Retrospektive Analyse des Verlaufs von Patienten mit intraduktaler papillärer muzinöser Neoplasie (IPMN)

 
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Retrospektive Analyse des Verlaufs von Patienten mit intraduktaler papillärer muzinöser Neoplasie (IPMN)
Aus dem Department Chirurgie
               Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
             des Universitätsklinikums Freiburg im Breisgau

Retrospektive Analyse des Verlaufs von
Patienten mit intraduktaler papillärer
    muzinöser Neoplasie (IPMN)

                 INAUGURAL - DISSERTATION
                                 zur
               Erlangung des Medizinischen Doktorgrades
                      der Medizinischen Fakultät
          der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

                           Vorgelegt 2020
   von Sageetha Mohamed Rawfal Rahumathullah, geb. Mohamed Rawfal
                      geboren in Baar, Schweiz
Dekan: Prof. Dr. Norbert Südkamp

1. Gutachter: Prof. Dr. Uwe A. Wittel

2. Gutachter: PD Dr. med. Heiko Becker

Jahr der Promotion: 2021

                                         I
Widmung

Für meine Familie.

        II
Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung                                                                                                                 1
   1.1. Zystische Pankreasläsionen . . . . . . . . . . . . .              . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .    1
        1.1.1. Pseudozyste . . . . . . . . . . . . . . . . .              . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .    3
        1.1.2. Serös-zystische Neoplasie . . . . . . . . . .              . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .    3
        1.1.3. Muzinös-zystische Neoplasie . . . . . . . .                . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .    3
   1.2. Intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie . . . . .                . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .    3
        1.2.1. Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . .             . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .    4
        1.2.2. Risikostratifikation nach Fukoka Leitlinien                . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .    6
        1.2.3. Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .    9
        1.2.4. Diagnostik und Therapie . . . . . . . . . .                . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .    9
        1.2.5. Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   10
   1.3. Perioperatives Risiko bei Pankreasresektion . . . .               . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   10
        1.3.1. Pankreasfistel (POPF) . . . . . . . . . . .                . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   12
        1.3.2. Postpankreatektomische operative Blutung                   (PPH)           .   .   .   .   .   .   .   .   .   13
        1.3.3. Verzögerte Magenentleerung (DGE) . . . .                   . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   14
        1.3.4. Clavien-Dindo Einteilung . . . . . . . . . .               . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   15

2. Fragestellung                                                                                                              16

3. Patienten und Methoden                                                                                                     17
   3.1. Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                     18

4. Ergebnisse                                                                                                                 19
   4.1. Patientencharakteristika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                    .   .   19
   4.2. Einteilung der zystischen Pankreasläsionen . . . . . . . . . . . . . . .                                      .   .   20
   4.3. Klinisches Management von MD-IPMN . . . . . . . . . . . . . . . . .                                           .   .   20
   4.4. Klinisches Management von MT-IPMN . . . . . . . . . . . . . . . . .                                           .   .   21
   4.5. Klinisches Management von BD-IPMN . . . . . . . . . . . . . . . . .                                           .   .   22
        4.5.1. Follow Up/ maligne Transformation während Verlaufskontrolle                                            .   .   23
   4.6. Perioperative Morbidität und Mortalität der IPMN-Resektion . . . .                                            .   .   24
   4.7. Überlebensanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                     .   .   25

5. Diskussion                                                                                                                 28
   5.1. Präoperatives Management . . . . . . . .      .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   28
        5.1.1. Malignitätsrisiko der Zystengrösse     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   29
        5.1.2. Verlaufskontrolle . . . . . . . . .    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   30
        5.1.3. Symptome der IPMN . . . . . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   31
   5.2. Perioperatives Komplikationsrisiko . . .      .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   32
   5.3. Langzeitergebnisse . . . . . . . . . . . .    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   32
   5.4. Methodenkritik . . . . . . . . . . . . . .    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   33

6. Zusammenfassung                                                                                                            35

                                             III
Inhaltsverzeichnis

A. Lebenslauf                                          59

B. Eidesstattliche Versicherung                        63

C. Erklärung zum Eigenanteil                           64

D. Danksagung                                          65

                                         IV
Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung

ASA American Society of Anesthesiologists

CCCF Comprehensive Cancer Center Freiburg

CT     Computertomographie

DGE Delayed gastric emptying

DGVS Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen

DSS Disease-Specific Survival

ERCP Endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie

EUS Endoskopischer Ultraschall

FNAC Feinnadelaspirationszytologie

ggf.   gegebenfalls

ICU Intensive Care Unit

IPMN Intraduktale papilläre muzinösen Neoplasie

ISGPS International Study Group of Pancreatic Surgery

KIS Krankenhausinformationssystem

MCN Muzinös zystische Neoplasie

MDCT Multidetektor-Computertomographie

MRT Magnetresonanztomographie

MRCP Magnetresonanztomographie mit Cholangiopankreatikographie

OS     Overall Survival

OGD Ösophago-Gastro-Duodenoskopie

POPF postoperative Pankreasfistel

POT Postoperativer Tag

PPH post-panreatectomy hämorrhage

PPPD Pyloruserhaltende Pankreaskopfresektion

                                         V
Abkürzungsverzeichnis

SCN Serös zystische Neoplasie

Tab. Tabelle

TIA Transitorische ischämische Attacke

VK    Verlaufskontrolle

z.B. zum Beispiel

                                         VI
Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis
  1.   MRT-Untersuchungen zur Darstellung von IPMN-Subtypen . . . . .             . . .    5
  2.   Therapiealgorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    . . .    8
  3.   Altersverteilung der IPMN-Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . .      . . .   19
  4.   Verteilung der zystischen Pankreasraumforderungen 2010-2014 . . .          . . .   20
  5.   Zusammenfassung des BD-IPMN-Managements . . . . . . . . . . .              . . .   22
  6.   Kaplan-Meier-Analyse des krankheitsspezifischen Überlebens (DSS)           von
       IPMN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   . . .   27

                                          VII
Tabellenverzeichnis

Tabellenverzeichnis
  1.    Überblick über zystische Pankreasneoplasien . . . . . . . . . . . . . . . .       2
  2.    ’High risk-Stigmata’ und ’worrisome features’ nach Fukoka Census Leitlinie        7
  3.    Häufigkeit und Art der Symptome [27] . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        9
  4.    ISGPS-POPF Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      12
  5.    ISGPS-PPH Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     13
  6.    ISGPS-DGE Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     14
  7.    Clavien-Dindo Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   15
  8.    Zusammenfassung der erfassten Daten und Methodik. (klinischer Ver-
        lauf verschiedener IPMN-Subtypen und der postoperativen histopatho-
        logischen Untersuchung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    36
  9.    Erfassung der perioperativen Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     39
  10.   Zusammenfassung des klinischen Verlaufs verschiedener IPMN-Subtypen
        und der postoperativen histopathologischen Untersuchung . . . . . . . .          40
  11.   Perioperative Morbidität und Mortalität nach Pankreaskopfresektion . .           43
  12.   Perioperative Morbidität und Mortalität nach laparoskopischer oder la-
        paroskopisch assistierter Pankreaskopfresektion einschließlich Umstellung
        von laparoskopischer auf offene Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . .    45
  13.   Perioperative Morbidität und Mortalität nach Pankreaslinksresektion . .          46

                                          VIII
Retrospektive Analyse des Verlaufs von
  Patienten mit Intraduktaler papillärer
      muzinöser Neoplasie (IPMN)
                               Sageetha M.Rawfal
                                  3. Januar 2021

1. Einleitung
In Deutschland erkranken jährlich über 16.000 Menschen an einem Pankreastumor [16].
Mit einer Häufigkeit von ca. 2 bis 3% aller bösartigen Neubildungen ist das duktale
Adenokarzinom des Pankreas (PDAC) wegen seiner erschwerten Diagnosestellung und
vor allem wegen des aggressiven Krankheitsverlaufs die vierthäufigste malignombeding-
te Todesursache weltweit [11]. 92% der diagnostizierten malignen Pankreastumore sind
histologisch duktale Adenokarzinome. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt dem Krebsre-
gister des Robert Koch-Instituts zufolge für Männer bei 6,4% und für Frauen bei 7,6%
[9]. Anders verhält es sich mit den zystischen Neoplasien des Pankreas. Durch die ver-
besserten Bildgebungen wie CT / MRT haben die Zysten an Bedeutung zugenommen.
Somit gehören diese zu den diagnostizierbaren, behandelbaren und prognostisch zumeist
günstigen Tumoren des Pankreas.

1.1. Zystische Pankreasläsionen
Neben dem duktalen Adenokarzinom gibt es weitere Pankreasläsionen. Hierzu gehören
die intraduktalen papillären muzinösen Neoplasien (IPMN), muzinös-zystische Neopla-
sie (MCN), seröse-zystische Neoplasie (SCN) und Pseudozysten. Diese gehen mit un-
terschiedlichem Malignitätspotenzial einher. Die stets gutartigen Pseudozysten können
aufgrund der Raumforderung zu Beschwerden führen, was eine Op-Indikation erfordern
kann. MCN und IPMN hingegen zeigen ein gewisses Malignitätspotenzial. Ziel der Chir-
urgie ist hier, mit einer rechtzeitigen Intervention die maligne Transformation zu verhin-
dern und somit einem späteren Tumorrezidiv und der entsprechend schlechten Prognose
vorzubeugen (siehe Tab. 1).

                                            1
1. Einleitung

             Tabelle 1: Überblick über zystische Pankreasneoplasien
Zystenart        MD-IPMN BD-                  MCN      SCN                    PZ
Parameter        MT-IPMN        IPMN
Alter (Jahre) 60-80             60-80         40-50    60-70                  50
Geschlecht       60:40          60:40         5:95     25:75                  60:40
m:f
Lokalisation     Kopf           überall       Schwanz überall                 überall
Struktur         erweiterter    trauben-      Ovar-    Honigwaben             dicke
                 Hauptgang      förmig        stroma   zentrale               Wandkal-
                                              septen   Narbe                  zifikate
                                              Verkal-
                                              kung
relativer An- 25%               30%           15%      25%                    **
teil*
Multifokalität 10%              40%           nein     selten                 selten
Gang-            erweitert      normal        normal   normal                 un-
durchmesser                                                                   regelmäßig
Gang-            ja             ja            nein     nein                   ja
verbindung
Punktat-         hoch           hoch          hoch     niedrig                niedrig
ergebnisse -
Muzin
Punktat-         hoch           hoch          hoch     niedrig                niedrig
ergebnisse -
CEA
Punktat-         hoch           hoch          niedrig  niedrig                hoch
ergebnisse
- Amylase/
Lipase
Malignitätsrisiko40-90%         15-25%        30%      1-5%                   0%
Operation nö- ja                selten        ja       selten                 selten
tig
Prognose         gut            sehr gut      sehr gut exzellent              exzellent
Nachsorge        ja             ja            ja       individuell            nein
 MD-IPMN: intraduktalepapillär-muzinöse Neoplasie des Pankreashauptgangs
 MT-IPMN: intraduktalepapillär-muzinöse Neoplasie vom Mischtyp
 BD-IPMN: intraduktalepapillär-muzinöse Neoplasie des Pankreasseitengangs
 MCN: muzinösezystische Neoplasie
 SCN: seröse zystische Neoplasie
 PZ: Pseudozyste
 * Anteil bezogen auf alle zystischen Neoplasien, ohne Pseudozysten
 ** PZ sind geschätzt 2x so häufig wie alle zystischen Neoplasien zusammen
 Tabellenzitat: Belyaev O et al, Diagnostik und Therapie, Allgemein und Viszeralchirurgie
 up2date 2017; 11: 417-438

                                            2
1. Einleitung

1.1.1. Pseudozyste

Die Pseudozysten entstehen durch akute oder chronische Pankreatitiden und sind mit
einem Anteil von 30 - 60 % die häufigsten zystischen Veränderungen der Pankreas.
Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Postentzündliche Pseudozysten können eine
Verbindung zum Pankreasgangsystem aufweisen und zeigen häufig jedoch eine spontane
Rückbildung. Sie sind reine Flüssigkeitskollektionen ohne Malignitätsrisiko. Eine Thera-
pieindikation ergibt sich nur bei Grössenprogredienz oder zunehmender Symptomatik.
Die Pseudozyste wird dann entweder endoskopisch transgastral oder chirurgisch drai-
niert. Nur bei erfolgloser Intervention wird in seltenen Fällen operativ versorgt (siehe
Tab. 1) [27].

1.1.2. Serös-zystische Neoplasie

Seröse Flüssigkeit produzierende SCNs kommen in ca. 15% aller zystischen Pankreastu-
moren vor. Sie treten überall im Pankreas und manchmal multifokal auf. Die mikrozysti-
schen SCN sind bei Frauen drei Mal häufiger als bei Männern im Durchschnittsalter von
68 Jahren zu finden. 60% der SCN lösen keine Beschwerden aus, nur 30% verursachen
Bauchschmerzen und 10% gehen mit einer Pankreatitis einher. Nur in seltenen Fällen
werden SCN operiert, gibt nur wenige beschriebene Fälle mit maligner Antartung (siehe
Tab. 1) [27].

1.1.3. Muzinös-zystische Neoplasie

MCNs zeigen sich am häufigsten als grosse, solitäre und multilobuläre Zysten, die sich
häufig im Pankreasschwanz befinden. Sie kommen fast ausschliesslich bei Frauen zwi-
schen 40 - 50 Jahre vor. Über 85% der MCNs weisen keine Gangbeteiligung auf. 25%
der resezierten Pankreaszysten sind MCN. Das Malignitätsrisiko der MCN beträgt 30%.
Deshalb wird eine operative Versorgung empfohlen. (siehe Tab. 1) [27] [21].

1.2. Intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie
IPMN sind epitheliale Tumore, die primär intraduktal wachsen und muzinöses Sekret
produzieren. Unter den zystischen Pankreastumoren bilden die IPMN eine wichtige En-
tität mit einem Anteil von etwa 20 bis 25%. Die IPMN sind überwiegend (80%) im
Pankreaskopf lokalisiert und bis zu 40% der Fälle multifokal. IPMN sind häufiger bei
Männern zu finden. Der Altersdurchschnitt der erkrankten Personen liegt bei 60 bis 80
Jahren [21].

  Da wichtigste Unterscheidungskriterium der IPMNs ist die Beteiligung des Pankreas-
gangsystems. Es gibt IPMNs mit Hauptgangkontakt, die von Anfang an ein 40 - 90%
Malignitätsrisiko aufweisen (Hauptgangs-IPMN, MD-IPMN). IPMNs ohne Hauptgang-
kontakt (Seitengangs-IPMN, BD-IPMN), welche eine deutlich niedrigere Entität aufwei-
sen (15 - 25% bei resezierten BD-IPMNs), werden nach histologischer Ausdifferenzierung
des Epithels in unterschiedliche Dysplasie- und Malignitätsgrade eingeteilt. Die IPMNs

                                           3
1. Einleitung

werden in niedrige (low-grade), intermediate - grade oder hochgradige Dysplasien ein-
geteilt. IPMNs mit invasivem Wachstum entsprechen einem duktalen Pankreaskarzinom
oder einem muzinösen Adenokarzinom. Auch die nicht-invasiven IPMNs können mit der
Zeit in invasive Stadien entarten, deshalb haben IPMNs ein deutlich größeres Maligni-
tätspotenzial als andere Pankreaszysten und sind klinisch relevant [32] [8] . Der aktuelle
Stand von Diagnostik, Therapie und Prognose der IPMNs ist deswegen besonders wich-
tig.

1.2.1. Einteilung

Die Typisierung der IPMNs erfolgt nach dem Entstehungsort des Tumors. Sie werden
entsprechend unterteilt in Hauptgang-IPMNs (Main-duct-IPMN: MD-IPMN, Abb. 1
A.), welche mit einer Erweiterung des Ductus pankreaticus einhergehen und in Seitengang-
IPMNs (Branch-duct-IPMN: BD-IPMN, Abb. 1 C.), wenn sie von einem sekundären
Gang ausgehen. Zudem gibt es die Mixed-type-IPMN (MT-IPMN, Abb. 1 B.), welche
sowohl eine Seiten- als auch eine Hauptgangskomponente aufweisen.

   Die Main- duct (MD-IPMN) und Mixed- type- IPMNs (MT-IPMN) haben ein deutlich
höheres Malignitätsrisiko. Die MD-IPMNs führen zu zystischer Dilatation des Haupt-
ganges, produzieren große Mengen an Muzin und können den Gang somit verlegen.
Symptome können ein Verschlussikterus oder eine Pankreatitis sein. Viele Patienten
bleiben aber beschwerdefrei. Die MD-IPMNs werden weiter in histologische Subtypen,
(intestinal, pankreatobiliär und onkozytär) unterteilt. Der pankreatobiliäre Typ stellt
dabei einen high-grade Tumor dar, der prognostisch relevant ist (siehe Tab. 1).

   IPMNs des Seitengang-Typs (Branch-duct-IPMN)sind oft multizystisch, treten häu-
figer im Processus uncinatus auf, stehen auch mit dem Gangsystem in Verbindung,
verursachen aber keine Hauptgangdilatation. Die Branch-duct-IPMNs zeigen ein we-
niger aggressives Verhalten und seltener invasives Wachstum als die MD-IPMNs [32].
Dementsprechend unterscheiden sich auch die Therapiemöglichkeiten der Haupt- und
Seitengang-IPMNs. Bei MD-IPMNs und mixed-type IPMNs wird häufig eine Pankreas-
kopfresektion (Whipple-OP, PPPD) oder sogar eine Pankreatektomie durchgeführt. Bei
Branch-duct-IPMN können die Therapiemöglichkeiten, je nach Risikofaktoren, "worri-
some features" oder "high risk Stigmata", unterschiedlich aussehen (siehe Tab. 2).

                                            4
1. Einleitung

       Abbildung 1: MRT-Untersuchungen zur Darstellung von IPMN-Subtypen

A. MD-IPMN mit erweitertem Pankreas-Hauptgang (←);
B. MT-IPMN mit erweitertem Haupt- (→) und Seitengang(←);
C. BD-IPMN mit erweitertem Seitengang (→) ohne Beteiligung des Hauptganges (←)

                                             .

                                             5
1. Einleitung

1.2.2. Risikostratifikation nach Fukoka Leitlinien

Für die Abschätzung der Risiken und das Festlegen des therapeutischen Managements
von IPMNs werden diese entsprechend der Sendai-Klassifikation (2006), den Fukuoka-
Leitlinien (2012), sowie den „Revised Fukuoka-Consensus Guidelines“ (2016) eingeteilt
[76].

   Läsionen mit "high risk-Stigmata" sollten entsprechend der Consensus-Leitlinie on-
kologisch reseziert werden, da ein hohes Malignitätsrisiko besteht. Bei Läsionen mit
"worrisome features" sind die Empfehlungen der Leitlinie komplexer (siehe Abb. 2).
Grundsätzlich zeigen neuere Arbeiten wie z.B. Crippa et al. [74], dass das Malignitäts-
risiko von Läsionen mit "worrisome features" bislang überschätzt wurde und betroffene
Patienten mit IPMN eine geringe krankheitsspezifische Mortalität aufweisen. Es besteht
somit das Risiko einer Übertherapie dieser Patienten. Die aktuellen Leitlinien spielen
eine wichtige Rolle für die Therapie (siehe Abb. 2).

  MD- und MT- IPMNs mit Gangdurchmesser ≥ 10 mm werden als Läsionen mit ho-
hem Malignitätsrisiko eingestuft und dementsprechend generell chirurgisch-onkologisch
reseziert.

   Branch-ducts-IPMNs werden entsprechend der Empfehlungen der Fukuoka-Leitlinien
in Läsionen ohne Risikofaktoren, Läsionen mit "worrisome features" und mit "high risk-
Stigmata" eingeteilt (siehe Tab. 2). Auch Branch-duct-IPMNs mit "high risk-Stigmata"
sollten gemäss Fukuoka-Leitlinie onkologisch reseziert werden. Bei Patienten mit "worri-
some features" kann zunächst eine engmaschige Nachsorge (sog. wait and watch) erwogen
werden. Bei jungen Patienten sollte eine Resektion ins Auge gefasst werden, wogegen bei
älteren und multimorbiden Patienten eher eine Verlaufskontrolle erfolgen sollte. Läsionen
ohne Risikofaktoren sollten entsprechend der Leitlinien-Empfehlung in läsionsgrößenab-
hängigen Kontroll-Intervallen beobachtet werden.

                                           6
1. Einleitung

Tabelle 2: ’High risk-Stigmata’ und ’worrisome features’ nach Fukoka Census Leitlinie
            High risk-Stigmata              Worrisome features

      • Obstruktiver Ikterus bei Patien-       • Pankreatitis
        ten mit zystischer Läsion des
        Pankreaskopfes                         • Zyste ≥30 mm

      • Kontrastierende, solide Knötchen       • Verdickte zystische Wände oder
        ≥5 mm                                    Wandknoten
1. Einleitung

                             Abbildung 2: Therapiealgorithmus

Abb. 2: Algorithmus für das Management von verdächtigen IPMN. Bei Pankreatitis kann eine
Operation zur Linderung der Symptome indiziert sein. Die Anwesenheit von verdickten Wänden,
intraduktalem Mucin oder Wandknötchen deutet auf ein erhöhtes Malignitätsrisiko hin [76].

                                               .

                                               8
1. Einleitung

1.2.3. Klinik

Bei IPMNs gibt es kein sicheres klinisches Zeichen. Meistens sind die Patienten asympto-
matisch oder sie weisen unspezifische Symptome auf,welche denjenigen einer chronischen
Pankreatitis ähnlich sind. So werden 40% der IPMN-Tumore in der Klinik als Zufallsbe-
funde diagnostiziert. Die Erkrankung kann sich durch Schmerzen, Übelkeit, Steatorrhöe
oder Erbrechen bemerkbar machen, sich allerdings auch symptomlos entwickeln. Weitere
Symptome wie Ikterus, Gewichtsverlust oder eine akute Pankreatitis sind (red flags) und
können auf eine maligne Entartung der IPMN (< 20%) hindeuten (siehe Tab. 3) [32] [8].

               Tabelle 3: Häufigkeit und Art der      Symptome [27]
 Studie          n Symp-                                Symptom
                      tomlos
                                Schmer- Ikt-           Gewichts- ÜbelkeitPank-      Dia-
                                zen      erus          verlust           reatitis   betes
 Nagai (9)      72 43%          35%      8%            22%       -       13%        29%
 Niedergethmann 97 -            43%      30%           32%       -       -          38%
 (10)
 Schmidt (18)   150 7%          79%      12%           32%        38%     43%       19%
 Sohn (23)      136 -           52%      17%           29%        14%     13%       -
 Wada (25)      100 -           78%      16%           30%        -       36%       16%
 Wang (24)      57 22%          56%      18%           32%        16%     32%       39%

1.2.4. Diagnostik und Therapie

Zur Abklärung der IPMNs stehen verschiedene bildgebende Verfahren zur Verfügung.
Oft wird die Diagnose im Rahmen einer Sonographie oder CT- Untersuchung des Ab-
domens als Zufallsbefund gestellt. Die einfachste Methode ist der transabdominale Ul-
traschall, womit man die zystischen Läsionen feststellen kann. Eine Unterscheidung zwi-
schen einer chronischen Pankreatitis und zystischen Pankreastumoren ist jedoch schwie-
rig. Deshalb eignen sich zur weiteren Abklärung Multidetektor-Computertomographie
(MDCT), Magnetresonanztomographie inkl. MR-Cholangiopankreatikographie (MRCP),
sowie endoskopische retrograde Cholangiopankreatographie (ERCP) und ein EUS (en-
doskopischer Ultraschall). Der EUS bietet die Möglichkeit einer Biopsie und Analyse des
Zysteninhaltes durch Feinnadelaspirationszytologie (FNAC).

  Die Zystenmorphologie, Gangkontakt oder muralen Knoten sind in der MRT besser
beurteilbar als in der Computertomographie (CT). Insbesondere bei jüngeren Patienten
sollte die MRT aus strahlenbelastenden Gründen als Verlaufskontrolle bevorzugt ange-
wendet werden. Sie ist in schwierigen Fällen auch als weiterführende Diagnostik geeignet.
Um die Pankreasgänge darzustellen, eignet sich die nichtinvasive MRCP (MR- Cholan-
giopankreatikographie) Methode mittels MRT.

                                           9
1. Einleitung

   Die grösste Entwicklung in der Therapie des Pankreaskarzinoms ist die präventive
Früherkennung von Pankreasläsionen mit kanzerogenem Potenzial. In den neuesten Emp-
fehlungen werden IPMNs nach ihrem onkogenen Potenzial klassifiziert (siehe Tab. 2).
Das grösste Risiko ergibt sich bei MD- und MT- IPMNs, die eine Beteiligung des Pan-
kreashauptgangs haben. Dann empfehlen die aktuellen Leitlinien in den meisten Fällen
eine Resektion dieser beiden Entitäten.

  Die BD-IPMNs sind häufig vorkommende harmlose IPMNs. Die Empfehlungen sind
jedoch weitaus komplexer als MD-IPMNs [86][22]. Die aktuellen Leitlinien empfehlen,
bei BD-IPMNs mit geringem Risiko einer malignen Progression sowie bei Patienten mit
"worrisome features" immer häufiger als Therapie wait and watch, um eine Überbehand-
lung zu verhindern (siehe Abb. 2).

   Die Herausforderung besteht darin, das Fortschreiten der IPMNs zu einem Adenokar-
zinom zu detektieren, da die Prognose der malignentarteten BD-IPMNs extrem schlecht
ist. Anderseits ist auch zu bedenken, dass eine Pankreasresektion mit perioperativer
Morbidität und Mortalität assoziiert ist [69] [14]. Deshalb basieren die Empfehlungen zu
den Behandlungen von IPMNs auf der Abschätzung des Risikos für das Fortschreiten
der Krankheit im Vergleich zum Risiko einer Operation [61].

1.2.5. Prognose

In einer neueren retrospektiven Studie wurde das Gesamtüberleben (Overall Survival
= OS) und das krankheitsspezifische Überleben (Disease-Specific Survival =DSS) von
BD-IPMNs und MD/MT-IPMNS bei 281 Patienten verglichen, die trotz bestehender
"worrisome features" oder sogar high-risk stigmata aus verschiedenen Gründen nicht
operiert wurden(Crippa et al., 2017). Die BD-IPMNs hatten ein signifikant besseres 5-
Jahres-OS als MD/MT-IPMNs

   Die Patienten mit "worrisome features" hatten eine bessere 5-Jahres-DSS im Vergleich
zu denjenigen mit "high risk-Stigmata" (96,2% gegenüber 60,2%, p
1. Einleitung

sammenhang muss unterschieden werden, ob eine Pankreaskopf- (Whipple-OP oder
Pylorus-erhaltende partielle Pankreatoduodenektomie - PPPD) oder eine Pankreaslinks-
resektion durchgeführt wurde. Unabhängig davon ist bei einer Pankreasoperation grund-
sätzlich von einem längeren stationären Aufenthalt (mindestens zwei bis drei Wochen)
auszugehen.

  Bei Pankreasresektionen treten zumeist Komplikationen durch Pankreasfisteln entwe-
der der Pankretikojejunostomie, Pankreatogastrostomie (bei der Pankreaskopfresektion)
oder Pankreasfisteln des Pankreasstumpfes (bei Pankreaslinksresektion oder Enukleatio-
nen) auf. Häufigste Komplikationen sind durch die Fistel verursachte Abszesse, Gefäß-
arrosionen (Postpancreatectomy heamorrhage, PPH) oder Magenentleerungsstörungen
(Delayed gastric emptying, DGE). Bei einer Pankreaslinksresektion wird häufig auch die
Milz entfernt, sodass die Gefahr eines OPSI (overwhelming post-splenectomy infection)
besteht. Liegen die meisten Inselzellen im Pankreasschwanz, kann die Resektion zu ei-
nem pankreatopriven Diabetes mellitus führen [76].

   Die International Study Group of Pancreatic Surgery (ISGPS)klassifizierte im Jahr
2005 die häufigsten postoperativen Komplikationen nach Pankreasresektion anhand der
klinischen Symptome und benötigen Therapien. Die wichtigsten und häufigsten Kom-
plikationen sind postoperative Pankreasfistel (POPF), post-Pankreatektomie-Blutung
(post-panreatectomy haemorrhage (PPH) und verzögerte Magenentleerung (Delayed ga-
stric emptying, (DGE)) [40].

                                         11
1. Einleitung

1.3.1. Pankreasfistel (POPF)

Die postoperative Pankreasfistel ist eine der zentralen Ursachen der Morbidität nach der
Pankreasoperation. Die Klassifikation der internationalen Studiengruppe der Pankreas-
fistel (ISGPS) wurde zum Goldstandard und klassifiziert den klinischen Schweregrad in
A, B und C. Die Aufteilung in Grad A-POPF (klinisch nicht relevant, biochemical leak)
und Grad B+C-POPF erfasst die Notwendigkeit einer interventionellen Drainage und ist
somit klinisch relevant und für Studie und Qualitätskontrolle unabdingbar (siehe Tabelle
4).

                       Tabelle 4: ISGPS-POPF Klassifikation
                                   Grade A     Grade B               Grade C
     Klinischer Zustand               gut   mehrheitlich gut       krank/schlecht
     Spezifische Behandlung          nein        nein/ja                 ja
     Ultraschall/ Computerto-       negativ  negativ/positiv           positiv
     mographie
     Persistenz der Drainage         nein   normalerweise ja             ja
     nach 3 Wochen
     Revision                        nein         nein                   ja
     Tod infolge der Pankreasfis-    nein         nein                   Ja
     tel
     Infektion                       nein           ja                   ja
     Sepsis                          nein         nein                   ja
     stationäre Wiederaufnahme       nein           ja                   ja

                                          12
1. Einleitung

1.3.2. Postpankreatektomische operative Blutung (PPH)

Die Internationale Studiengruppe für Pankreaschirurgie (ISGPS) entwickelte basierend
auf klinischer Erfahrung eine allgemein gültige Definition für postpankreatektomische
operative Blutungen (PPH), damit diese Komplikation objektiv vergleichbar ist und
eine einheitliche Intervention bei PPH durgeführt wird. Drei verschiedene PPH-Grade
(Grade A, B und C) werden nach dem Zeitpunkt des Beginns, Blutungsort, Schweregrad
und klinischen Auswirkungen definiert (siehe Tabelle 5).

                            Tabelle 5: ISGPS-PPH Klassifikation
   Grad     Zeitpunkt, Ort,                Klinischer Zu-    Diagnostische      Therapeutische
            Schwere und klinische          stand             Massnahmen         Massnahmen
            Auswirkung der Blu-
            tung
   A        früh,                          gut      Beobachtung,                keine
            intra-/ ex-                             Blutbild,
            traluminal,                             Ultraschall,
            leicht                                  und bei Be-
                                                    darf CT
   B        früh,       spät,       meistens gut/ Beobachtung,     Flüssigkeits-
            intra-/ ex- intra-/ ex- mittelgradig, Blutbild,        infusion,
            traluminal, traluminal, sehr     selten Ultraschall,   Bluttransfusion,
            schwer      leicht*     lebensbe-       CT,            ICU,
                                    drohlich        Angiographie   therapeutische
                                                    und            Endosko-
                                                    Endoskopie**   pie**,
                                                                   Embolisation,
                                                                   Relaparotomie
                                                                   für frühe PPH
   C                        spät,       stark beein- Angiographie, Lokalisation
                            intra-/ ex- trächtigt,   CT,           der Blutung,
                            traluminal, lebens-      Endoskopie** Angiographie
                            schwer      bedrohlich                 und Emboli-
                                                                   sation,
                                                                   Relaparotomie,
                                                                   ICU
ICU: Intensivstation
*späte, intra-/ extraluminale, leichte Blutung ist möglicherweise nicht unmittelbar lebensbedrohlich
für den Patienten, kann jedoch ein Warnsignal für eine spätere schwere Blutung sein und ist daher
Grad B
**eine Endoskopie sollte durchgeführt werden, wenn Anzeichen einer intraluminalen Blutung vorliegen
(Meläna, Hämatämie oder Blutverlust in der Magensonde)

                                                 13
1. Einleitung

1.3.3. Verzögerte Magenentleerung (DGE)

Die verzögerte Magenentleerung (DGE) ist eine der häufigsten Komplikationen nach ei-
ner Pankreasresektion. Die ISGPS entwickelte eine objektive und allgemein anwendbare
Definition mit DGE-Graden, die hauptsächlich auf dem Schweregrad und den klinischen
Auswirkungen beruht.
Die Klassifikation zeigt, dass auch nach der ersten postoperativen Woche eine Standard-
diät noch nicht möglich ist und somit eine verlängerte nasogastrische Sondierung des
Patienten nötig ist (siehe Tabelle 6).

                         Tabelle 6: ISGPS-DGE Klassifikation
 DGE Grade                            kein DGE Grade A Grade B Grade C
 Magensonde am POT* entfernt              ≤3        4-7      8-14  ≥ 15
 Magensonde jederzeit nach dem           keine     >3         >7   >14
 POT erneut eingelegt
 nicht in der Lage, feste orale Er-        -       7-13      14-20 ≥ 21
 nährung zu tolerieren, wegen

 - Erbrechen/ Magenvergrößerung              -             ±            +      +
 - Verwendung von Prokinetik                 -             ±            +      +
 - Ernährungsunterstützung (ente-            -             ±            +      +
 ral und parenteral)
 - postoperative Komplikation                -             ±            +      +
 - diagnostische Evaluation (Endo-           -             -            ±      +
 skopie, UGI und CT)

*POT:Zeitpunkt der Entfernung der Magensonde in Anzahl postoperativen Tagen

                                             14
1. Einleitung

1.3.4. Clavien-Dindo Einteilung

Die Evaluierung der perioperativen Komplikationen wird standardmässig unter Verwen-
dung der Clavien-Dindo Komplikationsklassifikation durchgeführt, die in 7 Schweregrad-
stufen aufgeteilt ist. Ab Grad III erfordert die Komplikation eine chirurgische oder ra-
diologische Intervention, wobei bei Grad IIIa eine Intervention z.B. in Analgosedierung
durchgeführt wird und bei Grad IIIb eine Reoperation mit Allgemeinanästhesie erforder-
lich ist. Bei Grad IV sind die Patienten septisch, mit einem Organversagen (Grad IVa),
mit Multiorganversagen (Grad IVb) und bei Grad V stirbt der Patient (siehe Tabelle
7).

                        Tabelle 7: Clavien-Dindo Klassifikation
  Grad         Definition
  Grad I       Jede Abweichung vom normalen postoperativen Verlauf ohne Notwen-
               digkeit einer pharmakologischen, operativen, endoskopischen oder ra-
               diologischen Intervention. Erlaubtes therapeutisches Regime: Medika-
               mente wie Antiemetika, Antipyretika,Diuretika, Elektrolyte und Phy-
               siotherapie
  Grad II      Bedarf an medikamentöser Behandlung mit nicht unter Grad I an-
               geführten Medikamenten inklusive parenterale Ernährung und Blut-
               transfusionen
  Grad III     Komplikationen mit chirurgischem, endoskopischem oder radiologi-
               schem Interventionsbedarf
  Grad IIIa    Ohne Vollnarkose
  Grad IIIb    Mit Vollnarkose
  Grad IV      Lebensbedrohliche       Komplikationen        (einschließlich  ZNS-
               Komplikationen wie Hirnblutung, ischämischer Insult, Subarach-
               noidalblutung, jedoch exklusive TIA), die eine intensivmedizinische
               Behandlung verlangen
  Grad IVa     Dysfunktion eines Organs (inklusive Dialyse)
  Grad IVb     Dysfunktion multipler Organe
  Grad V       Tod des Patienten

                                          15
2. Fragestellung

2. Fragestellung
In der folgenden Arbeit wurde das Management und das Ergebnis radiologisch verdäch-
tiger IPMN retrospektiv analysiert, um die derzeitige klinische Praxis zu überprüfen.
Wir analysierten das Risiko der sekundären chirurgischen Resektion und dasjenige der
malignen Transformation während der Verlaufskontrolle. Das perioperative Risiko von
Pankreasresektionen für IPMN wurde mit demjenigem von PDAC verglichen. Ausser-
dem wurde die Übereinstimmung zwischen radiologischer und histologischer Diagnose
überprüft und das Gesamtüberleben dieser Patientenkohorte analysiert.

   In die Daten einbezogen wurden alle 142 Patienten mit entsprechendem Krankheits-
bild, die im Zeitraum von 01/2010 bis 12/2014 an der Viszeralchirurgischen Klinik der
Universität Freiburg behandelt wurden. Der Krankheits- und Zystenverlauf wurde ab
dem Zeitpunkt der IPMN-Diagnose mit folgenden Fragestellungen untersucht:

   • Kam es während der Überwachung zu Veränderungen des radiologischem Befun-
     des?

   • Wie hoch ist das Risiko einer malignen Entartung während der Verlaufskontrolle?

   • Wie hoch ist das perioperative Risiko bei einer IPMN Operation?

   • Wie ist der Langzeitverlauf bei suspiziertem IPMN?

  Die Ergebnisse sollen nach den Fukuoka-Leitlinien und anhand der "worrisome featu-
res" aufgeteilt und miteinander verglichen werden. Dabei wird auch analysiert, ob einzel-
ne Merkmale der IPMN-Zysten eine Korrelation zueinander aufweisen. Es wurden zwar
bereits mehrere Forschungsarbeiten zum Thema IPMN veröffentlicht. In der vorliegen-
den Arbeit wurde die Fragestellung der malignen Veränderung der Branch-duct-IPMN
während der Verlaufskontrolle genauer analysiert.

                                           16
3. Patienten und Methoden

3. Patienten und Methoden
Die Analyse der Patientendaten wurde von der örtlichen Ethikkommission der Univer-
sität Freiburg genehmigt (EK 142/17). Sie wurden dem klinikeigenen Krankenhausin-
formationssystem (KIS) Prometheus.Net (Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland)
entnommen und retrospektiv ausgewertet.

  Es gab etwa 3300 Patientenkontakte mit verschiedenen Diagnosen in der ‚Pankreas-
Sprechstunde‘ der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum
Freiburg von 01/2010 bis 12/2014. Werden Mehrfachvorstellungen einzelner Patienten
substrahiert, besuchten rund 1500 Patienten in diesem Zeitraum die Sprechstunde, davon
269 Patienten mit einer Pankreaszyste. Von diesen Patienten hatten 142 Patienten den
radiologischen Verdacht auf eine IPMN. Die zystischen Läsionen wurden weiter mittels
MRT-Scans untersucht oder aufgrund von Kontraindikationen mittels CT. Bei ausge-
wählten Patienten wurde zusätzlich ein endoskopischer Ultraschall und eine Analyse der
Zystenflüssigkeit durchgeführt. Bei zystischen Pankreastumoren wurden IPMNs, seröse
zystische Neoplasien (SCN), schleimige zystische Neoplasien (MCN) und Pankreaspseu-
dozysten diagnostiziert. (Tab. 8).

   Im Studienzeitraum bildeten wir zwei Patientenkollektive. Das erste umfasste die 142
Patienten mit radiologisch suspizierten IPMNs, bei denen der Langzeitverlauf und die
Überlebensdaten beobachtet wurden. Das zweite bestand aus 53 Patienten mit postope-
rativ histologisch-gesicherten IPMN, die mit 260 kurativ resezierten duktalen Adenokar-
zinomen der Pankreas(PDAC) verglichen wurden, um die perioperative Mortalität und
Morbidität zu analysieren.

  Die Unterteilung des Patientenkollektivs wurde anhand des Therapieverlaufs (Emp-
fehlung einer Nachuntersuchung oder einer chirurgischen Resektion) durchgeführt. Die
Intervalle der Nachuntersuchungen wurden gemäß den Empfehlungen der Fukuoka Con-
sensus Guidelines durchgeführt, in der Regel erstmals nach 3 - 6 Monaten. Wenn die
Läsionen während der Beobachtung stabil waren, wurden die Follow-Up-Intervalle ver-
längert und die Läsionen mit regelmäßigen MRT-Scans oder CT-Scans kontrolliert.

  Radiologisch vermutete IPMNs wurden während der Verlaufskontrollen in Bezug auf
ihre Größenentwicklung und ihr Entartungsrisiko gemäß den Fukuoka-Richtlinien in MD-
IPMN, MT-IPMN und BD-IPMN erfasst und dokumentiert. Die chirurgische Resektion
wurde gemäß den Sendai- oder Fukuoka Richtlinien vorgeschlagen, so dass man nach
der Resektion die Entartungsstadien der Zyste, der Befund, ob eine IPMN-Zyste vorlag,
sowie die genaue Klassifikation des Malignitätsgrads der Zyste (low-, middle-, high-grade-
Dysplasie, bzw. maligner Tumor) analysieren konnte. Die Indikation für eine chirurgische
Resektion wurde während der gesamten Überwachung überprüft. Bei zystischen Tumo-
ren < 10 mm wurde bei Beschwerden der Patienten in seltenen Fällen eine Resektion
durchgeführt.

                                           17
3. Patienten und Methoden

   Als Patientencharakteristika wurden die Geschlechts- und Altersverteilung erfasst.
Weiterhin wurden folgende Zystenparameter erhoben: Als Hauptkriterien die Differen-
zierung der IPMN in Haupt- und Seitengang-Typ sowie die Lokalisation der Zyste im
Pankreas. Die Zysten wurden dabei nach Größe und Zystenform unterteilt. Außerdem
wurde aufgezeichnet, ob die Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose Beschwerden hatten.
Weitere Kriterien waren die Komorbidität der Patienten, andere Nebenerkrankungen wie
z.B. Malignome, ggf. der Malignitätsgrad nach Kontakt mit dem Pankreasgang oder eine
Kontrastmittelaufnahme, da diese im Hinblick auf weiterführende Therapien entschei-
dend sind. (Tab. 8, 9)

3.1. Statistik
Die Datensätze der zu untersuchenden Patienten wurden mit Hilfe von Excel 2013 (Mi-
crosoft Corporation, USA) tabellarisch aufgelistet. Die perioperative Morbidität wurde
in einer kontinuierlich gepflegten SPSS-Datenbank (IBM, Armonk, NY) aufgezeichnet.
Komplikationen wurden zusätzlich zu der allgemeinen Einstufung der perioperativen
Morbidität nach den ISGPS-Definitionen klassifiziert [6].

  Die Überlebensdaten wurden systematisch aus dem Krebsregister des Comprehensive
Cancer Center (CCCF) unseres Universitätsklinikums ermittelt. Die krankheitsspezifi-
sche Mortalität wurde als Todesfall im Zusammenhang mit Malignomen des Pankreas
definiert. Dabei wurde bei IPMN das Overall survival (OS) und Disease specific survival
(DSS) ermittelt, um zu analysieren, ob die Patienten an oder mit ihrem IPMN verstor-
ben sind.

  Die Ergebnisse werden als Median (Bereich) oder als Zahl mit Prozentsatz (%) ange-
geben. Kategoriale Variablen wurden unter Verwendung des Pearson-Chi-Quadrat-Tests
verglichen. Für die deskriptive Analyse nichtparametrischer Variablen wurde der Mann-
Whitney-U-Test verwendet. Das aktuarische Überleben wurde durch univariable Ana-
lyse mit der Kaplan–Meier-Methode berechnet. Der Log-Rank-Test wurde dabei zum
Vergleich von Untergruppen verwendet. Unterschiede wurden als statistisch signifikant
für p
4. Ergebnisse

4. Ergebnisse
Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten
retrospektiven Untersuchung dargestellt. Hierzu sollen zunächst die Patienten- und Zys-
tencharakteristika betrachtet werden, bevor das klinische Management der verschiedenen
Formen von IPMN beleuchtet wird. Abschließend werden die jeweiligen histologischen
Ergebnisse verglichen, sowie postoperative Komplikationen thematisiert.

4.1. Patientencharakteristika
Unter den insgesamt 142 untersuchten Patienten befanden sich 66 Frauen (46,5%) und
76 Männer (53,5%). Das Erkrankungsalter lag zwischen 40 und 92 Jahren, wobei IPMN
am häufigsten bei den 75- bis 79-Jährigen (26%) diagnostiziert wurde. Das mediane
Alter lag bei siebzig Lebensjahren (siehe Abb. 3).

                  Abbildung 3: Altersverteilung der IPMN-Patienten

                                          19
4. Ergebnisse

4.2. Einteilung der zystischen Pankreasläsionen
Insgesamt stellten sich im Zeitraum von Januar 2010 bis Dezember 2014 269 Zysten-
patienten in der Klinik vor. Von diesen wiesen radiologisch 142 eine IPMN (53%), 91
Pseudozysten (34%), 19 SCN (7%) und 17 MCN (6%) auf (siehe Abb. 4).

  Die 142 IPMN konnten zu 18% (26) dem Hauptgang-Typ (main duct type), zu 6% (8)
dem mixed-type und zu 76% (108) dem Seitengang-Typ (branch duct type) zugeordnet
werden.

     Abbildung 4: Verteilung der zystischen Pankreasraumforderungen 2010-2014

4.3. Klinisches Management von MD-IPMN
MD-IPMN mit einer Hauptgangsdilatation >9 mm wird in der Fukuoka-Leitlinie als
"high risk-Stigmata" beschrieben. Meistens wird eine Operation empfohlen (siehe Kap.
1.2.2). Inoperable Patienten hatten auch bei MD-IPMNs engmaschig durchgeführte Ver-
laufskontrollen.

  Patienten mit MD-IPMN waren im Median 65 Jahre alt mit einer Spannbreite von 52
bis 83 Jahren. 62% waren männlich. 4% der Patienten hatten eine positive Familienana-
mnese für das duktale Adenokarzinom (PDAC). Ein extrapankreatischer Zweit-Tumor
lag bei 8% der Patienten vor. Die durchschnittliche Zystengrösse betrug 22 mm und die

                                         20
4. Ergebnisse

Zystenlokalisation wurde bei 62% im Pankreaskopf, 8% im Korpus, 8% im Pankreas-
schwanz und 23% an multiplen Lokalisationen festgestellt

   Die Mehrheit der Patienten (65%) hatte eine MRT-Diagnostik im Vorfeld. In un-
klaren Fällen wurde ein endoskopischer Ultraschall (8%) gemacht. Dementsprechend
wurden MD-IPMNs nach der Fukuoka Klassifikation mit zwei "worrisome features" und
24 "high risk-Stigmata" klassifiziert. Mehr als die Hälfte der Patienten hatten epigast-
rischen Schmerz (54%), 8% Ikterus, 8% Gewichtsverlust und 15% andere Beschwerden.
Es gab auch 15% der Patienten, die klinisch keine Beschwerden aufwiesen.

  Von insgesamt 26 Patienten mit MD-IPMN wurde bei 23 (88.5%) Personen den
Fukuoka-Kriterien folgend primär die Indikation zu einer Operation gestellt. Bei 3 (11%)
Patienten wurde trotz grundsätzlich bestehender OP-Indikation aufgrund des Alters und
der Multimorbidität keine Operation empfohlen und stattdessen ein konservatives Pro-
zedere durchgeführt.

   Von den 23 Patienten mit empfohlener Operation stimmten 4 Patienten (17%) der
Operation zunächst nicht zu und beschlossen, die Läsionen beobachten zu lassen. Bei den
anderen 19 Patienten erfolgte eine Pankreasresektion durch eine Pylorus-erhaltende par-
tielle Duodenopankreatektomie (PPPD, 13), eine totale Duodenopankreatektomie (das
Whipple-Verfahren), die distale Pankreatektomie (2) und die totale Pankreatektomie (3)
(Tab. 2). Von den 4 Patienten, die nicht sofort reseziert wurden, wurde einer nach einer
anfänglichen Beobachtung von 27 Monaten bei einer Sekundärindikation durch PPPD
reseziert.

   Die histologische Aufarbeitung der 20 IPMNs zeigte folgende Dysplasien: 5 IPMN
eine niedriggradige (25%), 4 IPMN eine intermediäre (20%) und 8 IPMN ein IPMN-
assoziiertes Karzinom (40%). Ebenso wurden ein duktales Adenokarzinom (PDAC), eine
chronische Pankreatitis und ein Karzinosarkom postoperativ im Rahmen der Histopa-
thologie festgestellt.

  Von den verbleibenden 6 Patienten, die nicht primär reseziert wurden, starb ein Patient
nach 2 Jahren an metastasiertem Pankreaskarzinom, einer starb an Leberzirrhose und
bei 4 Patienten fehlt das Follow-Up (Tab. 2).

4.4. Klinisches Management von MT-IPMN
Die Patienten mit MT-IPMN waren im Median 68 Jahre alt mit einer Spannbreite von
53 bis 76 Jahren. 75% der Patienten waren männlich. Keiner der Patienten hatte eine
positive Familienanamnese für das duktale Adenokarzinom (PDAC). 25% der Patient
wiesen jedoch einen extrapankreatischen Zweit-Tumor auf. Die durchschnittliche Zys-
tengrösse betrug 17 mm und die Zystenlokalisation wurde bei 62% im Pankreaskopf, bei
13% im Korpus, bei 25% im Pankreasschwanz festgestellt.

                                           21
4. Ergebnisse

  Auch hier hatte die Mehrheit der Patienten (88%) im Vorfeld eine MRT-Diagnostik
und 25% eine Computertomographie. Dementsprechend wurde MT-IPMNs nach Fukuo-
ka Klassifikation mit 1 "worrisome features" und mit 7 "high risk-Stigmata" klassifiziert.
Die Hälfte der Patienten litt unter epigastrischem Schmerz (50%) und 13% unter einem
Ikterus. 37% der Patienten hatten klinisch keine Beschwerden.

   Bei 8 IPMN wurden radiologisch MT-IPMN diagnostiziert, wobei zwei der Patienten
die Verlaufskontrolle bevorzugten. Bei einem dieser Patienten wurde während des Kon-
trollverlaufs nach 24 Monaten eine Pankreasresektion durchgeführt. Der andere Patient
zeigte während der Verlaufskontrolle auch nach 36 Monaten keine Anzeichen für Mali-
gnität. Die operative Versorgung der sieben MT-IPMN wurde mithilfe von fünf PPPD
(71%) und zwei Pankreaslinksresektionen (29%) vorgenommen (siehe Tab. 2). Von den
sieben Patienten mit MT-IPMN, die sich einer onkologischen Resektion unterzogen hat-
ten, zeigte die histopathologische Untersuchung 3 IPMNs mit niedriggradiger Dysplasie
(42%), 2 IPMNs mit intermediärer Dysplasie (29%), 1 hochgradiger Dysplasie (14,5%)
und 1 IPMN-assoziiertes Karzinom (14,5%) (Tab. 2).

4.5. Klinisches Management von BD-IPMN

             Abbildung 5: Zusammenfassung des BD-IPMN-Managements

                                           22
4. Ergebnisse

  Die 108 diagnostizierten BD-IPMN wurden der Fukuoka-Empfehlung entsprechend
den Kategorien ohne Risikofaktoren, "worrisome features" und "high risk-Stigmata" zu-
geteilt. Je nach Alter und Multimorbidität wurde den Patienten eine bestimmte Therapie
empfohlen. Zuvor wurden jedoch generelle Charakteristika der BD-IPMN bestimmt, so-
dass diese der Größe nach in Gruppen eingeteilt werden konnten. Bei 69 IPMN (63.9%)
hatten die Zysten eine Größe von
4. Ergebnisse

als SCN klassifiziert. Bei einem Patienten mit einer Zystengrösse
4. Ergebnisse

PDAC-Resektionen (p = 0,010) beobachtet. Patienten mit reseziertem IPMN hatten
eine signifikant stärker verzögerte Magenentleerung (DGE; p = 0,027). Es gab keinen
signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen für die postoperative Blutung
(PPH; p = 0,336).

  15 Patienten zeigten Komplikationen Grad III gemäss Clavien-Dindo Klassifikation,
das entspricht 46% bei den IPMNs und 56 (25%) bei PDAC. Es starben 6% der IPMN
Patienten und 1% der PDAC-Patienten. Die Gesamtmorbidität und Mortalität nach
Pankreaskopfresektion für IPMNs waren höher als bei der PDAC-Resektion (p = 0,008).
30% der IPMNs Patienten wurden re-operiert, bei PDAC-Patienten 13%. Bei 42% IPMN
und 24% PDAC Patienten wurde eine chirurgische, endoskopische oder radiologische In-
tervention durchgeführt.

   Im Gegensatz dazu gab es keinen signifikanten Unterschied für klinisch relevante Pan-
kreasfisteln (p = 0,221), für postoperative Blutungen (p = 0,697) und für eine verzögerte
Magenentleerung (p = 0,277) nach Pankreaslinksresektion. Die Gesamtmorbidität und
Mortalität (p = 0,737) gemäß der Clavien-Dindo-Klassifikation unterschied sich eben-
falls nicht(Tab. 5).

   Im Vergleich zum PDAC wurden bei IPMN mehr laparoskopische Verfahren für Pan-
kreaskopfresektionen durchgeführt. Um die perioperativen Ergebnisse zu bewerten, ver-
glich man die minimalinvasiven Pankreaskopfresektionen für beide Entitäten. Eine höhe-
re postoperative Pankreasfistel (POPF)-Rate, mehr postoperative Eingriffe (einschließ-
lich endoskopischer Eingriffe, CT- und ultraschallgesteuerte Drainage und Verfahren wie
Vakuumverschluss), mehr Reoperationen und eine höhere perioperative Morbidität und
Mortalität wurden auch in dieser Subgruppenanalyse bei den Patienten mit IPMN be-
obachtet (Tab. 4).

4.7. Überlebensanalyse
Bei den 142 Patienten mit radiologisch diagnostizierten IPMNs wurden der Verlauf,
Langzeitverlauf und die Überlebensdaten beobachtet. Die Überlebenszeit war abhängig
von der Art der IPMN (BD-, MD- und MT-IPMN), trotz angemessener Behandlung
jeder Entität. Bei einem medianen Follow-up von 47 Monaten wurde das mediane Über-
leben bei Patienten mit MD-IPMN mit 17 Monaten erreicht. Das 5-Jahres-Überleben
aller Patienten betrug 44% für MD-IPMN, 86% für MT-IPMN und 97% für BD-IPMN
(p
4. Ergebnisse

  Vergleicht man die Auswirkungen der "worrisome features" mit den Auswirkungen der
"high risk-Stigmata" auf das Überleben der Patienten, zeigen Patienten mit "high risk-
Stigmata" ein schlechteres 5-Jahres-Überleben (55%) als die mit "worrisome features"
(95%) und diejenigen ohne Risikofaktoren (100%; p
4. Ergebnisse

Abbildung 6: Kaplan-Meier-Analyse des krankheitsspezifischen Überlebens (DSS) von
             IPMN

A. Patienten mit MD-IPMN haben im Vergleich zu MT- und BD-IPMN ein
eingeschränktes DSS (MD-IPMN: 60%, MT-IPMN: 100%, BD-IPMN: 99%; p
5. Diskussion

5. Diskussion
5.1. Präoperatives Management
Die therapeutischen Richtlinien für IPMN richten sich nach den sogenannten Sendai-
Kriterien, die durch neue Entwicklungsfortschritte (Fukuoka-Klassifikation) laufend mo-
difiziert werden. Die Sendai und Fukuoka - Klassifikationen geben eine Sicherheit bei der
Empfehlung in Bezug auf die maligne Umwandlung von IPMNs in ein Pankreaskarzinom.

   Bei einem MD- Malignitätsrisko wird den betroffenen Patienten die onkologische Re-
sektion der Läsionen empfohlen. Als MD- oder MT-IPMN klassifizierte Läsionen, die den
Pankreasgang (Abb. 1 A und B) betreffen, wiesen in unserer Studie bei der Histopatholo-
gie eine hohe Rate an hochgradiger Dysplasie, IPMN-assoziiertem Karzinom und PDAC
auf. Insbesondere die MD-IPMN zeigte eine maligne Transformation in 45%, mit IPMN-
Karzinom in 40% und PDAC in 5% der Fälle, was mit den Befunden anderer Autoren
übereinstimmt [45] [28]. Die Mehrzahl der resezierten Pankreaszysten wurden präopera-
tiv richtig als IPMN erkannt mit 85% für MD-IPMN, 100% für MT-IPMN und 76% für
primär ein reseziertes BD-IPMN. De Pretis et al. beschreiben in ihrer Studie von 2017,
dass eine Diskrepanz zwischen der Diagnose vor und nach der Operation bei fast jedem
dritten Patienten bestand, der sich einer Pankreaszystenoperation unterzogen hatte [59].

  Diagnosefehler waren somit vergleichbar mit den Ergebnissen anderer Autoren [84]
[59]. Die schwierige präoperative radiologische Diagnose für IPMNs bleibt für die Chir-
urgie eine große Herausforderung und muss weiter verbessert werden [63].

  Die Autoren sind unterschiedlicher Meinung bezüglich der Therapieentscheidung bei
BD-IPMN. Eine ausführliche Studie von 2017 von Crippa et al. fand von 281 Patienten
159 (57%) BD-IPMNs und 122 (43%) MD-IPMNs; 50 (18%) ein "high risk-Stigmata"
und 231 (82%) "worrisome features". Das mediane Follow-up betrug 51 Monate. Das 5-
Jahres-Gesamtüberleben (OS: Overall survival) und das krankheitsspezifische Überleben
(DSS: disease specific survival) für die gesamte Kohorte betrugen 81% und 89,9%. 34
Patienten (12%) zeigten eine high-grade Dysplasie und 31 hatten invasive IPMNs (11%),
3 hatten ein Pankreasgangadenokarzinom (1%). Das 5-Jahres-DSS betrug 96% der Pati-
enten mit IPMN und "worrisome features". Bei Vorhandensein von "high risk-Stigmata"
zeigten sich in DSS jedoch 40% krankheitsspezifische Todesfälle [14] [34]. Daher bleibt
die Empfehlung, "high risk-Stigmata" Läsionen zu resezieren, wohingegen Läsionen mit
"worrisome features" eher verlaufskontrolliert werden können.

  In unserer Studie zeigten zu Beginn 30 von 108 BD-IPMNs (28%) "worrisome featu-
res" und 5 "high risk-Stigmata" (5%). Am Schluss wurde bei 37 (34%) der BD-IPMN die
Resektion durchgeführt. Dabei zeigten 7.9% (n = 3)histopathologisch eine high grade-
Dysplasie und 5.3% (n = 2) ein Karzinom. Werden die einzelnen Zystengrößen bei BD-
IPMN betrachtet, so wurden während der Verlaufskontrolle bei einer Größe 30

                                           28
5. Diskussion

mm bei 2 von 7 eine sekundäre Operationsindikation gestellt. [34] [69].

5.1.1. Malignitätsrisiko der Zystengrösse

Anderseits bestätigt die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Untersuchung in Bezug
auf BD-IPMN das Ergebnis anderer Studien, wonach das Malignitätsrisiko von BD-
IPMN zwar mit der Zystengröße zunimmt, jedoch auch die kleineren BD-IPMN ein
Entartungsrisiko aufweisen können [22] [49] [87].

   72 IPMNs-Patienten wurden einer Resektion unterzogen und histopathologisch einge-
stuft. Es zeigte sich, dass MD-IPMNs (n = 15) mit einer signifikant schlechteren Pro-
gnose assoziiert waren als andere Subtypen. Bei BD-IPMNs (n = 49) und MT-IPMNs
(n = 8) war der Durchmesser der zystischen Läsionen ein unabhängiger Prädiktor für
die Malignität. Jedoch wiesen auch vier Patienten mit Zysten 20 mm
entwickelten in 8% der Fälle Risikofaktoren, welche eine sekundäre Resektion erforder-
ten. Man muss sich jedoch bewusst sein, dass die mediane Nachbeobachtungszeit nur 47
Monate betrug. Nur bei einem Patienten kam es innerhalb von 6 Monaten zu einer Pro-
gredienz der Zystengröße von 19 auf 23 mm, die sich als ein MCN-assoziiertes invasives
Karzinom herausstellte. Alle anderen Patienten hatten nach einer sekundären Resekti-
on, wie oben erwähnt, eine niedriggradige Dysplasie. Dies deutet darauf hin, dass die
Zunahme der Zystengröße in unserem Kollektiv nicht mit einem Anstieg der Dysplasie
einherging. Dies unterstützt die Beobachtungen in einer kürzlich durchgeführten radio-
logischen Studie. In dieser Studie zeigte die anfängliche Zystengröße von BD-IPMN >30
mm keine Assoziation zur Entwicklung einer invasiven IPMN oder PDAC [50].

                                            29
5. Diskussion

   Andererseits wurde beobachtet, dass Patienten mit anfänglich kleinen Zysten von 30mm, welche sich aus persönlichen oder medizinischen Gründen zur Überwachung
entschieden, ein erhöhtes Risiko (29%) der malignen Transformation besteht. Dies wi-
derspricht der vorherigen Studie.

5.1.2. Verlaufskontrolle

Beim Gesamtkollektiv von 142 Patienten mit radiologisch suspizierten IPMNs, bei de-
nen Verlauf, Langzeitverlauf und Überlebensdaten beobachtet wurden, waren 87 mit
27% MD-, 25% MT-, 62% BD- IPMNs zur Verlaufskontrolle einbestellt. Die Kontrollen
wurden je nach klinischen, morphologischen und bildgebenden Kriterien alle 3, 6 oder
12 Monate wiederholt. Im Durchschnitt kamen die Patienten zwischen 2010 und 2014
drei- bis vier Mal (33.7%) zur Kontrolle. Bei Vorhandensein von high-risk-Stigmata wur-
den auch mehr als fünf Kontrollen durchgeführt. IPMN ohne Risikofaktoren wurden im
Durchschnitt 47 Monate lang (zwischen 3 und 144 Monaten) beobachtet.

  Anderseits kann die Frage nach dem Ausmaß der malignen Entartung während der
Verlaufskontrollen für MD-IPMN mit einem Wert von 16% (n = 1/7), für BD-IPMN
30 mm mit einem von
29% (n = 2/7) beantwortet werden. Das Entartungsrisiko stieg also bei Zunahme der
Zystengrösse von 1.7% auf 29%. In Bezug auf diese speziellen Fragen ließen sich in
der Literatur keine weiterführenden Arbeiten finden, sodass dieses Ergebnis nicht mit
den anderen Studien verglichen werden kann. Nach dem heutigen Stand der Forschung
wird bei Patienten mit großen Zysten ohne andere Risikofaktoren, gemäß den Fukuoka-
Kriterien für die Behandlung von BD-IPMN, eine Resektion empfohlen [76].

   In einer grösseren prospektiven Studie (2013) von Sahora K et al mit 563 BD-IPMNs
zeigte sich bei 323 Patienten während einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 60 Mo-
naten keine Entwicklung eines nicht resezierbaren BD-IPMN-Karzinoms oder Invasiven
Karzinoms. Insgesamt wurden 240 Patienten operativ behandelt (152 zum Zeitpunkt
der Diagnose und 88 nach anfänglicher Beobachtung). "worrisome features" oder "high
risk-Stigmata" lagen in der präoperativen Bildgebung in dieser Studie bei 76% der re-
sezierten BD-IPMNs mit high-grade Dysplasie und bei 95% der resezierten BD-IPMNs
mit einem invasiven Karzinom vor. Dies zeigt, dass das empfohlene Management von
BD-IPMN sicher ist, wohingegen bei größeren Läsionen Vorsicht geboten ist, auch wenn
keine "worrisome features" vorliegen [67] [76].

  Die watch-and-wait-Strategie kann bei kleinen (
5. Diskussion

sondere da die Rate perioperativer Komplikationen bei der IPMN-Resektion höher ist
als bei anderen Indikationen für eine Pankreasresektion.

5.1.3. Symptome der IPMN

In unserer Studie litten 43% Patienten an epigastrischen Beschwerden, unabhängig von
der Größe der Zysten, wobei die Häufigkeit der Beschwerden mit steigender Tumorpro-
gredienz oder Zystengrösse zunahm. Die "worrisome features" und "high risk-Stigmata"
sind als Malignitätsmerkmale klar definiert. Jedoch zählen unspezifische Beschwerden
nicht dazu. Diese Symptome der Patienten wurden in wenigen Arbeiten beschrieben,
insbesondere in Bezug darauf, dass die Patienten häufig ähnliche Schmerzen wie bei ei-
ner Pankreatitis aufweisen [75] [49] [40]. Die unspezifischen Beschwerden als Risikofaktor
für die Malignität wurden in der Literatur noch nicht ausreichend bearbeitet.

   MD-IPMN verursachten bei 54% der Patienten in unserer Studie Beschwerden, BD-
IPMN bei 37%. Sie bestätigte die Symptomatik als einen signifikanten (p = .005) pro-
gnostischen Parameter. Somit konnte gezeigt werden, dass das Vorhandensein von Sym-
ptomen ein wichtiges Kriterium für die Therapieentscheidung sein kann, damit man die
chirurgische Indikation nicht verpasst. Auch andere Studien bewiesen eine signifikante
Beziehung zwischen dem Auftreten von Symptomen und dem Risiko einer malignen zys-
tischen Neoplasie [75] [23].

  Als weitere Kriterien für eine potenzielle Malignität wurden ein hohes Patientenalter
und das männliche Geschlecht betrachtet [75]. Dies entspricht z. B. dem Ergebnis einer
Arbeit des Departments of Human Pathology, School of Medicine, Japan [5]. Hingegen
ging aus einer anderen Studie hervor, dass bei Frauen und Männern IPMN gleich häufig
auftreten [68]. Im Rahmen der hier vorgenommenen Untersuchung waren bei insgesamt
142 Patienten 66 Frauen (46.5%) und 76 Männer (53.5%) betroffen. Die statistische
Analyse zeigte keinen signifikanten Unterschied.

  Das Geschlecht als Risikofaktor für die Malignität wurde in der Literatur noch nicht
ausreichend bearbeitet [75] [85] [1]. Auch das Erkrankungsalter wurde als Einflussfaktor
evaluiert, wobei im Rahmen dieser Studie vorwiegend Menschen zwischen 70 und 79
Jahren (Median: 70 Jahre) erkrankten. Dies entspricht dem Ergebnis anderer Arbeiten,
wonach IPMN am ehesten im hohen Alter bei multimorbiden Patienten auftreten. Da
das Alter jedoch nur eine eingeschränkte Aussage über den Gesundheitszustand des je-
weiligen Patienten erlaubt, muss dieser bei der Wahl der Therapie bei jedem Patienten
individuell berücksichtigt werden.

  Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde bei der Datenerhebung die genaue Lokali-
sation der Zysten evaluiert. Wie bereits in anderen Publikationen beschrieben [27] liegen
auch in unserer Studie die Mehrheit der IPMNs im Pankreaskopf.

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