Regierungsentwurf zum "Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten"

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Regierungsentwurf zum „Gesetz über
     die unternehmerischen Sorgfaltspflichten
                 in Lieferketten“
                                                      (März 2021)

Nach monatelangen regierungsinternen Diskussionen um die wesentlichen Inhalte einer
gesetzlichen Regelung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten von Unternehmen entlang der
Lieferkette ist am 3. März 2021 der Regierungsentwurf für ein deutsches
Sorgfaltspflichtengesetz in den parlamentarischen Prozess eingebracht worden. Das Gesetz
soll noch im Mai im Bundesrat beraten und bereits im Juni vom Bundestag verabschiedet
werden. Anwendbar wird das Gesetz frühestens ab 1. Januar 2023 sein, wobei sich
Unternehmen jedoch schon jetzt auf die künftig geltenden umfassenden Compliance-
Maßnahmen vorbereiten sollten. Die Kernpunkte des Gesetzes und die Auswirkungen für
global tätige Unternehmen stellen wir Ihnen in diesem Client Briefing vor.
I Anwendungsbereich
Das geplante Gesetz erfasst Unternehmen jeder Rechtsform            bei verbundenen Unternehmen (Verweis auf den
mit Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, Verwaltungssitz            aktienrechtlichen Begriff der verbundenen Unternehmen in §
oder satzungsmäßigem Sitz in Deutschland. Entscheidendes            15 AktG) auch Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehöriger
Kriterium soll sein, wo die relevanten Entscheidungen für           Gesellschaften für die Berechnung der Mitarbeiterzahl der
das Risikomanagement der Lieferketten getroffen werden.             Konzernmutter berücksichtigt werden. Interessant ist, dass
Ab dem 1. Januar 2023 wird das Gesetz zunächst auf                  der Vorentwurf (inoffizieller RefE vom 15. Februar 2021)
Unternehmen mit in der Regel mindestens 3.000                       noch ausdrücklich klarstellte, dass diese Zusammenrechnung
Arbeitnehmern anwendbar sein; ab 1. Januar 2024 werden              – anders als z.B. im Unternehmensmitbestimmungsrecht –
auch Unternehmen mit in der Regel mindestens 1.000                  auch im Ausland ansässige Konzerngesellschaften
Arbeitnehmern vom Anwendungsbereich erfasst sein.                   einbeziehen sollte. Infolge der Streichung besteht hierüber
Maßgeblich ist die das Unternehmen im Allgemeinen                   nun erst einmal Ungewissheit: Einerseits könnte es sich
prägende Personalstärke. Als Referenzzeitraum für die               damit um eine ausdrückliche Abkehr von der
Berechnung sollte sich am Geschäftsjahr (mit einem                  Vorgängerregelung handeln, andererseits könnte es aber
gewissen prognostischen Element) orientiert werden.                 auch eine bloße Regelungsvereinfachung sein, da er Wortlaut
                                                                    an sich bereits hinreichend klar ist (Arbeitnehmer sämtlicher
In die Berechnung einbezogen werden auch                            konzernangehöriger Gesellschaften). Die Begründung des
Leiharbeiternehmer, deren Zugehörigkeit zum                         RegE schweigt dazu.
Entleihunternehmen sechs Monate übersteigt. Ferner sollen

                         Fallbeispiele                                     Anwendungsbereich eröffnet?
 •   GmbH mit 1.500 Arbeitnehmern in Deutschland                •     GmbH ab 1.1.2024 erfasst

 •   Deutsche Konzernobergesellschaft mit 800                   •     Konzernobergesellschaft ab 1.1.2023 erfasst
     Arbeitnehmern und zusätzlich 800 Arbeitnehmern in

Freshfields Bruckhaus Deringer      Regierungsentwurf zum „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“   1
                                                                           März 2021
Fallbeispiele                                        Anwendungsbereich eröffnet?
         Tochtergesellschaft A-GmbH (deutsche                        •   Tochtergesellschaft A-GmbH selbst nicht erfasst
         Tochtergesellschaft) sowie 1.500 Arbeitnehmern in
                                                                     •   Tochtergesellschaft B-GmbH ab 1.1.2024 selbst erfasst
         Tochtergesellschaft B-GmbH (deutsche
         Tochtergesellschaft)

 •       Ausländische Konzernobergesellschaft mit 5.000              •   Ausländische Konzernobergesellschaft nicht erfasst
         Arbeitnehmern und zusätzlich 1.000 Arbeitnehmern in
                                                                     •   Tochtergesellschaft A-GmbH ab 1.1.2024 erfasst
         A-GmbH (deutsche Tochtergesellschaft)

 •       Ausländische Konzernobergesellschaft mit 5.000              •   Ausländische Konzernobergesellschaft nicht erfasst
         Arbeitnehmern und zusätzlich 800 Arbeitnehmern in
                                                                     •   A- und B-GmbH nicht erfasst
         Tochtergesellschaft A-GmbH (deutsche
         Tochtergesellschaft) sowie 800 Arbeitnehmern in
         Tochtergesellschaft B-GmbH (deutsche
         Tochtergesellschaft)

 •       Deutsche Konzernobergesellschaft mit 500                    •   Offen!
         Arbeitnehmern und zusätzlich 5.000 Arbeitnehmern in
                                                                     •   Auslegung des § 1 Abs. 3 RegE in Zusammenschau mit
         ausländischen Tochtergesellschaften
                                                                         vorherigem RefE

II Unternehmensbezogene Pflichten
Der Regierungsentwurf legt den betroffenen Unternehmen                    Menschenrechtsverletzungen oder umweltbezogenen
(1.) Sorgfaltspflichten und (2.) Dokumentations- und                      Verletzungen zu implementieren.
Berichtspflichten auf.
                                                                          Die Sorgfaltspflichten sind in erster Linie im eigenen
1 Sorgfaltspflichten                                                      Geschäftsbereich und bei den unmittelbaren Zulieferern
                                                                          anzuwenden, während bei den mittelbaren Zulieferern
     Grundsätzlich erstreckt sich die Reichweite der
                                                                          nur anlassbezogen Sorgfaltspflichten bei Erlangung
     Sorgfaltspflichten auf:
                                                                          substantiierter Kenntnis über eine potentielle Verletzung
     •     das Handeln im eigenen Geschäftsbetrieb,                       von Menschenrechten oder eine umweltbezogene
     •     das Handeln unmittelbarer Zulieferer und                       Verletzung (etwa durch Beschwerden) gelten
                                                                          („Sorgfaltspflichten light“). Nach der Begründung zum
     •     das Handeln mittelbarer Zulieferer.
                                                                          Regierungsentwurf soll substantiierte Kenntnis vorliegen,
     Nicht spezifiziert wurde in diesem Zusammenhang die                  wenn dem Unternehmen überprüfbare und
     Stoßrichtung der Sorgfaltspflichten. Im Gegensatz zu                 ernstzunehmende Informationen über eine Verletzung
     anderen Regelwerken – wie der EU-                                    durch mittelbare Zulieferer vorliegt. Hierzu sollen auch
     Konfliktmineralienverordnung – differenziert der RegE                bereits Informationen über Risiken in einer bestimmten
     nicht zwischen Pflichten bzgl. des Up- und Downstreams.              Region genügen, in denen Zulieferer tätig sind. An dieser
                                                                          Stelle bleibt offen, wie sich dies hinsichtlich Regionen
     Zu den nach dem RegE geschützten Rechten zählen etwa
                                                                          verhält, für die bereits durch geltendes Recht ein gewisses
     Freiheit von Kinder-, Zwangs-, Pflichtarbeit und
                                                                          Risiko identifiziert wurde (z.B. unter der EU-
     Sklaverei; die Vereinigungsfreiheit; ein angemessener
                                                                          Konfliktmineralienverordnung, die zu Jahresbeginn in
     Lohn; Verbot der widerrechtlichen Zwangsräumung bzw.
                                                                          Kraft getreten ist).
     des widerrechtlichen Entzugs von Land, dessen Nutzung
     die Lebensgrundlage einer Person sichert; auch der                   Zu beachten ist zudem, dass mittelbare Zulieferer wie
     Umweltschutz (z.B. Verbot der Herbeiführung einer                    unmittelbare Zulieferer behandelt werden sollen, wenn
     schädlichen Bodenveränderung,                                        die Sorgfaltspflichten mittels Umgehungsgeschäften oder
     Gewässerverunreinigung, Luftverunreinigung) – v.a.                   einer missbräuchlichen Ausgestaltung der unmittelbaren
     soweit dadurch Menschenrechte betroffen sind – ist                   Zuliefererbeziehung umgangen werden. Hierunter fällt
     umfasst.                                                             vornehmlich das Dazwischenschalten eines weiteren
                                                                          Unternehmens, um einen unmittelbaren Zulieferer in ein
     Im Rahmen der Sorgfaltspflichten sind Unternehmen
                                                                          nachgelagertes Glied der Lieferkette zu schieben.
     angehalten im eigenen Geschäftsbereich – wie auch in der
     Lieferkette – bestimmte Maßnahmen zur Prävention von

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                                                                              März 2021
Der RegE verfolgt ein Konzept der                                       Abhilfemaßnahmen treffen, um die entsprechende
    Pflichtenintensivierung parallel zur Risikosteigerung.                  Verletzung zu verhindern, zu beenden oder zu
    Dies verläuft vom Normalstatus ohne Risiko (Stufe 0)                    minimieren. Es gilt insofern der Grundsatz
    über das Feststellen eines Risikos einer Rechtsverletzung               Befähigung vor Rückzug. Der Abbruch von
    (Stufe 1) bis zur Feststellung einer Verletzung einer                   Geschäftsbeziehungen soll nur als ultima ratio in
    geschützten Rechtsposition (Stufe 2). Dabei wird in der                 Betracht kommen.
    Praxis insbesondere die Stufe 1 von den Unternehmen
                                                                    2 Dokumentations- und Berichtspflichten
    beachtet werden müssen.
                                                                        Die betroffenen Unternehmen werden ferner verpflichtet,
    •   Stufe 0: Vom Anwendungsbereich des geplanten
                                                                        die Erfüllung der Sorgfaltspflichten fortlaufend zu
        Gesetzes umfasste Unternehmen müssen in jedem
                                                                        dokumentieren und diese Dokumentation für mindestens
        Fall ein angemessenes und wirksames
                                                                        sieben Jahre aufzubewahren. In einem jährlichen Bericht,
        Risikomanagement einführen. Hierfür ist die
                                                                        der auf der Internetseite des Unternehmens veröffentlicht
        Durchführung einer Risikoanalyse essenziell, die
                                                                        und elektronisch bei den zuständigen Behörden
        mindestens einmal im Jahr sowie anlassbezogen bei
                                                                        eingereicht werden muss, haben Unternehmen zudem
        Änderung der Risikolage (etwa durch Einführung
                                                                        Auskunft über die Einhaltung der Sorgfaltspflichten im
        neuer Produkte, Projekte oder eines neuen
                                                                        vergangenen Geschäftsjahr zu geben. Inhaltlich wird eine
        Geschäftsfeldes) durchgeführt werden muss. Die
                                                                        Berichterstattung über die folgenden Aspekte gefordert:
        Ergebnisse der Analyse müssen wichtigen
                                                                        (i) die Identifikation von Risiken, (ii) die Aktivitäten zur
        Entscheidungsträgern wie dem Vorstand oder der
                                                                        Erfüllung der Sorgfaltspflichten, (iii) die Bewertung der
        Einkaufsabteilung mitgeteilt werden. Darüber hinaus
                                                                        Wirksamkeit und Auswirkungen der Maßnahmen sowie
        muss immer die Verantwortlichkeit im Unternehmen
                                                                        (iv) die Schlussfolgerungen, die für künftige Maßnahmen
        für das Risikomanagement „unverzüglich“ festgelegt
                                                                        gezogen werden.
        werden, z.B. kann ein Menschenrechtsbeauftragter
        ernannt werden. Die Geschäftsleitung hat sich über              Im Zusammenhang mit der Berichtspflicht ist v.a. das
        die Arbeit des zuständigen Mitarbeiters in                      Zusammenspiel mit den Pflichten zur nicht-finanziellen
        regelmäßigen Abständen zu informieren (mindestens               Berichterstattung nach HGB ungeklärt. So ist
        einmal jährlich). Auch sind Unternehmen                         insbesondere offen, ob kapitalmarktorientierte, große
        grundsätzlich verpflichtet, ein unternehmensinternes            Unternehmen künftig etwa zwei Berichte jährlich
        Beschwerdeverfahren zu implementieren – oder sich               abgeben müssen, in denen sie sich über die von ihnen
        an einem externen Beschwerdeverfahren zu beteiligen             ergriffenen Maßnahmen zur Vermeidung von
        –, das Betroffenen oder sonstigen Personen, die                 Menschenrechtsverletzungen erklären. Hierüber gibt
        Kenntnis über Verstöße erlangen, ermöglichen soll,              auch die Gesetzesbegründung keinen Aufschluss.
        entsprechende Risiken und Verletzungen
        vorzubringen.                                               III Kein neuer zivilrechtlicher
    •   Stufe 1: Wenn in einem Unternehmen – wie ganz                   Haftungstatbestand
        regelmäßig (!) – ein Risiko festgestellt wird, muss es
                                                                    Ein spezialgesetzlicher Haftungstatbestand bei Verletzung
        ohne schuldhaftes Zögern eine angemessene
                                                                    der unternehmerischen Sorgfaltspflichten hat trotz
        Präventionsmaßnahme ergreifen und auch eine
                                                                    vielfältiger Forderungen politischer Kreise keinen Eingang in
        Grundsatzerklärung über seine
                                                                    den Regierungsentwurf gefunden. Es ist zu
        Menschenrechtsstrategie verabschieden. Da wohl
                                                                    Schadensersatzpflichten überhaupt nichts geregelt worden.
        kaum ein Unternehmen vollkommen risikofrei sein
                                                                    Damit bleiben aber sowohl die allgemeinen Vorschriften
        wird, wird die Pflicht zur Ergreifung solcher
                                                                    insbesondere des Deliktsrechts als auch die deutschen
        Maßnahmen wohl (fast) alle Unternehmen treffen, die
                                                                    Regelungen des internationalen Privatrechts zunächst
        vom geplanten Sorgfaltspflichtengesetz umfasst
                                                                    unberührt. Eine Haftung kann somit (nur) nach allgemeinen
        werden. Präventionsmaßnahmen umfassen etwa die
                                                                    Vorschriften erfolgen, was bedeutet, dass Haftungsprozesse
        Einbeziehung von menschenrechts- und
                                                                    vor deutschen Gerichten weiterhin nicht auszuschließen sind.
        umweltbezogenen Erwartungen bei der Auswahl von
                                                                    Eindeutig bleibt zudem eine mögliche Binnenhaftung der
        unmittelbaren Zulieferern, die Implementierung von
                                                                    Geschäftsleitung gegenüber dem Unternehmen (§ 93 Abs. 2
        entsprechenden vertraglichen Kontrollklauseln und
                                                                    S. 1 AktG, § 43 Abs. 2 GmbHG), wenn diesem wegen der
        die Durchführung von risikobasierten
                                                                    Auferlegung eines Bußgeldes oder des Ausschlusses von
        Kontrollmaßnahmen.
                                                                    öffentlichen Aufträgen ein Schaden entsteht und dies z.B. auf
    •   Stufe 2: Bei Feststellungen von eingetretenen oder          eine im Hinblick auf die neuen gesetzlichen Standards
        unmittelbar bevorstehenden Verletzungen müssen              „mangelhafte“ Einrichtung oder Durchführung des
        Unternehmen unverzüglich angemessene                        Compliance-Management-Systems zurückzuführen ist.

Freshfields Bruckhaus Deringer       Regierungsentwurf zum „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“   3
                                                                            März 2021
Der Gesetzesentwurf sieht zudem eine                               Bußgelder bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen
Prozessstandschaftsregelung für NGOs und Gewerkschaften            weltweiten Konzernjahresumsatzes verhängt werden. Die
vor, wodurch diese unter bestimmten Voraussetzungen                Höhe des Konzernjahresumsatzes darf zu diesen Zwecken
befähigt werden sollen, im Namen von Betroffenen die               auch geschätzt werden.
Verletzung „überragend wichtiger Rechtspositionen“ vor             Für fahrlässige Zuwiderhandlungen gilt unter Anwendung
deutschen Gerichten geltend machen zu können. Im Wege              von § 17 Abs. 2 OWiG jeweils nur die hälftige Höhe des
der Prozessstandschaft können etwa Leib oder Leben des             genannten Bußgeldhöchstbetrages.
Verletzten und bestimmte andere nach dem
Sorgfaltspflichtengesetz geschützte Menschenrechte geltend         Zusätzlich kann ein Unternehmen von der Vergabe
gemacht werden.                                                    öffentlicher Aufträge (Liefer- Bau- oder
                                                                   Dienstleistungsaufträge) ausgeschlossen werden und zwar
IV Behördliche Kontrolle                                           grundsätzlich bis zur erfolgreichen Selbstreinigung nach
                                                                   GWB, höchstens jedoch für einen Zeitraum von bis zu drei
Für die Einhaltung und Durchsetzung der sich aus dem               Jahren. Voraussetzung für einen Ausschluss von
Gesetz ergebenden Verpflichtungen ist das Bundesamt für            Vergabeverfahren ist die rechtskräftige Auferlegung einer
Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig. Das              Geldbuße von mindestens EUR 175.000. Für bestimmte
BAFA hat zum einen die seitens der betroffenen                     Ordnungswidrigkeiten sollen höhere Schwellenwerte gelten.
Unternehmen jährlich zu veröffentlichenden Berichte zu
überprüfen und zum anderen risikobasierte Kontrollen bzgl.         VI Das deutsche Gesetz im Lichte europäischer
der Einhaltung der auferlegten Pflichten durchzuführen.               Entwicklungen
Letzteres hat zur Folge, dass die Behörde auf Antrag oder von
Amts wegen nach pflichtgemäßem Ermessen tätig wird, wenn           Derzeit wird parallel auf EU-Ebene eine europäische Lösung
eine unmittelbare Rechtsverletzung aufgrund der Nicht-             in Form einer Richtlinie erarbeitet, die wesentlich
Erfüllung der gesetzlich auferlegten Pflichten unmittelbar         weitgehendere Anforderungen an Unternehmen stellen
bevorsteht oder bereits eingetreten ist. Die antragstellende       könnte (insbes. Anwendbarkeit auch für KMUs, keine
Person muss zumindest darlegen, dass ein gewisser                  Beschränkung der Sorgfaltspflichten auf unmittelbare
Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Tätigkeit des           Zulieferer, und Einführung einer spezialgesetzlichen
Unternehmens und der geltend gemachten Rechtsverletzung            Haftungsregelung). Insofern ist nicht auszuschließen, dass
besteht oder zumindest möglich erscheint. Hingegen ist die         sich für den deutschen Gesetzgeber schon bald nach
Darlegung der Sorgfaltspflichtverletzung nicht                     Inkrafttreten des deutschen Sorgfaltspflichtengesetzes
Voraussetzung für ein Antragsrecht, denn dies ist von dem          Nachbesserungsbedarf ergeben könnte, etwa wenn die EU-
BAFA im Wege der Amtsermittlung zu prüfen. Das Konzept             Vorgaben strengere Anforderungen an Unternehmen
der risikobasierten Kontrolle beinhaltet u.a. auch die             vorsähen. Schon direkt als Reaktion auf den RegE äußerte
Befugnis des BAFA, den Unternehmen konkrete Handlungen             EU-Justizkommissar Reynders, dass der
zur Erfüllung ihrer Pflichten aufzugeben.                          Kommissionsentwurf „mehr Zähne“ haben und insbesondere
                                                                   die zuvor aufgeführten Punkte beinhalten werde.
V Sanktionen/Ausschluss von öffentlicher
  Vergabe                                                          VII Was bedeutet ein deutsches
                                                                       Sorgfaltspflichtengesetz für Unternehmen?
Eine vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlung gegen
die durch das Gesetz bestimmten Pflichten stellt eine              In jedem Fall hat schon der RegE „Antriebswirkung“ (in
Ordnungswidrigkeit dar und kann zur Auferlegung eines              Vorwirkung des zu erwartenden Sorgfaltspflichtengesetzes)
Bußgeldes führen. Sanktioniert werden nicht nur                    für verschiedene Bereiche, insbesondere als Ausgangspunkt:
Verletzungen der Sorgfaltspflichten, sondern auch                  •   für eine Grundsatzerklärung zur Menschenrechtsstrategie
Zuwiderhandlungen gegen die Dokumentations- und                        (als Teil der CSR-Politik)
Berichtspflichten. Der Bußgeldrahmen ist abgestuft; für            •   für eine Überprüfung/Anpassung der Corporate Social
schwere (vorsätzlich herbeigeführte) Verletzungen können               Responsibility (CSR)-Politik (einschließlich Spenden und
gegen natürliche Personen Bußgelder bis zu EUR 800.000                 Förderungen und im Hinblick auf die Gewinnung von
verhängt werden. Zu beachten ist zudem der Verweis auf § 30            Talenten und Führungskräften)
Abs. 2 Satz 3 OWiG, womit die angedrohte Bußgeldhöhe von
                                                                   •   für eine Erweiterung des Risikoradars beim Risiko-
EUR 800.000 qua Gesetzesverweis für Unternehmen
                                                                       Management-System, einschließlich des Reputations-
verzehnfacht wird, mithin sich auf EUR 8 Millionen erhöht.
                                                                       und Krisenmanagements, z.B. neue Informationsquellen,
Eine weitere Besonderheit weist der Bußgeldrahmen des
                                                                       Analysetechniken
RegE für juristische Personen oder Personenvereinigungen
mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als
400 Millionen Euro auf. Gegen diese können im Höchstmaß

Freshfields Bruckhaus Deringer      Regierungsentwurf zum „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“   4
                                                                           März 2021
•   für eine Erweiterung des Compliance-Management-                                  Ihre Hauptansprechaprtner:
    Systems, mit Ernennung eines
    Menschenrechtsbeauftragten                                                                               Dr. Boris Kasolowsky
•   für eine Erweiterung des Berichtswesens an den                                                           Partner
    Vorstand und vom Vorstand an den Prüfungsausschuss                                                       T +49 69 27 30 88 44
    des Aufsichtsrats                                                                                        E boris.kasolowsky@freshfields.com
•   für eine Überprüfung/Anpassung der
    Vergütungssysteme für den Vorstand und die
    nachgeordneten Führungskräfte (Stichwort: „Nicht-
    finanzielle Leistungsparameter“)                                                                         Prof. Dr. Christoph H. Seibt
•   für eine Überprüfung/Anpassung der Kriterien für die                                                     Partner
    ESG-Finanzierung (Sustainable Finance)                                                                   T +49 40 36 90 61 60
•   für eine Erweiterung der Due Diligence- und                                                              E christoph.seibt@freshfields.com
    Entscheidungsparameter bei
    Investitionsentscheidungen, M&A-Transaktionen und
    Joint Ventures
                                                                                                             Dr. Mina Aryobsei
Insgesamt ist festzuhalten, dass eine
Perspektivenerweiterung auf neue Chancen und Risiken                                                         Principal Associate
stattzufinden hat und von Unternehmen eine holistische                                                       T +49 69 27 30 82 62
Herangehensweise erforderlich ist.                                                                           E mina.aryobsei@freshfields.com

Unsere Global Business and Human Rights Group hält
Sie zu den weiteren Entwicklungen selbstverständlich auf
                                                                                                             Marius Scherb
dem Laufenden und steht Ihnen bei Fragen jederzeit                                                           Principal Associate
gerne zur Verfügung.                                                                                         T +49 40 36 90 62 58
                                                                                                             E marius.scherb@freshfields.com

                                                                                                             Iris Hammerschmid
                                                                                                             Associate
                                                                                                             T +43 1 515 15 223
                                                                                                             E iris.hammerschmid@freshfields.com

                                                                                                             Dr. Marlen Vesper-Gräske
                                                                                                             Associate
                                                                                                             T +49 40 36 90 62 13
                                                                                                             E marlen.vesper-graeske
                                                                                                              @freshfields.com

                                                                  freshfields.com

      Diese Dokumentation wird zur Verfügung gestellt von der international tätigen Rechtsanwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer LLP (eine Limited
     Liability Partnership nach dem Recht von England und Wales, die der Aufsicht durch die Solicitors Regulation Authority (SRA no. 484861) unterliegt) und
    den assoziierten Partnerkanzleien, die unter dem Namen Freshfields Bruckhaus Deringer in verschiedenen Jurisdiktionen tätig sind (in der Dokumentation
             gemeinsam als „Freshfields“ bezeichnet). Weitere regulatorische Informationen finden Sie unter www.freshfields.com/support/legal-notice.
      Freshfields Bruckhaus Deringer hat Büros in Bahrain, Belgien, China, Deutschland, England, Frankreich, Hong Kong, Italien, Japan, den Niederlanden,
               Österreich, Russland, Singapur, Spanien, Vietnam, den Vereinigten Arabischen Emiraten und den Vereinigten Staaten von Amerika.
    Diese Dokumentation dient der allgemeinen Information und ist nicht als umfassende Darstellung gedacht. Sie kann eine Rechtsberatung nicht ersetzen.
                                                     ©Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 2021 DS103401
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