Regionale Innovationspotentiale in Südostasien Empirische Ergebnisse aus Singapur, Penang (Malaysia) und Thailand
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Regionale Innovationspotentiale in Südostasien Matthias Kiese, Javier Revilla Diez Regionale Innovationspotentiale in Südostasien Empirische Ergebnisse aus Singapur, Penang (Malaysia) und Thailand Matthias Kiese, Hannover, Javier Revilla Diez, Kiel mens- und Beschäftigungsniveau sichern zu können, müssen räumliche Wirtschaftssysteme unterschiedlicher Maßstabsebene (Standorte, Regionen, Nationen) kon¬ 1 Hintergrund und Fragestellung tinuierlich neues Wissen hervorbringen oder anwenden, wie es vor allem innovative Produkte und Fertigungs¬ Die südostasiatischen Schwellenländer konnten in verfahren verkörpern. In welchem Ausmaß dies gelingt, den vergangenen drei Jahrzehnten einen historisch hängt in erster Linie von der regionalen Ausstattung einmaligen wirtschaftlichen Aufholprozeß gegenüber mit Innovationsakteuren ab, insbesondere mit innovie- den etablierten Industrieländern realisieren. Zwischen renden Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes, 1971 und 1996 wuchs das reale Bruttosozialprodukt in wissensintensiven Dienstleistern (Knowledge-Intensive den meisten Ländern dieser Wachstumsregion mit jah¬ Business Services, KIBS) sowie Forschungseinrich- resdurchschnittlichen Raten zwischen sechs und zehn lungen. Interaktive Innovationsmodelle wie das von Prozent (vgl. Schätzl 2000: 234 f.). Nach der Asien¬ Kline & Rosenberg (1986) oder auch Hayeks Kon¬ krise von 1997/98 kehrten die meisten der aufstre¬ zept der Wissensteilung (Hayek 1976) implizieren, benden Volkswirtschaften der Region zunächst schnell daß die Innovationsfähigkeit einer Region außerdem wieder auf den Wachstumspfad zurück. Dennoch blei¬ maßgeblich von den Interaktionen der Innovati¬ ben Zweifel an der Nachhaltigkeit des «Asian Mira¬ onsakteure sowie ihrem weiteren Handlungsumfeld cle» (Weltbank 1993) zurück, das Krugman (1994) beeinflußt wird. Dieser Erkenntnis tragen die Kon¬ wegen des in ökonometrischen Studien nachgewiese¬ zepte territorialer (nationaler, regionaler) Innovati¬ nen geringen Beitrags des technischen Fortschritts als onssysteme Rechnung: Das Konzept der nationalen «Mythos» bezeichnete. Innovationssysteme wurde unabhängig voneinander von Freeman (1987). Lundvall (1992) und Nelson Obwohl der technische Fortschritt als eine entscheidende (1993) eingeführt, während der Begriff der regionalen Determinante zur Beurteilung der Zukunftsperspekti¬ Innovationssysteme auf Cooke (1992) zurückgeht. Da ven der südostasiatischen Schwellenländer gilt, liegen neues Wissen zunächst noch unvollständig kodifiziert ist repräsentative empirische Erhebungen zur Verbreitung («implizites Wissen», Polanyi 1985), wird dessen Aus¬ von Innovations- und Kooperationsaktivitäten auf der tausch durch die/hce-ro/nce-Kontakte ermöglichende Mikro-Ebene von Unternehmen in Südostasien bislang räumliche Nähe der Innovationsakteure begünstigt. nicht vor. Während ökonometrische Studien mit einer Dieser Aspekt bildet einen zentralen Bestandteil der Reihe methodischer und inhaltlicher Probleme behaftet geographischen Innovationsforschung, wo er empirisch sind, können Fallstudien allenfalls exemplarische Evi¬ in dersp/V/over-Forschung oder theoretisch in den Kon¬ denz liefern. In einigen Ländern Südostasiens werden von zepten der regionalen Innovationssysteme sowie der staatlicher Seite periodische Erhebungen der Forschungs¬ innovativen bzw. kreativen Milieus (vgl. Schätzl 2003: und Entwicklungsaktivitäten durchgeführt,beispielsweise 231 f.; Koschatzky 2001, Kap. 5) Ausdruck findet. seit 1978 in Singapur (jährlich seit 1990, zuletzt Agency for Science,Technology and Research 2003) oder seit Neben den neuen Erkenntnissen der geographischen 1992 alle zwei Jahre in Malaysia (zuletzt Malaysian Sci¬ Innovationsforschung sind weitere Aspekte im Ent- ence and Technology Information Centre 2002). Diese wicklunsgprozeß Südostasiens zu beachten: Erhebungen vermögen jedoch nur die Spitze des Eis¬ 1. Nachholende Industrialisierung: Die späte Indu¬ bergs der Innovationsaktivitäten in Entwicklungs- und strialisierung bietet den Schwellenländern Südost¬ Schwellenländem zu erfassen. Wie Wong (1995:2) betont, asiens die Möglichkeit, auf die neuesten verfügbaren kommt der Generierung technischen Wissens mittels For¬ Technologien der Industrieländer zurückzugreifen schung und Entwicklung (F&E) in Schwellenländern und so ältere Stufen der technologischen Entwick¬ eine geringere Bedeutung zu als in Industrieländern; lung zu überspringen. Diesem leapfrogging-Argu¬ von größerer Relevanz sei dagegen die Diffusion von ment steht jedoch die evolutionsökonomischeThese importiertem Wissen durch Adoption und Adaption. Auf von der Pfadabhängigkeit der ökonomisch-techni¬ F&E beschränkte Erhebungen greifen demnach in diesen schen Entwicklung gegenüber. Ländern zu kurz. 2. Dominanz multinationaler Unternehmen (MNU): Adäquate Absorptionskapazitäten vorausgesetzt, Um in einem zunehmend internationalen und wissens¬ kann die hohe Präsenz von MNU südostasiatischen intensiven Standortwettbewerb ein hohes Einkom¬ Schwellenländern den Zugriff auf weltweit ver-
Geographica Helvetica Jg. 59 2004/Heft 1 fügbares technisches Wissen ermöglichen. Hiermit 1998; Maskell et al. 1998). Auch hier ist der Ausgangs¬ sind jedoch auch Gefahren für die Entwicklung punkt das interaktive Innovationsmodell, das starke endogener technologischer Kompetenzen verbun¬ Rückkopplungsprozesse und somit intensive Verflech¬ den. tungsbeziehungen zwischen unterschiedlichen Akteu¬ 3. Kulturelle Determinanten: Zu den Faktoren, die ren betont. Die Autoren übertragen die systemischen im Rahmen eines Innovationssystems das Inno¬ Elemente eines nationalen Innovationssystems auf die vations- und Kooperationsverhalten der Akteure regionale Ebene. Kernaussage ist, daß in Regionen beeinflussen, zählt nicht zuletzt auch das kulturelle spezifische Umfeldbedingungen und Verflechtungsbe¬ Umfeld. ziehungen zwischen unterschiedlichen Akteuren anzu¬ treffen sind, die das regionale Innovationsgeschehen Vor diesem Hintergrund zielt der vorliegende Beitrag beeinflussen und sich positiv oder negativ auf die darauf ab, das regionale Innovationspotential sowie die Ausschöpfung des regionalen Innovationspotentials Kooperationsbeziehungen zwischen den Innovations¬ auswirken. Im Zentrum eines regionalen Innovations¬ akteuren in den ausgewählten Untersuchungsregionen systems stehen folgende Akteure (Cooke & Morgan Singapur, Penang (Malaysia) und Thailand empirisch zu 1998): untersuchen und vergleichend zu bewerten. Zur besse¬ - Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes: Unter¬ ren Einordnung der Untersuchungsregionen sollen auch nehmen sind zum einen Empfänger neuen Wissens die im Rahmen des ERIS (European Regional Inno¬ bzw. neuer technologischer Problemlösungen; zum vation Survey)-Projekts in elf europäischen Regionen anderen sind sie in der Lage, durch eigene F&E- erhobenen Daten in den Vergleich eingebunden werden. Anstrengungen neues Wissen zu generieren. Die vorgestellten Analysen sind Ergebnis von For¬ - Unternehmens- bzw. innovationsorientierte Dienst¬ schungsprojekten, die von der Deutschen Forschungsge¬ leistungsunternehmen: Auch sie sind sowohl Emp¬ meinschaft (DFG) mit Sachbeihilfen unterstützt wurden fänger als auch Entwickler neuen Wissens. Im («Entwicklung regionaler Innovationspotentiale und Zuge der zunehmenden Flexibilisierung und Spe¬ innovativer Netzwerke in Südostasien» DFG-Gz.:SCHA zialisierung der Produktion greifen Unternehmen 198/38-1) sowie zahlreichen Projekten im Rahmen des Verarbeitenden Gewerbes bei der Realisierung des DFG-Schwerpunktprogramms «Technologischer von Produkt-, Prozeß- und/oder organisatorischen Wandel und Regionalentwicklung in Europa» (vgl. Innovationen immer stärker auf spezialisierte Dienst¬ Schätze & Revilla Diez 2002). leistungsunternehmen zurück. - Forschungseinrichtungen: In der Regel aus Mitteln Die vorgestellten Ergebnisse konzentrieren sich auf das der öffentlichen Hand finanziert, betreiben sie Verarbeitende Gewerbe in Singapur, Penang und Thai¬ Grundlagen- und angewandte Forschung. Sie sind land. Nach einer kurzen Einführung in die theoretischen wesentlich an der Entstehung und Diffusion neuen und methodischen Grundlagen des Forschungsprojekts Wissens beteiligt. Über internationale Forschungs¬ sollen im vierten Abschnitt Ergebnisse aus drei thema¬ kooperationen haben sie Zugang zu international tischen Schwerpunkten der Untersuchung vertieft dis¬ verfügbarem Wissen, das durch enge Zusammenar¬ kutiert werden: die technologische Leistungsfähigkeit beit mit regionalen Akteuren auch zur Lösung regio- der Industrieunternehmen in den Untersuchungsregio¬ nal-/lokalspezifischer Unternehmensprobleme ange¬ nen, ihre Neigung zu Kooperationen mit externen Part¬ wendet werden kann («Antennenfunktion», vgl. nern im Innovationsprozeß sowie die räumliche Ver¬ Revilla Diez 2000:459-461). teilung dieser Kooperationspartner bzw. Reichweiten der Kooperationsbeziehungen. Abschließend werden Die Umfeldbedingungen werden durch folgende Ele¬ die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefaßt und mente beeinflußt: ungelöste Forschungsfragen aufgeworfen. - Innovations- und diffusionsunterstützende Einrich¬ tungen des privaten und öffentlichen Sektors: Unterschiedliche Einrichtungen versuchen, die Ent¬ 2 Theoretische Grundlagen stehung und den Transfer von Wissen zwischen Wissensproduzenten und Anwendern bzw. Nutzern Zentrale Begriffe der neueren Ansätze zur Inno¬ zu verbessern. Hierzu zählen Transfer- und Infor- vationsforschung sind institutionelle Rahmenbedin¬ mationsvermittlungsstellen,Technologie- und Grün¬ gungen, kollektives Lernen und Kooperation. Stand derzentren, Kammern, aber auch Finanzinstitutio¬ zu Beginn noch der Nationalstaat im Vordergrund, nen wie etwa Banken. kommt der Region eine immer größere Bedeutung - Marktimpulse: Der Markt ist ein wichtiger An¬ zu. Die stärkere Betonung der regionalen und lokalen reizmechanismus für die Realisierung von Pro¬ Ebene hat seit Beginn der 90er Jahre zahlreiche dukt-, Prozeß- oder organisatorischen Innova¬ Arbeiten zu regionalen Innovationssystemen entste¬ tionen. Technologische Neuerungen, z.B. in Form hen lassen (Cooke & Morgan 1998; Braczyk et al. neuer Produkte, gelangen über den Markt an
Regionale Innovationspotentiale in Südostasien Matthias Kiese, Javier Revilla Diez die Verbraucher. Bereits in frühen Phasen des Um Aussagen über das regionale Innovationspotential Innovationsprozesses kommt es zu Wechselwir¬ treffen zu können, muß eine Analyse der genannten kungen zwischen Markt und Entwicklern (vgl. Akteure erfolgen, insbesondere der Industrieunter¬ Hippel 1988). nehmen, der unternehmensnahen Dienstleister sowie - Bildungssystem: das Bildungssystem ist verantwort¬ der Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen. Nur lich für die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeits¬ so lassen sich Verflechtungsbeziehungen zwischen den kräfte, die einerseits bei der Wissensentstehung, Interaktionspartnern feststellen und ggf. durch Intensi¬ aber auch bei der Umsetzung in Produkte bzw. Pro¬ vierung und Initiierung von intra- und interregionalen zesse beteiligt sind. Netzwerken regionale Entwicklungsengpässe beseiti¬ - Staat bzw. öffentliche Verwaltung: In Abhängigkeit gen. Eine Konzentration auf Verflechtungsbeziehun¬ von ihrer direkten Einflußnahme können sie sich gen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, wie sie positiv auf das Innovationsverhalten in einer Region in der Technologietransferdebatte Anfang der 80er auswirken, z.B. indem sie die F&E-Kapazitäten Jahre erfolgte, reicht nicht aus, um ein regionales Inno¬ der Unternehmen und der Forschungseinrichtun¬ vationssystem zu erfassen. Unter Berücksichtigung gen stärken sowie die Zusammenarbeit zwischen des nicht-linearen Innovationsmodells erhält die Ana¬ diesen Akteuren fördern. lyse von innovativen Netzwerken zwischen Unterneh¬ - Unternehmenskultur: Die Funktionsfähigkeit eines men sowie zwischen Unternehmen und öffentlichen regionalen Innovationssystems hängt entscheidend Forschungseinrichtungen besondere Beachtung. Aus davon ab, in welchem Maße die unterschiedlichen Sicht der Innovationsgeographie stellt sich die Frage, Akteure miteinander vernetzt sind und gemein¬ welche Bedeutung der räumlichen Nähe der Akteure same Lösungen anstreben. Das setzt eine Koope¬ im Innovationsprozeß zukommt. rationsneigung voraus, die im Wesentlichen von einer gemeinsamen Vertrauensbasis abhängig ist. Das sozio-kulturelle Umfeld kann institutionelle 3 Methodische Vorgehensweise Regelungen hervorbringen, die zu routinemäßigen Verhaltensmustern und zur Verringerung von Unsi¬ Das in zwei Phasen zwischen 1995 und 1999 durch¬ cherheiten führen können. geführte European Regional Innovation Survey (ERIS) stellte einen ersten Versuch dar, regionale Innova¬ Im Innovationsprozeß können Netzwerke bei der tionspotentiale sowie die intra- und interregionalen Partnersuche, der gemeinsamen Forschung und Ent¬ Kooperationsbeziehungen von Innovationsakteuren wicklung und der Diffusion technischer Innovation empirisch zu erfassen und vergleichend zu bewerten. entscheidend zur Senkung von Transaktionskosten bei¬ Dabei wurden in elf europäischen Regionen ver¬ tragen (Picot 1982; Williamson 1989; Meyer 1995; wertbare Daten von rund 8.600 Innovationsakteuren Scheidt 1995). Bestehende Institutionen können erhoben, darunter 4.200 Industrieunternehmen, 2.500 dabei die Höhe der Transaktionskostenreduzierung wissensintensive Dienstleister und 1.900 Forschungs¬ entscheidend beeinflussen (Herden 1992). Neben einrichtungen. Eine Übersicht über die erste Phase geeigneten formalen Rahmenbedingungen prägen dieses Projekts bieten Fritsch, Koschatzky, Schätzl informelle Institutionen (z.B. kulturelle Standards) et al. (1998), über den Stand nach Abschluß der zwei¬ die Austauschbeziehungen zwischen den Akteuren ten Phase berichtet Sternberg (2000). und erklären somit die unterschiedliche Innova¬ tionsfähigkeit und Wirtschaftsleistung von Regionen Beim Design der Fragebögen für die postalischen und Ländern. Räumliche Nähe, gute Kommuni¬ Erhebungen in Singapur, Penang und Thailand galt kationsverbindungen, ein gemeinsamer kultureller es, maximale Vergleichbarkeit mit der ERIS-Untersu- Hintergrund und eine entwickelte Innovationsinfra¬ chung und anderen empirischen Studien wie dem Com¬ struktur können somit einen Katalysator zur Nutzbar¬ munity Innovation Survey der Europäischen Kommis¬ machung des regionalen Innovationspotentials darstel¬ sion (2001) oder dem Mannheim Innovation Panel len (Tödtling 1994; Grabher 1993; Häkanson 1987). des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung Das regionale Innovationspolential wird verslanden (u. a. Janz & Licht 1999; Janz, Ebling, GorrscHALK als die Ausprägung aller Faktoren, die die Innovati¬ et al. 2001) zu gewährleisten. Andererseits mußte onsleistung einer Region bestimmen bzw. hemmen. bestimmten Spezifika der Untersuchungsregion sowie Es wird geprägt durch die Innovationsakteure einer den Interessen der lokalen Kooperationspartner Rech¬ Region, d.h. vornehmlich Unternehmen und For¬ nung getragen werden. Die resultierenden Fragebögen schungseinrichtungen sowie durch die Nutzung der stellen somit einen Kompromiß dar, in dem die regionalen Wissens- und Technikbasis und des innova¬ Kernelemente der ERIS-Befragungen jedoch erhallen tions- und diffusionsunterstützenden Dienstleistungs¬ werden konnten: angebots, z. B. von Transfer- und Informationsvermitt¬ - Allgemeine Informationen: Einleitend wurden all¬ lungsstellen. gemeine Betriebsmerkmale wie Alter, Größe (Um-
10 Geographica Helvetica Jg. 59 2004/Heft satz, Kapitalstock, Beschäftigte). Branche, Besitz¬ Institute & Universität Hannover 2001; Ong 2001). verhältnisse, Funktionalstruktur, Exportanteil, Qua¬ eine umfassendere Auswertung der Daten sowie weite¬ lifikationsniveau der Beschäftigten usw. abgefragt. In rer Interviews erfolgt in Stracke (2003). der Analyse können diese Variablen zur Erklärung von Unterschieden im Innovations- und Kooperati¬ Auf Basis der in Singapur und Penang verwendeten onsverhalten herangezogen werden. Fragebögen führte das Beratungsunternehmen The - Innovationsaktivitäten: Innovierende Unterneh¬ Brooker Group Public Company Limited im Auftrag men, die in den letzten drei Jahren ein neues oder der National Science and Technology Development substantiell verbessertes Produkt oder ein ebensol¬ Agency (NSTDA) zwischen Januar und April 2001 ches Fertigungsverfahren eingeführt haben, wurden die erste landesweite F&E- und Innovationserhebung nach Details zu ihrem Innovationsverhalten befragt. in Thailand durch, die von den Autoren wissenschaft¬ Dabei wurden sowohl Inputindikatoren (Personal lich begleitet wurde. Aus den 13.415 umsatzstärksten und Aufwendungen für F&E bzw. Innovationen) thailändischen Unternehmen wurde mit Hilfe einer als auch t/irofrfg/ipi
Regionale Innovationspotentiale in Südostasien Matthias Kiese, Javier Revilla Diez 11 Region Land Jahr" Rücklauf Rücklaufquote Baden Deutschland 1995 430 15.8% Hannover-Braunschweig-Göttingen Deutschland 1995 372 20.6% Sachsen Deutschland 1995 1.004 16.7% Elsaß Frankreich 1997 263 15.0% Barcelona Spanien 1997 395 15.3% Gironde Frankreich 1997 101 12.7% Slowenien Slowenien 1997 416 31.2% Süd-Holland Niederlande 1997 261 13.7% Süd-Wales Verein. Kgr. 1997 280 17.6% Stockholm Schweden 1997 451 24.0% Wien Österreich 1997 204 19.9% ERIS-11 4.177 19,7% Singapur Singapur 1499 374 20.0% Penang Malaysia 2000 192 20,8% Thailand Thailand 2000 1.019 47.0% ' Start der Befragungen Tab. Projektgeschichte und Rücklauf (nur Verarbeitendes Gewerbe) 1: Project background and response (only manufacturing sector) Histoire du projel et retrospective (uniquemenl pour les activites de transformation) Daten: Eigene Erhebungen (vgl. Kap. 3) den rudimentären Daten Glauben, hat sich der Abstand ab. In Thailand erwirtschaften die Unternehmen sogar zu den Industrieländern seit 1980ehervergrößert.Auch nur 4,7% ihres Umsatzes mit neuen oder signifikant die Forscherdichle lag in Malaysia und Thailand Mitte verbesserten Produkten. Der von input- über through- der 1990er Jahre deutlich unter dem Wert Singapurs. pul- zuoulpul-lndikaloren zunehmende technologi¬ sche Rückstand läßt auf eine im Durchschnitt gerin¬ Während die auf volkswirtschaftlicher Ebene aggre¬ gere Effizienz betrieblicher Innovationsanslrengungen gierten Daten eine rasche Verringerung der techno¬ in Singapur. Penang und Thailand schließen, die durch logischen Lücke Singapurs gegenüber den führenden interne Managemenlprobleme oder ein ungünstigeres Industrienationen belegen, weist der Vergleich der externes Umfeld bedingt sein kann. Ergebnisse unserer Erhebungen mit den ERIS-Daten einen deutlichen Rückstand aller südostasiatischen Ein Vergleich der drei südostasiatischen Untersu¬ Untersuchungsregionen auf Unternehmensebene aus chungsregionen untereinander zeigt zunächst, daß (Tab. 3). Dieser Rückstand ist am geringsten beim Penang und Singapur trotz des deutlichen Vorsprungs Anteil innovierender Unternehmen: Während in den Singapurs im nationalen Vergleich auf einer ähnlichen ERIS-Regionen durchschnittlich 78% aller Unterneh¬ technologischen Entwicklungsstufe stehen. Penang, men die Einführung eines neuen oder substantiell ver¬ das als «Silicon Island» (u. a. Ciiin & Lee 1999) über besserten Produktes oder Fertigungsverfahrens anga¬ einen bedeutenden Cluster multinationaler Elektronik- ben, waren es in Singapur 39% und in Penang 42%. Unternehmen verfügt, hat einen höheren Anteil inno¬ Formale F&E sowie der Schutz geistigen Eigentums vierender Unternehmen, andererseits aber einen etwas durch Patente spielen dagegen eine geringere Rolle. geringeren Anteil F&E betreibender und Patente Am größten ist der Rückstand jedoch beim Umsatz¬ anmeldender Unternehmen. Thailand weist dagegen anteil neuer Produkte. Während dieser in den ERIS- bei allen erhobenen Indikatoren deutliche Rückstände Regionen rund 50% beträgt, liegt er in Singapur und gegenüber Singapur und Penang auf. Insgesamt sind Penang nur bei etwa 12.5%. Rechnet man multinatio¬ diese Erhebungsergebnisse konsistent mit der sekun¬ nale Unternehmen heraus, sinkt dieser Werl auf 8% därstatistischen Evidenz: Singapur hat bereits eine
12 Geographica Helvetica Jg. 59 2004/Heft 1 a) Anteil der Bruttoaufwendunge n für F&E in % des BIP 1980 1985 1990 1995 2000 Singapur 0.26" 0,542' 0.86 1.16 1.91 Malaysia n.v. n.v. 0,403) 0,244) 0.50 Thailand 0,39 0,34 0.18 0.13 n.v. "1981 2'l984 3)1992 4)1996 b) Forschei je 1 Mio. Einwohner 1980 1985 1990 1995 Singapur 485" 908 1.426 2.318 Malaysia n.v. 1822' 3274) 936' Thailand n.v. 1053) 875) 118 ) 1981 2) 3,1987 4'1988 5) 6) 1983 1989 1996 Tab. 2: Sekundärstatistische Inputindikatoren: Singapur, Malaysia und Thailand im Vergleich Industrial Statistical input indicators: Singapore, Penang (Malaysia) and Thailand in comparison Indicateurs industriels: comparaison entre Singapour, la Malaisie et la Thailande Daten: UNESCO (Statistical Yearbook 1999); NSTB (National Survey of R&D in Singapore, div. Jg.) höhere technologische Entwicklungsstufe erreicht als Wie in den ERIS-Regionen sind auch in Südostasien Malaysia und Thailand, innerhalb Malaysias stellt vertikale Kooperationsmuster vorherrschend: Die Penang jedoch eine /?/g/!-rec/7-Enklave dar. wichtigsten Partner sind Kunden, gefolgt von Zulie¬ ferern und ausländischen Mutterunternehmen. Dies 4.2 Innovation als interaktiver Prozeß bestätigt die in der Literatur vertretene Auffassung, In der Innovationsforschung hat sich seit den 1980er daß die wichtigsten Kanäle des Technologietransfers Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, daß Innovati¬ in Schwellenländern zwischen den Hauptquartieren onsprozesse zumeist nicht linear ablaufen, sondern von Multinationalen Unternehmen (MNU) und ihren vielmehr durch ein hohes Maß an Komplexität und lokalen Zweigniederlassungen sowie zwischen lokalen Rückkopplungen in allen Phasen gekennzeichnet sind Zulieferern und deren technologisch fortgeschrittenen (u.a. Kline & Rosenberg 1986; Koschatzky 2001: Abnehmern (in Industrieländern oder MNU vor Ort) 44-48). «No business is an island» (Häkanson & Sne- verlaufen. Variationen in der relativen Bedeutung hota 1997) - diese Kernaussage neuerer Innovati¬ von Forschungseinrichtungen zwischen den Unter¬ onsmodelle findet sich in unseren Erhebungsergebnis¬ suchungsregionen reflektieren i.d.R. deren quantita¬ sen bestätigt: Nahezu alle Unternehmen kooperieren tive und qualitative Präsenz in der Region, die vor in ihren Innovationsprojekten mit externen Partnern allem in Penang noch gering entwickelt ist. Hori¬ (Tab. 4). Rund 90% gaben sogar intensive Kooperati¬ zontale Kooperationsbeziehungen mit Wettbewerbern onsbeziehungen zu mindestens einem Partner an. Es oder sonstigen Unternehmen spielen dagegen wie in läßt sich feststellen, daß Unternehmen in Singapur, Europa nur eine untergeordnete Rolle. Penang und Thailand im Rahmen ihrer Innovations¬ projekte häufiger auf Kooperationen zurückgreifen als 4.3 Raummuster der Kooperationsbeziehungen ihre europäischen Pendants. Zwei Erklärungsansätze Eine zentrale Untersuchungshypothese widmete sich stehen hierfür zur Verfügung: Erstens läßt eine stärkere dem Zusammenhang zwischen Kooperationsneigung Kooperationsneigung nach der ressourcenbasierten und räumlicher Entfernung der Kooperationspartner. Theorie der Unternehmung auf eine schlechtere Aus¬ Es wird erwartet, daß räumliche Nähe in den Frühpha¬ stattung südostasiatischer Unternehmen mit innova¬ sen des Innovationsprozesses den Austausch des noch tionsrelevanten Ressourcen schließen (vgl. Penrose unvollständig kodifizierten Wissens fördert. Abb. ver¬ 1 1959; Pralahad & Hamel 1990, siehe auch Wong gleicht die Kooperationsreichweiten nach Partnern der 1999), zweitens reflektiert sie einfach das höhere Maß Industrieunternehmen in Singapur. Penang und den an externer Kontrolle. drei metropolitanen ERIS-Regionen Barcelona, Wien
Regionale Innovationspotentiale in Südostasien Matthias Kiese, Javier Revilla Diez 13 Innovationsprozeß Input Throughj )Ul Output Region Land F&E" Patente2' Innovierend Innovativ gesamt Produkt Prozeß gesamt Produkt Prozeß ERIS total 78,4% 24.1% 78,1% 69,5% 62,6% n.e. 49.8% n.e. ERIS-Maximum 88.5% 36,0% 93,9% 79,1% 79.3% n.e. 66.0% n.e. ERIS-Minimum 70,0% 10,3% 62,0% 49,0% 45.0% n.e. 32,8% n.e. Singapur Singapur 29.7% 7,8% 39.0% 30,2% 29.4% 19,5% 12,3% 15,7% - lokale Unternehmer Singapur i 25,2% 5,5% 31,2% 21.2% 22.8% 13,5% 8,1% 10,3% -MNU Singapur 37,2% 11.7% 52,6% 46.0% 40.9% 29,9% 19.7% 25,0% Penang Malaysia 26.6% 5,8% 42,4% 34,6% 38,7% 20,9% 12,6% 16,2% - lokale Unternehmer Malaysia i 23,9% 3,7% 36.6% 28.4% 32,1% 14,9% 8,1% 12,7% -MNU Malaysia 32.8% 10.3% 56.1% 49,1% 54,4% 35,1% 22.8% 24.6% Thailand Thailand 15,1% 2,2%5) 17,8% 13,9% 12,8% 7,5% 4.7% 5,6% - lokale Unternehmer Thailand l 16,1% 2,1%'' 18,8% 15,4% 13,3% 7.6% 5.1% 6,1% -MNU Thailand 12,3% 2,3 %5' 14.6% 9,6% 11,2% 6.9% 3,5% 4,2% 1) Anteil der Forschung und Entwicklung betreibenden Unternehmen 2) Anteil der Unternehmen mit Patentanmeldungen in den letzten drei Jahren 3) Anteil der Unternehmen, die in den letzten drei Jahren neue oder substantiell verbesserte Produkte oder Verfahren einführten Anteil der Unternehmen, deren Anteil neuer Produkte (Prozesse) am Umsatz (Produktionsvolumen) mindestens 25% beträgt 5) In Thailand wurden nur F&E betreibende Unternehmen nach ihrer Patentaktivität befragt. n.e. nicht erhoben Tab. 3: Innovationsindikatoren: Untersuchungsregionen im Vergleich Innovation indicators: survey areas in comparison Indicateurs d'innovation: comparaison des regions soumises ä I'enquete Daten: Eigene Erhebungen (vgl. Kap. 3) und Stockholm. In Thailand wurde die räumliche Innovationssysteme, während Kooperationen auf der Verteilung der Kooperationspartner dagegen nicht mondialen Maßstabsebene wenig verbreitet sind. In¬ abgefragt. Das Netzdiagramm unterscheidet zwischen traregionale Kooperationen sind besonders für die intraregionalen Kooperationen, nationalen Koope¬ Zusammenarbeit mit Dienstleistern und Forschungs¬ rationen, Kooperationen innerhalb der respektiven einrichtungen von Bedeutung, vertikale Kooperatio¬ Integrationsräume (Europa bzw. ASEAN - Associa¬ nen mit Abnehmern bzw. Zulieferern entlang der tion of Southeast Asian Nations) sowie darüber hinaus¬ Wertschöpfungskette sind dagegen räumlich stärker gehenden Verflechtungen. Dabei läßt sich die Fläche diversifiziert. der Polygone als Bedeutung der Kooperationspartner interpretieren, während ihre Form auf die räumliche Die Innovationskooperationen von Industrieunter¬ Ausrichtung bzw. die Reichweiten der innovationsre¬ nehmen in Singapur und Penang weisen dagegen ein levanten Kooperationen hinweist. ausgeprägt diskontinuierliches Raummuster auf. 86% bzw. 68% aller innovierenden Unternehmen unterhal¬ In den europäischen Regionen läßt sichbeobachten, ten intensive Kooperationen mit Partnern außerhalb daß die Kooperationsintensilät allgemein mit zuneh¬ Südostasiens, aber nur gut 40% mit Partnern in den mender Entfernung der Partner abnimmt. Hier kon¬ benachbarten ASEAN-Staten. Die meisten Unterneh¬ zentrieren sich die Kooperationsbeziehungen zu glei¬ men «überspringen» damit die technologisch weniger chen Teilen auf die regionalen sowie nationalen entwickelten Nachbarländer und kooperieren direkt
14 Geographica Helvetica Jg. 59 2004/Heft 1 Singapur Penang Thailand ERIS-3 (n=144) (n=79) (n=177) (n= 871) intensiv intensiv intensiv intensiv Beliebiger Partner 92,4% 87.3% 88.7% 79.9% Kunden, Abnehmer 67,4% 75.9% 70.1% 55.3% Zulieferer 46,5% 55.7% 60,5% 37.7% Mutterunternehmen, verbundenes Unternehmen 58.3% 44,3% 42,4% n.e. Forschungseinrichtungen 27.1% 11,4% 21,5% 23,1% Nicht-technische Dienstleister 13,2% 21,5% 12,4% } 42,4% Technische Dienstleister 27,8% 38,0% 20,3% Wettbewerber 9,6% 13,9% 16,9% 17.9% Sonstige Unternehmen 12,5% 6.3% 10,7% ERIS-3 Metropolitane Innovationssysteme Barcelona, Wien, Stockholm n.e. nicht erhoben Tab. Häufigkeit intensiver innovationsorientierter Kooperationsbeziehungen im Verarbeitenden Gewerbe 4: nach Untersuchungsregionen und Partnern Distribution of intensive innovation-oriented co-operation between manufacturing industries according to survey area and partner Frequence des relations de Cooperation en matiere d'innovation dans les activites de transformation, par region et partenaires soumis et Tinvestigation Daten: Eigene Erhebungen (vgl. Kap. 3) mit Partnern inden führenden Technologieregionen ausgerichtet sind, arbeiten lokale Unternehmen auf¬ in Nordamerika, Europa und Japan. In Singapur wie grund ihrer geringeren Größe häufiger mit Dienst¬ in Penang läßt sich beobachten, daß MNU aufgrund leistern, aber seltener mit Forschungseinrichtungen ihrer Konzerneinbettung und Absatzmärkte stark auf zusammen. mondiale Kooperationen ausgerichtet sind. Für lokale Unternehmen sind dagegen Kunden in der Region Unter den in Penang befragten innovierenden Unter¬ der wichtigste Kooperationspartner - mutmaßlich nehmen sind Kooperationen weniger verbreitet als also MNU-Tochterunternehmen in Singapur und in Singapur. Die bestehenden innovationsrelevanten Penang. Nachfolgend sollen die Unterschiede in den Verflechtungen sind in stärkerem Maße mondial aus¬ räumlichen Kooperationsmustern zwischen den beiden gerichtet, da die technologische Basis in der Region südostasiatischen Untersuchungsregionen herausgear¬ weniger entwickelt ist als in Singapur. Letzteres ist beitet werden. auch für die Kooperationsreichweiten nach Partnern von Bedeutung: Anders als in ERIS-3 oder Singapur In Singapur dominieren Kooperationen auf nationa¬ sind vertikale Kooperationen noch am stärksten loka¬ ler und mondialer Ebene, während Kooperationspart¬ lisiert, insbesondere downstream linkages mit Kunden. nern im Integrationsraum ASEAN kaum Bedeutung Anderswo stark regionalisierte Kooperationen mit zukommt. Nach Partnern differenziert, ergibt sich Dienstleistern laufen in Penang v. a. auf der mon- das gleiche Bild wie in den europäischen Unter¬ dialen Ebene ab. Intensive Kooperationen mit For¬ suchungsregionen: Kooperationen mit Dienstleistern schungseinrichtungen, die in der Frühphase des Inno¬ und Forschungseinrichtungen konzentrieren sich vor¬ vationsprozesses bedeutsam und daher besonders auf nehmlich auf die regionale Ebene, während vertikale räumliche Nähe angewiesen sind, haben in Penang Verflechtungen am stärksten über die betrachteten dagegen praktisch keine Bedeutung. Diese Anomalien Maßstabsebenen streuen. Die Unterschiede zwischen sind im Wesentlichen auf Angebotslücken in der tech¬ MNU und lokalen Unternehmen sind in Singapur eher nologischen Infrastruktur Penangs zurückzuführen. graduell denn prinzipiell: Während MNU allgemein geringfügig stärker auf internationale Kooperationen Im Verlauf des Innovationsprozesses wird impli-
Regionale Innovationspotentiale in Südostasien Matthias Kiese, Javier Revilla Diez 15 UK17. UK)7< Penang Region ERIS-3 Region 757. 75% "- 5 7. Rest der v
16 Geographica Helvetica Jg. 59 2004/Heft 1 zites Wissen kodifiziert und damit per Telekom¬ Basis empirisch zu erfassen und vergleichend zu bewer¬ munikation über beliebige räumliche Distanzen ten. transportierbar. Daher ist zu erwarten, daß der räumlichen Nähe der Innovationsakteure zumin¬ Sekundärstatistische Indikatoren weisen auf einen dest in den Frühphasen des Prozesses eine große raschen technologischen Aufholprozess Singapurs hin, Bedeutung zukommt. Die in Südostasien vorge¬ während sie für Malaysia und Thailand noch deut¬ fundenen räumlichen Kooperationsmuster schei¬ liche Rückstände in der technologischen Leistungs¬ nen dieser Annahme zu widersprechen: Unterneh¬ fähigkeit anzeigen. Die Erhebungsergebnisse auf men kooperieren vor allem mit Partnern außerhalb Unternehmensebene belegen dagegen eine im Ver¬ Südostasiens. Die in Singapur durchgeführten Inter¬ gleich mit Europa noch immer deutlich geringere views liefern zwei Erklärungen, um diesen schein¬ Verbreitung von Innovationsaktivitäten in Singapur, baren Widerspruch aufzulösen: Zum einen ist der Penang und Thailand. Singapur hat bereits eine höhere Innovationsprozess räumlich aufgespalten, wobei technologische Entwicklungsstufe erreicht als Malay¬ die frühen Phasen des Innovationsprozesses zumeist sia und Thailand. Innerhalb Malaysias steht die high- außerhalb Singapurs in den Regionen der Koope¬ tech-Enk\ave Penangjedoch auf einem ähnlichen tech¬ rationspartner angesiedelt sind. Ideen für neue nologischen Niveau wie Singapur, allerdings ist die Produkte, Konzepte und auch Prototypen entste¬ technologische Infrastruktur der «Silicon Island» noch hen i.d.R. in den F&E-Zentralen der MNU, wo kaum entwickelt. Neben der allgemeinen «technologi¬ auch deren Grundlagenforschung angesiedelt ist. schen Lücke» läßt ein Vergleich der unterschiedlichen Spätestens zur Pilotproduktion werden sie dann input-, throughput- und o«fp«fTndikatoren zudem auf nach Singapur übertragen. Da die Technologie noch eine geringere Effizienz betrieblicher Innovationsan¬ immer nicht vollständig konsolidiert und dokumen¬ strengungen in Südostasien schließen. tiert ist, erfordert der Transfer auch in dieser Phase noch /ace-/o-/ace-Kontakte. Diese räumliche Nähe Externe Kooperationen besitzen für innovierende wird zum anderen künstlich hergestellt, indem die Unternehmen in Singapur, Penang und Malaysia Unternehmen ihre Ingenieure zu meist mehrmona¬ eine größere Bedeutung als in Europa, wichtigste Part¬ tigen Auslandsaufenthalten aussenden, um die neue ner sind ausländische Mutterunternehmen für MNU- Technologie zu erlernen. Nachfolgende Interaktio¬ Töchter sowie technologisch fortschrittliche Kunden nen und Rückkopplungen werden mit unterschiedli¬ (lead users) für lokale Unternehmen. Damit domi¬ chen Mitteln der Telekommunikation (E-mail. Tele¬ nieren wie in Europa vertikale Kooperationsmuster. fon, Fax, Videokonferenzen usw.) bewältigt. Während in Europa jedoch die Kooperationshäufigkeit mit zunehmender Entfernung der Partner abnimmt, Zusammenfassend belegen die erfaßten Innovations¬ herrscht in Singapur ein diskontinuierliches Raummu¬ und Kooperationsmuster die nach wie vor große ster vor. Unternehmen «überspringen» die technolo¬ Abhängigkeit der Untersuchungsregionen von exter¬ gisch weniger entwickelten Nachbarländer und koope¬ nen Wissensquellen bzw. ihre noch gering entwik- rieren direkt mit technologisch führenden Partnern kelten endogenen Kapazitäten zur Produktion inno¬ in Nordamerika, Europa und Japan. Räumliche Nähe vationsrelevanten Wissens. Unter den betrachteten ist dennoch von großer Bedeutung, wird jedoch bei Ländern bzw. Regionen ist Singapur bereits techno¬ der Übertragung von technischem Wissen im räumlich logisch am weitesten entwickelt. Malaysias high-tech- aufgespaltenen Innovationsprozeß durch Reisen der Enklave Penang reicht bei den auf Unternehmens¬ beteiligten Wissenschaftler und Ingenieure künstlich ebene erhobenen Innovationsindikatoren bereits an hergestellt. Singapur heran, allerdings zeigen die Kooperations¬ muster hier einen erheblichen Nachholbedarf im Die Übertragung des in Europa erprobten Erhebungs¬ Aufbau einer innovationsrelevanten Infrastruktur (v.a. instrumentariums nach Südostasien ist im Bereich des Forschungseinrichtungen und technologieorientierte Verarbeitenden Gewerbes als gelungen zu bezeichnen. Dienstleistungen) an. Entscheidender Erfolgsfaktor war die ausdrückliche Unterstützung der Befragungen durch hochrangige politische Institutionen. Auf diesen Erfahrungen kön¬ 5 Fazit nen zukünftige Innovationserhebungen im asiatisch¬ pazifischen Raum aufbauen. Neben der weiteren Ver¬ Die als Fortsetzung des European Regional Inno¬ breiterung der Vergleichsbasis durch Ausdehnung vation Survey in Singapur, Penang und Thailand der bestehenden Methodik auf weitere Regionen durchgeführten Innovationserhebungen erlauben es erscheint jedoch auch der Aufbau eines Bestandes von erstmals, regionale Innovationspotentiale und innova¬ Längsschnittdaten in ausgewählten Regionen sinnvoll, tive Netzwerke in Südostasien nicht nur exemplarisch etwa im Rahmen von Folgebefragungen oder mit Hilfe in Fallstudien darzustellen, sondern auf repräsentativer einer Panelerhebung.
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Regionale Innovationspotentiale in Südostasien Matthias Kiese, Javier Revilla Diez 19 collaboration linkages in which companies «leapfrog» Schlagen sich die neuen Erkenntnisse der Innovati¬ neighbouring regions and countries to work with part¬ onsforschung auch in den vorgestellten Regional¬ ners further afield. studien nieder? Lassen sich Unterschiede im Kooperationsverhalten Resume: Potentiels d'innovation regionaux dans le zwischen europäischen und südostasiatischen Unter¬ Sud-Est asiatique: resultats empiriques relatifs ä nehmen erkennen? Singapour, ä Penang (Malaisie) et ä la Thailande Welche Bedeutung hat die räumliche Nähe zwischen La presente contribution essaie pour la premiere fois Kooperationspartnern bei betrieblichen Innovati¬ de cerner empiriquement et de maniere comparee le onsprozessen aus theoretischer Sicht? potentiel regional d'innovation, ainsi que les rapports Lassen sich Unterschiede in den räumlichen Reich¬ de Cooperation entre les acteurs de l'innovation, ä weiten der Kooperationspartner in den vorgestell¬ partir d'un choix de regions du Sud-Est asiatique, s'ap- ten Regionalstudien feststellen? puyant en cela sur l'experience acquise dans le cadre Welche Rolle spielt das lokale Umfeld bei der Ent¬ de l'«European Regional Innovation Survey» (ERIS). wicklung neuer Produkte und Verfahren? Des investigations repräsentatives realisees ä Singa¬ pour, ä Penang (Malaisie) et en Thailande ont fourni des informations ulilisables pour l'etude du compor¬ tement dans le domaine de l'innovation et de la Co¬ operation, d'environ 1600 entreprises des activites de transformation. Les resultats obtenus revelent que ni l'extension spatiale ni l'efficacite des activites por- tant sur l'innovation dans les regions concernees par I'enquete ne sont dejä comparables avec la Situation existante dans les regions europeennes. Les coopera- tions portant sur les processus d'innovation des entre¬ prises sont pratiquement incontournables; les parte- naires les plus importants, pour ce qui est des firmes multinationales, sont integres au groupe, tandis que des entreprises autochtones cooperent la plupart du temps avec des clients (lead users) localises dans des regions dejä avancees dans les hautes technologies. II Dipl.-Geogr. Matthias Kiese, Geographisches Institut en resulte un modele spatial discontinu, en «saut de der Universität Hannover, Schneiderberg 50, D-30167 moulon» par rapport aux Etats et regions voisins du Hannover. Sud-Est asiatique. e-mail: kiese@wigeo.uni-hannover.de Prof. Dr. Javier Revilla Diez, Geographisches Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Lehrstuhl Didaktische Hinweise für Wirtschaftsgeographie, Ludewig-Meyn-Strasse 14, - Welche Ursachen sind für den wirtschaftlichen D-24098Kiel. Erfolg Südostasiens verantwortlich? e-mail: diez@geographie.uni-kiel.de - Warum ist eine zunehmende technologische Lei¬ stungsfähigkeit für eine nachhaltige Wirtschaftsent¬ wicklung der Staaten Südostasiens notwendig? Manuskripteingang/received/manuscrit entre le - Welche Rolle spielt in der theoretischen Diskussion 27.2.2002 das Vorhandensein geeigneter Kooperationspartner Annahme zum Druck/accepted for publication/accepte bei betrieblichen Innovationsprozessen? pour Timpression: 16.2.2004
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