REKLIM News und Forschungsthema des Monats
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Oktober 2021 REKLIM News und Forschungsthema des Monats Seite 1 Forschungsthema des Monats Oktober 2021: Research Theme 2 Gekoppelte regionale Modellierung Klimarelevante Auswirkungen von Transporten eine hohe horizontale Auflösung in den Simulationen von feuchtwarmer Luft in die Arktis: Simulationen im Vorteil. Letzteres wurde bereits für Wind- (z.B. Moore et al., hochaufgelösten Klimamodell 2015), Feuchtetransport- (z.B. Guan et al., 2018; Gröger et al., 2021) und Niederschlagssimulationen (z.B. Prein et al., Hélène Bresson1,2 und Annette Rinke3 2015) gezeigt. 1: ehemals Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Potsdam Im Rahmen einer Fallstudie wurde ein sogenanntes „Atmos- 2: Laboratoire d‘Optique Atmosphérique (CNRS-UMR) pheric River (AR)“ Ereignis (Gimeno et al., 2014) von Juni 3: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeres- hung (AWI), Potsdam 2017 detailliert untersucht, welches starke polwärtsgerich- tete Advektion feuchtwarmer Luftmassen aufweist. Dabei Zur verstärkten Erwärmung in der Arktis tragen mehrere Pro- werden große Mengen an vertikal integrierter Feuchte in- zesse und Rückkopplungsmechanismen bei (z.B. Serreze und nerhalb eines schmalen Korridors in die Arktis transportiert. Barry, 2011; Wendisch et al., 2017). Ein relevanter Faktor ist Zur Veranschaulichung dieses ausgewählten AR-Ereignisses der atmosphärische, polwärts gerichtete Wärme- und Feuch- zeigt Abbildung 1 die räumliche Karte des vertikal inte- tetransport, welcher direkt durch erhöhte, abwärts gerich- grierten Wasserdampfs und des Bodenluftdrucks über dem tete langwellige Strahlung und indirekt durch Wolkenstrah- nordatlantischen Sektor der Arktis. Es ist ein ausgeprägter lungseffekte zu Erwärmung der Erdoberfläche beiträgt (z.B. Eintrag von feuchter Luft zu erkennen (Anomalien im Wasser- Ghatak und Miller, 2013; Woods und Caballero, 2016). Da- dampfgehalt von bis zu ~15 kg/m2 im Vergleich zur Klimato- her ist es von entscheidender Bedeutung, dass Klimamodel- logie), die von Nordwest-Russland herkommt, sich über die le diese Prozesse und damit das arktische Klima und seine Kara- und Barentssee bis in die Grönlandsee ausbreitet und Änderungen realistisch simulieren können. Neben einer rea- dabei Ny-Ålesund/Spitzbergen überquert. Dieser Transport listischen Darstellung der vertikalen thermodynamischen wird durch ein Tiefdrucksystem über dem nördlichen Nord- Struktur der Atmosphäre im Modell (Sedlar et al., 2020), ist atlantik angetrieben. Abbildung 1: Räumliche Karte des vertikal integrierten Wasserdampfgehaltes (kg/m2, farbliche Schraffierung), Bodenluft- druck (hPa, schwarze gestrichelte Isolinien), basierend auf den ERA5 Reanalysen für den 6. Juni 2017 12:00 UTC. Die Isoli- nien in pink (Kontouren im 5 kg/m2 Abstand) zeigen die Anomalie des Wasserdampfgehaltes bzgl. der 1979-2020 Klimatolo- gie. Die Forschungsstationen Ny-Ålesund (78.55°N, 11.55°O) auf Spitzbergen und Shojna in Nordwest-Russland (67.88°N, 44.17°O) sind mit einem roten Dreieck bzw. Punkt markiert. Die Land-Ozean Maske ist in grau gezeichnet.
Oktober 2021 REKLIM News und Forschungsthema des Monats Seite 2 Das AR-Ereignis wurde mit dem ICON (Icosahedral Nonhy- tet. Dies ist ein häufiges Merkmal in der arktischen Grenz- drostatic) Modell (Zängl et al., 2015) im Regionalmodell-Mo- schicht und kann zur Bildung und Aufrechterhaltung von dus („Limited Area Mode“, LAM) über der Arktis mit hohen Wolken beitragen. Diese Inversion wird von den Modellen horizontalen Auflösungen (6 km und 3 km) simuliert. Ange- und der Reanalyse nicht gut wiedergegeben. Dies kann mit trieben wurde das Regionalmodell durch das ICON Global- verschiedenen Prozessen zusammenhängen, die im Modell modell in einer Auflösung von 12 km. Die Forschungsfragen unzureichend dargestellt werden, z.B. zu warme Oberfläche, dieser Fallstudie lauteten hierbei: Kann ICON-LAM die raum- fehlerhafte Kondensation in höheren Lagen und Advektion zeitliche Struktur des AR angemessen darstellen? Welchen von Feuchtigkeit. Abgesehen davon stimmen die simulier- Einfluss hat die horizontale Auflösung des Modells auf die ten Feuchteprofile mit der Radiosonde überein. Während Darstellung des AR? Bringt eine höhere Auflösung einen of- des AR-Ereignisses wird ein starker Anstieg der Feuchte fensichtlichen Mehrwert in den Simulationen? um ca. 4 g/kg zwischen 1 km und 2 km Höhe beobachtet, welcher durch den Durchzug des AR über Ny-Ålesund verur- Die umfangreichen atmosphärischen Messinstrumente an sacht wurde (Abbildung 2, unten). Diese Signatur des AR im der AWIPEV Forschungsbasis ermöglichen den Vergleich der Feuchteprofil wird durch die Simulationen gut wiedergege- ICON Simulationen mit den Beobachtungen. Abbildung 2 ben. Die hochaufgelösten ICON-LAM Simulationen stimmen zeigt die simulierten vertikalen Feuchteprofile des Modells, dabei besser mit den Beobachtungen überein als die ERA5 der Reanalyse und der Radiosonden-Beobachtungen am Reanalyse und das ICON Globalmodell. ICON-LAM zeigt so- Tag vor dem Eintreffen des AR (5. Juni) und am Tag des Ein- wohl eine realistische Simulation des Feuchteanstiegs in den treffens (6. Juni) an der Station. Vor dem AR Ereignis ist die unteren Schichten, als auch der darüberliegenden trockenen untere Atmosphäre (üblicherweise die gesamte Troposphä- Schicht in 2-3 km Höhe. Solche trockenen Schichten werden re bis ca. 8 km Höhe an den Polen) trocken mit typischen häufig beobachtet und zeigen absteigende Luftmassen aus Werten von weniger als 1 g/kg Feuchte, und es wird eine der Nähe der Tropopause an (Browning, 1997). Weder das tiefliegende Feuchteinversion in ca. 100 - 400 m beobach- Abbildung 2: Vertikalprofile der spezifischen Feuchte (g/kg) für die Station Ny-Ålesund in Spitzbergen am 5. Juni 2017 12:00 UTC (oben) und am 6. Juni 2017 12:00 UTC (unten) basierend auf den Radiosonden-Beobachtun- gen (schwarze Linien), ERA5 Reanalyse (grau), und ICON Simulationen (ICON-GLOBAL: blau, ICON-LAM-6km: rot, ICON-LAM-3km: oran- ge). Für ERA5 und die ICON Simulationen re- präsentiert die Linie den der Station nächsten Gitterpunkt, während die Schattierung den Maximum-Minimum Bereich der 4 Gitterpunk- te um die Station darstellt. Oben rechts ist jeweils das Profil für die untersten 500m ver- größert abgebildet.
Oktober 2021 REKLIM News und Forschungsthema des Monats Seite 3 ICON Globalmodell noch die ERA5 Reanalyse können dies Die Advektion feuchtwarmer Luft, insbesondere von solch wiedergeben. Auffallend ist auch eine geringere Variabilität extremen AR Ereignissen, hat einen starken Einfluss auf die über die vier Stations-nächsten Gitterpunkte in beiden ICON- Strahlungsflüsse und damit auf den Energiehaushalt der LAM Simulationen im Vergleich zu ERA5 und ICON-GLOBAL. Erdoberfläche. In der Fallstudie ist eine starke Abnahme der Dies kennzeichnet ebenfalls die erhöhte Genauigkeit der AR- kurzwelligen Strahlung an der Erdoberfläche zu beobachten, Darstellung mit der Erhöhung der horizontalen Auflösung des sobald der AR über Ny-Ålesund (9:00 UTC) eintrifft. Es zeigt Modells. sich eine drastische Abnahme von 600 W/m2 auf etwa 100 W/m2 innerhalb von 3 Stunden. Der signifikante Einfluss Die Veränderung des vertikalen Feuchteprofils an der Shoj- des AR auf die Strahlung zeigt sich auch in einer verstärkten na-Forschungsstation in Nordwest-Russland, die vor Ny- langwelligen Gegenstrahlung an der Oberfläche, die um etwa Ålesund auf dem Weg des untersuchten AR liegt, zeigt eine 100 W/m2 zunimmt. Dadurch ändert sich die langwellige ähnliche Signatur. Auch hier steigt mit dem Eintreffen des Nettostrahlung von anfänglichen etwa -75 W/m2 nach dem AR die spezifische Luftfeuchtigkeit in niedriger Höhe um den AR-Durchgang auf etwa +10 W/m2 und wird somit zu einem Faktor 4 im Vergleich zu den Bedingungen vor dem AR. Das erwärmenden Faktor. Die hochaufgelösten ICON-LAM Simu- bedeutet, dass am 6. Juni ein starker Anstieg der Luftfeuch- lationen geben diese beobachteten Änderungen realistisch tigkeit zwischen 1-2 km Höhe auftritt und Werte von fast 7 wieder, während ERA5 diese unterschätzt. Die Faktoren, g/kg erreicht werden. Im Vergleich zu Ny-Ålesund ist die ma- welche die Strahlungsänderungen hervorrufen, sind sowohl ximale Luftfeuchte in Shojna aber in einer etwas geringeren die AR-bedingte erhöhte Feuchte als auch Strahlungseffekte Höhe (ca. 1 km), was darauf hindeutet, dass der AR während der Wolken. Eine erste Untersuchung des gemessenen Wol- seiner Ausbreitung vom Land über das Meereis in eine etwas kenwassergehaltes und der Reflektivität deutet auf die Bil- größere Höhe (um ca. 500 m) aufsteigt. Als Grund dafür wird dung und das Auftreten von Mischwolken mit signifikantem die Kaltluft-„Kuppel“ über dem Meereis diskutiert, die das Wassergehalt hin. Eine detaillierte Analyse möglicher AR- Eindringen des AR blockiert und zum Aufsteigen zwingt (Ko- bedingter Wolkeneffekte ist für die Zukunft geplant, sobald matsu et al., 2018). die qualitätsgeprüften Beobachtungsdaten dafür vollständig Diese Ergebnisse machen deutlich, dass das ICON-LAM Mo- verfügbar sind. dell in der Lage ist, die raumzeitliche Struktur des AR mit Basierend auf dieser Fallstudie können wir die anfangs ge- einer höheren Genauigkeit als das antreibende globale ICON stellten Forschungsfragen wie folgt beantworten: Das Re- Modell und die ERA5 Reanalyse darzustellen. Dies zeigte sich gionalmodell ICON-LAM kann die beobachtete raumzeitliche insbesondere in der genaueren Darstellung des Einflusses Struktur des AR gut darstellen. Eine höhere horizontale Auf- des AR auf die Änderungen des Feuchte-, Temperatur- und lösung des Modells kann bestimmte Aspekte in der Simula- Windprofils in Ny-Ålesund. Generell geben die Ergebnisse tion des AR verbessern, insbesondere die vertikalen Profile jedoch nur wenige Hinweise darauf, dass sich die Simulatio- von Feuchte, Temperatur und Wind. Eine weitere Erhöhung nen mit der 3 km Auflösung gegenüber der 6 km-Simulation der Auflösung von 6 km auf 3 km bringt einen relativ gerin- weiter verbessern. gen Mehrwert in den Resultaten. Abbildung 3: Zeitreihen der kurz- und langwelligen Nettostrahlung (oben) und der kurz- und langwel- ligen, abwärtsgerichteten Strah- lung (unten) an der Erdoberfläche für die Ny-Ålesund Station wäh- rend des 6. Juni 2017, basierend auf Beobachtungen (schwarze Linien), ERA5 Reanalyse (grau), und ICON Simulationen (ICON- LAM-6km: rot, ICON-LAM-3km: orange).
Oktober 2021 REKLIM News und Forschungsthema des Monats Seite 4 Publikation: Prein, A. F., Langhans, W., Fosser, G., Ferrone, A., Ban, N., Goergen, K., Keller, M., Tölle, M., Gutjahr, O., Feser, F., Brisson, E., Kollet, Bresson, H., A. Rinke, M. Mech, D. Reinert, V. Schemann, K. Ebell, M. S., Schmidli, J., van Lipzig, N. P. M., and Leung, R., 2015: A review Maturilli, C. Viceto, I. Gorodetskaya, and S. Crewell, 2021: Case study on regional convection-permitting climate modeling: Demonst- of a moisture intrusion over the Arctic with the ICON model: resolu- rations, prospects, and challenges, Rev. Geophys., 53, 323-361, tion dependence of its representation, Atm. Chem. Phys. Discuss., doi:10.1002/2014RG000475 doi:10.5194/acp-2021-501, in review Sedlar, J., Tjernström, M., Rinke, A., Orr, A., Cassano, J., Fettweis, X., Heinemann, G., Seefeldt, M., Solomon, A., Matthes, H., Phil- lips, T., and Webster, S., 2020: Confronting Arctic troposphere, clouds, and surface energy budget representations in regional Weitere Referenzen: climate models with observations, J. Geophys. Res. Atm., 125, Browning, K., 1997: The dry intrusion perspective of extra-tropical doi:10.1029/2019JD031783 cyclone development, Meteorol. Appl., 4, 317-324 Serreze, M. C. and Barry, R. G., 2011: Processes and impacts of Ghatak, D. and Miller, J., 2013: Implications for Arctic amplification of Arctic amplification: A research synthesis, Glob. Planet. Change, 77, changes in the strength of the water vapor feedback, J. Geophys. Res. 85-96, doi:10.1016/j.gloplacha.2011.03.004 Atm., 118, 7569-7578, doi:10.1002/jgrd.50578 Wendisch, M., Brückner, M., Burrows, J., Crewell, S., Dethloff, K., Gimeno L, Nieto R, Vázquez M and Lavers DA, 2014: Atmos- Ebell, K., Lüpkes, C., Macke, A., Notholt, J., Quaas, J., Rinke, A., and pheric rivers: a mini-review, Front. Earth Sci., 2, doi:10.3389/ Tegen, I., 2017: Understanding causes and effects of rapid warming feart.2014.00002 in the Arctic, Eos, 98, doi:10.1029/2017EO064803. Gröger, M., Dieterich, C., Dutheil, C., Meier, M., and Sein, D., 2021: Woods, C. and Caballero, R., 2016: The role of moist intrusions in Atmospheric Rivers in CMIP5 climate ensembles downscaled with a winter Arctic warming and sea ice decline, J. Clim., 29, 4473-4485, high resolution regional climate model, Earth Syst. Dynam. Discuss., doi:10.1175/JCLI-D-15-0773.1 doi:10.5194/esd-2021-49, in review Zängl, G., Reinert, D., Rípodas, P., and Baldauf, M., 2015: The ICON Guan, B., Waliser, D. E., and Ralph, F. M., 2018: An intercomparison (ICOsahedral Non-hydrostatic) modelling framework of DWD and between reanalysis and dropsonde observations of the total water MPI-M: Description of the non-hydrostatic dynamical core, Q. J. R. vapor transport in individual atmospheric rivers, J. Hydrometeorol., Meteorol. Soc., 141, 563-579, doi:10.1002/qj.2378 19, 321-337, doi:10.1175/JHM-D-17-0114.1 Komatsu, K. K., Alexeev, V. A., Repina, I. A., and Tachibana, Y., 2018: Poleward upgliding Siberian atmospheric rivers over sea ice heat up Ansprechpartnerinnen: Arctic upper air, Sci. Rep., 8, 1-15, doi:10.1038/s41598-018-21159-6 Hélène Bresson1,2 und Annette Rinke3 Moore, G., Renfrew, I., Harden, B., and Mernild, S., 2015: The impact 1: ehemals Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Potsdam of resolution on the representation of southeast Greenland barrier 2: Laboratoire d‘Optique Atmosphérique (CNRS-UMR) winds and katabatic flows, Geophys. Res. Lett., 42, 3011-3018, doi: 3: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeres- 10.1002/2015GL063550 hung (AWI), Potsdam
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