DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 2 2021, Nr. 23 - OpenAgrar

 
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DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 2 2021, Nr. 23 - OpenAgrar
DER LABLOEFFLER
NEWS für das LABOR
                     Heft 2 2021, Nr. 23
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 2 2021, Nr. 23 - OpenAgrar
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

                mit Blick in den Kalender würden wir Ihnen eigentlich sehr gerne einen ruhigen Ausklang
                des Jahres 2021 wünschen – nur sieht es momentan aus Tierseuchensicht leider nicht da­
                nach aus. Erstmalig hatten wir in Deutschland fast das ganze Jahr über Fälle von Geflügel­
                pest bei Wildvögeln, die Zahl betroffener Geflügelhaltungen ist so hoch wie nie zuvor.
                Hochpathogene aviäre Influenzaviren sind immer für eine Überraschung gut, derzeit mit
                dem dominierenden Subtyp H5N1, der zuvor auch in Europa zirkulierte und offenbar auch
                über den Sommer nicht verschwunden war. Ein weiterer „Dauerbrenner“ bleibt die Afrika­
                nische Schweinepest, deren epidemiologische Lage nach wie vor nicht auf eine Entspan­
                nung hoffen lässt und die ein ständiges Risiko für Schweinehaltungen auch in bisher freien
                Regionen birgt.

                Natürlich beschäftigen uns am FLI weitaus mehr Themen und nicht nur Viren, dies zeigen
                die Beiträge des aktuellen LabLoefflers. Bakteriell bedingte Tierseuchen und Zoonosen ha­
                ben wir ebenso im Blick und sie sind mit drei Beiträgen diesmal prominent vertreten.

                Einen Blick über den Tellerrand der Diagnostik und Tierseuchenbekämpfung werfen wir mit
                den Referenzzentren für Tierschutz der Europäischen Union. Das Thema Tierschutz wird
                weiter an Bedeutung gewinnen und geht uns alle an.

                Leider ist mit Blick auf die Corona-Pandemie ebenfalls keine Entspannung in Sicht, ganz im
                Gegenteil. Trotzdem und gerade deshalb wünschen wir Ihnen und Ihren Familien eine mög­
                lichst ruhige und besinnliche Adventszeit. Bleiben Sie gesund und kommen Sie gut geimpft
                ins neue Jahr!

                Mit kollegialen Grüßen,

                Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas C. Mettenleiter		            Prof. Dr. Martin Beer

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LabLOEFFLER  26.2019,Heft
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Inhalt

2        Vorwort

3        Inhaltsverzeichnis

4–5      Die „Twin“-genomischen Ansätze zur Typisierung von Bakterienstämmen

5–6      Next Generation Sequencing (NGS) von Salmonella spp. am IBIZ

6–7      MKS – das Problem mit der Persistenz

7-9      Referenzzentren für Tierschutz der Europäischen Union

10–11 Alternative Probenmatrizes für die Diagnostik der Afrikanischen Schweinepest

12–13 Laborvergleichsstudie zum kulturellen Nachweis von Brucella spp., Bacillus anthracis
      und Burkholderia mallei

14–15 BVD-Ringtest – Grenzen der Milchserologie

16–18 Chronic Wasting Disease in Europa

KURZNACHRICHTEN

19       Lateral-Flow-Tests zum Nachweis des ASP-Virus-Antigens: Felddiagnose nicht geeignet

19       Schmallenberg-Virus: Fälle von missgebildeten Lämmern und Kälbern zu erwarten

20       West-Nil-Virus wieder aktiv in 2021

21       Aus Alt mach Neu – die hochpathogene aviäre Influenza im Herbst 2021

21       Laborvergleichsuntersuchungen 2021

22–23 Überwachung von Wildschweinen auf Afrikanische Schweinepest

24–26 Nationale Referenzlaboratorien

27       Aus der Zulassungsstelle

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Die „Twin“-genomischen Ansätze zur Typisierung von Bakterienstämmen:
Einzelnukleotid-Polymorphismus und Multilocus-Sequenztypisierung

Mostafa Abdel-Glil und Heinrich Neubauer                              WGS bietet mehrere Optionen für die Genotypisierung, dar­
                                                                      unter (1) den Nachweis von Sequenzvarianten, insbesondere
FLI, Institut für bakterielle Infektionen und Zoonosen                von Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP), durch Mapping
                                                                      der von einem Isolat erhaltenen „Rohsequenzen“ auf ein Refe­
                          Die Whole-Genome-Sequenzierung              renzgenom, das Alignment von assemblierten Core-Genomen
                          (WGS; Vollgenomsequenzierung) hat           oder die Anwendung der kmer-basierten Analyse, wobei die
                          sich in den klinisch-mikrobiologi­          resultierende SNP-Matrix für informative phylogenetische
                          schen Laboren in kurzer Zeit zu einer       Analysen verwendet werden kann; (2) den Nachweis von Gen­
                          wertvollen Methode entwickelt. Sie          varianten in Form von nummerierten Allelprofilen, z. B. bei der
                          ermöglicht eine Charakterisierung           Multilocus-Sequenztypisierung (MLST), die im Wesentlichen
                          bakterieller Pathogene zeitgleich auf       darauf abzielt, eindeutige Gensequenzen in eindeutige Num­
                          mehreren Ebenen, einschließlich der         mern umzuwandeln, um so die Übertragbarkeit und Kommu­
                          Bestimmung der Spezies, des Ge­             nikation von Daten zu erleichtern.
                           notyps, der Vorhersage von Resis­
Mostafa Abdel-Glil         tenz- und Virulenzfaktoren und der         Bei der konventionellen MLST werden nur einige wenige Gene
(© privat)                 Analyse der Populationsstrukturen.         zur Typisierung verwendet, was die Unterscheidung zwischen
                           Die Verwendung von WGS zur Über­           Ausbruchsstämmen, insbesondere bei monomorphen Arten,
wachung bestimmter bakterieller Krankheitserreger könnte              erschwert. Die genomische MLST hingegen ist eine Erweite­
sogar zeitnah obligatorisch werden, da sie von der Europäi­           rung dieses traditionellen Ansatzes, bei dem alle typisierbaren
schen Behörde für Lebensmittelsicherheit als kostengünstige,          Gene berücksichtigt werden können und somit die Auflösung
sensitive und zeitsparende Alternative zur klassischen Metho­         verbessert werden kann. Die MLST-Daten sind leichtgewichtig
dik empfohlen wurde (EFSA Journal 2019;17(6):5709). WGS               und können damit problemlos über Online-Nomenklaturda­
ermöglicht auch eine hochauflösende Charakterisierung von             tenbanken ausgetauscht werden. Der analytische Arbeitsab­
Isolaten auf Stamm- oder Klonebene. Diese hochauflösende              lauf ist weniger rechenintensiv, sobald eine De-novo-Geno­
Genotypisierung ist auch aus der „One Health“-Perspektive             massemblierung verfügbar ist, die in der Praxis inzwischen
wertvoll, um Ausbruchscluster zu erkennen, Infektionsquel­            routinemäßig für sequenzierte bakterielle Genome durchge­
len zu identifizieren und die Übertragung und Ausbreitung             führt wird. Darüber hinaus sind die für die genomische MLST
von Krankheitserregern zu verfolgen. Sie bedarf jedoch der            verwendeten Tools benutzerfreundlich und bedürfen keiner
akribischen Harmonisierung, um Ergebnisse multisektoral und           komplexen bioinformatischen Fachkenntnisse. So erfordert
transdisziplinär vergleichen zu können.                               die zugrunde liegende Methodik keine Vorauswahl einer ge­

Abb. 1. Ein vereinfachter Arbeitsablauf, der die beiden Optionen für die Typisierung von Bakterienstämmen mit Genomsequenzdaten
aufzeigt: auf der Basis von Sequenzvarianten (SNPs) entsteht eine robuste Phylogenie, oder durch die Generierung von nummerierten
Allelprofilen (MLST) wird die Übertragbarkeit und Kommunikation der Daten erleichtert. (© FLI)

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LabLOEFFLER  26.2019,Heft
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eigneten (d. h. phylogenetisch verwandten) Referenz für den        der Verwendung verschiedener Parameter und Referenzen
Datensatz, was für referenzbasierte SNP-Typisierungsmetho­         sehr individuell gestaltet werden. Es sei nochmals betont, dass
den unverzichtbar ist. Genomische MLST verwendet allerdings        die Verarbeitung von SNP-Alignment-Daten rechenintensiv
assemblierte Genome für die Typisierung. Daher werden die          sein kann und bioinformatische Vorkenntnisse erfordert.
Ergebnisse unter Umständen durch Sequenzierungsfehler
und Assemblierungsartefakte beeinflusst, die nur schwer von        Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die derzeitigen Op­
echten Varianten zu unterscheiden sind. Deshalb wird eine          tionen für die Genotypisierung von Bakterienstämmen mit­
parallele Analyse auf der Grundlage von Sequenzvarianten           tels WGS unterschiedliche Vorteile haben. Eine kombinierte
empfohlen. Einerseits können Sequenzdaten von geringer             Anwendung der Methoden ermöglicht die genaue Rückver­
Qualität aus der ursprünglichen Alignment-Datei entfernt           folgung von Eintragsquellen und die Identifizierung von
werden, sodass Daten von hoher Qualität für die nachgeschal­       Übertragungswegen, aber auch eine globale molekulare Über­
tete Analyse entstehen. Andererseits ist die phylogenetische       wachung wird möglich. Am Institut für bakterielle Infektionen
Rekonstruktion von SNP-Alignment-Daten im Gegensatz zur            und Zoonosen wurden verschiedene Typisierungsmethoden
Clusteranalyse von MLST-Profilen robuster, da sie auf einem        z. B. für Bacillus anthracis, Brucella spp., Salmonella spp.,
Base-by-Base-Vergleich basiert und evolutionäre Modelle mit        Campylobacter fetus etc. entwickelt, die inzwischen national
maskierten Rekombinationsstellen und mobilen Elementen be­         und international verfügbar sind.
rücksichtigt. Darüber hinaus kann der Arbeitsablauf aufgrund

Next Generation Sequencing (NGS) von Salmonella spp. am Institut für bakterielle
Infektionen und Zoonosen (IBIZ)

Silvia García-Soto, Jörg Linde, Ulrich Methner                     Serotypisierung in der Routinepraxis. WGSBAC wurde mit drei
                                                                   Bioinformatik-Tools (SeqSero, SeqSero2 und SISTR) für die Be­
FLI, Institut für bakterielle Infektionen und Zoonosen             stimmung der Salmonella-Serovar implementiert und für die
                                                                   Typisierung von Salmonella-Stämmen verschiedener Serova­
                          Whole-Genome-Sequencing (WGS)            ren vom NRL Salmonellose der Rinder am IBIZ bewertet. Trotz
                          und Bioinformatik-Tools werden           der Unterschiede in den Softwareansätzen, die zu leichten
                          ständig weiterentwickelt, um neue        Abweichungen in den Ergebnissen führen, konnten die drei
                          Methoden für die Genoserotypisie­        Tools fast alle getesteten Salmonella-Serovaren korrekt iden­
                          rung und genotypische Charakteri­        tifizieren.
                          sierung von Salmonella spp. nutzen
                          zu können. Die Bioinformatik-Grup­       2) Der Einsatz von WGS (Illumina- und MinION-Sequenzie­
                          pe am Institut für bakterielle Infek­    rung) und die Anwendung der WGSBAC-Pipeline waren Vo­
                          tionen und Zoonosen (IBIZ) hat eine      raussetzung, um das vermehrte Auftreten und die Tendenz
                          hauseigene Bioinformatik-Pipeline        zur Verbreitung einer neuen multiresistenten (MDR) Salmo-
Silvia García Soto        namens WGSBAC (abrufbar unter:           nella-Infantis-Population in der Masthähnchenpopulation
(© Petra Flemming, FLI)   https://gitlab.com/FLI_Bioinfo/          in Deutschland aufzuklären (García-Soto et al., 2020). Nur
                          WGSBAC) zur Analyse sequenzierter        in Salmonella-Infantis-Stämmen aus dem letzten Jahrzehnt
Daten mehrerer bakterieller Erreger entwickelt (z. B. Salmo-       wurde mit der WGSBAC ein 278.542 bp langes Megaplasmid
nella spp., Campylobacter spp., Brucella spp., Francisella spp.,   nachgewiesen und dessen Struktur und genetische Zusam­
Arcobacter spp., Clostridium spp.). WGSBAC arbeitet sowohl         mensetzung analysiert (Abb. 1). Das Megaplasmid trägt in­
an Paired-End-Reads als auch an zusammengesetzten Geno­            ternational beschriebene antimikrobielle Resistenzgene und
men und enthält validierte Tools und angepasste Datenban­          Virulenzfaktoren, die nachweislich für die Zunahme und Ver­
ken, die regelmäßig aktualisiert werden.                           breitung einer neuartigen MDR-Salmonella-Infantis-Popula­
                                                                   tion in der Masthähnchenproduktion in Deutschland und der
Die Anwendungen der WGSBAC-Pipeline zur Analyse von                EU verantwortlich sind.
Stämmen der Gattung Salmonella umfassen die Genosero­
typisierung von Salmonella-Serovaren als Unterstützung für         3) Um den epidemiologischen Kontext von Salmonella Dub­
die konventionelle Serotypisierung, den Nachweis von Resis­        lin in der deutschen Rinderpopulation zu analysieren, wur­
tenzgenen, Virulenzfaktoren und Plasmid-Replikons und die          de unter Verwendung der WGS- und WGSBAC-Pipeline die
Typisierung und phylogenetische Analyse einschließlich der         Phylogenie von Salmonella-Dublin-Stämmen untersucht,
Generierung von Stammbäumen. Beispiele für diese Anwen­            die zwischen 2005 und 2018 vom NRL Salmonellose der Rin­
dungen sind:                                                       der am IBIZ gesammelt wurden (García-Soto et al., 2021).
                                                                   Die Nutzung verschiedener Cut-off-Werte, die auf den Ab­
1) Die Entwicklung der WGS-basierten Genoserotypisierung           ständen von Kern-Genom-Einzelnukleotid-Polymorphismen
als Ergänzung bzw. potenziellen Ersatz für die konventionelle      (cgSNPs) zwischen den Stämmen des Datensatzes basieren,

                                                                                           LabLOEFFLER 23.2021, Heft 2 Seite 5
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erlaubte die verwandtschaftliche Gruppierung hinsichtlich                        Literatur
verschiedener Regionen und Zeiträume. Damit und aufgrund
der pathogenetischen Besonderheiten der wirtsadapatier­                          García-Soto, S., Abdel-Glil, M.Y., Tomaso, H.,
ten Serovar Salmonella Dublin sind Rückschlüsse auf die Art                      Linde, J. and Methner, U. 2020. Emergence of
der Verbreitung und Schlussfolgerungen für die gezielte Be­                      multidrug-resistant Salmonella enterica sub­
kämpfung möglich.                                                                species enterica serovar Infantis of multilocus
                                                                                 sequence type 2283 in German broiler farms.
                                                                                 Frontiers Microbiol 11, 1741. doi: 10.3389/
                                                                                 fmicb.2020.01741.

                                                                                 García-Soto, S., Tomaso, H., Linde, J. and Meth-
                                                                                 ner, U. 2021. Epidemiological analysis of Sal-
                                                                                 monella enterica subsp. enterica serovar Dub­
                                                                                 lin in German cattle herds using whole-genome
                                                                                 sequencing. Microbiol Spectr, e0033221. doi:
                                                                                 10.1128/Spectrum.00332-21.

                                                                                  Abb. 1: Genetische Hauptmerkmale der vollständigen
                                                                                  Sequenz des Megaplasmids (pESI2747), die in der
                                                                                  aktuell dominierenden Salmonella-Infantis-Population
                                                                                  bei Masthähnchen nachgewiesen wurden

MKS – das Problem mit der Persistenz
Benedikt Litz, Florian Pfaff und Michael Eschbaumer                   als der Hälfte der zuvor akut infizierten Tiere auf und betrifft
                                                                      auch geimpfte Tiere.
FLI, Institut für Virusdiagnostik, Labor für angewandte Bioinforma­
tik und Sequenzierung viraler Genome und Transkriptome, Nationa­      Wenige Tage nach der akuten Infektion zeigen sich bei Rin­
les Referenzlabor für Maul- und Klauenseuche                          dern die klassischen Läsionen im Maul (dort „Aphthen“ ge­
                                                                      nannt) und an den Klauen, in Kombination mit hohem Fieber
                         Bevor große Teile Europas frei von           und Leistungseinbußen. Ein Teil dieser Tiere schafft es nicht
                         der Maul- und Klauenseuche (MKS)             das Virus zu beseitigen und bleibt auch über den 28. Tag
                         wurden, plagten regelmäßige und              post infectionem hinaus persistent infiziert. In diesen Carri­
                         weitreichende Ausbrüche dieser ge­           er-Tieren findet sich das Virus nun nur noch sehr fokal in den
                         fürchteten Krankheit die Landwirt­           Epithelien des oberen Respirationstraktes, wo es aber über
                         schaft in den betroffenen Ländern.           Monate bis Jahre nachgewiesen werden kann. Auch wenn
                         Nur durch intensive Bekämpfungs­             die direkte Übertragung durch Carrier bisher nur bei dem na­
                         maßnahmen,       Massenimpfungen             türlichen Wirt des MKSV, dem Kaffernbüffel, nachgewiesen
                         und strenge Handelsrestriktionen             wurde (Jolles et al., 2021), ist auch der mit einem Probang­
                         konnten MKS-Ausbrüche verhin­                gerät gewonnene Rachenschleim von Rindern sehr wohl in­
Benedikt Litz            dert oder eingedämmt werden.                 fektiös (Stenfeldt and Arzt, 2020). In natürlicher Umgebung
(© privat)               Trotz aller Maßnahmen kommt es               nutzt das MKS-Virus die persistente Infektion, um sich trotz
                         aber auch in MKS-freien Länder               hoher Durchseuchungsrate endemisch zu halten, wie jüngst
immer wieder zur Einschleppung des Virus, wobei die Kosten            in Kaffernbüffeln gezeigt wurde (Jolles et al., 2021).
zur akuten Bekämpfung und Rückerlangung des MKS-freien
Status gewaltig ausfallen können. Länder und Regionen, in             Leider bieten die derzeit zur Verfügung stehenden MKS-Impf­
denen MKS endemisch vorkommt oder eine erhöhte Gefahr                 stoffe nur Schutz vor einer Erkrankung und nicht vor der In­
von Ausbrüchen besteht, wie etwa in der Türkei und Nord­              fektion, die auch bei einem Großteil der geimpften Rinder in
afrika, erleiden große wirtschaftliche Belastungen für die            einer persistenten Infektion resultiert. Da bisher auch noch
Landwirtschaft, da Restriktionen im internationalen Handel            keine zuverlässige diagnostische Unterscheidung zwischen
den Weg zu lukrativen Absatzmärkten einschränken.                     subklinisch und persistent infizierten Tieren möglich ist, wer­
                                                                      den nach Notimpfungen meist alle Tiere getötet.
Eine wichtige Rolle in den weltweiten Bemühungen zur
MKS-Bekämpfung kommt den so genannten „Carriern“, d. h.               Um diese großen Wissenslücken zu schließen und moderne
persistent mit MKS-Virus infizierten Tieren, zu. Es wird be­          Bekämpfungskonzepte zu ermöglichen, entstand das Projekt
fürchtet, dass diese Tiere auch Wochen oder Monate nach ei­           „FMDV PersistOmics“ unter Beteiligung mehrerer europäi­
nem Ausbruch noch als Quelle für Neuansteckungen dienen               scher Partner, wie der französischen Behörde für Lebensmit­
könnten. Bei Rindern tritt die persistente Infektion in mehr          tel-, Umwelt- und Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz

DER LOEFFLER23.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft22Seite
                             Seite602
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 2 2021, Nr. 23 - OpenAgrar
(ANSES), der schwedischen Universität für Agrarwissenschaf­
ten (SLU), der belgischen Behörde für Öffentliche Gesundheit
(Sciensano), dem türkischen MKS-Institut (SAP) und dem FLI.
Im Projekt untersuchen wir das Transkriptom und simultan
auch das Proteom aus den Epithelien des oberen Respira­
tionstraktes (dorsaler weicher Gaumen und dorsaler Naso­
pharynx) von persistent infizierten Rindern. Ziel ist es, diag­
nostische Marker zur frühen Detektion von Carrier-Tieren aus
vorangegangen Versuchen zu bestätigen und neue zu identi­
fizieren. Des Weiteren wird die Wirksamkeit von Pharmazeu­
tika auf die MKS-Persistenz untersucht.

Literatur

Jolles A., Gorsich E. (2021). Endemic persistence of a highly
contagious pathogen: Foot-and-mouth disease in its wildlife
host. In: Science 374, 104–109, DOI: 10.1126/science.abd2475

Stenfeldt, Carolina; Arzt, Jonathan (2020): The Carrier Co­        Logo des Projektverbundes „FMDV PersistOmics“
nundrum; A Review of Recent Advances and Persistent Gaps
Regarding the Carrier State of Foot-and-Mouth Disease Vi­
rus. In: Pathogens (Basel, Switzerland) 9 (3). DOI: 10.3390/
pathogens9030167.

Pfaff F. et al. (2019): Uncovers Critical Elements of Host Res­    Hägglund S. et al. (2020): Model of persistent foot-and­
ponse in Bovine Soft Palate Epithelial Cells Following In Vitro    mouth disease virus infection in multi-layered cells derived
Infection with Foot-And-Mouth Disease Virus. In: Viruses.          from bovine dorsal soft palate. In: Transbound Emerg Dis.
2019 Jan 12;11(1):53. doi: 10.3390/v11010053.                      2020 Jan;67(1):133-148. doi: 10.1111/tbed.13332

Referenzzentren für Tierschutz der Europäischen Union
Isa Kernberger-Fischer und Antje Schubbert

FLI, Institut für Tierschutz und Tierhaltung

                          Die Errichtung von EU Referenz­          Im Mai 2021 wurde das EU-Referenzzentrum für Tierschutz
                          zentren für Tierschutz wurde             von Wiederkäuern und Equiden benannt. Das EURCAW Rumi-
                          erstmalig mit der Einführung der         nants & Equines besteht aus einem Konsortium aus den Län­
                          EU-Kontroll-Verordnung (VO (EU)          dern Schweden, Österreich, Griechenland, Frankreich, Irland
                          Nr. 2017/625), die seit 14. Dezem­       und Italien (Abb. 1).
                          ber 2019 rechtskräftig ist, forciert.
                          Die EU-Kontroll-Verordnung löst
                          unter anderem die bisherigen Ver­
                          ordnungen (EG) Nr. 854/2004 und
                          (EG) Nr. 882/2004 ab und hat das
Isa Kernberger-Fischer     Ziel, die Qualität amtlicher Kontrol­
(© FLI)                    len zu verbessern. Dabei sollen eu­
                           ropäische Rechtsvorschriften noch
stärker harmonisiert, gebündelt und optimiert werden. Ein
wichtiger Aspekt ist die Verbesserung des Tierschutzniveaus
in der Europäischen Union. Derzeit gibt es drei EU Referenz­
zentren für Tierschutz. Die Benennung der Referenzzentren
erfolgte nach einem öffentlichen Auswahlverfahren, ist zeit­
lich befristet und wird regelmäßig überprüft.                      Abb. 1: Logo des EURCAW Ruminants & Equines

                                                                                           LabLOEFFLER 23.2021, Heft 2 Seite 7
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 2 2021, Nr. 23 - OpenAgrar
Im Oktober 2019 hat die Kommission das zweite EU-Refe­         haltung der EU-Tierschutzvorschriften für Schweine in den
renzzentrum für Tierschutz von Geflügel und anderen kleinen    Mitgliedsstaaten hinzuwirken. Hierbei spielen vor allem die
landwirtschaftlich genutzten Tieren ernannt. Das EURCAW        Identifizierung von aussagekräftigen Tierschutzindikatoren
Poultry SFA hat seine Arbeit am 1. Februar 2020 aufgenom­      zur Überprüfung der Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften
men und besteht aus einem Konsortium aus den Ländern           eine Rolle. Insbesondere die tierbezogenen Indikatoren sind
Frankreich, Spanien, Dänemark und Italien (Abb. 2). Für wei-   hierbei hervorzuheben, denn sie erlauben die Überprüfung
tere Informationen: https://www.EURCAW poultry-sfa.eu/         von EU-Rechtsvorschriften direkt am Tier - auch dann, wenn
en/minisite/sfawc/welcome-european-reference-centre-ani­       die Gesetzgebung Interpretationsspielraum bei der Ausle­
mal-welfare-poultry-and-other-small-farmed                     gung zulässt, also als sogenannte „offene Norm“ formuliert
                                                               ist (Abb. 4). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Res­
                                                               source wie das Futter in „ausreichender“ Menge oder „ge­
                                                               eigneter“ Form bereitgestellt werden muss. Mit Hilfe eines
                                                               tierbezogenen Indikators wie der „Körperkondition der Tiere“
                                                               ist eine Aussage darüber zulässig, ob das angebotene Fut­
                                                               ter tatsächlich in „ausreichender Menge“ und in „geeigneter
                                                               Form“ angeboten wurde. Zusätzlich werden sogenannte „Eis­
                                                               berg-Indikatoren“ identifiziert, die dem amtlichen Personal
                                                               die wichtigsten Tierschutzprobleme in einem Betrieb aufzei­
                                                               gen können.

Abb. 2: Logo des EURCAW Poultry SFA

Das Europäische Referenzzentrum für Tierschutz in der
Schweinehaltung: EURCAW Pigs

Als erstes Referenzzentrum wurde im Jahr 2018 das EUR­
CAW Pigs ernannt, welches vom Institut für Tierschutz und
Tierhaltung des Friedrich-Loeffler-Instituts gemeinsam mit
der Wageningen Livestock Research in den Niederlanden so­
wie dem Fachbereich für Tierwissenschaften der Universität
Aarhus in Dänemark repräsentiert wird (Abb. 3). Der Fokus
des EU Referenzzentrums liegt dabei auf dem Tierschutz von
Schweinen und umfasst verschiedene Aufgaben in Bezug auf
die Haltung, den Transport und die Schlachtung von Schwei­     Abb. 4: Erfassung von Tierschutzindikatoren auf einem
nen bzw. deren Tötung vor dem Hintergrund der Tierseu­         schweinehaltenden Betrieb (© Inger Anneberg)
chenbekämpfung oder Euthanasie.
                                                               Mit der Gründung des EURCAW Pigs wurden Inspektor*in­
                                                               nen und zuständige Behörden befragt, für welche relevanten
                                                               Tierschutzthemen eine Zuarbeit des Europäischen Referenz­
                                                               zentrums wünschenswert wäre. Dabei wurden die folgenden
                                                               Themenschwerpunkte benannt:

                                                               1. Das Verhindern von Schwanzbeißen

                                                               2. Die Haltung von Sauen und Ferkeln im Abferkelbereich

                                                               3. Die Gruppenhaltung von Sauen

                                                               4. Das Klima und Platzangebot beim Transport

                                                               5. Die Transportfähigkeit der Tiere

Abb. 3: Logo des EURCAW Pigs                                   6. Das Wartestallmanagement bzw. die Unterbringung der
                                                                  Tiere im Schlachtbetrieb
Das EURCAW Pigs trägt im Wesentlichen dazu bei, insbe­
sondere die im Vollzug zuständigen Behörden über die Tier­     7. Die Betäubung und Tötung von Schweinen
schutzanforderungen der geltenden EU-Rechtsnormen zu
informieren und auf eine harmonisierte Erfassung der Ein­

DER LOEFFLER23.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft22Seite
                             Seite802
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 2 2021, Nr. 23 - OpenAgrar
Ziel des EURCAW Pigs ist es, zu jedem Themenschwerpunkt
ein Review sowie Dossier und Indikatoren-Factsheets zu pu­
blizieren. In den Reviews werden der jeweils aktuelle wissen­
schaftliche Stand der Literatur zum Thema sowie die mög­
lichen Tierwohlprobleme, die im Zusammenhang mit dem
jeweiligen Themenschwerpunkt stehen, benannt, die gelten­
den EU-Rechtsvorschriften beschrieben und vornehmlich
tierbezogene Indikatoren für deren Erfassung ausgewählt.
Bei den Dossiers handelt es sich um eine aufbereitete Ver­
sion des Reviews in publizierbare Webinhalte. Die Factsheets
beinhalten gezielte Informationen zum Indikator und dessen
Verwendungszweck, dem Rechtsrahmen, der Erhebungs­
methode und dem Beurteilungsschema inklusive der Re­
ferenzquelle des Indikators (z. B. Welfare Quality®, 2009).
Veranschaulicht wird die Anwendung jedes Indikators in der
Praxis zur Überprüfung der EU-Rechtsvorschriften durch
Bildmaterial oder Videos, die teilweise über QR-Codes auf­      Abb. 5: Regelmäßige Treffen zwischen EURCAW Pigs und den
rufbar sind.                                                    zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, hier das „Regional
                                                                Meeting South im Oktober 2019“. (© Wageningen University &
Zudem werden sogenannte „inspiring examples“ vorgestellt,       Research)
die Inspektor*innen einen Einblick geben sollen, wie Verbes­
serungen auf den Betrieben erzielt werden können. Die von
EURCAW Pigs ausgewählten Positivbeispiele (z. B. von land­
wirtschaftlichen Betrieben und Schlachtbetrieben) werden        Am Institut für Tierschutz und Tierhaltung des FLIs sind vor­
zudem auf der Webseite des Europäischen Referenzzentrums        nehmlich Herr Dr. Michael Marahrens, Frau Dr. Antonia Patt,
vorgestellt (z. B. https://www.eurcaw.eu/en/EURCAW pigs/        Frau Dr. Antje Schubbert und Frau Dr. Inga Wilk mit den Auf­
dossiers/tail-biting-and-tail-docking/inspiring-examples.       gaben des EURCAW Pigs betraut. Koordiniert wird das EUR­
htm).                                                           CAW Pigs Team am FLI von apl. Prof. Dr. Lars Schrader und
                                                                Dr. Isa Kernberger-Fischer.
Die Erstellung von Reviews, Dossiers und Factsheets sowie
die Auswahl von „inspiring examples“ werden federführend        Referenzen
vom FLI Institut für Tierschutz und Tierhaltung koordiniert     VERORDNUNG (EU) 2017/625 DES EUROPÄISCHEN PARLA­
bzw. durchgeführt. Neben der Erstellung von Publikationen       MENTS UND DES RATES vom 15. März 2017 über amtliche
für Inspektor*innen erfolgt im EURCAW Pigs auch die Sich­       Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleis­
tung und Vereinheitlichung von Trainingsmaterialien aus         tung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und
verschiedenen Mitgliedsstaaten sowie die Entwicklung von        der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanz­
Standards für deren Training durch die dänischen Kolleg*in­     engesundheit und Pflanzenschutzmittel, zur Änderung der
nen der Universität Aarhus. Das Wageningen Livestock Re­        Verordnungen […]
search Team koordiniert EURCAW Pigs, stärkt den Austausch
mit den zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten unter         Welfare Quality® (2009). Welfare Quality® assessment pro­
anderem durch regelmäßige Treffen (Abb. 5) und trägt zur        tocol for pigs (sows and piglets, growing and finishing pigs).
Verbreitung von Forschungsergebnissen, technischen Innova­      Welfare Quality® Consortium, Lelystad, Netherlands
tionen und der Veröffentlichung der Dossiers bei.

Alle Publikationen sind auf der Webseite des EURCAW Pigs
abrufbar (www.EURCAW-pigs.eu). Weiterhin können Inspek­
tor*innen bzw. Kontrollbehörden über die Webseite Fragen
(Q2E) zu speziellen Tierschutzthemen bei Schweinen an das
EURCAW Team herantragen und um eine fachlich begründe­
te Antwort und Einschätzung bitten (https://www.eurcaw.eu/
en/EURCAWpigs/services/Q2E.htm). Wer über die fortlaufen­
den Arbeiten des EURCAW Pigs informiert werden möchte,
kann einen Newsletter abonnieren (https://www.eurcaw.eu/
en/EURCAW pigs/news/newsletter.htm).

                                                                                         LabLOEFFLER 23.2021, Heft 2 Seite 9
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 2 2021, Nr. 23 - OpenAgrar
Alternative Probenmatrizes für die Diagnostik der Afrikanischen Schweinepest
Sandra Blome                                                              Mittels qPCR wurden in 44 der 48 positiven Proben (92 %)
                                                                          virale Genome detektiert. Probleme ergaben sich ausschließ­
FLI, Institut für Virusdiagnostik, Nationales Referenzlabor für Afrika­   lich in der frühen Phase der Infektion, d. h. bei klinisch nur
nische Schweinepest                                                       geringgradig auffälligen Tieren an Tag 4 nach der Infektion.
                                                                          Im Vergleich zu EDTA-Blut oder Milzproben war die Viruslast
                         Die im Rahmen der passiven Surveil­              signifikant niedriger und streute deutlicher (im Mittel ~3500
                         lance zu beprobenden Tiere sind kli­             Genomkopien mit deutlichen Auslenkungen).
                         nisch auffällig oder zu Tode gekom­
                         men, so dass davon ausgegangen                   Inguinallymphknoten
                         werden kann, dass eine signifikante
                         Viruslast vorliegt, wenn die Afrikani­           Inguinallymphknoten wurden von 18 Tieren unterschiedlicher
                         sche Schweinepest (ASP) der Grund                Infektionsstadien mit ASPV „Estonia 2014“ im Rahmen der
                         der Erkrankung bzw. des Todes war.               Routinesektion entnommen und wie oben beschrieben ho­
                         Vor diesem Hintergrund lassen sich               mogenisiert und getestet. Es wurde jeweils ein etwa linsen­
                         pragmatische Ansätze der Proben­                 großes Stück Lymphknoten verwendet.
Sandra Blome             entnahme und Testung diskutieren,
(© W. Maginot, FLI)      die für die aktive Surveillance unter            Alle Inguinallymphknoten (LN ING) der infizierten Tiere er­
                         Umständen nicht umsetzbar sind.                  brachten ein positives Ergebnis (im Mittel 10000 Genomko­
Dabei sind auch Strategien attraktiv, die eine geringe Blutkon­           pien), die Genomlasten streuten jedoch deutlich und waren
tamination der Umgebung verursachen und nicht mit dem Er­                 signifikant niedriger als in Milz- oder EDTA-Blutproben.
öffnen der Körperhöhlen des betroffenen Tieres einhergehen.
                                                                          Augenkammerwasser
In diesem Kontext wurden in den vergangenen Jahren immer
wieder Fragen an uns herangetragen, ob sich die eine oder                 Augenkammerwasser (OCF) wurde von 26 Hausschweinen
andere alternative Probenmatrix nicht auch für die Diagnos­               während der Routinesektion entnommen und wie Serum im
tik der Afrikanischen Schweinepest (ASP) eignen könne. Von                oben genannten Extraktionssystem verwendet. Die qPCR er­
größerem Interesse waren Ohrstanzproben nach Vorbild der                  folgte wie oben beschrieben.
BVD-Diagnostik, oberflächliche Lymphknoten, die bei Fall­
tieren ohne Eröffnung der Körperhöhlen entnommen werden                   Die Probenahme erwies sich als sehr schwierig, und die end­
könnten (z. B. aus der Leiste) und Augenkammerwasser. Wir                 gültige Probenmatrix war eher undefiniertes Material aus
selber hatten ein Interesse an der weiteren Verfeinerung un­              dem Augeninneren als wässrige Flüssigkeit. Bis auf ein Tier
serer Bluttupferstrategie.                                                mit insgesamt sehr geringer Viruslast lieferten jedoch alle
                                                                          Proben ein positives Signal (im Mittel 400 Genomkopien).
Im Rahmen der letzten Tierexperimente mit ASP-Virusstäm­
men (ASPV) unterschiedlicher Genotypen sind wir diesen Fra­               Bluttupfer
gen nachgegangen (siehe auch Literaturhinweis).
                                                                          In Fortsetzung früherer Studien haben wir verschiedene
Ohrstanzen                                                                Bluttupfer-Optionen über den Infektionsverlauf mit ASPV
                                                                          „Estonia 2014“ (n=18 Tiere, Haus- und Wildschweine) verg­
Für die Ohrstanzproben (Ear, n=53, 48 x positiv, 5 x nega­                lichen. Neben den zuvor getesteten einfachen COPAN-Baum­
tiv) wurden die Ohren von Haus- und Wildschweinen zu un­                  wolltupfern (Wattestäbchen) und GenoTube Livestock Swabs
terschiedlichen Zeitpunkten im Infektionsverlauf mit dem                  (Genotubes) wurden auch PrimeSwabs und der inaktivierende
FlexoPlus R Ohrmarkierungssystem (Caisley) gestanzt. Die                  PrimeStore MTM-Transportpuffer in die Bewertung einbezo­
Beprobung fand im Rahmen der Routinesektion statt. Zur                    gen.
Vorbereitung der automatisierten Nukleinsäureextraktion
wurden alle Gewebeproben mit einem TissueLyser II (Qia­                   Alle Tupfertypen wurden bei oder kurz nach der Probenah­
gen) für 3 Minuten bei 30 Hz in 1 ml phosphatgepufferter                  me direkt in die Vollblutproben getaucht. Die COPAN-Wat­
Kochsalzlösung (PBS) mit einer Metallperle homogenisiert.                 testäbchen (Rayon, COPAN) und die GenoTube Livestock
Je 100 µl des Homogenats wurden nachfolgend mit dem                       Tupfer (Thermo Fisher Scientific) wurden in ihre Behälter zu­
NucleoMag® VET-Kit für die Isolierung viraler RNA/DNA                     rückgelegt, und die PrimeSwabs (Longhorn, Vaccines and Di­
(MACHEREY-NAGEL) auf einer KingFisher®-Extraktionsplatt­                  agnostics) wurden in PrimeStore MTM-Röhrchen (Longhorn,
form (Thermo Scientific) gemäß den Anweisungen des Her­                   Vaccines and Diagnostics) eingesetzt. Alle Proben wur­
stellers extrahiert. Anschließend wurden die Nukleinsäuren                den dann vor der weiteren Verarbeitung fünf Tage lang bei
der vom OIE empfohlenen ASPV-spezifischen qPCR nach                       Raumtemperatur gelagert, um den Transport der Proben
King et al. (2003) mit leichten Modifikationen unterzogen                 vom Feld ins Labor zu simulieren. Nach der Lagerung wurden
(siehe ASF-System 1). Die qPCRs wurden mit einem Bio-Rad                  aus allen Bluttupfern mit einer sterilen Schere kleine Stücke
C1000TM Thermocycler (BIO-RAD) und dem CFX96TM Real-­                     (2,5 mm Durchmesser) herausgeschnitten und wie Gewebe­
Time System durchgeführt.                                                 proben verarbeitet. Darüber hinaus wurden die PrimeStore
                                                                          MTM-Puffer, in die die PrimeSwabs eingetaucht worden wa­
                                                                          ren, für die Nukleinsäureextraktion verwendet.

DER LOEFFLER23.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft22Seite
                             Seite1002
Der Vergleich wurde mit EDTA-Blut als Standardmatrix und                Schlussfolgerungen
zwischen den verschiedenen Tupfer- und Tupferpufferoptio­
nen durchgeführt.                                                       In der Phase der klinischen Erkrankung kann aus allen Matri­
                                                                        zes der Virusnachweis aus ungepoolten Proben geführt wer­
Alle Tupferproben infizierter Tiere erbrachten positive Er­             den. Dennoch sind die Genomlasten in Blut- und Milzproben
gebnisse. EDTA-Blut enthielt jedoch signifikant höhere virale           signifikant höher und einige Probenmatrizes sind in der Bear­
Genomlasten. Beim Vergleich der verschiedenen Tupferopti­               beitung schwierig.
onen variierten die viralen Genomlasten erheblich. Einfache
Wattestäbchen und Genotubes lieferten die schwächsten Er­               Die Bluttupfer lassen sich grundsätzlich weiter optimieren,
gebnisse mit mehreren Proben, die nur Spuren oder weniger               die Kosten steigen jedoch mit den gewählten Systemen.
als 100 Genomkopien pro PCR-Lauf enthielten. Sowohl Pri­
meSwabs als auch PrimeStore MTM-Puffer schnitten deutlich               Literatur
besser ab. Bei einem direkten Vergleich von PrimeSwab und
Prime Store MTM-Puffer schnitt der MTM-Puffer am besten                 Pikalo J, Deutschmann P, Fischer M, Roszyk H, Beer M,
und signifikant besser ab als alle anderen Tupferoptionen,              Blome S. African Swine Fever Laboratory Diagnosis-Lessons
einschließlich des PrimeSwab.                                           Learned from Recent Animal Trials. Pathogens. 2021 Feb
                                                                        6;10(2):177. doi: 10.3390/pathogens10020177.
Eine vergleichende Darstellung aller alternativen Probenma­
trizes ist in Abb. 1 zu finden.

Abb. 1: Vergleich der log10-Genomkopienzahlen pro PCR-Ansatz in Milz, Leistenlymphknoten (LN ING), Unterkieferlymphknoten (LN MAND,
Ohrstanze (Ear), Augenflüssigkeit (OCF), in den Tupferoptionen und EDTA-Blut. Alle Proben sind einzeln zusammen mit dem Boxplot
dargestellt. Die Grenzen der Boxen geben das 25. und 75. Perzentil an, die Linie innerhalb der Box markiert den Median. Die Whisker-Grenzen
zeigen die Minimal- und Maximalwerte an.

                                                                                                 LabLOEFFLER 23.2021, Heft 2 Seite 11
Auswertung der Laborvergleichsstudie zum kulturellen Nachweis von Brucella spp.,
Bacillus anthracis und Burkholderia mallei
Mandy Elschner und Falk Melzer                                          Da eine Speziesbestimmung nicht Teil der LVS war, ist bei der
                                                                        Auswertung auf Laborebene hier nicht darauf eingegangen
FLI, Institut für bakterielle Infektionen und Zoonosen, Arbeitsgruppe   worden. Insgesamt zeigt sich, dass einige Labore die Proben
L3-Erreger/ Nationale Referenzlabore für Brucellose, Milzbrand und      hinsichtlich der Identifizierung von B. melitensis und B. abor-
Rotz                                                                    tus bzw. hinsichtlich des Ausschlusses dieser beiden Spezies
                                                                        richtig bestimmt haben. Bei der Verwendung des MALDI-TOF
Deutschland ist offiziell frei von Brucellose der Rinder, Schafe        ist zu beachten, dass die Anzeige „B. melitensis“ nicht sicher
und Ziegen. Die besonders pathogenen Spezies Brucella me-               zur Speziesidentifikation verwendet werden kann, sondern
litensis und Brucella abortus sind jedoch in einigen europä­            eher im Sinne B. melitensis-Gruppe (inklusive B. abortus,
ischen Ländern bei landwirtschaftlichen Nutztieren immer                B. suis, etc.) zu bewerten ist.
noch von Bedeutung und somit besteht hier das potentielle
Risiko einer Einschleppung über Tiere und Lebensmittel. In              LVS Milzbrand
Deutschland ist die Brucellose (Brucella suis bv 2) bei Wild­
schweinen und Hasen endemisch und somit kommt es ver­                   Die Ergebnisse der 13 teilnehmenden Untersuchungsein­
einzelt zu Ausbrüchen bei Schweinen (meist Freilandhaltung).            richtungen zum kulturellen Nachweis von B. anthracis sind
Milzbrandausbrüche (Bacillus anthracis) in Deutschland sind             in der Tab. 2 zusammengestellt. Die Mischkulturprobe RA2
sehr selten geworden und traten zuletzt 2021 in Bayern so­              stellte eine größere Herausforderung dar. In 3 Laboren konn­
wie 2012 und 2014 in Sachsen-Anhalt auf. Diese Fälle zeigen             te B. anthracis nicht nachgewiesen werden, in einem Labor
aber, dass der Erreger bzw. seine sehr langlebigen Sporen               wurde lediglich der Verdacht ausgesprochen. Ein Labor de­
nach wie vor vorhanden sind und immer mit Ausbrüchen zu                 tektierte in Probe RA3 B. cereus.
rechnen ist.
                                                                        Die überwiegende Zahl (10) der Labore verwendeten qPCRs
Deutschland ist frei von Rotz (Burkholderia mallei), allerdings         zum Nachweis der chromosomalen Marker sowie der beiden
ist durch den weltweiten Handel mit Equiden auch immer mit              Virulenzplasmide und konnten so auch die weniger virulenten
der Einschleppung der Erkrankung zu rechnen. Der Erreger­               B. anthracis Isolate als solche identifzieren.
nachweis wird meist infolge eines serologischen Verdachtes
notwendig und stellt aufgrund der Wachstumseigenschaften                LVS Rotz
des Erregers eine Herausforderung für die Labore dar.
                                                                        Die Ergebnisse der 10 teilnehmenden Untersuchungseinrich­
Brucellose, Milzbrand und Rotz sind gefährliche Zoonosen,               tungen zum kulturellen Nachweis von B. mallei sind in der
die Erreger sind der Risikogruppe 3 zugeordnet und somit                Tab. 3 zusammengestellt.
muss der kulturelle Nachweis in einem S3-Labor erfolgen.
Insgesamt haben 15 Untersuchungseinrichtungen aus 9 Bun­                Die Probe RR1 enthielt B. mallei nur in geringer Animpfdo­
desländern an der Laborvergleichsstudie (LVS) teilgenommen.             sis und konnte auch im Nationalen Referenzlabor (NRL) nicht
Für das Probenmaterial wurden je Ringversuch 7 Transport­               kulturell, sondern nur mittels PCR positiv bestätigt werden.
tupfer mit oder ohne den jeweiligen „gesuchten“ Erregern                Insgesamt 6 Labore wendeten die PCR an und 3 Laboren da­
und teilweise auch mit Kontaminanten hergestellt (s. Tab.               von gelang ebenfalls der PCR-Nachweis. Da die PCR nicht
1-3).                                                                   vorrangig, sondern der kulturelle Nachweis Gegenstand die­
                                                                        ser LVS war, wurde die Probe RR1 nicht in die Berechnung
LVS Brucellose                                                          des Ausganges der LVS einbezogen.

Bei der Probe RB4 handelte sich um eine Mischprobe aus                  Die Probe RR5 wurde von allen Laboren richtig negativ für​
Brucella melitensis und Ochrobacter anthropi. Drei der teil­            B. mallei, jedoch in einem Labor als positiv für B. pseudomal-
nehmenden Labore (20 %) haben diese Probe falsch als nega­              lei bzw. in einem anderen Labor verdächtig für B. pseudo-
tiv für das Vorhandensein von Brucellen interpretiert, wobei            mallei gemeldet. Burkholderia pseudomallei ist ebenfalls ein
zwei dieser Labore den beigemischten Ochrobacter richtig                Zoonose-Erreger der Risikogruppe 3, und die Gründe für die­
erkannt haben. Alle anderen Proben wurden von den Laboren               se Ergebnisse sollten in den Laboren analysiert werden.
richtig als Brucella spp. positiv oder negativ identifiziert.
                                                                        Einige Labore teilten mit, dass sie Probleme bei der Anwen­
Das eingesetzte Methodenspektrum umfasste klassische Bak­               dung des Brucella-Selektivagars hatten, konnten aber durch
teriologie (15 von 15), MALDI-TOF (9 von 15) und verschiede­            die Anwendung des Blutagars oder Nähragars mit Glyzerin­
ne PCR-Protokolle (11 von 15). Ein Labor hat eine 16S rRNA              zusatz trotzdem richtige Ergebnisse erzielen. Das NRL wird
Sequenzierung zur Identifizierung der Bakterien durchge­                die Methodensammlung dahingehend zeitnah anpassen.
führt.

DER LOEFFLER23.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft22Seite
                             Seite12
                                   02
Probe             RB                                                                               Brucella spp. richtig nachgewiesen bzw.
                                                                                                                ausgeschlossen
                                                                                                     Anzahl Labore                         %
 RB1               Yersinia enterocolitica                                                                15                              100
 RB2               Brucella microti                                                                         15                            100
 RB3               Brucella abortus                                                                         15                            100
 RB4               Brucella melitensis + Ochrobacter spp.                                                   12                            80
 RB5               Achromobacter spp.                                                                       15                            100
 RB6               Yersinia enterocolitica + Brucella suis 2                                                15                            100
 RB7               Brucella ovis                                                                            15                            100

Tab. 1: Ergebnisse der 15 teilnehmenden Institute hinsichtlich der Identifikation von Brucella spp. in einer Probe

 Probe             RA                                          B. anthracis korrekt nachgewiesen                            Virulenzplasmide
                                                                       zw. ausgeschlossen                                   korrekt detektiert
                                                                Anzahl Labore                  %                 Anzahl Labore                 %
 RA1               B. anthracis                                      13                       100                     9                        69
 RA2               B. anthracis + B. cereus                            10                      77                       8                      62
 RA3               B. anthracis (Sterne-like)                          12                      93                       9                      69
 RA4               B. anthracis (Pasteur-like)                         13                     100                      10                      77
 RA5               B. weihenstephanensis                               13                     100                   entfällt               entfällt
 RA6               B. cereus                                           13                     100                   entfällt               entfällt
 RA7               steril                                              13                     100                   entfällt               entfällt

Tab. 1: Gesamtauswertung Ergebnisse der 13 teilnehmenden Untersuchungseinrichtungen zum kulturellen Nachweis von B. anthracis

 Probe*            RR                                                                                 B. mallei korrekt nachgewiesen bzw.
                                                                                                                 ausgeschlossen
                                                                                                     Anzahl Labore                         %
 RR2               B. mallei                                                                              10                              100
 RR3               steril                                                                                 10                              100
 RR4               B. mallei + E. coli                                                                    10                              100
 RR5               B. thailandensis                                                                         10                            100
* in der Probe RR1 war B.mallei nur in geringer Menge enthalten. Auch die Kontrolluntersuchungen im FLI ergaben hier ausschließlich PCR-positive Ergebnisse.
  Deshalb wurde die Probe RR1 nicht in die Gesamtauswertung einbezogen
Tab. 3: Gesamtauswertung Ergebnisse der 10 teilnehmenden Untersuchungseinrichtungen zum kulturellen Nachweis von B. mallei

Zusammenfassung                                                                 Alle drei Tierseuchen kommen in Deutschland sehr selten vor
                                                                                und somit ist auch die Abklärung nicht unbedingt in jedem
Die LVS zum kulturellen Nachweis und zur Identifizierung                        Labor Routine, zumal die S3-Bedingungen die Laborabläufe
von Bacillus anthracis, Brucella spp. und Burkholderia mal-                     zusätzlich erschweren. Viele Kolleginnen und Kollegen ha­
lei 2021 war ein Pilotprojet, sowohl für die NRLs Brucellose,                   ben die Erreger noch nie als Kultur gesehen und die entspre­
Milzbrand und Rotz als auch für die teilnehmenden Untersu­                      chenden Erfahrungen sind nicht vorhanden. Umso mehr kann
chungseinrichtungen.                                                            man mit dem Ausgang der LVS insgesamt zufrieden sein. Ge­
                                                                                zeigt hat sich, dass MALDI-TOF und PCR sehr hilfreich bei der
                                                                                Diagnostik sein können.

                                                                                                            LabLOEFFLER 23.2021, Heft 2 Seite 13
BVD-Ringtest – Grenzen der Milchserologie
Kerstin Wernike und Martin Beer                                        Um die Eignung der aktuell in der Routinediagnostik eingesetz­
                                                                       ten serologischen Tests für die neuen Vorgaben und eventu­
FLI, Institut für Virusdiagnostik, OIE Referenzlabor und Nationales    elle zukünftige Überwachungsstrategien zu überprüfen, wur­
Referenzlabor für Bovine Virusdiarrhoe / Mucosal Disease               den für den Serologie-Teil im diesjährigen BVD-Ringtest nicht
                                                                       nur Einzelproben an die teilnehmenden Labore versandt, son­
                            Die Bovine Virusdiarrhoe/Mucosal           dern auch Milchproben, die unterschiedliche Seroprävalenzen
                            Disease (BVD/MD) zählt zu den welt­        simulierten. Insgesamt wurden für die serologische Diagnostik
                            weit wirtschaftlich bedeutendsten          fünf Seren und fünf Milchproben bereitgestellt (Tabelle). Alle
                            Rinderkrankheiten. In Deutschland          Seren stellten Einzelproben dar, während mit den Milchproben
                            wird die BVD/MD seit 2011 ver­             Tankmilchen mit Seroprävalenzen von 50 % (BVD-S-6/21 und
                            pflichtend bekämpft. Mit dem neu­          BVD-S-8/21) und 20 % (BVD-S-7/21 und BVD-S-10/21) simu­
                            en EU-Tiergesundheitsrecht wird            liert wurden. Das Probenpanel wurde von 28 in Deutschland
                            diese Erkrankung erstmalig auch            ansässigen Untersuchungseinrichtungen, 23 nichtdeutschen
                            umfassend auf EU-Ebene geregelt.           Laboren und drei Herstellern von in Deutschland zugelassenen
                                                                       diagnostischen Testsystemen untersucht.
Kerstin Wernike            Die deutsche Bekämpfungsstrategie
(© W. Maginot, FLI)        beruht derzeit auf einer möglichst          In der Abbildung sind die Ergebnisse dargestellt, die mit den
                           frühzeitigen Erkennung von persis­          diversen, bei uns amtlich zugelassenen Antikörper-ELISAs er­
tierend infizierten (PI)-Tieren mittels virologischer Untersu­         mittelt wurden. Alle negativen Proben (Seren BVD-S-2/21 und
chung, hauptsächlich von Ohrstanzproben. Dies hat bereits              BVD-S-4/21 und Milch BVD-S-9/21) wurden unabhängig vom
zur fast vollständigen Eliminierung von PI-Tieren aus der Rin­         verwendeten ELISA Kit und Inkubationsprotokoll korrekt be­
derpopulation in Deutschland geführt (Jahr 2020: 206 PI-Tiere          wertet.
von ca. 4,4 Millionen neugeborenen Kälbern). Diese weitest­
gehende Eliminierung von PI-Rindern in Verbindung mit den              Bei der Analyse der Antikörper-positiven Proben traten aller­
EU-rechtlich umzusetzenden Impfverboten in freien Betrie­              dings einige Abweichungen auf. Die Serumprobe BVD-S-3/21,
ben und Regionen wird zu einer zunehmenden Antikörper­                 die von einem Rind stammte, das mit einer inaktivierten
freiheit der Rinderpopulation führen, was eine entscheidende           BVDV-Vakzine immunisiert worden ist, wurde von p80-basier­
Voraussetzung für eine zukünftige serologische Überwachung             ten ELISAs nicht statusentsprechend als seropositiv erkannt
der BVD-Freiheit darstellt. Vor ihrem Einsatz sind die serolo­         (Abbildung). Das Serum BVD-S-5/21, das nach einer Infektion
gischen Instrumente allerdings auf ihre Tauglichkeit zu testen,        mit dem Border Disease Virus (BDV) entnommen wurde, re­
um einen geregelten Übergang von der Ohrstanz-basierten                agierte in allen verwendeten ELISAs positiv. Eine Differenzie­
BVD Bekämpfung zur serologischen Überwachung sicherzu­                 rung von BVDV/BDV-Antikörpern war nur durch den Einsatz
stellen.                                                               des Neutralisationstests im Parallelansatz gegen BVDV- und
                                                                       BDV-Isolate möglich (Ergebnisse hier nicht gezeigt).
Zur Gewährung und Aufrechterhaltung des Betriebsstatus
„frei von BVD“ über serologische Instrumente muss gemäß
der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 der Kommission
die Anzahl der getesteten Tiere des Betriebes mindestens den
Nachweis seropositiver Tiere mit einem Konfidenzniveau von
95 % bei einer Zielprävalenz von 50 % ermöglichen.

 Probennummer           Material                                               Probenstatus

 BVD-S-1/21             Serum         BVDV Antikörper-positiv, anti-BVDV-2, nach Infektion
 BVD-S-2/21             Serum         BVDV Antikörper-negativ
 BVD-S-3/21             Serum         BVDV Antikörper-positiv, anti-BVDV-1, Tier geimpft mit inaktivierter Vakzine
 BVD-S-4/21             Serum         BVDV Antikörper-negativ
 BVD-S-5/21             Serum         BDV Antikörper-positiv, nach Infektion
 BVD-S-6/21             Milch         Poolprobe, 4 x Milch seropositiver Tiere + 4 negative Milchproben (50 % Seroprävalenz)
 BVD-S-7/21             Milch         Poolprobe, 2 x Milch seropositiver Tiere + 8 negative Milchproben (20 % Seroprävelenz)
 BVD-S-8/21             Milch         Poolprobe, 4 x Milch seropositiver Tiere + 4 negative Milchproben (50 % Seroprävalenz)
 BVD-S-9/21             Milch         BVDV Antikörper-negativ
 BVD-S-10/21            Milch         Poolprobe, 2 x Milch seropositiver Tiere + 8 negative Milchproben (20 % Seroprävelenz)

Tabelle: BVDV/BDV-Antikörper-Status der Serum- und Milchproben, die für die serologische Diagnostik an die Ringtestteilnehmer verschickt
wurden.

DER LOEFFLER23.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft22Seite
                             Seite14
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Bei den zu testenden BVDV-Antikörper-positiven Milchpro­                   Daher ist für die Untersuchung von (Tank-) Milchproben
ben traten in Abhängigkeit vom verwendeten ELISA-Kit teils                 die standardmäßige Anwendung eines Langzeitinkubati-
erhebliche Unterschiede in der Anzahl korrekter Wertungen                  onsprotokolls dringend empfohlen.
auf. Selbst die Proben BVD-S-6/21 und BVD-S-8/21 (= 1:1 Mi­
schung von seropositiven und -negativen Einzelmilchen) wur­                In Regionen, die bei der EU-Kommission einen Antrag auf
den nicht durchgängig statusentsprechend positiv bewertet.                 Gewährung des Status „frei von BVD“ gestellt haben, sollten
Bei Nutzung von ELISAs, die zwei Inkubationsprotokolle vor­                bereits jetzt zusätzlich zur Testung von Ohrstanzproben ver­
schlagen, führte allerdings das längere Probeninkubationspro­              mehrt milch- oder blutserologische Untersuchungen durch­
tokoll häufiger zu positiven Ergebnissen als das entsprechende             geführt werden, um Beprobungsschemata sowie die Testan­
Kurzprotokoll (Abb.).                                                      wendung einzuführen.

Abb.: Ergebnisse der kommerziellen BVD-Antikörper-ELISAs. Resultate, die mit dem jeweiligen Kurzzeit Inkubationsprotokoll erzeugt wurden,
sind mit schwarzen Kreisen dargestellt und Ergebnisse, die mit einem Langzeit-Probeninkubationsprotokoll (über Nacht) ermittelt wurden,
sind rot dargestellt. Blaue Kreise zeigen Ergebnisse, für die das teilnehmende Labor das angewendete Protokoll nicht angegeben hat. Die
Cut-Off-Werte der jeweiligen Tests sind durch horizontale gestrichelte Linien gekennzeichnet (schwarz für kurzes Protokoll, rot für langes
Protokoll). Wenn für beide Protokolle laut Kithersteller der gleiche Cut-Off verwendet werden soll, ist die Linie schwarz eingefärbt. Oben links
(ID Screen BVDV p80 Ab competition): Drei Ringtestteilnehmer haben ihre Ergebnisse in der Einheit PI % angegeben, diese Ergebnisse wurden
zur Generierung der Abbildung in S/N % umgerechnet. Zwei weitere Teilnehmer verwendeten eine andere, nicht näher spezifizierte Einheit,
diese Ergebnisse werden nicht gezeigt.

                                                                                                    LabLOEFFLER 23.2021, Heft 2 Seite 15
Chronic Wasting Disease in Europa
Christine Fast und Sonja Ernst

FLI, Institut für Neue und Neuartige Tierseuchenerreger, Nationa­
les Referenzlabor für Transmissible Spongiforme Enzephalopathien
(TSEs)

                           Die Chronische Auszehrungskrank­
                           heit (CWD) der Hirschartigen gehört
                           zu den Transmissiblen Spongifor­
                           men Enzephalopathien (TSE) und
                           ähnelt damit der Scrapie im Schaf
                           bzw. der BSE im Rind. Auslöser der
                           Erkrankung ist ein fehlgefaltetes
                           infektiöses Eiweiß (PrPCWD). Die
                           Empfänglichkeit der stets tödlich
                           verlaufenden      TSE-Erkrankungen
Christine Fast             hängt bei vielen Spezies, auch den       Abb. 1: An CWD erkranktes Rentier aus Norwegen, 2016,
(© W. Maginot, FLI)        Zerviden u. a. von genetischen Fak­      (© Jan Vidar Akselberg, Norwegen)
                           toren ab. Die CWD wurde in den
1960er Jahren in Colorado/USA erstmals nachgewiesen und
hat sich seitdem unaufhaltsam in Nordamerika verbreitet, was        Die auf den CWD-Nachweis folgenden Überwachungspro­
in manchen Regionen zu einem Rückgang der Populationen              gramme in Norwegen und Teilen der EU (Skandinavien, Bal­
führte. Die Übertragung der hochansteckenden Erkrankung             tikum, Polen) konnten zusätzlich 14 CWD Fälle bei Elchen
erfolgt über zahlreiche Ausscheidungen (Speichel, Blut, Urin,       (8 in Norwegen, 4 in Schweden und 2 in Finnland) und zwei
Kot etc.) bereits während der Inkubationszeit. Dies führt zu        CWD Fälle bei norwegischen Rothirschen detektieren (Stand
einer massiven Kontamination der Umwelt, in der PrPCWD über         November 2021, Abb. 2). Diese Fälle zeigten von Beginn an
Jahrzehnte infektiös bleiben kann, was nicht nur zur raschen        jedoch klare Unterschiede zur nordamerikanischen CWD. So
Erreger-Ausbreitung beiträgt, sondern auch eine Herausfor­          waren alle Elche sowie der Rothirsch mindestens acht Jahre
derung bei der Bekämpfung darstellt. Der Erreger ist aus der        oder älter (die Durchschnittsalter der Rentiere: 1,5-8 Jah­
Umwelt nur sehr schwer zu entfernen, da selbst Temperatu­           re). Darüber hinaus konnte PrPCWD bei diesen Tieren außer­
ren um 121 °C oder herkömmliche Desinfektionsmittel keine           halb des Gehirns nicht nachgewiesen werden und wird daher
dekontaminierende Wirkung haben. Zahlreiche Risikofaktoren          vermutlich nicht im selben Ausmaß ausgeschieden, wie bei
spielen bei der Ausbreitung der CWD eine Rolle. So kann die         den bisher bekannten CWD Formen aus Nordamerika. Auch
Umsiedelung infizierter Tiere, die Einfuhr infizierter Tierteile    die biologischen, biochemischen und neuropathologischen
(z. B. Trophäen, Kadaver) oder die Verwendung kontaminierter        Charakteristika zeigen deutliche Unterschiede. Diese Erkran­
Urin-Lockstoffe, aber auch eine Kontamination der Kleidung/         kungsform wird daher als sporadische nicht-infektiöse Alter­
Schuhe die Erregerverbreitung begünstigen. Es ist daher an­         serkrankungen eingestuft.
gebracht bei Jagdausflügen nach Skandinavien (insbesondere
Norwegen) die erlegten Stücke freitesten zu lassen. Auch eine       Jägerschaft kann frühe Erkennung unterstützen
gründliche Reinigung der Jagd-Kleidung und -schuhe dient
dem Schutz der einheimischen Bestände.                              Ein wesentlicher Faktor in der Bekämpfung der CWD ist der
                                                                    frühe Nachweis in der einheimischen Population. Hier kommt
Neue CWD Stämme in Europa                                           insbesondere den Jägern*innen eine Schlüsselrolle zu, indem
                                                                    sie verdächtige Tiere bei den zuständigen Amtstierärzten/
In Europa wurde CWD erstmals 2016 in Norwegen in einer              innen melden, so dass die CWD in solchen Fällen ausge­
Rentierherde (Nordfjella Region, Abb. 1) nachgewiesen. Be­          schlossen werden kann. Typischerweise sind erkrankte Tiere
kämpfungsmaßnahmen, die mit der Eradikation aller Rentie­           meist zwei bis sieben Jahre alt, wobei männliche Tiere häu­
re in dieser Region einhergingen, führten zum Nachweis von          figer betroffen sind. Trotz erhaltenem Appetit kommt es zu
insgesamt 19 Fällen. Darüber hinaus konnte 2020 ein weite­          einem zunehmenden Gewichtsverlust bis hin zur Kachexie.
rer Fall in der geografisch eindeutig entfernten Hardanger­         Zudem treten Verhaltensänderungen auf: erkrankte Tiere
vidda nachgewiesen werden, ein klares Indiz, dass sich die          sondern sich ab, sind apathisch und verlieren die natürliche
Erkrankung verbreitet. Die CWD der Rentiere zeigt Ähnlich­          Scheu vor Menschen. Auch eine Ataxie ist zu beobachten.
keiten mit der nordamerikanischen CWD, insbesondere zeigt           Sekundäre Erkrankungen, die zum Tod führen treten ebenso
sich hier auch eine Verbreitung des PrPCWD im lymphatischen         wie plötzliche Todesfälle auf. Der Ausgang der Krankheit ist
System. Allerdings gelang es der Arbeitsgruppe von Nonno            immer tödlich. Histopathologisch ist eine bilateral symmetri­
et al. (2020) mittels einer genaueren Charakterisierung im          sche spongiforme Enzephalopathie und eine diffuse Gliose zu
Mausmodell deutliche Unterschiede herauszuarbeiten. Die             beobachten (siehe Abb. 3).
Rentier-CWD scheint daher, nach aktuellem Stand, in keinem
Zusammenhang mit den nordamerikanischen Ausbrüchen zu
stehen.

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LabLOEFFLER  26.2019,Heft
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