REDUZIERTER STEUERSATZ FÜR ELEKTRONISCHE VERÖFFENTLICHUNGEN
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REDUZIERTER STEUERSATZ FÜR ELEKTRONISCHE VERÖFFENTLICHUNGEN Auf EU-Ebene wurde bereits Ende 2018 die Basis dafür geschaffen, auf elektronische Publikationen, wie z. B. E-Books, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu erheben. Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten haben ihre nationalen Regelungen bereits angepasst. Auch Deutschland steht kurz vor der Einführung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf elektronische Publikationen. Dabei wurde erfreulicherweise im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eine restrik- tive Haltung aufgegeben und der Umfang der begünstigten Leistungen praxisgerecht und zeitgemäß ausgeweitet. UMSETZUNG IN DEUTSCHLAND Derzeit ist eine solche Übergangsregelung allerdings im Gesetz nicht vorgesehen oder vom Bundesfinanz- 7 % UMSATZSTEUER AB … ministerium in Aussicht gestellt. Nachdem der Bundesrat am 29.11.2019 dem sog. Jah- BEGÜNSTIGT SIND … ressteuergesetz 2019 zustimmte, in dem u. a. die Her- absetzung des Umsatzsteuersatzes auf elektronische Die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes Veröffentlichungen enthalten ist, tritt diese Begünsti- ist künftig nicht mehr auf Publikationen in Printform gung ab dem Tag nach der Veröffentlichung des Ge- beschränkt. Begünstigt sind dann vielmehr auch Ver- setzes im Bundesgesetzblatt in Kraft. Dies könnte öffentlichungen in elektronischer Form, „unabhängig noch im Laufe des Dezembers 2019 der Fall sein. davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird. ... Begünstigt ist auch die Be- Allein aus der möglicherweise unterjährig noch eintre- reitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine tenden Rechtsänderung ergeben sich verschiedenste Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder umsatzsteuerliche Abgrenzungsfragen, für die seitens Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten.“ (§ 12 der Branchenverbände eine Nichtbeanstandungsrege- Abs. 2 Nr. 14 UStG). lung beim Bundesfinanzministerium angeregt wurde. 1
Damit unterliegen künftig insb. Bücher, Zeitungen, Die steuerliche Begünstigung diene der Förderung des Zeitschriften und Hörbücher, die auf elektronischem Lesens unabhängig von Art und Funktionalitäten der Weg überlassen werden, dem ermäßigten Umsatz- Bereitstellung. Entscheidend für die Abgrenzung be- steuersatz. E-Bundles, also Veröffentlichungen beste- günstigter von nicht begünstigten Veröffentlichungen hend aus einem gedruckten Erzeugnis und einem digi- seien demnach die bereitgestellten Inhalte. Das Kriteri- talen Zugang zum entsprechenden Content, unterlie- um „vollständig oder im Wesentlichen“ folge dabei gen künftig im Inland insgesamt dem ermäßigten nicht einer schematischen quantitativen Grenze je Er- Steuersatz, sofern der elektronische Bestandteil des zeugnis, sondern einer Gesamtwertung von Aufma- E-Bundles von der Neuregelung erfasst wird. Die bis- chung, Inhalt und Herausgabezweck. „Vollständig oder lang erforderliche Aufteilung des Entgelts erübrigt sich im Wesentlichen“ erfordere eine praktikable deutliche zukünftig somit in Inlandsfällen. Eine Aufteilung bleibt Unterscheidung der auszunehmenden audiovisuellen jedoch in Auslandsfällen weiterhin erforderlich. Erzeugnisse von den begünstigten redaktionellen Er- zeugnissen. Danach genüge es für die Erfüllung des Kri- Laut der Begründung des Gesetzentwurfs fallen unter teriums „im Wesentlichen“ nicht, dass die audiovisuel- die Begünstigung auch elektronische Veröffentlichun- len Anteile einen bestimmten Anteil des Buches oder gen, die in der Form von Websites, Apps oder anderen der Zeitung bzw. Zeitschrift ausmachen. Sie müssten Anwendungen mit oder ohne Downloadmöglichkeit vielmehr das Erzeugnis im Ganzen so wesentlich prä- angeboten werden, auch als Einzelabruf aus einer Da- gen, dass der redaktionelle Textanteil nur Beiwerk sei. tenbank. Überdies soll laut den Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs unerheblich sein, ob Zu den begünstigten Publikationen zählen danach elektronische Veröffentlichungen fortlaufend ergänzt auch Veröffentlichungen mit anteiligen multimedialen oder als Einzelbeitrag angeboten werden oder in peri- und interaktiven Elementen (sog. „enhanced odischer Form erscheinen. Ferner sollen elektronische E-Books“). Die EU-Kommission wies aber auch aus- Veröffentlichungen unabhängig von der Dauer der drücklich darauf hin, dass nach ihrer Auffassung elek- Überlassung begünstigt werden, so dass sowohl die tronisch erbrachte Dienstleistungen dann nicht ermä- dauerhafte als auch zeitlich befristete Überlassung ßigt besteuert werden dürften, wenn sie in ihrer (z. B. Online-Leihe) hierunter fällt. Funktion über die gedruckten Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften deutlich hinausgehen. Explizit begünstigt ist zudem auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von NICHT BEGÜNSTIGT SIND WEITERHIN… elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile hiervon enthalten. Von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausgenommen werden hingegen weiterhin elektroni- Nach dem Bericht des Finanzausschusses zum Gesetz- sche Veröffentlichungen, die vollständig oder im We- entwurf der Bundesregierung stellen gemäß einer Stel- sentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik be- lungnahme der EU-Kommission Durchsuchbarkeit, Fil- stehen. Auch Erzeugnisse, für die Beschränkungen termöglichkeit und Verlinkung kein Ausschlusskriterium bzw. Hinweispflichten nach dem Jugendschutzgesetz für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes dar. bestehen, sowie elektronische Publikationen, die 2
überwiegend Werbezwecken dienen, fallen nicht un- unterliegen, bzw. befinden sich derzeit – analog ter die Begünstigung. Deutschland - noch in der Umsetzung. Der beigefüg- ten Übersicht, die wir in Zusammenarbeit mit unseren Da im Gesetzeswortlaut explizit Hörbücher genannt Nexia-Partnern erstellt haben, können Sie den Stand werden, also Tonaufzeichnungen der Lesung eines Bu- der Umsetzung in 15 EU-Mitgliedstaaten entnehmen. ches, dürften hingegen Hörspiele weiterhin nicht be- Dabei zeigen sich jeweils deutliche Unterschiede bei günstigt sein. der konkreten Ausgestaltung der Regelungen. Die Un- terschiede betreffen dabei nicht nur die anzuwenden- Laut der Begründung des Gesetzentwurfs sollen zu- den Steuersätze, sondern leider auch die Abgrenzung dem von der Anwendung des ermäßigten Steuersat- ermäßigt zu besteuernder elektronischer Veröffentli- zes ausgenommen werden der Zugang u. a. zu Such- chungen von auch zukünftig nicht begünstigten elek- maschinen, die Auszüge aus gefundenen Dokumen- tronischen Leistungen. Für Unternehmer, die Leistun- ten anzeigen, zu Nachrichtenseiten ohne eigene gen ins EU-Ausland erbringen, bedeutet dies, dass sie redaktionelle Inhalte, zu Internetforen, Social-Media- sich auch mit diesen unterschiedlichen Vorgaben be- Plattformen und Kartenmaterial z. B. für Navigations- fassen müssen, um die richtigen umsatzsteuerlichen geräte. Auch Veröffentlichungen, die permanent aktu- Schlüsse ziehen zu können. alisiert werden, wie z. B. Wetterdaten oder Börsenkur- se, sollen auch weiterhin mit dem Regelsteuersatz Hinzu kommen praktische Schwierigkeiten bezüglich besteuert werden. Hier dürfte es an der Funktions- der Abgabe richtiger Meldungen im MOSS-Verfahren gleichheit der digitalen Dienstleistung zu einer ent- an das Bundeszentralamt für Steuern in und um die sprechenden physischen Veröffentlichung fehlen, das Umstellungszeiträume der Steuersätze in anderen EU- bereits bislang ermäßigt zu besteuern war. Ländern. Weder die EU-Kommission noch das Bundes- finanzministerium bzw. das Bundeszentralamt für Im Detail verbleiben bis auf Weiteres in Bezug auf die Steuern stellen rechtzeitig und verbindlich Informatio- Einstufung von elektronischen Leistungen als mögli- nen über die in allen EU-Ländern geltenden Steuersät- cherweise begünstigte Umsätze vielfältigste Abgren- ze bereit. Begünstigte Steuersätze in anderen EU-Län- zungs- und Beurteilungsfragen, für die hoffentlich dern können in den online erfolgenden MOSS-Mel- zeitnah ein begleitendes BMF-Schreiben noch größere dungen beim Bundeszentralamt für Steuern erst Klarheit schafft. Ein solches BMF-Schreiben ist derzeit verwendet werden, wenn die jeweiligen EU-Länder jedoch noch nicht in Aussicht. Bei entsprechenden entsprechende Steuersatzänderungen an die EU-Kom- Grenzfällen ist daher auch die Einholung verbindlicher mission gemeldet haben. In verschiedenen Fällen folg- Auskünfte von der Finanzverwaltung anzudenken. te die Möglichkeit zur Meldung mit begünstigten Steuersätzen trotz national bereits früherem Inkraft- UMSETZUNG IM EU-AUSLAND treten zeitlich verzögert. Das Bundeszentralamt für Steuern verweist hierzu auf die Verantwortung der Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten haben bereits entspre- jeweiligen Länder. Für hieraus ggfs. entstehende wirt- chende Regelungen getroffen, dass elektronische Ver- schaftliche Belastungen der Leistenden bietet leider öffentlichungen nur noch dem ermäßigten Steuersatz keine offizielle Stelle eine Lösungsmöglichkeit an, die 3
bspw. durch die Freigabe einer um einen Meldezeitraum zeitlich verzögerten Meldung entsprechender Umsätze denkbar wäre. EU-Land Umsetzung in Umsetzung Anwendbare Abgrenzung begüns- Besonderheiten nationales mit Steuersätze tigt/nicht begünstigt Recht Wirkung ab/ Abweichung zu MwSt- zum SystRL Belgien Bereits erfolgt 1.4.2019 6% Keine Abweichungen 0% nun auch auf be- 0% stimmte periodische elekt- ronische Veröffent- lichungen anwendbar Deutschland Vom Bundestag Noch offen 7% Begünstigt ist auch die Getrennte Behandlung beschlossen Tag nach Ver- Bereitstellung eines Zu- sog. "Bundles" Zustimmung des kündung des gangs zu Datenbanken Bundesrats erteilt Gesetzes Finnland Bereits erfolgt 1.7.2019 10% Software, Spiele und elek- Erforderlichkeit Einzelfall- tronische Datenbanken beurteilung für Abgren- sind von der Ermäßigung zung erwartet ausgenommen Frankreich Bereits erfolgt 1.1.2013: 5,5% E-books Definitionen durch vorge- Für begünstigte Online- E-books 2,1% Online zogene Einführung stark Presse Registrierungsan- 1.2.2014: Presse abweichend von trag nötig Online-Presse MwStSystRL Irland Bereits erfolgt 1.1.2019 9% Keine Abweichungen Keine Italien Bereits erfolgt 2015 bzw. 4% Definitionen durch vorgezo- ISBN or ISSN notwendig 2016 gene Einführung stark ab- (neben anderen Voraus- weichend von MwStSystRL setzungen) Elektronische Datenban- Spezielle Besteuerungssys- ken sollen begünstigt sein tematik für Verlagssektor Luxemburg Bereits erfolgt 1.5.2019 3% Keine Abweichungen Keine Malta Bereits erfolgt 1.1.2019 5% Keine Abweichungen Keine 4
EU-Land Umsetzung in Umsetzung Anwendbare Abgrenzung begüns- Besonderheiten nationales mit Steuersätze tigt/nicht begünstigt Recht Wirkung ab/ Abweichung zu MwSt- zum SystRL Niederlande Bereits erfolgt 1.1.2020 9% Elektronische Datenban- Niederländische Regierung ken mit Suchoption sollen wird voraussichtlich weite- nicht begünstigt sein. Da- re Erläuterungen veröf- tenbanken, die Enzyklopä- fentlichen. dien und Zeitschriften anbieten begünstigt, ab- hängig von Umfang der Nutzungsmöglichkeiten. Österreich Vom Nationalrat 1.1.2020 10% Recherchedatenbank nicht Getrennte Behandlung beschlossen begünstigt; Interaktions- sog. Zeitschriften- möglichkeit schädlich; Such- "Bundles" funktion, begleitende Videoinhalte oder interakti- ve Grafiken aber unkritisch Polen Bereits erfolgt 1.11.2019 5% E-Books Abgrenzung begünstigter Keine weiteren 8% E-Paper von nicht begünstigten elektronischen Publikatio- nen anhand einer eigenen polnischen Waren- und Dienstleistungsklassifikati- on (PKWiU) Portugal Bereits erfolgt 1.1.2019 6% Keine Abweichungen Keine Schweden Bereits erfolgt 1.7.2019 6% Inhalt, Funktion und Um- Umfangreiche nationale fang des Produkts ent- Guidance zu Abgren- scheidend für zungsfragen veröffentlicht Anwendbarkeit der Be- günstigung. Informations- datenbank soll begünstigt sein können. Spanien Erstes Gesetzge- Offen Offen Offen Offen bungsverfahren in Januar 2019 wur- de abgelehnt Tschechien Bereits erfolgt 1.5.2020 10% Keine Abweichungen Keine 5
WAS ERGIBT SICH FÜR SIE DARAUS? wohl hohe bürokratische Belastungen der Leistenden durch das Erfordernis zur Vornahme von Rechnungs- Hinsichtlich der erbrachten elektronischen Leistungen berichtigungen als auch bedeutsame wirtschaftliche sollte umgehend geprüft werden, inwieweit anstelle Chancen aus der nachträglichen Erhöhung der Pro- des Regelsteuersatzes künftig der ermäßigte Steuer- duktmargen liegen. Leistungsempfänger solcher bald satz auf das eigene Leistungsspektrum in Deutschland begünstigter Leistungen haben demgegenüber immer bzw. anderen EU-Ländern zur Anwendung kommt. dann ein hohes Interesse an einer rückwirkenden Dabei ist insb. auch auf die zeitgerechte technische Rechnungsberichtigung, wenn sie zum Vorsteuerab- Umsetzung erforderlicher Änderungen z. B. in den zug nur in Höhe des gesetzlich geschuldeten Steuer- Warenwirtschafts- und Kassensystemen zu achten. betrags berechtigt sind und eine Nettopreisvereinba- rung mit dem Leistenden vorliegt. Bezüglich Abonnements von elektronischen Veröf- fentlichungen ist je nach Interessenlage unterschied- Die Reduzierung des Umsatzsteuersatzes könnte zu- lich vorzugehen. Verlage und Händler, die Abonne- dem für Marketingaktionen genutzt werden, indem ments für nach dem Inkrafttreten der Neuregelung z. B. zum 1.1.2020 für den Kunden deutlich sichtbar endende Online-Zugänge zu elektronischen Veröf- Preise auf elektronische Veröffentlichungen gesenkt fentlichungen noch mit dem Regelsteuersatz faktu- werden. riert hatten, könnten sich Rückforderungsansprüchen ihrer Kunden ausgesetzt sehen, soweit keine Brutto- Welche Maßnahmen insbesondere abzuarbeiten sind, preisabsprachen getroffen waren. Hierin können so- zeigt folgende Checkliste: CHECKLISTE › Ermittlung potenziell betroffener elektronischer Leistungen und damit verbundener Geschäftsprozesse › Unterscheidung/Abgrenzung/Entscheidung zukünftig dem ermäßigten Steuersatz unterliegender elektronischer Leistungen › Anpassung betroffener Geschäftsprozesse: Kalkulationsanalyse, Recht, Steuern, IT, im Einzelnen › Geschäftsmodelle, Verträge/AGB, Budget-Forecast › ERP-Systeme (Materialwirtschaft, FiBu, USt-Parametisierung/-Customizing) › Faktura-Systeme und Web-Portale sowie Schnittstellen › Abstimmung mit evtl. involvierten Vertragspartnern/Dienstleistern › Umsetzung hinsichtlich Betriebswirtschaft, Recht, Steuern, IT › Testphase › Go live zum Einführungszeitpunkt, laufender Follow-up der Steuersätze anderer EU-Staaten 6
Gerne unterstützen wir Sie hier bei der Anpassung Ih- rer Unternehmensprozesse und sonstigen Fragen, auch im EU-Kontext. IHRE ANSPRECHPARTNER Alexander Michelutti Partner, Steuerberater Tel. +49 711 2049-1373 alexander.michelutti@ebnerstolz.de Martin Rieg Senior Manager, Steuerberater Tel. +49 711 2049-1181 martin.rieg@ebnerstolz.de Robert Backes Director, Steuerberater Tel. +49 221 20643-174 robert.backes@ebnerstolz.de Steffen Lehmann Director, Rechtsanwalt, Steuerberater Tel. +49 40 37097-416 steffen.lehmann@ebnerstolz.de 7
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