VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media

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VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media
VIADI
                                01 | 2018
                            Sommer/Herbst

REISEN IN GRAUBÜNDEN

                       Weltnaturerbe
                       Sardona
                       Die Berge
                       stehen Kopf

                       Ort des
                       Staunens
                       Ort meditativer
                       Stille

                       Der Steinbock
                       mit dem blauen
                       Bändel
                       in der Wildarena
                       der Alpen

                       Strahlen im Tal
                       der verborgenen
                       Schätze
                       Mineraliensuche
                       im Binntal

                          1 | 2018 | VIADI   1
VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media
INHALT
Hü 7

                                                                                                                                                                                                    6                                                                                                      24

                                                                                          Wasser & Wellness
                                                            r Tipp                        Baden an der Quelle des Rheins:
                                                  Ein heisse etter!
                                                           m W
                                                  bei jede                                der Geheimtipp für
                                                                                          Berggänger und Bahnenzieher,
       Die Viamala-Schlucht.                                                              Spaziergänger und Schwimmer.
              Echt sehenswert.
                                                                                                                                                                               22                                                                                          37
       Gästeinformation Viamala, Tel. +41 (0)81 650 90 30, www.viamala.ch                                  Bogn Sedrun     T   + 41 81 949 14 32
                                                                                                        CH-7188 Sedrun    info @ bognsedrun.ch
                                                                                                                          www.bognsedrun.ch

                                                                                                                                                               4 Editorial                                                               24 Der Steinbock mit dem blauen Bändel
                                                                                                                                                               5 Gastkommentar                                                           27 Ein Glücksschweinchen auf blumenreicher Tour

       die kleine gelbe . . .                                                                                                                                 6 Weltnaturerbe Sardona                                                    30 Live, inmitten der Viamala-Wasser

       bringt Sie zum logenplatz über der bündner Herrschaft                                                                                                   9 Sommer trifft auf Winter                                                33 Sorglos wandern

                                                                                                                                                             11 Ausflug mit Tumasch Planta                                               34 Kurzfutter
       Ab Haltestelle Malans Älplibahn direkt zum Terrassen-beizli
       auf 1800 m ü. M. zum Wandern, Verweilen, geniessen.                                                                                                   12 Im Multipack im Rhythmus der Natur                                       37 Strahlen im Tal der verborgenen Schätze
                                                                                                                                                             14 Mit einem Fuss im Prättigau,                                             40 Kunst als Teil der archaischen Bergwelt
       immer reservieren! Telefon 081 322 47 64
                                                                                                                                                             		 mit dem andern im Montafon
                                                                                                                                                                                                                                         43 Kulturschatz: Ein besonderer Platz für Bücher
                                                                                                                                                             16 Ab in die E-Pedale, über alle Berge
                                                                                                                                                                                                                                         44 Graubünden-Events
                                                                                                                                                             19 Wandern, sammeln, rüsten, geniessen
       www.aelplibahn.ch                                                                                                                                     22 Ort des Staunens und meditativer Stille
                                                                                                                                                                                                                                         46 viadi-Wettbewerb

                                   Pendler oder Ferienbucher ?                                                                                                                                                                                                                           Amt für Energie und Verkehr
                                   Am Bahnschalter in Bonaduz erhält jeder sein Ticket.                                                                                                                                                                                                  Kanton Graubünden
                                                                                                                                                                                                                                                                                         Abteilung öffentlicher Verkehr

                                   Auch Buchungen mit Sitzplatzreservationen aller Züge
                                   erledigen wir für Sie.
                                                                                                                     Wir verkaufen                 IMPRESSUM: VIADI – REISEN IN GRAUBÜNDEN. Ein Magazin des öffentlichen Verkehrs Graubünden. Beteiligte Unternehmen: Rhätische Bahn, SBB,
                                                                                                                                     tte
                                                                                                                     sämtliche Bille               Matterhorn Gotthard Bahn, PostAuto Schweiz AG, Stadtbus Chur AG mit Engadin Bus, Verkehrsbetrieb der Landschaft Davos, AEV/Abteilung öffentlicher

                                                                                                                     national und
                                   Verein Dampffreunde der Rhätischen Bahn                                                                         Verkehr HERAUSGEBER: Stefan Bühler, Desertina Verlag und Logistik AG, Kasernenstrasse 1, CH-7000 Chur, Tel. +41 81 258 33 30, Fax +41 81 258 33 43,
                                   Bahnhof RhB . Bahnstrasse 1 . 7402 Bonaduz                                                                      info@viadi.ch; Karin Huber, Pressebüro kh-media, Schellenbergstrasse 22, CH-7000 Chur, Tel. +41 81 353 85 85, Fax +41 81 353 85 62, redaktion@viadi.ch
                                   Telefon 081 641 11 78 oder 079 610 46 72                                           international                REDAKTION: Karin Huber (Leitung), Pressebüro kh-media, Schellenbergstrasse 22, CH-7000 Chur, Tel. +41 81 353 85 85, Fax +41 81 353 85 62,
                                   kundendienst@dampfvereinrhb.ch                                                                                  redaktion@viadi.ch; Erweiterte Redaktion: Franz Bamert VERLAG: Desertina Verlag und Logistik AG, Kasernenstrasse 1, CH-7000 Chur, Tel. +41 81 258 33 30,
                                   Öffnungszeiten Montag bis Freitag 8.15 bis 12.15 Uhr                                                            Fax +41 81 258 33 43, info@viadi.ch ABONNEMENTE: Desertina Verlag und Logistik AG, Kasernenstrasse 1, CH-7000 Chur, Tel. +41 81 258 33 30, Fax +41 81 258 33 43,
                                                                                                                                                   info@viadi.ch; Fr. 19.– (zwei Ausgaben, inkl. Porto) INSERATE: Agentur PFRANGER, Tel. +41 79 351 43 65, rp@agenturpfranger.ch GESAMTHERSTEL-
                                                                                                                                                   LUNG: Desertina Verlag und Logistik AG, Kasernenstrasse 1, CH-7000 Chur, Tel. +41 81 258 33 30, Fax +41 81 258 33 43, info@desertina.ch COPYRIGHT:
                                                                                                                                                   Herausgeber Stefan Bühler, Karin Huber TITELFOTO: Karin Huber WEBSITE: www.viadi.ch
                                                                                                                                                                                                                                                                                       1 | 2018 | VIADI               3
VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media
KURZFUTTER                            EDITORIAL                                                                                                                                                                                            GASTKOMMENTAR

                                      Graubünden                                                                                                          Graubünden
                                      bietet ganz grosses Kino                                                                                            mit Zu(g)kunft

     Nach einem langen schneereichen Winter freuten wir uns wohl alle über die ersten warmen Frühlingstage. Doch jetzt steht                              Wussten Sie, dass die Bündner Bahn- und Buslinien über                         ermöglicht. Damit profitiert Graubünden auch von der
     uns ein besonders schöner Sommer bevor. Denn Graubünden wartet mit unzähligen Events und Aktivitäten auf. Das schliesst                              2’200 km lang sind und das Netz des öffentlichen Ver-                          kürzlich begonnenen Elektrifizierung der Strecke Lindau –
     nicht aus, dass man sich ja auch einmal ganz faul auf dem Liegestuhl ausruht oder nach eigenem Gusto das Dolce far                                   kehrs (öV) sogar eine Seilbahn umfasst (Rhäzüns – Fel-                         München. Mit einem Umstieg in St. Margrethen wird dann
     niente pflegt.                                                                                                                                       dis)? Diese Linien sind die Lebensadern für die Einheimi-                      das Zentrum München fast zwei Stunden schneller aus
     Wir haben für Sie jedoch viele Ausflugstipps parat, alle selbst ausprobiert und alle für gut befunden… So können wir Ihnen                           schen wie für unsere Gäste. Und alle Angebote sind mit                         Graubünden erreicht; von Chur aus in nur noch drei Stun-
     die Wanderungen und Bike-Ausflüge bestens empfehlen. Aber wir haben auch richtig Abenteuerliches erlebt – zum Beispiel                               einem Fahrausweis, dem Bündner Generalabonnement                               den. Für Graubünden ist das Potenzial des Metropolitan-
     beim Viamala Canyoning. Wer sich ein bisschen überwindet und über die steile Stiege hinab in die Viamalaschlucht steigt und                          (BÜGA) sorgenlos zu benutzen, und mit einem Monats-                            raums München mit rund 6 Mio. Einwohnern und einer
     sich dann in die Fluten stürzt – natürlich begleitet von Guides – der wird am Ende glücklich aus dem Wasser steigen. Frieren                         BÜGA im Juli 2018 erst noch zum halben Preis!                                  überdurchschnittlichen Kaufkraft sehr interessant.
     muss man übrigens nicht (oder kaum): Denn Neoprenanzüge und Schwimmwesten sind obligatorisch. Beim Canyoning und
     auch bei vielen anderen Abenteuern und Ausflügen zeigt sich: Graubünden bietet ganz grosses Kino!                                                    Die SBB Strecke Zürich – Chur ist der wichtigste Zubringer                     Zudem wird die RhB demnächst behindertengerechtes Roll-
     Abenteuerlich auf eine ganz andere Art ist auch eine Wildtierführung durch den Schweizer Nationalpark. Führer wie etwa der                           und ein zentraler Standortfaktor für attraktive Bündner                        material einsetzen, sodass zusammen mit den kürzlichen
     Erwin (Seite 24) wissen dermassen viel zu erzählen und zu zeigen, dass die Faszination Nationalpark mit jeder Minute                                 Wohn-, Arbeits- und Tourismusdestinationen. Ein wichtiges                      bzw. geplanten Angebotsausbauten (Konzept Retica 30:
     wächst. Übrigens gibt es dort auch Steinböcke, die einen blauen Bändel um den Hals tragen… Wir sagen Ihnen warum das                                 Projekt ist deshalb die Verdichtung des Fahrplans mit halb-                    Halbstundentakt auf den Hauptlinien von RhB und Postau-
     so ist.                                                                                                                                              stündlichen InterCity. Im «Strategischen Entwicklungspro-                      to) die Attraktivität des öV-Angebotes erhöht werden kann.
     Quasi vor den Toren Graubündens, im schönen Binntal – wohin uns das letzte lange Stück die Matterhorn Gotthard Bahn und                              gramm Bahninfrastrukturen» (STEP 2025 bzw. 2030) sind                          Und als Bonbon verkehrt im Sommer 2018 zwischen Da-
     das Postauto bringen – können Gäste Strahler begleiten und nach Jahrmillionen alten Kristallen suchen. Und noch dies: Nach                           Massnahmen geplant, welche die Kapazität und Betriebs-                         vos und Filisur erstmals gemäss Fahrplan ein historischer,
     der «Arte Albigna 2017» steht nun im Bergell eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Grenzort Castasegna bevor. Sie                            stabilität erhöhen. Der Umbau des Bahnhofs Landquart                           zuschlagsfreier RhB-Zug mit der berühmten Krokodil-Lok!
     steht im Fokus des Ausstellungsprojekts «Arte Castasegna».                                                                                           wird ein perrongleiches Umsteigen SBB/RhB ermöglichen.

     Viadi und alle öV-Unternehmen in Graubünden mitsamt der MG Bahn wünschen Ihnen einen einzigartigen Sommer!                                           Wichtig ist auch der teilweise Doppelspurausbau im St. Gal-                    Werner Glünkin
                                                                                                                                                          ler Rheintal, welcher einen Halbstundentakt ab 2025                            Leiter Abteilung öV Kanton Graubünden

     Viel Lese- und Sommervergnügen wünscht Ihnen

     Ihre viadi-Redaktion
     Karin Huber

     BESTELLTALON – viadi im Abonnement                                                                                                        VIADI-WETTBEWERB – HERZLICHE GRATULATION
     VIADI – REISEN IN GRAUBÜNDEN – kommt zu Ihnen nach Hause.                                                                                 Liebe viadi-Leserin, lieber viadi-Leser, ganz herzlichen Dank für Ihre Teilnahme am viadi-Wettbewerb 2-2017 (Winter). Wir freuen uns über die zahlreichen
        Ich bestelle viadi im Abonnement für Fr. 19.– (zwei Ausgaben pro Jahr, inkl. Porto).                                                   Einsendungen und die oft kreativen Kartensujets. Gewonnen haben dieses Mal:

     Bitte senden Sie viadi an folgende Adresse:                                                                                               1. Preis: Heidi Pellicioli-Melchior, Pontresina: 2 Tageskarten der MGBahn 1. Kl., Wert CHF 340.–. www.mgbahn.ch; 2. Preis: Béatrice Baumgartner, Basel: 2 RhB-
                                                                                                                                               Tageskarten 1. Klasse, gültig auf dem gesamten Streckennetz der Rhätischen Bahn, Wert von CHF 160.–. www.rhb.ch; 3. Preis: René Dittli, Luzern: Weindegustation
     Name/Vorname                                                                 Strasse                                                      mit Imbiss im Scadenagut bei Peter Wegelin in Malans, (2–4 Personen) Wert CHF 150.– www.scadenagut.ch; 4. Preis: Heidi Baumgartner, Koblenz: 2 PostAuto-
                                                                                                                                               Tageskarten im Wert von je 10’429 km. www.postauto.ch; 5. Preis: I. Lindner, Fläsch: 1 PostAuto-Rucksack, Wert CHF 129.–. www.postauto.ch; 6. Preis: Claudia
     PLZ/Ort                                                                      Land
                                                                                                                                               Egli, Furna: SBB-Geschenkkarte im Wert von CHF 120.–. www.sbb.ch; 7. Preis: Mathis Roffler, Pontresina: 1 Monatsabo Zentrumszone «engadin mobil», Wert
        Die Rechnungsadresse ist identisch mit der Lieferadresse.                    Ich verschenke viadi. Bitte senden Sie die Rechnung an:   CHF 69.– (2. Klasse), Engadin Bus. www.engadinbus.ch; 8. Preis: Hans Martin Kasper, Felsberg: 1 Monatsabo für «dr Bus vu Chur» im Wert von CHF 59.–, Stadtbus
                                                                                                                                               Chur, www.churbus.ch; 9. Preis: Markus Hug, Malans: Tageskarte für das Skigebiet Grüsch Danusa im Wert von je CHF 52. www.gruesch-danusa.ch; 10.–11. Preis:
     Name/Vorname                                                                 Strasse                                                      Ralf Freund, Lenzerheide + Jakob Putzi, Chur: je 1 Tageskarte für das Skigebiet Bivio im Wert von CHF 39.–. www.bivio.ch; 12. Preis: M. Kaspar, Diepflingen: Eine
                                                                                                                                               PostAuto-Getränkeflasche von Sherpa, Wert CHF 34.90. www.postauto.ch
     PLZ/Ort                                                                      Land
4    VIADI | 1 | 2018                                                                                                                                                                                                                                                                    1 | 2018 | VIADI     5
     Einsenden an: Deserstina Verlag und Logistik AG, Abonnentenverwaltung, Postfach, CH-7004 Chur, info@viadi.ch, www.viadi.ch
VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media
TEKTONIKARENA SARDONA                                                                                                                                                                                                                              TEKTONIKARENA SARDONA

Die Berge stehen Kopf im
Weltnaturerbe Sardona
Ein bisschen muss man sich diese Gebirgslandschaft erkämpfen. Denn dort wo sich beim Zusammenstoss
von Afrika mit Europa sichtbar die alten Gesteinsschichten übereinander geschoben haben, kann es
ganz schön steil aufwärts gehen. Doch bleibt viel Raum zum Staunen im Geopark Sardona, der Wiege
des Weltnaturerbes Sardona.
                                                                                               ■ Von Karin Huber und Susi Schildknecht

     Türkisgrün das Wasser, dunkelgrün und auch schon ein                 Bevor wir im Walserdorf St. Martin loswandern, bestaunen
     bisschen gelb das Blattwerk, weiss schimmernd die                    wir diese raue Gigerwaldsee-Natur. Beeindruckend steil ra-
     Tektonikarena Sardona. Noch ist es September, aber der               gen die Felswände links und rechts des Stausees ins Him-
     Winter hat sich schon bemerkbar gemacht; hat die meisten             melszelt. Viel weiter hinten dann, nach rund einstündiger
     Murmeltiere in die unterirdischen Gänge vertrieben, die              Wanderung auf breitem Alpweg bis zur Malanser Alp, fühlt
     Ameisen unter ihre Haufen. Es ist still, nichts regt sich.           man sich ein bisschen wie im Himalaya. Bloss heissen hier
     Sogar die Kühe haben sich von den Alpen schon verabschie-            die Gipfel und Pässe anders: Piz Sardona (3056 m), Grenz-
     det. Geblieben sind ihre ausgetrampelten Pfade, die sich             berg zwischen den Kantonen Glarus, St. Gallen und Grau-
     mit Regenwasser vollgesogen haben, sodass wir beim                   bünden, Ringelkette mit Ringelspitz (3247 m), Tristelhorn,      Zauberhafte Landschaft am Plattenseeli. Mitten drin im Welterbe Sardona. Höhenweg Heubützlipass, Plattenseeli. Unterer Segnesboden
     Aufstieg auf die Sardonahütte immer wieder einmal einen              Trinser Furgga, Heidelpass, Heubützlipass… Und hier, mitten     (rechts unten). Fotos Karin Huber, Susi Schildknecht

     Schuh voll Schlamm und Dreck unterm Sonnenhimmel                     drin die Glarner Hauptüberschiebung, die sich vom Ringel-
     herausziehen…                                                        spitz bis zum Piz Sardona westwärts zieht.                      AUF DEM DACH DER WELT                                                  Sich diesen Gebirgsraum, sich dieses Naturphänomen zu
                                                                                                                                          Einfach grandios dieser Anblick, ergreifend auch, auf die-             erwandern, ist wohl die beste aller Möglichkeiten, um zu
                                                                                                                                          sem geschichtsträchtigen Dach der Welt zu stehen, zu wis-              erahnen, welche Kräfte hier einst gewirkt haben müssen.
                                                                                                                                          sen, dass hier die Alpen beim Zusammenstoss des afrikani-              Nirgendwo anders auf der Welt kann man die Prozesse der
                                                                                                                                          schen mit dem europäischen Kontinent vor etwa 20 bis 40                Gebirgsbildung derart anschaulich nachverfolgen. Zugänge
                                                                                                                                          Mio. Jahren aufgetürmt, dass dabei die unteren Gesteins-               zur Tektonikarena gibt es verschiedene, vom Glarnerland
                                                                                                                                          schichten nach oben geschoben worden sind. Die feine                   her, von der Flimser Seite, vom Weisstannental und von
                                                                                                                                          Schneeschicht auf den Felsen zeigt die Überschiebung noch              Pfäfers. Unserem Plan, das Weltnaturerbe Sardona grenz-
                                                                                                                                          besser.                                                                überschreitend vom Kanton St. Gallen hinein nach Graubün-
                                                                                                                                          In den blauen Himmel recken sich im nördlichen Teil dunkle             den zu entdecken, hat der frühe Herbstschnee einen Strich
                                                                                                                                          Verrucanogesteine. Sie sind 250 bis 300 Mio. Jahre alt. Dar-           durch die Rechnung gemacht. «Ich würde nicht über die
                                                                                                                                          unter liegen dann die helleren Flyschgesteine, die mit 35 bis          Trinser Furgga nach Flims laufen, das ist mit dem Schnee zu
                                                                                                                                          50 Mio. Jahre viel jünger sind. Im Süden hingegen (beim                gefährlich», warnt uns die Sardona-Hüttenwartin eindring-
                                                                                                                                          Ringelspitz, Cassonsgrat) sind die Gesteine eher hellgrau              lich. «Schlafen wir mal drüber», denken wir laut und hoffen
                                                                                                                                          und rund 100 bis 150 Mio. Jahre alt. Beim Tschingelhorn, so            gegen besseres Wissen, anderntags sei der Schnee dann
                                                                                                                                          lesen wir in einer der zahlreichen Publikationen, liegen die           verschwunden. Ist er aber nicht. Dafür entdecken wir – den
                                                                                                                                          hellgrauen Kalke zwischen den Flysch- und den Verrucano-               grössten Teil laufen wir auf dem Höhenweg im Schnee – das
                                                                                                                                          gesteinen. All diese verschieden farbigen Gesteine sind zu-            Weltnaturerbe einfach diesseits der Trinser Furgga, über die
                                                                                                                                          sammen mit dem weissen Schnee ein prächtiger Anblick für               übrigens im 14. Jahrhundert die Walser eingewandert sein
                                                                                                                                          unsere Augen.                                                          sollen. Anderntags stellt sich dann heraus, dass eine Kolle-
                                                                                                                                                                                                                 gin just von der Flimser Seite her zur Sardonahütte wandern
                                                                                                                                          EIN BILDERBUCH                                                         wollte… Und auch wieder umkehren musste.
                                                                                                                                          «Dieser Teil der Alpen ist Bilderbuch und Anschauungsbei-
                                                                                                                                          spiel für Geologen aus aller Welt, die seit 200 Jahren hier-           HOLZDUFT, MODERGESTANK…
                                                                                                                                          her pilgern, um die Entstehung der Gebirge zu erforschen»,             Bevor wir aber vorgreifen: Unterwegs von der Malanser Alp
                                                                                                                                          hatte Bundesrätin Doris Leuthard in einer der Publikationen            zur Sardonahütte sticht uns der Duft frischen Holzes in die
     Unterer Segnesboden, Tektonikarena Sardona. Foto Susi Schildknecht                                                                   über die Tektonikarena Sardona festgehalten.                           Nase, gelb verfärbe Laubbäume und Lärchen sorgen für

6    VIADI | 1 | 2018                                                                                                                                                                                                                                        1 | 2018 | VIADI   7
VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media
TEKTONIKARENA SARDONA                                                                                                                                                                                                                                   JUF-MALOJA

     kleine Augenweiden. Manchmal stinkts aber auch gewaltig        dem Panoramaweg die Flanke des Cassons. Noch lassen wir
     nach modrigem Gras. Auf der oberen Alp mit Gigersee-Aus-       die Segneshütte links liegen und folgen dem von Schweiz-
     blick räumt der Älpler gerade die letzten herumliegenden
     Kübel, Geschirre und Bänke zusammen, die Alp Sardona
     weiter unten ist schon geräumt. Nach dreistündigem Auf
                                                                    Mobil als Sardona-Welterbe-Weg Nr. 73 gekennzeichneten
                                                                    Pfad bergwärts.
                                                                    Diese Route führt über den Segnespass (2627 m) bis nach
                                                                                                                                      Sommer trifft auf Winter –
     und Ab machen wir dort noch eine kleine Pause und steigen
     dann in fünf Viertelstunden steil hinauf zur Sardonahütte,
                                                                    Elm, eine lange und anspruchsvolle Wanderung, welche nur
                                                                    bei Schneefreiheit zu empfehlen ist. Wir begnügen uns mit         an einem einzigen Tag
     die schon mitten im Schnee thront. Wie schön ist es dann,      dem Zauber der Schwemm- und Moorlandschaft des Unte-
     die Beine unter dem Holztisch in der Sardonahütte zu stre-     ren Segnesboden auf rund 2100 m. In mehreren Wasserfall-
     cken und sich mit einem Fuder Spaghetti verwöhnen zu           stufen entspringt hier die Flem in felsigem Ursprung, mäan-       Kälte und Hitze. Schnee und Sonne. Norwegen und Schottland. Avers und Engadin. Verwunderte
     lassen und den Sonnenuntergang zu beobachten…                  dert glasklar über die Ebene, bevor er steil Richtung Flims
                                                                                                                                      Murmeltiere sowie verirrte Mountainbiker. Und alles während einer Hochsommerwanderung
     Unser Welterbe-Sardonatag Nummer 2 lässt sich auch gut         sprudelt. Der Blick zu den Tschingelhörnern mit ihren
     an. Der Schnee ist zwar nicht geschmolzen, aber jemand         schneegezuckerten Ritzen und Vorsprüngen offenbart die            vom Avers ins Engadin.
     hat wohl mit grossem Pinsel und blauer Farbe über den          geologische Schnittstelle der Glarner Hauptüberschiebung                                                                                                                   ■ Von Franz Bamert
     Himmel gestrichen. Bald wird’s warm unter der Herbstson-       aufs Schönste.
     ne. Wir traversieren auf 2200 m Schneefelder; wandern          Die oberste Schicht mit dem Verrucano-Gestein erzählt von
     stetig sanft höher, sehen auf dem Grat viele Steinböcke,       den heissen Anfängen vor 280 Millionen Jahren. Dass die-
     bleiben im Schnee bis zum Abzweiger des Heubützlipasses        ses Urgestein – statt wie üblich Tausende von Metern unter
     auf gegen 2400 m, legen eine Schneeballschlacht ein und        der Erde – wie ein Sahnehäubchen obenauf liegt, ist welt-
     laufen dann vorbei an Tausenden kleinen Zinnsoldaten äh-       weit einzigartig. Nach der Ebene führt der Weg nochmals
     nelnden Disteln und trockenen Gräsern wieder leicht ab-        eine Etage höher, bevor man einen Blick auf das berühmte
     wärts bis zum eingeschneiten Plattenseeli. Wir sehen eine      Martinsloch erhascht. Obwohl wir denselben Weg zurück
     zauberhafte Märchenlandschaft. Bevor wir (steil) nach St.      laufen, präsentiert sich uns die Landschaft – nun im glit-
     Martin abwärts laufen und die Zehen in den Schuhen ganz        zernden Gegenlicht – komplett anders. Hier hat der Flimser
     nach vorne rutschen, packen wir mitten drin auf trockenem      Bergsturz vor knapp 10‘000 Jahren bei der Landschaftsge-
     Fels die Rucksäcke aus. Und dann ist es wie immer: Käse,       staltung mitgespielt... Doch dies ist eine der jüngeren Ge-
     Salsiz und Bündner Fleisch schmecken nie besser als hoch       schichten im Welterbe-Sardona-Besucherpavillon bei der
     oben in den Bergen                                             Segneshütte. Hier präsentiert sich Zeit nämlich in ganz un-
                                                                    gewohnten Dimensionen. Jeder Schritt der einstündigen
     FLIMS – NAURAUS – PANORAMAWEG –                                Wanderung zurück zur Sesselbahn-Bergstation Naraus ent-
     UNTERER SEGNESBODEN                                            spricht 42‘000 Jahren, kaum ein Wimpernschlag in der 280
     An diesem Tag herrscht auch auf der Flimser Seite Kaiser-      Millionen Jahre alten Geschichte dieser Bergregion.»
     wetter zum Wandern. Dort, wo wir ja eigentlich hin wollten,
     haben sich Susi und Silvia in Richtung UNESCO Welterbege-
     biet Sardona aufgemacht. Sie erzählen: «Wir haben uns per        Zehn Jahre UNESCO Welterbe
     Sesselbahn bequem zur Bergstation Nauraus auf 1843 m             Sardona 2018
     hinaufbringen lassen. In leichtem Auf und Ab queren wir auf      Das UNESCO Welterbe «Tektonikarena Sardona» feiert 2018
                                                                      seinen ersten runden Geburtstag.
                                                                      Details dazu: www.tektonik.ch; allgemeine Informationen zum
                                                                      Welterbe Sardona unter www.unesco-sardona.ch.
                                                                      Wie hinkommen? Von Pfäfers respektive von St. Martin aus             Leg da Lunghin. Foto Irene Schuler
                                                                      führen verschiedene Wanderrouten – die kürzeste 3 ½ Std., die
                                                                      längste 5 ½ Std. – durch die Tektonikarena Sardona.
                                                                                                                                           Irgendetwas läuft in der Küche schaurig schief. Also nicht    dem Weg zur Forcellina stehen wir schon bald im Schnee.
                                                                      Bis Bad Ragaz mit den SBB, dann mit dem PostAuto über die
                                                                      neue Taminabrücke (Spannweite 260 Meter) bis Vättis. Dort
                                                                                                                                           in der Küche des Hotels Bergalga kurz vor Juf, die uns mit    Doch weil dieser Abschnitt der Wanderung Juf – Maloja
                                                                      umsteigen ins Postauto, das durchs Calfeisental weiter bis           Pizzoccheri verwöhnt. Aber in der Wetterküche vertut sich     wohl der steilste ist, frieren wir nicht. Ganz im Gegensatz
                                                                      zum Stausee Gigerwald fährt. Bei der Staumauer beginnt das           jemand ganz fürchterlich bei den Zutaten. Am nächsten         zu den Sommerblumen, die ein bisschen traurig am Weg-
                                                                      UNESCO-Welterbe «Tektonikarena Sardona». Das Postauto fährt          Morgen jedenfalls sind die Bergspitzen zu denen wir ja hi-    rand stehen. Nur den Murmeltieren scheint das Wetter
                                                                      hier zwischen dem 5. August und dem 10. September immer
                                                                                                                                           nauf wollen, weiss. «Aber wir sind ja keine Warmduscher,      nichts anhaben zu können. Die schauen aus ihren Löchern,
                                                                      am Wochenende. Zu Fuss geht es weiter dem Stausee entlang
                                                                      bis St. Martin. Dort beginnen die Wanderrouten Foppa-Naraus.         wir gehen trotzdem», sagt Brigitte.                           lassen uns bis auf einen halben Meter an sich herankom-
                                                                      www.unesco-sardona.ch; www.postauto.ch;                                                                                            men und denken wohl: «Die spinnen, die Menschen.» Viel-
                                                                      www.sbb.ch; www.rhb.ch bis Flims mit dem Postauto,                   HEIZEN IM AUGUST                                              leicht ist das ja so. Aber der Nebel hat auch etwas Be-
                                                                      dann mit der Sesselbahn Foppa-Naraus weiter.
                                                                                                                                           Und so beginnt eine Tour, die ich ganz sicher nie vergessen   schützendes. Er hüllt uns in eine ganz eigene Welt, in eine
                                                                      App: Wer die kostenlose Welterbe Sardona App vor Start der           werde. Bald liegt Juf tief unter uns, aus den Kaminen krin-   weiche Hülle, ein. Alles, was ausserhalb dieser Hülle
                                                                      Wanderung herunterlädt, erhält Infos über Geologie, Natur und
     Die Alpen sind schon geschlossen. Blick zur Sardonahütte und     Kultur der Welterberegion Sardona.
                                                                                                                                           gelt sich der Rauch hinauf zu den tiefliegenden Wolken: Es    stattfindet, könnte genauso gut auf dem Mond passieren,
     zum Piz Sardona. Foto Karin Huber                                                                                                     ist der 12. August 2017, die Einheimischen heizen und auf     es ist völlig unwichtig.

8    VIADI | 1 | 2018                                                                                                                                                                                                                           1 | 2018 | VIADI   9
VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media
JUF-MALOJA                                                                                                                                                                                                                                                     AUF RÖMERSPUREN

     FLACHLÄNDER IM HOCHGEBIRGE
     Auf der Forcellina (2672 m) angelangt, bin ich froh, dass
     Therese heissen Marsch-Tee gefasst hat. Wir machen eine
     kurze Rast. Wenn der Wind die Nebelwolken für kurze Zeit
     vertreibt, kommt man sich vor wie in den Kulissen von «Der
                                                                                                                                        Zuerst die Römer, dann die Säumer:
     Herr der Ringe». Die frierenden Wesen, die sich plötzlich
     aus diesen Kulissen und dem Nebel lösen, sind dann aber                                                                            Ausflug mit Tumasch Planta
     sehr real: Ein paar holländische Biker schieben/tragen/
     ziehen ihre Bikes bergan. «Wohin geht’s?», frage ich be-
     sorgt. Nur einer antwortet. «Chamonix – in acht Tagen.» Es                                                                         Armon Planta war Bündner Wegforscher aus Leidenschaft. Seine umfassenden Forschungsresultate
     tönt so, als ob der Flachländer nicht mehr wirklich dran
                                                                                                                                        hat er im vierbändigen Werk «Verkehrswege im alten Rätien» beschrieben. Oft bei den Forschungen vor
     glaubt, je in Frankreich anzukommen. Der Weg ist trotz
     Schnee gut sichtbar, doch ich bin den Bündner Wanderwe-                                                                            Ort mit dabei waren die Kinder, so auch Tumasch Planta. Er war es, der nach dem Tod seines Vaters
     gen (BAW) dankbar: Die rotweissen Markierungen sind für                                                                            dessen angefangenen Projekte zu Ende führte und auch neue in Angriff nahm, vorerst neben seiner
     uns und die Holländer wie eine Versicherung, dass wir uns
     nicht im Nebel verlaufen.
                                                                                                                                        Arbeit als Landwirt. Zeit, seine Erkenntnisse Interessierten zu vermitteln, habe er erst nach seiner
                                                                                                                                        Pensionierung gefunden, sagt er.
     WIE EIN NORWEGISCHER FJORD                                                                                                                                                                                                                                  ■ Text Karin Huber
     Auf dem Septimer-Pass sieht es einen Moment lang so aus,
     als ob wir aus dem Gröbsten raus wären. Aber nur einen
     Moment. Auf dem Lunghin-Pass (2645 m) sind wir dann                                                                                     KULTUREXKURSIONEN                                                        ge so nicht mehr. Darum entstanden neue Übergänge,
     definitiv im Winter angelangt. Der Piz Lunghin (blaue Mar-                                                                              Nun aber ist Tumasch Planta in den Sommermonaten un-                     teilweise waren diese noch viel steiler und darum öfter
     kierung) wäre jetzt nur noch eine halbe Stunde entfernt.                                                                                terwegs und gibt auf Kulturwanderungen kompetenten,                      auch gepflästert.
     Aber wir verzichten wegen des Nebels und des Schneetrei-      Pass Lunghin. Fotos Irene Schuler                                         spannenden Einblick in die Geschichte römischer Alpen-                   «viadi» unterstützt die Exkursionen mit Tumasch Planta.
     bens schweren Herzens auf die Besteigung dieses Berges.                                                                                 pässe und späterer Saumpfade. «Wie gestaltete sich das                   Mittlerweile ist die Via Spluga ein Klassiker unter den Kul-
     Was jetzt kommt, ist im Normalfall ein einfacher, wenn        Winterkälte macht der Wärme Platz. Noch einmal komme                      Reisen in den alten Zeiten? Welches sind überhaupt die                   turwanderwegen. Zwischen Thusis und Chiavenna präsen-
     auch etwas steiler Abstieg. Aber unter dem Schnee und         ich mir vor wie in einem anderen Land. Vor uns stapft eine                echten Römerstrassen? Wie transportierten damals die                     tieren sich nicht nur eine Vielzahl an Kulturgütern nationa-
     dem Schneematsch wird das Ganze zu einer Rutschpartie.        Herde Hochlandrinder durch Erika-Felder – Schottland                      Leute ihre Waren über die Pässe?» Tumasch Planta nimmt                   ler und internationaler Bedeutung, sondern auch die
     Vor allem das letzte Stück vor dem Lägh Lunghin, der im       kann nicht schöner sein. Dann hat irgendjemand in der                     Interessierte mit auf zweieinhalbtägige Führungen und er-                spannendsten Schätze der Wegforschung. «Menschen, die
     Nebel aussieht wie ein norwegischer Fjord, ist nicht ganz     himmlischen Wetterküche definitiv den Fehler bemerkt                      zählt und zeigt, wie die Römer den urzeitlichen Passtrans-               dazu Genaueres erfahren möchten, biete ich eine kompe-
     ungefährlich. Wer hier ausrutscht… nicht daran denken.        und in den richtigen Töpfen gerührt. Als wir mitten im Dorf               port weiter zu Karrentransporten (am Julier und Maloja)                  tente Führung in zweieinhalb Tagen (Freitag-Sonntag) zu
                                                                   Maloja an der Postautohaltestelle ankommen, ist wieder                    entwickelten und wie dann im Mittelalter wieder Tiere die                den wichtigsten und interessantesten Teilstrecken der Via
     DAS DESSERT ZUM SCHLUSS                                       T-Shirt-Wetter. Wir schauen uns nochmals an, lachen und                   Transporte übernommen haben.                                             Mala-Via Spluga an. Tagesexkursionen über den Julier- und
     Doch wir sind gut beschuht und schaffen es problemlos         schütteln ungläubig die Köpfe.                                            Tumasch Planta gibt sein Wissen mit viel Herzblut und viel               Malojapass sind ebenfalls im Programm».
     zum See. Alles, was jetzt kommt, ist nur noch Dessert. Tief                                                                             Erzählgeist weiter. Er holt Bilder hervor, zeigt auf Säulen-
     unter uns leuchtet auf einmal die Engadiner Seenplatte in                                                                               fragmente an der Julierstrasse und zeigt auch gleich die
     der Sonne. Wir schauen uns ungläubig an: Doch – stimmt,         Infos und Tipps                                                         steile Malögin-Rampe unterhalb von Maloja, über welche
     der Himmel hat aufgerissen, die blauen Flecken über uns         So kommen Sie hin: Mit der RhB bis Thusis, weiter mit dem               heute der Sentiero Storico führt. «Zwischen den Radrin-
     werden grösser, der eisige Wind hat sich gelegt und die         Postauto bis Andeer, dann nach Avers-Rufana. www.rhb.ch,                nen», sagt Tumasch Planta, «wurden einst Treppenstufen
                                                                     www.postauto.ch
                                                                                                                                             angelegt. Mithilfe von seitlichen Löchern war es möglich,
                                                                     So bleiben Sie da: Im Hotel Bergalga gleich neben der                   den Fuhrwerkern über die steile Rampe zu helfen». Als die
                                                                     Postautohaltestelle wird vor allem mit einheimischen Bio-Zutaten
                                                                     und viel Liebe gekocht. www.bergalga.ch; weitere Hotels wie
                                                                                                                                             Karrentransporte aufgegeben und Pferde und Maultiere
                                                                     das «Capetta» in Cresta, «Turtschi» in Avers, Pension Edelweiss,        die Waren transportierten, brauchte es die alten Römerwe-
                                                                     Avers-Juf, «Cresta», Avers sowie Ferienwohnungen.
                                                                     www.avers.ch; www.viamala.ch
                                                                     So lange laufen Sie: Am Morgen ab Hotel Bergalga (oberhalb                Exkursionsdaten Via Mala-Via Spluga:
                                                                     Avers Juppa) mit dem Postauto in wenigen Minuten nach Juf. Von
                                                                                                                                               13.–15. Juli, 3.– 5. August, 7.– 9. September 2018. Übernach-
                                                                     Juf in gut sechs Stunden Marschzeit über die Forcellina,
                                                                                                                                               tungen im Hotel Alte Post in Zillis und in der Locanda Cardinello
                                                                     den Septimer- und den Lunghin-Pass nach Maloja. Aufstieg total
                                                                                                                                               in Isola. Auf Teilstrecken und auf der Rückfahrt ist der öffentliche
                                                                     1008 Meter, Abstieg 1364 Meter. Gutes Schuhwerk und Kleider
                                                                                                                                               Verkehr eingebunden. Start jeweils freitags um 13.30 Uhr beim
                                                                     sind gerade bei unsicherer Wetterlage äusserst wichtig.
                                                                                                                                               Bahnhof Thusis.
                                                                     Verpflegung aus dem Rucksack.
                                                                                                                                               Tagesexkursionen Julier-Malojapass: 23. Juni, 20. Juli
                                                                     Das könnte Sie noch reizen: Einmal auf dem Lunghin-Pass
                                                                                                                                               1. August, 29. August, 16. September 2018. Treffpunkt Post
                                                                     (2645 m, Dreifach-Wasserscheidepunkt), führt ein blau-weiss
                                                                                                                                               Silvaplana um 08.35 Uhr. Infos und Anmeldung: Tumasch Plana,
                                                                     markierter Weg auf den Piz Lunghin (2780 m). Marschzeit hin
                                                                                                                                               Scuol, Tel. 081 864 90 71, mail: planta.t@hotmail.ch;
                                                                     und zurück eine gute Stunde. www.engadin.stmoritz.ch;                                                                                            Frühere Karrentransporte über die Pässe – die Radrinnen sind
                                                                                                                                               www.chauenas.ch
     Aussicht auf die Engadiner Seenplatte. Foto Franz Bamert        www.graubuenden.ch                                                                                                                               noch sichtbar. Foto David Jenny

10   VIADI | 1 | 2018                                                                                                                                                                                                                                            1 | 2018 | VIADI    11
VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media
FAHRTZIEL NATUR                                                                                                                                                                                                                                                  FAHRTZIEL NATUR

Im Rhythmus der Natur
mit guter Laune im Multipack
Der Wanderweg führt über kühne Schluchten, grossartige Viadukte und durch vielfältige alpine
Landschaften. Mit dabei: Wanderfreudige Lamas. Mit «Fahrtziel Natur» haben die Bündner Pärke punkto
nachhaltigem Reisen Fahrt aufgenommen – da und dort pilotmässig.
                                                                                                          ■ Text und Fotos Karin Huber   Entschleunigende Lama-Wanderung bei Filisur mit «Lama-Mama» Sabine vom Hof Las Sorts. Kinder haben ihre helle Freude an den Lamas.

                                                                                                                                          ZUFRIEDENE LAMAS
     UNTERWEGS MIT FÜNF LAMAS                                           65 Meter hoch und 136 Meter lang und Teil des UNESCO              Dann ziehen wir weiter. Über den Waldpfad erreichen wir
                                                                                                                                                                                                                  Fahrtziel Natur
                                                                                                                                                                                                                  Die Idee von «Fahrtziel Natur» ist in Deutschland seit rund 16
     Pepino, Emilio, Linus, Klaus und Lars lieben es, mit Gästen        Welterbes RhB ist. Die Konstruktion der Hauptpfeiler im           weites, sattgrünes Wiesland, wo unsere gefrässigen Vier-
                                                                                                                                                                                                                  Jahren etabliert. Seit letztem Jahr gibt es Fahrtziel Natur auch
     die Natur rund um den Hof zu entdecken, natürlich auch,            Jahr 1901/1902 gilt als architektonische Meisterleistung.         beiner schon wieder nach saftigen Kräutlein suchen. Ihre                in der Schweiz. Den Takt gibt Graubünden vor. Die Bündner Pärke
     weil die fünf Lamas fürs Leben gerne über den Hag hin-             Gebührend bewundert wird die Eisenbahnbrücke auch von             Ohren sind während der gut zweistündigen Wanderung                      – Schweizerischer Nationalpark, Parc Ela, Naturpark Beverin,
     wegfressen und ihre gewaltigen Vorderzähne gerne ins               den Lamas. Sie stehen teilweise zuvorderst am schützen-           meistens steil aufgerichtet, ihr Schwanz hängt hingegen                 Biosfera Val Müstair und nun auch das UNESCO-Weltnaturerbe
                                                                                                                                                                                                                  Tektonikarena Sardona – sind die die ersten Fahrtziel Natur-
     dichte Blattwerk vergraben. Wer sie mitnimmt auf seine             den Holzgeländer und warten auf die roten Züge…                   locker nach unten. «Das ist ein gutes Zeichen. Es bedeutet,
                                                                                                                                                                                                                  Destinationen des Landes. Fahrtziel Natur ermöglicht es, mit dem
     Wanderung, erlebt viel Freude inklusive gute Laune. Willig                                                                           dass die Lamas rundum zufrieden sind», weiss Sabine.                    öffentlichen Verkehr (RhB, PostAuto, Bus Alpin) umweltfreundlich
     und mit ihrem unwiderstehlichem Lächeln ziehen die                                                                                   «Spuckt aber ein Lama Menschen an, so bedeutet dies,                    an- und teilweise auch durch die Pärke zu reisen.
     Hengste im Alter von zwei bis 12 Jahren dann auch mit uns                                                                            dass es sich belästigt fühlt und auf Distanz pocht».                    Regionale Naturpärke: Entstanden sind die meisten Natur-
     von dannen. Zuvor noch hat Hofbäuerin Sabine ihren fünf                                                                                                                                                      pärke in den letzten fünf bis sechs Jahren. Weil der Nachhaltig-
                                                                                                                                                                                                                  keitsgedanke eine wichtige Rolle spielt, hat Fahrtziel Natur tolle
     «amigos» die Halfter angelegt. Angebunden an der Stall-                                                                              Alsbald schon schauen wir hinab auf Filisur. Auf dem Weg
                                                                                                                                                                                                                  Angebote geschaffen. www.fahrtziel-natur.ch
     wand warteten sie nur darauf, endlich mit uns losziehen zu                                                                           zum Bahnhof Filisur begegnen wir vielen Gästen und auch
                                                                                                                                                                                                                  Parc Ela: Dieser Mittelbündner Park ist mit 550 km2 der gröss-
     können. Eine Frage beschäftigt uns: «Spucken eigentlich                                                                              Einheimischen – ausnahmslos alle lächeln uns oder wohl                  te Naturpark der Schweiz. Er liegt in einer vielseitigen Landschaft
     die fünf Lamas?»                                                                                                                     vielmehr unsere Lamas an. Die sorgen, wo immer sie auf-                 rund um die Alpenpässe Albula, Julier und Septimer. Hier findet
                                                                                                                                          tauchen, offenbar überall für gute Laune…                               man ursprüngliche Natur, intakte Dörfer und eine gelebte Kultur
      Pepinos Fell ist braun, Emilio trägt Tüpfli, Klaus ist dreifar-                                                                                                                                             in den drei Sprachen Romanisch, Italienisch und Deutsch, viele
                                                                                                                                                                                                                  steile Berggipfel, Gletscher, Seen, historische Dörfer. SBB, RhB,
      big, Lars grau und Linus ist schneeweiss – ausser seinem                                                                            Während wir wieder Richtung Biofhof unter schattenspen-                 Postauto und Bus Alpin transportieren die Ausflügler praktisch
      braunen Schwanzzottel. Lamafell ist wunderbar weich,                                                                                denden Bäumen hindurch und vorbei an Büsche spazieren,                  überall hin. Diverse Angebote (z.B. Genuss mit Panorama – mit
      samtig, man würde die Hengste gerne öfter streicheln wol-                                                                           fressen unsere Lamas gerade so als wärs das letzte Mal,                 20 Prozent Rabatt; Wildtierbeobachtungen, RhB Kombi zum
      len. Aber das mögen sie nicht so recht. «Am Hals kannst du                                                                          Blätter und Nüsse in rauen Mengen in sich hinein. Ach ja:               Bad Alvaneu und viele mehr). Infos: www.fahrtziel-natur.ch;
                                                                                                                                                                                                                  www.parc-ela.ch; Parc Ela-App: www.parc-ela.ch/app
      sie aber berühren», weiss Sabina, «das lassen sie gerne                                                                             keines der liebenswürdigen Lamas hat dann gespuckt…
      zu». Ihr weicher Pelz wird im Frühjahr geschert. Daraus
      spinnt eine Churerin wunderbar weiche Wolle, eine andere
      verarbeitet diese zu Filz.                                                                                                            Lama-Trekking
                                                                                                                                            Wie hinkommen? Mit der RhB von Chur aus nach Filisur oder
      IM RHYTHMUS DER NATUR, IM                                                                                                             mit dem Postauto ab Tiefencastel. Kurzer Spaziergang zum Biohof
                                                                                                                                            Las Sorts. www.rhb.ch; www.postauto.ch
      RHYTHMUS DER LAMAS
                                                                                                                                            Rundtour Aussichtspunkt, Filisur: Auf dem Biohof Las Sorts in
      Den Rhythmus unserer Wanderung bestimmen immer wie-
                                                                                                                                            Filisur holt man die (reservierten) Lamas ab zu Wanderungen.
      der die Lamas. Denn entdecken sie ein würziges Gräslein                                                                               Eine abwechslungsreiche Rundtour (zwei Std.) auf einem roman-
      oder knackiges Blattwerk, muss das sofort verkostet wer-                                                                              tischen Pfad führt durch einen «Zauberwald» mit atemberauben-
      den. Und so ist die Wanderung rund um Filisur fast mehr                                                                               dem Ausblick auf das Landwasserviadukt und das Dorf Filisur.
                                                                                                                                            http://www.kummzumlama.ch/
      lockerer Spaziergang als strenge Wanderung. Wir laufen
      mit unseren Lamas auf schattigem Pfad durch lichten                                                                                   Wie bleiben? Im ganzen Parc Ela findet man schöne Unterkünf-
                                                                                                                                            te und Restaurants. www.savognin.ch
      Wald vom Talboden aus bis vorerst in die Nähe des Bahn-
                                                                                                                                            Besonderes: Für Kinder gibt es bei den Tourismusvereinen
      hofs Filisur, den wir rechterhand liegen lassen.
                                                                                                                                            eine Bergwald Wundertüte (38.–). Darin steckt u.a. auch ein
                                                                                                                                            Handbuch für Kinder: Wer ist ein Bergwald, wir überleben Bäume
     Wir wandern über Wurzelwerk bis zur «Aussichtsplattform                                                                                und Tiere im Winter?. Dazu alles, was man für Entdeckungsrei-
     Süd». Der beschert uns tatsächlich einen traumhaften                                                                                   sen braucht: Wäscheklammern, Sackmesser, Schnur, Bleistifte,
                                                                                                                                            Tücher, Spiegel etc.
     Ausblick auf das imposante RhB-Landwasserviadukt, das              Das Lama Lars wandert gerne mit.                                                                                                        Tolle Aussichten auf das RhB-Landwasserviadukt.

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VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media
KLOSTERS-GARGELLEN                                                                                                                                                                                                                           KLOSTERS-GARGELLEN

                                                                                                                                  ZWISCHEN BODENSEE UND COMERSEE
                                                                                                                                  Knapp drei gemütliche Stunden dauerte der Aufstieg von

Mit einem Fuss im Prättigau,                                                                                                      der Madrisa Bergstation auf 1884 m bis zum Passübergang
                                                                                                                                  (2202 m), einem früher viel begangenen Weinsäumer- und
                                                                                                                                  Pilgerweg, der das Vorarlberg mit Oberitalien verband. Im

mit dem andern im Montafon                                                                                                        18. und 19. Jahrhundert noch galt der Weg als kürzeste
                                                                                                                                  Verbindung zwischen Bodensee und Comersee. Dieser alte
                                                                                                                                  Säumerpfad ist Teil der historischen Via Valtellina-Route, auf
                                                                                                                                  der man durchgängig von Tirano aus bis ins Vorarlberg und
Graubünden bietet grenzüberschreitende Wanderungen in alle Himmelsrichtungen. Das Schlappiner                                     umgekehrt in mehreren Tagen wandern kann.
                                                                                                                                  Früher transportierten hier die Säumer mit ihren Eseln,
Joch verbindet das Prättigau mit dem Montafon. Der alte Säumerübergang wurde früher genutzt für den
                                                                                                                                  Pferden und mit den Schlitten das Getreide und das Vieh
Warentransport. Heute transportieren wir nur noch den Rucksack mit dem Bergpicknick…                                              Richtung Süden, in umgekehrter Richtung karrte man
                                                                                                                                  Tonnen an Salz, Zucker, Kaffee und Tabak sowie fassweise
                                                                                                 ■ Text und Fotos Karin Huber    Veltliner Wein heran. Vielleicht kelterten die Österreicher
                                                                                                                                  damals noch gar keinen eigenen Wein? Oder vielleicht war
     Der Wind singt sein eigenes Lied. Dazu schwingen die Grä-     und die Verhupfspitze und natürlich die die Landschaft be-     der Veltliner bloss besser als der eigene?
     ser sanft hin und her. Wolkenberge schieben in grosser        herrschende 2826 m hohe Madrisa. Noch während des
     Eile vorbei. Nur der gurgelnde Bach vermag kurzzeitig alles   Aufstiegs haben wir auch die Berninagruppe, den Rätikon        DAS PRÄTTIGAU UND DIE ÖSTERREICHER
     zu übertönen. Noch sind die Kühe nicht auf der Som-           und die Silvretta bewundert und immer wieder hinein ins        Diese Fragen stellen sich heute nicht mehr… Denn dies-
     meralp, so vermissen wir doch tatsächlich das lustige Glo-    Schlappin-Tal geschaut, durch das wir im Winter mit den Ski    seits und jenseits der Grenze werden ganz hervorragende
     ckengebimmel. Der Weg von der Madrisa Bergstation aus         gefahren waren.                                                Weine produziert. Wenn wir schon auf der Weinroute unter-
     Richtung Schlappiner Joch läuft sich inmitten sommerfri-      Oben auf dem Grat zeigt eine bald nicht mehr lesbare Tafel     wegs sind, so dachten wir, gehört es sich fast schon, auch
     schen Grüns «ringer» als gedacht. Es ist nie wirklich steil   an, dass man ab hier Österreicher Land betritt. Die Lan-       ein kleines Fläschchen mitzunehmen. Und so ziehen wir
     und so kommt man auch nicht aus dem Tritt.                    destafel hockt auf einst gelber und jetzt abblätternder Ei-    zum mittäglichen Bergpicknick einen «Wegelin» aus der
                                                                   senstange. Noch stehen wir mit dem einen Fuss in der           Bündner Herrschaft aus dem Rucksack und lassen ihn uns
     RUNDUMSICHTEN                                                 Schweiz, mit dem anderen aber schon bei den Nachbarn.          im Windschatten eines Felsens gut schmecken…
     Unterwegs setzen wir uns bei der Saaser Alp auf ein Bänk-     Dort öffnet sich ein weites Tal. Ein paar Häuser von Gargel-   Dabei erinnern wir uns an die Geschichte: 1496 ist für die
     chen vor eine hübsche Holzhütte, sehen das Schwarzhorn,       len, dessen Name rätoromanischen Ursprungs ist und so          Prättigauer ein unrühmliches Jahr, denn zu jener Zeit wur-
     das Fluchthorn, den Mutler, Piz Linard, Verstanclahorn bei    viel wie Quelle bedeutet, vermeint man zu sehen. Oder ist      de es österreichisch… solange, bis sich das Prättigau 1649
     Klosters, Piz Buin, die Plattenhörner, das grosse Seehorn     es bloss die Alp?                                              endgültig loskaufen konnte. Längst schon ist das Ge-
                                                                                                                                  schichte, genauso wie die «Franzosenzeit» (1799/1800)            Unterwegs zwischen Madrisa und Passübergang. Das Wollgras
                                                                                                                                  als Truppen das Schlappiner Joch benutzt hatten, also            wiegt sich im Wind.

                                                                                                                                  über 200 Jahre vor uns. Heute quert man die Grenzen hier
                                                                                                                                  in friedvoller Absicht.
                                                                                                                                                                                                     Weitwanderweg Via Valtellina
                                                                                                                                  ÜBER DIE KUHALP                                                    Die Tour zwischen Klosters, Madrisa und Gargellen ist Teil des
                                                                                                                                  Ab Schlappiner Joch wandern wir durch das schöne Valzi-            Weitwanderweges Via Valtellina. Sie dauert rund fünf Stunden.
                                                                                                                                                                                                     Der gesamte Weitwanderweg ist mit 131,5 km angegeben. Für
                                                                                                                                  fenztal, dem Tal des Windes, bis hinab nach Gargellen,
                                                                                                                                                                                                     sieben Etappen kann man rund 43 Wanderstunden einrechnen.
                                                                                                                                  vorbei an verblühten Alpenrosen und Heidelbeeren. Gegen            Etappen: Tirano – Pontresina, weiter nach S-chanf, Davos, Klosters
                                                                                                                                  den Durst kauen wir junge Sauerampferblätter. Zwei Stun-           (Schlappin) bis Gargellen.
                                                                                                                                  den etwa dauert der Abstieg, der im oberen Teil aber doch          Weitere Touren: Für gewöhnlich wird die Madrisa Umrundung
                                                                                                                                  ziemlich steil ist. Beim Madrisa-Restaurant zweigen wir ab         als dreitägige Tour mit Übernachtung in Klosters bzw. Schlappin
                                                                                                                                  auf einen schattigen Pfad, der entlang des Baches bis hin-         und in St. Antönien empfohlen und angeboten. Für Sportliche,
                                                                                                                                                                                                     die eine besondere Wanderung erleben möchten, kann die
                                                                                                                                  ein nach Gargellen führt.                                          Madrisa-Umrundung auch als Tagestour bewältigt werden. Start
                                                                                                                                                                                                     in Klosters mit der Bergbahn bis zur Madrisa Bergstation. – Von
                                                                                                                                                                                                     Madrisa aus führen verschiedene Wege ins Montafon – über die
                                                                                                                                                                                                     Rätschenfluh und das Gafierjoch (rund 800 Höhenmeter), über
                                                                                                                                                                                                     das St. Antönier Joch, über den Schafberg oder die Gargellner
                                                                                                                                                                                                     Köpfe.
                                                                                                                                                                                                     Anreise/Rückreise: Mit der RhB bis Klosters Dorf, weiter
                                                                                                                                                                                                     mit der Madrisabahn (24.– Fr. einfach). Retour ab Gargellenmit
                                                                                                                                                                                                     dem Bus nach Schruns, weiter mit der Bahn nach Feldkirch-Sar-
                                                                                                                                                                                                     gans-Chur (3 Std. einplanen). www.rhb.ch; www.gargellen.
                                                                                                                                                                                                     ch, http://www.montafonerbahn.at/verkehr/fahr-
                                                                                                                                                                                                     plan_bahn.shtml, fahrplan.oebb.at; www.sbb.ch
     Blick ins Gargeller Tal.

14   VIADI | 1 | 2018                                                                                                                                                                                                                             1 | 2018 | VIADI     15
VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media
SCUOL – VAL MÜSTAIR – LIVIGNO                                                                                                                                                                                                SCUOL – VAL MÜSTAIR – LIVIGNO

Ab in die E-Pedale,
über alle Berge bis zum Livigno-See
Flächenmässig zwar der grösste Kanton, stösst man in Graubünden dennoch schnell einmal an Grenzen.
Wer sich mit dem Bike oder E-Bike aufmacht – in Scuol und im Val Müstair etwa – ist also geschwind
einmal in Livigno. Wir froren, wir fluchten (ein bisschen), wir strahlten und wir würden es wieder tun…
Der Rest richtet dann der ÖV.

                                                                                                  ■ Text und Fotos Karin Huber

      Der Tag beginnt unter einem Giacometti-Segantini-Künst-        Schmelzra, dem Bergbau- und Bärenmuseum, dort, wo am
      ler Himmel, garniert mit ein paar Wattebäuschchen. Die         1. September 1904 der letzte Braunbär in der Schweiz ge-
      E-Mountainbikes stehen beim Bikeshop der Scuoler Berg-         schossen worden war. In den letzten Jahren wurden aber
      bahnen parat, unser Gepäck für den Transport im Hotel          Tiere der heutigen Bärengenerationen wieder im Val S-
      Bellaval ebenso. Die Herbstluft streicht bissig durchs Tal.    charl gesichtet. Mit unseren E-Mountainbikes folgen wir
      Mit Kappe unterm Helm, Handschuhen, warmer Jacke               nun ein langes Stück der ehemaligen Silber-, Blei- und        In der Val Mora wähnt man sich fast auf einem anderen Stern.
      meistern wir jedoch locker den ersten steileren Anstieg in     Erzroute: Denn zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert
      Scuol Richtung Val S-charl. Ein erstes Frohlocken. Stell dir   transportierten die Säumer das Metall über den Costainas      se, frisst das Bike doch trotz wackerem in die Pedale treten     SCHUTZ IST GEFRAGT
      vor, grinsen wir uns zu, wir sässen jetzt auf unserem          Pass ins Münstertal und dann weiter ins Südtirol.             viel Energie. Die letzten zwei, drei Kilometer heisst es also:   Wir ziehen alles an, was im Rucksack steckt. Die Hände
      hundsgewöhnlichen Mountainbike. Da kämen wir schön             Eine Stunde nach den ersten Radumdrehungen rinnt uns          Das schwere E-Bike alleine mit Beineskraft bis zu unserem        bleiben trotz Handschuhen klamm, die Ohren eiskalt, die
      ins Schnaufen... Wir testen alle Gänge durch zwischen          der Kaffee in Duri’s Restaurant heiss die Kehle hinunter.     Nachtlager und damit bis zu den Steckdosen an die Ufer           Füsse in den dünnen Socken ebenso. Als wir kurz vor der
      Turbogang und kleinstem Gang. Je kräftiger wir in die Pe-      Eine weitere Stunde später pausieren wir bereits bei der      des Roms nach Tschierv bewegen.                                  Alp Mora (2084 m) in Richtung des Lago di San Giacomo
      dale treten, desto mehr Schub gibt’s. So fliegen wir wie die   Alp Astras auf einem Holzbänkchen an der Stallwand. Das                                                                        di Fraéle abbiegen und in ein schmales wildes Tal hinein-
      Irrwische durch kühle 8 Grad und vorbei an güldenen Lär-       kleine vorwitzige Sonnenwarm fegt ein eisiger Wind gleich     INS SCHÖNSTE TAL DER SCHWEIZ                                     fahren, sind die Wiesen weiss. Weiter Italien zu trägt das
      chen. Zwischen den Tannen glänzt als winterlicher Vorbote      wieder weg. Bis zur Passhöhe Costainas (2251 m) pedalen       Die Sonne hüllt die Bergspitzen in wundersames Morgen-           Kiefern bestandene Bachbett immer noch kleine Schnee-
      kristalliner Morgenreif.                                       wir auf schmalem gut fahrbarem Singletrail. Immer wieder      licht während die Wiesen weiss schimmern. Energiegela-           reste. Der Trail wird streckenweise recht schmal, ist
                                                                     halten wir inne, denn viele «wow, wow» zwingen uns gera-      den starten wir Richtung Fuldera und Valchava (1412 m),          manchmal auch leicht ausgesetzt. Direkt an der grünen
      AUF DER BÄREN- UND SILBERROUTE                                 dezu dazu. Diese Berge. So nah in der klaren Herbstluft       nehmen den Abzweiger in die Val Vau, pedalen auf breiter
      Noch sind im Val S-charl die Erd- und Gesteinsrutsche des      wie nie. Vorne beim Berghüttli gibt’s nochmals staunende      Forststrasse durch den Wald, der dann in lichten Lärchen-
      Sommers trotz fleissigem Schuttabräumen sichtbar. Doch         Rundblicke. Dann der Schreck.                                 wald übergeht. Bei der Alp Döss Radond (2234 m) haben
      die Strasse ist gut passierbar. Bald schon sind wir bei der                                                                  wir nach rund 800 Höhenmetern den höchsten Bike-Punkt
                                                                     FAHREN ODER LAUFEN?                                           erreicht. Rechterhand liegen der Piz Turettas mit seinen
                                                                     Uaah, steil geht’s hier auf rutschigem sandigem Weg hin-      stolzen 2958 m, linkerhand, der italienischen Grenze zu,
                                                                     unter. Fahren oder absteigen? Beides. Das Hinterrad           der Monte Forcula (2896 m), etwas weiter vorne der 3125
                                                                     rutscht immer wieder unterm «Füdli» weg. Puh. Doch bes-       m hohe Piz Schumbraida und der Piz Tea Fondada, an
                                                                     ser laufen. Aufatmen, als das Wegstück wieder flacher         dessen Fuss auch ein kleines verwunschenes Seelein liegt.
                                                                     wird. Bei der Alp Champatsch flöckelt es aus dem Him-         Das Hochtal des Val Mora ist einzigartig, fasziniert auch
                                                                     melsblau, die Lärchen kontrastieren in ihren satten Herbst-   jene, die schon x-mal hier waren. Es erinnert die Men-
                                                                     farben. Wir radeln durch eine bunte Welt; blinzeln atemlos,   schen an weite wilde kanadische Landschaften oder an
                                                                     staunend und glücklich ins nahe Tal hinein.                   einen unwirklich schönen fernen Planeten. Eingebettet in
                                                                     Ein Abstecher ins Chasa Jaura Museum zur Ausstellung          markante Felsformationen, darunter viel Geschiebe erodie-
                                                                     von Steivan Liun Könz muss sein. Dort laden wir mitten in     render Felsen und nahezu ausgetrockneten Flussland-
                                                                     einem Ausstellungsraum eines der E-Bikes, dem die Luft        schaften, wird man hier in Urzeiten zurück katapultiert. Vor
                                                                     ausgegangen ist, ein halbes Stündchen auf, weil sich der      dem inneren Auge tauchen die «Dinos» und andere Urrep-
                                                                     Ersatzakku im Hotelgepäck befindet. Die Ladezeit ist zu       tilien auf. Heute aber wütet der Herbstwind so als wäre es
                                                                     kurz, wie sich später herausstellt. Denn hinauf nach          schon Winter. So fegt er alsbald die schönsten Fantasiege-
      Nach zwei Tagen am Ziel: Der Livigno-See.                      Tschierv durch Wald und Wiesen, weitab der Ofenpassstras-     bilde die ausgetrockneten Bachbetten hinunter.                   Auf dem Weg zur Passhöhe Costainas.

16    VIADI | 1 | 2018                                                                                                                                                                                                                    1 | 2018 | VIADI   17
VIADI REISEN IN GRAUBÜNDEN - kh-media
SCUOL – VAL MÜSTAIR – LIVIGNO                                                                                                                                                                                                                                              ÄLPLI MALANS

                                                                                                                                                  Die guten ins Körbchen…
                                                                                                                                                  Wandern, sammeln, rüsten, geniessen
                                                                                                                                                  Mitten drin in den Bergwiesen und damit mitten drin im Schlaraffenland – gut, dies selbst zu erfahren
                                                                                                                                                  und zu erspüren. Die Bergwiesen rund ums «Älpli» in Malans sind so viel mehr, als auf den ersten Blick
                                                                                                                                                  zu erahnen wäre. Denn mit ihren unzähligen Wildkräutern sind sie ein wahres Entdecker-, Gesundheits-
       In der Val Mora.                                            Der kleine See kurz vor der Passhöhe Alpisella.                                und Genussparadies.
                                                                                                                                                                                                                                                            ■ Text und Fotos Karin Huber
       Grenze unterm tintenblauen Himmel erwartet uns gleich
       beim Grenzstein von 1930 eine kleine Kuhherde. Viel zu                E-Bike-Tour
       futtern gibt’s nicht mehr. Das Gras ist dürr, die Luft aber           Scuol-Val Müstair-Livigno
       ein Quäntchen wärmer. Runter zum See fährt es sich ange-              Die Route/das Package: Scuol Samnaun Val Müstair
       nehm. Wir finden bei den alten Militärruinen am Uferrand              Tourismus bieten ein attraktives E-Bike-Package in vier Etappen
                                                                             an mit Etappenbeschrieb und Kartenplänen: 1. Etappe: Scuol
       ein geschütztes Picknickplätzchen.                                    – Val S-charl – Lü – Müstair (oder Tschierv, je nach Hotel). 2.
                                                                             Etappe: Valchava – Val Vau – Val Mora - Lago di San Giacomo di
       PASSO ALPISELLA – LIVIGNO                                             Fraéle – Passo Alpisella – Livigno. Eine dritte Etappe führt von
       Ja und dann suchen wir den Aufstieg auf den Pass, fahren              Livigno, Fuorcola di Livigno, Val Minur, Berninapass, Morteratsch,
                                                                             Pontresina bis Zuoz. 4. Etappe: Zuoz – Brail – Zernez – Lavin
       zuerst Richtung Val Pila und Passo di Val Trela, kehren
                                                                             – Guarda – Ardez – Alp Laret – Ftan – Scuol. Diese Tour ist für
       wieder um, weil diese Strecke um einiges länger ist, finden           E-Mountainbikes ausgeschrieben. Trotz E-Bike-Antrieb braucht es
       dann den weniger gut angeschriebenen Wegweiser zum                    Kondition und gute körperliche Verfassung. Tägliche Etappen rund
       Valle Alpisella. Der Aufstieg zieht sich dahin. Er hat es in          60 km, Ladestationen in Hotels und Gasthäusern. Reparaturen
                                                                             in den verschiedenen Bikeshops der Etappenorte. Ab Livigno: Mit
       sich. Auf der Alp droben, das blaue Seelein eingebettet im
                                                                             dem Silvestri Autobus bis Zernez, weiter mit der RhB bis Scuol.
       gelb-moosgrünem Gras und eingerahmt von den mächti-
                                                                             Mietbikes: Bikeshop bei den Bergbahnen Scuol: 7550 Scuol Tel.
       gen Ausläufern des Pizzo del Ferro, dürfte es nicht mehr              +41-81-861 14 19 adventure@bergbahnen-scuol.ch, www.enga-
       allzu steil ansteigen, vermuten wir richtig. Bis zum Über-            din-adventure.ch. Gepäcktransport: Hotel Bellaval, Scuol. Infos:
       gang des Passo Alpisella pedalen wir noch 10, 15 Minuten.             Scuol Engadin Tourismus. www.engadin.com; ausgesuchte
                                                                             Hotels: Chasa Randulina Hotel Schweizerhof, Sta. Maria, Hotel
       Dann wird der Trail hinab steil, manchmal richtig steil. Die
                                                                             Al Rom, Tschierv, Hotel Parè, Livigno, Hotel Veduta, Cinuos-chel.
       Hände krampfen sich an den Bremsen fest. Aufatmen ist
                                                                             ÖV-Unterstützung: z.B. in Livigno: In Zusammenarbeit mit
       nicht so schnell in Sicht. Aber als der Lago di Livigno durch         PostAuto Graubünden transportiert Silvestri Autobus zwischen
       die Bäume schimmert, ist die Freude gross. Mitten auf                 Livigno und Zernez (und Pontresina) auch E-Bikes (Voranmeldung
       dem See lädt eine Plattform mit Liegestühlen für ein Relax-           empfohlen: www.silvestribus.it, info@silvestribus.it, Tel.
       stündchen ein, die Frage ist nur, wie trockenen Fusses                +39 0342 996283. www.postauto.ch; Auch die RhB trans-
                                                                             portiert E-Bikes, jedoch nicht in allen Zügen. www.rhb.ch
       dahin kommen?

                                                                                                                                                       Kräuter und Blüten für ein naturnahes köstliches Essen auf dem Älpli.

                                                                                                                                                       Weit hinauf geht’s mit den kleinen gelben «Kistchen» der                Malanser Alpenwiesen-Pesto ist unbezahlbar, ein wahrhaf-
                                                                                                                                                       Älplibahn Malans ins grosse Wandergebiet, das aber auch                 ter Luxus. Alles was es dazu braucht ist: Zeit. Wissen. Und
                                                                                                                                                       ein kleines Schlaraffenland ist mit wohlschmeckenden wil-               eine kundige Kräuterfrau wie Yvonne Bollinger.
                                                                                                                                                       den Kräutern und Blüten. Viele von ihnen kann man essen,
                                                                                                                                                       roh oder als Gemüse. Wer den Versuch wagt, stellt fest: Die             SCHATZKISTE ALPWIESEN
                                                                                                                                                       Geschmacksknospen explodieren geradezu. Unglaublich: In                 Weiss, gelb, ein paar rosarote und violette Farbtupfer da-
                                                                                                                                                       unserem selbst zubereiteten Pesto steckt eine ganze Alpen-              zwischen – die Alpwiesen im Frühsommer sind Augen- und
                                                                                                                                                       wiese drin. Der Pesto ist ein zauberhaftes Gedicht, eines,              Bienenweide, sind Balsam für Stressgeplagte, sind Schatz-
     Der Ausgangspunkt für Wanderungen in der Pflanzen- und Tierwelt vom Parc Ela.                                                                     das auf der Zunge zergeht, eines das sich verändert, je                 kiste für Kräutersammler und Genussessende, ebenso
                                                                                                                                                       nachdem was und wie viele Kräutlein man sammelt und                     Apotheke für jene, welche den Naturheilverfahren vertrau-
                                                                                                                                                       welche sich finden lassen (wollen). Ausserdem: Dieser                   en. Yvonne, die kundige Kräuterfrau und Naturärztin,
                                                       Familie Lanz | Tel +41 81 659 10 00 | www.hotelpost-bivio.ch

18     VIADI | 1 | 2018                                                                                                                                                                                                                                               1 | 2018 | VIADI   19
ÄLPLI MALANS                                                                                                                                                                                                                                                                             ÄLPLI MALANS

                                                                                                                                                               Tannenspitzen sind, ebenso wie viele andere Kräuter, aber                 Blutungen und als kleines «Wundermittel» gegen Reiz-
                                                                                                                                                               auch ein toller Powernap für unterwegs und gut gegen                      darm? Unsere Kräuterfee für einen Tag ist ein wandelndes
                                                                                                                                                               Durst. Yvonne macht aus den Tannenspitzen Sirup, Tinktu-                  Gesundheits- und Genussbuch. Ein X für ein U kann man
                                                                                                                                                               ren und Honig. Wir nehmen die weichen zarten Nadeln, um                   ihr nicht vormachen. Was wir ja auch nicht im Sinne haben.
                                                                                                                                                               später zusammen mit Brennnesselsamen unseren Quark                        Am Ende wissen wir, dass gegen fast alle Wehwehchen
                                                                                                                                                               zu würzen (ein ganz schönes Gaumenerlebnis).                              und grössere gesundheitliche Beeinträchtigungen ein
                                                                                                                                                                                                                                         Kraut gewachsen ist – viele Kräuter gedeihen rund um
                                                                                                                                                               KLEOPATRAS SCHÖNHEITSELIXIER                                              Malans, im Tal und auf dem Berg. Wir sammeln sie, verar-
                                                                                                                                                               Während unserer gut dreistündigen Exkursion erfahren wir                  beiten sie im Älpli-Bergrestaurant und geniessen sie: Als
                                                                                                                                                               jede Menge über die Kräuter, über ihre Wirkweise, Anwen-                  Wildkräutersalat mit bunten Blüten, als Tannenspitzen-
                                                                                                                                                               dung und Verarbeitung. Viele testen wir gleich mitten in der              quark, als Kräuter-Blätterteigröllchen, als Pesto an Spaget-
                                                                                                                                                               Bergwiese: Die Teufelskralle (blau) ist essbar, ihre Wurzel               ti… Uah! Einfach köstlich.
                                                                                                                                                               schmeckt nach Meerrettich, hilft beim Verdauen und bei
     Die Wiesen auf dem Aelpli in Malans bieten Kräuter in Hülle und Fülle. Kräuterfrau Yvonne Bollinger kennt jedes Kraut...
     Foto rechts: Susi Schildknecht                                                                                                                            Husten. Die grünen gezackten Blätter des «Frauenmänteli»
                                                                                                                                                               schmecken auf der Zunge eher krautig; sie regen den
     bleibt, kaum aus der Älplibahn bei der Bergstation ausge-                  klee – «alle Kleesorten sind essbar» –, die Pestwurz und                       Stoffwechsel an, und wirken blutreinigend. Kleopatra hat
     stiegen, bereits nach vier, fünf Schritten stehen, bückt sich,             der Huflattich, die sich sehr ähneln. Der essbare Huflattich                   übrigens aus den kelchartigen Blattgebilden den
     pflückt direkt am Wegesrand ein Gänseblümchen, erklärt,                    ist am Stil mit seinen hufeisenförmig angeordneten Pünkt-                      «Schweiss» dieser Kräuter getrunken. Sie schwor gemäss
     für was es nützlich ist (viele Mineralien und Vitamine), sagt,             chen erkennbar. Wer Husten hat, ist damit bestens be-                          Überlieferung auf dieses Schönheitselixier.
     dass es kein Unkraut gibt, sondern lediglich Pflanzen, die                 dient. Es lässt sich aus ihm jedoch auch ein ungewöhnli-
     am falschen Ort wachsen. «Denkt daran, nicht wir suchen                    ches Chutney herstellen. «Die Pestwurz bleibt besser                           EIN KÖSTLICHES MAHL AUS DER NATUR
     die Kräuter. Die Kräuter finden uns». Gefunden haben uns                   stehen», sagt Yvonne. «Wer sie im Übermass isst, schädigt                      Und dann geht’s weiter. Moos gegen schwitzende Füsse?
     in der Tat unglaubliche viele dieser intensiv riechenden                   Leber und Nieren. Aber aus der Brennnessel könnt ihr gut                       Den blauen Ehrenpreis gegen Jucken und Hauterkrankun-
     und schmeckenden Bergkräutlein.                                            «Nessel-Lasagne» und auch Spinat zubereiten». Sicher ist:                      gen? Ja doch. Vielfach erprobt, vielfach geholfen, versi-
                                                                                «Die Brennnessel ist eine richtige Energie-Keule». Reich an                    chert Yvonne. Veilchenwurzeln für ein stärkendes, vitalisie-              Die Kräuter werden für das Mittagsmahl sortiert und
     ZARTES KRAUT ALS GAUMENSCHMEICHLER                                         Vitalstoffen ist auch die Miere. Ihre Blüten machen sich                       rendes Getränk? Die gelb blühende Blutwurz gegen                          weiter verarbeitet.
     Dass bereits die Wegränder voll sind mit jungem, zartem                    nicht nur gut auf einem Butterbrot, sondern genauso im
     Kraut, merken wir schnell. Hier wachsen der gelbe Wund-                    Joghurt.

                                                                                POWERNAPS VON DER ALPENWIESE
                                                                                Die Hahnenfüsse lassen wir stehen, nehmen aber Johan-
                                                                                neskraut. Diese Feuerpflanzen sind gut für die Nerven. Der
                                                                                kriechende Günsel ist verdauungsfördernd, die (geschäl-
                                                                                ten) Stängel der Distel sorgen für Abgrenzung, die Gänse-
                                                                                blümchen respektive Massliebchen liefern uns Kalzium,
                                                                                Magnesium und viel Vitamin C. Sie sind zusammen mit
                                                                                Veilchen zu Handcreme verarbeitet ein wahrer Haut-
                                                                                schmeichler. Ausserdem helfen sie, das Selbstwertgefühl
                                                                                zu stärken. Wir probieren auch die Tannenspitzen, die ganz
                                                                                unterschiedlich schmecken können je nach Tannenart. Die

                                                                                  Kräuterexkursion aufs Älpli
                                                                                  Einmal im Jahr im Juni bietet die Älplibahn eine Kräuterexkursion
                                                                                  mit Yvonne Bollinger an. Es ist ein besonderer Anlass. Platz hat
                                                                                  es für 22 Teilnehmende. Anmeldungen sind unumgänglich – auch
                                                                                                                                                                WILLKOMMEN IM REICH DER SCHÖNEN TEUFELIN
                                                                                  für alle anderen Fahrten mit dem Bähnli. www.aelplibahn.ch
                                                                                  Yvonne Bollinger (www.naturheilpraxismalans.ch) hat
                                                                                  das Büchlein «Wilde Wiesenkräuter» – heilsam und genussvoll»
                                                                                  herausgegeben. Erhältlich in ihrer Naturheilpraxis oder in Buch-                           Auf Diavolezza, dem Festsaal der Alpen, erwarten dich glühend heisse Angebote
                                                                                  handlungen (ISBN: 978-3-033-04571-2). Das neue Werk ist eine
                                                                                  Agenda namens «Wilde Jahreszeiten».
                                                                                                                                                                    Plattform mit Sicht auf Piz Palü & Piz Bernina | zwei Klettersteige | Gletscherwanderung Morteratsch
                                                                                                                                                                                      höchstgelegene Grillstelle Europas | Erlebniswelt Bernina Glaciers
                                                                                  Wie hinkommen? Mit den SBB bis Landquart, weiter mit dem
                                                                                  Postauto bis Malans, Älplibahn. www.sbb.ch, www.rhb.ch
                                                                                                                                                                        Berghaus & Restaurant mit grosser Sonnenterrasse | Jacuzzi auf 3000 Metern über dem Meer
                                                                                  Wie bleiben? In Malans und drum herum findet man schöne
                                                                                  Unterkünfte. www.heidiland.com
     Kräutersammeln (und danach verarbeiten) macht viel Freude.                                                                                                               Diavolezza Lagalb AG | CH-7504 Pontresina | T +41 81 838 73 73 | info@diavolezza.ch | www.diavolezza.ch

                                                                                                                                                      Viadi_So18_210x150mm_RZ.indd 1                                                                                                             17.04.18 10:25

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