Beurteilung muss dann erfolgen, wenn die Entschei-
                                                                                                                   Fallvignette 2 – Konsilauftrag zur Beurteilung
                                dung des Patienten für oder gegen eine diagnostische                               der ­Urteilsfähigkeit
                                Abklärung oder Behandlung mit potenziell irreversib-
                                len, eventuell sogar lebensbedrohlichen Konsequen-                                 Ein 22-jähriger Patient ist mit Erstdiagnose einer akuten lympha-
                                zen verbunden ist [3].                                                             tischen B-Zell-Leukämie fünf Monate zuvor aktuell aufgrund
                                                                                                                   panvertebraler Schmerzen bei Blasteninflitration des Knochen-
                                Die Urteilsfähigkeit lässt sich nicht primär aus einer
                                                                                                                   marks hospitalisiert.
                                ­bestimmten Handlung ableiten, selbst wenn diese irra-                             Der Patient lehnt eine weitere Behandlung der Leukämie mit
                                tional oder gar bizarr anmutet. Für die Evaluation der                             Chemotherapie ab. Der Patient habe sich bei Erstdiagnose ein-
                                Urteilsfähigkeit wird das Vorhandensein gewisser men-                              malig auf einen Zyklus Chemotherapie eingelassen («ich bin
                                                                                                                   überredet worden»). Durch die ausgeprägten Nebenwirkungen
                                taler Fähigkeiten ermittelt (z.B. die Fähigkeit zur ratio-
                                                                                                                   (Gewichtsabnahme, Haarausfall, Fatigue, Polyneuropathie) habe
                                nalen Abwägung), nicht die tatsächliche Anwendung
                                                                                                                   er erstmalig seit der Erkrankung deutliche körperliche Symp-
                                dieser Kompetenzen. Pointiert lässt sich sagen, dass                               tome wahrgenommen und diese daher als schädlich inter­
                                selbstverständlich ein «Recht auf Unvernunft» gilt.                                pretiert. Der Patient sei vorher sehr sportlich und muskulös ge-
                                Bei der Beurteilung sollte man beachten, dass nicht nur                            wesen; er lege Wert auf sein äusseres Erscheinungsbild.
                                                                                                                   Im Vorfeld hätten sich der Patient und seine Familie (mit türki-
                                die Urteilsfähigkeit der Patientinnen und Patienten,
                                                                                                                   schem Migrationshintergrund) bereits einem Imam sowie einem
                                sondern auch das Urteilsvermögen der Evaluierenden                                 naturkundlich heilenden Arzt aus der Türkei anvertraut, zuvor
                                eingeschränkt sein kann. Voreingenommenheit, bei-                                  auch einer naturheilkundlichen Klinik in Deutschland. Er bete
                                spielweise aufgrund von starken weltanschaulichen                                  mehrfach täglich und nehme Nahrungsergänzungsmittel sowie
                                Überzeugungen oder individuellen Wertvorstellungen,                                bestimmte Pilze ein und halte eine Low-Carb-Diät ein. Er sei
                                                                                                                   überzeugt, dass die Kombination dieser Massnahmen nütze;
                                kann zu einer verzerrten Einschätzung führen. Der
                                                                                                                   letztlich könne aber nur Gott wieder nehmen, was er gegeben
                                Entscheid zur Urteilsfähigkeit sollte dies reflektieren,                           habe. Er würde lieber sterben, als sich nochmals einer Chemo-
                                sich auf transparente Kriterien stützen und intersub-                              therapie zu unterziehen. Er könne es nicht mit seinem Gewissen
                                jektiv nachvollziehbar sein [4].                                                   vereinbaren, sich diese zum Teil auf der Entwicklung von Kampf-
                                                                                                                   gasen (Nitrosamin) beruhenden Substanzen applizieren zu las-
                                                                                                                   sen. Seine Familie (Eltern und Bruder) unterstütze ihn vollum-
                                                                                                                   fänglich auf diesem individuellen Behandlungsweg. Dies wurde
Tabelle 1: Kompetenzen für die Urteilsfähigkeit.                                                                   in einem weiteren Gespräch mit den Eltern und dem Bruder des
                                                                                                                   Patienten bestätigt.
Kompetenz                       Anforderungen                                                                      Psychopathologisch findet sich in der Konsultation ein bewusst-
Erkenntnisfähigkeit             Fähigkeit, die für die Entscheidung relevanten Informationen                       seinsklarer Patient, es sind keine relevanten mnestischen/kog-
                                zumindest in den Grundzügen zu erfassen.                                           nitiven Störungen zu eruieren (leichte Konzentrationsstörungen,
Wertungsfähigkeit                Fähigkeit, der Entscheidungssituation vor dem Hintergrund                         die in Zusammenhang mit Schmerz und körperlicher Erschöp-
                                 der verschiedenen Handlungsoptionen eine persönliche                              fung zu interpretieren sind). Im Affekt zeigt sich ein zuerst leicht
                                ­Bedeutung beizumessen.                                                            dysphorischer, im weiteren Gesprächsverlauf dann aber zugäng-
Willensbildung                  Fähigkeit, aufgrund der verfügbaren Informationen und                              licher Patient mit leicht gedrückter Stimmungslage bei erhalte-
                                ­eigener Erfahrungen, Motive und Wertvorstellungen einen                           ner Schwingungsfähigkeit ohne Hinweis auf eine relevante de-
                                 Entscheid zu treffen.                                                             pressive Symptomatik. Ein Lebenswille wird glaubwürdig
Willensumsetzung                 Fähigkeit, diesen Entscheid zu kommunizieren und zu                               geäussert, aber gleichzeitig auch die Haltung kommuniziert,
                                ­vertreten.                                                                        nicht um jeden Preis überleben zu wollen.

PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN                     2021;21(3):75–81
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.           See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
Fortbildung                                                                                                                                                                         77

                                                                                                                   lungsbedarf der Erkrankung verstehen. Beispielfragen
Tabelle 2: Zustände, welche die Urteilsfähigkeit beeinträchtigen können.
                                                                                                                   sind im U-doc aufgeführt (Tab. 3).
Erworbene/angeborene Intelligenzminderung                                                                          Wird man für die Beurteilung der Urteilsfähigkeit von
Demenz/Delir/Enzephalopathie                                                                                       extern hinzugezogen, sollte vorher immer eine Rück-
Erkrankungen aus dem psychotischen Spektrum: Wahnhafte Störung, Schizophrenie,                                     sprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen, um Infor-
schizoaffektive Störung                                                                                            mationen zum Gesundheitszustand des Patienten und
Substanzabhängigkeit, akute Intoxikation                                                                           Details zur erfolgten Aufklärung zu erhalten. Falls diese
Schwere depressive Episode, manisches Zustandsbild                                                                 noch nicht suffizient oder unter ungünstigen Bedin-
Organische affektive oder psychotische Episode                                                                     gungen (Hörgerät nicht eingesetzt, kein Dolmetscher
Schwere Angststörung, akute Belastungsreaktion, posttraumatische Belastungsstörung                                 bei fremdsprachigen Patienten, affektiver Ausnahme-
Verleugnung der Grunderkrankung bei neurologischen Erkrankungen mit Parietal­
                                                                                                                   zustand des Patienten, Benutzung von für den Patien-
hirnbeteiligung: Neglekt oder ausgeprägte funktionelle Verleugnung
                                                                                                                   ten unverständlichen Fachtermini etc.) erfolgt ist, muss
Schwere Schmerzzustände
                                                                                                                   diese vor der Beurteilung der Urteilsfähigkeit unter
Affektiver Ausnahmezustand
                                                                                                                   möglichst idealen Konditionen nachgeholt werden.
Schwere Identitätsstörungen
                                                                                                                   Einfache Bedside-Tests wie die MMSE (Mini Mental State
                                                                                                                   Examination), das MoCA (Montreal Cognitive Assess-
Tabelle 3: U-doc: Beispielfragen zur Erfassung der Erkenntnisfähigkeit [1].                                        ment) oder der Uhrentest können hilfreich sein, um die
                                                                                                                   allgemeine Gesprächsgestaltung in ihrer Komplexität
Würden Sie unser Gespräch noch einmal aus Ihrer Perspektive zusammenfassen,
­b esonders hinsichtlich folgender Punkte:                                                                         der dargebotenen Informationen an das (aktuelle) Kog-
                                                                                                                   nitionsniveau des Patienten anzupassen [5]; sie sind
a) Ihren Gesundheitszustand
                                                                                                                   aber nicht geeignet, die Beurteilung der Urteilsfähig-
b) Die Behandlungsmöglichkeiten und die jeweiligen Vor- und Nachteile
                                                                                                                   keit zu ersetzen oder allein darauf abzustützen [6].
c) D
    ie Vor- und Nachteile, wenn wir stattdessen gar nichts tun?
– Was meinen Sie, welche Auswirkungen hat [vom Patienten präferierte Option] auf                                  Bei schwerwiegender Störung der Erkenntnisfähigkeit
   Ihren Alltag? Was wird sich ändern?                                                                             erübrigt sich die Prüfung weiterer Aspekte der Urteils-
– Was denken Sie, ist mit Ihrer Gesundheit derzeit nicht in Ordnung?
– Glauben Sie, dass Sie irgendeine Art von Behandlung brauchen?
                                                                                                                   fähigkeit, es besteht Urteilsunfähigkeit.
– Was denken Sie, sind die Beweggründe, Ihnen [empfohlene Option] zu empfehlen?                                   Zustände mit einer schweren Störung des Realitätsbe-
                                                                                                                   zugs, wie Erkrankungen aus dem psychotischen For-
                                                                                                                   menkreis, manische Zustände und schwere depressive
                                Erkenntnisfähigkeit
                                                                                                                   Zustände zum Beispiel mit wahnhafter Symptomatik
                                Eine Entscheidung bezüglich einer Behandlungsop-                                   und suizidaler Einengung können die Erkenntnis­
                                tion ist bedeutungslos, wenn der Patient nicht in der                              fähigkeit stören, ebenso wie signifikante mnestische
                                Lage ist, die Umstände zu verstehen. Voraussetzung                                 ­Beeinträchtigungen wie bei einem Delir, einem Korsa-
                                für die Urteilsfähigkeit ist daher, dass die handelnde                             kow-Syndrom oder einer dementiellen Entwicklung.
                                Person in der Lage ist, die Aussenwelt zumindest in
                                ­ihren Grundzügen richtig zu erkennen und sich ein
                                                                                                                   Wertungsfähigkeit
                                ­angemessenes Bild von der Realität zu verschaffen.
                                Zur Ermittlung der Erkenntnisfähigkeit wird zuerst                                 Unter Wertungsfähigkeit wird die Kompetenz verstan-
                                das Informationsverständnis über die Krankheit und                                 den, der Entscheidungssituation vor dem Hintergrund
                                deren voraussichtlichen natürlichen Verlauf erfragt.                               der verschiedenen Handlungsoptionen eine persön­
                                Dazu eignen sich offene Fragen am besten. Der Patient                              liche Bedeutung beizumessen, das heisst sie anhand
                                wird gebeten, die Behandlungsoptionen und deren Ri-                                eigener Wertmassstäbe zu evaluieren.
                                siken und Vorteile mit seinen eigenen Worten wieder-                               Die Untersuchung der Wertungsfähigkeit unterliegt
                                zugeben. Im Falle einer Ablehnung der empfohlenen                                  grösserer Subjektivität als die Prüfung der ersten Kom-
                                Behandlung werden auch die möglichen Konsequen-                                    ponente. Auch hier empfehlen sich offene Fragen
                                zen dieser Entscheidung erfragt sowie Alternativen                                 (Tab. 4), die den Patienten im Narrativ schildern lassen,
                                und mögliche Vorteile und Nachteile dieser Optionen.                               warum er sich aus den verschiedenen Optionen für die
                                Dies können auch von schulmedizinischen Konzepten                                  präferierte entschieden hat, um zugrundeliegende
                                abweichende Alternativen sein wie holistische Ansätze                              Motive, Emotionen und Werte zu ergründen.
                                oder das Vertrauen allein auf religiöse Hilfe, wie in der                          Die vorgebrachten persönlichen Gründe des Patienten
                                oben genannten Fallvignette 2.                                                     müssen dabei nicht medizinisch akzeptiert sein oder
                                Der Patient sollte die konkreten Auswirkungen seiner                               von der breiten Öffentlichkeit geteilt werden; mög­
                                Entscheidung auf sein Leben/seine Lebensführung                                    licherweise lassen sie sich nur vor dem Hintergrund
                                wiedergeben können und den potenziellen Behand-                                    religiöser oder philosophischer Weltanschauungen
                                                                                                                   ­

PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN                     2021;21(3):75–81
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.       See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
Fortbildung                                                                                                                                                                           78

                                                                                                                   ­Entscheidung Voraussetzung. Rasch wechselnde, im
Tabelle 4: U-doc: Vorschläge für offene Fragen zur Erfassung der Wertungsfähigkeit [1].
                                                                                                                   Inhalt stark divergierende Willensäusserungen ohne
Sie denken, [vom Patienten präferierte Option] ist das Beste für Sie. Können Sie mir                               Veränderung der äusseren Sachlage können ein Indiz
erklären, warum das so ist?
                                                                                                                   für fehlende Urteilsfähigkeit sein [2].
Was denken Sie, haben Erfahrungen Ihre Entscheidung beeinflusst? Wenn ja, in welcher
Weise?                                                                                                             Darüber hinaus sollte kohärent dargelegt werden
Was macht [vom Patienten präferierte Option] für Sie persönlich besser als [alternative                            können, weshalb sich der Patient für die gewählte
Option]?
Was löst die Vorstellung von [alternative Option] in Ihnen aus?                                                    Option entschieden hat, sei es durch rationale Argu-
Bezug zu eigenen Werthaltungen: Die Person kann die Entscheidung mit persönlichen                                  mentation oder intuitionsbasierte Selbstreflexion.
Werthaltungen und Überzeugungen in Verbindung bringen.
Lebensgeschichtliche Einordnung: Die Person ist in der Lage, die Entscheidungs­
situation im Kontext ihrer bisherigen (Krankheits-)Geschichte sowie im Zusammenhang                                Fähigkeit zur Willensumsetzung
mit ihrer gegenwärtigen Lebenssituation zu betrachten.
Informationsgewichtung/Entscheidungsgründe: Die Person gewichtet einzelne Aspekte                                  Hat sich eine Person einen Willen gebildet, stellt sich
verhältnismässig resp. führt verständliche Gründe für ihre Entscheidung an, bzw. ist                               die Frage, ob sie eine ausreichende Widerstandskraft
sich im Klaren darüber, falls sie dies nicht tut.
                                                                                                                   besitzt, gemäss der eigenen Entscheidung auch zu
Affektive Beteiligung: Die Person kann sich mit einer angemessenen Affektintensität am
Entscheidungsprozess beteiligen und zeigt eine einfühlbare affektive Reaktion.                                     ­handeln und ihren Willen umzusetzen. Den eigenen
                                                                                                                   Willen gilt es in ausreichendem Masse gegen äussere
                                ­einer kleinen Minderheit [7] oder aus dem subjektiven                             Einflüsse, aber auch gegen inneren Drang umsetzen zu
                                Erfahrungshorizont des Patienten heraus verstehen.                                 können.
                                Die Wertungsfähigkeit setzt eine «verhältnismässige»                               Hieraus ergibt sich, dass die Fähigkeit zur Willens­
                                Gewichtung der einzelnen Aspekte voraus; alternativ                                bildung dann relevant eingeschränkt ist, wenn die
                                ist auch möglich, dass der Patient die starke oder ge-                             ­Person nicht in der Lage ist, die eigene Meinung bei-
                                ringe Gewichtung einzelner Gesichtspunkte reflektie-                               spielsweise gegenüber einem Familienangehörigen in
                                ren und begründen kann.                                                            ausreichendem Masse zu verteidigen, also gegen Ein-
                                Einschränkungen der Wertungsfähigkeit können sich                                  flüsse von aussen. Kann die Person den Willen deshalb
                                bei wahnhaften Störungen oder überwertigen Ideen                                   nicht in die Tat umsetzen, weil ein innerer Drang, wie
                                ergeben, wenn einzelne Themen übermässig affektbe-                                 zum Beispiel ausgeprägtes Craving nach Substanzkon-
                                laden sind und dadurch eine ausgewogene Abwägung                                   sum, die Entscheidung relevant bestimmt, ist die Wil-
                                verunmöglicht wird. Bei Zuständen mit ausgeprägten                                 lensumsetzungsfähigkeit ebenfalls eingeschränkt.
                                Störungen der Aufmerksamkeitslenkung und weiterer                                  Wenn keine Kommunikationsfähigkeit besteht, somit
                                höherer Hirnfunktionen wie strategischem Denken,                                   der Wille der Person nicht geäussert werden kann (z.B.
                                Impulskontrolle, Handlungsplanung oder des analyti-                                bei mutistischen oder schwer aphasischen Patienten),
                                schen Denkens kann die Fähigkeit zur rationalen Wei-                               erübrigt sich eine weitere Prüfung und es besteht
                                terverarbeitung der Information gestört sein. Klinisch                             ­Urteilsunfähigkeit. Die Kommunikationsfähigkeit der
                                treten derartige Einschränkungen zum Beispiel bei                                  Person sollte, genauso wie die anderen mentalen
                                Denkstörungen im Rahmen psychotischer Störungen                                    Fähigkeiten, so weit wie möglich unterstützt und
                                                                                                                   ­
                                (zum Teil auch als Residualsymptomatik) auf oder bei                               ­gefördert werden; beispielsweise sollten sedierende Me-
                                deliranten/­enzephalopathischen Zustandsbildern. Bei                               dikation, soweit wie möglich, reduziert werden oder die
                                schweren Identitätsstörungen (wie z.B. Borderline-Per-                             Tageszeit zur Exploration gewählt werden, in welcher
                                sönlichkeitsstörung) kann der Zugang zu eigenen                                    der Patient am wachsten und adäquatesten ­erscheint.
                                Werthaltungen und Prioritäten (vorübergehend) er-                                  Auch ein niederschwelliger Beizug eines professionel-
                                schwert sein oder diese können rasch wechseln.                                     len Übersetzers ist bei fremdsprachigen Patienten ange-
                                                                                                                   zeigt, um eine differenzierte Kommunikation der Per-
                                                                                                                   son zu ermöglichen. Seh- und Hörhilfen sollten – sofern
                                Fähigkeit zur Willensbildung
                                                                                                                   vorhanden – immer beigeschafft werden.
                                Wer die Fähigkeit zur Willensbildung besitzt, kann an-
                                hand seiner Einsichten und Motive aus den möglichen                                Tabelle 5: U-doc: Mögliche Beispielfragen zur Prüfung der
                                Optionen eine vom Verstand oder der Intuition gelei-                               Fähigkeit zur Willensbildung und -­ umsetzung [1].

                                tete Entscheidung treffen. Willensbildungsfähigkeit
                                                                                                                   Für welche Behandlungsoption haben Sie sich entschieden?
                                setzt eine gewisse Selbstbestimmungskompetenz und
                                                                                                                   Warum haben Sie sich für [vom Patienten präferierte Option]
                                damit einen Handlungsfreiraum voraus, das heisst das                               entschieden?
                                Handeln des urteilsfähigen Patienten folgt nicht un-                               Was macht die Entscheidung [wenn keine Entscheidung] so
                                                                                                                   schwierig?
                                kontrolliert kurzfristigen Impulsen oder Trieben. Für
                                                                                                                   Fühlt sich die Entscheidung richtig an?
                                die Willensbildung ist auch eine gewisse Stabilität der

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                                Das U-doc fasst Willensbildungs- und Willensumset-                                 im Art. 378 ZGB festgelegten Vertretungskaskade (siehe
                                zungsfähigkeit zusammen; mögliche Beispielfragen                                   Anhang in der Online-Version dieses Artikels unter
                                sind in Tabelle 5 aufgeführt.                                                      www.primary-hospital-care.ch). Im Idealfall ist die
                                                                                                                   ­Vertretungsperson in der Patientenverfügung oder im
                                                                                                                   Vorsorgeauftrag festgelegt. Ansonsten ist – falls keine
                                Vorgehen bei Urteilsunfähigkeit
                                                                                                                   Beistandschaft für medizinische Massnahmen einge-
                                Einer Patientin oder einem Patienten die Urteilsfähig-                             leitet wurde – der im selben Haushalt lebende Ehepart-
                                keit hinsichtlich einer Behandlung abzusprechen, ist                               ner oder eingetragene Lebenspartner die nächste
                                ein hochsensibler Entscheid, der eine schwere Ein-                                 ­gesetzliche Vertretungsperson. Für alle Personen in der
                                schränkung der persönlichen Freiheit bedeutet [4]. Bei                             Kaskade gilt, dass sie der urteilsunfähigen Person in
                                Grenzfällen oder in besonders anspruchsvollen Situa-                               letzter Zeit Beistand geleistet haben müssen; ein Ver-
                                tionen kann eine zusätzliche psychiatrische Evalua-                                wandtschaftsverhältnis per se ist nicht ausreichend.
                                tion veranlasst werden, um die Entscheidung interdis-                              Falls sich keine vertretungsberechtigte Person eignet
                                ziplinär unter Einbezug der Angehörigen abzustützen,                               oder bereit erklärt, bei Uneinigkeit unter den vertre-
                                die Verantwortung zu teilen und das für die weitere Be-                            tungsberechtigten Personen oder wenn Anlass zur
                                handlung wichtige Vertrauensverhältnis zwischen                                    ­Vermutung besteht, dass die Interessen der urteilsun-
                                Hausarzt und Patient möglichst wenig zu stören. Im                                 fähigen Person gefährdet sind, wird eine medizinische
                                ambulanten Setting ist dies aufgrund fehlender Ko-                                 Vertretungsbeistandschaft bei der zuständigen Kinder-
                                operation des Patienten aber nicht immer möglich                                   und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) beantragt. Die-
                                und muss gut vorbereitet werden, damit sich der Pa­                                ser Vorgang setzt – wenn sie durch den behandelnden
                                tient nicht zusätzlich stigmatisiert fühlt.                                        Arzt eingeleitet wird – die Entbindung von der Schwei-
                                Für jegliche Beeinträchtigung der Urteilsfähigkeit gilt:                           gepflicht bei der Gesundheitsdirektion voraus.
                                Bei kurzfristig reversiblen bzw. stark fluktuierenden                              Ob bei fehlender Urteilsfähigkeit und Ablehnung der
                                Zuständen sollte die Beurteilung der Urteilsfähigkeit                              Behandlung diese gegen den Willen durchgeführt
                                möglichst rasch wiederholt werden. Es bleibt immer                                 wird, muss mit der Vertretungsperson sorgfältig abge-
                                erklärtes Ziel, den Patienten wieder autonom hand-                                 wogen werden. Dabei fliessen verschiedene Faktoren
                                lungsfähig zu machen, so dass dieser sich zu einem                                 ein: Die Schwere und die Akuität des zu erwartenden
                                späteren Zeitpunkt nach persönlicher Abwägung frei                                 gesundheitlichen Schadens, die Wirksamkeit der Inter-
                                und informiert für oder gegen die empfohlene Be-                                   vention (Erfolgswahrscheinlichkeit der Behandlung),
                                handlung entscheiden kann. Auch bei Patienten mit                                  die Risiken des Eingriffs und die Schwere der zu er­
                                fehlender Urteilsfähigkeit zum gegebenen Zeitpunkt                                 wartenden psychischen Reaktion des Patienten durch
                                kann es – bei entsprechender Zugänglichkeit und Kom-                               die erzwungene Behandlung, sowie auch die kurzfris-
                                petenz des Patienten – sinnvoll sein, den mutmass­                                 tige und langfristige logistische Durchführbarkeit zur
                                lichen Willen hypothetisch zu erfragen («wenn der                                  ­Sicherung des Behandlungserfolgs, vor allem wenn
                                ­Knoten Krebs wäre, was würden sie dann machen wol-                                eine Intervention eine langfristige Nachbehandlung
                                len») [8] und diese Auskünfte in die Behandlungspla-                               verlangt wie zum Beispiel eine orale Antikoagulation
                                nung zu integrieren. Generell sollte die urteilsunfä-                              [9]. Auch falls nach sorgfältiger Abwägung eine Ent-
                                hige Person – wo immer möglich – einbezogen werden                                 scheidung gegen eine Behandlung der urteilsunfähi-
                                in die medizinischen Entscheidungen (Art. 377 ZGB).                                gen Person getroffen wird, sollte die Einschätzung der
                                In medizinisch dringlichen Fällen mit unmittelbarer                                Urteilsfähigkeit sorgfältig in der Krankenakte doku-
                                Gefährdung ergreift der Arzt medizinische Massnah-                                 mentiert werden.
                                men nach dem mutmasslichen Willen und den Interes-
                                sen der urteilsunfähigen Person. Gesetzlich ist dies im
                                                                                                                   Anwendung auf die beschriebenen Fälle
                                Kinder- und Erwachsenenschutzrecht Art. 379 ZGB ge-
                                regelt.
                                Bei weniger dringlichen Fällen oder nach Stabilisie-                               Anwendung bei Fallvignette 1
                                rung des Patienten klärt der behandelnde Arzt ab, ob                               In der Zusammenschau gingen wir, basiert auf unsere
                                eine Patientenverfügung besteht; diese ist rechtlich                               zweimalige klinische Beurteilung der Patientin sowie
                                bindend. Falls diese nicht vorliegt oder keine Angaben                             den Angaben des Ehemannes und der Aktenanamnese,
                                zur aktuellen Fragestellung erhält, erstellt der behan-                            aus psychiatrischer Sicht diagnostisch von einer para-
                                delnde Arzt unter Beizug einer gesetzlichen Vertre-                                noiden Schizophrenie aus. Aus dem Untersuchungs­
                                tungsperson einen Behandlungsplan. Die Auswahl der                                 befund ergeben sich keine Hinweise mehr auf das
                                gesetzlichen Vertretungsperson richtet sich nach der                               Vorliegen eines Delirs. Psychopathologisch standen
                                                                                                                   ­

PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN                     2021;21(3):75–81
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