Boomender Tourismus in Paris - Paris behauptet sich im europäischen Einzelhandels und Hotelmarkt Tourismus als wichtiger Wirtschaftszweig - Real I.S.
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Real I.S. Research News Juni 2019 Boomender Tourismus in Paris Paris behauptet sich im europäischen Einzelhandels‐ und Hotelmarkt Tourismus als wichtiger Wirtschaftszweig Im letzten Jahr wurde in der Stadt Paris (innerhalb der 20 Arrondissements) ein Rekord von über 16,5 Millionen Besuchern verzeichnet (siehe Abbildung 1) ‐ im Großraum Paris waren es über 48 Millionen Touristen. Paris ist schon seit langem eine begehrte Destination für einen Städtetrip ‐ sowohl für Freizeit‐ und Businessreisende ‐, so dass die Gästeankünfte seit über einem Jahrzehnt relativ konstant geblieben sind (von 2006‐18 im Durchschnitt 15,4 Millionen Ankünfte pro Jahr). Lediglich die Weltwirtschaftskrise in 2009 und die Terroranschläge in 2015 und 2016 führten zu einer Abschwächung insbesondere der Ankünfte von internationalen Touristen. Die französische Regierung forciert langfristig ein weiteres Wachstum der Besucherzahlen, denn die Ausgaben der Reisenden stellen einen enormen Mehrwert für die Wirtschaft dar ‐ sie beleben das Geschäft der Einzelhandelsläden, Hotels und Restaurants.
Touristen gehen gerne shoppen ‐ das belebt den Einzelhandelsmarkt Laut dem Global Destination Index von Mastercard gibt ein internationaler Gast in Paris durchschnittlich 257 Euro pro Tag aus. Das sind weltweit die zweithöchsten Ausgaben ‐ nur in Dubai gibt ein internationaler Übernachtungsgast im Durchschnitt deutlich mehr aus (458 Euro pro Tag). Somit wurde im Jahr 2017 über 11 Milliarden Euro von internationalen Gästen in Paris ausgegeben ‐ für 2018 wurde ein Wachstum von 16 % angenommen (Daten für 2018 sind noch nicht veröffentlicht). Um gegenüber anderen europäischen Touristendestinationen wettbewerbsfähig zu sein, wurden in Paris Ende 2015 mehrere ZTI's (Internationale Touristenzonen) geschaffen. In diesen Zonen dürfen die Geschäfte auch sonntags und täglich bis Mitternacht geöffnet haben, um zusätzlichen Umsatz zu generieren. Eine dieser Zonen befindet sich entlang der 1,9 km langen Avenue des Champs‐Elysées, die frequenzstärkste Luxuseinkaufsstraße Europas mit etwa 10.300 Fußgängern pro Stunde (Erhebung von BNP Paribas Real Estate in 2017). In den vergangenen Jahren haben sich hier jedoch zunehmend Geschäfte angesiedelt, die das untere Ende des Mittelpreissegments besetzen, ergänzt um zahlreiche Fastfood‐Restaurants. Gegen diesen Trend wird nun entgegengewirkt indem bis 2022 zahlreiche Gebäude auf der Champs‐Elysées saniert werden, um großflächige Ladenlokale als Flagship‐Stores unter anderem für Luxusmarken zu schaffen. Vor kurzem haben hier erst Apple, Dior und ein 6.500 m² großes Geschäft des Warenhauses Galeries Lafayette eröffnet. In nur 1,5 km Entfernung am Boulevard Haussmann liegt zwar das 70.000 m² große Stammhaus von Galeries Lafayette ‐ welches allein ein Touristenmagnet ist ‐ aber der Einzelhändler setzt auf den frequenzbringenden Standort Champs‐Elysées, um ein neues Ladenkonzept umzusetzen und weitere ‐ vor allem internationale und zahlungsfreudige ‐ Kundschaft anzuziehen. Die Nachfrage von etablierten nationalen und internationalen Einzelhändlern nach Ladenlokalen in Paris bleibt somit unverändert hoch. Dieses zeigt sich auch in den Daten des Einzelhandelsimmobilienmarktes: In Paris ist zwar die Tendenz eines Leerstandsanstieges von Ladeneinheiten in den bedeutendsten Einkaufsstraßen der Innenstadt erkennbar (siehe Abbildung 2), aber im Vergleich zu anderen europäischen Touristendestinationen wie London, Berlin, Rom und Madrid, lag der Leerstand historisch immer unter dem der anderen Standorte und betrug in 2018 auch nur 5,0 %. Die positiven Marktgegebenheiten haben sich zudem auf die Entwicklung der Spitzenmieten ausgewirkt. In den vergangenen drei Jahren sind die Einzelhandelsmieten in Paris um 5,3 % gestiegen und eine weitere Steigerung wird laut Prognosen bis 2021 erwartet (siehe Abbildung 3). Lediglich Madrid verzeichnet derzeit ein dynamischeres Mietwachstum im Vergleich der Top 5 Tourismusdestinationen in Europa. Immobilien auf der Champs‐Elysées oder in anderen Pariser Einzelhandels‐Spitzenlagen sind bei Investoren sehr begehrt ‐ müssen aber teuer bezahlt werden. Denn Einzelhandels‐Top‐Objekte in Paris zählen zu den teuersten in ganz Europa und sind derzeit eher Liebhaber‐Objekte. Investoren müssen aktuell mit einer Nettoankaufsrendite von nur 2,5 % rechnen, bei einem Kapitalwert von etwa 320.000 Euro pro m².
Pariser Hotelmarkt erzielte in 2018 neue Rekorde Die Beliebtheit von Paris als Destination für Städtereisen belebt auch den Hotelmarkt. Insgesamt gibt es in Paris (alle folgenden Angaben beziehen sich auf die 20 Arrondissements der Pariser Innenstadt) mehr als 1.400 Hotels mit etwa 72.000 Hotelzimmern. Der Bestand an Hotelzimmern ist in den letzten fünf Jahren nur um 0,9 % pro Jahr gewachsen, was im europäischen Vergleich mit 1,8 % pro Jahr sehr gering ist. Das langsame Wachstum der Zimmerkapazitäten wirkte sich wiederum positiv auf die Auslastung der Hotels in Paris aus. Mit einer Belegungsquote von 78,5 % im Durchschnitt der letzten fünf Jahre lag diese höher als im europaweiten Vergleich (75 %). Ein internationaler Besucher verbringt in der Regel etwa 2,6 Hotelnächte in Paris, ein Franzose etwa 1,8 Nächte ‐ dieses Verhältnis ist seit Jahren unverändert. In 2018 wurde ein Rekord mit 37,8 Millionen Übernachtungen verzeichnet. In den nächsten fünf Jahren wird mit weiter steigenden Übernachtungszahlen gerechnet, so sollen diese laut Prognosen bis 2023 um 5 % zunehmen. Jedoch soll sich das langsame Wachstum des Hotelzimmerbestandes fortsetzen. Im Bau oder in der Planung befinden sich momentan zwar über 5.400 neue Hotelzimmer, aber davon sollen sich in den nächsten fünf Jahren weniger als die Hälfte bestandserhöhend (nur 0,7 % des Hotelzimmerbestandes pro Jahr) auswirken. Einige Projekte verzögern sich, werden später als 2023 oder sogar nie realisiert und es gibt auch ein paar Hotelschließungen ‐ oft zwecks Sanierungen. So wurde beispielsweise das Hôtel de Louvre (164 Zimmer) Anfang 2018 für eine umfassende Renovierung geschlossen und wurde im Mai 2019 wiedereröffnet. Ein weiteres Luxushotel, das InterContinental Paris Le Grand Hotel (540 Zimmer), ist aktuell wegen Sanierungsarbeiten geschlossen und soll 2020 wieder zur Verfügung stehen. Generell ist der Anteil an Luxushotels in Paris sehr hoch ‐ es gibt bereits 12 "Palace Hotels" (höher als 5‐Sterne) ‐ und auch zukünftig sollen neue Luxuskonzepte auf den Markt kommen: Von den 5.400 neuen Hotelzimmern im Bau oder in der Planung besitzt etwa ein Viertel eine 5‐Sterne Klassifizierung. Die durchschnittliche Zimmerrate (ADR) in Paris zählt zu den höchsten in Europa und betrug 192 Euro pro Zimmer/Nacht in 2018 (siehe Abbildung 4). Sie ist in den vergangenen Jahren mit ein paar Schwankungen stark gestiegen und erreichte im letzten Jahr einen Rekordwert. Aufgrund der guten Zimmerauslastung von 79 % in 2018, hat auch der Erlös je verfügbarem Zimmer (Revpar) zugenommen und lag in 2018 bei 151 Euro pro Zimmer/Nacht. In den letzten drei Jahren ist dieser um 7,5 % gestiegen und eine weitere Zunahme von 4,6 % wird laut Prognosen bis Ende 2021 erwartet (siehe Abbildung 5). Der durchschnittliche Kapitalwert für ein Hotelzimmer gehört mit 723.100 Euro pro Hotelzimmer ebenfalls zu den teuersten in ganz Europa ‐ somit müssen Investoren auch bei Hotelimmobilien in Paris tief in die Tasche greifen. Die dynamische Entwicklung des Pariser Hotelmarktes wurde in der jüngsten Vergangenheit jedoch durch einige Ereignisse getrübt, die direkten Einfluss auf mehrere performancerelevante Faktoren hatten (siehe Abbildung 6). Aus diesem Grund ist der Revpar in einigen europäischen Standorten in den vergangenen drei Jahren stärker gewachsen als in Paris. Durch die Terroranschläge im Januar und November 2015 in Paris sowie im Juli 2016 in Nizza wurden viele Touristen verunsichert, so dass es in 2016 deutliche Rückgange der Besucherzahlen gab. Selbst die Fußball Europameisterschaft in Frankreich im Juni und Juli konnte den Rückgang nicht
kompensieren. Die gesunkene Belegungsquote der Hotelzimmer hat sich direkt auf den Revpar ausgewirkt und somit auf die Performance der Hotels. Im Jahr 2017 hatte sich der Pariser Hotelmarkt allerdings schnell wieder erholt und die positive Entwicklung setzte sich bis November 2018 fort. Gelbwestenbewegung wirkt sich negativ auf den Einzelhandels‐ und Hotelmarkt aus Aufgrund der ersten Proteste der Gelbwestenbewegung (gilets jaunes) im November ist der Revpar im Dezember 2018 wieder gefallen und dieser Negativtrend hat sich im ersten Quartal 2019 fortgesetzt. Ein spürbarer Rückgang der Besucherzahlen wirkte sich auf die Auslastung der Hotelzimmer aus ‐ insbesondere Touristen aus den USA und Asien sind sehr sensibel bezüglich Sicherheitsrisiken. Die Hotelbuchungen fielen aufgrund der medialen Aufmerksamkeit der Gelbwestenbewegung schätzungsweise um 15‐20 %. Einige Luxushotels mussten zudem den Zugang zu einigen ihrer Zimmer versperren. Auch in der Gastronomie wurden je nach Lage Umsatzrückgänge von 20‐50 % verzeichnet. Insgesamt beläuft sich der Umsatzverlust aufgrund der Gelbwestenbewegung in der Hotel‐ und Gastronomiebranche in Île‐de‐France nach Schätzungen auf 250 Millionen Euro. Diese Rückgänge sind bereits in aktuelle Prognosen über den Pariser Hotelmarkt eingepreist, so dass der Revpar in 2019 wahrscheinlich einen leichten Rückgang verzeichnen wird und somit die künftige 3‐Jahresentwicklung moderater ausfallen wird als in anderen europäischen Touristendestinationen. Die Gelbwesten sind eine neue Art von Bewegung, die sich über soziale Netzwerke organisiert hat. Sie wird von keinen Parteien und Gewerkschaften unterstützt und entstand im Sommer 2018 als die Benzinpreise in Frankreich auf Rekordhöhen kletterten und damit generell die hohen Lebenshaltungskosten kritisiert wurden. Bei einer Online‐Petition für die Senkung der Benzinpreise kamen eine Million Unterschriften zusammen, damit die Regierung die geplante Erhöhung der Spritsteuer wieder zurücknimmt. Ein Lkw‐Fahrer rief daraufhin auf am 17. November landesweit Straßen zu blockieren und sich als Markenzeichen gelbe Warnwesten überzustreifen. Die Forderungen der Gelbwesten gehen mittlerweile über die eigentlichen Ziele hinaus ‐ im Prinzip fordern sie eine Politik im Interesse der einfachen Bürger und sind gegen die Reformen von Präsident Emmanuel Macron. Den Protesten haben sich links‐ und rechtsextreme Randalierer angeschlossen, so dass es zu Ausschreitungen gekommen ist. Es wurden unter anderem auf der Champs‐Elysées Baustellenmaterialien, Möbel vor Straßencafés und Autos angezündet sowie Polizisten mit Wurfgeschossen attackiert. Der Rückgang der Touristenzahlen sowie die Schließung einiger Geschäfte und Touristenattraktionen aufgrund der gewaltsamen Proteste, wirkte sich auch negativ auf die Einzelhandelsumsätze aus. Am ersten Protestwochenende am 17. November gingen die Umsätze in Frankreich um 35 % zurück, am zweiten Wochenende (24. November) um etwa 20 %. Schätzungen zufolge kosten die Proteste der gesamten französischen Wirtschaft etwa 0,2 Prozentpunkte des Bruttoinlandsproduktes im ersten Quartal.
Um den Einzelhandel wieder zu stärken, forderte das Comité Champs‐Elysées eine Senkung des Steuerfreibetrags für Überseetouristen und die Pariser Handelskammer hat finanzielle Unterstützung beantragt für eine Kommunikationskampagne, um die Pariser zu ermutigen ihren Handel zu unterstützen. Des Weiteren soll es in mehreren Ländern Werbekampagnen über Frankreich als Urlaubsland geben und einflussreiche ausländische Journalisten wurden nach Paris eingeladen, damit sie bezeugen können, dass alle touristischen Aktivitäten wieder normal ablaufen. Aber viel positivere Nachrichten sind, dass die Teilnahme an der Gelbwestenbewegung abebbt. In den ersten beiden Protestwochenenden im November 2018 wurden in ganz Frankreich 300.000 bzw. 150.000 Menschen gezählt. Anfang Juni 2019 waren es lediglich 9.500 Demonstranten, die in Frankreich auf die Straßen gegangen sind. Fazit Boomender Tourismus ist enorm wichtig für Paris und für Frankreich als Ganzes ‐ die Branche macht 7 % des französischen BIPs aus. Die französische Regierung setzt auf diesen Wirtschaftszweig und hat sich das Ziel gesetzt 100 Millionen internationale Touristen in Frankreich in 2020 zu empfangen (2018 waren es 89,4 Millionen). Um dieses Ziel zu erreichen, soll es unter anderem ein einfacheres Visumverfahren geben und die Wartezeiten an der Passkontrolle am Flughafen sollen reduziert werden. Die Sicherheit und Servicequalität für ausländische Gäste soll zudem erhöht werden. Die Kaufkraft der Touristen ist ein bedeutender Treiber des Pariser Einzelhandels und wird sehr gefördert ‐ zum Beispiel durch die Schaffung von Internationalen Touristenzonen und somit gesonderten Ladenöffnungszeiten. Aus diesem Grund ist auf dem Pariser Einzelhandelsimmobilienmarkt auch noch kein Abwärtstrend erkennbar: Die Nachfrage von Einzelhändlern ist hoch, die Leerstände sind niedrig und die Mieten wachsen weiter. Die Steigerung der Touristenankünfte wird auch weiterhin positive Auswirkungen auf den Pariser Hotelmarkt haben ‐ es ist nur fraglich ob die Zimmerkapazitäten langfristig ausreichend sind und die Bauaktivität von Hotelneubauten nicht gestärkt werden sollte. Events wie die Rugby Weltmeisterschaft 2023, die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 in Paris sowie die Erweiterung des nahegelegenen Disneyland Paris mit einem Investitionsvolumen von 2 Milliarden Euro, werden langfristig die Hotelkapazitäten an ihre Grenzen bringen. Die einzige Kehrseite auf das Wachstumspotenzial durch Touristen zu setzen, ist die Anfälligkeit dieses Sektors durch negative Ereignisse und Pressemeldungen, welches direkt zu Umsatzeinbrüchen führt. Jedoch hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass das Vertrauen schnell zurückgewonnen werden konnte und erneut Besucherrekorde erzielt werden konnten. Im europäischen Vergleich bleibt Paris somit weiterhin ein attraktiver Standort für Einzelhandels‐ und Hotelinvestments. Viele Grüße, Ihr Real I.S. Research‐Team Ihre Ansprechpartnerin Olivia Krebs Real I.S. AG Research und Investitionsstrategie › olivia.krebs@realisag.de [mailto:olivia.krebs@realisag.de]
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