Drogenkonsum in der Schwangerschaft - Auswirkungen auf die Mutter und Folgen für die Kinder

 
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Drogenkonsum in der Schwangerschaft - Auswirkungen auf die Mutter und Folgen für die Kinder
Drogenkonsum in der Schwangerschaft

  Auswirkungen auf die Mutter und Folgen für
                 die Kinder
Inhalt dieses Vortrags

Überblick über die Wirkungen der verschiedenen Substanzen

Problem des Mischkonsums auch während einer Substitutionstherapie

Begleiterkrankungen durch Drogenkonsum

Postpartale Wirkungen auf das Kind

Fallvorstellungen
Überblick über die verschiedenen Substanzen
1. Amphetamin,
   Methamphetamin,
   MDMA (Ecstasy)

Wirkung auf das ungeborene
  Kind :

neurologische Störungen
evtl Assoziation mit Herzfehlern
Überblick über die verschiedenen Substanzen

2. Benzodiazepine
Häufig Kombinationspartner bei
  Mischkonsum

Intoxikation:
Enthemmung, feindseeliges
   Verhalten, mit Alkohol oft
   tödlich

Wirkung auf das Ungeborene:
Peripartal floppy-infant
Überblick über die verschiedenen Substanzen

3. Cannabis, Marihuana,
   Haschisch, THC
   (Tetrahydrocannabinol)

Wirkung:
Euphorie, Angstverlust,

Intoxikation: Psychose
Cannabis, Marihuana, Haschisch (Tetrahydrocannabinol, Δ9-
THC )
Wirkung auf das ungeborene Kind:
    vermindertes Wachstum bei ausgeprägtem Konsum
  kognitive Entwicklung bis zum Schulalter normal, in der Schule
  Schwierigkeiten visuelle Aufgaben zu lösen, die verbalen
  Fähigkeiten herabgesetzt
   häufiger aggressives Verhalten und Aufmerksamkeits-
  störungen.
  Dieses Wissen fordert gezielte Förderung und Unterstützung dieser
  Kinder schon im Vorschulalter.

  In Tierversuchen wirkte peripartal applizierte THC positiv auf
  späteres Suchtverhalten gegenüber Morphinen
Überblick über die verschiedenen Substanzen

4. Kokain
erzeugt schnell psychische
  Abhängigkeit

Intoxikation:
   Herzrhythmusstörung und
   Herzstillstand,
   problematisch ist
   steigenes Dosisbedürfnis
Kokain

Wirkung auf das ungeborene Kind:
  Früh- und Fehlgeburten,
  vorzeitige Plazentalösung,
  Intrauteriner Fruchttod,
  Mangelentwicklung und zerebrale Defekte,
  Magen-, Darm- und Harnwegsanomalien

postpartal:
  erhöhte Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit, emotionale Instabilität
  hyperaktive Symptomatik
Überblick über die verschiedenen Substanzen

5. LSD
Intoxikation:
   Panikattacken und
   psychotische Zustände
   (Horrortrip) sind unabhängig
   von der Dosis

Wirkung auf das ungeborene
  Kind:
  Fehlbildungen am Skelett und
  im Gehirn
Überblick über die verschiedenen Substanzen
6. Fentanyl / Heroin / Morphine
Intoxikation:
Atemstillstand durch
   Unterdrückung des
   Atemzentrums

Wirkung auf das ungeborene
  Kind:
  Frühgeburtlichkeit,
  Mangelentwicklung,
  Verringertes Hirnvolumen,
  neurologische Spätschäden
  Bei abruptem Entzug:
  vorzeitige Plazentalösung,
  IUFT
Problem Mischkonsum

• Abhängigkeit von nur einer einzelnen Substanz ist Rarität

• Meist vorrangige Hauptdroge (z.B. Heroin, Methadon, Kokain) und
  zusätzlich Konsum weiterer Substanzen (z.B. Alkohol, Nikotin,
  Cannabis u.v.m.)
  → Abhängigkeit mit polytoxikomanem Substanzmuster – trotz
  Teilnahme an Substitutionsprogramm –

• Risiko der Exposition gegenüber einer Substanz einfacher
  einzuschätzen als bei Mehrfachexposition
Problem Mischkonsum
• führt zu Über- oder Unterdo-     •

  sierungserscheinungen
• bereits bei Erwachsenen (und
  v.a. auch Schwangeren)
  unkalkulierbar und nicht genau
  bestimmbar
• Wirkungen auf Ungeborene
  nicht mehr definierbar
• Zuordnen von postnatal
  erkennbaren Schädigungen zu
  Wirkprofil einer einzelnen
  Substanz schwierig bzw.
  unmöglich
Substitution in der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft erfolgt die Substitution der Heroinabhängigen
   mit Methadon/Polamidon

Mischkonsum ist eines der Hauptprobleme bei Substitution

Entzugsymptome von Methadon beim Neugeborenen schlimmer und
  langwieriger als bei Heroin

Substitution eigentlich bei Beikonsum kontraindiziert

Entzug dann wieder gefährlich für Schwangerschaft
Begleiterkrankungen des Drogenkonsums

Durch Beschaffungskriminalität,
  unsaubere gemeinsam genutzte
  Injektionsbestecke etc

>Infektion mit HIV und Hepatitis C.

bis zu 75 % der
   heroinkonsumierenden Frauen
   mit Hepatitis C und ca 5 % mit
   HIV infiziert
Bedeutung in der Schwangerenbetreuung
•   Schwangere mit
    Drogenanamnese sollten zu
    Beginn der Schwangerschaft auf
    HIV und Hepatitis B und C
    untersucht werden.

•   Bei adäquater Therapie wird die
    Übertragung des HI-Virus auf das
    Kind unter 0,1 % gesenkt.
Bedeutung in der Schwangerenbetreuung
•   Die Ansteckungsgefahr für
    Hepatitis C bei chronischem
    Krankheitsverlauf ist für das
    Ungeborene gering. Stillen
    möglich bei guter Hilfe für die
    Mutter
•   Die Mutter kann während der
    Schwangerschaft nicht antiviral
    gegen Hepatitis C behandelt
    werden. Mutter hat ein erhöhtes
    Risiko für Leberversagen und
    Leberzellkarzinom

•   Bei Koinfektion von Hepatitis C
    und HIV erhöht sich die
    intrauterine Übertragungsrate
Fetale Risiken des Drogenkonsums

•   Risiko sexuell übertragener Erkrankungen (Hep. B, C, HIV)
•   Frühgeburtlichkeit
•   Niedriges Geburtsgewicht
•   Mikrocephalie
•   Embryopathie
•   Herzfehler
•   Faziale Dysmorphie
•   Postnatale Atemstörung
•   Hypoglykämie
•   Polyglobulie
Nebenwirkungen postpartal für das Neugeborene
•   Drogen-Babys = „schwierige Babys“
•   Überdurchschnittlich hohes Maß an Pflege und Betreuung notwendig
•   Ca. 70% der Kinder drogenabhängiger Mütter erleiden Entzugssymptomatik

→ Entwicklung eines neonatalen Abstinenzsyndromes: schrilles Schreien,
  Zittrigkeit, schwer gestörtem Schlaf-Wach-Rhythmus, Weinerlichkeit,
  Übererregbarkeit, Trinkschwäche, Krampfanfällen, u.Ä.
    Dosis der Droge ≠ Risiko des Entzuges
    Beginn der Symptomatik variabel (ersten 24 Stunden (z.B. Opiate) bis
       zu mehreren Wochen postpartal (z.B. Kokain)
    Dauer: Wochen, selten Monate
    Selbst nach abgeschlossenem klinischem Entzug regelmäßig noch
       Wochen und Monate später Schlaf-, Fütter- & Hyperaktivitätsstörungen,
       teils auch Tremor, kurzzeitige Krämpfe
Längerfristige Nebenwirkungen
→ Entwicklung eines Teufelskreises:
    Schuldgefühle bei Mutter und Konfrontation mit eigenem Versagen
    Überforderung und Unzufriedenheit
    Interaktion mit Kind gestört
    Normale Entwicklung des Kindes nicht möglich

→ Beeinflussung der Entwicklung dieser Kinder: pränatale Einflüssen &
  psychosozialen Bedingungen

→ Störungen der geistigen, sozialen und körperlichen Entwicklung mit
  Vorhandensein von Fehlbildungen, mentaler Retardierung, Gedächtnis-,
  Lern- und Verhaltensstörungen, emotionalen und hyperkinetischen
  Störungen, Einnässen, Einkoten

→ Notwendigkeit engmaschiger Betreuung und Unterstützung von Mutter und
  Kind
Fall D.

1. Stationäre Aufnahme: Erstkontakt der Mutter ca. 19. SSW
    stärkste Schmerzen bei Nierenbeckenentzündung
    nur einmaliger Frauenarztbesuch
    bis zu 75 µg Fentanyl i.v. pro Tag (auskochte Pflaster)
    Drogenscreening (Urin): Amphetamine, Methamphetamine,
   Benzodiazepine und Opiate positiv
Therapie
    Intensivstation: Sufentanylperfusor & Schmerzmitteln bei akutem Entzug
    Verlegung in psychiatrische Klinik zum stationären Entzug
    Stabilisierung und & Aufnahme in Polamidonsubstitutionsprogramm
    amb. Anbindung an eine Betreuungsstelle & Mutterschaftsvorsorgen

2. Stationäre Aufnahme: Frühgeburts-bestrebungen in 30. SSW
    floride Hepatitis C mit einer hohen Viruslast (ambulant diagnostiziert)
Entbindung: Wiederaufnahme in der 38+0 SSW
    ambulant: Auffällige kindliche Herztöne
    Entzugsymptomatik der Patientin bei Aufnahme in Klinik
    Beendigung Polamidonsubstitution bei fortgeführtem Beikonsum
    Fentanylkonsum

    Geburt eines Jungen per Kaiserschnitt (problemlos)
    Verlegung postnatal in Kinderklinik
    Involvierung Jugendamt
Verlauf beim Kind
• Mangelgeburtlichkeit (Gewicht, Größe) mit Mikrozephalie (Kopfumfang)
• Keine äußeren und inneren Fehlbildungen
• Urin-Toxikologie (bei Kind): Methadon und Benzodiazepine positiv

•   Entwicklung eines schweren neonatalen Entzugssyndromes
          einige Stunden nach Geburt: erhöhter Muskeltonus, Tremor,
         schrilles Schreien (Finnegan-Score max. 18 Punkte)
          Ab 1. Lebenstag: Substitution von Morphinhydrochloridlösung
          Fehlschlagen von zwei Reduktionsversuchen
          Ab 29. Lebenstag: zusätzlich Phenobarbitalgaben
          Am 36. Lebenstag: Absetzen Morphin, Reduktion Phenobarbital
         (damit tolerable Hyperexcitabilität)
Entlassung aus der Klinik: 38. Lebenstag in Pflegefamilie
• Klinische Untersuchung bei Entlassung: Herz und Lunge unauffällig,
   Muskeltonus noch deutlich erhöht, z.T Zittrigkeit und Hyperexcitabilität

•   Sozialmedizinische Nachsorge im „Harlekin“- Programm
•   Eingliederung in die Frühförderung Coburg zur Physiotherapie
    (evt. Schreiambulanz)

•   Bei Hepatitis C der Mutter: Kontrolle bei Kind im Alter von 6 Monaten
    notwendig
Finnegan Score

            http://www.neonataler-drogenentzug.de/neo/lmodel/Lmodel2.htm

                                   02.02.2018                              24
Fall E.
Anamnese: Erstvorstellung der Mutter in der 37. SSW
    V.a. fetales Minderwachstum
    bekanntem Nikotinabusus
    Z.n. Canabisabusus bis zum 4. Schwangerschaftsmonat
    Z.n. Amphetaminabusus in der Frühschwangerschaft
    derzeit „clean“
    bekannte Essstörung

Ultraschallbefund: auffällige Hirnstruktur im Sinne einer Balkenagenesie und
    V.a. Holoprosenzephalie
     Vorstellung der Befunde in der Kinderklinik
     Verlegung in Kinderklinik postnatal geplant
Entbindung: Problemlose Spontangeburt in der 39 + 4 SSW
    Junge APGAR 9/10/10, pH 7,32
    Drogenscreening bei der Mutter negativ
    Mangelgeburtlichkeit mit Mikrozephalie

Verlauf: Entwicklung eines milden neonatalen Entzugssyndromes
    keine medikamentösen Therapie
    Bestätigung V.a. Balkenagenesie/hypoplasie und Gyrierungsstörung im
   Ultraschall, MRT
Weiterer Verlauf:
          Rezidivierende Bradykardien (Herzfrequenzabfälle)
          Keine Anzeichen für zerebrale Krampfanfälle

Entlassung: 16. Lebenstag mit Heimmonitor in Mutter-Kind-Einrichtung
• Entwicklungsneurologische Betreuung und Anbindung an Frühförderstelle
Literatur und Quellen
•   Paulus: Medikamente und Schadstoffe in Schwangerschaft und Stillzeit
•   Stachowske: Drogen, Schwangerschaft und Lebensentwicklung der Kinder
•   Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht
•   Jaques et al: Cannabis, the pregnant woman and her child: weeding out
    the myths
•   Fachverband Drogen und Rauschmittel eV: Positionspapier Drogen-
    Schwangerschaft-Kind
•   Schaefer, Spielmann, Vetter: Arzneiverordnung in Schwangerschaft und
    Stillzeit
•   Genzel-Boroviczeny, Roos: Checkliste Neonatologie
Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit

Perinatalzentrum Level I Coburg
Dr. Anja Neumeister
Dr. Anica Zetzmann
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