Privatwaldeigentümer mit und ohne landwirt-schaftlichen Hintergrund im Kanton Bern
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Privatwaldeigentümer mit und ohne landwirt- schaftlichen Hintergrund im Kanton Bern Astrid Zabel Forschungsgruppe für internationale Waldwirtschaft und Klimawandel, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (CH)* Alexandra Dittgen Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (CH) Private forest owners with and without agricultural background in the canton of Bern In Switzerland, private forest ownership was traditionally closely tied to agricultural farms. With the ongoing structural change in the agricultural sector, there is a growing number of private forest owners who do not have an agricultural background. In order to design policy measures, e.g. to increase wood harvest in private forests, it is necessary to understand the aims and motivations of these owners. This paper investigates to what extent private forest owners without an agricultural background differ from those with such a background. The anal- ysis builds on empirical data collected in a representative, mail survey among private forest owners in the can- ton of Bern. Contrary to a wide-spread assertion that forest owners without an agricultural background have lit- tle forest-specific knowledge and lack interest in their forests, this study finds that they are often interested and estimate to have a high degree of knowledge. In accordance with studies conducted in Austria and Germany the results show that to forest owners without an agricultural background generating income from their forests is often a secondary goal. Leisure and recreation are often given higher priority. Keywords: private forest owners, structural change, canton of Bern, Switzerland doi: 10.3188/szf.2014.0377 * Länggasse 85, CH-3052 Zollikofen, E-Mail astrid.zabel@bfh.ch P rivatwald ist in der Schweiz seit Generationen chen Bezug geben wird, ist es wichtig, auch deren In- eng mit der Landwirtschaft verbunden. Der teressen und Motive bei der Waldbewirtschaftung zu Wald war traditionell ein wichtiger Bestand- kennen (Weiss & Bach 2006, Weiss & Bach 2007a, b). teil eines Betriebs und wurde häufig im Winter, Insbesondere Politikmassnahmen, die darauf abzie- wenn keine Feldarbeiten anstanden, bewirtschaftet. len, Änderungen in der Bewirtschaftung und Holz- In den letzten Jahrzehnten vollzog sich in der Land- nutzung von Privatwäldern hervorzurufen (Abbil- wirtschaft ein Strukturwandel, im Rahmen dessen dung 1), können von diesem Wissen profitieren. Ein immer mehr Betriebe stillgelegt wurden. Seit 1975 Beispiel hierfür ist das in der Schweizer Waldpolitik wurde rund die Hälfte aller Betriebe aufgegeben. 2020 definierte Ziel «Das nachhaltig nutzbare Holz- Dieser Trend hielt auch in den letzten zehn Jahren nutzungspotenzial wird ausgeschöpft» (BAFU 2011). an; zwischen 2002 und 2012 wurden 16% der Be- Da der Holzvorrat im Privatwald besonders hoch ist triebe aufgelöst. Im Kanton Bern waren es im glei- (Ulmer et al 2010), kann es bei der Ausgestaltung von chen Zeitraum rund 15%. Die Veränderungen in der Massnahmen zur Förderung der Holznutzung vor- Landwirtschaft haben auch Auswirkungen auf den teilhaft sein, die Interessen und Strategien dieser Privatwald. Obwohl die Mehrheit der Privatwald- «neuen» Waldeigentümer zu kennen. eigentümer weiterhin einen Bezug zur Landwirt- schaft hat (Zimmermann & Wild-Eck 2007), gibt es heute bereits eine relevante Gruppe, der dieser Be- Typologisierungen für zug fehlt. Diese Entwicklung ist auch in den Nach- Privatwaldeigentümer barländern Österreich und Deutschland zu beobach- ten (Weiss et al 2007, Weber 2010, Huber et al 2013). In den letzten zehn Jahren hat sich in der Da davon auszugehen ist, dass es in Zukunft Literatur über mitteleuropäische Privatwaldeigen- noch mehr Waldeigentümer ohne landwirtschaftli- tümer der Begriff des «urbanen Waldeigentümers» Schweiz Z Forstwes 165 (2014) 12: 377–383 CONNAISSANCES 377 140203_Forstverein_12_(377_383) 377 25.11.2014 12:32:19
Abb 1 Einblick ins Em- mental (Kanton Bern), eines der privatwald- reichsten Gebiete der Schweiz. Foto: Jürgen Blaser etabliert. Urban wird dabei unterschiedlich defi- pen mit mehreren Subgruppen einteilen. Die drei niert, zum Teil als ein in der Stadt wohnender Wald- Hauptgruppen sind 1) traditionelle Waldeigentümer, eigentümer oder noch breiter als Sammelbegriff für 2) Übergangstypen und 3) neue Waldeigentümer. alle, die vom traditionellen, stereotypischen Bild des Die urbanen sind eine Subgruppe der neuen Wald- privaten Waldeigentümers abweichen (Weiss et al eigentümer und werden über ihren städtischen 2007, Krause 2011). Verschiedene Studien versuchen, Wohnsitz definiert. Ihnen fehlt häufig – aber nicht diesen Begriff genauer zu fassen und die Eigenschaf- zwingend – der landwirtschaftliche Hintergrund. ten des urbanen Waldeigentümers herauszustellen. Folgende typische Eigenschaften der urbanen Wald- Mutz (2007) definiert den Prozess der Urba- eigentümer werden genannt: ein relativ kleiner nisierung als eine Loslösung vom landwirtschaftli- Waldbesitz, seltene Besuche im eigenen Wald, hob- chen Kontext, die sich besonders in Änderungen des bymässige Waldbewirtschaftung, eine geringe Holz- Berufsfeldes und der Lebensweise manifestiert. Bei nutzung sowie das Fernsehen als wichtigste Infor- der Waldbewirtschaftung fehlen technische Aus- mationsquelle für waldbezogene Fragestellungen. stattung und spezifisches Wissen. Ökonomische Schaffner (2008) verwendet drei Kriterien, anhand Interessen der Holznutzung stehen nicht im Vor- derer Waldeigentümer in Gruppen eingeteilt werden dergrund, vielmehr wird die Waldpflege zu einer können: 1) die Waldbesitzgrösse, 2) die Erwerbsart Freizeitaktivität. und 3) die Motive des Waldeigentümers für die Be- Krause (2011) fasst die Ergebnisse einer Um- wirtschaftung und Pflege des Waldes. frage unter Beratungsförstern in Bayern zusammen. In einer empirischen Untersuchung zu Pri- Die Beratungsförster definieren den urbanen Wald- vatwaldeigentümern in der Schweiz weisen Zim- eigentümer über einen fehlenden landwirtschaftli- mermann & Wild-Eck (2007) auf die Gruppe der chen Hintergrund, Defizite gegenüber traditionel- Privatwaldeigentümer ohne landwirtschaftlichen len Waldeigentümern (z.B. in Bezug auf technische Hintergrund hin, differenzieren in ihren Analysen Ausstattung und Fachwissen) und den hohen Stel- aber nicht nach diesem Kriterium. lenwert, den immaterielle Werte im Wald einneh- Im Rahmen einer an der Hochschule für Agrar-, men. Weber (2010) stellt fest, dass es ein Kontinuum Forst- und Lebensmittelwissenschaften durchgeführ- von ländlichen bis zu urbanen Waldeigentümern ten Masterarbeit (Dittgen 2013) wurde für den Kan- gibt und somit eine klare Differenzierung zwischen ton Bern untersucht, inwiefern sich Privatwaldeigen- Gruppen schwierig ist. tümer mit einem landwirtschaftlichen Hintergrund Hogl et al (2003, 2005; beide zitiert in Weiss von solchen ohne landwirtschaftlichen Hintergrund et al 2007) wählen dagegen einen etwas anderen unterscheiden. Der vorliegende Artikel basiert auf Ansatz, indem sie Waldeigentümer in drei Grup- den in dieser Arbeit erhobenen Daten. 378 WISSEN Schweiz Z Forstwes 165 (2014) 12: 377–383 140203_Forstverein_12_(377_383) 378 25.11.2014 12:32:21
Material und Methoden lässt sich jedoch nicht abschliessend ausschliessen, dass es zu Verzerrungen der Stichprobe durch Selbst- Im Rahmen dieser Studie hat eine Person ei- selektivität gekommen sein könnte, indem zum Bei- nen landwirtschaftlichen Hintergrund, wenn sie spiel Waldeigentümer mit grösserem Interesse am Landwirt/in im Haupt- oder Nebenerwerb ist oder Wald systematisch häufiger geantwortet haben als wenn ihre Eltern oder Grosseltern in der Landwirt- andere. schaft tätig waren. Trifft keine dieser Möglichkeiten zu, hat die Person per Definition keinen landwirt- schaftlichen Hintergrund. Resultate Die empirischen Daten wurden mittels eines im Jahr 2013 in zwei Umläufen versendeten postali- Landwirtschaftlicher Hintergrund schen Fragebogens erhoben. Die Stichprobe wurde Im Datensatz haben 80% (307) der Privatwald- nach den Forstzonen des Kantons Bern stratifiziert eigentümer des Kantons Bern einen landwirtschaft- (d.h. 5% aus dem Berner Jura, 34% aus dem Mittel- lichen Hintergrund und 20% (77) haben keinen. Das land, 37% aus den Voralpen und 24% aus den Alpen) Durchschnittsalter derjenigen mit landwirtschaftli- und umfasste insgesamt 1000 Privatwaldeigentümer. chem Hintergrund ist geringer (56 Jahre) als bei de- Zur Ziehung zugelassen wurden nur Privatwaldeigen- nen ohne diesen Hintergrund (60 Jahre), und es sind tümer mit mindestens 100 m2 Wald. Ausgeschlossen in der Gruppe mit landwirtschaftlichem Hinter- wurden juristische Personen sowie Adressaten, die grund weniger Frauen vertreten (12% gegenüber 2012 bereits für eine andere Studie angeschrieben 21%). Diese Unterschiede sind jedoch nicht signifi- worden waren. Die Ziehung der Stichprobe anhand kant (es wird für diese Studie durchgehend ein Sig- dieser Kriterien wurde durch das Amt für Wald des nifikanzniveau von 5% angenommen). Kantons Bern durchgeführt. Signifikante Unterschiede bestehen bei der Die Quote der zurückgesendeten auswertba- Grösse des Wohnorts und dem Ausbildungsniveau. ren Fragebögen lag bei 41.2% (Tabelle 1), ein für eine In der Gruppe der Personen mit landwirtschaftli- auf Freiwilligkeit basierende Umfrage hoher Wert. chem Hintergrund leben 87% in Gemeinden mit we- Zwischen der Stichprobe und den retournierten Fra- niger als 5000 Einwohnern, und nur 4% wohnen in gebogen gibt es in Bezug auf die Verteilung auf die Ortschaften mit über 10 000 Einwohnern. In der Forstzonen keinen signifikanten Unterschied. Es Gruppe ohne landwirtschaftlichen Hintergrund le- ben dagegen 79% in Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern und 10% in Ortschaften mit über Stichprobenumfang 10 000 Einwohnern. Hochschulabgänger sind in der Bruttostichprobe (Anzahl versendet; St.) 1000 Gruppe der Waldeigentümer ohne landwirtschaftli- Verstorben, weggezogen, nicht ermittelbar (St.) –67 chen Hintergrund stärker vertreten (19% gegenüber Nettostichprobe (St.) 933 9%). Auswertbare Antworten (St.) 384 Auch in der Einstellung zu Naturschutzorga- Rücklaufquote (%) 41.2 nisationen bestehen signifikante Unterschiede. Von Tab 1 Eckdaten der Stichprobe. den Privatwaldeigentümern ohne landwirtschaft- lichen Hintergrund geben 36% an, eine positive 45 Haltung gegenüber Naturschutzorganisationen zu 40 haben, und 19% unterstützen Naturschutzorganisa- tionen auch finanziell. Bei den Privatwaldeigentü- 35 mern mit landwirtschaftlichem Hintergrund weisen 30 sich dagegen nur 20% mit positiver Haltung respek- Anteil (%) 25 tive 8% als Spender aus. 20 Fläche und Parzellierung 15 Privatwaldeigentümer mit landwirtschaftli- 10 chem Hintergrund besitzen durchschnittlich 4.2 ha 5 Wald, solche ohne landwirtschaftlichen Hinter- grund 2.7 ha. Die Grösse des Waldbesitzes unter- 0 scheidet sich jedoch nicht signifikant zwischen den 0.5–1 0–0.5 1–1.5 1.5–2 2–2.5 2.5–3 3–3.5 3.5–4 4–4.5 4.5–5 5–5.5 5.5–6 6–6.5 6.5–7 7–7.5 7.5–8 8–8.5 8.5–9 9–9.5 9.5–10 >10 zwei Gruppen. Über 60% der Personen ohne land- wirtschaftlichen Hintergrund besitzen sehr kleine Waldeigentum (Hektar) Flächen von weniger als einer Hektare (Abbildung 2). Mit landwirtschaftlichem Hintergrund Ohne landwirtschaftlichen Hintergrund Ein Zusammenhang besteht zudem zwischen Abb 2 Waldeigentum von Personen mit und ohne landwirtschaftlichen Hintergrund, der Grösse des Waldbesitzes und der Anzahl der sortiert nach Grösse. zum Besitz gehörenden Waldparzellen. Waldbesitz, Schweiz Z Forstwes 165 (2014) 12: 377–383 CONNAISSANCES 379 140203_Forstverein_12_(377_383) 379 25.11.2014 12:32:22
Privatwaldeigentümer Holznutzung Total sind es bei den Personen ohne landwirtschaftlichen Antworten Hintergrund nur 79% (Tabelle 2). Die Waldeigen- ja nein Mit landwirtschaftlichem 295 9 304 tümer, die auf eine Holznutzung verzichten, besitzen Hintergrund (97%) (3%) im Durchschnitt signifikant weniger Wald (0.71 ha) Ohne landwirtschaftlichen 60 16 76 als diejenigen, die ihren Wald bewirtschaften (4.14 ha). Hintergrund (79%) (21%) Als Gründe für den Verzicht auf Holznutzung wurden von den Umfrageteilnehmern in absteigender Anzahl Tab 2 Holznutzung. Hinweis: Drei Personen mit und eine Person ohne landwirtschaftli- chen Hintergrund haben diese Frage nicht beantwortet. der Nennungen angeführt: keine eigene Ausrüstung, fehlendes Interesse, zu geringes Wissen und Mangel an Zeit. Die Holzernte führen die Eigentümer in bei- Privatwaldeigentümer Ausführung Holzerntearbeiten den Gruppen überwiegend selber aus (Tabelle 3). Selber Von anderen Gemischt Das Übertragen von Nutzungsrechten an an- Mit landwirtschaftlichem 175 43 77 dere ist unter Privatwaldeigentümern ohne landwirt- Hintergrund (59%) (16%) (26%) schaftlichen Hintergrund deutlich üblicher. So ge- Ohne landwirtschaftlichen 30 19 11 ben 12% an, ihren Wald verpachtet zu haben. Bei Hintergrund (50%) (32%) (18%) den Waldeigentümern mit landwirtschaftlichem Tab 3 Ausführung der Holzerntearbeiten. Hinweis: Drei Personen mit und eine Person Hintergrund sind es dagegen nur 2%. Gefragt nach ohne landwirtschaftlichen Hintergrund haben diese Frage nicht beantwortet. ihrem Interesse daran, ihren Wald im Rahmen von Nutzungsverträgen durch andere bewirtschaften zu Privatwaldeigentümer Zukünftige Waldnutzung lassen und die Verfügungsrechte abzugeben, antwor- Keine Mehr Holz Vermehrt für Weiss nicht ten beide Gruppen mehrheitlich ablehnend. Nur Änderung nutzen Freizeit und Erholung rund 8% äusserten sich in jeder Gruppe potenziell nutzen interessiert an einer solchen Möglichkeit. Mit landwirtschaftlichem 223 68 7 7 Dafür besteht bei rund 50% der Privatwaldei- Hintergrund (73%) (23%) (2%) (2%) gentümer mit landwirtschaftlichem Hintergrund Ohne landwirtschaftlichen 54 11 7 5 und bei 31% derjenigen ohne diesen Hintergrund Hintergrund (70%) (14%) (9%) (7%) ein Interesse an einer Zusammenarbeit mit anderen Tab 4 Pläne für die zukünftige Waldnutzung. Hinweis: Zwei Personen mit landwirtschaft- Waldeigentümern. Dieses Interesse scheint auch mit lichem Hintergrund haben diese Frage nicht beantwortet. der Grösse des Waldbesitzes zusammenzuhängen, denn die an einer Zusammenarbeit Interessierten nennen mit durchschnittlich 5 ha (gegenüber 2.9 ha) der nur aus einer Waldparzelle besteht, ist signifi- eine signifikant grössere Waldfläche ihr eigen. kant kleiner. So lässt sich auch erklären, dass 52% Für die Zukunft ist mit wenig Dynamik in der der Personen ohne landwirtschaftlichen Hinter- Waldnutzung zu rechnen. Rund 70% möchten zu- grund nur eine Waldparzelle besitzen, hingegen 79% künftig nichts an ihrer Waldnutzungsstrategie än- der Personen mit landwirtschaftlichem Hintergrund dern (Tabelle 4). Eigentümer mehrerer Waldparzellen sind. Einstellung zum eigenen Wald Bewirtschaftung und Holznutzung Bei der Einstellung zum eigenen Wald gibt es 97% der Eigentümer mit landwirtschaftlichem zwischen den zwei Gruppen grosse Unterschiede (Ab- Hintergrund nutzen Holz aus ihrem Wald. Dagegen bildung 3): Von den Personen mit landwirtschaftli- Mit landwirtschaftlichem 44% 41% 13% 2% Hintergrund Ohne landwirtschaftlichen 34% 29% 27% 10% Hintergrund 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Interesse (%) Gering Eher gering Eher gross Gross Abb 3 Interesse am eigenen Wald. 380 WISSEN Schweiz Z Forstwes 165 (2014) 12: 377–383 140203_Forstverein_12_(377_383) 380 25.11.2014 12:32:22
Privatwaldeigentümer Durchschnittliche Beratungshäufigkeit mit landwirtschaftlichem Hintergrund lassen sich in den letzten 10 Jahren signifikant seltener beraten als solche ohne land- Mind. 1-mal Weniger als nie wirtschaftlichen Hintergrund (Tabelle 5). Es ist lei- jährlich 1-mal jährlich der aus den Umfrageergebnissen nicht ersichtlich, Mit landwirtschaftlichem 115 106 80 ob die Privatwaldeigentümer das Anzeichnen bereits Hintergrund (38%) (35%) (27%) als Beratung werten oder nicht. Ohne landwirtschaftlichen 42 27 7 Hinsichtlich der Informationsquellen, die ge- Hintergrund (55%) (36%) (9%) nutzt werden unterscheiden sich die zwei Gruppen. Tab 5 Unterschiede bei der Inanspruchnahme von Beratungsangeboten. Hinweis: Fünf Den Forstdienst (Revierförster; 81%) und spezifische Personen mit landwirtschaftlichem Hintergrund und eine Person ohne landwirtschaftli- Literatur (32%) nutzen Privatwaldeigentümer mit chen Hintergrund haben diese Frage nicht beantwortet. landwirtschaftlichem Hintergrund häufiger als Quelle. Von denjenigen ohne landwirtschaftlichen chem Hintergrund geben 85% an, eher geringes oder Hintergrund geben nur 63% den Forstdienst und 9% geringes Interesse an ihrem Wald zu haben. In der Literatur als Informationsquelle an. Gruppe derjenigen ohne landwirtschaftlichen Hin- In Bezug auf das Internet als Informations- tergrund sind dies nur 63%. quelle besteht kein Unterschied zwischen den Grup- Gefragt nach ihrem Interesse an der Waldbe- pen. Insgesamt sind die Internetnutzer jedoch sig- wirtschaftung ergibt sich ein ähnliches Bild. So ge- nifikant jünger. ben lediglich 23% der Personen mit landwirtschaft- lichem Hintergrund an, ein grosses oder eher grosses Interesse an einer solchen zu haben. Bei den Perso- Diskussion nen ohne landwirtschaftlichen Hintergrund sind es hingegen mehr als die Hälfte (52%). Ein Zusammen- Diese Untersuchung hatte zum Ziel, Unter- hang zwischen dem Interesse an der Waldbewirt- schiede zwischen Privatwaldeigentümern mit land- schaftung und der Grösse des Waldeigentums konnte wirtschaftlichem Hintergrund und solchen ohne nicht festgestellt werden. diesen Hintergrund herauszustellen. Thematisch In einer weiteren Frage sollten die Privatwald- nimmt die Studie Bezug auf Untersuchungen in eigentümer die Wichtigkeit verschiedener Fuktionen Deutschland und Österreich, die die «Urbanisierung» ihres Waldes mit Punkten beurteilen. Die Funktio- von Privatwaldeigentümern analysieren (Weiss et al nen waren «Einkommen aus dem Wald», «Freizeit 2007, Mutz 2007, Krause 2011). In der vorliegenden und Erholung», «Naturschutz», und «Holz für den Studie wurde jedoch anstelle des Kriteriums «Urba- Eigenbedarf». Es ergaben sich für die ersten beiden nisierung» der landwirtschaftliche Hintergrund ei- Funktionen signifikante Unterschiede. In der Gruppe ner Person als Differenzierungsmerkmal gewählt, da mit landwirtschaftlichem Hintergrund gibt es in er einfacher zu identifizieren ist und einen direkten etwa gleich viele, die dem Einkommen aus dem ei- Bezug zum Strukturwandel in der Landwirtschaft genen Wald einen sehr hohen Stellenwert beimes- herstellt. sen beziehungsweise diesen Faktor als unwichtig ein- Die empirischen Daten aus dem Kanton Bern stufen. In der Gruppe ohne landwirtschaftlichen zeigen, dass Personen ohne landwirtschaftlichen Hintergrund gibt es nur sehr wenige, die das Ein- Hintergrund durchschnittlich eine kleinere Wald- kommen aus dem Wald hoch bewerten. Die Mehr- fläche besitzen, wobei der Grössenunterschied sta- heit schreibt ihm einen geringeren Stellenwert zu. tistisch nicht signifikant war. Es kommt in dieser Dafür wird Freizeit und Erholung in der Gruppe Gruppe auch häufiger vor, dass auf eine Nutzung des ohne landwirtschaftlichen Hintergrund deutlich hö- Holzes verzichtet wird. Eigentümer, die auf eine Nut- her bewertet. Bei der Frage nach Holz für den Eigen- zung verzichten, besitzen deutlich weniger Wald. bedarf waren die Antworten aus beiden Gruppen Dies mag auf eine Geringfügigkeitsproblematik ausgewogen. Die gilt ebenfalls für die Frage nach der (Schaffner 2008) hindeuten. Schaffner (2008) argu- Bedeutung des Naturschutzes. mentiert weiter, dass mit einem voranschreitenden Strukturwandel notwendige Fertigkeiten und spezi- Wissen, Information und Beratung fisches Wissen für die Waldbewirtschaftung verloren Im Rahmen der Umfrage wurden die Privat- gehen und die Beauftragung von Dienstleistungsun- waldeigentümer auch gebeten, ihr Wissen über die ternehmen zur Durchführung der Pflege- und Ern- Waldbewirtschaftung einzustufen. 61% der Perso- tearbeiten zum Standard wird. Unter den Berner Pri- nen ohne landwirtschaftlichen Hintergrund schät- vatwaldeigentümern ist ein solcher Trend noch nicht zen dieses als gut oder eher gut ein, bei der Gruppe eindeutig erkennbar. Zwar lassen prozentual mehr mit landwirtschaftlichem Hintergrund sind es hin- Eigentümer ohne landwirtschaftlichen Hintergrund gegen nur 23% der Personen. die Holznutzung von Dritten ausführen, insgesamt Die Mehrzahl der Waldeigentümer nutzt Be- überwiegt jedoch in beiden Gruppen die selbst- ratungsangebote zum Wald. Privatwaldeigentümer ständige Ausführung noch. Die Option, Verfügungs- Schweiz Z Forstwes 165 (2014) 12: 377–383 CONNAISSANCES 381 140203_Forstverein_12_(377_383) 381 25.11.2014 12:32:23
Einkommen aus dem Wald ist dagegen oft sekundär (Abbildung 4). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es durchaus signifikante Unterschiede zwischen Privat- waldeigentümern mit und ohne landwirtschaftli- chen Hintergrund gibt. Diese sind insbesondere in ihren Motiven für die Waldbewirtschaftung und ih- rem Interesse gegenüber der Waldbewirtschaftung zu finden. Im Gegensatz zum häufig stilisierten Bild des desinteressierten, unwissenden urbanen Wald- eigentümers, der selten seinen Wald aufsucht, zeich- net sich in dieser Studie eher der Eindruck ab, dass Waldeigentümer ohne landwirtschaftlichen Hinter- grund häufig interessiert, informiert und – mit Ein- schränkungen – offen für Kooperationen sind, dabei jedoch die Einkommenserzielung nicht zwangsläu- fig das oberste Ziel ist. Zimmermann & Wild-Eck (2007) ziehen aus ihren Ergebnissen das Fazit, dass Privatwaldeigentü- mer im Allgemeinen «schwierig zu erreichende An- sprechpartner» seien, die wenig auf finanzielle An- reize reagieren. Eine interessante Frage für zukünftige Studien wäre daher, ob Privatwaldeigentümer ohne landwirtschaftlichen Hintergrund besser über fun- dierte naturschutzorientierte Argumente, zum Bei- spiel dass die kleinräumige Biodiversität in bewirt- schafteten Nadelwäldern höher sein kann als in unbewirtschafteten (Weber & Berchten 2010), zur Holznutzung motiviert werden können. ■ Eingereicht: 21. Juli 2014, akzeptiert (mit Review): 3. November 2014 Abb 4 Für Waldeigentümer ohne landwirtschaftlichen Hintergrund ist die Erzielung von Einkommen aus dem eigenen Wald oft sekundär. Foto: Jürgen Blaser Literatur BAFU (2011) Waldpolitik 2020. Vom Bundesrat gutgeheissen am rechte komplett an Dritte abzugeben, kommt für die 31. August 2011. BBl 8731–8754. wenigsten infrage. Interesse scheint dagegen, beson- DITTGEN A (2013) Strukturwandel im Schweizer Privatwald. Fall- ders bei Personen mit landwirtschaftlichem Hinter- studie im Kanton Bern. Zollikofen: Hochschule Agrar- Forst- grund, an der Verbesserung der Zusammenarbeit mit Lebensmittelwissenschaften. 99 p. HOGL K, PREGERNIG M, WEISS G (2003) Wer sind Österreichs anderen Privatwaldeigentümern zu bestehen. Dies Waldeigentümer/innen? Einstellungen und Verhalten traditi- deutet auf ein Potenzial für den Ausbau von Zusam- oneller und «neuer» Eigentümergruppen im Vergleich. Wien: menschlüssen wie regionalen Organisationen hin Univ Bodenkultur, Inst Sozioökonomie der Forst- und Holz- (Mohr 2011, Röösli-Brun 2007). wirtschaft, Discussion Paper P/2003-1. 22 p. Eine gängige Meinung ist, dass urbane be- HOGL K, PREGERNIG M, WEISS G (2005) What is new about new forest owners? A typology of new forest owners in Austria. ziehungsweise landwirtschaftsferne Waldeigentü- Small-scale For Econ Manage Policy 4: 325–342. mer über wenig waldspezifisches Wissen verfügen HUBER W, SCHWARZBAUER P, STERN T (2013) Analyse der Mo- (Schaffner 2008, Krause 2011). Es ist daher überra- tive österreichischer Kleinwaldeigentümer als Schlüssel für die schend, dass in dieser Studie Privatwaldeigentümer Holzmobilisierung. Schweiz Z Forstwes 164: 278–284. doi: ohne landwirtschaftlichen Hintergrund ihr Wissen 10.3188/szf.2013.0278 KRAUSE E (2011) Vielfalt – Würze des Lebens … und des Waldes. und auch ihr Interesse deutlich häufiger als hoch Freising: Bayer Landesanstalt Wald Forstwirtschaft, LWF aktu- einschätzen als diejenigen mit landwirtschaftlichem ell 80: 47–49. Hintergrund. Ob das Wissen tatsächlich besser ist, MOHR C (2010) Eigentumsübergreifende Zusammenarbeit im Ko- lässt sich nicht beurteilen, da es sich um eine Selbst- nolfinger Privatwald und im Kanton Bern. Schweiz Z Forstwes einschätzung handelt. 162: 71–75. doi: 10.3188/szf.2010.0071 Übereinstimmend mit Ergebnissen anderer MUTZ R (2007) Privatwaldforschung in Deutschland: Überblick und Folgerungen Schweiz Z Forstwes 158: 285–292. doi: Studien (Mutz 2007, Weber 2010) hat sich gezeigt, 10.3188/szf.2007.0285 dass für Waldeigentümer ohne landwirtschaftlichen RÖÖSLI-BRUN B (2007) Kooperation im Luzerner Privatwald Hintergrund Erholung und Freizeit im Wald häufig (Essay). Schweiz Z Forstwes 158: 270–274. doi: 10.3188/ besonders wichtig sind. Die Erwirtschaftung von szf.2007.0270 382 WISSEN Schweiz Z Forstwes 165 (2014) 12: 377–383 140203_Forstverein_12_(377_383) 382 25.11.2014 12:32:24
SCHAFFNER S (2008) Waldbesitzertypisierungen und ihre Rele- WEISS G, BACH C (2007A) Holzmobilisierungsstrategien. Österr vanz für die Holzmobilisierung. Schweiz Z Forstwes 159: Forstztg 42 (4): 36–37. 435–440. doi: 10.3188/szf.2008.0435 WEISS G, BACH C (2007B) Holzmobilisierungsstrategien auf Basis ULMER U, BISCHOF S, BRÄNDLI UB, CIOLDI F (2010) Sozioökono- einer Waldeigentümerbefragung. www.bmlfuw.gv.at/dms/ mie. In: Brändli UB, editor. Schweizerisches Landesforstinven- lmat/land/laendl_entwicklung/Online-Fachzeitschrift-Laend- tar. Ergebnisse der dritten Erhebung 2004–2006. Birmens- licher-Raum/archiv/2007/Weiss/Weiss_Bach_pdf_END.pdf dorf: Eidgenöss Forsch.anstalt WSL. pp. 253–263. (5.11.2014). WEBER D, BERCHTEN F (2010) Biodiversität und Holznutzung – Sy- WEISS G, HOGL K, RAMETSTEINER E, SEKOT W (2007) Privat- nergien und Grenzen. Reinach: Hintermann & Weber. 55 p. wald in Österreich – neu entdeckt. Schweiz Z Forstwes 158: WEBER N (2010) Forstpolitische Betrachtungen zum Waldeigen- 293–301. doi: 10.3188/szf.2007.0293 tum. In: Depenheuer O, Möhring B, editors. Waldeigentum. ZIMMERMANN W, WILD-ECK S (2007) Struktur, Verhalten und Berlin: Springer. pp. 295–319. Einstellung von Schweizer Privatwaldeigentümern. Schweiz Z WEISS, G, BACH C (2006) Kann die Holznutzung im Kleinwald ge- Forstwes 158: 275–284. doi: 10.3188/szf.2007.0275 steigert werden? Österr Forstztg 41 (10): 16–17. Privatwaldeigentümer mit und ohne land- Propriétaires de forêt privée avec et sans wirtschaftlichen Hintergrund im Kanton ancrage agricole dans le canton de Berne Bern Traditionell war der Privatwald in der Schweiz eng mit der En Suisse, la forêt privée a longtemps été étroitement liée à Landwirtschaft verbunden. Bedingt durch den Strukturwan- l’agriculture. Mais avec l’évolution des structures dans le sec- del im Agrarsektor gibt es jedoch immer mehr Privatwald- teur agricole, le nombre de propriétaires privés ne provenant eigentümer, die keinen landwirtschaftlichen Hintergrund pas du milieu agricole ne cesse d’augmenter. Pour concevoir haben. Für die Ausgestaltung von Steuerungsmassnahmen, des mesures de pilotage, par exemple en vue de renforcer la zum Beispiel zur verstärkten Holzernte im Privatwald, ist die récolte du bois dans les forêts privées, il est nécessaire de Kenntnis der Ziele und Motive dieser Eigentümergruppe not- connaître les objectifs et les motivations de ce groupe de pro- wendig. In diesem Artikel wird untersucht, inwiefern sich Pri- priétaires. Cet article traite de la différence entre les proprié- vatwaldeigentümer ohne landwirtschaftlichen Hintergrund taires privés sans lien avec le milieu agricole et ceux qui en von denen mit einem solchen Hintergrund unterscheiden. proviennent. Les données empiriques sur lesquelles il s’ap- Die zugrunde liegenden empirischen Daten wurden in einer puie ont été relevées dans le canton de Berne au moyen d’un repräsentativen, postalischen Umfrage im Kanton Bern erho- questionnaire envoyé par courrier postal. Les résultats de cette ben. Im Gegensatz zur verbreiteten Meinung, dass landwirt- enquête représentative viennent démentir l’idée répandue schaftsferne Waldeigentümer über wenig waldspezifisches que les propriétaires privés sans lien avec l’agriculture n’ont Wissen verfügen und an ihrem Wald desinteressiert sind, zei- que peu de connaissances forestières et se désintéressent de gen sich diese in der vorliegenden Studie als interessiert, und leur forêt: bien au contraire, ils s’y intéressent et estiment pos- sie schätzen ihr Wissen als hoch ein. Übereinstimmend mit séder un savoir important. Comme l’indiquent également des Ergebnissen aus Österreich und Deutschland zeigt sich, dass études menées en Autriche et en Allemagne, on observe que die Erzielung von Einkommen aus dem Wald für Eigentümer souvent, l’obtention de tirer un revenu de leur forêt est un ohne landwirtschaftlichen Hintergrund häufig ein nebensäch- objectif accessoire de nombreux propriétaires ne provenant liches Ziel ist. Freizeit und Erholung im Wald wird dagegen pas du milieu agricole. Ils accordent en effet plus d’impor- ein hoher Stellenwert zugeschrieben. tance à sa fonction récréative (loisirs et détente). Schweiz Z Forstwes 165 (2014) 12: 377–383 CONNAISSANCES 383 140203_Forstverein_12_(377_383) 383 25.11.2014 12:32:25
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