Programm "Voneinander Lernen" auf dem Gebiet der Geschlechtergleichstellung
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Programm „Voneinander Lernen“ auf dem Gebiet der Geschlechtergleichstellung Gute Praxisbeispiele gegen häusliche Gewalt im Kontext von COVID-19 Webinar, 19. Mai 2020 Zusammenfassung Die in der vorliegenden Veröffentlichung enthaltenen Informationen und Meinungen sind die der Verfasser*innen und geben nicht notwendigerweise die Auffassung der Europäischen Kommission wieder. Weder die Europäische Kommission noch Personen, die in ihrem Namen handeln, sind für die Verwendung der hierin enthaltenen Informationen verantwortlich. Justiz
Diese Veröffentlichung wird unterstützt durch das EU-Programm Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft 2014-2020. Dieses Programm wird von der Europäischen Kommission umgesetzt. Sein Ziel ist es, einen Beitrag zur Weiterentwicklung eines Raums zu leisten, in dem die Gleichstellung und die Rechte von Personen – wie sie im Vertrag, in der Charta und in internationalen Menschenrechtsübereinkommen verankert sind – gefördert und geschützt werden. Weitere Informationen unter: http://ec.europa.eu/justice/grants1/programmes-2014- 2020/rec/index_en.htm
Zusammenfassung Einleitung Das im Rahmen des Programms „Voneinander Lernen“ auf dem Gebiet der Geschlechtergleichstellung veranstaltete Webinar beleuchtete Herausforderungen und Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Eindämmung häuslicher Gewalt vor dem Hintergrund von COVID-19. Die Teilnehmer*innen hatten die Gelegenheit, sich mit guten Beispielen aus Spanien, der Tschechischen Republik und Slowenien vertraut zu machen. Das Webinar fand am 19. Mai 2020 statt. Neben Vertreter*innen aus 23 Mitgliedstaaten und europäischer NRO-Netzwerke nahmen auch Mitglieder mehrerer Dienststellen der Europäischen Kommission sowie des Kabinetts von Vizepräsidentin Jourová bzw. EU-Kommissarin Dalli daran teil. Ferner war das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) präsent. Es handelte sich um die erste einer Reihe von drei geplanten Veranstaltungen zu geschlechtergerechtem Vorgehen in den Maßnahmen gegen COVID-19, bezugnehmend auf die Eckpfeiler der kürzlich verabschiedeten Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025. 1. Hintergrund 1.1 Maßnahmen der Europäischen Kommission im Hinblick auf das erhöhte Risiko häuslicher Gewalt im Kontext von COVID-19 Ingrid Bellander-Todino, Leiterin des Referats Gleichstellung der Geschlechter (GD Justiz, Europäische Kommission), erläuterte die Arbeit der Kommission zum Thema geschlechtsspezifischen Folgen der COVID-19-Pandemie. Im April richteten die Kommissionsmitglieder Dalli, Kyriakides und Schmit ein gemeinsames Schreiben an die zuständigen Minister*innen aller Mitgliedstaaten mit der Aufforderung, bei ihren Dringlichkeitsmaßnahmen die Bedürfnisse von verletzlichen Gruppen, darunter Opfer häuslicher Gewalt, zu berücksichtigen. Die Kommission appellierte an die Mitgliedstaaten, für ausreichende Präventionsmaßnahmen, Unterstützungsdienste und Schutz für Opfer häuslicher Gewalt zu sorgen und ihre Verpflichtungen aus dem EU-Recht wahrzunehmen, insbesondere im Zusammenhang mit der Opferschutzrichtlinie. Die Kommission hat vorgeschlagen, 3 Mrd. Euro in das Soforthilfeinstrument für den Gesundheitssektor zu investieren, das für die Finanzierung von unterstützenden Maßnahmen für die Bewältigung von Sicherheitsgefährdungen – einschließlich häuslicher Gewalt während Ausgangsbeschränkungen – herangezogen werden kann. Auch im Rahmen des Programms „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft“ sowie des Nachfolgeprogramms stehen Mittel für Projekte zum Ausbau von Betreuungsangeboten wie Helplines, Unterkünften und Beratungsdiensten zur Verfügung. Webinar, 19. Mai 2020 1
Zusammenfassung Die Beendigung geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich häuslicher Gewalt, ist eines der Hauptziele der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025. In der Strategie wird der Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul als eine Schlüsselpriorität hervorgehoben. Sie beinhaltet ferner die Verpflichtung, eine Strategie für die Rechte von Opfern auf den Weg zu bringen, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Opfer geschlechtsbezogener Gewalt eingeht. Wie in der Strategie betont wird, braucht es umfassende, aktuelle und vergleichbare Daten, um wirksam gegen geschlechtsbezogene Gewalt vorgehen zu können. Die neue EU-weite Erhebung zur geschlechtsspezifischen Gewalt soll den Auftakt zu umfangreichen Maßnahmen für einschlägige Datenerhebungen in der EU bilden. Alle Mitgliedstaaten sind aufgefordert, sich daran zu beteiligen, um repräsentative und aussagekräftige Ergebnisse zu gewährleisten. Stichtag für die Beantragung eines Zuschusses von Eurostat zur Deckung von 80 % der Kosten für die Durchführung der Erhebung ist der 8. Juli 2020. 1.2 Stellungnahmen zivilgesellschaftlicher Organisationen im Hinblick auf das erhöhte Risiko häuslicher Gewalt im Kontext von COVID-19 Irene Rosales (Referentin für Politik und Kampagnen bei der European Women's Lobby – EWL) und Pille Tsopp-Pagan (Vizepräsidentin des Netzwerks „Women Against Violence Europe“ – WAVE) umrissen die Herausforderungen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt und die Notwendigkeit innovativer Antworten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Häusliche Gewalt ist ein langfristiges systemisches Problem, das der COVID-19- Pandemie vorausgeht. Die im Zuge der Pandemie ergriffenen Maßnahmen haben allerdings dazu geführt, dass Frauen verstärkt häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, insbesondere im Zusammenhang mit verordneten Ausgangsbeschränkungen. Lockdown-Bedingungen schaffen ein günstiges Umfeld für Täter und erschweren es dem Opfer, Hilfe zu bekommen. EWL und WAVE forderten die Mitgliedstaaten auf wichtige Vorkehrungen zu treffen: Hilfseinrichtungen für Frauen müssen in die Lage versetzt werden, Unterstützungsbedarf zu erfüllen und sich darauf einzustellen, aus der Ferne zu operieren. Unterstützungseinrichtungen für Opfer häuslicher Gewalt sind als „wesentliche Dienste“ anzuerkennen, und ihre Finanzierung muss aufrechterhalten bzw. ausgedehnt werden. Die Zusammenarbeit zwischen Staat und Zivilgesellschaft für wirksames Vorgehen gegen geschlechtsspezifische Gewalt im neuen Kontext ist zu verstärken. Es gilt, wirksame Schutz- und Strafverfolgungsverfahren und einen raschen Zugang zu einstweiligen Verfügungen zu gewährleisten. Das Bewusstsein für verfügbare Schutzmaßnahmen und Hilfsangebote sollte aktiv gefördert werden. Es sind neue Wege und Kommunikationsmittel zu finden, um sicherzustellen, dass diese Botschaften alle Frauen in unterschiedlichen Situationen erreichen. Der Zugang von Frauen und Mädchen in ihrer ganzen Vielfalt zu Unterstützungsdiensten und Schutzmaßnahmen muss gewährleistet werden. Webinar, 19. Mai 2020 2
Zusammenfassung 2. Gute Beispiele aus Mitgliedstaaten Das Webinar präsentierte Beispiele aus Spanien, der Tschechischen Republik und Slowenien. Verschiedene Aspekte der Bekämpfung häuslicher Gewalt im Kontext von COVID-19 standen dabei im Mittelpunkt: Die Ausarbeitung einer umfassenden Strategie; Instrumente und Aktionen, um es Opfern zu erleichtern, Hilfe zu suchen und Gewalt zu melden; und Möglichkeiten, die Arbeit mit den Tätern während eines Lockdowns fortzusetzen. Die bewährten Verfahren wurden auf der Grundlage der Antworten auf einen Fragebogen ausgewählt, der von der Europäischen Kommission an die Mitgliedstaaten versandt worden war. Im Fragebogen waren die Mitgliedstaaten aufgefordert, Angaben darüber zu machen, wie sie verschiedene Aspekte der Geschlechtergleichstellung im Zusammenhang mit der aktuellen COVID-19-Krise und ihren Nachwirkungen angehen. 2.1 Spanien: Notfallplan zur Bekämpfung geschlechts- bezogener Gewalt während der COVID-19-Krise In Spanien wurde vor dem Hintergrund der COVID-Lockdown-Maßnahmen per königlichem Erlass ein Notfallplan veröffentlicht, um der erhöhten Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt für Frauen und Kinder entgegenzuwirken. Pilar Vilaplana, leitende Beraterin der im Gleichstellungsministerium angesiedelten Stelle für geschlechtsspezifische Gewalt, umriss die wichtigsten Maßnahmen zur Gewährleistung eines fortgesetzten Schutzes und zur Unterstützung von Gewaltopfern. Die Dienste zum Schutz und zur Unterstützung von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt und ihrer Kinder wurden zu wesentlichen Diensten erklärt. Dazu gehören Notrufstellen, Online-Dienste zur Überwachung von Kontakt- bzw. Annäherungsverboten sowie Notunterkünfte. Damit war sichergestellt, dass diese Einrichtungen ihre Arbeit weiterführen konnten und Mittel zur Verfügung standen, um sich an die durch die Pandemie auferlegten Beschränkungen anzupassen. Auf WhatsApp wurde ein neuer Nachrichtendienst für Beratung sowie emotionale und psychologische Betreuung eingerichtet. Dies war besonders wichtig für Frauen, die den Lockdown an der Seite des Täters verbringen mussten; die Inanspruchnahme war hoch. Es wurde eine Präventions- und Sensibilisierungskampagne1 gegen geschlechtsspezifische Gewalt lanciert, die sich an weibliche Gewaltopfer und an die breite Öffentlichkeit richtet. Die Kernbotschaft lautete: „Wir sind mit euch: 1 Für weitere Informationen, siehe: https://violenciagenero.igualdad.gob.es/sensibilizacionConcienciacion/campannas/violenciaGobiern o/todoSaldraBien/home.htm und https://www.youtube.com/playlist?list=PLMXzkNaN1GD3n6rpPPhfF3f_U5iyWlktd Webinar, 19. Mai 2020 3
Zusammenfassung Gemeinsam werden wir geschlechtsspezifische Gewalt stoppen.“ Gleichzeitig wurde auf wichtige Betreuungsstellen aufmerksam gemacht. Es wurde ein Leitfaden für Frauen, die während der Ausgangsbeschränkungen geschlechtsspezifische Gewalt erleiden, veröffentlicht und verbreitet. Er enthält Informationen über Schutzmaßnahmen und verfügbare Unterstützungsdienste sowie über die für die Zeit der Pandemie eingeleiteten Sondermaßnahmen. Auch die in dieser Phase geltenden Besuchsregelungen für Kinder von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt sind darin erklärt. Nicht zuletzt weist der Leitfaden auf die ALERTCOPS-App für Frauen in Notsituationen hin, wenn keine Möglichkeit besteht, die Polizei telefonisch zu verständigen. Diese App sendet ein Notsignal mit dem Standort des Opfers an die Polizei. Es erwies sich als große Herausforderung, die verschiedenen Verwaltungsebenen zu koordinieren und mit dem Informationsangebot alle Frauen zu erreichen, vor allem in ländlichen Gebieten. Die Wahl der geeigneten Kommunikationskanäle war wichtig, um alle Frauen anzusprechen. Die lokalen Behörden entwickelten innovative Plattformen und Lösungen, wie z. B. die Einbeziehung der Apotheken bei der Weiterverweisung von Frauen an Unterstützungseinrichtungen. Es wird ein Aktionsplan für die Zeit nach COVID-19 erforderlich sein, um den Opfern nach dieser Phase zu helfen. Der Notfallplan hat gezeigt, wie wichtig es ist, Systeme zur Gewährleistung und zum Schutz von Rechten in diesem Zeitraum zu stärken, und wie wertvoll der Dialog mit spezialisierten NROen ist. Die Einstufung der Einrichtungen für häusliche Gewalt als „wesentliche Dienste“ war der entscheidende Schritt. 2.2 Tschechische Republik: „Bright Sky“-App und Schulung von Lieferservice-Personal im Erkennen von Anzeichen häuslicher Gewalt Branislava Marvánová Vargová von der NRO „ROSA“ präsentierte die Anpassung der in Großbritannien entwickelten App „Bright Sky“ für den Einsatz in der Tschechischen Republik und die Maßnahmen, um sie bekannt zu machen Die App ist als Hilfe für Opfer von sexueller und häuslicher Gewalt gedacht, soll aber auch das Vorgehen unterstützender Personen erleichtern. Die App bietet die Option für einen verdeckten Modus zum Schutz der Benutzenden. Sie verfügt über Funktionen, mit denen Benutzende Risiken einschätzen, Beweise aufzeichnen und Informationen über Hilfsangebote erhalten können. Die Kanäle, über die auf die App aufmerksam gemacht wurde, waren der Schlüssel zu deren Wirksamkeit. Die besten Kanäle sind jene, zu denen gewaltbetroffene Frauen bereits einen Bezug haben. Beispielsweise wurden Friseurinnen/Friseure und Wellness-Personal geschult, um auf solche Kanäle hinzuweisen. Eine gute Zusammenarbeit zwischen NROen, der Polizei, dem Innenministerium und dem privaten Sektor (Vodafone-Stiftung) war maßgeblich für die Qualität und Wirkung der App. Bis Mai 2020 verzeichnete sie über 1.000 Downloads, und sie Webinar, 19. Mai 2020 4
Zusammenfassung wurde 3.592 Mal geöffnet. Es besteht Einvernehmen darüber, dass auch eine App für Kinder vonnöten wäre. Darüber hinaus wurde das Zustellpersonal der Tschechischen Post und sechs weiterer Lieferdienste online über die „Bright Sky“-App sowie in der Erkennung von Anzeichen häuslicher Gewalt und in entsprechenden Verhaltensregeln geschult (z. B. Stellen von Alternativfragen). Es handelt sich dabei um die wenigen Personen, die während des Lockdowns eventuell Kontakt zu Opfern haben. Diese Arbeit mit dem Zustellpersonal war angesichts der Situation eine schnelle und positive Antwort auf die Schwierigkeit, eine Verbindung zu Opfern von geschlechtsbezogener Gewalt herzustellen. Nichtsdestotrotz besteht die Notwendigkeit, das Personal eingehender zu schulen und das Risiko zu berücksichtigen, dass auch hier Täter dabei sein könnten. 2.3 Slowenien: Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt im Kontext von COVID-19 Die Täterarbeit musste angepasst werden,2 um die Fortsetzung dieser Programme während des COVID-19-Lockdowns zu gewährleisten. Katja Zabukovec Kerin, Obfrau des slowenischen Vereins für gewaltfreie Kommunikation (DNK), präsentierte dafür ein gutes Praxisbeispiel. Mit jedem Täter wurde der sicherste Weg zur weiteren Programmteilnahme erörtert, und es wurden individuelle Pläne ausgearbeitet. Neue Verweisungen in bestehende Gruppen wurden in diesem Zeitraum ausgesetzt, Betroffene erhielten anstatt dessen individuelle Beratung. Einige Gruppen setzten die Arbeit über Zoom fort, mit entsprechend angepassten Konzepten. Datenschutzbedenken in Fällen, in denen Gespräche mitgehört werden könnten, wurden beispielsweise so gelöst, dass die Anrufe stattfanden, während der Täter einen Spaziergang unternahm. Es galt, neue Ziele zu setzen, mit Schwerpunkt auf Eindämmung des Gewaltrisikos, Senkung des Stressniveaus der Täter, Verstärkung der Bewältigungsmechanismen der Täter und Minderung der Risikofaktoren für Familien im Lockdown. Die Gespräche beschränkten sich darauf, auf Aktuelles einzugehen und sicherzustellen, dass die Teilnehmer gesund und wohlauf waren. Dies war der Erkenntnis geschuldet, dass unter den gegebenen Voraussetzungen eine langfristige Verhaltensänderung kein realistisches Ziel darstellt und dass Frauen und Kinder während der Krise teilweise mit anderen Gefahren konfrontiert sind als zuvor. Einige Expert*innen hatten Bedenken geäußert, Gruppenarbeit online abzuhalten.3 Sollte die/der Berater*in zu irgendeinem Zeitpunkt das Gefühl haben, dass etwas nicht in Ordnung sei, würde ein persönlicher Kontakt hergestellt werden. Auch in Situationen 2 Für weitere Hinweise , siehe: https://www.work-with- perpetrators.eu/fileadmin/WWP_Network/redakteure/Resources/COVID_19/20200406_Guidelines_ final.pdf 3 Für weitere Hinweise, siehe: https://www.caringdads.org/news/2020/3/30/caring-dads-and-the- covid19-pandemic Webinar, 19. Mai 2020 5
Zusammenfassung mit hohem Gefährdungsniveau wurden bei einzelnen Misshandelnden Kontrollanrufe durchgeführt und SMS-Nachrichten ausgetauscht. Einzelberatung erfolgte per Telefon oder Videokonferenz. Es war wichtig, Grenzen für die Berater*innen abzustecken und sicherzustellen, dass es zu keinem Kontakt außerhalb des Programmablaufs kommt. Die Maßnahmen konnten wirksam dazu beitragen, den Kontakt mit den Tätern aufrechtzuerhalten und Gewaltrisiken in dieser Zeit zu verringern. Nur 5 % der Täter lehnten es ab, das Programm fortzusetzen. Für die Zeit nach COVID-19 braucht es eine Strategie, um sicherzustellen, dass die Täter das vollständige Programm absolvieren. 3. Blick in die Zukunft In den Präsentationen und Diskussionen wurde eine Reihe von Ideen und Vorschlägen unterbreitet, die eine Perspektive für künftiges Vorgehen gegen häusliche Gewalt im Zusammenhang mit COVID-19 und der Erholungsphase nach der Pandemie eröffnen. Es ist unerlässlich, bei den Pandemie-Maßnahmen sowie in der Erholungsphase eine geschlechtergerechte Perspektive beizubehalten, die die Beseitigung häuslicher Gewalt, den Schutz der Opfer und die Gewährleistung angemessener und wirksamer Unterstützungsangebote in den Mittelpunkt stellt. Gender Mainstreaming und die Einbeziehung von Frauenorganisationen bilden ein Schlüsselinstrument, um diesen Ansatz voranzubringen. Vor allem die Einstufung von Einrichtungen im Bereich häuslicher Gewalt als „wesentliche Dienste“ ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sie mit angemessenen Mitteln ausgestattet sind, um Frauen und Kinder zu unterstützen und sich an die Herausforderungen von COVID-19 und der anschließenden Erholungsphase anzupassen. Ein weiteres Schlüsselelement sind Sensibilisierungs- Kommunikations- und Outreach-Initiativen, die Frauen in ihrer ganzen Vielfalt einbinden und dafür sorgen, dass sie über die vorhandenen Schutzmaßnahmen und Unterstützungsdienste informiert sind. Die Zeit nach COVID-19 erfordert weitere Planung und Innovation bei der Prävention und dem Umgang mit Opfern häuslicher Gewalt. Dabei wird der laufende Dialog mit Frauenorganisationen eine wichtige Rolle spielen. Die vollständige und wirksame Umsetzung der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 und insbesondere ihrer Zielsetzung, geschlechtsbezogene Gewalt zu beenden, wird der Schlüssel für Fortschritte in der Erholungsphase sein. Die Ratifizierung und wirksame Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist ebenfalls damit verbunden. Die EU-weite Erhebung zur geschlechtsspezifischen Gewalt wird Grundlagen für faktengestützte Politikmaßnahmen und Programme liefern. Es ist wichtig, dass sich möglichst viele Mitgliedstaaten an der Erhebung beteiligen. Webinar, 19. Mai 2020 6
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