Psychotherapie-Ausbildung im Rahmen der Bachelor-/Masterstudienreform
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Psychotherapie-Ausbildung im Rahmen der Bachelor-/Masterstudienreform Was sich alles ändert, wenn sich nichts ändert – und wie das geändert werden kann Wolfgang M. Groeger Ruhr-Universität Bochum, Zentrum für Psychotherapie ohne Folgen. Zu fragen ist, wie sich die Zusammenfassung: Ausgehend von einer Gegenüberstellung der Vorgaben zur Veränderung der Studiengänge und -ab- Einführung der Bachelor-/Masterstudiengänge im Rahmen des „Bologna-Prozes- schlüsse auf die Psychotherapieausbildung ses“ und der Zulassungsvoraussetzungen zur Psychotherapieausbildung nach dem auswirkt, wenn das Psychotherapeuten- Psychotherapeutengesetz wird untersucht, welche Konsequenzen sich aus der Studien- gesetz im Hinblick auf die Zulassung zur reform ergeben. Als kritisch erweisen sich dabei die unterschiedlichen Zulassungs- Ausbildung unverändert bleibt. Die Brisanz voraussetzungen zur Ausbildung für Psychologische Psychotherapeuten und Kin- dieser Frage erschließt sich, wenn man sich der- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die sich unter den Bedingungen der vor Augen hält, dass je nach Regelung der Studienreform noch zuspitzen. Es wird gefragt, ob derart unterschiedliche Eingangs- Zulassungsvoraussetzungen resultieren qualifikationen sinnvoll und gerechtfertigt sind, ob sie berufs- und gesundheits- wird, dass sich die Ausbildungsdauer bis politisch gewollt werden, welche Konsequenzen damit verbunden sind, ob Ände- zur Approbation verkürzt oder verlängert, rungen erforderlich sind und wie diese durchgesetzt werden können. Orientiert an dass der Nachwuchs approbierter Psycho- den Zielen einer qualitativ hoch stehenden Berufsausübung und Gesundheits- therapeuten durch eine Quotierung im versorgung werden Schlussfolgerungen für eine Neuregelung der Zulassungsvor- Übergang von der ersten zur zweiten Stu- aussetzungen und für eine Neukonzeption der Psychotherapieausbildung gezogen, dienstufe erleichtert oder erschwert wird, die geeignet sind, zu einer Überwindung der bestehenden berufsrechtlichen Unter- dass die Qualifikationsunterschiede inner- schiede zwischen beiden Berufsgruppen beizutragen und den Nachwuchs an ap- halb und zwischen den beiden Berufs- probierten Psychotherapeuten zu fördern. gruppen zu- oder abnehmen und dass die Grundlage jeder akademischen Aus- Drei Wochen vor Verabschiedung des Psy- ergisch vorangetrieben. Den aktuellen Sta- bildung – die Einheit von Forschung, Leh- chotherapeutengesetzes1 im Juni 1998 ver- tistiken der Hochschulpolitik2 zufolge wur- re und Praxis – erhalten bleibt oder ver- einbarten die Bildungsminister von Frank- den im Sommersemester 2006 an deut- loren geht. Auf längere Sicht gesehen, wird reich, Deutschland, Italien und Großbri- schen Hochschulen bereits 4.094 Bache- damit von den Antworten nicht weniger tannien im Mai 1998 in Paris eine zwi- lor- und Masterstudiengänge angeboten; abhängen als die Zukunft unserer Heil- schenstaatliche Erklärung zur Harmoni- dies entsprach mit Stand vom 01.03.2006 berufe, der Verlust oder der Erhalt und sierung der europäischen Hochschulbil- einem guten Drittel (36%) aller Studien- Ausbau unserer Position im Gesundheits- dung. Im Jahr darauf unterzeichneten 29 gänge an deutschen Hochschulen. Die wesen und nicht zuletzt eine Verschärfung europäische Nationen die so genannte Reform hat längst auch die (sozial-)päda- oder Aufhebung der bestehenden berufs- Bologna-Deklaration in der Absicht, bis gogischen Fächer und das Fach Psycho- rechtlichen Unterschiede zwischen Psycho- zum Jahr 2010 einen einheitlichen euro- logie erreicht: so schlossen im Sommer logischen Psychotherapeuten und Kinder- päischen Hochschulraum zu schaffen. In 2005 an der Ruhr-Universität Bochum die und Jugendlichenpsychotherapeuten. den alle zwei Jahre stattfindenden Nach- ersten Absolventen des reformierten Psy- folgekonferenzen, die seitdem den so ge- chologiestudiums mit dem Grad eines 1 Gesetz über die Berufe des Psychologi- nannten Bologna-Prozess begleiten, ist die „Bachelor of Science“ ab und begannen schen Psychotherapeuten und des Kinder- Anzahl der beteiligten Nationen inzwischen in der Mehrzahl im Oktober 2005 mit dem und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psy- auf 40 angewachsen. Für Deutschland Master-Studium. chotherapeutengesetz – PsychThG). Bun- desgesetzblatt, 1998, I, S. 1311 ff. haben sich Bund und Länder in bemer- 2 Statistische Daten zur Einführung von Ba- kenswerter Einmütigkeit auf den Bologna- Für Psychologische Psychotherapeuten chelor- und Masterstudiengängen Sommer- Prozess verpflichtet und die Reform des und Kinder- und Jugendlichenpsychothe- semester 2006. Herausgegeben von der Hochschulrektorenkonferenz, Bonn, April deutschen Hochschulwesens seitdem en- rapeuten bleibt diese Entwicklung nicht 2006. 340 Psychotherapeutenjournal 4/2006
Kleine Anzeigen – mit großer Wirkung! Der neue Kleinanzeigenmarkt im Psychotherapeutenjournal Eintrag ins Branchenverzeichnis pro Zeile und Rubrik € 11,– Für den ersten Grundeintrag mind. 4 Zeilen (1-spaltig, 41 mm breit), der Eintrag läuft bis auf Widerruf, mind. aber in 4 hintereinanderfolgenden Ausgaben. ❒ Aus-, Fort-, Weiterbildung ❒ Kliniken/Rehazentren: ❒ Dienstleistungen ❒ Alkohol-/Medikamentenabhängigkeit ❒ Suchterkrankungen ❒ Fachliteratur ❒ Drogenentzug/-entwöhnung ❒ Psychiatrie ❒ Rechtsanwälte ❒ Kinder-/Jugendtherapie, -psychiatrie ❒ Rehaeinrichtungen ❒ Softwareunternehmen ❒ Psychosomatische Erkrankungen ❒ Mutter-Kind-Kurheime ❒ Versicherungen Fordern Sie hierzu unsere ausführlichen Mediadaten an. ❒ Grundeintrag 4 Zeilen (1-spaltig, 41 mm breit) ❒ Anderes Format: _________ Zeilen (1-spaltig, 41 mm breit) Private Stellenanzeigen rund um die Praxis pro mm € 2,65 (1-spaltig, 41 mm breit), Mindesthöhe 20 mm. ❒ Intervision ❒ Jobsharing ❒ Praxisgesuche ❒ Praxistausch ❒ Praxisverkauf ❒ Praxisvermietung ❒ Stellenangebote ❒ Stellengesuch ❒ Verschiedenes ❒ andere*: (*in Absprache mit dem Verlag) ❒ ( Format: 41 mm breit x mm hoch (mind. 20 mm) ❒ ( Chiffre (zzgl. 15,- Gebühr) Gelegenheits-/Kleinanzeigen pro mm € 3,50 (1-spaltig, 41 mm breit), Mindestshöhe 20 mm ❒ ( Format: 41 mm breit x mm hoch (mind. 20 mm) ❒ ( Chiffre (zzgl. 15,– Gebühr) Ab sofort heißt es beim Psychotherapeutenjournal – Online buchen und Geld sparen! Denn unter http://www.ptv-anzeigen.de können Sie Ihren Anzeigenauf- trag ausfüllen und an uns senden. Hier sehen Sie auch gleich, wie Ihre Anzeige erscheint. Natürlich können Sie uns auch weiterhin Ihren Anzeigenauftrag per Fax übermitteln und wir erstellen Ihre Anzeige. Allerdings müssen wir Ihnen die anfallenden Bearbeitungskosten von € 10,– in Rechnung stellen. Fax-Nr.: 0 62 21 / 43 71 09 Text: (fett zu druckenden Text bitte so markieren) Name/Vorname/Firma Straße Ort Telefon/Fax E-Mail Datum/Unterschrift Anzeigenschluß der nächsten Ausgabe ist der 23.02.2007 Sie haben Fragen? Ihre Mediaberatung hilft Ihnen gerne weiter: Claudia Kampmann-Schröder Tel.: 06221/43 70 42, Fax: 06221/43 71 09, Mail: anzeigen@psychotherapeutenjournal.de Psychotherapeutenverlag, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Im Weiher 10, 69121 Heidelberg Tel.: 06221/489-0, Fax: 06221/489-529, www.psychotherapeutenjournal.de
Psychotherapie-Ausbildung im Rahmen der Bachelor-/Masterstudienreform Zur Auseinandersetzung mit diesen Fra- „FH“ entfällt und dass nicht nur die (http://www.bmbf.de ➝ Bildung ➝ Hoch- gen werden im Folgenden die Essentials Masterabschlüsse der Universitäten, schulreform ➝ Bologna-Prozess) und der der Studienreform, die Zulassungsrege- sondern auch diejenigen der Fach- Service-Stelle Bologna der Hochschulrek- lungen gemäß Psychotherapeutengesetz hochschulen zur Promotion berechti- torenkonferenz (http://www. hrk-bologna.de im Hinblick auf die reformierten Studien- gen, ➝ Bologna für Hochschulen) verwiesen. Zur abschlüsse und die daraus resultierenden ■ dass Masterstudiengänge konsekutiv Veranschaulichung der gestuften Studien- Probleme dargestellt, um abschließend (aufbauend auf einem spezifischen abschnitte sei an dieser Stelle eine Abbil- berufs- und gesundheitspolitisch wün- Bachelorabschluss), nicht-konsekutiv dung eingefügt (entnommen der Home- schenswerte Lösungsmöglichkeiten aufzu- (ohne durchgängigen Bezug zum vor- page der Hochschulrektorenkonferenz), ehe zeigen. ausgehenden Bachelorstudium) oder wir uns im Folgenden mit der Verortung der weiterbildend (aufbauend auf berufli- Psychotherapieausbildung in diesem Ab- 1. Die Studienreform im Rah- chen Erfahrungen) eingerichtet werden laufschema beschäftigen. men des Bologna-Prozesses können, Zentrale Momente des Bologna-Prozes- ■ dass unterschiedliche Studienprofile 2. Die Zulassungsvorausset- ses sind die Einführung gestufter Studi- sich in den Abschlussbezeichnungen zungen zur Psychotherapie- engänge und -abschlüsse, die internatio- ausdrücken sollen – theorieorientierte ausbildung in Anwendung nale Verständlichkeit und Vergleichbarkeit Studiengänge wie Geistes- und Sozial- auf die neuen Bachelor-/ der Abschlüsse sowie die Einführung ei- wissenschaften vergeben die akademi- Masterstudienabschlüsse nes einheitlichen Leistungspunktesystems. schen Grade Bachelor of Arts (B.A.) und Mit Inkrafttreten des Psychotherapeuten- Die erste Studienstufe schließt in der Re- Master of Arts (M.A.), naturwissen- gesetzes am 1. Januar 1999 war für alle gel nach 6 Semestern und 180 „Leistungs- schaftliche Fächer die akademischen Betroffenen hinreichend klar, wie die Zulas- punkten“ mit dem Grad eines Bachelors Grade Bachelor of Science (B.Sc.) und sungsvoraussetzungen zur Psychothera- ab, die zweite Stufe nach 4 Semestern und Master of Science (M.Sc.); bei „Misch- pieausbildung nach § 5 Abs. 2 PsychThG weiteren 120 „Leistungspunkten“ mit dem formen“ soll die Bezeichnung gewählt bzgl. inländischer Studienabschlüsse zu Grad eines Masters; die wissenschaftliche werden, deren Bedeutung im Studien- verstehen waren: für eine Ausbildung zum Laufbahn kann mit einem Doktoratsstu- gang überwiegt; bei nicht-konsekutiven Psychologischen Psychotherapeuten be- dium noch um eine dritte Stufe ergänzt und bei Weiterbildungs-Studiengängen durfte es einer Abschlussprüfung im Stu- werden. Die Leistungspunkte sind so defi- dürfen auch ganz andere, frei gewähl- diengang Psychologie einschließlich Klini- niert, dass ein Punkt einer Arbeitsbelas- te Bezeichnungen verwendet werden; scher Psychologie „an einer Universität tung („work load“) des Studierenden im ■ dass der Bachelorstudiengang die wis- oder gleichgestellten Hochschule“, für eine Präsenz- und Selbststudium von 30 Stun- senschaftlichen Grundlagen eines Fa- Ausbildung zum Kinder- und Jugendli- den entspricht; die gesamte Arbeitsbelas- ches, Methodenkompetenz und be- chenpsychotherapeuten bedurfte es ent- tung beträgt damit pro Studienjahr 1.800 rufsfeldbezogene bzw. praxisorientierte weder desselben Abschlusses oder einer Stunden. Die Vergleichbarkeit der Studi- Qualifikationen vermitteln soll und Abschlussprüfung in den Studiengängen engänge wird vor allem durch Modulari- ■ dass der Masterstudiengang zu darüber Pädagogik/Heilpädagogik oder Sozialpä- sierung erreicht, die Verständlichkeit der hinausgehenden Qualifikationen in der dagogik/Sozialarbeit „an einer staatlichen Abschlüsse durch das so genannte „Di- Entwicklung und Anwendung eigen- oder staatlich anerkannten Hochschule“. ploma Supplement“, das für Masterstu- ständiger Ideen in forschungs- oder In der hochschulrechtlichen Terminologie diengänge zwingend vorgeschrieben ist anwendungsorientierten Projekten füh- sind mit den kursiv hervorgehobenen und Auskunft über das dem Abschluss ren soll; die Hochschule legt hierbei ein zugrunde liegende Studium im Einzelnen „stärker anwendungsorientiertes“ oder erteilt3. „stärker forschungsorientiertes“ Profil 3 Rahmenvorgaben für die Einführung von fest, das dann in der Akkreditierung Leistungspunktsystemen und die Modu- festgeschrieben wird5. larisierung von Studiengängen. Beschluss der In dem hier zur Debatte stehenden Kon- Kultusministerkonferenz vom 15.09.2000 text besonders hervorzuheben ist darüber i.d.F. vom 22.10.2004. hinaus4, Diese und viele weitere Punkte – etwa die 4 Ländergemeinsame Strukturvorgaben ge- laufbahnrechtliche Zuordnung der Master- mäß § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Be- ■ dass sowohl der Bachelor- als auch der abschlüsse zum gehobenen bzw. zum hö- schluss der Kultusministerkonferenz vom Masterstudiengang jeweils zu einem heren öffentlichen Dienst6 – wurden seit 10.10.2003 i.d.F. vom 22.09.2005. eigenständigen berufsqualifizierenden 1999 in zahlreichen Beschlüssen der Kultus- 5 Qualifikationsrahmen für Deutsche Hoch- schulabschlüsse. Beschluss der Kultusminis- Abschluss führen muss, ministerkonferenz (zum Teil gemeinsam mit terkonferenz vom 21.04.2005. ■ dass sowohl Universitäten als auch der Innenministerkonferenz und der Hoch- 6 Vereinbarung „Zugang zu den Laufbahnen Fachhochschulen Bachelor- und Mas- schulrektorenkonferenz) verbindlich vorge- des höheren Dienstes durch Masterab- terstudiengänge anbieten können, dass geben. Wer sich hier näher informieren schluss an Fachhochschulen”. Beschluss der Innenministerkonferenz vom 06.06.2002 die bisherige Kennzeichnung der Fach- möchte, sei auf die Homepages des Bundes- und der Kultusministerkonferenz vom 24. hochschulabschlüsse durch den Zusatz ministeriums für Bildung und Forschung 05.2002. 342 Psychotherapeutenjournal 4/2006
W. M. Groeger leicht unterschiedlichen Formulierungen Alpers & Vogel, 2004; Borg-Laufs & Vogel, klar voneinander abgegrenzte Bedeutun- 2005; Ruggaber, 2005; Alpers, 2006). So gen verbunden. Die Bezeichnung „staatli- äußerten z.B. Borg-Laufs & Vogel (2005, che oder staatlich anerkannte Hochschule“ S. 396) im Hinblick auf die Ausbildung schließt sämtliche Hochschulen ein, meint zum Psychologischen Psychotherapeuten also sowohl Universitäten als auch Fach- die Sorge, dass unter bestimmten Bedin- hochschulen (und – hier zu vernachläs- gungen der Bachelorabschluss als ausrei- sigen – Kunst- und Musikhochschulen), chend erachtet werden könnte: „dann während die Bezeichnung „Universität hätte der B.A./B.Sc.-Absolvent im Rahmen oder gleichgestellte Hochschule“ die Fach- der derzeitigen Gesetzeslage einen An- hochschulen ausschließt (die den Univer- spruch auf Zulassung zur Psychothera- sitäten gleichgestellten Theologischen und pie-Ausbildung.“ Pädagogischen Hochschulen können in Bezug auf das Psychologiestudium außer Mittlerweile hat sich diese Sorge als unzu- Acht gelassen werden). treffend herausgestellt, da im Rahmen des Bologna-Prozesses Regelungen getroffen Schmalspurausbildung für die wurden, wie bisherige und neue Studien- Psychotherapie mit Kindern und abschlüsse gleichzustellen sind. Laut Be- Jugendlichen? schluss der Kultusministerkonferenz vom Der Gesetzgeber hat damit unterschiedli- 10.10.2003 i.d.F. vom 22.09.20057 gilt für che Eingangsqualifikationen für die Aus- die Wertigkeit der Bachelor- und Master- bildung zum Psychologischen Psychothe- abschlüsse: rapeuten und zum Kinder- und Jugendli- chenpsychotherapeuten bestimmt – ge- ■ „Bachelorabschlüsse verleihen grundsätz- treu der deutschen Bildungstradition, dass lich dieselben Berechtigungen wie Diplom- die Qualifikation professioneller Dienstlei- abschlüsse an Fachhochschulen“, ster sich proportional zum Alter der ■ „Masterabschlüsse verleihen dieselben Schutzbefohlenen zu verhalten habe: für Berechtigungen wie Diplom- und Ma- die Behandlung von Kindern und Jugend- gisterabschlüsse an Universitäten und lichen genügt ein kürzeres, praxisorien- gleichgestellten Hochschulen“. Noch 4. Wissenschaftliche tiertes und berufsbezogenes Studium (so schärfer gefasst ist diese Bestimmung Fachtagung die Definition des Studienangebots der in einem Beschluss der Kultusminis- des bkj Fachhochschulen), während ein länger terkonferenz vom 12.06.20038, dem- dauerndes, theoretisch ausgerichtetes und zufolge diese Gleichstellung nur für „Was wirkt?“ – forschungsorientiertes Studium (so die konsekutive Masterabschlüsse gilt. Die Bedeutung der entsprechende Definition für die Universi- therapeutischen Beziehung täten) erforderlich ist, um darüber hinaus Bei gleich bleibender Gesetzeslage und in der Kinder- und auch Erwachsene behandeln zu dürfen. regelungskonformer Auslegung ergibt sich aus dieser Äquivalenzregelung, dass im Jugendlichenpsychotherapie Hier darf man mit Borg-Laufs & Vogel (2005) durchaus anderer Auffassung Hinblick auf die Ausbildung zum Psycho- sein; auf die Sinnhaftigkeit dieser Rege- logischen Psychotherapeuten ein Master- Vom 2. bis 4. März 2007 lung, die in keiner Weise den Ansprüchen abschluss unabdingbar ist. Es ergibt sich in Frankfurt/Main, genügt, die ansonsten an Ausbildungsgän- aber auch, dass zukünftig die Eingangs- Fachhochschule ge akademischer Heilberufe gestellt wer- qualifikationen für eine Psychotherapieaus- den, wird noch zurückzukommen sein. bildung noch deutlicher differieren als bis- Infos über: her: Psychologische Psychotherapeuten Berufsverband der Kinder- u. Wie sieht diese auf die herkömmlichen benötigen den (konsekutiven) Masterab- Diplomstudiengänge bezogene Ausgangs- schluss einer Universität, dem 5 Studien- Jugendlichenpsychotherapeuten, situation für die neuen Bachelor- und Brunnenstraße 53, Masterabschlüsse aus? In der Fach- 65307 Bad Schwalbach, 7 Ländergemeinsame Strukturvorgaben ge- öffentlichkeit dominierte zu dieser Frage Tel.: 06124-726087, mäß § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung zunächst die Auffassung, die Regelungen von Bachelor- und Masterstudiengängen. Be- Fax: 06124-726091, des § 5 Abs. 2 PsychThG müssten präzi- schluss der Kultusministerkonferenz vom E-Mail: bkj.bgst@t-online.de siert werden, um klarzustellen, welcher 10.10.2003 i.d.F. vom 22.09.2005. 8 10 Thesen zur Bachelor- und Masterstruktur und www.bkj-ev.de Abschluss zukünftig den Zugang zur Psy- in Deutschland. Beschluss der Kultus- chotherapieausbildung eröffnen soll (vgl. ministerkonferenz vom 12.06.2003. Psychotherapeutenjournal 4/2006 343
Psychotherapie-Ausbildung im Rahmen der Bachelor-/Masterstudienreform wurden, auf erhebliche Bedenken (vgl. Borg-Laufs, 2006). So verschärfen sich nicht nur die Unterschiede im zeitlichen Aufwand für den Zugang zur Psychothe- rapieausbildung – Zunahme um ein Se- mester für eine Psychotherapieausbildung mit Grundstudium Psychologie von 9 auf 10 Semester Regelstudienzeit, bestenfalls gleichbleibender Aufwand, schlechtesten- falls aber Abnahme um bis zu vier Se- mester bei Psychotherapieausbildung mit Grundstudium (Sozial-)Pädagogik von 7 bis 8 (Fachhochschule) bzw. 8 bis 10 (Uni- versität) auf 6 bis 8 Semester Regelstudi- enzeit –, sondern es verschärfen sich da- mit auch die Unterschiede im Status und im Kompetenzprofil innerhalb der beiden Berufsgruppen und zwischen ihnen je nach Studium in einem für Psychothera- peuten wie Patienten höchst bedenklichen Ausmaß. Geteilt wurden diese Bedenken jahre und 300 Leistungspunkte gleich Kinder- und Jugendlichenpsychothera- auf Seiten der Gesundheitspolitik und 9.000 Stunden Arbeitsaufwand zugrunde peut „auch die Abschlüsse der Bachelor- -verwaltung bislang nur von der Arbeits- liegen; die Zulassung unterliegt hier in etwa ebene der entsprechenden Fachrichtun- gemeinschaft der Obersten Landesge- denselben Voraussetzung wie die Promo- gen“ eröffnen. Sollten derart differierende sundheitsbehörden (AOLG), die für die tionsphase in der obigen Abbildung. Da- Eingangsqualifikationen fachlich-inhaltlich Ausformulierung und Konkretisierung der gegen ist für Kinder- und Jugendlichen- auf Bedenken stoßen, ließe sich „nur Zulassungsvoraussetzungen zuständig ist, psychotherapeuten der Bachelorab- durch den Gesetzgeber im Wege einer wie sie von den Landesprüfungsämtern schluss einer (Fach-)Hochschule mit 3 entsprechenden Änderung des Psycho- anzuwenden sind. Hier wurde im April Studienjahren und 180 Leistungspunkten therapeutengesetzes“ Abhilfe schaffen; 2006 der Beschluss11 gefasst, dass bei gleich 5.400 Stunden Arbeitsaufwand aus- zuständiger Ansprechpartner hierfür sei beiden Berufsgruppen auf den Master- reichend; die Ausbildung kann in diesem das Bundesministerium für Gesundheit. abschluss abzustellen sei – ein Beschluss, Fall ebenso wie die Berufstätigkeit oder ein Von dort liegen nicht nur gleichlautende der mittlerweile schon wieder überholt sein Masterstudium gleich nach dem Bachelor- Äußerungen zu den unterschiedlichen dürfte: nach jüngsten Informationen12 abschluss aufgenommen werden. Zugangsvoraussetzungen vor, sondern zu- haben sich die Gesundheitsministerien der gleich werden Bedenken gegen eine Ge- Länder darauf geeinigt, der Position des Kultusministerien und Bundes- setzesänderung in Richtung auf den fach- Bundesministeriums zu folgen. gesundheitsministerium wollen die intern geforderten einheitlichen Zugang auf Äquivalenzregelung umsetzen: Masterebene vorgetragen: „Wollte man Angesichts dieser Gemengelage soll im Master für Psychologische Psycho- den Zugang zur Ausbildung in der Kin- Folgenden aufgezeigt werden, welche Pro- therapie, Bachelor für Kinder- und der- und Jugendlichenpsychotherapie von bleme sich aus der Beibehaltung der Zulas- Jugendlichenpsychotherapie einem Masterabschluss in Pädagogik oder sungsvoraussetzungen unter den Bedin- Sozialpädagogik abhängig machen, käme Tatsächlich hat die Kultusministerkonferenz gungen der Studienreform ergeben, ob das einer materiellen Rechtsänderung mittlerweile diese Auswirkung der Gesetzes- gleich, die zudem als Einschränkung des 9 Dr. Angelika Hüfner, i.V. Generalsekretär der lage und „Ländergemeinsamen Struktur- Kultusministerkonferenz: Schreiben an den Berufszugangs anhand der Kriterien des vorgaben“ gegenüber der „Arbeitsgemein- Sprecher der AZA-KJP vom 07.06.2006. Art. 12 Grundgesetz zu rechtfertigen 10 Karin Knufmann-Happe, Ministerialdirektorin schaft Zugang zur Ausbildung in Kinder- wäre.“10 im Bundesministerium für Gesundheit: und Jugendlichenpsychotherapie“ (AZA- Schreiben an den Präsidenten der Bundes- KJP) formaljuristisch bestätigt. Zusätzlich psychotherapeutenkammer vom 12. Mai Kürzung der Studiendauer für 2006. wird darauf hingewiesen, dass jegliche Kinder- und Jugendlichenpsycho- 11 Ergebnisniederschrift über die 17. Sitzung einschlägigen (Psychologie einschließlich therapeuten um bis zu 4 Semester der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Lan- Klinischer Psychologie) „Abschlüsse auf der desgesundheitsbehörden am 06./07. April Masterebene die Voraussetzungen für die Fachintern stößt dieses Nebenprodukt des 2006 in Magedeburg. Zulassung zur Ausbildung zum Psycholo- Bologna-Prozesses, an das zweifellos nie- 12 Prof. Dr. Rainer Richter und Hans Bauer, Vor- stand der Bundespsychotherapeutenkam- gischen Psychotherapeuten“9 erfüllen, mand gedacht hat, als die „Ländergemein- mer: Schreiben an die Landespsychothera- während den Zugang zur Ausbildung als samen Strukturvorgaben“ beschlossen peutenkammern vom 15. September 2006. 344 Psychotherapeutenjournal 4/2006
W. M. Groeger die daraus resultierenden Qualifikations- gesetzlichen Formulierung, dass es für eine logie und Psychotherapie einschließt. Han- unterschiede für die beiden psychothera- Ausbildung zum Psychologischen Psycho- delt es sich hierbei noch um einen kon- peutischen Heilberufe gerechtfertigt und therapeuten einer Abschlussprüfung im sekutiven Studiengang mit einer dement- sachdienlich sind, ob sie berufs- und Studiengang Psychologie einschließlich sprechend fundierten und durchgängigen gesundheitspolitisch gewollt sind – und, Klinischer Psychologie „an einer Universi- Ausbildung vom 1. bis zum 10. Semester, wenn all dies nicht zutrifft, wie sie unter tät oder gleichgestellten Hochschule“ be- so werden die Zulassungsvoraussetzungen Berücksichtigung der Argumente gegen darf, und andererseits der von der Kultus- noch weiter verwässert, wenn wirklich je- eine Novellierung des Psychotherapeuten- ministerkonferenz hervorgehobenen Äqui- der Masterabschluss im Fach Psychologie gesetzes aufgelöst werden können. valenzregelung, der zufolge zukünftig auch zur Ausbildung als Psychologischer Psy- der Masterabschluss einer Fachhochschule chotherapeut berechtigen soll, also auch 3. Die Folgen unveränderter den Zugang ermöglichen wird. Wie soll ein Master auf der Basis eines weiterbil- Anwendung der Zulassungs- dieser Widerspruch für alle an einer Aus- denden oder nicht-konsekutiven Studi- voraussetzungen auf die bildung Interessierten nachvollziehbar auf- engangs. Wird der Anspruch auf ein kon- neuen Bachelor-/Master- gelöst werden, ohne entweder das Psy- sekutives Bachelor-/Masterstudium im studienabschlüsse chotherapeutengesetz oder die „Länder- Gegensatz zu dem oben erwähnten Be- gemeinsamen Strukturvorgaben“ zu mo- schluss der Kultusministerkonferenz vom Bleiben die Zulassungsvoraussetzungen difizieren? Dass dies keine theoretische 12.06.200313 aufgegeben, wäre offen, ob zur Psychotherapieausbildung nach § 5 Frage ist, sondern ein praktisches Problem, demnächst nicht auch ein Lehrer, der ir- Abs. 2 PsychThG unverändert, so ergibt das im Zweifelsfall gerichtlich geklärt wer- gendwann noch den weiterbildenden Stu- sich in der Anwendung auf die reformier- den wird, wenn der Gesetzgeber untätig diengang „Psychologie mit schulpsycho- ten Studienabschlüsse eine Reihe von bleibt, ergibt sich daraus, dass es einen logischem Schwerpunkt“ beispielsweise Problemen, die in ihrer Gesamtheit bisher noch nicht umfassend bedacht, geschwei- solchen Fachhochschulstudiengang bereits ge denn gelöst worden sind. Genannt sei gibt: den Master of Science in Rehabi- hier zuerst der in den vorhergehenden litationspsychologie der Fachhochschule 13 10 Thesen zur Bachelor- und Masterstruktur Abschnitten aufgezeigte Widerspruch zwi- Magdeburg-Stendal, der bei den Studien- in Deutschland. Beschluss der Kultus- schen einerseits der unmissverständlichen inhalten auch das Fach Klinische Psycho- ministerkonferenz vom 12.06.2003. Psychotherapeutenjournal 4/2006 345
Psychotherapie-Ausbildung im Rahmen der Bachelor-/Masterstudienreform der Universität Bamberg – einschließlich Schwerpunkten Sozialtheologie, Erwachse- letztgenannten Berufsgruppe. Zwar sind Klinischer Psychologie! – absolviert, zur ne/Rehabilitation oder Alte Menschen ab- mit dem Bachelorzugang auch Vorteile Ausbildung zugelassen werden muss. solviert werden kann? verbunden, die vor allem die kürzere Aus- bildungsdauer und daraus resultierende Bleibt die gesetzliche Norm unverändert, geringere Ausbildungskosten und Nach- Zulassung zur Ausbildung in Kin- obwohl der Gegenstand, auf den sie an- wuchsprobleme für Kinder- und Jugendli- der- und Jugendlichenpsycho- gewendet wird, sich wandelt, ergibt sich chenpsychotherapeuten betreffen (vgl. therapie auf der Basis einer Leer- als eine weitere Paradoxie, dass Psycho- Borg-Laufs & Vogel, 2005). Nachwuchs- formel mit paradoxen Ergebnissen logen mit einem ersten berufsqualifizie- probleme würden dabei nicht nur durch An diesem Beispiel wird deutlich, woran renden (Bachelor-)Abschluss zukünftig die kürzere Ausbildungsdauer reduziert, es eigentlich mangelt, so lange es nur um anders als (Sozial-)Pädagogen von der sondern zugleich durch den Wegfall einer die formale Ebene des erforderlichen Ab- Ausbildung in Kinder- und Jugendlichen- Quotierung im Übergang vom Bachelor- schlusses geht. Ungelöst bleibt auf der psychotherapie ausgeschlossen werden. zum Masterstudium. Eine solche Quotie- formalen Ebene vor allem die Frage, was Sie müssen erst einen Masterabschluss in rung ist in manchen Bundesländern vor- der Gesetzgeber eigentlich meint, wenn er Psychologie einschließlich Klinischer Psy- gesehen und würde dazu führen, dass eine „Abschlussprüfung in den Studien- chologie erwerben, ehe sie zur Ausbildung nur ein Teil der Bacherlorabsolventen das gängen Pädagogik oder Sozialpädagogik“ zugelassen werden. Was liegt hier näher Masterstudium aufnehmen kann. Entfiele für den Zugang zur Kinder- und Jugend- als die Frage an das Bundesministerium dieses Nadelöhr im Übergang von erster lichenpsychotherapieausbildung fordert. für Gesundheit, wie diese Einschränkung zu zweiter Studienstufe, so stünden mehr War diese Bestimmung bisher schon un- des Berufszugangs anhand der Kriterien potenzielle Interessenten zur Verfügung, eindeutig und hat dazu geführt, dass nicht des Art. 12 Grundgesetz eigentlich gerecht- die die Zulassungsvoraussetzungen für nur Pädagogen und Sozialpädagogen, fertigt wird? Ist hier tatsächlich kein Än- eine Ausbildung in Kinder- und Jugend- sondern auch Sonder- und Heilpädago- derungsbedarf für das Psychotherapeu- lichenpsychotherapie erfüllen. gen, Sozialarbeiter und unter bestimmten tengesetz zu erkennen – oder sollen sich Bedingungen Lehrer, Musik- und Kunst- auch damit erst die Gerichte auseinander- Nur das Masterstudium vermittelt therapeuten zugelassen wurden, so wird setzen, ehe der Gesetzgeber tätig wird? die für die psychotherapeutische sie in Zukunft vollends zur auslegungs- Arbeit erforderlichen Basiskompe- bedürftigen Leerformel mit zum Teil para- Noch schwerwiegender als solche eher tenzen doxen Ergebnissen. Leerformel insofern, rechtssystematischen Probleme stellen sich Diesen Vorteilen stehen jedoch schwer- als sich die Studiengänge im Rahmen der für uns Psychotherapeuten aber die fach- wiegende Nachteile gegenüber. So ist Studienreform weiter ausdifferenzieren, lich-inhaltlichen Verwerfungen dar, die mit zunächst darauf hinzuweisen, dass den unter ganz anderen Bezeichnungen auf- unterschiedlichen Eingangsqualifikationen Bachelorabsolventen die Laufbahnen des tauchen und unbestimmt bleibt, wann die in unsere beiden Heilberufe hineingetra- höheren Dienstes verwehrt bleiben. Zu Gesetzesvorgabe als erfüllt betrachtet wer- gen werden. Denn für uns und unsere konstatieren ist des Weiteren ein Status- den kann und wann nicht. Auf welcher Patienten hat es erhebliche berufs- und verlust in Relation zu Psychotherapeuten Grundlage soll z.B. über die Berücksichti- gesundheitspolitische Auswirkungen, wenn mit Psychologie- oder Medizinstudium, die gung oder Nicht-Berücksichtigung der ak- Psychologische Psychotherapeuten zu- über eine länger dauernde und wissen- kreditierten Bachelorstudiengänge Ange- künftig regelhaft über den akademischen schaftlich qualifizierende Grundausbildung wandte Kindheitswissenschaften, Erzie- Mastergrad auf der Grundlage eines 5- vor Eintritt in die Psychotherapieausbildung hungswissenschaft, Erziehung und Bildung jährigen, konsekutiven und forschungs- (bzw. bei Ärzten: Weiterbildung) verfügen, im Kindesalter, Logopädie, Pädagogik der orientierten Studiengangs verfügen, wäh- was sich u.a. in dem höheren akademi- frühen Kindheit14 entschieden werden? rend Kinder- und Jugendlichenpsychothe- schen Mastergrad und der Promotions- Braucht es dazu nicht eine inhaltliche Spe- rapeuten mit Grundberuf (Sozial-)Päda- berechtigung äußert. Dass es sich dabei zifikation jenseits der Frage nach einem goge nur den akademischen Bachelorgrad nicht nur um Äußerlichkeiten handelt, wird Bachelor- oder Masterabschluss, welche auf der Basis eines 3- bis 4-jährigen, praxis- ersichtlich, wenn man sich die Kenntnis- Kenntnisse und Fähigkeiten jemand mit- orientierten Studiengangs mitbringen. und Kompetenzprofile laut dem eingangs bringen muss, der dazu qualifiziert sein erwähnten Qualifikationsrahmen für Deut- soll, eine Ausbildung in Kinder- und Ju- Auszugehen ist bei Analyse dieser Aus- gendlichenpsychotherapie aufzunehmen? wirkungen von der weiter oben bereits Und braucht es diese Spezifikation nicht getroffenen Feststellung, dass die bisher auch für die bisher als Eingangsqualifikation bestehenden Unterschiede im akademi- akzeptierten Fächer, um solche parado- schen Qualifikationsniveau verschärft wer- xen Konstellationen wie im Fall des Studi- den, und zwar sowohl entlang einer Bruch- 14 Akkreditierte Studiengänge laut „Stiftung engangs Soziale Arbeit zu vermeiden, der linie zwischen Psychologischen Psychothe- zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland“. Internet-Zugang mit Stand weitab von der Arbeit mit Kindern und rapeuten und Kinder- und Jugendlichen- vom 15. August 2006 unter: http://www.ak Jugendlichen beispielsweise mit den psychotherapeuten als auch innerhalb der kreditierungsrat.de/ 346 Psychotherapeutenjournal 4/2006
W. M. Groeger sche Hochschulabschlüsse15 vor Augen „Bachelor-Psychotherapeuten“ – wissenschaftliche Qualifikation verfügen, die hält. Danach verfügen erst die Absolven- eine Bedrohung des Berufsstandes weit hinter den Qualifikationsanforderun- ten der Masterebene über Basiskompe- und einer qualitativ hochstehenden gen zurückbleibt, die für alle anderen aka- tenzen, die für die psychotherapeutische Gesundheitsversorgung demischen Heilberufe national und inter- Arbeit von höchster Relevanz sind: über national üblich sind, so dass die wissen- Mit dem im Vergleich zu dem bisherigen die Fähigkeit zur Problemlösung auch in schaftliche Weiterentwicklung der Kinder- Diplomstudium kürzeren, stärker praxis- neuen und unvertrauten Situationen in und Jugendlichenpsychotherapie nicht orientierten und berufsbezogenen Bache- einem breiten, multidisziplinären Zusam- mehr in der Hand eines großen Teils der lorstudium ist demzufolge ein Kompetenz- menhang; Wissen zu integrieren und mit Berufsangehörigen läge. Forschung, Leh- profil verbunden, das schon für die Pha- Komplexität umzugehen; auch auf der re und Praxis würden entkoppelt – Kin- se der Psychotherapieausbildung zuneh- Grundlage unvollständiger oder begrenz- der- und Jugendlichenpsychotherapeuten mende Probleme erwarten lässt (vgl. ter Informationen wissenschaftlich fundier- liefen Gefahr, langfristig den Status eines Groeger, 2003; Borg-Laufs & Vogel, 2005), te Entscheidungen zu fällen und dabei eigenständigen akademischen Heilberufs wie sie von Ausbildungsstätten berichtet gesellschaftliche, wissenschaftliche und ethi- zu verlieren. Der Vorteil einer größeren Zahl werden16 und wie sie Scherer et al. (2005) sche Erkenntnisse zu berücksichtigen; an potenziellen Ausbildungsteilnehmern für die bisherigen Diplomstudiengänge selbstständig sich neues Wissen und Kön- würde also mit einer Herabsetzung des bereits nachgewiesen haben. Der schwer- nen anzueignen; weitgehend autonom Qualifikationsniveaus erkauft, das die Ge- wiegendste Nachteil dürfte allerdings darin eigenständige forschungs- oder anwen- fahr in sich birgt, dass Kinder- und Ju- zu sehen sein, dass ein Ausbildungsgang dungsorientierte Projekte durchzuführen; gendlichenpsychotherapeuten mit (sozi- mit dem Kompetenzprofil der Bachelor- sich mit Fachvertretern und mit Laien auf al-)pädagogischem Grundberuf auf den ebene mit der selbstständigen Ausübung wissenschaftlichem Niveau auszutauschen; Rang eines psychotherapeutischen der Heilkunde schlicht nicht vereinbar ist. in einem Team herausgehobene Verant- Assistenzberufs, eines „Heilhilfsberufs“ zu- Welcher Patient möchte wohl von einem wortung zu übernehmen. Da die Studien- Psychotherapeuten behandelt werden, reform in Deutschland „nebenher“ auch der nicht in den o.a. Grundfähigkeiten 15 Qualifikationsrahmen für Deutsche Hoch- schulabschlüsse. Beschluss der Kultusmi- das Ziel verfolgt, mit weniger oder bes- ausgebildet wurde, die konstitutioneller nisterkonferenz vom 21.04.2005. tenfalls gleichen Ressourcen mehr Absol- Bestandteil jeder psychotherapeutischen 16 Z.B. Dr. Beate Unruh, Vorsitzende der Münch- venten in kürzerer Zeit zu einem akade- Praxis sind: Fähigkeiten zur Problemlösung ner Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse mischen Abschluss zu führen, muss davon und Psychotherapie, Albrecht Stadler, Vor- in neuen und unvertrauten Situationen, sitzender des Albrecht-Adler-Instituts Mün- ausgegangen werden, dass die Absolven- zum Umgang mit Komplexität, zu wissen- chen & Dr. Tobias von Geiso, Vorsitzender ten der Bachelorebene zukünftig tatsäch- schaftlich fundierten Entscheidungen auf der Akademie für Psychoanalyse und Psy- lich nur noch über Kompetenzen verfü- der Grundlage unvollständiger Informati- chotherapie München: Schreiben an den Ministerialdirektor des Bayerischen Staats- gen, die unter das bisherige Niveau des onen? Der „Bachelor-Psychotherapeut“ ministeriums für Wissenschaft, Forschung Fachhochschuldiploms zurückfallen. wird nur noch über eine perzeptorische und Kunst vom 06.07.2006. Psychotherapeutenjournal 4/2006 347
Psychotherapie-Ausbildung im Rahmen der Bachelor-/Masterstudienreform rückfallen (vgl. Alpers & Vogel, 2004; wäre geradezu paradox, käme es im Rah- Ausbildungsstätten für Kinder- und Ju- Pietrowsky, 2005). men der Studienreform tatsächlich dazu, gendlichenpsychotherapie vertreten sind. dass der Gesetzgeber einerseits Psycho- Die AZA-KJP hat darüber hinaus erstmals Aus all dem ergibt sich, dass die unverän- therapie als Tätigkeit „mittels wissenschaft- inhaltliche Mindeststandards für die Zu- derte Anwendung der Zulassungsnormen lich anerkannter psychotherapeutischer lassung zur Ausbildung konsentiert, die nach dem Psychotherapeutengesetz auf Verfahren“ definiert (§ 1 Abs. 3 sich auf vier Studienbereiche – (1.) Mo- die neuen Studiengänge einen in seinen PsychThG), andererseits aber bei den delle von Gesundheit, Krankheit, Normali- fatalen Konsequenzen kaum zu über- Zugangsregelungen für (sozial-)pädago- tät und Abweichung, (2.) Diagnostik und schätzenden Rückschritt bedeutet. Jenseits gische Studiengänge den wissenschaftlich Interventionsplanung, (3.) Psychosoziale, der Psychotherapieausbildung und Appro- qualifizierenden Teil der Ausbildung ab- pädagogische und klinische Interventio- bation würde das Eingangsstudium in sei- schafft. Eine dahingehende Novellierung nen, (4.) Forschungs- und Kontrollme- ner Bedeutung aufgewertet und über Fra- des Psychotherapeutengesetzes müsste thoden – im Umfang von 18 Leistungs- gen der Eingruppierung, der Kompeten- folglich in aller Interesse liegen – nicht punkten (gleich 540 Stunden Arbeitsauf- zen und des Status entscheiden; „Bache- zuletzt auch im Interesse der Erhaltung wand) beziehen.17 lor-Psychotherapeuten“ wären diejenigen, eines psychotherapeutischen Versor- die weniger kosten, von denen sich Ar- gungsangebots für Kinder und Jugendli- Eine Novellierung des beitgeber, Kostenträger und Patienten che auf demselben hohen Niveau wie für Psychotherapeutengesetzes ist aber auch weniger erwarten dürfen als Erwachsene. Niemand wird ernsthaft be- unerlässlich von „Master-Psychotherapeuten“. In kom- streiten können, dass es keinerlei fachli- Inhaltlich begründetes Ziel berufspoliti- plexeren Behandlungsfällen stünde zu che Begründung dafür gibt, Kinder- und scher Initiativen war es demnach bisher, befürchten, dass „Bachelor-Psychothera- Jugendlichenpsychotherapeuten weniger eine Novellierung des Psychotherapeuten- peuten“ überfordert wären, so dass es qualifiziert auszubilden als Psychologische gesetzes zu fordern, mit der die Zulas- vermehrt zu Behandlungsfehlern kommen Psychotherapeuten. Im Gegenteil: mit sungsvoraussetzungen zur Psychothera- kann. Am meisten würde dies die Kinder- Borg-Laufs & Vogel (2005) sei darauf hin- pieausbildung für beide Heilberufe einheit- und Jugendlichenpsychotherapeuten be- gewiesen, dass die Behandlung von Kin- lich auf dem für eine qualitativ hochste- treffen, von denen ein Großteil nicht mehr dern und Jugendlichen ein hochkomplexes hende Gesundheitsversorgung erforder- über die akademische Ausbildung und das Arbeitsfeld darstellt und immer auch die lichen hohen Niveau definiert werden. Im Kompetenzprofil verfügen würde, welche Arbeit mit Erwachsenen, insbesondere El- Rahmen einer solchen Novellierung wäre die Basis für die Existenzberechtigung ei- tern und anderen Bezugspersonen ein- darüber hinaus darauf hinzuwirken, dass nes akademischen Heilberufs und für schließt. Hier ist kein Spielraum zu erken- psychotherapeutische Qualifikationen, die dessen eigenständige Ausübung bilden. nen, der eine Absenkung der Ausbildungs- in vorangegangenen Ausbildungen erwor- Will man diese Bedrohung des Berufsstan- anforderungen rechtfertigen könnte. ben wurden, auf die Psychotherapieaus- des und einer qualitativ hochstehenden bildung angerechnet werden können. Gesundheitsversorgung vermeiden, bleibt Es kann von daher nicht überraschen, Nach § 5 Abs. 3 PsychThG besteht diese nur die alternative Möglichkeit, die Diskre- dass sich die Vertreter der Selbstverwal- Möglichkeit bisher nur für „andere abge- panzen in den Zulassungsvoraussetzun- tung, d.h. der Psychotherapeutenkammern schlossene“ Ausbildungen. Diese Formu- gen zur Psychotherapieausbildung zu auf Landes- und Bundesebene, der Be- lierung verhindert, dass Studieninhalte aus überwinden, indem einheitlich der Master- rufs- und Fachverbände der (sozial-)pä- dem Studiengang angerechnet werden abschluss für jegliche Psychotherapieaus- dagogischen Fachrichtungen sowie einer können, der zur Zulassung führt, da es bildung verbindlich vorgegeben wird. großen Zahl von Fachhochschulen und sich hierbei eben um keine „andere“ Aus- psychotherapeutischen Ausbildungsstätten bildung handelt – und zwar auch dann, auf die Forderung nach einem Masterab- Einheitliche Zugangsregelungen auf wenn die Studieninhalte über das hinaus- schluss auch für Kinder- und Jugendli- Masterebene zur Vermeidung der gehen, was als Zulassungsvoraussetzung chenpsychotherapeuten geeinigt haben. den Berufsstand und die Qualität geschuldet wird. Aufgrund der Ausdif- Maßgeblich hat hierzu die „Arbeitsgemein- der Gesundheitsversorgung bedro- ferenzierung der neuen Studiengänge schaft Zugang zur Ausbildung in Kinder- henden Kompetenzdefizite wird es hier aber zukünftig enorme Un- und Jugendlichenpsychotherapie“ (AZA- Kernbestandteile der Eingangsqualifikation KJP) beigetragen, in der die Bundespsy- auf Masterebene sind ein konsekutiver chotherapeutenkammer, die Deutsche Ge- Studienaufbau und ein forschungsorien- sellschaft für Sozialarbeit, der Deutsche 17 AG Zugang zur Ausbildung in Kinder- und tiertes Studienprofil, mit dem eine hohe Berufsverband für Soziale Arbeit, der Be- Jugendlichenpsychotherapie (AZA-KJP): Pro- wissenschaftliche Qualifikation sichergestellt rufsverband der Heilpädagogen, die Fach- fil der Sozialberufe bei der Zulassung zur wird. Genau diese Qualifikation ist der bereichstage Soziale Arbeit und Heilpäda- staatlich anerkannten Ausbildung in Kinder- Masterebene vorbehalten und kann we- gogik, die Zentralstelle für Klinische Sozial- und Jugendlichenpsychotherapie („Mindest- Standards“). Protokoll vom 07.03.2006, ver- der im Bachelorstudium noch in der Psy- arbeit ebenso wie einige psychotherapeu- öffentlicht in: Verhaltenstherapie & Psycho- chotherapieausbildung geleistet werden. Es tische Berufs- und Fachverbände und soziale Praxis, 38, 501–504. 348 Psychotherapeutenjournal 4/2006
W. M. Groeger terschiede geben, die, wie von der Deut- 4. Lösungswege und Schlussfol- den zur Approbation und Zulassung als schen Gesellschaft für Psychologie emp- gerungen für eine Neukon- Psychologischer oder ärztlicher Psychothe- fohlenen, für das Fach „Klinische Psycho- zeption der Psychotherapie- rapeut. Rechtfertigende Argumente für logie und Psychotherapie“ von mindestens ausbildung eine solche Ungleichbehandlung sind nicht 8 Leistungspunkten (gleich 240 Stunden bekannt, weder aus den betroffenen Pro- Halten wir fest, dass die unveränderte Arbeitsaufwand) über den Studiengang fessionen heraus, noch aus der Ge- Anwendung der Zulassungsregelegungen „Rehabilitationspsychologie“ der Fachhoch- sundheitspolitik. auf die neuen Studiengänge teilweise zu schule Magdeburg-Stendal mit 45 Leis- Widersprüchen und absurden, verfas- tungspunkten (gleich 1.350 Stunden Ar- Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung sungsrechtlich kaum zu rechtfertigenden beitsaufwand) bis hin zu der Einrichtung gerade auch um die Auseinandersetzun- Ergebnissen führt, ebenso wie zu einer eines kompletten Masterstudiengang „Kli- gen um die Approbation als Psychologi- Absenkung des Ausbildungsniveaus und nische Psychologie“ wie in Bochum mit 120 scher Psychotherapeut und als Kinder- damit zu einer Bedrohung einerseits der Leistungspunkten (gleich 3.600 Stunden und Jugendlichenpsychotherapeut längst Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie Arbeitsaufwand) reichen. Zugleich ist auf- bestätigt hat, dass der Gesetzgeber sehr als eigenständiger akademischer Heilberuf grund der Modularisierung der neuen wohl berechtigt ist, Berufsbilder und Be- und andererseits der Gesundheitsversor- Studiengänge gewährleistet, solche ein- rufszugänge zu gestalten und zu begrenz- gung auf dem erforderlichen hohen Qua- schlägigen und mit einer Prüfung abge- en, wenn dies im Interesse eines hoch- litätsniveau. Macht man sich darüber hin- schlossenen Module laut „Diploma Sup- wertigen Gemeinschaftsgutes geschieht19. aus klar, dass auf diese Art und Weise plement“ zu identifizieren (vgl. Empfehlun- Darum handelt es sich im Falle der Ge- zugleich die längst erforderliche Präzisie- gen der Deutschen Gesellschaft für Psy- sundheitsversorgung nach vorherrschen- rung unterbleibt, welche Kenntnisse und chologie18; Pietrowsky, 2005). Hier gibt es der Meinung zweifellos. Sollte das Bundes- Kompetenzen es denn sein sollen, die eine also infolge der Studienreform eine gänz- ministerium für Gesundheit bei seinen Zulassung zu einer Psychotherapieaus- lich neue Möglichkeit, von der Gebrauch verfassungsrechtlichen Bedenken bleiben, bildung erlauben, so kann es keine Zwei- gemacht werden sollte, weil nicht zu recht- wäre es interessant zu erfahren, wieso nur fel geben, dass die Forderung nach ein- fertigen ist, wieso ausgerechnet einschlä- im Falle der Psychologischen Psychothe- heitlichen Eingangsqualifikationen auf Mas- gige Studieninhalte gegenüber anderen rapie, nicht aber im Falle der Kinder- und terebene aus der Profession heraus in abgeschlossenen Ausbildungen benach- Jugendlichenpsychotherapie der zugangs- derselben Einmütigkeit und mit derselben teiligt werden sollen, und weil jede Maß- berechtigte Personenkreis auf diejenigen Beharrlichkeit weiterverfolgt werden muss, nahme hochwillkommen sein sollte, die zu begrenzt werden soll, „die eine hohe Qua- wie bereits in den letzten Monaten gesche- einer Verkürzung der insgesamt sehr lan- lifikation für die Berufsausübung besitzen, hen. gen Ausbildungsdauer beiträgt – und sei und dadurch den gerade im Bereich der der Beitrag auch noch so gering (vgl. psychischen Erkrankungen erforderlichen Verfassungsrechtliche Bedenken Alpers & Vogel, 2004; Borg-Laufs & Vogel, und bisher vernachlässigten Patienten- gegen eine Beschränkung des 2005; Alpers, 2006). schutz gegenüber ungeeigneten oder nur Berufszugangs für Bacherlorabsol- bedingt geeigneten Behandlern sicherzu- venten sind nicht stichhaltig – eine Ungelöst bleiben bei diesen Forderungen stellen“ (BVerwG 3 C 11.04 , S. 4). Beschränkung besteht längst an eine Novellierung des Psychothera- peutengesetzes allerdings die Nachwuchs- Die vom Bundesministerium für Gesund- Das Hauptmanko der Zugangs- probleme, die sich aus der mindestens heit vorgebrachten verfassungsrechtlichen regelungen beheben – die Kennt- achtjährigen Ausbildungsdauer, der Quo- Bedenken gegen eine Beschränkung des nisse und Fähigkeiten spezifizieren, tierung im Übergang von der Bachelor- Berufszugangs für Bacherlorabsolventen die zu einer Psychotherapieaus- zur Masterebene und der mindestens der (sozial-)pädagogischen Fachrichtun- bildung befähigen unsicheren, häufig sogar fehlenden Ein- gen sollten niemanden davon abhalten, Im Rahmen der notwendigen Novellierung kunftsmöglichkeiten während der Ausbil- auf dieser Forderung weiterhin zu beste- des Psychotherapeutengesetzes bietet sich dungsphase ergeben – und ungelöst hen, zum einen, weil sie tatsächlich ge- darüber hinaus die Chance, das Haupt- bleibt nicht zuletzt, wie den verfassungs- rechtfertigt ist, zum anderen, weil sie für manko der derzeitigen Zugangsregelun- rechtlichen Bedenken gegenüber einer Psychotherapeuten mit Psychologiestu- gen zu beheben: die fehlende inhaltliche Beschränkung des Berufszugangs für dium (von den Medizinern ganz zu Spezifikation der Kenntnisse und Fähig- Bacherlorabsolventen der (sozial-)päda- schweigen) längst besteht – und dem- gogischen Fachrichtungen begegnet wer- nach auch vom Gesetzgeber faktisch be- den soll. Diese Probleme geben Anlass, reits als gerechtfertigt erachtet wird. In 18 Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Psychologie e.V. (DGPs) zur Einrichtung sich mit einer sehr viel weitergehenden Rechtfertigungsnot gerät doch wohl eher von Bachelor- und Masterstudiengängen in Perspektive auseinander zu setzen, wenn derjenige, der Gleiches ungleich behan- Psychologie an den Universitäten (Revisi- jetzt sowieso schon alle Hochschulen da- deln will – den Ausbildungsgang zur Ap- on) vom 29. April 2005 i.d.F. vom 30.06.2005. 19 Z.B. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts mit beschäftigt sind, ihre Studiengänge zu probation und Zulassung als Kinder- und vom 09.12.2004, Aktenzeichen: BVerwG 3 reformieren. Jugendlichenpsychotherapeut anders als C 11.04. Psychotherapeutenjournal 4/2006 349
Psychotherapie-Ausbildung im Rahmen der Bachelor-/Masterstudienreform keiten, die nachgewiesen werden müssen, weisen, indem aufgezeigt wird, dass die Die Frage nach einer solchen strukturel- um eine Psychotherapieausbildung absol- erforderlichen Inhalte nur in konsekutiven len Änderung der Psychotherapieaus- vieren zu können. Die ganzen Probleme, Studiengängen unterzubringen sind. bildung wird sich spätestens dann ver- die sich jetzt in der Übertragung der alten schärft stellen, wenn die Medizineraus- Zugangsnormen auf die neuen Studien- bildung auf Bachelor-/Masterstudiengän- Die Ausbildung zur Approbation gänge ergeben, auch die Auseinanderset- ge umgestellt wird (was derzeit noch nicht außerhalb der Hochschule wider- zung um den Bachelor- vs. Masterzugang, abzusehen ist). Wir werden dann die Si- spricht allen bildungspolitischen sind nicht zuletzt darauf zurückzuführen, tuation haben, dass die Mediziner ihre Regelungen dass sich bisher noch niemand die Mühe Approbation im Rahmen des Masterab- gemacht hat, inhaltlich zu definieren, wel- Wer sich mit solchen Gedanken über ein schlusses erlangen und sich – wie heute che Lerninhalte in welchem Umfang jeder „Gesamtcurriculum“ über alle drei Aus- auch – ihre psychotherapeutischen Kom- zukünftige Psychotherapeut sich im Rah- bildungsabschnitte – Bachelor, Master, petenzen über eine Weiterbildung aneig- men seines Hochschulstudiums aneignen Approbation – beschäftigt, stößt zwangs- nen. Spricht irgendetwas dagegen, die muss, um auf die nachfolgende Ausbil- läufig auf die Frage, wie sinnvoll die jetzige Psychotherapieausbildung für unsere dung vorbereitet zu sein. Es ist sicherlich Struktur eigentlich ist. Jeder Bildungs- beiden Heilberufe bereits heute in gleicher nicht einfach, hierüber einen allgemein politiker schlägt die Hände über dem Kopf Weise umzustellen? Haben zumindest Psy- akzeptierten Konsens zu finden. Trotzdem zusammen, wenn er realisiert, dass die chologische Psychotherapeuten nicht ist es schon erstaunlich, dass sich für un- dritte, zur Approbation führende Stufe von schon immer wohlbegründet den Stand- sere beiden Berufsgruppen auch im Jahr der Hochschulausbildung abgekoppelt ist. punkt vertreten, dass es sich bei der acht seit dem Inkrafttreten des Psycho- Resultiert daraus in Bezug auf die Studien- Psychotherapieausbildung eigentlich nicht therapeutengesetzes noch nichts daran reform doch nicht weniger, als dass da- um eine Aus-, sondern um eine Weiterbil- geändert hat, dass es einen zweigliedrigen durch das übergeordnete Ziel des Bolo- dung handelt? Und war die Definition als Ausbildungsgang – Studium der Psycho- gna-Prozesses, die Schaffung eines ein- Ausbildung nicht nur ein Schachzug, mit logie oder (Sozial-)Pädagogik, darauf auf- heitlichen europäischen Hochschulraumes, dem der Bundesgesetzgeber sich die Zu- bauend Psychotherapieausbildung – gibt, für unsere Professionen zu einem Ding ständigkeit verschafft hat, um unsere ohne dass die zweite Ausbildungsstufe der Unmöglichkeit wird. Durch die jetzige beiden Berufe bundeseinheitlich regeln zu auch nur annähernd weiß und darauf Struktur geht die inhaltliche Abstimmung können? aufbauen kann, was an Kenntnissen und zwischen den Ausbildungsabschnitten, die Erfahrungen aus der ersten Stufe mitge- ansonsten zu den üblichen Aufgaben ge- Approbation mit dem Master, bracht wird. Das gilt in besonderem Maße hören, vor denen die Hochschulen bei der Qualifikation in einem Verfahren für die Ausbildung in Kinder- und Ju- Einrichtung konsekutiver Studiengänge ste- als Weiterbildung im Anschluss an gendlichenpsychotherapie, aber auch in hen, verloren, weil die Studiengänge nur die Approbation der Psychologischen Psychotherapie sind auf die Grundberufe hin ausgerichtet und Wie diese Fragen andeuten, gibt es gute wie oben gezeigt die Unterschiede immens. durchstrukturiert werden. Die Zuständig- Gründe, eine grundsätzliche Neukonzep- Auszubaden hatten die Konsequenzen keit liegt dabei in einer Hand, bei den tion des bisherigen Ausbildungsgangs zu dieser Beliebigkeit in Bezug auf die Stu- Hochschulen, so dass eine durchgängige erwägen, mit dem Ziel, die Approbation dieninhalte bisher hauptsächlich die Aus- Konzeptualisierung erleichtert ist. Zugleich bereits mit dem Masterabschluss zu er- bildungsteilnehmer, die an manchen Stel- wurde mit dem Akkreditierungsrat ein Gre- werben. Der gewichtigste davon ist der frü- len überfordert werden, weil Ihnen Grund- mium geschaffen, über das die Berufe, auf here Zeitpunkt der Approbation mit der kenntnisse fehlen, und an anderen Stel- die hin ausgebildet wird, Einfluss nehmen Folge, dass wesentliche Teile der jetzigen len Lerninhalte wiederholen müssen, die können. Anders ist dies bei der Psycho- Psychotherapieausbildung als Weiterbil- sie längst beherrschen. Unter diesen Be- therapieausbildung, bei der die dritte Stu- dung im Anschluss an die Approbation dingungen darf es nicht verwundern, dass fe nicht mehr an der Hochschule stattfin- erfolgen. Die Verlagerung auf die Zeit nach Unklarheiten über den Stellenwert des vor- det, so dass im Akkreditierungsrat keine der Approbation würde es ermöglichen, hergehenden Studiums entstehen. Hier Psychotherapeuten vertreten sind, son- die finanziellen Lasten des gesamten Bil- sind die Vertreter unserer Berufsstände dern nur die grundständigen Berufe, Psy- dungszyklus erheblich zu reduzieren – gemeinsam mit den Hochschulen und chologen und (Sozial-)Pädagogen. Ein- man denke nur an das so genannte Ausbildungsstätten gefordert, Abhilfe zu heitliche Konzeptualisierung und Einfluss- „Psychiatriejahr“. Die „praktische Tätigkeit“ schaffen – zumal mit der Studienreform nahme von Seiten der Betroffenen wer- aus dem zweigliedrigen ein dreigliedriger den dadurch erschwert. Das sähe anders Ausbildungsgang wird und damit die in- aus, wenn – wie bei den Medizinern – 20 Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für einander greifende Verzahnung der ein- die Approbation mit dem Abschluss des Psychologische Psychotherapeuten (PsychTh- zelnen Teile umso dringender. Hier, auf der Studiums erreicht würde und die Qualifi- APrV). Bundesgesetzblatt, 1998, I, S. 3749 ff. kation zur Kassenzulassung – wie bei den 21 Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für inhaltlichen Ebene, findet sich dann auch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeu- Gelegenheit, das Erfordernis einer Zu- Medizinern – mit dem Abschluss einer ten (KJPsychTh-APrV). Bundesgesetzblatt, gangsregelung auf Masterebene nachzu- Weiterbildung. 1998, I, S. 3761 ff. 350 Psychotherapeutenjournal 4/2006
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