Psychodynamische Störungsmodelle & Interventionen bei postpartaler Depression - PD Dr. med. Carola Bindt Klinik für Kinder- und ...

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Psychodynamische Störungsmodelle & Interventionen
                  bei postpartaler Depression

                   PD Dr. med. Carola Bindt · bindt@uke.de
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -Psychotherapie und -Psychosomatik
                               IfP · 03.02.2022
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Depression
 is the plague of modern times.

                  By 2020,
we expect it to be the second leading cause
         of disability worldwide.

                             Agenda 2000
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Depression is
 the leading cause of disability worldwide.

       The number of people living with depression
    increased by around 18% between 2005 and 2015,
and depression affects about 4% of the world's population.

                                     Health Report 7.4.2017
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Relatives Depressionsrisiko & Östrogene im Lebenszyklus

   From menarche to menopause: Exploring the underlying biology of depression in women
      experiencing hormonal changes. Review · Deecher et al. Psychoendocrinology · 2008
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Übersicht

 Peripartale Krisen:
  Psychiatrische Definitionen, Epidemiologie & Diagnostik

 Mutterschaft - Ideal und Wirklichkeit:
  Psychodynamische Überlegungen

 Transgenerationale Weitergabe:
  Folgen für die emotionale Kindesentwicklung

 Behandlungsansätze
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Die Geburt eines Kindes ist ein Risiko für die
     mütterliche seelische Gesundheit.
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Postpartale Depression – Historie des Begriffs

 1858 · Louis-Victor Marcé
  "Treatise on insanity in pregnant, postpartum and lactating women."
 < 1960er Jahre · Einzelfallbeschreibungen, wenig Interesse
 1967 · WHO ICD-8 · Kategorie "postpartale psychische Erkrankungen"
 1968 · Brice Pitt prägt den Begriff "postnatal depression”
 > 1992/94 · ICD-9/10 und DSM VI/V · keine Diagnosekategorie*
 > 1980er Jahre · rapider Anstieg an Publikationen bis heute

   *ICD 10:
   Depressive Störung F32 + 099.3 Wochenbett
   Psychische/Verhaltensstörungen im Wochenbett, nicht andernorts klassifiziert F 53.0
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Prävalenz mütterlicher Depression in der Schwangerschaft

  Reviews/Metaanalysen verfügbarer Studien
• High Income Countries: 9.2 - 19.2 %
  Gavin et al. 2005, Underwood et al. 2016, Biaggi et al. 2016, Woody et al. 2017
• Low And Middle Income Countries*: 15.9 – 25.8 %
  Fisher et al. 2011, Gelaye et al. 2016
• Asiatische Länder: 20%
  Roomruangwong et al. 2011

  * Studien aus 8% aller LAMICs - Lebensraum für > 80% der Weltbevölkerung.
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Prävalenz postpartaler psychischer Störungen (%)
   70
                                                                                 "Blues"
                                                                                  > 60
   60

   50
                                  immer noch selten erkannt,
                                    noch seltener behandelt
   40

   30

   20
                                                                  Depression
                                                          Angst
                                             Zwang                  12-15
                                                           10
   10                     PTBS                2.5-7
                  Psychose 4
                     0,1
    0

Gavin et al. 2005, Zambaldi et al. 2009, Parsons et al. 2012, Russel et al. 2013, Woody et al. 2017, Fairbrother et al. 2021
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Postpartaler Blues

 Beginn postpartum, hält Stunden bis Tage an
 Affektive Turbulenz: euphorisch – bedrückt – ängstlich – reizbar
 milde Dysfunktion: Schlafstörung, +/- Antrieb
 Spontanremission
 Ätiologie: abrupter Abfall von Östrogen/Progesteron (?)
Postpartum Blues –
Syndrom adaptiver emotionaler Empfänglichkeit - ?

                     hormonell assistierte Trauerreaktion
                     Affekt-Booster: schafft Offenheit für
                      spezifische Selbstanteile und den
                      emotionalen Austausch mit dem Baby
                     ist assoziert mit besserer motorischer
                      Koordination und Selbstregulation
                      beim Kind (NBAS)

                         Bydlowski et al. · 2013
Postpartale Depression

 beginnt Wochen bis Monate postpartal, Verlauf > 14 Tage,
  (bei 20 - 60 % > 6 Monate)
 Symptome einer "Major Depression"
 30 – 50 % Wiederholungsrisiko für nachfolgende Schwangerschaft
 psychosoziale Risikofaktoren
Major Depressive Episode (DSM-IV)
Mindestens eine der folgenden abnormalen Stimmungen (> 2 Wochen)
   depressive Stimmung
   Irritabilität (< 18 Jahre)
   Verlust von Interesse und Freude

Mindestens fünf der folgenden Symptome
   depressive Stimmung
                                               (kindbezogene) Ängste
 Irritabilität
                                               Panikattacken
 Verlust von Interesse und Freude
  Appetit, Gewicht                          Zwangssymptome
  Schlaf                                    körperliche Symptome incl.
  Aktivität                                   Stillprobleme
  Energie, Erschöpfung
   Gefühl der Wertlosigkeit, Selbstanklagen, Schuldgefühle
  Konzentration und Aufmerksamkeit, Unentschlossenheit
  Gedanken an den Tod, Suizidalität
Bio-psycho-soziale Risiken der postpartalen Depression

            Armut             vorangehende
                          psychische Erkrankung
                                                                 frühe Trennung, Gewalt,
     (psychisch)                                                    "affectionless care"
     komplizierte
Schwangerschaft/Geburt
                                                                           geringer Selbstwert
                                                                            Perfektionismus
"schwieriger" Säugling
                                                                         Konflikte mit
                                                                        Partner/Familie
       Schuld- und
    Insuffizienzgefühle
    wegen mangelnder                                                  mangelnde
       Mutterliebe                                               soziale Unterstützung

       körperliche Erschöpfung

                                                          Depression

                          Suizidalität
                                                  unzureichende Therapie
Postpartale Depression: Schlüsselsätze

 "Ich weiß gar nicht, was mit mir los ist…".
 "Ich muss ständig weinen, obwohl ich doch glücklich bin".
 "So habe ich mir das nicht vorgestellt…".
 "Das Kind saugt mich aus".
 "Das Kind mag meine Milch nicht".
 "Das Kind ist unzufrieden mit mir, lehnt mich ab."
"Na – und wie geht es
               Ihnen als Mutter?"

Diagnostik? - einfach nachfragen!
Edinburgh Postnatal Depression Scale

  So fühlte ich mich während der letzten Woche:

1. Ich konnte lachen und das Leben         6. Mir ist alles zuviel geworden.
   von der heiteren Seite sehen.
                                           7. Ich war so unglücklich, dass ich
2. Es gab vieles, auf das ich mich             kaum schlafen konnte.
   freute.
                                           8. Ich war traurig und fühlte mich elend.
3. Ich habe mich unberechtigter Weise
   schuldig gefühlt, wenn etwas daneben    9. Ich war so unglücklich, dass ich weinen
   ging.                                      musste.
4. Ich war ängstlich und machte mir       10. Gelegentlich kam mir der Gedanke,
   unnötige Sorgen.                           mir etwas anzutun.

5. Ich fühlte mich verängstigt und
   wurde panisch ohne wirklichen Grund.    für jede Frage zwischen "nein / nie" und
                                           "ja oft / fast immer" 0 - 3 Punkte.
                                           cut-off Score: > 12/13 Punkte
Postpartale Depression – Medikalisierung der Mutterschaft?

 ‘The medically defined symptoms of postnatal
        depression are all-encompassing:
tearfulness, irritability, feelings of despondency
                 and inadequacy,
   self-reproach, excessive anxiety and sleep
                   disturbances.
   It is hard to find a new mother who does
                     not suffer
            from some or all of these.’

        Kate Figes · 1998 - 2008 · Penguin Books
Übersicht

 Peripartale Krisen:
  Psychiatrische Definitionen, Epidemiologie & Diagnostik

 Mutterschaft - Ideal und Wirklichkeit:
  Psychodynamische Überlegungen

 Transgenerationale Weitergabe:
  Folgen für die emotionale Kindesentwicklung

 Behandlungsansätze
Psychodynamik in der Postpartalzeit - I

 Mutterschaft als Schwellensituation erhöht psychische
  Vulnerabilität.
 Geburt bedeutet Gefahr, Kontrollverlust, Trennung.
 Das Kind fordert maximale Anpassungsleistungen in allen
  Lebensbereichen.
Kindsgeburt: Transition & Anpassung

                    Das Baby kennen (und lieben) lernen

  soziale Rolle finden                             (sich) als Mutter fühlen

neue Routinen ausbilden                           körperl. Veränderungen
                                                        akzeptieren
 auf Schlaf & Freizeit
      verzichten                                   neue Paarallianz bilden

                   Verluste betrauern – im Geheimen...
Psychodynamik in der Postpartalzeit - II

 Identifikation mit Neugeborenem re-aktualisiert eigene
  Bedürftigkeit.
 Kindliche "vitale Dominanz" wird ambivalent erlebt.
 Mutterschaft konfrontiert mit innerem Mutterbild.
 Übernahme der Mutterrolle konfrontiert mit Abhängigkeit.
 Diskrepanz zischen Ideal und Realität wird belastend erlebt.
Universelle kulturelle Norm

Schwanger? Gesundes Kind? – Sei glücklich und dankbar!
Ikonisierung der Mutterschaft - ?

Beyoncé & Zwillinge · 2017
Insta-Moms
dancewithdirtyfeet
"Mothering occurs
within the confines of a private, nuclear family houshold where the
     mother has almost total responsibility for child-rearing."

   'intensive mothering', Hays 1996
   'attachment parenting', Sears & Sears 2001
   'new momism', Douglas & Michaels 2004
   'motherhood memoires'
   'mommy facebooking'
   'mommy blogging'
   'yummie mammies'

    Gibson 2019 · Enacting motherhood online. Feminist Encounters
Historie des Mutterideals im 20. & 21. Jahrhundert · USA

       < 1900                         > 1910                   > 1945                        > 1960

"moral motherhood"                  "scientific motherhood"                   "therapeutic motherhood"
                                                                liberal,                 selbstbewusst &
      lebenslang                     emotional                                              permissiv,
                                     erfüllend,              distanziert,
  identitätsprägend,
                                                             autonomie-                bindungsbewusst &
       selbstlos                  selbst-stärkend
                                                            betont (m > w)             autonomiestärkend

      Auftrag:                               Profi-Sorgen:                               Bindungsideal:
 "Angel of the House"               "Overprotection & Rejection"                       "Care on Demand"
     erschöpfend                       “Dominant Mothering"                          sensitiv, kindbezogen,
  aufopferungsbereit,                   als Ursache von allem:                      aber nicht symbiotisch…,
 Liebe statt Züchtigung,             Homosexualität, Delinquenz,                    empfohlen: alternativer
                                      Autismus, Schizophrenie…                         Lebensinhalt…
 "Like Mother, like Son"

         Rebecca Jo Plant, “Motherhood” in: Rethinking Therapeutic Culture · T. Travis & T. Aubry (Eds.) ·
                                     University of Chicago Press · 2015
'Natürliche' intuitive frühe Mutter-Kind-Beziehung
   als Pfeiler einer friedvollen und demokratischen Ordnung
               Das Kontinuum-Konzept · 1977
 "Leidenschaftliches Plädoyer für eine
  Kindererziehung ohne Zivilisationsneurosen."

 Konstanter körperlicher Kontakt mit der
  Mutter bei Tag und Nacht ab Geburt.
 Stillen ad libitum.
 Reaktion auf Signale des Kindes
  immer unmittelbar und frei von Missmut,
  ohne das Kind zum ständigen Zentrum der
  Aufmerksamkeit zu machen.
Fazit für 1950 - 2005
 "Happiness is having a baby".
 Die unglückliche Mutter ist eine charakterschwache
  oder kranke Frau.
 Ziel ist eine Veränderung der Mutter und nicht
  des Mutterideals.
Je größer die Diskrepanz zwischen eigenem und
   vermutetem gesellschaftlichem Mutterideal und Selbsterleben,
              desto ausgeprägter die Depressivität.*

 230 australische Mütter (18-44 J) mit Kindern im 1. Lebensjahr
 Self-Discrepancy Index: Mutterideal und Selbsteinschätzung
 State Shame & Guilt Scale: Scham in Mutterrolle und –identität
 Je mehr Diskrepanz zum eigenen – nicht dem gesellschaftlichen –
  Ideal von Mutterschaft erlebt wird, desto mehr Scham.

* kontrolliert für Lifetime Diagnose "Depression" und soziale Unterstützung
 Internetaufruf.
 Interviews mit 23 israelischen Müttern, Alter 25 – 75 J.
 alle gaben an, ihre Kinder zu lieben, sich jedoch in der Mutterrolle
  "gefangen" zu fühlen.
 retrospektiv "Bedauern" der Entscheidung für Kinder.
Übersicht

 Peripartale Krisen:
  Psychiatrische Definitionen, Epidemiologie & Diagnostik

 Mutterschaft - Ideal und Wirklichkeit:
  Psychodynamische Überlegungen

 Transgenerationale Weitergabe:
  Folgen für die emotionale Kindesentwicklung

 Behandlungsansätze

                                                       Picasso 1907
R. Magritte:   "Deep Waters" 1941   "The meaning of night" 1927

   Die mütterliche postpartale Depression ist ein Risiko
                 für die Kindesentwicklung
Postpartale Depression: klinisch-interaktionelle Zeichen

  Die Mutter…
 hält das Kind auffällig steif / unsicher.
 wirkt avital oder hektisch-unruhig im Kontakt.
 nimmt Signale des Kindes nicht adäquat wahr.
 erlebt das Kind als fordernd / schwierig.
 bringt bezüglich des Kindes und ihrer Mutterrolle keine Freude
  und keinen Stolz zum Ausdruck.
 hat Schwierigkeiten, gleichzeitig Kontakt zum Kind und zu Dritten
  zu gestalten.
Postpartale psychische Störungen & Mutter-Kind-Interaktion

              Kognition           vermehrter Selbstbezug                   vermindert responsiv
Depression                    • selbst- / bedrohungszentrierte
                                Aufmerksamkeit
Angst                         • intrusive negative Gedanken
                              • Rumination                 Interaktion
                                                         Kooperation↓
Trauma
Zwang                         • unkontrollierbare Besorgnis

Sucht                            vermehrt negativer Affekt
                              • mimisch, vokal, motorisch
              Affektivität       unter- / überstimulierend                vermindert kontingent

Stein et al. 2008 . The influence of postnatal psychiatric disorder on child development. Psychopathology
Mütterliche Depression als Entwicklungsrisiko

                angespannt                                irritiert – unruhig
                  erschöpft                               passiv – vermeidend
    verzerrte Wahrnehmung                                 dysreguliert

                                            +
            Mutter                                                             Kind
• Depressivität
                                                                     • (pränataler Stress)
• eigene unsichere
                                                                     • somato-sensitiv
  Beziehungserfahrungen
                                                                     • +/-vagaler Tonus
• +/- Reagibilität
                                                                     • atypisches Schreien*
• mangelnde soziale Regulative
                                       Interaktion

                                            +
             nach Tronick & Reck 2009 · Sommers et al. 2019 · Gabrieli et al. 2021*
Mütterliche Hirnplastizität & Fürsorgeverhalten

  selbst erlebte                                                   postpartale Adaptation,
mütterliche Fürsorge                                               Beziehungsentwicklung +
                                    Exekutivfunktionen
                                       & Empathie

                                      Emotionsverarbeitung
                                                                            langzeitige mütterliche
                                         & -Regulation                           Anpassung &
                                                                              Outcome des Kindes
                                          Motivation, Belohnung,
                                           Angstverarbeitung
 vorbestehende                                                      postpartale Fehlanpassung
   psychische                                                          Psychopathologie +
  Erkrankungen

                       Kim et al. 2016 · Barha & Galea 2017
Postpartale Depression & emotionale Kindesentwicklung
             Tiefenpsychologische Aspekte
Historisch: René Spitz · 1954, 1965
      "Ungeeignete Mutter-Kind Beziehungen bedingen
      psychotoxische Erkrankungen der frühen Kindheit"

 Primäre unverhüllte Ablehnung führt zu Trinkschwäche und Erbrechen.

 Schuldgefühle führen zu ängstlich-übertriebener Besorgnis,
  zum "Stillen ad libitum" und zu 3-Monats-Koliken.

 Latente Feindseligkeit führt zu manifester Ängstlichkeit,
  zur Vermeidung von Berührung und zur atopischen Dermatitis.

 Oszillieren zwischen Verwöhnung und Feindseligkeit führt
  zu Motilitätsstörungen (Schaukelbewegungen).
Donald Winnicott · 1971
              "Die Spiegelfunktion der Mutter"

   'Was erblickt das Kind, das der Mutter ins Gesicht schaut?
   Ich vermute, im allgemeinen das, was es in sich selbst erblickt.
                      Mit anderen Worten:
        Die Mutter schaut das Kind an, und wie sie schaut,
                   hängt davon ab, was sie sieht."

          "Bleibt das Antlitz der Mutter ohne Antwort,
so wird das Kind zwar lernen, dass man Spiegel anschauen kann,
                   es wird aber nicht begreifen,
            dass man in Spiegel hineinschauen kann.'
Daniel Stern · 1995
"Schemata des Gemeinsamkeitserlebens" - 1

                   Das Kind erlebt wiederholte
                   Mikrodepressionen
                  Imitation des mütterlichen Affekts.

                  emotionale Nähe gleichbedeutend
                   mit depressivem Affekt.

                  "Nähe induziert Stimmungsabfall".
Daniel Stern · 1995
   "Schemata des Gemeinsamkeitserlebens" - 2

  Das Kind erlebt sich als Reanimateur der Mutter
 vermehrtes Interaktionsangebot erweckt Mutter zum Leben
 intermittierende Verstärkung fördert Verhalten
 "Nähe durch Charme und Animation"
Daniel Stern · 1995
"Schemata des Gemeinsamkeitserlebens" - 3

              Das Kind erlebt eine
              intrusive Bemutterung
              Mutter überstimuliert mit ängstlichem
               oder gereiztem Affekt

              Kind vermeidet Kontakt

              "Nähe induziert defensive Abwehr"
Übersicht

 Peripartale Krisen:
  Psychiatrische Definitionen, Epidemiologie & Diagnostik

 Mutterschaft - Ideal und Wirklichkeit:
  Psychodynamische Überlegungen

 Transgenerationale Weitergabe:
  Folgen für die emotionale Kindesentwicklung

 Behandlungsansätze

                                                  Picasso 1943
Multimodale Behandlung postpartaler Depression

     akute Krise                subakut im Verlauf        fokale Psychotherapie

Risikoabwägung                 Sorgfältige Anamnese       Indikation
Suizidalität? Kind versorgt?   biographische Belastung?   ambulant vs. teil-/stationär?
                               Paarallianz?               Einbezug des Kindes?
Beruhigung                                                Motivation – Akzeptanz?
supportiv intervenieren        Mutter-Kind-Interaktion
                               Bericht – Beobachtung –
Aufklärung                                                 Verfügbarkeit
                               Videographie?
Partner/Familie einbeziehen!                               spezialisierte Angebote?

Entlastung                     Medikation                  Fokusbildung
Hilfen mobilisieren            Akzeptanz? Stillen?
                                                           Übergang zur Elternschaft
                                                           als spezifische Entwicklungs-
Haltende Umgebung                                          aufgabe
interdisziplinär kooperieren
Persönlichkeitsdimensionen & Transition in die Mutterschaft
  Bezogenheit/Bindung                &     Selbst-Definition/Identität
                                im Gleichgewicht

                                  beziehungsvoll-                 autonomiebetont
 abhängig-bedürftig
                                   selbstbewusst                    selbst-kritisch

                                    realistisches,
                                                                 hoher Selbstanspruch,
   präokkupiert mit             vorwiegend positives
                                                                  strebt nach Kontrolle
Verfügbarkeit von Liebe              Selbstbild &
                                                                      und Leistung -
  und Unterstützung -              wechselseitig
                                                                     sucht vermehrt
 sucht vermehrt Nähe.            zufriedenstellende
                                                                      Anerkennung.
                                   Beziehungen.

        nach S. Blatt 2008 · S. Blatt & P. Luyten 2010 · B. Beebe & F. Lachman 2017
Persönlichkeitsdimensionen & Transition in die Mutterschaft
  Bezogenheit/Bindung                 &     Selbst-Definition/Identität
                                 im Gleichgewicht

                                   beziehungsvoll-                 autonomiebetont
 abhängig-bedürftig
                                    selbstbewusst                    selbst-kritisch

     verlangt nach             meist zuversichtlich in der           Versagensängste,
 Umsorgung & Nähe zum                 Mutterrolle,
                                     realistisches,                   Schuld & Scham,
          Kind mit                 ambivalenzfähig                hoher Selbstanspruch,
   präokkupiert                 vorwiegend    positives             fühlt sich eingeengt
                                                                   strebt nach Kontrolle
Verfügbarkeit  von&Liebe
     hypervigilant                    Selbstbild &
                                  sensitiv & kontingent                 und Leistung
                                                                    intrusiv         -
                                                                             & vermeidend
  undanklammernd
      Unterstützung -                wechselseitig
                                                                       sucht vermehrt
 sucht vermehrt Nähe.             zufriedenstellende
                                          nimmt                    zwanghaft-kontrolliert,
   trennungssensitiv,                                                  Anerkennung.
depressiv dann, wenn dies            Beziehungen.
                                  - wenn  erforderlich -         depressiv dann, wenn dies
   zu Konflikten führt              Unterstützung an                zu Konflikten führt

         nach S. Blatt 2008 · S. Blatt & P. Luyten 2010 · B. Beebe & F. Lachman 2017
Fokale Psychotherapie bei postpartaler Depression

 Bezogenheit/Bindung                &     Selbst-Definition/Identität
       ≠                       im Gleichgewicht                             ≠
                                      Ziele                     autonomiebetont
 abhängig-bedürftig
                                                                 (selbst)-kritisch
                                      in der
                                     Therapie
                                                                Zulassen von Nähe -
Zulassen von Autonomie                                           auch mit dem Kind
    - auch beim Kind
                                                                (An-)Erkennen von
  (An-)Erkennen von                                           Abgrenzungs- wie auch
Abgrenzungswünschen                                           Anlehnungswünschen

       nach S. Blatt 2008 · S. Blatt & P. Luyten 2010 · B. Beebe & F. Lachman 2017
Fazit: Gesellschaftliche Aufgabe!

                'The Myth of the Maternal Instinct
     ...can create feelings of inadequacy in mothers
who do not feel overwhelming joy and love fo the new child
  and for those who find mothering tiring and stressful.
                  Feminist writers have challenged
                     society´s double standard
   where – on the one hand – motherhood is idealized
and – on the other hand – it is trivialized and undervalued.'

     Buultjens & Liampittong · When giving life starts to take the life out of you:
       Women`s experience of depression after childbirth. Midwifery · 2007

        "Die Mutterliebe ist nur ein menschliches Gefühl.
Sie ist, wie jedes Gefühl, ungewiss, vergänglich und unvollkommen.
 Sie ist möglicherweise, im Gegensatz zur verbreiteten Auffassung,
            kein Grundbestandteil der weiblichen Natur."

      Elisabeth Badinter, geb. 1944 · Die Mutterliebe – Kulturgeschichte eines Gefühls
                            vom 17. Jahrhundert bis heute · 1980
Vielen Dank für´s Zuhören !

R. Magritte · The Invention of Life
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