Professionelle Wetterbeobachtung - Instrumente und Messnetze der Meteorologie - DWD

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Professionelle Wetterbeobachtung - Instrumente und Messnetze der Meteorologie - DWD
Instrumente und Messnetze der Meteorologie

Professionelle Wetterbeobachtung
Professionelle Wetterbeobachtung - Instrumente und Messnetze der Meteorologie - DWD
Und nun – das Wetter
                                  Welcher Aufwand hinter dem täglichen Wetterbericht steckt, können
                                  Fernsehzuschauer, Hörer, Internetsurfer oder Zeitungsleser kaum erah-
                                  nen. Dabei zählt das weltumspannende Beobachtungsnetz der Weltorga-
                                  nisation für Meteorologie WMO mit ihren rund 190 Mitgliedsstaaten zu
                                  den größten und erfolgreichsten technischen Projekten der Menschheit.

▲ Ein Meteorologe der DWD-Niederlassung Potsdam analysiert die Wetterlage

                                  Der Deutsche Wetterdienst leistet als nationaler Wetterdienst der Bundesrepublik
                                  Deutschland einen wichtigen Beitrag dazu, denn er verfügt über eines der dichtes-
                                  ten Beobachtungsnetze weltweit. Zu seinen gesetzlich geregelten Aufgaben gehört
                                  der Betrieb der erforderlichen Mess- und Beobachtungssysteme, um das Wetter
                                  rund um die Uhr zu beobachten und vorherzusagen.

                                  Das globale meteorologische Messnetz umfasst eine Vielzahl von Messinstrumen-
                                  ten und Sensoren zur Überwachung der Wetterküche vor Ort und aus der Ferne.
                                  Sie messen den Zustand der Erdatmosphäre zu Lande, zu Wasser, in der Luft und
                                  vom Weltraum aus. Diese komplexe Technik funktioniert dank vieler Menschen,
                                  die sie rund um den Globus für die nationalen Wetterdienste und andere meteoro-
                                  logische Organisationen betreuen. Sie prüfen die Messdaten, bereiten sie auf und
                                  verteilen sie dann international über das globale meteorologische Telekommunika-
                                  tionsnetz GTS.

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Das weltweite      ▶
meteorologische
Beobachtungssystem
zu Wasser, zu Land
und im Weltraum.
Die Satelliten die-
nen nicht nur der
Wetterbeobachtung,
sondern übermitteln
auch Daten von
vielen Stationen am
Boden und anderen
Messstellen. Diese
Informationen laufen
am Arbeitsplatz der
Meteorologen vom
Dienst zusammen.
(Grafik: Y. Reiter, DWD)

Alle Wetterdaten fließen zudem in die globalen und re-              zeichnungen - und damit das meteorologische Mess-
gionalen Wettermodelle ein, mit denen die Supercom-                 netz - die Basis.
puter der Wetterdienste Prognosen berechnen. Eine
sechstägige Wettervorhersage ist heute immerhin so                  Der Deutsche Wetterdienst arbeitet zudem mit Part-
zuverlässig wie eine 24-stündige Vorhersage vor vier-               nern eng zusammen, die selbst eigene Beobachtungs-
zig Jahren. Mit dem heutigen Beobachtungsnetz kön-                  netze betreiben und mit den „Wetterfröschen“ Daten
nen die Meteorologen auch viel schneller erkennen, ob               austauschen. Dazu gehören zum Beispiel die Nieder-
sich irgendwo ein gefährliches Unwetter zusammen-                   schlagsmessnetze der Landesumweltämter und der
braut und so fast immer rechtzeitig warnen.                         Hochwasservorhersagezentralen oder die knapp 1 500
                                                                    Glättemeldeanlagen an Autobahnen.
Die zweite Kernaufgabe des Deutschen Wetterdiens-
tes ist die Überwachung des Klimawandels und seiner
Folgen. Auch hierfür bilden zuverlässige Wetterauf-

▲ Alle Vorhersagen und Beobachtungsdaten führt das meteorologi-
sche Visualisierungssystem NinJo des DWD zusammen. So konnten
die Meteorologen des DWD im Januar 2007 an ihrem Arbeitsplatz
auf einen Blick die aktuelle Lage und die weitere Entwicklung des   ▲	In der Vorhersage- und Beratungszentrale in Offenbach wird die
Orkantiefs Kyrill erfassen.                                            Wettervorhersage bundesweit koordiniert

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Professionelle Wetterbeobachtung - Instrumente und Messnetze der Meteorologie - DWD
▲	Messfeld der hauptamtlichen Wetterwarte des DWD im Wetterpark Offenbach. Im Bild zu sehen sind
       Geräte und Sensoren zur Messung unterschiedlicher Parameter: Lufttemperatur in 2 Meter Höhe (1),
       Lufttemperatur in 5 Zentimeter Höhe sowie Erdbodentemperatur (2), Luftfeuchte in 2 Meter Höhe (3),
       Niederschlagsdauer (6), Niederschlagsmenge (7), Wolkenuntergrenze (8), Sichtweite (9), Schneehöhe (11),
       zusätzlich einige lufthygienische Messgeräte (12).

    Am Arbeitsplatz der Wetterfrösche
    Die Meteorologinnen und Meteorologen des DWD nutzen rund
    um die Uhr Wetterbeobachtungsdaten aus aller Welt für Vorhersagen
    und Warnungen.

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➊         ➋

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                                                                 Messung der Lufttemperatur
                                                                 und –feuchte in zwei Meter
                                                                 Höhe, im Hintergrund das Erd-
                                                                 bodenmessfeld.

                                                                 ➋ 2D-Ultraschall-Anemometer
                                                                 zur Messung von Windrichtung
                                                                 und -geschwindigkeit.

                                                                 ➌ Ombrometer zur Messung
                                                                 der Niederschlagsmenge mit
                                                                 Hilfe einer elektronischen Prä-
                                                                 zisionswaage. Im Winter ist das
                                                                 Gerät beheizt.
      ➌                                                  ➍   ➎
                                                                 ➍ Pyranometer zur Messung
                                                                 der Sonnenscheindauer und
                                                                 der Globalstrahlung.

                                                                 ➎ Der Ceilometer misst die
                                                                 Höhe der Wolkenuntergrenze
                                                                 durch eine Abstandsmessung
                                                                 per Laser. Bis zu drei Wolken-
                                                                 schichten in Höhen zwischen 5
                                                                 Meter und 13 Kilometer können
                                                                 unterschieden werden.

Wer verstehen will, wie das Beobachtungsnetz funk-
tioniert, schaut am besten einer Meteorologin oder
einem Meteorologen „vom Dienst“ über die Schultern.
Auf ihren Arbeitsplätzen laufen alle Daten aus dem
GTS-Netz und den Wettervorhersagemodellen der Su-
percomputer zusammen. Sie interpretieren die
Modellvorhersagen und erstellen aktuelle Warnungen,
zum Beispiel vor Hagel, Sturm oder Glatteis. Hinzu
kommen speziell zugeschnittene Prognosen für pro-
fessionelle Nutzer von Wettervorhersagen, wie etwa
Piloten, Stromversorger oder Landwirte.

Der Arbeitsplatz der Meteorologen heißt NinJo. Dieses
System hat der Deutsche Wetterdienst federführend
                                                                                  Standortkarte
zusammen mit der Bundeswehr und anderen nationalen
                                                                                  Stand Juli 2017
Wetterdiensten entwickelt. NinJo kann alle relevan-
ten Wetterdaten in einer Zusammenschau darstellen.
Erfahrene Meteorologen können damit das Wetterge-
schehen auf einen Blick erfassen. Bei Bedarf können
sie detaillierte Informationen von den verschiedensten
Sensoren im weltweiten Netz aufrufen.
Schauen wir uns nun der Reihe nach an, woher die
Wetterdaten kommen.

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Das Netz der Bodenstationen
                                   Eine im Wortsinn fundamentale Datenquelle ist das Bodenmessnetz.
                                   Der Deutsche Wetterdienst betreibt ein hauptamtliches Netz mit rund
                                   180 sowohl mit Personal besetzten Wetterwarten als auch vollautoma-
                                   tisch arbeitenden Wetterstationen. Hinzu kommt ein dichtes Netz von
                                   knapp 1.800 nebenamtlichen Stationen, betreut von ehrenamtlichen Hel-
                                   fern. Etwa 840 davon arbeiten als automatische Online-Stationen.

                                                                                                                    Foto: Frank Kahl

▲ Wetterwarte Norderney mit
  automatischer aerologischer Station
                                                           NinJo kann auf einer Deutschlandkarte alle Daten
                                                           der hauptamtlichen Warten und Stationen sowie der
                                                           Online-Stationen als Symbole darstellen. Bodenstati-
                                                           onen melden zum Beispiel Temperaturen auf Zehntel
                                                           Grad Celsius genau und sind damit viel präziser als
                                                           die Fernmessungen der Wettersatelliten. Die Mete-
                                                           orologen benutzen die Bodenmessungen als lokale
                                                           Referenzpunkte, um damit die flächendeckenden Sa-
                                                           tellitendaten auf höhere Genauigkeit zu „kalibrieren“.
                                                           Auch deshalb sind Wetterwarten und Wetterstationen
                                                           unverzichtbar.

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Das innenstädtische       ▶
                               Messfeld der Niederlassung
                               München des DWD

Eine hauptamtliche Wetterwarte oder Wetterstation             Ultraschallsignalen entlang zweier Messpfade, woraus
muss in ihrer Lage und ihrer Ausstattung sehr genau-          Windgeschwindigkeit und Windrichtung durch eine
en Vorschriften genügen. Nur so liefert sie standar-          Steuereinheit berechnet werden.
disierte Messwerte, die weltweit vergleichbar sind.
Sie darf zum Beispiel nicht neben steilen Berghängen          Zu den auffallenden Instrumenten gehört das Ombro-
stehen, weil diese die Windverhältnisse oder Tempe-           meter, das wie eine zu groß geratene Thermoskanne
raturmessungen verfälschen könnten. Das etwa 600              aussieht. Es registriert die Niederschlagsmenge in
Quadratmeter große Messfeld muss zudem sauber                 einem Gefäß, das den Regen, Schnee, Graupel oder
gepflegt sein, denn der Pflanzenbewuchs beeinflusst           Hagel auffängt. Eine elektronische Waage misst das
das Mikroklima am Messort.                                    Gewicht des eingesammelten Wassers und der Rechner
                                                              ermittelt daraus die Niederschlagshöhe. Die Art und
Zehn Quadratmeter Boden sind sogar gänzlich ohne              die Intensität des Niederschlags, also wie viel in einer
Bewuchs, dort befinden sich elektrische Thermometer.          festgelegten Zeitspanne fällt, ermittelt der Laser-
Sie messen die Lufttemperatur fünf Zentimeter über            Niederschlagsmonitor. Er sieht wie eine große Kamera
dem Boden, dazu die Temperatur im Erdboden in fünf            aus. Mit seinem aufgefächerten Laserstrahl und einem
Stufen bis hinunter zu einem Meter Tiefe. Der Boden           Lichtsensor kann er die Größe der Niederschlagsparti-
spielt generell eine wichtige Rolle im Wettergesche-          kel bestimmen und feste von flüssigen Niederschlägen
hen, da er im Sommer z.B. die Bildung von Gewitter-           unterscheiden. Er „erkennt“ also die Art des Nieder-
zellen begünstigen kann.                                      schlags. Das ist vor allem an automatischen Stationen
                                                              wichtig, weil dort kein menschlicher Beobachter mehr
Die Temperatur- und Feuchtemessung erfolgt an allen           prüft, ob es gerade regnet oder hagelt.
Wetterwarten bzw. –stationen im DWD einheitlich in
2 m Höhe in einer Lamellenschutzhütte, Nachfolgerin
der bekannten Englischen Hütte. Die Hütte schützt die
installierten Temperatur- und Feuchtesensoren vor
direkter Sonneneinstrahlung.

Der Luftdruck ist einer der wichtigsten meteorologi-
schen Messwerte. Das für ihn zuständige Messinstru-
ment besteht aus einer Druckdose mit einer Membra-
ne, die der Änderung des Luftdrucks folgt. Ein Sensor
verwandelt ihren Ausschlag in ein elektrisches Signal.

Eine andere Messgröße ist der Wind. Auf einem zehn
Meter hohen Mast werden die Parameter Windge-
schwindigkeit und –richtung standardmäßig durch ein
Ultraschallanemometer registriert. Dieser Sensor hat
im DWD-Messnetz die altbekannte Windfahne und das
                                                              ▲ Diese Ceilometer-Bilder zeigen, wie sich die Asche des isländischen
Schalensternanemometer weitestgehend abgelöst. Das               Vulkans Eyafjallajökull am 17. April 2010 über Süddeutschland
Messprinzip des Ultraschallanemometers basiert auf               ausbreitet. Die Ascheschicht ist jeweils als rot-schwarze Struktur
der Messung der Ausbreitungsgeschwindigkeit von                  zu erkennen (Markierung bei der Augsburger Station)

                                                                                                                                 7
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Foto: Claudia Hinz

Die Dauer der Sonneneinstrahlung registriert der           Vulkanasche im Anflug
„Soni“, ein eher unscheinbares Gerät mit einer Glaskup-
pel. Unter ihr rotiert ein haubenförmiger Schirm mit       Als der isländische Vulkan Eyjafjallajökull im Frühjahr
Schlitzblende, der in sechs Sekunden den kompletten        2010 ausbrach, legte er mit seinen Aschewolken mehr-
Himmel abtastet. Durch den Schlitz fällt das Sonnen-       mals den europäischen Flugverkehr lahm. Auf diese völ-
licht auf eine Photozelle, aus deren elektrischem Signal   lig neue Situation reagierte der Deutsche Wetterdienst
die Anlage die Sonnenscheindauer berechnet.                mit dem Aufbau eines Vulkanasche-Warnsystems.
An ausgewählten Standorten kommt anstelle des Sonis
ein Pyranometer zum Einsatz. Dieses Gerät registriert      Der Schlüssel dazu sind derzeit (Stand Mai 2017) über 90
die Globalstrahlung, also die Intensität der Sonnen-       Ceilometer im Netz der Bodenstationen. Diese einfa-
strahlung, was beispielsweise für die Planung von          chen Lasermesssysteme erlauben die Erkennung von
Solaranlagen wichtig ist.                                  Höhe und Mächtigkeit von Vulkanaschewolken über
                                                           Deutschland. Allerdings können sie nur schwer die Asche
Zum Standard-Instrumentarium einer hauptamtlichen          von anderen Partikeln unterscheiden – etwa dem ganz
Wetterwarte oder Wetterstation gehören noch der            alltäglichen Feinstaub. Hier helfen zusätzliche Messun-
Schneehöhenmesser, der Sichtweitenmesser und der           gen vom Boden mit aufwendigen Lasersystemen. In ein
Laser-Wolkenhöhenmesser. Dieses Ceilometer erfasst         solches „Lidar“-System hat der Deutsche Wetterdienst
die Höhe der Wolkenuntergrenze per Infrarot-Laser-         investiert. Das System ist mobil, so dass es in betroffene
strahl.                                                    Regionen gebracht werden kann und dort von unten die
                                                           Luftschichten durchleuchtet.
Alle Daten laufen im zentralen Rechner des Messfelds
zusammen, von wo sie durch die Zentrale des Deut-          Ergänzend kann der DWD ein Forschungsflugzeug ein-
schen Wetterdienstes in Offenbach abgerufen werden         setzen, das im Ernstfall aufsteigt und in den verdächti-
können. Dort prüfen Computer die Daten auf Fehler,         gen Luftschichten Messungen vornimmt.
damit sie anschließend als qualitätsgeprüfte Daten,
zum Beispiel als Startwerte in die Wettermodelle, zur
Berechnung der Vorhersage eingehen.

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Professionelle Wetterbeobachtung - Instrumente und Messnetze der Meteorologie - DWD
◀ Landebahnbeobachtungshaus
                                                              auf dem Frankfurter Flughafen

                                                            Flugwetterwarten weisen viele Besonderheiten auf.
                                                            Zum Beispiel ist die Windmessung auf dem gesamten
                                                            Flugfeld sehr wichtig, denn Böen oder starker Sei-
                                                            tenwind können den Flugzeugen gefährlich werden.
                                                            Deshalb stehen an Start- und Landebahnen mehrere
                                                            Masten mit Windmessanlagen. Genauso wichtig ist
                                                            die Sicht. Am Anfang, in der Mitte und am Ende jeder
                                                            Start- und Landebahn sind Sichtmessgeräte positio-
                                                            niert. Jedes Gerät sendet mit einer Leuchtdiode Infra-
                                                            rotlicht aus, und ein Sensor empfängt einen Teil des im
                                                            Messvolumen gestreuten Lichts. Daraus kann das Gerät
                                                            zuverlässig die Sichtweite errechnen und bei zu dich-
                                                            tem Nebel Alarm schlagen.

                                                            Bei Gewitter kann das Vorfeld für Flughafenmitarbeiter
Flugwetterwarten: Auf Nummer sicher gehen                   gefährlich werden, denn die Flugzeuge ziehen als weit-
                                                            hin höchste Punkte Blitze an. Für Flugzeuginsassen ist
Eine besondere Rolle bei den Bodenstationen spielen         der Blitz ungefährlich, aber außen am Flugzeug kann es
die Flugwetterwarten des DWD auf den 16 großen              zu gefährlichen Entladungen kommen. Deshalb hat der
Verkehrsflughäfen Deutschlands. Ihre aktuellen Be-          Deutsche Wetterdienst ein neues Blitzwarnsystem für
obachtungsdaten verteilt ein System an die Deutsche         Flughäfen eingeführt, das auch besonders zum Warnen
Flugsicherung und andere Flughafennutzer. Es heißt          von Vorfeldpersonal genutzt wird.
ASDUV, Automatisches System zur
Datenerfassung und -verbreitung.

Heute sind die meisten Verkehrs-
flugzeuge so ausgerüstet, dass
sie selbst bei relativ ungünstigem
Wetter starten und landen können.
Bei sehr schlechtem Wetter jedoch,
etwa dichtem Nebel, muss der
Flugbetrieb aus Sicherheitsgründen
eingeschränkt werden.
Das ist teuer, und schon deshalb
tragen die Flugmeteorologen des
Deutschen Wetterdiensts eine hohe
Verantwortung. Entsprechend zu-
verlässig müssen ihre Beobachtun-
gen sein. Alle Messinstrumente und
Computer im Datenweg sind doppelt
vorhanden, damit durch Ausfall ein-
zelner Geräte der Flugbetrieb nicht
unterbrochen wird.

                                      ▲ Wetterbeobachter des DWD an der Flugwetterwarte Leipzig

                                                                                                                9
Professionelle Wetterbeobachtung - Instrumente und Messnetze der Meteorologie - DWD
Foto: Uwe Bachmann

     Wetterradar: Den Hagel im Visier
     Wettersatelliten zeigen zwar Wolkenfelder, aber keinen Niederschlag.
     Diesen erfassen die 17 Wetterradarstationen des Deutschen Wetterdienstes
     – und zwar über die Höhe verteilt und flächendeckend. Wetterstationen
     können dagegen nur eine lokale, punktuelle Information vom Boden liefern.

                             Der Deutsche Wetterdienst betreibt als nationaler
                             Wetterdienst das einzige Wetterradarnetz Deutsch-
                             lands, den Radarverbund des DWD. Dieser ist in den
                             europäischen Radarverbund eingebettet, denn Regen
                             oder Schnee kümmern sich nicht um Landesgrenzen.

                             Das Radar liefert eine recht genaue Information darü-
                             ber, wo gerade Niederschlag fällt und wie stark dieser
                             ist. Die neueste Generation von Radargeräten, die seit
                             2015 im Einsatz ist, kann zudem unterscheiden, ob es
                             regnet, hagelt oder schneit.

                             Das Wetterradar ist für die Kürzestfrist-Wettervorher-
                             sage unverzichtbar. Besonders im Sommer können in-
                             nerhalb von Minuten kleinräumige Gewitterzellen mit
                             starkem Niederschlag entstehen, die flächendeckend

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nur mit dem Wetterradar erkennbar sind. Anhand
der Radardaten und der Modellvorhersagen können
die Meteorologen auch sofort erkennen, für welche
Landkreise oder Gemeinden sie Unwetterwarnungen
herausgeben müssen.

Am Arbeitsplatzsystem der Meteorologen werden
mit dem Visualisierungssystem NinJo deshalb neben
Modellvorhersagen vor allem auch Radarbilder von
Deutschland angezeigt. NinJo kann dabei auch die
Bewegung und Veränderung des Niederschlags als
Radarfilm darstellen. Erfahrene Meteorologen können
so abschätzen, wann und wo Niederschläge kurzfris-
tig fallen werden. Mit wenigen Mausklicks können sie
sich auch den genauen Aufbau einer Gewitterzelle an-
sehen, so wie er mit den Radargeräten erkennbar ist.
Radarfilme stellt der Deutsche Wetterdienst auch in
vereinfachter Form für Fernseh-Wetterberichte oder
Internetanbietern zur Verfügung.

Das alles funktioniert, weil Regentropfen und Hagel-
körner Radarstrahlen gut reflektieren. Dazu muss die
Wellenlänge des Radars im Bereich von einigen Zen-
timetern liegen. Besonders kritisch sind Hagelkörner
in der Größe von Taubeneiern, wie sie vor allem im      ▲ Turm mit Wetterradar des DWD in Memmingen
Bereich heftiger Sommergewitter über Süddeutsch-
land niedergehen können. Diese erfasst das Wetterra-
dar des Deutschen Wetterdiensts sehr gut, weil seine    tionsentwicklung in RADarprodukten). Es zeigt in
Wellenlänge zwischen fünf und sechs Zentimetern         einfachen und verständlichen Symbolen an, wo zum
liegt. Bei Hagelereignissen mit starken Radarsignalen   Beispiel gefährlich große Hagelkörner niedergehen.
schlägt NinJo automatisch Alarm.                        Auf KONRAD basiert der Feuerwehr-Wetter-Informati-
                                                        onsdienst FeWIS. An ihn sind die Berufsfeuerwehren,
Regentropfen, Hagelkörner oder Schneeflocken pro-       der Katastrophenschutz, die Polizei und viele Hilfs-
duzieren in der neuen Radartechnik, die horizontale     organisationen angeschlossen. RADOLAN (RADar-
und vertikale Wellen aussendet (Dual-Polarisation),     OnLine-Aneichung) meldet den Hochwasserzentralen
unterschiedliche Radarechos. Deshalb kann das Wet-      der Länder stündlich die aktuellen Niederschläge in
terradar inzwischen auch die Art des Niederschlags      ganz Deutschland. Das System nutzt die präzisen,
erfassen. Es liefert sogar eine Information über den    aber nur punktuellen Niederschlagsmessungen der
Wind. Dazu nutzt es den „Doppler-Effekt“, dessen        Bodenstationen. Damit veredelt es die flächendecken-
akustische Version wir aus dem Alltag kennen: Rast      den Radarsignale in genaue Angaben über örtliche
ein Krankenwagen auf uns zu, dann klingt sein Mar-      Niederschlagsmengen. So können die Warnzentralen
tinshorn höher, als wenn er von uns weg fährt.          früh erkennen, wo Hochwassergefahr droht.
Das passiert auch mit Radarwellen, wenn der Wind
die Niederschlagsteilchen auf die Station zu oder von
ihr weg treibt. Aus der Änderung der Radarfrequenz      Donnerwetter, es blitzt!
kann der Computer die Windgeschwindigkeit relativ
zur Station errechnen. Die speziellen Doppler-Radar-    Vor allem im Sommer zeigt das Radarbild in NinJo
anlagen des Deutschen Wetterdienstes haben jeweils      immer wieder kleine Gebiete mit Starkniederschlag.
eine Reichweite von 150 Kilometern.                     Sind Gewitter mit elektrischen Entladungen dabei?
                                                        Die Radardaten verraten das nicht, aber es gibt einen
Weil Radardaten so wichtig sind, entwickelte der        sicheren Beweis: Blitze. Um sie flächendeckend zu
Deutsche Wetterdienst das speziell auf die Bedürf-      erfassen, überzieht ein Netz von Blitzsensoren ganz
nisse von Feuerwehr und anderen Hilfskräften zuge-      Deutschland. Der Deutsche Wetterdienst bezieht Blitz-
schnittene Online-Warnsystem KONRAD (KONvek-            daten von einem deutschen

                                                                                                         11
Anbieter, der dieses Netz in ganz Europa betreibt                       Sekunde. Entsprechend gering sind die Zeitunter-
und erhält dadurch Blitzdaten weit über die Grenzen                     schiede, zu denen die verschiedenen Sensoren es
Deutschlands hinaus. So können die Offenbacher Wet-                     empfangen. Nur wenn sie den Empfangszeitpunkt
terfrösche Gewitterfronten sicher ausmachen, noch                       hoch präzise registrieren, ergeben ihre Daten den
bevor sie auf Deutschland treffen.                                      genauen Ort des Blitzes. Dazu benutzen die Sensoren
                                                                        das von Atomuhren erzeugte Zeitsignal des Satelliten-
Blitze senden typische, starke Funksignale aus. Diese                   navigationssystems GPS. Mit diesem System können
können die Sensoren mit ihren Antennenringen noch                       die Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes auf
in bis zu 1 500 Kilometern Entfernung empfangen.                        etwa hundert Meter genau feststellen, wo es geblitzt
Das Signal eines Blitzes breitet sich kreisförmig um
seinen Entstehungsort herum aus und rast über das
Blitzortungsnetz hinweg. Aus den unterschiedlichen
Zeitpunkten, zu denen die Sensoren es registrieren,
können die Computer des Netzes sofort rückrechnen,
an welchem Ort es geblitzt hat. NinJo zeigt das Ergeb-
nis fast ohne Verzögerung als Symbol an.

Die Technik der Blitzortung ist anspruchsvoll, denn
das Blitzsignal breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit
aus. Das sind immerhin rund 300 000 Kilometer pro

Das NinJo-Hauptfenster zeigt, wo es während des Orkans Kyrill am ▶
18. Januar 2007, zwischen 17.30 und 18 Uhr über Sachsen, Branden-
burg und Sachsen-Anhalt geblitzt hat. Die ältesten Blitzereignisse
sind grün gefärbt, die jüngsten rot. Die Zahlen zeigen die beobachte-
ten Windspitzen in km/h, die gefiederten Pfeile die Windrichtung.

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Foto: Uwe Fritzschner

                                                        ▲	Das Windprofiler-Radarsystem des DWD in Bayreuth ermöglicht
                                                           rund um die Uhr die Messung des Windes in verschiedenen Höhen
                                                           der Troposphäre.
hat. Es unterscheidet auch Wolkenblitze von den ge-
fährlicheren Erdblitzen, die den Boden erreichen. Das
geschieht oft, immerhin schwankt die Zahl der Blitz-    in ein europäisches Netz von Windprofiler-Anlagen
einschläge in Deutschland etwa zwischen 500 000 bis     eingebunden. Im Gegensatz zum Wetterradar hat eine
900 000 pro Jahr.                                       solche Windprofiler/RASS-Anlage eine waagerecht
                                                        ausgerichtete Sender- und Empfängerfläche aus ge-
Mit Radar- und Schallwellen den Wind und die Tempe-     kreuzten Antennenstäben, die entfernt an ein großes
ratur vermessen                                         Trampolin erinnert. Sie schickt in fünf Strahlrichtun-
Zur Klasse der bodengebundenen Fernerkundungs-          gen kurze Radarpulse in die Atmosphäre. Eine weist
systeme zählen die Windprofiler-Radarsysteme. Sie       genau senkrecht nach oben, die anderen sind leicht
können die Geschwindigkeit und Richtung des Win-        geneigt. Durch diese räumliche Aufspreizung kann
des bis in 16 Kilometern Höhe über ihrem Standort       das Radar über den Doppler-Effekt die Bewegung der
messen. In Kombination mit einem Radio-Akustischen      Luft in allen drei Raumrichtungen verfolgen, erfasst
Sondierungs-System (RASS), das zusätzlich zu den        also den Wind. Anders als das Wetterradar funktio-
Radarwellen des Windprofilers noch Schallwellen         niert es auch bei völlig klarer Luft.
aussendet, können sie auch ein Höhenprofil der
Lufttemperatur bestimmen. Damit liefern die Wind-       Mit Schall können die RASS-Anlagen das Tempera-
profiler/RASS-Anlagen kontinuierlich wertvolle Daten    turprofil der Atmosphäre abtasten, weil die Schallge-
über den Zustand der gesamten Troposphäre, also der     schwindigkeit mit der Temperatur der Luft zunimmt.
eigentlichen Wetterküche.                               Dazu schickt die Anlage Schallwellen in die Höhe und
                                                        verfolgt ihren Weg per Radar. Allerdings dämpft die
Der Deutsche Wetterdienst betreibt deutschlandweit      Luft Schall stärker als Radarstrahlen. Deshalb erfas-
vier solcher Anlagen in Ziegendorf, Nordholz, Bay-      sen die Windprofiler/RASS-Anlagen die Temperatur
reuth und am meteorologischen Observatorium Lin-        nur bis in etwa vier Kilometer Höhe. Dafür messen sie
denberg. Letztere dient zudem als Forschungsgerät,      jedoch kontinuierlich und sehr genau.
um die Technik weiterzuentwickeln. Alle vier sind

                                                                                                                    13
Diagramm eines Wetterballon-Aufstiegs in NinJo. Das Hauptfenster
                              zeichnet die wichtigsten Wetterdaten des Aufstiegs als Kurve über
                              einer Temperatur- und Feuchteachse nach. Links ist der Luftdruck
                              angezeichnet. Er sinkt mit der Höhe rapide, die rechts im Bild etwas
                              versteckt unter den Wind-Symbolen in Kilometern angezeigt ist
                              (rechts oben 15 km). Ganz rechts listet eine Tabelle wichtige Parame-
                              ter der „Temp-Meldungen“ auf, wie die zu Boden gefunkten Informa-
                              tionen der Radiosonden heißen.

     Wetterballone:
     Fahrstuhl durch die Wolken
     Gewitter bilden sich mit Vorliebe dort, wo die Luftschichtung in der
     Atmosphäre labil ist. Mit NinJo können Meteorologen erkennen, wo das
     passiert. Das zeigen Diagramme, die Wetterballon-Aufstiege nachzeich-
     nen. Diese Aufstiege liefern Schnittbilder der Atmosphäre in der dritten
     Dimension. Deshalb sind sie für die Meteorologen sehr wichtig.

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Inzwischen können auch Wettersatelliten vom All aus die
verschiedenen Stockwerke der Atmosphäre erschließen.
Ihre Fernmessungen sind jedoch längst nicht so genau
wie die Messungen der Wetterballone direkt in der um-
gebenden Luft. Eine Alternative bieten die Sensoren von
Verkehrsflugzeugen. Doch deren Messungen beschrän-
ken sich auf die weltweiten Luftstraßen. Zudem bewegen
sich die Maschinen überwiegend nur in der Reiseflughö-
he zwischen zehn und zwölf Kilometern Höhe.

Die Wetterballone sind dagegen auch abseits der Flug-
straßen im Einsatz, und sie steigen vom Boden bis in ca.
35 Kilometer Höhe auf. Für ihre Starts sind aerologische
Stationen zuständig, die bundesweit von der Wetterwar-      AMDAR – der Wetterfrosch fliegt mit
te Schleswig fernüberwacht werden.
Mit neun solcher Stationen deckt der Deutsche Wetter-       Wer mit der Lufthansa fliegt, hat den Deutschen Wet-
dienst Deutschland gut ab. Fünf von ihnen funktionieren     terdienst mit an Bord. Allerdings bleiben die Meteo-
vollautomatisch. Hinzu kommen vier Stationen auf Han-       rologen unsichtbar, denn sie benutzen aus der Ferne
delsschiffen, die über alle Weltmeere fahren. Insgesamt     die Instrumente des Flugzeugs mit. Diese liefern den
startet der Deutsche Wetterdienst rund 7 000 Ballone        Wetterfröschen den Umgebungsdruck, Temperatur und
pro Jahr. An ihnen hängen Radiosonden mit Messinst-         die Geschwindigkeit gegenüber der Umgebungsluft. Das
rumenten. Sie funken beim Aufstieg kontinuierlich die       Flugzeugnavigationssystem addiert zu diesen Wetterda-
Werte von Druck, Temperatur und Feuchte der Luft zum        ten neben der genauen Position auch die exakte Ge-
Boden. Die Drift des Ballons liefert Informationen über     schwindigkeit über Grund.
die Richtung und Geschwindigkeit des Windes in der          Aus diesen Daten errechnet der Bordcomputer, wie stark
jeweiligen Höhe.                                            der Wind am jeweiligen Ort des Flugzeuges ist und in
                                                            welche Richtung er weht. Nur die Luftfeuchte entzog
Eine Radiosondenstation startet mindestens zweimal          sich lange den Meteorologen, denn diese kann nur ein
am Tag einen Wetterballon. Das kleine, zehn Zentimeter      spezieller zusätzlich einzubauender Sensor messen.
lange und 230 Gramm leichte meteorologische Instru-         Der Deutsche Wetterdienst lässt seit Ende 2006 einige
ment beherbergt die Sensoren. Hinzu kommen Antenne,         Lufthansa-Maschinen mit einem System ausrüsten, das
Sender und ein GPS-Empfänger für die Satellitennaviga-      den Wasserdampfgehalt der Luft misst. Eine spezielle
tion. Seine Positionsdaten zeichnen die Drift des Ballons   Software fasst noch an Bord alle Wetterdaten zusammen
beim Aufstieg nach. Der 600 Gramm leichte Ballon hat        und funkt sie an das Bodenzentrum des Flugzeugbetrei-
anfangs am Boden einen Durchmesser von etwa 1,5             bers. Von dort gehen sie über den DWD ins weltweite
Metern. Wenn er nach rund zwei Stunden die maximale         Kommunikationsnetz der Meteorologen. Diese Nutzung
Höhe erreicht, hat er sich im sinkenden Luftdruck auf       von Verkehrsflugzeugen als Messplattformen heißt
über zehn Meter Durchmesser aufgebläht. Er platzt,          Aircraft Meteorological Data Relay, kurz AMDAR. Diese
und ein Fallschirm lässt die Radiosonde sanft zu Boden      flugzeugmeteorologischen Datenberichte sind ein wich-
segeln. So kann sie niemanden verletzen. Eine Aufschrift    tiges Teil im globalen Datenpuzzle der Meteorologen.
teilt Findern mit, wie sie die Sonde fachgerecht entsor-    Weltweit sind insgesamt rund 5 000 Verkehrsflugzeuge
gen können.                                                 eingebunden. Mehr als 300 davon sind Maschinen der
                                                            Lufthansa, die für den Deutschen Wetterdienst messen.
Die Daten der Radiosonden haben Referenzqualität. Die       AMDAR bietet den Meteorologen eine wichtige Ergän-
Meteorologen passen sie an die flächendeckenden, aber       zung der Radiosonden, um den Zustand der Atmosphäre
ungenaueren Messungen der Wettersatelliten an. Des-         in der dritten Dimension in präzisen Höhenprofilen zu
halb bilden die Wetterballone ein wichtiges Rückgrat im     messen. Konsequenterweise stellt NinJo die AMDAR-
weltweiten meteorologischen Messnetz.                       Daten wie Radiosondendaten dar.

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Inmitten der Wetterküche auf See
     Ein paar Mausklicks, und auf dem Bildschirm von NinJo erscheint ein
     Ausschnitt des Atlantiks. Auf dem virtuellen Meer „schwimmen“ Symbole,
     die gerade den dort herrschenden Bodenluftdruck anzeigen. Diese Wetter-
     daten stammen von Schiffen oder von automatischen Wetterbojen,
     die über die Ozeane driften. Sie sind viel genauer als die Fernmessungen
     der Wettersatelliten.

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◀	Der DWD hat vier Handelsschiffe mit Containern ausgestattet,
   die über automatische Startanlagen für Wetterballone verfügen.
   Auf ihren weltweiten Routen startet jedes Schiff täglich zwei bis
   drei Wetterballone mit Radiosonden.

Rund 460 Handelsschiffe verschiedener Reedereien
machen zurzeit im Auftrag des Deutschen Wetter-
dienstes Wetterbeobachtungen. Dabei senden sie
jedes Jahr 260 000 Wettermeldungen von allen Seewe-
gen weltweit. Der Deutsche Wetterdienst liefert damit
den zweitgrößten Beitrag an Schiffsmeldungen zum                       ▲ Ein Seemann eines Handelsschiffs nutzt ein Schleuderpsychro-
globalen maritimen meteorologischen Beobachtungs-                        meter zur Bestimmung der Luftfeuchtigkeit.
netz. Insgesamt zählt die Weltorganisation für Mete-
orologie WMO 2 600 Schiffe, die das Wetter beobach-                    anmutendes Instrument ist das Schleuderpsychro-
ten. Etwa vierzig Prozent sind immer auf See. Hinzu                    meter. Es besteht aus einem Griff und zwei Thermo-
kommen 1 500 automatische Driftbojen.                                  metern in einer Metallschiene, die sich in schneller
                                                                       Drehung herumschleudern lässt. Vor der Messung
In Zukunft will der Deutsche Wetterdienst die Zahl                     feuchtet der Offizier einen „Strumpf“ an, der
der deutschen Schiffe auf 400 reduzieren, diese aber                   über die Spitze eines der beiden Thermometer ge-
mit verbesserter Technik ausstatten. Die Hälfte soll                   zogen ist. Die Thermometerspitzen zeigen beim
vollautomatische Wetterstationen an Bord haben, die                    Schleudern nach außen, und im kräftigen Luftstrom
heute bereits auf einigen Schiffen im Einsatz sind. Sie                verdunstet Wasser aus dem nassen Strumpf. Die Ver-
melden automatisch jede Stunde den Druck, die Tem-                     dunstungskälte lässt die Anzeige des Feuchtthermo-
peratur und die Feuchte der Luft sowie die Wasser-                     meters sinken. Der Offizier liest am Schluss
temperatur. Hinzu kommt die Richtung und Geschwin-                     beide Thermometer ab und ermittelt aus der Tempera-
digkeit des Windes an der Position des Schiffes. Diese                 turdifferenz die Luftfeuchte. Allmählich werden diese
Daten werden mittels Satellitenkommunikation an die                    klassischen „Handkurbeln“ durch elektronische Gerä-
Zentrale des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach                     te ersetzt. Diese Thermohygrometer zeigen Tempera-
gesendet.                                                              tur und Feuchte direkt per Display an.

Auch die Wetterdaten abseits der üblichen Handels-                     Vier Schiffe im Nordatlantikverkehr starten zwei bis
routen sind sehr wichtig für die Wettervorhersagen.                    dreimal täglich Wetterballone. Ihre aerologischen
Diese Daten melden die automatischen Driftbojen, vor                   Bordstationen sind der Beitrag des Deutschen Wetter-
allem den Luftdruck und die Wassertemperatur. An-                      dienstes zum europäischen Projekt E-ASAP (European
ders als Schiffe weichen sie auch schwersten Stürmen                   Automated Shipboard Aerological Programme). Jede
nicht aus und funken besonders wertvolle Informatio-                   Station steckt in einem Container, der fest auf Deck
nen. Auf den meisten Schiffen machen derzeit geschul-                  montiert ist. Er ist mit einem Vorrat an Ballonen, Ra-
te Offiziere neben den Wettermessungen zusätzlich                      diosonden und Gasflaschen beladen, die in deutschen
noch bis zu vier Wetterbeobachtungen am Tag. Dabei                     Häfen ergänzt werden, und besitzt eine halbautomati-
schätzen sie auch den Seegang ab. Ihre Beobachtun-                     sche Startanlage.
gen tragen sie in eine spezielle Software ein und über-
tragen die Meldungen per Satellitenfunk oder E-Mail                    Der Ballonstart von Bord erfordert eine besondere
an den Deutschen Wetterdienst.                                         Technik. Weil unter den Windverhältnissen auf Schif-
                                                                       fen rein automatische Starts oft schief gehen würden,
Für die gesamte Ausrüstung sorgt das Seewetteramt                      startet der zuständige Offizier den Ballon bei
in Hamburg, eine Niederlassung des Deutschen Wet-                      passendem Wind per Knopfdruck. Den Rest erledigt
terdienstes. Dazu gehören ein Barometer zum Ablesen                    die Anlage automatisch. Ein Rechner im Container
des Luftdrucks und ein Barograph, der die Verände-                     verarbeitet die gefunkten Aufstiegsdaten und schickt
rung des Luftdrucks auf Papierrollen aufzeichnet.                      diese via Satellit zur nächsten Bodenstation, von dort
Beide Geräte werden zunehmend durch ein elektro-                       gehen sie zu den Wetterdienstzentralen. Kurz darauf
nisches Barometer ersetzt. Die Wassertemperatur                        kann NinJo die aktuellen Werte frisch von der See
liefern Temperatursensoren moderner Schiffe, zum                       anzeigen. Parallel fließen sie in die Wettervorhersage-
Beispiel am Kühlwassereinlass. Ein zunächst seltsam                    modelle der Supercomputer ein.

                                                                                                                                        17
Wettersatelliten: Logenplatz im All
     Auf NinJos Bildschirm beeindrucken besonders die grandiosen Bilder
     der Erde. NinJo kann sogar höhere und tiefere Wolkenschichten in unter-
     schiedlichen Farben darstellen, was für Meteorologen eine wichtige
     Information ist. Das funktioniert, weil die Instrumente moderner Wetter-
     satelliten die von der Erde empfangene Strahlung detailliert analysieren.

                                                                                  Abbildung Eumetsat

                              Wettersatelliten bieten viele Vorteile. Sie erfassen das
                              Wetter global und damit auch großräumige Wetter-
                              systeme. Ihre Sensoraugen sind inzwischen so scharf,
                              dass ihnen auch kleinräumige Unwetter nicht mehr
                              entgehen, was wichtig für Unwetterwarnungen ist.
                              Zudem überblicken sie die riesigen meteorologischen
                              Datenwüsten der Erde. In Afrika zum Beispiel oder
                              auf weiten Gebieten der Ozeane gibt es weder Boden-
                              messnetze noch Wetterballone, Bojen oder Schiffe
                              in ausreichender Zahl. Deshalb liefern Satelliten für
                              diese Gebiete die Eingangsdaten für die globalen Wet-
                              tervorhersagemodelle.

18
Das Bild des Wettersatelliten ▶
Meteosat veranschaulicht am
15. April 2010 die Aschewolken
des isländischen Vulkans
Eyafjallajökull über dem Atlantik.
Die orangeroten Farben zeigen
die höchsten Konzentrationen.

Wettersatelliten, wie die europäischen Meteosat-Sa-      Indischen Ozeans. Die Wetterküche über dem Atlantik
telliten, nehmen die Erde im sichtbaren und im infra-    braut unser mitteleuropäisches Wetter zusammen.
roten Spektralbereich ins Visier. Das sichtbare Licht    Die Meteosat-Satelliten senden dabei alle 15 Minuten
liefert detaillierte Informationen über Wolken und       ein sehr detailliertes Gesamtbild der Erde in seinem
Wetterfronten. Aus ihrer Bewegung können Computer        Blickfeld. Einer der beiden Meteosat-Satelliten über
die großräumige Verteilung von Windgeschwindigkei-       dem Golf von Guinea, der sich dort als Ersatz für den
ten berechnen. Die Infrarotstrahlung zeigt die Tempe-    Notfall befindet, ist ebenfalls aktiv: Alle fünf Minuten
raturen und die Verteilung des Wasserdampfs in der       schickt er einen schmäleren Bildausschnitt zur Erde,
Atmosphäre. So erhalten die Meteorologen ein dreidi-     der nur unseren Breitengrad abdeckt. Damit kann er
mensionales Bild der globalen Wetterküche, inklusive     schnelle Wetterentwicklungen, etwa bei Gewittern,
Temperatur, Feuchte, Niederschlag, Windgeschwindig-      besser verfolgen.
keit und Windrichtung.
                                                         Das „Auge“ der MSG heißt SEVIRI. Das steht für
Die Meteosat-Reihe gehört zu den geostationären Wet-     Spinning Enhanced Visible and Infra-Red Imager - also
tersatelliten, deren Aufgabe die großräumige Beobach-    ungefähr „rotierender verbesserter Bildgeber im Sicht-
tung der riesigen Wettersysteme ist. Dazu „parken“ sie   baren und Infraroten“. Die trommelförmigen MSG-
in knapp 35 800 Kilometern Höhe über der Erdoberflä-     Satelliten drehen sich wie Kreisel, um ihre Position
che. Auf ihrer geostationären Bahn bewegen sie sich      zu stabilisieren. Bei jeder Umdrehung scannt SEVIRI
gerade so schnell, wie die Erde sich dreht. So haben     einen neuen Streifen der Erde. Nach 14 Minuten hat
sie immer den gleichen Ausschnitt im Blick, der pro      MSG so den Planeten komplett erfasst, und der Satel-
Satellit ein Drittel der Erdoberfläche umfasst.          lit funkt das fertige Bild zur Erde. Genau genommen
                                                         sind es immer zwölf Bilder aus zwölf Frequenzkanälen
Heute sind drei Meteosat-Satelliten der zweiten Ge-      vom Sichtbaren bis ins Infrarote, in die SEVIRI die
neration im Einsatz, kurz MSG für Meteosat Second        von der Erde eintreffende Strahlung zerlegt. In einem
Generation genannt. Zwei sind über dem Golf von          Kanal für sichtbares Licht kann das Instrument sogar
Guinea, ein weiterer über dem Indischen Ozean an den     Wolkenstrukturen bis hinunter zu einem Quadrat-
Himmel geheftet und überblicken so Europa, Afrika        kilometer Fläche auflösen. So erfasst es auch kleine
und den Ostatlantik, bzw. große Teile Asiens und des     Gewitterzellen.

                                                                                                              19
◀ Orkan Kyrill zieht am
                                                                        Foto: Eumetsat     18. Januar 2007 über Europa

Die dritte Generation der geostationären Satelliten       Ein Metop-Satellit ist so groß wie ein Lastwagen
(MTG, Meteosat Third Generation) soll voraussichtlich     und vollgestopft mit Instrumenten, die eine Flut von
ab 2020/21 alle zehn Minuten Gesamtbilder schicken,       Informationen liefern. Aus seinem niedrigen Orbit
die Teilansicht sogar alle zweieinhalb Minuten. Sie       kann er noch Strukturen von einem Quadratkilometer
werden nicht nur feinere Strukturen in 16 Frequenz-       erkennen. Dank seiner Nähe zur Troposphäre kann er
kanälen aufnehmen können. Zudem werden sie die At-        diese viel detaillierter in ihre einzelnen Stockwerke
mosphäre mit einem sogenannten Infrarot-Sondierer         auflösen als ein geostationärer Satellit. Seine Inst-
abtasten. Die Meteosat-Satelliten werden damit auch       rumente sind nicht allein für sichtbare und infrarote
erstmals aus dem geostationären Orbit erfassen, wie       Strahlung empfindlich, auch ein Radarwellensender
sich Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit und Feuch-       und -empfänger für den Blick durch die Wolkendecke
te über die Stockwerke der Atmosphäre verteilen. Ein      kann so Windgeschwindigkeit und –richtung an der
Blitzsensor lässt sie Gewitter erkennen, und mit einem    Meeresoberfläche bestimmen und gehört ebenfalls
weiteren Instrument können sie sogar atmosphärische       zur Ausrüstung.
Spurenstoffe aufspüren.
                                                          Für den technischen Betrieb der europäischen Wet-
Geostationäre Satelliten sind entscheidend, haben         tersatelliten ist die paneuropäische Organisation
jedoch zwei große blinde Flecke. Ihnen entgehen die       EUMETSAT in Darmstadt mit ihren 30 Mitgliedsstaa-
beiden Polarregionen, weil ihre Position über der         ten zuständig. Der Deutsche Wetterdienst ist größter
Äquatorebene fixiert ist. Diese Beobachtungslücke fül-    Beitragszahler und regelt für die Bundesrepublik
len andere Satelliten, deren Bahnen über die Pole hin-    Deutschland die technische Zusammenarbeit.
weg führen. Die polarumlaufenden Satelliten fliegen       EUMETSAT verarbeitet die Satellitenbilder und stellt
zudem sehr niedrig. Damit haben sie zwar nur einen        sie weltweit Nutzern zur Verfügung. Der Deutsche
relativ schmalen Atmosphärenstreifen unter sich im        Wetterdienst reichert sie bei Bedarf mit meteorologi-
Visier, diesen aber umso schärfer.                        schen Daten an, die von den Bodenstationen, Wetter-
                                                          ballonen, Meldungen von Schiffen und automatischen
Die Europäer haben mit der Metop-Serie inzwischen         Driftbojen stammen.
zwei eigene polarumlaufende Satelliten im All. Zu-
dem nutzen sie die Daten solcher US-Satelliten. Die       Hinter jedem einzelnen Symbol, hinter jeder Grafik,
Metop-Satelliten haben eine Flughöhe von nur 820          jedem Bild, das NinJo mit wenigen Mausklicks auf den
Kilometern, für einen kompletten Umlauf um die Erde       Schirm zaubert, verbirgt sich also das riesige globale
benötigen sie rund 100 Minuten. Dabei beobachten sie      Netzwerk der Meteorologie. Auch die Satellitenbilder
einen bis zu etwa dreitausend Kilometer breiten Strei-    aus dem All haben eine weite Reise und eine aufwen-
fen. Weil die Erde sich unter ihrer Bahn weg dreht wie    dige Computerverarbeitung hinter sich. Ein Tempera-
ein Globus in seiner Halterung, erfassen die Satelliten   turwert auf dem Atlantik kommt von einem Schiffsof-
nach und nach die komplette Erdoberfläche. Zweimal        fizier, der seine Wettermeldung vielleicht erst vor
am Tag überfliegen sie dieselbe Region.                   wenigen Minuten abschickte. Oder die Messung
                                                          stammt von einer driftenden Boje, die ihre Wetterda-
                                                          ten gerade mitten aus einem Sturm funkt.

20
Pflanzen als Klimabotschafter
Neben der täglichen Wettervorhersage ist die Klimabeobachtung eine wichtige Aufgabe des Deut-
schen Wetterdienstes. Eine relevante Informationsquelle über die Klimaentwicklung sind Pflanzen.

                                                                   1961 - 1990: 120 Tage
                           WINTER
               Stiel-Eiche (Blattfall)
                  1961 - 1990 extrapoliert

                                                                   1991 - 2016: 102 Tage
               SPÄTHERBST                                                                                                                                                                    VORFRÜHLING
 Stiel-Eiche (Blattverfärbung)                                                                                                                                                               Hasel (Blüte)
                                              19
                                                         19                Dez Jan                 40
                                                                    Nov              Feb                                                                               33

                                         19                        Okt                 Mrz
           VOLLHERBST                                   26
     Stiel-Eiche (Früchte)                                         Sep                 Apr
                                                                                                     31
                                                                     Aug             Mai                                                                                                              ERSTFRÜHLING
                                                         27                                                                                                                                           Forsythie (Blüte)
                                             21                            Jul Jun
                                                                                                                                                                32
              FRÜHHERBST
                                                              23
                                                                                              30                                                                                                                                                                                        ◀	Diese „Phänologische Uhr“
 Schwarzer Holunder (Früchte)
                                                                                       23
                                                                                                                                                                                                                                                                                           für die Zeiträume 1961 bis
                                                   27                      44                                                                                                                                                                                                              1990 (außen) und 1991-2016
                                                                                                    31                                                                                                                                                                                     (innen) zeigt eindrucksvoll,
                                                                                                                                                                                                                                                                                           wie sich die Vegetationsperi-
                                                                                                                                                                   VOLLFRÜHLING
                                                                                                                                                                   Apfel (Blüte)
                                                                   42
                          SPÄTSOMMER
              Apfel, frühreifend (Früchte)
                                                                                      21                                                                                                                                                                                                   ode in Deutschland durch die
                                                                                                                                                                                                                                                                                           Klimaerwärmung im Jahr nach
                                                                                             FRÜHSOMMER                                                                                                                                                                                    vorne verschoben hat. Ange-
                                                                                             Schwarzer Holunder (Blüte)
                                                             HOCHSOMMER                                                                                                                                                                                                                    zeigt sind mittlerer Beginn
                                                         Sommer-Linde (Blüte)
                                                                                                                                                                                                                                                                                           und Dauer der phänologi-
                                                                                                                                                                                                                                                                                           schen Jahreszeiten.

„Phänologie“ heißt diese Art des Umwelt Monitorings,                                               zu den traditionellen Kunden von phänologischen
das der Deutsche Wetterdienst bereits seit den 1930er                                              Daten. Da die Zahl der Allergiker zunimmt, hat auch
Jahren betreibt. Rund 1 200 überwiegend ehrenamt-                                                  die Pollenflugwarnung an Bedeutung gewonnen. Dafür
liche Mitarbeiter in ganz Deutschland beobachten,                                                  melden 400 Beobachterinnen und Beobachter wann
wie bestimmte Pflanzen sich im Lauf eines Jahres                                                   bestimmte Pflanzen in ihrer Region aufblühen, zum
verhalten. Hasel und Schneeglöckchen eröffnen als                                                  Beispiel die Birken oder der Winterroggen.
frühstblühende Beobachtungspflanzen die phänologi-
sche Vegetationsperiode, die Stiel-Eiche beendet sie im
Herbst, sobald ihre Blätter fallen.
                                                                                                                                            125

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     5,0
                                                                                                                                            115
Der Zeitpunkt der Frühjahrsblüte vieler Pflanzen hängt
                                                                                                    Tage seit Jahresbeginn (60 = 1. März)

                                                                                                                                            105
vor allem von der Temperatur ab, ebenso der Blattfall
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     3,0

                                                                                                                                            95
im Herbst, wenn auch weniger eindeutig. In unseren
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Temperatur [°C]

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     1,0
                                                                                                                                            85
Breitengraden mit ausgeprägten Jahreszeiten liefert
die phänologische Beobachtung damit eine sehr ge-
                                                                                                                                            75                                                                                                                                                                                                                                                                       -1,0

naue Information über den Klimawandel. Langjährige
                                                                                                                                            65
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     -3,0

Beobachtungsreihen zeigen, dass viele Pflanzen früher
                                                                                                                                            55

blühen als noch vor einigen Jahrzehnten. Das Beispiel
                                                                                                                                            45                                                                                                                                                                                                                                                                       -5,0
                                                                                                                                                  1945
                                                                                                                                                         1947
                                                                                                                                                                1949
                                                                                                                                                                       1951
                                                                                                                                                                              1953
                                                                                                                                                                                     1955
                                                                                                                                                                                            1957
                                                                                                                                                                                                   1959
                                                                                                                                                                                                          1961
                                                                                                                                                                                                                 1963
                                                                                                                                                                                                                        1965
                                                                                                                                                                                                                               1967
                                                                                                                                                                                                                                      1969
                                                                                                                                                                                                                                             1971
                                                                                                                                                                                                                                                    1973
                                                                                                                                                                                                                                                           1975
                                                                                                                                                                                                                                                                  1977
                                                                                                                                                                                                                                                                         1979
                                                                                                                                                                                                                                                                                1981
                                                                                                                                                                                                                                                                                       1983
                                                                                                                                                                                                                                                                                              1985
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     1987
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            1989
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   1991
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          1993
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 1995
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        1997
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               1999
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      2001
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             2003
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    2005
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           2007
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  2009
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         2011
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                2013
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       2015
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              2017

der Forsythien illustriert diesen Trend: Am Beobach-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Beobachtungsjahre

tungsort „Lombardsbrücke“ in Hamburg zum Beispiel
trat die Blüte in den letzten 20 Jahren häufig deutlich                                            ▲	Die Forsythie blüht heute zum Beispiel in Hamburg deutlich früher
                                                                                                      als Mitte des 20. Jahrhunderts, wie die orangefarbene Kurve zeigt.
früher auf als im langjährigen Mittel.
                                                                                                      Im gleichen Zeitraum stieg an diesem Standort die mittlere Tem-
                                                                                                      peratur 90 Tage vor Blühbeginn um mehr als ein Grad an (blau).
Nicht nur für die Klimaforschung ist der phänologische                                                Die gestrichelten Linien zeigen jeweils die gemittelten Daten und
Dienst unverzichtbar. Land- und Forstwirte gehören                                                    verdeutlichen die Tendenz.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     21
▲ Messfeld der Klimareferenzstation Potsdam

     Die Klimareferenzstationen
     Der Deutsche Wetterdienst kann wissenschaftlich belegen, dass das
     Klima in Deutschland wärmer wird: In den vergangenen gut hundertdreißig
     Jahren stieg die Jahresdurchschnittstemperatur um etwa 1,4 Grad.

                                       Dieser Nachweis ist nur möglich, weil die Klimatolo-
                                       gen des Deutschen Wetterdienstes dessen historische
                                       Wetteraufzeichnungen aufwendig aufbereitet haben.
                                       So sind diese mit den heutigen Wetterdaten vergleich-
                                       bar geworden. Das ist eine echte Herausforderung,
                                       denn die Meteorologen verwendeten früher einfache-
                                       re Instrumente und zum Teil andere Methoden.

22
Gerade in jüngerer Zeit wechseln die Gerätegenerati-
onen immer schneller, da die Instrumente besser und
„schlauer“ werden. Die Klimatologen benötigen jedoch
eine Technik, die einen verlässlichen Vergleich er-
möglicht. Deshalb betreibt der Deutsche Wetterdienst
sogenannte Klimareferenzstationen. Diese Stationen
decken die wichtigen Klimaregionen und Landschafts-
typen Deutschlands ab. Klimareferenzstationen
arbeiten weiterhin mit der klassischen meteorologi-
schen Technik, wie sie viele Jahrzehnte Praxis war.
Ihre Wetterdaten sind somit direkt mit historischen
Aufzeichnungen vergleichbar.

Eine solche Station, die an der klassischen „Engli-
schen Hütte“ mit ihren weißen Lamellenwänden auf           ▲ Auf dem Dach der Klimareferenzstation Görlitz
einem Ständer erkennbar ist, steht zum Beispiel auf
dem Brocken. Die dortige Wetterwarte ist seit 1895
in Betrieb und besitzt ein entsprechend lang zurück        Betreuer täglich über einen Online-Zugang. Damit
reichendes Archiv an lokalen Wetterdaten.                  können diese zusätzlichen Niederschlagsdaten auch in
                                                           die tägliche Wettervorhersage einfließen. Diese Sta-
Die Stadtklimatologen des Deutschen Wetterdiens-           tionen erscheinen nun ebenfalls auf dem Schirm von
tes setzen zudem mobile Klimastationen ein, um das         NinJo, am Arbeitsplatz der Wetterfrösche.
Klima in einer Stadt zu untersuchen. Städte trifft
der Klimawandel besonders: In den heißeren Som-
mern mit mehr tropisch warmen Nächten heizen sich
die versiegelten Flächen stark auf. Das belastet die
Einwohner, weshalb ein gesundes Stadtklima immer
mehr in den Fokus der Stadtplanung rückt.
                                                            Eine lohnende Investition

Zu den wichtigen internationalen Aufgaben, deren            Der Deutsche Wetterdienst investiert jährlich dreistellige Millio-
Organisation der Deutsche Wetterdienst federfüh-            nenbeträge in die Menschen, die für ihn das Wetter und das Klima
                                                            beobachten, in sein dichtes Messnetz zu Lande, zu Wasser und
rend übernommen hat, gehört die Klimaüberwachung
                                                            in der Luft sowie in Beiträge für die internationalen meteorologi-
per Satellit. Wettersatelliten sind für Klimatologen
                                                            schen Organisationen, die das globale System der Wetterbeob-
interessant, weil sie wichtige Wetterdaten großflä-         achtung und -überwachung betreiben und koordinieren.
chig erfassen. Allerdings ist es nicht einfach, alte mit
                                                            Diese Steuergelder sind gut angelegt: Rechtzeitige Unwetterwar-
modernen Satellitendaten zu vergleichen. Die Satelli-       nungen helfen unsere Gesellschaft vor tragischen Folgen zu be-
tenklimatologen müssen dazu die historischen Satelli-       wahren und Schäden zu minimieren. Angesichts der steigenden
tendaten aufwendig aufbereiten.                             Wahrscheinlichkeit für extreme Wetterlagen, die der Klimawandel
                                                            mit sich bringt, wird die Bedeutung einer möglichst genauen
Im Wortsinne bodenständig ist das Netz der rund             Wetter- und Klimabeobachtung in Zukunft noch wachsen. Auch
                                                            für die Planung von Wirtschaftsunternehmungen und bei der
950 Niederschlagsstationen, das der Deutsche Wet-
                                                            Energiewende sind präzise Wetter- und Klimadaten wichtig, zum
terdienst seit vielen Jahrzehnten betreibt. An diesen       Beispiel für die Wahl des richtigen Standorts für Windenergie und
Stationen fängt ein klassisches Ombrometer den Nie-         Photovoltaikanlagen.
derschlag auf, das der Meteorologe Gustav Hellmann
                                                            Nicht zuletzt ist das weltweite Netz der Meteorologen eine der
bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt hat.           großen Kulturleistungen der Menschheit, bei der rund 190 Staa-
Früher schickten die ehrenamtlichen Betreuer dieser         ten friedlich zusammenarbeiten. Wir alle profitieren von diesen
Stationen ihre täglichen Aufzeichnungen am Monats-          Leistungen, wenn es wieder heißt:
ende zusammengefasst an die Zentrale in Offenbach.          „Und nun – das Wetter.“
Ihre Niederschlagsmessungen dienten so der reinen
Klimabeobachtung. Inzwischen melden die meisten

                                                                                                                           23
Impressum
Text: Roland Wengenmayr, www.roland-wengenmayr.de
Redaktion: Andreas Friedrich, DWD
Fotos und Abbildungen: DWD oder entsprechend Kennzeichnung
Gestaltung: Ralph-Christian Mendelsohn, DWD
Papier: Dieses Produkt stammt aus nachhaltig
bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen.
Titelfoto: Wetterwarte des DWD auf der Zugspitze, Foto: Johann Jilka
                                                                                                  DWD 3. Auflage 10.000 / 09.17

Deutscher Wetterdienst (DWD)
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                                                                 Über www.dwd.de gelangen Sie
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